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Entscheidungen in Organisationen (Teil 2) Stephan Wolff Institut für Sozial- und Organisationspädagogik Universität Hildesheim Sommersemester 2007

Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

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Entscheidungen in Organisationen (Teil 2). Stephan Wolff Institut für Sozial- und Organisationspädagogik Universität Hildesheim Sommersemester 2007. Rückmeldung zu Rückmeldungen: Rationalität. - PowerPoint PPT Presentation

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Entscheidungen in Organisationen(Teil 2)

Stephan WolffInstitut für Sozial- und Organisationspädagogik Universität HildesheimSommersemester 2007

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Rückmeldung zu Rückmeldungen: Rationalität In der europäischen Tradition Unterscheidung rational-irrational.

Unterstellung einer einheitlichen Handlungsrationalität fundiert in der Natur, dem Denken oder im Wesen der Dinge.

Die Systemtheorie sieht in der Rationalität eine systemrelative Unterscheidung, die man beobachten, nach ihrer Funktionalität befragen und mit anderen Unterscheidungen vergleichen kann. Rationalität ist immer auf das System, seine Bestandserhaltung und funktionale Effizienz zu beziehen.

"Übersetzt man die Idee in eine kausaltheoretische Sprache, dann besagt sie, dass das System seine Einwirkungen auf die Umwelt an den Rückwirkungen auf sich selbst kontrollieren muss, wenn es sich rational verhalten will." (Luhmann, 1984: 642)

Es bestehen offensichtliche Widersprüche zwischen der Rationalität gesellschaftlicher Teilsysteme und einer gesamtgesellschaftlichen Rationalität. So trägt das Teilsystem der Wirtschaft seiner Eigenrationalität folgend beispielsweise dazu bei, dass Arbeitsplätze abgebaut werden und dadurch unter anderem negative Konsequenzen für das Sozialsystem in Form von finanziellen Belastungen erzeugt werden. Auch das politische System, dessen Eigenrationalität auf Machterwerb bzw. Machterhalt ausgerichtet ist, zeigt sich unfähig, Entscheidungen zu treffen, die aus gesamtgesellschaftlicher Sicht erforderlich sind.

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Motiv (Medium der strukturellen Kopplung zwischen psychischem und sozialen System) versus Motivation. Beide haben systematisch nichts miteinander zu tun.

Sinn durch ständige Unterscheidungen von Aktuellem und Möglichen in der Sach-, Sozial- und Zeitdimension.

Sinnbildung ein ständiger Prozess (sensemaking)

Beispiel Blinzeln: Sachdimension: Blinzeln und nicht Tick; Sozialdimension: mir signalisiert und nicht dem Nachbarn; Zeitdimension: nach dem Hinweis von X und nicht gleichzeitig.

Über Entscheiden entscheiden (Selbstbindung des Ermessens, Zuständigkeiten prüfen, feste Regeln einführen, auf Warteliste setzen, terminieren, Konformität, Verfahren, Konventionen, Skripts, Modelle)

Wie lange stehen nicht-gewählte Alternativen im Raum? (Gedächtnis)

Wer sind wir, wenn unser Gehirn für uns entscheidet?

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Modell derMotivation,

NorbertBischof

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Herbert A. Simon, 1916-2001

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Eingeschränkte Rationalität (1)

Vorherrschendes Modell: Entscheiden als rationale Wahl

Modellvorstellung: “Homo oeconomicus“ und Idee des “rational choice”

Rational: Kennzeichnung eines bestimmten „vernünftigen“ Wahlverhaltens

Prozedurales Verständnis. Ergebnisse nicht notwendig auch rational (‚substantielle Rationalität‘). Ist eine empirische, keine axiomatische Frage.

Theorien der „rationalen Wahl“ nehmen an, dass Entscheidungsprozesse konsequent und auf Präferenzen gegründet ablaufen.

konsequent, insoweit sie auf Antizipationen zukünftiger Effekte jetzigen Handelns aufbauen.

auf Präferenzen gegründet, insoweit sie die verschiedenen Konsequenzen auf dem Hintergrund eigener Präferenzen beurteilen.

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Eingeschränkte Rationalität (2)

Rational-Choice-Theorie in ihrer klassischen Form nimmt an

dass es immer eine korrekte bzw. beste Lösung des Entscheidungsproblems gibt

dass die Lösungen auf ein kohärentes und transitiv geordnetes System von Präferenzen und Werten bezogen werden können

dass Versuchspersonen und Versuchsleiter sich einig darüber sein müssten, was als eine korrekte Antwort auf das gestellte Entscheidungsproblem zu gelten hat

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Eingeschränkte Rationalität (3) Grundmodell des Entscheidens

1. Schritt: Was sind die Alternativen? 2. Schritt: Was sind meine Erwartungen hinsichtlich ihres

Eintretens? 3. Schritt: Wie wertvoll sind mir die verschiedenen

Konsequenzen?---------------------------------------------------------------- 4. Schritt: Entscheidungsregel: Welches ist die am höchsten

bewertete Alternative?

Dieses Modell ist weit verbreitet in Erklärungsversuchen menschlichen Handelns, z.B. von Firmen, Ehepartnern, Kriminellen, Wählern, Spielern.

Besonders häufig trifft man sie in der Mikroökonomie, in der politischen Koalitionstheorie, in statistischen Entscheidungstheorien und bei Psychologen an.

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Eingeschränkte Rationalität (4) Rational Choice-Modell macht (zu) starke Annahmen

Das gilt gerade für Entscheiden in Organisationen. Beispiel: Kombinatorische Optimierung von Personen, Stellen

und Gehältern im Rahmen der Personalwirtschaft

Ab den 70er Jahren häuften sich die Forschungsergebnisse über “Verletzungen” des reinen Modells (“Empiriedruck”)

Konsequenz: Versuche, diese reine Version realitätsnäher zu gestalten

Modelle der Entscheidung unter Unsicherheit bzw. Risiko, wo die Konsequenzen unklar, aber deren

Wahrscheinlichkeiten bekannt Risikoaverse versus risikobereiten Strategien (Vgl.

Risikostrategien bei der Wertpapieranlage). Kritik: nur graduelle Variationen des reinen Modells

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Eingeschränkte Rationalität (5) Vorsichtige Alternative zum alten Modell ausbauen: Modell

der„bounded rationality“ (Simon)

Annahmen des Modells der bounded rationality1. nicht alle Alternativen bekannt oder gleichzeitig zu

berücksichtigen2. nicht alle Konsequenzen werden berücksichtigt3. nicht alle Präferenzen werden gleichzeitig aktualisiert

Hintergrund: Einsicht in die Begrenztheit der menschlichen Kapazitäten zur Informationsverarbeitung (Simon 1957).

Statt nach bestmöglicher Entscheidung, Suche nach einer Variante, die "gut genug" ist für die anstehenden praktischen Zwecke

Entscheider sind nicht auf Maximierung des Nutzens, sondern darauf aus, zufriedenstellende Entscheidungen zu treffen (satisfying principle).

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Eingeschränkte Rationalität (6)

Dafür sprechen u.a. folgende empirische Befunde: Personen rechnen eher mit Erfolg als mit Misserfolg und

nicht mit Abstufungen von Erfolg und Misserfolg. Selbst bei stabiler Situation besteht eine Tendenz das

Anspruchsniveau leicht zu erhöhen Präferenzen verändern sich mit der Zeit/ mit dem Erfolg

Erfolg säht Misserfolg und umgekehrt, weil die Anspruchsniveaus entsprechend variieren

Erfolg führt zum Steigen, Versagen zum Sinken des Anspruchsniveaus

Verschiebungen im Anspruchsniveau sind teilweise eine Funktion von Veränderungen des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten, Ziele zu erreichen

Nachhaltiges Versagen führt zu einer Tendenz, das Setzen von Anspruchniveaus ganz zu vermeiden.

Versagen wirkt auf Anspruchsniveau in differenzierterer Weise als Erfolg.

Wichtige Variable sind Zeitdruck und die jeweilige Referenzgruppe.

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Eingeschränkte Rationalität (7) Menschen versuchen Entscheidungssituation zu vereinfachen.

Vier fundamentale Simplifikationsprozesse (Simon):

Editieren Probleme werden vor ihrer Behandlung zurechtgestutzt Der Suchprozess wird sequentiell strukturiert, d.h. eine

erkannte Dimension des Problems nach der anderen wird abgearbeitet

Dekomposition man löst ein großes in viele kleine Entscheidungsprobleme

auf und versucht diese sukzessive anzugehen Probleme von hinten her lösen: man geht von seinen

Wünschen aus, und versucht dies dann in die Tat umzusetzen

hat mit Dezentralisierung, Hierarchie, Arbeitsteilung zu tun

Heuristiken: man greift auf schon erfolgreiche Regeln und Skripts für angemessenes Handeln zurück (Reise in ein fremdes Land, Schach)

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Eingeschränkte Rationalität (8) Framing: Einbettung in einen Kontext, der Sinn verleiht

Beispiel: Formulierung von Fragen im Hinblick auf das, was man gewinnen bzw. daraufhin, was man verlieren könnte

Frames konzentrieren die Aufmerksamkeit und vereinfachen Analyse

Frames bleiben über Entscheidungssituationen hinweg stabil

Manchmal "kauft" man sich Frames ein, indem man Berater, Freunde, Schriftsteller hinzuzieht oder imitiert

Rational Choice ist selbst solch ein Rahmen der Fassung von Entscheidungssituationen (“Sehe die Sache nüchtern wie ein Utilitarist!”).

Experten unterscheiden sich von Laien indem sie zwischen Frames wechseln und so einer Situation unterschiedliche Seiten abgewinnen können.

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Theorien der Aufmerksamkeit (1) Bei begrenzter Rationalität wird Aufmerksamkeit wichtig. Ob und

wie sie eingesetzt wird, bestimmt die verfügbare Information und indirekt die Entscheidung

Personen gehen sparsam mit ihrer Aufmerksamkeit um, insbesondere, wenn die Zeit knapp ist (dafür gibt es eine Kunstlehre: das "time management")

Üblicherweise erleichtert man sich das Aufmerksamkeitsproblem durch "deadlines", Warteschlangen, Stufenpläne, Check-Listen etc.

Strukturelle Dynamik gesellschaftlicher Aufmerksamkeitsallokation (Downs)

Man kann Investitionen in Aufmerksamkeit und Informationssuche als Kalkulationen betrachten und sie mit anderen Investments nach Kosten und Nutzen vergleichen (Indikator: Größe der Pressemappe).

Organisationen unterscheiden sich darin, welche Codes sie zur Speicherung, zum Abrufen und, zum Finden von Informationen verwenden (Buchhaltung, Human Ressource Management Systems etc.). Verbindung zwischen Entscheidungsforschung und Wissensmanagement.

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Downs: „issue attention cycle“

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Theorien der Aufmerksamkeit (2) Redundanz kann von Nutzen sein, wenn die Welt undurchsichtig ist.

Veränderungen im Anspruchniveau führen dazu, dass die Suche nach Informationen "thermostatisch" ausgelöst wird

Suche erfolgt meist sequentiell und lokal, man sucht die Lösungen in der Nachbarschaft von Problemen und schon bekannten Lösungen

Suche wird meist durch unangenehme Ereignisse angestoßen, d.h. sie zielt auf Besserung dieses Zustandes und nicht auf die beste aller Welten. Dadurch können “blinde Flecke” entstehen.

Aufmerksamkeit und Kapazität zur Suche hängen von den in einer Organisation schlummernden und verfügbaren Reserven („slack“) ab.

Auch bezüglich Slack geht es um Entscheidung: was leistet man sich an Puffern, Spinnern, Kreativen, schrägen Gedanken, Controllern, Qualitätszirkeln oder Beschwerdekästen? Was bleibt an “Slack” übrig, wenn man sich dem "lean management" verschreibt? „Slack Search" erzeugt höhere Varianz, d.h. aber auch: viele Fehler.

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Die individuelle Risikobereitschaft1. Risikobereitschaft als Persönlichkeitseigenschaft?

Risikoverhalten ist stark an die Situation gebunden.

2. Entscheider tendieren dazu die weniger risikoträchtige Alternative zu wählen, wenn es um mögliche Gewinne geht („... Spatz in der Hand ...“) Wenn es um mögliche Verluste geht, dann wählen sie eher die riskantere Alternative („...das Schicksal wenden...“)

3. Wenn man weit vom Ziel nach unten entfernt ist, werden immer größere Risiken auf sich genommen - um so auf einen Schlag das ursprüngliche Ziel doch noch zu erreichen

4. Kurz vor dem Untergang werden Entscheider immer rigider und unbeweglicher, wiederholen früheres Verhalten und sind nicht mehr bereit neue Risiken einzugehen. Ausschlag gebend ist, ob Aufmerksamkeit auf Hoffnungen oder Ängste konzentriert ist.

5. Risiken können aus Unkenntnis eingegangen werden: Diese Fälle haben insoweit mit riskantem Entscheiden zu tun, als die Ignoranz auch unwillkürlich oder gezielt variiert werden kann (fahrlässiger Alkoholmissbrauch).

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Strukturelle Bedingungen für Risikoübernahme Risikobereitschaft wird vom organisatorischen Umfeld beeinflusst.

Erfahrungen sind in zweifacher Hinsicht strukturell verzerrt Entscheider sind meist Leute, die früher schon Erfolg hatten und eher

selten außergewöhnliche negative Ereignisse sehen Verteilung von risk-takers in einer Population ist das Ergebnis von -

u.U. sogar gesteuerten - Selektionsprozessen (etwa der Rekrutierung) Solche Personen tendieren dazu, sich im Zweifelsfall eher selbst

Erfolge zuzuschreiben; sie trauen sich bei weiteren Entscheidungen mehr zu

Bei stecken gebliebenen Karrieren eine vergleichsweise geringere Risikobereitschaft

Unterschätzung von Risiko auf oberen Entscheidungsebenen kann von Nutzen sein ("only the overconfident will be heros"), es führt aber nicht selten zu Desastern. Nützlich vor allem in den „high-performance, quick-decision und high-risk-professions“ (Neurochirurgen, Piloten, Investmentbankers)

Wie funktionieren High-Reliability-Organizations , in denen Personen arbeiten, die meist noch nie ein Versagen erlebt haben, dennoch immer davor auf der Hut sein müssen (Flugzeugträger, Kraftwerke, Space-Lab etc.)? Oft überschätzen sie die Zuverlässigkeit ihres Systems, was ihre Motivation aufzupassen reduziert.

Gegenmaßnahmen: Rekrutierungsverhalten, Jobrotation, Personalpolitik, Organisationskultur und Wissensmanagement der Organisation.

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Kritische Reflexion zur Theorie der rationalen Wahl (1) Grundsatzfrage: Gehen nicht viele der Theorien schon aufgrund

ihrer Begriffswahl an der organisatorischen Realität vorbei?

Problematisch: dass die Theoretiker Risikoverhalten und Entscheiden individualistisch analog der Spieltheorie und Entscheidungssituationen wie Pokerrunden oder Spieltisch in Casinos konzipieren.

Aber: Es dürfte wenig organisatorische Entscheider geben, die sich als Spieler begreifen, selbst wenn sie sehr riskante Entscheidungen zu treffen gezwungen sind.

Es gibt organisatorische Konjunkturen für riskantes Entscheiden etc. (etwa in Gefängnissen). Danach sind zumindest vorübergehend Entscheider alles andere als mutige Zocker.

Auf der anderen Seite gibt es Entscheidungssituationen in denen wirkliche action angesagt ist ( “deep plays”), in denen man - ob man will oder nicht - am Tisch bleibt und mit bietet. Dabei geht es dann nicht mehr um Gewinn oder Risiko, sondern um Charakter (“character contest”).

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Kritische Reflexion zur Theorie der rationalen Wahl (2) Vom Standpunkt der Nutzenstheorie aus dürfte kein rationaler

Mensch in die Spielbank gehen. Für die Spieler selbst aber sind Variable wie Glück, also die Möglichkeit gegen alle Wahrscheinlichkeit zu gewinnen, wichtige Gesichtspunkte. Vgl. Ausdrücke wie “sie hat eine Strähne” , “er hat einen Lauf” ; „a gamble favors none, but luck favors some”).

Angesichts dessen muss man fragen, ob "Rationalität" im Sinne der Nutzens-Maximierung nicht überhaupt der falsche Zielwert für die Untersuchung von Entscheidungsprozessen ist.

Dafür spricht, dass wir unterschiedliche Ebenen der Bewertung von Einsätzen haben. “Spielgeld” hat eine anderen Status als das Einkommen. Zufällige Gewinne werden eher aufs Spiel gesetzt als Teile der Rücklagen usw..

Aber es gibt auch in der Entscheidungsforschung Ansätze, die solche Einwände Aspekte stärker berücksichtigen. Zu diesen kommen wir jetzt.

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Entscheiden als Regel-Befolgen (1) Die ursprünglichen Metaphern der Entscheidungsforschung

porträtierten den Menschen als intuitiven Wissenschaftler, Statistiker oder Ökonomen

Man kann aber auch an intuitive Politiker (die unterschiedliche Störmungen der öffentlichen Meinung ausbalancieren), intuitive Staatsanwälte (die Rechenschaft verlangen) oder inuitive Theologen (die heilige Werte vor Beschmutzung beschützen) denken.

Logik der Angemessenheit: Entscheidungen werden auf Situationen und deren sozialen Charakter bezogen. Entscheiden hat hier etwas mit Regelbefolgen und mit dem Versuch zu tun, die eigene Identität im konkreten situativen Handeln angemessen zum Ausdruck zu bringen.

Entscheider orientieren sich bewusst oder nicht an drei grundsätzlichen Fragen: 1. Was ist das für eine Situation (Kategorisierung)? 2. Welche Person bin ich/was für eine Organisation sind wir

(Identität)? 3. Was macht eine Person wie ich/ eine Organisation wie die unsere

in einer derartigen Situation (Regeln)?

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Entscheiden als Regel-Befolgen (2) Modell der rationalen Wahl ist eine Unter-Form des Regelbefolgens

(die striktesten Vertreter der rationalen Wahl finden sich in Organisationen im mittleren Management; in Familien bei den Pubertierenden!).

Besonders relevant sind Regeln in Organisationen. Regeln definieren, was es bedeutet ein Mitglied und ein kompetenter Entscheider zu sein.

Organisatorische Regeln beziehen sich u.a. darauf, welcher Gesichtspunkte man sich hier bewusst sein sollte wann, unter welchen Abspracheregelungen und mit welchen

Begründungen man entscheiden darf wie Verhalten zu bewerten ist, welches Personal ausgewählt werden

soll

Organisationen besitzen eigene Identitäten, die sich in Geschichten, Ablaufplänen, technologischen Konfigurationen und ihrem traditionellen Personal manifestieren.

Identitäten werden Individuen zugemutet und von ihren erschaffen bzw. reproduziert. Dadurch entsteht Ordnung unter Bedingungen von Ambiguität.

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Entscheiden als Regel-Befolgen (3)

Es gibt institutionalisierte Identitätszumutungen. Sie definieren das Wesen einer Person/Rolle, und markieren systematische Unterschiede zu anderen Identitäten.

Identitäten sind ein Stück weit standardisiert. Diese Standardisierung lässt sie zu probaten Bausteinen für soziale Systeme werden. Als solche dienen sie nicht nur der Vereinfachung organisatorischer Abläufe, sondern auch der Überschaubarkeit von Arbeitsmärkten, Managemententscheidungen, und Trainingsmaßnahmen.

Identitäten enthalten moralische Aspekte und definieren gesellschaftliche Kompetenz.

Jeder Akteur besitzt multiple Identitäten. Da die verschiedenen Identitäten unscharf und nicht notwendig aufeinander bezogen sind, können unterschiedliche, sogar widersprüchliche Regeln aus ihnen abgeleitet werden (bis hin zu den pathologischen Formen einer “multiplen Persönlichkeit”).

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Entscheiden als Regel-Befolgen (4) Identitäten müssen in der Situation aktualisiert werden,

damit sie relevant werden können.

Vier Mechanismen der Aktualisierung: Erfahrungslernen: Belohnung für situationsangemessenes

Handeln Kategorisierung: Antworten auf Situationen beziehen sich

meist auf einige Kernkategorien (vgl. die Stewardessen in Hochschild’s Untersuchung)

Neuigkeitseffekte: Identitäten und Regeln, die neulich gebraucht wurden, werden eher wieder aufgerufen

Anwesenheit anderer Personen: Die Anwesenheit anderer identifizierbarer Akteure weist auf angemessene Situationsdefinitionen, aktuelle Erwartungen und jetzt passende Identitäten hin (z.B. Verhalten bei Hofe).

Weil Organisationen Gelegenheiten für Handeln ebenso schaffen wie situative und soziale Arrangements, beeinflussen sie die Aktualisierung von Regeln und Identitäten ganz direkt.

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Entscheiden als Regel-Befolgen (5)

Organisationen tragen selbst aktiv zur Formung organisatorischer Identitäten bei, indem sie imitierbare Modelle schaffen: über Trainee-Programme,

Mentoring, Coaching, “Verkäufer des Monats” identitätsrelevante Hinweise geben: sie schreiben Karriere-

Skripts, verwenden eine besondere Sprache, weisen Arbeits- und Aufenthaltsorte zu, legen auf distinguierte Arbeitsbekleidung Wert

Erfahrungsmöglichkeiten eröffnen: Etablierung von Rückmeldungs-, Bewertungs- und Beförderungssystemen

Oft kommen in derselben Situation widersprechende Identitäten zum Tragen: etwa bürokratische und professionelle und technische, abstrakte und konkrete, formelle und informelle, Status- oder Situationsbezogene. Gelegentlich entspricht die Regelbefolgung auf der einen, einer Regelverletzung auf der anderen Seite (z.B. “Streber”; “Karrierefrau“)

Oft gibt es ein Ungleichgewicht zwischen der Propagierung von Regeln und der Ahndung von Regelverstößen. Daraus entstehen Einfallstore für neue Regeln, situative Beliebigkeiten und strategische Scheinheiligkeit.

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Zusammenfassung Beide Entscheidungsweisen - rationale Wahl und

Regelentsprechung - sind sinnvolle Wege zu überlegtem Handeln bzw. zum Überlegen von Handlungsweisen.

Sie unterscheiden sich in den Anforderungen, die sie jeweils an die Fähigkeiten von Individuen und Organisationen stellen

Rationale Wahl verlangt große Fähigkeiten in der Antizipation der Zukunft und in der Bildung nützlicher Präferenzen. Regelbefolgen verlangt, dass man in der Lage ist, von der Vergangenheit zu lernen und sinnvolle Identitäten zu entwickeln.

Beide Paradigmata der Entscheidungsforschung sind nicht als sich gegenseitig ausschließende Alternativen zu verstehen.

Wer in der Lage ist, die disziplinspezifischen Vorlieben für die eine oder die andere Entscheidungslogik zu überwinden, wird eine größere Varianz empirischen Entscheidungsverhaltens erklären können.

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Hausaufgabe: Ecopolicy spielenVorgabe

Spielen Sie in Zweiergruppen oder Vierergruppen (die Spieler übernehmen Ressorts)

Machen Sie sich mit der Anleitung vertraut und spielen Sie einmal zur Probe zügig durch

Dann beginnt der eigentliche Versuch: Pro Spielversuch (maximal 10 Züge) haben Sie exakt 30 Minuten Zeit

Vor jedem Zug notieren Sie bitte kurz ihre gemeinsame Hypothese über den Zustand und die voraussichtliche Entwicklung des Systems und warum Sie gerade diese Ausgaben tätigen wollen

Ziehen Sie Ihre Lehren aus den Ergebnissen des bzw. der vorherigen Züge Nutzen Sie die Informationsmöglichkeiten des Spiels nach Bedarf und Zeit. Sie können sich Ihre verfügbare Zeit nach ihrem Belieben einteilen.

Reflektieren Sie nach jedem Durchgang bzw. nach Ablauf der Zeit ihren Spielerfolg und die Angemessenheit Ihrer Diagnosen

Spielen Sie 10 Durchgänge (nicht notwendig an einem Stück!) Erstellen Sie danach einen zusammenfassenden Erfahrungsbericht

über den Spielerfolg und das Zustandekommen der Teamentscheidungen

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„Vernunft ist der Wahnsinn aller“

B. Spinoza

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Begriffsnetz „Entscheidungsproblem“

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Ambiguität und Interpretation (1) Wie entscheidet man sich in einer wenig geordneten, ziemlich

undurchsichtigen und mit vielfältigen Interpretationen symbolisch "überbauten" Welt ?

Akzent auf Ordnung aus Chaos, weniger auf Ordnung, die vor Chaos zu schützen ist.

Traditionellen Ordnungskonzeptionen gehen von drei nicht mehr haltbaren Voraussetzungen aus: Idee der objektiven Realität (d.h. Geschichte, Handlungen

und Ergebnisse sind faktisch gegeben und objektiv feststellbar)

Idee der durchgehenden Kausalität (d.h. Realität und Geschichte sind vollständig aus Ursache-Wirkungsketten aufgebaut)

Idee der Intentionalität (d.h. Wahlen entsprechen Absichten und dem Selbst der Entscheider)

Solche Konzepte unterschätzen systematisch die Unordnung und die Komplexität, unter denen tatsächliches Entscheiden stattfinden muss.

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Ambiguität und Interpretation (2) Ambiguität: Mangel an Klarheit betreffend der Realität, Kausalität

oder Intentionalität (Synonym: Mehrdeutigkeit)

Ambiguität ist etwas anderes als Unsicherheit. Sie bezieht sich auf das mangelnde Zutrauen des Entscheiders in die Voraussehbarkeit, eindeutigen Kategorisierbarkeit und Verstehbarkeit der Welt.

Ambiguität ist durch mehr Information nicht beizukommen - oft resultiert aus einem Mehr an Information geradezu das Gegenteil

Ambiguität spürt man wenn man entdeckt, dass die Welt eine soziale Konstruktion,

also etwas zu Konstruiertes/ Erfundenes und nicht etwas zu Entdeckendes ist, dem man auf den Grund gehen kann;

wenn Erfahrung und Wünsche grundsätzlich unscharf und Objekte von Attributionsprozessen sind,

wenn man Wissen durch imaginatives Verstehen ersetzen muss.

Ambiguität ist das Grundgefühl vieler Fantasy-Werke

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Ambiguität und Interpretation (3) In mehrdeutigen Welten bekommen Entscheidungen einen

anderen Status Sie sind nicht mehr Konsequenzen von und Folgerungen

aus Ordnung (Wissen, Wünschen, Werten) sondern werden als Quellen von Ordnung und Instrumente

ihrer sozialen Konstruktion erkenn- und nutzbar

Ambige Grundlagen des Entscheidens Wenn Realität (wie wurde die Uni Hildesheim das, was sie

heute ist?) nicht objektiv feststellbar sind, dann müssen sie - und zwar kontinuierlich rekonstruiert, bestätigt und weiter entwickelt werden

Dies geschieht dadurch, dass man sich auf Geschichten oder organisatorischen Mythen bezieht

Beispiele: Stil des Hauses, Wille des Stifters, Effektivität einer Therapie, Sinn von Erziehung, Besondere eines guten Weines, Zwangsläufigkeit des Krieges.

Page 36: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Ambiguität und Interpretation (4) Interpretationen überschätzen die Kohärenz und logische Notwendigkeit

von Ereignissen, die Rolle der Absichten der Akteure sowie die Verstehbarkeit historischer Wirkkräfte

Wenn interpretiert werden muss, aber die tatsächliche Basis der Interpretationen bescheiden ist, dann müssen Akteure und Institutionen angemessen komplexe Repertoires von unterschiedlichen Interpretationen entwickeln

Solche Interpretationen sind oft um Konflikte zwischen Gruppen bzw. Subkulturen herum organisiert. In einer Organisation können unterschiedliche Interpretationen existieren (gilt für Ministerien, Verwaltungen, ja selbst für Kirchen). Wenn Personen Mitglieder verschiedener Gruppen sind, können sie gelegentlich von einer Interpretation zur anderen "switchen".

Entscheider wie Organisationen bringen einen großen Teil ihrer Zeit mit der Begründung, Einordnung und Kommunikation von Entscheidungen und Strategien zu. Dabei verwenden sie einschlägige, d.h. lokal nachvollziehbare Theoriemuster (“weak theories”).

In der Regel sind dies post hoc Erklärungen. In vielen Fällen ist die Situation entscheidungsinterpretiert, aber nicht entscheidungsgeleitet.

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Retrospektive Entscheidungs-Findung

“Anstelle der Ansicht, dass Entscheidungen so getroffen werden, wie es die Umstände erfordern, muss eine alternative Formulierung in Betracht gezogen werden. Sie besteht in der Möglichkeit, dass die Person die getroffenen Entscheidungen erst im nachhinein definiert. Das Ergebnis kommt vor der Entscheidung ... Die Entscheidungsregeln im Alltagsleben ... könnten sich in viel stärkerem Masse mit dem Problem beschäftigen, den Ergebnissen ihre legitime Geschichte zuzuschreiben, als mit dem Problem, vor dem tatsächlichen Anlass zur Wahl zu entscheiden, unter welchen Bedingungen einer von mehrerer Handlungsabläufen gewählt werden wird.”

(Garfinkel 1967: 114)

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Ambiguität und Interpretation (5)

Auch in Bezug auf die eigenen Präferenzen und Identitätsvorstellungen fehlt oft die vermeintliche Eindeutigkeit: Präferenzen sind weder völlig konsistent, noch stabil

noch unabhängig vom konkreten Wahlprozess Präferenzen sind wichtige Ergebnisse (nicht nur

Ressourcen oder Voraussetzungen!) von Entscheidungsprozessen.

Es ist empirisch schwierig Präferenzen zu erheben (Self-Reports oder Interviews).

Berichte sind aber selbst das Ergebnis reflektierender Eigenbeobachtung und werden im Hinblick auf die Interviewsituation formuliert.

Entscheider schließen ihre Präferenzen aus der Analyse ihres eigenen Verhaltens.

Dasselbe gilt für Identitäten, die bekanntlich stark von Reaktionen der Handlungspartner in ihrer Entwicklung und Aktualisierung abhängen.

Page 39: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Ambiguität und Interpretation (6):

„Lose Kopplung” Theorien des Umgangs mit Ambiguität: das Konzept der Losen Kopplung und das Mülleimermodell der Entscheidung

Lose Kopplung von Entscheidungen mit Handlungen, von heutigem und mit gestrigem Handeln, von Rechtfertigungen und ursprünglichen Entscheidungen, von Glaubenssätzen und Wahlentscheidungen, von Lösungen und Problemen usw.

Funktional, wenn Organisationen es mit verwirrenden und inkonsistenten Umwelten

zu tun haben Dezentralisierung und Delegation sind Strategien, die motivationale

und informationelle Probleme zu bewältigen, sowie für das Verbergen, Tolerieren und Stimulieren von nützlicher Inkohärenz Lose gekoppelte Untereinheiten entwickeln eigene Klientengruppen,

Ziele, Informationsbestände und Identitäten Solche zentripetale Tendenzen können sich zu eigenen Subkulturen

auswachsen (Sozialarbeiterin: “Jeder Bezirk ist anders!”) Das sind nicht notwendig pathologische Entwicklungen

Deshalb häufig: lose Kopplung von Entscheidung und Umsetzung bzw. fehlende Evaluation der Resultate.

Page 40: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Heuchelei oder Demut?

Solche losen Kopplungen finden wir meist dann, wenn der Entscheidungsprozess symbolisch hoch aufgeladen ist, so dass es wichtiger erscheint überhaupt dabei zu sein und eine Entscheidung getroffen zu haben, als ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Oft ist es sinnvoll, bei der Entscheidung eher unklar zu bleiben, um eine situationsangepasste Implementation zu erleichtern.

“Talk and action are loosely coupled, because talk tends to deal with principles one at a time and action tends to deal with many principles simultaneously but only in a specific limited situation. Talk achieves clarity by ignoring the complications of specific contexts. It reminds decision participants of their beliefs. Action achieves clarity by ignoring its implications for contradictory beliefs. It sustains the beliefs but bends them to meet the exigencies of action. As a result, some things that are easily said are not easily done. Other things can be easily done but not easily said.” (March 1994: 198)

Page 41: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidung als Sinnkonstruktion (1) Frage, ob und inwiefern Entscheidungen Mittel sind, um Sinn

überhaupt erst herzustellen. Argumente dafür:

Entscheiden ist eine hoch ritualisierte Aktivität. Man denke an: Abstimmungen oder Urteilsverkündungen. Dadurch wird die Legitimation von Entscheidungen bekräftigt und

deren Tragweite dramatisiert (Beispiel: Entscheidung zur Eheschließung).

Rituale nicht starr; es lässt sich durch Nuancen Sinn modellieren (Unterschriftenregelung)

Entscheidungen haben hohe symbolische Bedeutung: sie haben etwas mit Wahrheit zu tun und damit, wie die Welt

gesehen wird oder sein soll sie drücken personelle und institutionelle

Beziehungen/Machtverhältnisse aus sie tangieren Emotionen und Vertrauensbande ob man über Anschaffungen, Personal, Diagnosen oder Angriffspläne

entscheidet - niemals geht's einzig und allein um Entscheidung. Nicht in jedem Fall wird tatsächlich eine Entscheidung angestrebt

(irrige Annahme einer “Outcome Primacy”)

Page 42: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidung als Sinnkonstruktion (2)

Entscheidungsepisoden sind zu mehr als nur zur Entscheidungsfindung nutzbar :

“These occasions ... are also occasions for talking about the goals the organization should pursue, what makes an argument legitimate, who is a smart analyst, who is tough, who is not, who is sensitive und who is not, who supports whom, how a decision maker talks, thinks, and acts.”

(March 1994: 213)

Page 43: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidung als Sinnkonstruktion (3) Entscheidungsarenen erweisen sich als

Situationen für die Präsentation des Selbst, Orte, wo der Nachwuchs sozialisiert und erzogen werden kann. Durch Teilnahme an Entscheidungsprozessen entwickeln Personen

ein Bild von sich selbst bzw. übernehmen sie entsprechende Modelle

Entscheidungsprozesse sind die zentralen heiligen Aktivitäten in Gesellschaften wie den unseren, die sich durch eine rationalistische, subjektbezogene und realistische Grundeinstellung auszeichnen.

Auffälliger Kontrast: Intensität der Beteiligung am Entscheidungsprozess versus relative Vernachlässigung der Umsetzung bzw. Evaluation; die relativ größere Bedeutung der Formen bzw. des Verfahrens gegenüber den inhaltlichen Aspekten der Entscheidung (vgl. Luhmann 1969).

Die Form ist der primäre Träger der symbolischen und der ethischen Bedeutung, weniger die behandelten Inhalte.

Jeder Versuch, Entscheidungsprozesse "zu verbessern" muss den Aspekt der Sinnstiftung durch Entscheidung in Rechnung stellen.

Page 44: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Commitment und

Konsistenzstreben Commitment:

freiwilliges Bekenntnis, Bindung an eines Sache

Haben Personen einer (wenn auch sehr kleinen) Sache zugestimmt,

lassen sie sich nachfolgend leichter überzeugen, auch einer größeren

Bitte in einem ähnlichen Zusammenhang zuzustimmen.

Page 45: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Commitment: Streben nach

persönlicher Konsistenz Klassische Studie (Howard, 1990)

Einleitung am Telefon:„Ich hoffe, es geht Ihnen gut heute

Abend."

Einleitung am Telefon:„Wie geht es Ihnen

heute Abend?„(Abwarten der

Antwort)

Frage:„Würden Sie einem Vertreter einer

Hungerhilfsorganisation erlauben, Sie zu besuchen, um Plätzchen zu verkaufen?“

Zustimmung:33 %

Zustimmung:15 %

Page 46: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Commitment und KonsistenzstrebenErklärung:

1. Personen erschließen aus ihrer ersten Handlung ihre persönliche Einstellung der Sache gegenüber.

2. Da sie die erste Bitte aus freien Stücken erfüllt haben, haben sie dem Inhalt an sich zugestimmt und fühlen sich selbst daher verpflichtet, auch bei der zweiten Bitte gleich zu handeln.

3. Der Wunsch, konsistent zu sein, ist dabei größer als der Wunsch, die mit der Zustimmung verbundenen Kosten zu vermeiden.

Page 47: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Commitment und

Konsistenzstreben Beispiel:

Milgram-Experiment

Commitment hergestellt durch:

• freiwillige Meldung auf eine Anzeige

• Entgegennahme von Bezahlung

„Machen Sie weiter, das Experiment verlangt es.“

Page 48: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

1. Die „Foot-in-the-door"-Technik

• Darf ich Sie kurz über ... informieren ...?

• Darf ich Ihnen kurz einige Fragen zu unserem Produkt stellen?

• Teilnahme an Preisausschreiben

Wirtschaftspsychologische Anwendung

2. Zielbindung durch Commitment

Zielbindung: Grad, mit dem ein Individuum sich mit einem Ziel identifiziert und sich diesem gegenüber verpflichtet fühlt.

Durch Beteiligung an Entscheidungen fühlen sich Mitarbeiter

• stärker an diese gebunden und

• beachten daraus folgende Arbeitsziele in stärkerem Maße als die eigenen.

Page 49: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Exp Sherif

Die Konvergenz der Schätzungen von drei Vpn beim autokinetischen Phänomen

A: Alleinschätzungen

Z: Zusammenschätzungen

Experiment von Sherif

Die soziale Konstruktion einer gemeinsamen Einschätzung über ein ein nicht vorhandenes Phänomen

Page 50: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidungsprozesse in Gruppen Gruppendenken

Entscheidungsprozesse in Gruppen

Gruppendenken

Gruppendenken entsteht dann, wenn in einer Gruppe das Konsensstreben stark dominiert bzw. sogar wichtiger wird als die Aufgabe so gut und effektiv wie möglich zu bewältigen. Dadurch kann es zu einer enorm verzerrten Wahrnehmung der Realität kommen und u.U. zu katastrophalen Entscheidungen.

Beispiele:•Das Unglück von Tschernobyl im Jahre 1986 •Der tragische Start der Raumfähre Challenger am 28. Januar 1986 •Die amerikanische Invasion in der Schweinebucht im Jahre 1961

Page 51: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Leistung in Gruppen sozKomp

Leistung in Gruppen

Prozessgewinne durch Soziale Kompensation

Mitglieder mit hohem Leistungsniveau gleichen durch eine erhöhte Leistung die fehlenden Fähigkeiten anderer Mitglieder aus.Daraus können eine zusätzliche Motivierung der schwächeren Mitglieder und damit eine insgesamt erhöhte Leistung folgen.

Page 52: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidungsprozesse in Gruppen Gruppendenken

Entscheidungsprozesse in Gruppen

Gruppendenken typische Symptome:• Illusion der Unanfechtbarkeit.• Rationalisierung• Gruppeneigene Moral: Ein unbedingter Glaube an

die Moralität der Gruppe• Stereotypisierung: Meinungsgegner und

Außenstehende werden durchgängig negativ wahrgenommen

• Konformitätsdruck• Selbstzensur• Selbsternannte „Meinungswächter"• Illusion der Einstimmigkeit

Page 53: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidungsprozesse in Gruppen Gruppendenken

Entscheidungsprozesse in Gruppen

Gruppendenken besonders häufig bei:

• Gruppen mit starker Hierarchie

• starker Identifikation der Mitglieder (mit der Gruppe)

• hoher Gruppenkohärenz - Harmoniestreben

Mögliche Gegenmaßnahmen: • Zurückhaltung der Führenden

• Offenheit für andere Meinungen pflegen

• Gruppendynamische Vorgänge beachten (insbes. Kohärenz)

• Offenheit für Entscheidungsrevision bewahren

Page 54: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidungsprozesse in Gruppen Polarisierung

Entscheidungsprozesse in Gruppen

Prozessgewinne durch Soziale Kompensation

a) GruppenpolarisierungIn Gruppen findet im Laufe einer Diskussion

Extremisierung der Ausgangspositionen statt.

Teilprozesse:

• Selbstkategorisierung: Personen definieren sich selbst u. a. über die Gruppe, in der sie sich befinden. Dabei fokussieren sie auf das, was sie von anderen unterscheidet.

• Wiederholte Äußerungen: Je häufiger eine Einstellung geäußert wird, desto extremer wird sie. Wiederholte Äußerungen werden mit der Zeit weniger differenziert und weniger an Einschränkungen geknüpft.

Page 55: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Entscheidungsprozesse in Gruppen risky-shift

Entscheidungsprozesse in Gruppen

Das Risky-Shift-Phänomen

Aufgrund von Gruppenpolarisierung kann es zu riskanteren Entscheidungen kommen (sog. „risky shift phenomenon“)

Ein höheres Risiko wird akzeptiert, weil die Handlungskonsequenzen von der ganzen Gruppe getragen werden (Verantwortungsdiffusion)

Page 56: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Abb.: Der innere Beraterzirkel von US-Präsident Lyndon Baines Johnson (1908 - 1973; US-Präsident 1963 - 1969), Washington D.C., 1966; dieser geschlossene Zirkel hat aufgrund von groupthink verheerende Entscheidungen im Vietnamkrieg zu verantworten

Page 57: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Janis: Groupthink Untersuchung, wie einige außenpolitisch verheerende

Entscheidungen amerikanischer Präsidenten zustande gekommen sind.

Janis kann diese Fehlentscheidungen auf das von ihm so genante Groupthink-Syndrome (Gruppendenken-Syndrom) zurückführen.

Dieses Syndrom hat acht Symptome, die sich in drei Gruppen einteilen lassen (174. f): Überschätzung der Macht und Moral der Gruppe

Illusion der Unverwundbarkeit bei allen oder den meisten Gruppenmitgliedern. Diese Illusion führt zu maßlosem Optimismus und verleitet, dass man extreme Risiken eingeht

Fragloser Glaube an die der Gruppe eigene Moral. Dies führt dazu, dass man die ethischen oder moralischen Folgen seiner Entscheidungen nicht beachtet

Page 58: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Groupthink Scheuklappendenken

Gemeinsame Anstrengung, die eigenen Entscheidungen  zu rationalisieren, um Warnungen oder andere Informationen zu entwerten, die dazu führen könnten, dass man seien Entscheidungen nochmals überdenkt und gegebenenfalls revidiert

Stereotype Sicht der Gegner als zu böse, um mit ihnen echte Verhandlungen zu versuchen, oder als zu schwach oder zu dumm, um den riskanten eigenen Vorgehensweisen zu begegnen

Uniformitätsdruck Selbstzensur gegen Abweichungen vom anscheinenden

Gruppenkonsens. Die einzelnen Gruppenmitglieder halten deshalb Bedenken oder Einwände zurück

Illusion der Einmütigkeit Druck auf Gruppenmitglieder, die Einwände vorbringen gegen

Stereotype, Illusionen und Engagements der Gruppe. Widerspruch wird als Illoyalität gebrandmarkt

Auftreten von selbsternannten Zensoren, die die Gruppe abschirmen von Informationen und Meinungen, die die Gruppe in ihrer Selbstgefälligkeit und Selbstgerechtigkeit erschüttern könnten 

Page 59: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Folgen des Groupthink

Groupthink führt dazu,

dass man denkbare Alternativen nur sehr eingeschränkt berücksichtigt

dass man mögliche Zielsetzungen  nur sehr unzureichend erarbeitet

dass man die Risiken der gefällten Entscheidung zu wenig überlegt

dass man einmal verworfene Alternativen nicht mehr in Betracht zieht

dass man sehr selektiv Informationen sammelt dass man Informationen tendenziös auswertet dass man keine Vorkehrungen trifft für etwaige

Hindernisse, Rückschläge oder Versagen

[Janis 1982: 175]

Page 60: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

1914

1919

Page 61: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Abb.: Karl Arnold: Das Volk als Masse. In: Simplizissimus. 1932

1930

immer

Page 62: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Hausaufgabe: Ecopolicy spielenVorgabe

Spielen Sie in allein oder in Zweiergruppen Machen Sie sich mit der Anleitung vertraut und spielen Sie

einmal zur Probe zügig durch Dann beginnt der eigentliche Versuch: Pro Spielversuch

(maximal 10 Züge) haben Sie exakt 25 Minuten Zeit Vor jedem Zug notieren Sie bitte kurz ihre Hypothese über den

Zustand und die voraussichtliche Entwicklung des Systems und warum Sie gerade diese Ausgaben tätigen wollen

Ziehen Sie Ihre Lehren aus den Ergebnissen des bzw. der vorherigen Züge Nutzen Sie die Informationsmöglichkeiten des Spiels nach Bedarf und Zeit. Sie können sich Ihre verfügbare Zeit nach ihrem Belieben einteilen.

Reflektieren Sie nach jedem Durchgang bzw. nach Ablauf der Zeit ihren Spielerfolg und die Angemessenheit Ihrer Diagnosen

Spielen Sie 10 Durchgänge (nicht notwendig an einem Stück!) Erstellen Sie danach einen zusammenfassenden

Erfahrungsbericht

Page 63: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Multiple Akteure: Konflikt und Politik (1) Thema: Politische Entscheidungssysteme, Macht und

Koalitionsbildung

Definition „politisch“: Systeme kollektiver Entscheidungsfindung, die funktionieren, obwohl und weil die Partner unterschiedliche Präferenzen haben und auch weiterhin behalten. Beispiele: Marktsysteme, die über Preise und Verträge funktionieren Systeme demokratischer Regierung, die sich solcher

Mechanismen wie Wahl, Verfassung, politischer Parteien und Gesetzgebung bedienen

Entscheidung und Macht Macht beruht auf der Fähigkeit, das zu bekommen, was man

will, oder was der eigenen Identität entspricht. Machtverteilung in der Gesellschaft entspricht der Verteilung

von Vorteilen in der Verfolgung personaler Ziele Demokratie: ein in etwa gleich verteiltes System von solchen

Vorteilen. Zwei grundlegende Konzepte: Gewaltmodell von Macht und

die Vorstellung von Macht als "Handelsvorteil"

Page 64: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Multiple Akteure: Konflikt und Politik (2) Gewaltmodell passt kaum auf Mehrpersonen-Entscheidungen:

weil zwischen positioneller und Verhaltensmacht zu unterscheiden ist

weil Macht oft bereichsspezifisch ist (je nach Entscheidungsarena)

weil Akteure und ihre Macht erst aktiviert werden müssen weil der Einsatz von Macht diese entwertet

Kritik Macht kaum zu messen Tautologisch, wenn/weil es sich auf post hoc-

Plausibilisierungen reduziert

Theoretisch und empirisch komplexer: Austauschmodell der Macht Austausch bestimmter Ressourcen zwischen den Partnern (wie

Geld, Eigentum, Loyalität, Wissen, Zugänge, Informationen, Sicherheit)

Wahlprozess: Arrangieren wechselseitig akzeptabler Handelsbeziehungen.

Eigentlich ist dabei das Wort "Macht" verzichtbar

Page 65: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Multiple Akteure: Konflikt und Politik (3) Die Fähigkeit die eigenen Präferenzen durchzusetzen bzw.

seine besondere Identität zu verwirklichen, hängen von drei Größen ab: Kontrolle über die Spiel-Regeln Kontrolle über die Ressourcen (Theorien der

Ressourcenabhängigkeit. Standardtip zum Machterwerb: become rich, seize a hostage, build a better mouse trap)

Kontrolle über die Präferenzen und Identitäten (Problem des "glücklichen Sklaven")

Entscheidungen und Koalitionen Thema: die interaktiven und sozialen Aspekte der Kontrolle

über den Entscheidungsprozess. Bei Koalitionen gibt es zwei zentrale Vor-

Entscheidungen, die getroffen werden müssen: Wer soll einbezogen werden? Unter welchen Beteiligten werden die Gewinne wie

verteilt?

Page 66: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Multiple Akteure: Konflikt und Politik (4) Rationale Akteure

versuchen möglichst die gewinnende Koalition vorher herauszufinden und dieser dann beizutreten

versuchen möglichst wenige Alliierte zu haben, mit denen sie den Erfolg teilen müssen ("minimal winning coalition")

Im Modell des Regelfolgens suchen die Akteure zu ihnen passende Koalitionspartner und faire Aushandlungsergebnisse.

Der Haken an den reinen Redistributionsmodellen ist, dass ja auch die verlierende Koalition bei Laune, d.h. weiterhin im Spiel gehalten werden muss

Es gibt Koalitionen, die sich nicht durch anschlussfähige (bzw. wechselseitig indifferente) Interessen bzw. Identitäten, sondern nur dadurch auszeichnen, dass jener Beteiligte für sich zum Ziel kommen will. In solchen Koalitionen arbeitet man sich gegenseitig in die Hände . Viele Entscheidungsprozesse in der Politik, an Universitäten, in militärischen Organisationen oder Firmen folgen diesem Muster und haben insoweit wenig mit Machtausübung, Problemlösung, Regelbefolgung etc. zu tun.

Page 67: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Multiple Akteure: Konflikt und Politik (5) Ein strategisches Problem besteht darin, dass Differenzen

ertragen, ja sogar gefördert werden müssen. Das ist ein Informationsproblem (wie kommen solche Partner überhaupt zusammen?), aber auch ein Organisations- und ein Vertrauensproblem. Vertrauen kann zwischen wechselseitig indifferenten Partner schlecht aufgebaut werden.

Instabilitäten von Koalitionen haben drei primäre Quellen: Ambiguität der Entscheidung: man lässt wichtige Punkte

bewusst ungeklärt, um die Partner überhaupt zusammen zu bekommen und auf “Plattformen” zu vereidigen. Daraus resultieren Möglichkeiten selektiver Interpretation. Wenn die Unterschiede während der Umsetzung der Entscheidung geklärt werden müssen, kann die Koalition auseinander fallen.

Ergebnis zu optimistisch eingeschätzt: Man überzieht die Erwartungen, um die Leute ins Boot zu bekommen, und spielt die möglichen Nachteile herunter. Grosse Hoffnungen sind Einladungen zur Enttäuschung.

Ausmaß der erwartbaren Unterstützung zu hoch kalkuliert: die Teilnehmer vermissen dann wichtige Bezugspersonen, deretwegen sie sich überhaupt engagiert haben.

Page 68: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Hendrickson's Gesetz

Wenn die Lösung eines Problems

mehrere Sitzungen erfordert, kann es sein,

dass die Sitzungen wichtiger werden als das Problem

Page 69: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Kulturelle Varianten im Entscheidungsverhalten

Entscheidungsschritte Kulturelle Variationen

1. Problemerkennung Problem Solving

Situation should be changed.

Situation Acceptance

Some Situations should be accepted rather than changed

2. Informationssuche Gathering „Facts“ Gathering ideas/possibilities

3. Alternativenkonstruktion

New, future-oriented alternatives

Past-, present-, and future-oriented alternatives

Adults can learn and change.

Adults cannot change substantially

4. Wahlentscheidung Individual decision making

Group decision making

Decision making responsibility is delegated. Decisions are made quickly. Decision rule: Is it true or false?

Only senoir management makes decisions. Decisions are made slowly. Decision rule: Is it good or bad?

5. Implementation Slow Fast

Manages from the top. Responsibility of one person

Involves participation of all levels. Responsibility of group.

Page 70: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Prämissen organisatorischen Entscheidens (1)1. Arbeitsteilung/Departmentalisierung (Entkopplung)

2. Standardisierung (S O P) (Routinisierung)

3. Indoktrinierung (Normierung)

4. Kommunikation (Informierung)

5. Hierarchie (Anweisung)

6. Vorgabe von Entscheidungsprämissen 'Sachprämissen' (Wissen + Theorien) Wertprämissen (Ziele + Bewertungskriterien) Persönliche Prämissen

Page 71: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Prämissen organisatorischen Entscheidens (2) Arbeitsteilung: Funktionen

Zerlegung von Aufgaben in Teilprobleme und Zuordnung zu Mitgliedern.

Vielfältige, teilweise unklare und konkurrierende Erwartungen der verschiedenen Teilnehmer (Organisationsmitglieder, Kunden, Lieferanten, etc.) werden in Subziele übersetzt (und dadurch operationaler und konsistenter). Abteilungen sind „loosly coupled".

Entscheider brauchen ihre Aufmerksamkeit nur wenigen Folgen ihres Handelns zu widmen, z.B. Personalmanager beschränkt sich auf Personalgesichtspunkte und abstrahiert von Problemen des Rechnungswesens

Eingrenzung des Horizonts, eher Identifikation mit Arbeit, da an Subzielen orientiert.

Arbeitsteilung: Negative Folgen Konflikte zwischen Abteilungen: lose gekoppelte Abteilungen

verfolgen eigenständig teilweise konkurrierende Ziele Reduzierung der Teilnahme- und Leistungsmotivation durch

stark routinisierte Tätigkeiten

Page 72: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Prämissen organisatorischen Entscheidens (3) Standardisierte Verfahren und Programme (SOP): generelle

Entscheidung, wie bestimmte Aufgaben ausgeführt werden sollen

Ausführungsprogramme (= Konditionalprogramme): schreiben Individuum ein bestimmtes Verhalten bei Eintritt eines bestimmten Stimulus vor; ersparen die Suche nach neuen Lösungen, erzeugen Berechenbarkeit, Regelmäßigkeit. Beispiel: Wohngeldvergabe

Zweckprogramme (= in komplexen Entscheidungssituationen): Ziele und Zwecke sind vorgegeben, die Wahl der Mittel ist selbst bestimmbar. Entwicklung der Programme erfolgt schrittweise und arbeitsteilig. Gewonnene Erfahrung der Organisationsmitglieder ersetzt bewusste Abstimmung und Planung des Gesamtprozesses. Beispiel: Adoption

Koordination v.a. bei aufeinander zugreifenden Programmen notwendig

Page 73: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Zielbildungsprozess nach Cyert/March (1)

Organisationsziele sind das Resultat eines Prozesses, in dem die Teilnehmer auf der Basis ihrer verschiedenen individuellen Ziele Gemeinsamkeiten aushandeln.

Manche Teilnehmer sind in (Sub-)Koalitionen organisiert (z.B. Arbeitnehmer, Manager, Aktionäre, Kunden, Lieferanten) mit unterschiedlichen Erwartungen

Beteiligte im Zielbildungsprozeß aktive Gruppen: nur diese nehmen am Prozess teil; bringen persönliche

Ziele + Vorstellungen in Mikropolitik und offizielle Verfahren der Organisation ein

passive Gruppen: verzichten auf die Teilnahme durch Ausgleichszahlungen (z.B. Dividende bei Aktionären)

Charakterisierung von Zielen/ Zielbündeln vage und generell/allgemein nicht operationalisiert und vorläufig In sich nicht konsistent

Ausgegangen wird z.B. von folgenden Zielen: Produktionsziel, Lagerhaltungsziel, Umsatzziel, Marktanteilsziel, Gewinnziel -> Zufriedenheitsniveaus

Page 74: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Zielbildungsprozess (2): Quasi-Lösungen In Verhandlungen werden Ziele konkretisiert und ggf. verändert (in

Grenzen) -> Stabilisierungsmechanismus durch „sunk costs", alte Organisationsstrukturen etc. (‚Pfadabhängigkeit‘)

Durch mehrdimensionale Ziele entstehen Zielkonflikte, die zu Quasi-Lösungen führen

Lokale Rationalität: Entscheidungsprobleme werden in Subprobleme zerlegt, die von Abteilungen zu Subzielen verfolgt werden (teilweise widersprüchlich)

Anspruchsniveauorientierte Entscheidungsregeln: optimale Lösungen sind schwerer zu finden als befriedigende -> satisfying auf sozialer Dimension -> erleichtert Kompromissbildung

Organizational slack: überschüssige Ressourcen wirken Konflikt dämpfend, erlauben friedliche Koexistenz konkurrierender Ziele, vermindern Kämpfe um knappe Ressourcen (v.a. in Matrixorganisationen)

Sequentielle Zielverfolgung: inkompatible Ziele können auch nacheinander verfolgt werden.

Page 75: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)
Page 76: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Mülleimermodell des Entscheidens

Page 77: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Das „Mülleimer- Konzept“

Teilnehmer, Lösungen und Probleme sind zu Beginn relativ unabhängige Mengen, die erst in Entscheidungsarenen aufeinander treffen

Es gibt vorhandene Lösungen, die nach „passenden“ Problemen suchen

Teilnehmer (mit bestimmten Lieblings-Lösungen) wandern von einer Entscheidungsarena zur anderen

Wechsel zwischen den Entscheidungsarenen ermöglicht mehr Lösungen

Zeit ist eine knappe Ressource und verlagert die Aufmerksamkeit der Teilnehmer in bestimmte Entscheidungsarenen

Die Teilnahme ermöglicht Machtspiele

Die Teilnahme wird durch die organisatorische Struktur bestimmt

Page 78: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Wie kommen Entscheidungen in Mülleimersituationen zustande?

durch Übersehen (eine Wahl kommt nur zustande, weil die Entscheider ihre Aufmerksamkeit auf ein anders Problem richten)

durch Problemlösung (man bringt genug Energie auf, um das vorliegende Problem gezielt anzugehen und Alternativen zu erwägen)

durch Flucht (d.h., es taucht in der Diskussion eine neue, attraktivere Alternative auf, die eine Entscheidung möglich macht, obgleich sie keinen Bezug zum Problem mehr hat).

Page 79: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Kennwerte für Mülleimer-Situationen

die Problemaktivität: das ist jene Zeit in der ein Problem sich in einer Auswahlsituation befindet ohne gelöst zu werden.

-> Maß für das Konfliktpotential einer Organisation.

die Problemlatenz: das ist jene Zeit, in der es Probleme gibt, ohne dass diese einer Entscheidungssituation zugeführt würden.

-> Maß für die Reaktionsbereitschaft einer Organisation

die Entscheidungszeit: das ist jene Zeit, in der Wahlen abgewickelt werden.

-> Maß für die Effizienz bei der Entscheidungsabwicklung

Page 80: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Hinweise zum Umgang mit Müllereimer-Prozessen

Quelle: Aus A. Kreuter: „Entscheidungsfindung in Reorganisationsprozessen“. In: zfo 2/1996. S. 121

1. Nimm Dir Zeit! Da Zeit und Aufmerksamkeit knappe Güter sind, kann ein Teilnehmer, der Zeit investiert, seine Ziele besser verwirklichen

2. Harre aus! Ein Vorschlag, der heute abgelehnt wird, kann trotzdem morgen noch angenommen werden. Wechselnde Teilnehmer und Interessen versprechen dem Ausdauernden Erfolg.

3. Ersetze Stichhaltiges durch Statussymbole, weil für viele Teilnehmer symbolischen Ergebnisse wichtiger sind als substantielle Inhalte.

4. Ermögliche die Teilnahme von Gegnern, die durch die Einbindung in den Entscheidungsprozess frustriert werden können und ihre Ansprüche und Einsprüche dadurch zurück nehmen.

5. Überlade die Entscheidungsgelegenheit! Ein einzelner Vorschlag kann leicht zu Fall gebracht werden. Ein Teilnehmer mit vielen Vorschlägen wird leichter einige davon durchbringen.

6. Schütze die Entscheidungsgelegenheit, indem Du nicht relevante Probleme und Lösungen auf andere, harmlose Entscheidungsgelegenheiten abwälzt.

Page 81: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Hinweise zum Umgang mit Müllereimer-Prozessen

Quelle: Aus A. Kreuter: „Entscheidungsfindung in Reorganisationsprozessen“. In: zfo 2/1996. S. 121

7. Interpretiere die Geschichte und die "Definition der Situation". Schaffe/ interpretiere Präzedenzfälle, aus denen sich günstige Definitionen und Regeln ableiten lassen

8. Manage die Entscheidungsfindung unauffällig. Viele kleine Eingriffe sind wirkungsvoller und provozieren weniger Aufmerksamkeit und Opposition als wenige große.

9. Interpretiere die Geschichte. Ein Verständnis vergangener Entscheidungsprozesse gibt Aufschlüsse über aktuelle Verhaltensmuster und verleiht der eigenen Argumentation die Legitimation.

10. Ermögliche Opponenten die Teilnahme an Entscheidungssituationen. Die erlebte Frustration senkt das Anspruchsniveau.

11. Sorge selber für "ungefährliche" Mülleimer, in die man vermutlich irrelevante Probleme und Entscheidungen lenken kann.

Page 82: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Reformen als Mülleimer (March/Olsen 1983) Reorganization is

an ecology of games

in which attention is problematic.

Since there are few established rules of relevance and access,

reorganizations tend to become collections of solutions looking for problems,

ideologies looking for soap-boxes,

pet projects looking for supporters, and

people looking for jobs, reputations, or entertainment.

Page 83: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Die Logik des Mißlingens (nach Dörner 1989) Wir starren auf den ärgerlichen Knoten und sehen nicht das Netz

Wir handeln ohne vorherige Situationsanalyse

Wir berücksichtigen zuwenig Fern- und Nebenwirkungen

Wir unterschätzen die Eigendynamik von Prozessen

Wir vertrauen in unsere Methoden

Wir tun was, weil etwas getan werden muss (Aktivismus)

Wir reagieren zynisch auf unerfreuliche Entwicklungen

Wir rationalisieren Bedenken weg

Wir können Unbestimmtheit nicht ertragen: Lieber eine falsche als keine Bestimmung!

Page 84: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Gefangenendilemma: mögliche Resultate für mich

Was der andere tut

Was ich tue

Zusammenarbeiten Zusammenarbeit verweigern

Zusammenarbeiten Relativ gut

Belohnung(für beiderseitige Zusammenarbeit)

z.B. 300 Dollar

Sehr schlecht

Resultat für den Betrogenen

z.B. 100 Dollar Strafe

Zusammenarbeit verweigern

Sehr gut

Anreiz(zum Verweigern der

Zusammenarbeit

z.B. 500 Dollar

Relativ schlecht

Bestrafung(für beiderseitiges

Verweigern der Zusammenarbeit)

z.B. 10 Dollar Strafe

Page 85: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Gefangenendilemma Einfaches Gefangenendilemma

Gleichgültig, wie sich der andere verhält, meine beste Strategie ist „immer Zusammenarbeit verweigern“.

Keine Möglichkeit gegenseitiges Vertrauen sicher zu stellen

Das Spiel endet im gegenseitigen Verrat Ein paradox schlechtes Resultat für beide Spieler

Wiederholtes Gefangenendilemma Wiederholte Runden geben Gelegenheit Vertrauen

oder Misstrauen aufzubauen, uns zu revanchieren oder zu beschwichtigen, zu vergeben oder uns zu rächen

Beim Spiel unbestimmter Dauer können beide gewinnen und zwar auf Kosten der Bank und nicht des Mitspielers (5000 oder 3000 bei 10 Durchgängen)

Das Leben ist voll von solchen Spielen Was ist unter solchen Bedingungen die beste Strategie? Axelrod: Simulation der Evolution

Page 86: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Gefangenendilemma Gewinner: Anatol Rapoport‘s „Wie-du-mir-so-ich-dir-

Strategie“: Beginn mit einem ersten Zug der Zusammenarbeit Dann immer nur Kopie des letzten Zugs der Gegenüber

Strategietypen Nette (niemals als erster verweigern) Gemeine (verweigern ohne provoziert zu sein) Verzeihend (verzichtet auf Vergeltung) Nachtragend

Wichtig ist die Mischung der Strategien, die am Start sind

Kooperation ist ein evolutionärerer Vorteil. Nette Strategien schneiden besser ab als gemeine

Voraussetzung: „Schatten der Zukunft“: Ende des Spiels ist nicht vorhersehbar („Leben und Leben“ lassen im ersten Weltkrieg)

Page 87: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Naturalistische Entscheidungsforschung Entscheidungen im "realen Leben" zeichnen sich durch ein hohes Maß an Komplexität

aus. Neben Faktoren wie Unsicherheit der Konsequenzen und Multidimensionalität der Ziele, die in der klassischen Entscheidungsforschung einen großen Raum einnehmen, wird die Komplexität zusätzlich durch weitere Faktoren hervorgerufen, die bei der klassischen Laborforschung in der Regel keine Rolle spielen. Zu diesen Faktoren zählen u.a. schlecht definierte Probleme, dynamische Umwelten, sich verändernde und teilweise widersprechende Ziele, Zeitdruck und "hohe Einsätze" (z.B. Investitionsentscheidungen).

In den letzten Jahren hat sich innerhalb der Entscheidungsforschung das Gebiet der naturalistischen Entscheidungen entwickelt, welches diesen besonderen Aspekten von Entscheidungen Rechnung tragen will. Zum Teil motiviert durch die vermeintlich mangelnde ökologische Validität der klassischen Laborforschung werden im Rahmen dieser Forschungsrichtung Ansätze entwickelt, in denen u.a. Erfahrung, Intuition und Situationsbewusstsein (situation awareness) eine große Rolle spielen.

Zur Untersuchung der Bedeutung dieser Faktoren und zur Entwicklung von Trainingsmaßnahmen wurden neue Verfahren entwickelt. Eine Klasse von Verfahren, die in diesem Zusammenhang aktuell diskutiert werden, stellen kognitive Aufgabenanalysen dar. Im Gegensatz zu klassischen Verfahren der Entscheidungsforschung spielt dabei die Einschätzung des Nutzens von Attributen und Wahrscheinlichkeiten so gut wie keine Rolle. Vielmehr wird versucht, die kognitiven Anforderungen einer Entscheidungssituation in Bezug auf die zu beachtenden Hinweise aus der Umwelt, die Erwartungen der Entscheider sowie typischerweise angewendete Entscheidungsstrategien zu erfassen. Zu diesem Zweck werden eher qualitative Methoden wie z.B. halbstrukturierte Interviews und verbale Protokolle verwendet, die besondere Anforderungen an die Datenanalyse stellen.

In der naturalistischen Entscheidungen nimmt das sog. Recognition-Primed Decision Model von Klein einen breiten Raum ein. Techniken der kognitiven Aufgabenanalyse berugen auf diesem Modell beruhen und werden praktisch schon häufig eingesetzt wurden (allerdings hauptsächlich in militärischen Organisationen). Erfahrungen mit diesen Methoden haben gezeigt, dass diese nach kurzer Einarbeitung relativ problemlos angewendet werden können.

Klein, G. (1998). Sources of power: How people make decisions. Cambridge, MA: MIT Press.Klein, G. (2003). Intuition at work: Why developing your gut instincts will make you better at what you do. New York: Doubleday.

Page 88: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Paradoxie des Entscheidens

Only those questions that are in principle

undecidable, we can decide.

Heinz von Foerster

Page 89: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

1. Können Sie verschiedene Dinge gleichzeitig tun? Ja ( ) Nein ( )

2. Improvisieren Sie gerne?Ja ( ) Nein ( )

3. Sind Sie sehr moralisch?Ja ( ) Nein ( )

4. Achten Sie auf die Körpersprache anderer Menschen? Ja ( ) Nein ( )

5. Benutzen Sie Analogien und Metaphern?Ja ( ) Nein ( )

6. Mochten Sie in der Schule Geometrie lieber als Algebra?Ja ( ) Nein ( )

7. Wenn Sie etwas Neues hören, behalten Sie das dann gut?Ja ( ) Nein ( )

8. Haben Sie Probleme, Ihre Katze oder Ihren Hund zu „verstehen“?Ja ( ) Nein ( )

9. Haben Sie ein erfülltes Sexualleben?Ja ( ) Nein ( )

10. Zählen Sie sich eher zu den „Gewinnern“ als zu den „Verlierern“? Ja ( ) Nein ( )

11. Haben sich Ihre Interessen in den letzten Jahren deutlich verändert?Ja ( ) Nein ( )

12. Bringen Sie andere Menschen gern zum Lachen?Ja ( ) Nein ( )

13. Können Sie sich besser an Gesichter von Menschen erinnern als an ihre Namen?Ja ( ) Nein ( )

Test: Wie intuitiv sind Sie?

Page 90: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

14. Haben Sie eine „brennende Leidenschaft“?Ja ( ) Nein ( )

15. Sind Sie ein begeisterter Skifahrer oder Bergsteiger?Ja ( ) Nein ( )

16. Vertrauen Sie auf Ihre persönliche Erfahrung mehr als auf neutrale Fakten, wenn Sie Urteile fällen?Ja ( ) Nein ( )

17. Gehen Sie eher ernsthaft als spielerisch an ein Problem heran?Ja ( ) Nein ( )

18. Können Sie gut mit kleinen Kindern umgehen? Ja ( ) Nein ( )

19. Reden Sie mit Händen und Füßen?Ja ( ) Nein ( )

20. Kämpfen Sie verlorene Schlachten immer wieder nach?Ja ( ) Nein ( )

21. Probieren Sie gern Neues aus? Ja ( ) Nein ( )

22. Genießen Sie Ihr Leben in vollen Zügen? Ja ( ) Nein ( )

23. Bleiben Sie sich selbst treu, wie hoch der Preis auch sein mag?Ja ( ) Nein ( )

24. Ergreifen Sie gerne Gelegenheiten?Ja ( ) Nein ( )

25. Geht es Ihnen besser, wenn Sie genau wissen, was auf Sie zukommt? Ja ( ) Nein ( )

26. Können Sie im Liegen besser denken?Ja ( ) Nein ( )

27. Fühlen Sie sich wohl mit sich selbst?Ja ( ) Nein ( )

Page 91: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

28. Singen, tanzen oder spielen Sie ab und zu?Ja ( ) Nein ( )

29. Lernen Sie gerne Dinge, die sie sofort umsetzen können? Ja ( ) Nein ( )

30. Sind Sie fordernd?Ja ( ) Nein ( )

31. Sind Sie mit Ihrer Familie eng verbunden?Ja ( ) Nein ( )

32. Interessieren Sie sich für Ihre Träume?Ja ( ) Nein ( )

33. Folgen Sie Ihren Ahnungen? Ja ( ) Nein ( )

34. Sind Sie zuversichtlich?Ja ( ) Nein ( )

35. Haben Sie extreme Stimmungsschwankungen?Ja ( ) Nein ( )

36. Helfen Ihnen Dichtung und Kunst, das Leben besser zu verstehen?Ja ( ) Nein ( )

37. Haben Sie häufig Tagträume?Ja ( ) Nein ( )

38. Wissen Sie gewöhnlich, was andere Menschen über Sie denken?Ja ( ) Nein ( )

39. Lassen Sie sich von emotionalen Reizen heftig beeindrucken? Ja ( ) Nein ( )

40. Bevor Sie eine Entscheidung treffen – hören Sie da auf Ihre Gefühle?Ja ( ) Nein ( )

41. Können Sie sich nur schwer erinnern, welche Gefühle Sie bei vergangenen Situationen empfanden?Ja ( ) Nein ( )

Page 92: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

42. Sind Sie spontan?Ja ( ) Nein ( )

43. Sind Sie für komplexe, schwierige Herausforderungen nicht zu begeistern?Ja ( ) Nein ( )

44. Können Sie gut schätzen?Ja ( ) Nein ( )

45. Ist Ihr Verhalten nicht immer sozial akzeptabel?Ja ( ) Nein ( )

46. Haben Sie keine Probleme, die Botschaft Ihrer Gefühle zu verstehen?Ja ( ) Nein ( )

47. Lesen Sie lieber Sachbücher als Romane? Ja ( ) Nein ( )

48. Wissen Sie, was einem kranken Menschen gut tun könnte?Ja ( ) Nein ( )

49. Suchen Sie lieber nach rationalen Lösungen, als aus dem Bauch heraus zu entscheiden? Ja ( ) Nein ( )

50. Gibt es eine Person in Ihrem Leben, von der Sie ganz besonders stark beeinflusst wurden?Ja ( ) Nein ( )

Page 93: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Auswertung Antworten auf die Fragen:

1–6 Ja, 7–8 Nein, 9–16 Ja, 17 Nein, 18–24 Ja, 25 Nein, 26–38 Ja, 39 Nein, 40 Ja, 41 Nein, 42 Ja, 43 Nein, 44–46 Ja, 47 Nein, 48 Ja, 49 Nein, 50 Ja.

Geben Sie sich jeweils zwei Punkte, wenn Ihre Antwort mit der vorgegebenen Antwort übereinstimmt. Zählen Sie Ihre Punkte zusammen.

Haben Sie zwischen 90 und 100 Punkte? Ihr Intuitionsquotient ist hoch. Sie schöpfen Ihre intuitiven Fähigkeiten voll aus und bereichern dadurch Ihr Leben.

Kommen Sie auf 70 bis 90 Punkte, sind Sie immer noch überdurchschnittlich intuitiv. Sie haben eine ausgewogene Balance zwischen rationalem und intuitivem Denken. Allerdings könnten Sie Ihre Intuition noch verbessern.

50 bis 70 Punkte bedeuten, dass Sie Ihre intuitiven Fähigkeiten nicht ausschöpfen. Sie können davon profitieren, wenn Sie Ihre innere Stimme trainieren.

Liegt Ihre Punktzahl zwischen 30 und 50, dann sind Sie ein rationaler Mensch, der wenig von gefühlsmäßigen Entscheidungen hält. Sie könnten sehr davon profitieren, wenn Sie intuitiver leben lernen.

0 bis 30 Punkte – Intuition ist für Sie ein Fremdwort. Schade. Auch Sie könnten besser leben, wenn Sie Ihre intuitive Seite schulen würden.

Page 94: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Um kluge Entscheidungen treffen zu können, brauchen wir beides: einen kühlen Kopf und ein warmes Herz, wie der amerikanische Psychologe Spencer Johnson meint. Der kühle Kopf listet die Vor- und Nachteile einer Entscheidung auf, fragt sich, wie hoch die Kosten wären, wenn sich die Entscheidung als falsch herausstellt. Das warme Herz hört auf die mit der Entscheidung verbundenen Gefühle. In Fällen, in denen sich das Gefühl immer wieder entzieht, hilft folgende Fantasiereise: Legen Sie sich bequem hin und entspannen Sie sich.

Schließen Sie die Augen und vergegenwärtigen Sie sich die Entscheidungssituation. Zum Beispiel: Soll ich die Stelle in der neuen Firma annehmen?

Mithilfe der Information, die der kühle Kopf bereits über die neue Stelle gesammelt hat, malen Sie sich einen Arbeitstag in der neuen Firma aus: Stellen Sie sich die Fahrt zur Arbeit vor, das Büro und die Kollegen, die Sie bereits kurz kennen gelernt haben. Mit welchen Tätigkeiten wäre Ihr Arbeitstag ausgefüllt? Gestalten Sie die Situation so konkret wie nur irgend möglich aus.

Achten Sie auf die Gefühle, die bei diesen Vorstellungen auftauchen. Freuen Sie sich auf die neuen Kollegen und Kolleginnen, ist Ihnen der Vorgesetzte sympathisch? Oder verspüren Sie eine gewisse Unruhe? Gehen Sie diesen Gefühlen nach.

öffnen Sie dann die Augen und ziehen Sie Bilanz: Haben Sie sich in der neuen Rolle wirklich wohl gefühlt?

Wenn Sie noch Zweifel haben, schließen Sie nochmal die Augen, und denken Sie nun über die Alternative nach: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie den alten Arbeitsplatz behalten?

Page 95: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

TypZweck Beispiel

How-to-Regeln

Grundsätzliche Vorgaben, wie der Prozess ausgeführt werden soll

Akami’s Regeln für den Kundenservice: die Mitarbeiter müssen technisch versiert sein, jede Frage muss beim ersten Anruf/Mail beantwortet werden, F&E Mitarbeiter müssen rotierend im Kundenservice arbeiten

Grenz-Regeln

Vorgaben, welche Möglichkeiten verfolgt werden können und welche außerhalb der Interessen des Unternehmens liegen

Cisco’s frühre Akquisitionsregel: Akquisitionsziele dürfen nicht mehr als 75 Mitarbeiter haben, von denen 75 % Ingenieure sein müssen.

Prioritäten-Regeln

Helfen, identifizierte Chancen zu ranken

Intel’s ordnet Fertigungskapazitäten für die Produkte auf Basis ihrer Gewinnmarge zu

Zeit-Regeln Synchronisation verschiedener Aktivitäten des Unternehmens

Nortel’s Regel für die Produktentwicklung: die Entwicklungsteams müssen wissen, bis wann der Kunde das Produkt benötigt, Entwicklungszeiten dürfen nicht länger als 18 Monate dauern

Ausstiegs-Regeln

Vorgaben, wann weniger erfolgversprechende Möglichkeiten nicht mehr verfolgt werden

Oticon’s Regel zum Abbruch von Produktentwicklungen: wenn ein wichtiges Teammitglied das Projektteam verlässt, um an einem anderen Projekt innerhalb des Unternehmens mitzuarbeiten

Strategie der

einfachen

Regeln (Eisenha

rdtSull)

Page 96: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Mitzberg: Strategieschulen im Vergleich

Page 97: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Test zur diagnostische Intuition (1) Um die Früherkennung von Brustkrebs ab einem bestimmten

Alter zu fördern, wird Frauen empfohlen, regelmäßig an Screenings (Reihentests für Frauen ohne Symptome) teilzunehmen.

Angenommen Sie führen in einer bestimmten Gegend des Landes ein solches Brustkrebs-Screening mit Hilfe von Mammographie durch. In der betreffenden Gegend liegen folgende Angaben über Frauen zwischen 40 und 5o vor, bei denen sich keine Symptome zeigen und die am Mammographie-Screening teilnehmen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine dieser Frauen Brustkrebs hat, beträgt 0,8 Prozent. Wenn eine der Frauen Brustkrebs hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit 90 Prozent, dass ihr Mammogramm positiv ausfällt. Wenn eine Frau jedoch keinen Brustkrebs hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit 7 Prozent, dass ihr Mammogramm dennoch positiv ausfällt. Angenommen, der Test fällt bei einer Frau positiv aus. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich Brustkrebs hat?

Page 98: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Test zur diagnostische Intuition (2) Um die Früherkennung von Brustkrebs ab einem

bestimmten Alter zu fördern, wird Frauen empfohlen, regelmäßig an Sceenings (Reihentests für Frauen ohne Symptome) teilzunehmen. Angenommen Sie führen in einer bestimmten Gegend des Landes ein solches Brustkrebs-Screening mit Hilfe von Mammographie durch. In der betreffenden Gegend liegen folgende Angaben über Frauen zwischen 40 und 5o vor, bei denen sich keine Symptome zeigen und die am Mammographie-Screening teilnehmen.

Von jeweils 1000 Frauen haben 8 Brustkrebs. Von diesen 8 Frauen mit Brustkrebs werden 7 ein positives Mammogramm haben. Von den übrigen 992 Frauen, die keinen Brustkrebs haben, werden rund 70 dennoch ein positives Mammogramm haben. Stellen Sie sich nun eine Anzahl von Frauen vor, deren Mammogramm beim Screening positiv ausfiel. Wie viele von ihnen haben wirklich Brustkrebs?

Page 99: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Test zur diagnostische Intuition (3) Nur 7 von 77 im positiven Mammogramm haben

Brustkrebs (das entspricht 1 von 11 oder 9 Prozent)

0102030405060708090

100

1.Gruppe 2. Gruppe

0102030405060708090100

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Entscheidungstechniken von Organisationen

Entscheidungsarten

Programmiert

Repetitive Routine-Entscheidungen, für die Organisationen spezielle Verfahren

entwickeln

Nicht programmiert

Nicht repetitive, schlecht definierte,

nur von allgemeinen Problemlösungs-

heuristiken zu bearbeitende

Entscheidungen

1. Gewohnheiten

2. Verfahrensroutinen

3. Organisatorisch geregelte Erwartungen, Definition von Unterzielen und Informationskanälen

1. Urteilkraft, Intuition, Kreativität

2. Daumenregeln

3. Auswahl und Ausbildung von Vorgesetzten

1. Operations Research: mathematische Modelle, Computersimulation

2. Elektronische Datenverarbeitung

Heuristische Problemlösungstechniken, angewandt auf:

a. Ausbildung menschlicher Entscheidungsspezialisten

b. Heuristische Computerprogramme, künstliche Intelligenz (AI)

Techniken des Entscheidens

traditionell modern

Page 103: Entscheidungen in Organisationen (Teil 2)

Edwards (1961) Psychologische und ökonomische Theorien von Wahlentscheidungen ohne und mit Risiko und Spieltheorie

Becker & McClintock (1967)

Die Verbindung zwischen der Verhaltenstheorie der Entscheidung mit der Philosophie und anderen Sozialwissenschaften

Rapoport/Wallsten (1972)

Experimentelle Überprüfung normativer und deskriptiver Theorien

Slovic et al. (1977) Heuristiken und Verzerrungen des Entscheidens

Einhorn & Hogarth (1981)

Funktionale Aspekte von Entscheidungsverzerrungen

Pitz & Sachs (1984) Bewerten/Entscheiden inder menschlichen Informationsverarbeitung

Payne et al. (1992) Der strategische Gebrauch von multiplen Entscheidungsstrategien

Mellers. Et al. (1998) Bewertung und Entscheidung

Lopes (1994) Risiko, Kooperation und der Markt

Mellers et al. (1998) Annahmen über Rationalität und alternative Konzepte

R. Hastie (2001) Probleme von Bewertung und Entscheidung

Edwards, Fasolo (2001)

Decision Technology

 Kerr/Tindale (2007) Gruppenleistung und Entscheiden

Themen der Entscheidungsforschung seit den 60er Jahren

im Spiegel der Titel der Annual-Review-of-Psychology

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