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698 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 9 Berichte Jens Schneider Bernhard Weller DOI: 10.1002/stab.201002189 1 Anlass und Zielsetzung der Konferenz Als Leitmesse der Glasbranche seit langen Jahren aner- kannt, bietet die glasstec in diesem Jahr erstmals eine in- ternationale Konferenz zur Anwendung von Glas in der Architektur und im Konstruktiven Ingenieurbau. Inno- vative Technologien, die Leichtigkeit und Transparenz steigern, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz fördern so- wie Herstellung und Montage vereinfachen sind gefragt. Rund achtzig Beiträge namhafter Wissenschaftler aus international bekannten Unternehmen und Instituten ge- ben Antworten und vermitteln den Stand der Technik im Konstruktiven Glasbau. Fünf Impulsvorträge von Werner Sobek, James O’Callaghan, Johann-Dietrich Wörner, Jan Knippers und Hugh Dutton zeigen themenübergreifend richtungsweisende Möglichkeiten für Entwurf und Kon- struktion, geben neue Anregungen für Forschung und Ent- wicklung. Die Konferenz findet statt am 29. und 30. September 2010 im Konferenzzentrum Ost der Messe Düsseldorf (CCD Ost). Das Konferenzzentrum Ost liegt in unmittel- barer Nachbarschaft zu den Messehallen der glasstec. Die Teilnahme an der Konferenz berechtigt zum Besuch der Messe. Angesprochen sind Architekten und Ingenieure, die Gebäudehüllen planen und Gebäudehüllen konstruieren, die Fassaden entwickeln und Fassaden bauen, die Glas herstellen und Glas veredeln. Wesentliche Themen sind die Entwicklung und die Planung von Glasbauteilen, Fas- sadenelementen und Hüllkonstruktionen. Dazu gehören Hochleistungsgläser, Beschichtungssysteme und Solaran- wendungen in Fassade und Dach wie auch innovative Produkte und Technologien für das materialgerechte Fü- gen und Verbinden von Glasprodukten im Bauwesen. Keynotes, Fachvorträge und Posterbeiträge erschei- nen zur Konferenz in einem Buch mit einem Umfang von etwa fünfhundert Seiten. Das Gesamtprogramm der Konferenz wird in der Rubrik Termine dieses Stahlbau- Heftes mitgeteilt. Der Tagungsbeitrag beträgt 198 € ein- schließlich Messeeintritt. Programm und Anmeldung unter www.engineered-transparency.eu. 2 Akkreditierung und Organisation der Konferenz Die Konferenz vermittelt mit rund achtzig Beiträgen zum aktuellen Kenntnisstand des Konstruktiven Glasbaus das heute erforderliche Berufswissen. Die zweitägige Tagung ist deshalb bei den Architekten- und Ingenieurkammern Deutschlands als Fortbildungsveranstaltung anerkannt. Träger der ›engineered transparency‹ ist die Messe Düsseldorf, Mitträger die Ingenieurkammer-Bau Nord- rhein-Westfalen. Wertung und Zulassung der Fachvorträ- ge und Posterbeiträge erfolgen durch einen international besetzten Wissenschaftlichen Beirat. Konzept und Organisation der Konferenz obliegen dem Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen an der Technischen Universität Darmstadt und dem Insti- tut für Baukonstruktion an der Technischen Universität Dresden. Beide Institute zeigen nachstehend zur Einstim- mung in das Programm der kommenden Konferenz je- weils drei Forschungsprojekte in Kurzform. Den Projek- ten gemein ist – dem Begriff ›engineered transparency‹ folgend – der Transfer der wissenschaftlichen Ergebnisse in die baupraktisch relevante Ausführung. 3 Beispielprojekte an der Technischen Universität Darmstadt 3.1 Stoßnachweise für Glasscheiben bei weichem Stoß – Ersatz für experimentelle Verfahren Die Tragfähigkeit absturzsichernder Verglasungen und be- tretbarer Verglasungen bei Einwirkung von weichem Stoß durch Personenanprall muss zur Zeit in vielen Fällen ex- perimentell durch aufwendige Bauteilversuche (Pendel- schlagversuch mit dem Doppelreifen-Stoßkörper nach DIN EN 12600) in der Original-Einbausituation nachge- wiesen werden. Der Aufwand und die Kosten für diese Nachweise stehen dabei in vielen Projekten nicht im Ver- hältnis zu den Kosten für die Gläser selbst. Deshalb wurden rechnerische Nachweisformate ent- wickelt für dynamische, transiente Finite-Element-Simu- lationen und für ein vereinfachtes Rechenverfahren mit statischen Ersatzlasten (Bild 1). Beide orientieren sich vom Sicherheitsniveau an den bestehenden Regelungen der Technischen Regeln für absturzsichernde Verglasungen (TRAV) und an der ETB-Richtlinie „Bauteile, die gegen Ab- sturz sichern“. Auf Grundlage der Verfahren können so in Zukunft in vielen Fällen die experimentellen Nachweise durch statische Berechnungen ersetzt werden. Dadurch kann bereits während Entwurf und Genehmigung von Glaskonstruktionen Planungssicherheit erreicht werden. Vergleiche mit experimentellen Untersuchungen an der Technischen Universität Darmstadt und an der Uni- engineered transparency – international conference at glasstec

engineered transparency – international conference at glasstec

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698 © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 79 (2010), Heft 9

Berichte

Jens SchneiderBernhard Weller

DOI: 10.1002/stab.201002189

1 Anlass und Zielsetzung der Konferenz

Als Leitmesse der Glasbranche seit langen Jahren aner-kannt, bietet die glasstec in diesem Jahr erstmals eine in-ternationale Konferenz zur Anwendung von Glas in derArchitektur und im Konstruktiven Ingenieurbau. Inno-vative Technologien, die Leichtigkeit und Transparenzsteigern, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz fördern so-wie Herstellung und Montage vereinfachen sind gefragt.

Rund achtzig Beiträge namhafter Wissenschaftler ausinternational bekannten Unternehmen und Instituten ge-ben Antworten und vermitteln den Stand der Technik imKonstruktiven Glasbau. Fünf Impulsvorträge von WernerSobek, James O’Callaghan, Johann-Dietrich Wörner, JanKnippers und Hugh Dutton zeigen themenübergreifendrichtungsweisende Möglichkeiten für Entwurf und Kon-struktion, geben neue Anregungen für Forschung und Ent-wicklung.

Die Konferenz findet statt am 29. und 30. September2010 im Konferenzzentrum Ost der Messe Düsseldorf(CCD Ost). Das Konferenzzentrum Ost liegt in unmittel-barer Nachbarschaft zu den Messehallen der glasstec. DieTeilnahme an der Konferenz berechtigt zum Besuch derMesse.

Angesprochen sind Architekten und Ingenieure, dieGebäudehüllen planen und Gebäudehüllen konstruieren,die Fassaden entwickeln und Fassaden bauen, die Glasherstellen und Glas veredeln. Wesentliche Themen sinddie Entwicklung und die Planung von Glasbauteilen, Fas-sadenelementen und Hüllkonstruktionen. Dazu gehörenHochleistungsgläser, Beschichtungssysteme und Solaran-wendungen in Fassade und Dach wie auch innovativeProdukte und Technologien für das materialgerechte Fü-gen und Verbinden von Glasprodukten im Bauwesen.

Keynotes, Fachvorträge und Posterbeiträge erschei-nen zur Konferenz in einem Buch mit einem Umfang vonetwa fünfhundert Seiten. Das Gesamtprogramm derKonferenz wird in der Rubrik Termine dieses Stahlbau-Heftes mitgeteilt. Der Tagungsbeitrag beträgt 198 € ein-schließlich Messeeintritt. Programm und Anmeldung unter www.engineered-transparency.eu.

2 Akkreditierung und Organisation der Konferenz

Die Konferenz vermittelt mit rund achtzig Beiträgen zumaktuellen Kenntnisstand des Konstruktiven Glasbaus das

heute erforderliche Berufswissen. Die zweitägige Tagungist deshalb bei den Architekten- und IngenieurkammernDeutschlands als Fortbildungsveranstaltung anerkannt.

Träger der ›engineered transparency‹ ist die MesseDüsseldorf, Mitträger die Ingenieurkammer-Bau Nord-rhein-Westfalen. Wertung und Zulassung der Fachvorträ-ge und Posterbeiträge erfolgen durch einen internationalbesetzten Wissenschaftlichen Beirat.

Konzept und Organisation der Konferenz obliegendem Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesenan der Technischen Universität Darmstadt und dem Insti-tut für Baukonstruktion an der Technischen UniversitätDresden. Beide Institute zeigen nachstehend zur Einstim-mung in das Programm der kommenden Konferenz je-weils drei Forschungsprojekte in Kurzform. Den Projek-ten gemein ist – dem Begriff ›engineered transparency‹folgend – der Transfer der wissenschaftlichen Ergebnissein die baupraktisch relevante Ausführung.

3 Beispielprojekte an der Technischen Universität Darmstadt3.1 Stoßnachweise für Glasscheiben bei weichem Stoß –

Ersatz für experimentelle Verfahren

Die Tragfähigkeit absturzsichernder Verglasungen und be-tretbarer Verglasungen bei Einwirkung von weichem Stoßdurch Personenanprall muss zur Zeit in vielen Fällen ex-perimentell durch aufwendige Bauteilversuche (Pendel-schlagversuch mit dem Doppelreifen-Stoßkörper nachDIN EN 12600) in der Original-Einbausituation nachge-wiesen werden. Der Aufwand und die Kosten für dieseNachweise stehen dabei in vielen Projekten nicht im Ver-hältnis zu den Kosten für die Gläser selbst.

Deshalb wurden rechnerische Nachweisformate ent-wickelt für dynamische, transiente Finite-Element-Simu-lationen und für ein vereinfachtes Rechenverfahren mitstatischen Ersatzlasten (Bild 1). Beide orientieren sichvom Sicherheitsniveau an den bestehenden Regelungen derTechnischen Regeln für absturzsichernde Verglasungen(TRAV) und an der ETB-Richtlinie „Bauteile, die gegen Ab-sturz sichern“. Auf Grundlage der Verfahren können so inZukunft in vielen Fällen die experimentellen Nachweisedurch statische Berechnungen ersetzt werden. Dadurchkann bereits während Entwurf und Genehmigung vonGlaskonstruktionen Planungssicherheit erreicht werden.

Vergleiche mit experimentellen Untersuchungen ander Technischen Universität Darmstadt und an der Uni-

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versidad Polytécnica de Madrid (UPM) zeigen eine sehrgute Übereinstimmung zwischen Versuch und Berech-nung. Vergleichsberechnungen von Dr.-Ing. Albrecht Bur-meister (Ingenieurbüro Delta-X, Stuttgart) bestätigten da-rüber hinaus die rechnerischen Ansätze. Die Verfahrenwurden deshalb in die Arbeitsfassung der zukünftigenDIN 18008 Teil 4 aufgenommen. Weitere Vergleichsrech-nungen und experimentelle Untersuchungen an der Tech-nischen Universität Dresden sollen nochmals unabhängigdie Güte der Rechenverfahren bestätigen.

3.2 Gebogene Gläser und Laminate – MechanischeEigenschaften und Resttragfähigkeit

Gebogene Gläser oder gebogene Glaslaminate werden alseinfach oder doppelt gekrümmte Flächen in den kommen-den Jahren weiter an Bedeutung für die Architektur undfür die Solarenergienutzung gewinnen. In der Architekturführen die immer freieren Formen zur Notwendigkeit, ge-bogenes Glas zu verwenden (Bild 2). In der Solarenergie-nutzung sind gebogene Gläser für solarthermische Rin-nen-Kraftwerke und für Parabolspiegel unabdingbar.

Gebogene Gläser können heute mit modernen Ferti-gungsverfahren sowohl als thermisch verformte Gläser, la-minatverformte Gläser oder gepresste Gläser hergestelltwerden. Dazu kommt das Kaltverformen in der Einbau-situation. Wesentlich für die Anwendung sind neben der

Maßhaltigkeit der Gläser die Homogenität der mechani-schen Eigenschaften und auch die Resttragfähigkeit imBruchzustand. Zu beiden Aspekten liegen bisher nur ein-geschränkte Erfahrungen vor. Am Institut für Werkstoffeund Mechanik werden aus diesem Grund im Rahmen vonTransferprojekten rechnerische und experimentelle Un-tersuchungen mit gebogenen Gläsern der unterschiedli-chen Fertigungsverfahren durchgeführt. Spannungsopti-sche Meßmethoden erlauben vorab eine Einschätzungder Homogenität der Eigenspannungen aus dem thermi-schen Verformungsprozess. Finite-Element-Simulationenzum Kühlprozess können genutzt werden, um den Ferti-gungsprozess zu optimieren.

Für die laminatgebogenen Gläser ist das mechanischeVerhalten der Verbundmaterialien aus transparentemKunststoff von entscheidender Bedeutung, das in der Re-gel viskoelastische Eigenschaften mit starker Temperatur-abhängigkeit aufweist. Dieses wird in experimentellenUntersuchungen in Kooperation mit der Staatlichen Ma-terialprüfungsanstalt (MPA) Darmstadt untersucht, umGrundlagen für das erforderliche Stoffgesetz im Rahmenvon Rechenverfahren oder von Finite-Element-Berechun-gen zu schaffen. Resttragfähigkeitsversuche zu gebogenenLaminaten dienen der Abschätzung des Verhaltens imvollständigen Bruchzustand.

3.3 Schneelasten und Schneeanhäufungen auf Dächern mit nachgerüsteten Solarelementen

Das Nachrüsten von Anlagen zur Nutzung der Solarener-gie auf vielen zur Verfügung stehenden Bestandsdächernwird immer wichtiger, um den Anteil der erneuerbarenEnergien zu erhöhen und damit die Ziele zur Reduktiondes CO2-Ausstoßes zu erreichen. Die Nachrüstung aufden Dächern gewährleistet gleichzeitig, dass kein zusätz-licher Flächenverbrauch entsteht.

Problematisch ist in vielen Fällen, dass die bestehen-de statische Berechnung um die Zusatzlast aus den neuenPhotovoltaik- oder Solarthermie-Anlagen ergänzt werdenmuss. Das Eigengewicht der Anlagen ist in den statischenNachweisen häufig ein geringeres Problem als die Zu-satzbeanspruchungen aus Wind- und insbesondere ausSchneelasten. Nach den derzeit national und internatio-nal gültigen normativen Vorgaben führen die anzusetzen-den Schneeanhäufungen aus Schneeverfrachtung zwi-schen den Elementen oft zu einer Verdoppelung derGesamtschneelast auf dem Dach (Bild 3).

Bild 1. Pendelschlag – Neue Rechenverfahren sollen Ver-such ersetzen

Bild 2. Gebogene Gläser für Freiformflächen – Eigenschaf-ten und Resttragfähigkeit

Bild 3. Nachgerüstete Solartechnik – Zusatzlasten beiSchneeverfrachtung

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Die Anzahl der den normativen Regelungen zugrundeliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen sind nacheigenen Recherchen allerdings sehr gering. Die Regelun-gen beruhen vielmehr auf ingenieurmäßigen Abschätzun-gen. Ziel des Forschungsprojektes ist daher die Entwick-lung eines realistischeren Modells für den Ansatz vonSchnee bei nachgerüsteten Elementen zur Solarenergie-nutzung. Hierzu sollen neben theoretischen Ansätzen undpraktischen Messungen auch experimentelle Untersu-chungen im Windkanal durchgeführt werden. In Kom-bination mit einem probabilistischen Konzept für dieKorrelation der Einwirkungen Schnee, Wind und Schnee-verfrachtung kann so eine realistische Grundlage füreinen Ansatz in statischen Berechnungen erarbeitetwerden.

4 Beispielprojekte an der Technischen Universität Dresden4.1 Hybride Stahl-Glas-Träger – Musterfassade

auf der glasstec 2010 | glass technology live

Leichtigkeit und Transparenz ist eine der wesentlichenHerausforderungen zeitgemäßer Fassadengestaltung.Grund für die Entwicklung von hybriden Stahl-Glas-Trä-gern, die tragende Glasstrukturen auf ein Minimum redu-zieren. Die Stahlelemente ermöglichen zudem die Kombi-nation mit konventionellen Verbindungstechniken zumAnschluss weiterer Bauelemente oder zum Fügen unterei-nander.

Die Herstellung der Träger erfolgt unter Anwendungeiner materialgerechten Klebung zwischen Glas und Stahl(Bild 4). Durch die größere Steifigkeit gegenüber Glasträ-gern ohne Stahlverstärkungen verfügen die neu entwi-ckelten Hybridträger über eine höhere Tragfähigkeit. DieErtüchtigung von sprödem Glas mit duktilem Stahl trägtentscheidend zur Verbesserung der Resttragfähigkeit derStahl-Glas-Träger bei.

Die neue Fassade eignet sich für repräsentative undoffen gestaltete Gebäude. Es sind raumhohe, linienförmiggelagerte Verglasungen bis zu einer Höhe von 3,50 m pro-duzierbar. Der Achsabstand der Fassadenpfosten kannzwischen 1,20 m und 1,80 m gewählt werden. Die Muster-fassade auf der glasstec 2010 | glass technology live ver-deutlicht das Konstruktionsprinzip und das Erschei-nungsbild.

Die aktuellen energetischen Anforderungen an Fassa-den – ein entscheidendes Kriterium bei der Produktwahl –werden durch den Einsatz einer Dreischeiben-Isolierver-glasung realisiert. Der Gesamtenergiedurchlassgrad derVerglasung liegt dabei wahlweise in einem Bereich von24% bis 55%. Als Wärmedurchgangskoeffizient könnenWerte zwischen 0,85 W/(m2K) und 1,10 W/(m2K) erreichtwerden.

4.2 Ganzglas-Rahmenecken – Strukturelle Klebungen auf der glasstec 2010 | glass technology live

Die Fügetechnik von tragenden Glasrahmenstrukturenmit volltransparenten Klebungen in den Rahmeneckenwurde am Institut für Baukonstruktion der TechnischenUniversität Dresden mit Unterstützung mehrerer Unter-nehmen entwickelt. Die Ergebnisse dieser Forschung zurWeiterentwicklung von Klebstoff und Klebtechnik bilde-

ten die Grundlage für eine bauaufsichtliche Zustimmungim Einzelfall.

Rahmen aus Verbundsicherheitsglas tragen die raum-umschließende Glashülle. Die Ausführung der Rahmen-ecken wurde dem Holzbau entlehnt. Es handelt sich umeine Schlitz- und Zapfenverbindung, die im Überschnei-dungsbereich flächig mit einem transparenten, strahlungs-härtenden Acrylatklebstoff gefügt ist. Demzufolge ergibtsich eine der Verbundfoliendicke entsprechende Kleb-schichtdicke.

Mit Bezug auf die Beanspruchungen und das Systemwurde ein Sicherheitskonzept aufgestellt, das den Ausfallder Klebungen berücksichtigt und eine ausreichende Re-dundanz des Tragwerkes gewährleistet. Im Rahmen desZustimmungsverfahrens wurden der verwendete Klebstoffund die Ausführung der Klebung umfangreich analysiert,realistische Ausfallszenarien durch Berechnung nachge-wiesen.

Das strukturelle Kleben von tragenden Bauteilen –hier Glaskonstruktionen – steht am Anfang einer Ent-wicklung und erfordert weitere Forschungsarbeit, um die-se Fügetechnik im Bauwesen verstärkt zu etablieren. Aus-gehend von den vorliegenden Erkenntnissen werden ineinem laufenden Projekt über hundert geklebte Ganzglas-Rahmenecken zur konsequenten Optimierung des Verfah-rens untersucht (Bild 5).

Bild 4. Hybride Stahl-Glas-Träger – Anschlussdetail derMusterfassade

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4.3 This façade generates electricity – PV-VH-Fassade auf der glasstec 2010 | glass technology live

Die neue PV-VH Fassade zeigt Photovoltaik (PV) Ver-bundpaneele für vorgehängte hinterlüftete (VH) Fassa-den, die äußere Glasbekleidung und stromproduzierendeSolarmodule zugleich sind. Dabei sind farbige PV-Modulein CIS-Dünnschichttechnologie mit einer Trägerplatte ausgeschäumtem Recyclingglas vollflächig verklebt, um siean rückseitigen Tragprofilen in die Unterkonstruktion ein-zuhängen.

Individuelle Dämmstoffdicken auf der dahinter lie-genden Außenwand gewährleisten den gewünschten Wär-meschutz, während der Luftraum die elektrischen Leitun-gen aufnimmt. Die homogene Oberfläche – in sechs ver-schiedenen Farben sowie mit Bedruckung erhältlich –und die rahmenlose Ausführung bieten große Anwen-dungspotentiale in der Architektur, gerade auch für dieSanierung von Altbauten.

Trotz hochwertiger Gestaltung bleibt der Energiever-lust vertretbar: Je nach Farbe oder Bedruckungsgrad derDeckgläser reduziert sich die Leistung gegenüber denschwarzen Standardmodulen um 10 bis 25%. Das Systemwird nun von den beteiligten Unternehmen angebotenund ist auf der glasstec 2010 | glass technology live in dun-kelroter Ausführung zu sehen (Bild 6). Erste Fassadensind ausgeführt.

Weitere Lösungen zur gebäudeintegrierten Photovol-taik sind in Bearbeitung. Ein kürzlich gestartetes For-schungsprojekt betritt eine neue Stufe der PV-Integration.Leichte, flexible PV-Dünnschichtmodule sollen die Putz-oberfläche eines Wärmedämm-Verbundsystems substitu-ieren und gänzlich ohne metallische Unterkonstruktionzur integralen Bauteilschicht einer solaraktiven Gebäude-hülle werden.

5 Danksagung

Die Autoren danken aufrichtig der Messe Düsseldorf fürdie Trägerschaft und der Ingenieurkammer-Bau Nord-rhein-Westfalen für die Mitträgerschaft der Konferenz.

Besonderer Dank gilt den Mitgliedern des Wissen-schaftlichen Beirats, Prof. dr. ir. arch. Jan Belis, Prof.Fabrice Bernard, Prof. Paulo Cruz, Prof. Dr.-Ing. MarkusFeldmann, Prof. Maurizio Froli, Prof. Dr.-Ing. UlrichKnaack, Dr. Mauro Overend und Prof. Dr.-Ing. GeraltSiebert.

Herzlicher Dank gilt auch dem WissenschaftlichenMitarbeiter Dipl.-Ing. Sebastian Schula am Institut fürWerkstoffe und Mechanik im Bauwesen, Technische Uni-versität Darmstadt wie auch den Wissenschaftlichen Mit-arbeitern Dr.-Ing. Silke Tasche, EAE, Dipl-Ing. PhilippKrampe, Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Reich undDipl.-Ing. Architekt Stefan Unnewehr am Institut für Bau-konstruktion, Technische Universität Dresden.

Autoren dieses Beitrages:Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider, Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen, TechnischeUniversität Darmstadt, Petersenstraße 12, 64287 Darmstadt, [email protected]

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller, Institut für Baukonstruktion, Technische Universität Dresden, George-Bähr-Straße 1, 01062 Dresden, [email protected]

Bild 5. Ganzglas-Rahmenecke – Applikation des transpa-renten Klebstoffes

Bild 6. PV-VH-Fassade – Befestigung und Leitungsführungbleiben unsichtbar