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Zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Fachhochschule Gelsenkirchen in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte. Ver.di Fachtagung „Gute Altenpflege braucht starke Interessenvertretungen im Betrieb“, 5. Oktober 2009, Berlin Michaela Evans [email protected] Christoph Bräutigam [email protected] Institut Arbeit und Technik Munscheidstraße 14 45886 Gelsenkirchen

Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

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Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte. Ver.di Fachtagung „Gute Altenpflege braucht starke Interessenvertretungen im Betrieb“, 5. Oktober 2009, Berlin. Inhalte. Bedeutung des Pflegebereichs Zentrale Trends und Anforderungen - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Fachhochschule Gelsenkirchen in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum

Entwicklungen in der Altenhilfe:Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte.

Ver.di Fachtagung „Gute Altenpflege braucht starke Interessenvertretungen im Betrieb“,

5. Oktober 2009, Berlin

Michaela Evans

[email protected]

Christoph Bräutigam [email protected]

Institut Arbeit und TechnikMunscheidstraße 14

45886 Gelsenkirchen

Page 2: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Inhalte

• Bedeutung des Pflegebereichs

• Zentrale Trends und Anforderungen

• Wie reagieren Einrichtungen und Träger?

• Konsequenzen für die betriebliche Interessenvertretung

• Dreieck: Erweiterte Verantwortung und Chancen für Betriebsräte

in der stationären Altenhilfe

• Wo liegen Gestaltungsspielräume?

• Fazit

Page 3: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Pflege als Wachstumsmarkt

• Pflege als der am stärksten wachsende Teilbereich der

Gesundheitswirtschaft.• Marktvolumen hat sich zwischen 1993 und 2007 auf 29 Mrd. €

verdreifacht.• Umsatz pro Vollbeschäftigtem beträgt derzeit ca. 55.000 € / Jahr.• Umsatzvolumen wird von 50 Mrd. € (2020) auf 85 Mrd. € (2050)

ansteigen.• Unberücksichtigt bleiben hierbei Effekte der Schattenwirtschaft.• Anteil der Pflege an der gesamten Schwarzarbeit in Deutschland wird

auf 4,3 Prozent (rd. 6 Mrd. € ) geschätzt.

Quelle: Enste/Pimpertz (2008): IW-Trends 4/2008

Page 4: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Der Blick in die Zukunft I: Pflegemarkt wird weiter wachsen!

Page 5: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Trend 1: Wachstum (2001 – 2007)

• Zahl der Einrichtungen (+ 20,3%)

• Zahl der Plätze (+ 21,4%)

• Zahl der Bewohner(innen) (+ 17,4%)

• Zahl der Beschäftigten (+ 20,7%)Quellen: Pflegestatistik 2001 und 2007 (Statistisches Bundesamt)

• Stationäre Einrichtungen sind kein Auslaufmodell!

• Aber: Der Charakter der Einrichtungen muss sich weiter wandeln, weg von der versorgenden Massenunterkunft als „Endstation“, hin zu einem Ort des selbstbestimmten Lebens mit sozialer Teilhabe.

Page 6: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

• signifikante Preisunterschiede für stationäre Pflege auf regionaler Ebene (Preiswettbewerb);

• Bedeutungsgewinn privater Träger bei gleichzeitigem Rückzug öffentlicher Betreiber (Tendenz ↑ );

• Bildung von Pflegeheimverbünden und -ketten (Nutzung von Synergiepotenzialen);

• Ausbau wirtschaftlich attraktiver Wohn- und Betreuungsangebote; • Vernetzung mit anderen Gesundheitsanbietern „vor Ort“ (v.a.

Krankenhäuser, ambulante Dienste);• Ausweitung individueller Leistungsangebote und neuer

Geschäftsfelder, „Premiumleistungen“, Zusatzangebote.

Konsequenzen für die Beschäftigten: Notwendigkeit strategischer Neuorientierung erhöht Innovationsdruck!

Vor allem wirtschaftlich attraktive Einrichtungenziehen Investoren an!

Trend 2: Umbrüche der Träger- und Leistungsstrukturen

Page 7: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Trend 3: Finanzieller Druck aufAnbieter wächst

• Private Anbieter drängen auf den Pflegemarkt;

• Teils regionale Überkapazitäten: Konkurrenz und Preisdruck;

• Relative Verteuerung der stationären gegenüber der ambulanten Pflege;

• „Ambulant vor stationär“: Finanzrahmen wird langfristig enger (Sachleistungen für Pflegestufe I und II steigen nur noch für ambulante, nicht für stationäre Leistungen)

• Höherer Anspruch, steigende Personalkosten usw.

• Investitionen werden notwendig, z.B. Umbau, Umstrukturierung/ Neubau

Der Wettbewerb im Pflegemarkt ist derzeit mehr ein Preis-, denn ein Innovations- und Qualitätswettbewerb.

Page 8: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Trend 4: Steigende Ansprüche undöffentliche Wahrnehmung

• Pflegerische Fachlichkeit wird vorangetrieben von wissenschaftlichen Erkenntnissen (Stichwort: Evidenzbasierung), Expertenstandards, MDK-Qualitätsprüfungen usw.;

• Stärkere Einforderung der Grund- und Menschenrechte (z.B. Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen des Runden Tisches Pflege);

• Komplexere Bedarfe der Pflegebedürftigen (eingeschränkte Alltagskompetenz, Multimorbidität usw.);

• Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Angehörigen (auch durch Rückgang des informellen Pflegepotenzials durch Familienangehörige?)

Konsequenzen für die Beschäftigten: höheres Anspruchsniveau, mehr Leistungsdruck bei steigender Verantwortung.

Page 9: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Trend 5: Zunehmender Mangel an qualifiziertem Personal / Nachwuchsengpass

• Fachkräftegewinnung bereits heute schwierig;

• Niedrige Entlohnung im Vergleich zur Facharbeit anderer Branchen;

• Unattraktive Karrierepfade und Aufstiegsoptionen;

• Beschäftigte werden älter, alter(n)sgerechte Arbeitsbedingungen

sind aber Mangelware;

• Personalverlust durch schlechte Arbeitsbedingungen;

• Ausbildungszahlen sinken/stagnieren trotz stetig

steigender Bewohnerzahlen;

• Zunehmende Konkurrenz um Nachwuchs mit anderen Branchen.

Page 10: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Der Blick in die Zukunft II: Pflegearbeit wird weiter ausgebaut!

Page 11: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Entwicklung belegter Ausbildungsplätze in der Altenpflege: Beispiel NRW

Quellen: BG Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW; Landtag NRW Drucksache 14/8704)

5000

6000

7000

8000

9000

10000

11000

2005 2006 2009

Schüler(innen) an Fachseminaren

Page 12: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Entwicklung von Erwerbspersonenpotenzial und Arbeitskräftebedarf (Deutschland)

38

39

40

41

42

43

44

45

2005 2010 2015 2020

Mill

ion

en

Erwerbspersonenpotenzial Deutschland

Arbeitskräftebedarf alle Branchen

Schnur, P. & Zika, G. (2007): Die Grenzen der Expansion. In: IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Kurzbericht Nr. 26/2007.

Page 13: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Zwischenfazit der Bestandsaufnahme

• Stationäre Pflegeeinrichtungen sind kein Auslaufmodell sondern ein bedeutendes Wachstums- und Beschäftigungsfeld.

• Druck durch steigende Anforderungen und verstärkte öffentliche Beobachtung.

• Die Einrichtung stehen unter wirtschaftlichem Druck.

• Sie stehen auch unter hohem Innovationsdruck.

• Steigerung betrieblicher und individueller Innovationsfähigkeit ist erforderlich.

• Sprung vom Preis- zum Qualitätswettbewerb notwendig: Drücken von Personalkosten ist kontraproduktiv!

• Nachwuchsproblematik: Notwendig sind verstärkte Personal-rekrutierung, Ausbildung und gesündere Arbeitsbedingungen.

Page 14: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Wie reagieren die Einrichtungen/Träger auf steigende Anforderungen?

• dem Marktdruck und inhaltlichen Anforderungen wird durch mehr Kontrolle, Verfahren, Bürokratie usw. begegnet;

• Innovationskultur der Einrichtungen zwischen „getrieben und ängstlich“, „offensiv und eigenständig“;

• systematische Weiterentwicklung und Prioritätensetzung eher als Ausnahme („Trial and Error“ und „Aktionismus“)

• Institutionelle Egoismen verhindern einrichtungsübergreifende Projekte und regionale Innovationspartnerschaften;

• Realisierung von Innovationsvorhaben lässt nicht selten professionelle Implementierung und Begleitung vermissen;

• Organisationsentwicklung rennt der Personalentwicklung davon;

• verstärkter Einsatz neuer Berufsbilder von Betreuungsassistentinnen, Alltagsbegleiterinnen usw.;

• Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung, Flucht aus Tarifen etc.

Page 15: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Pflegefachkräfte und Alten-/Krankenpflegehelferinnen:Anteil der Vollzeitkräfte in Pflegeheimen 2001 zu 2007

Quelle: Pflegestatistik 2001 und 2007, Berechnung: IAT

62,4

49,550,5

35,0

0

25

50

75

2001 2007

An

teil

(%)

Pflegefachkräfte APH/KPH

Beschäftigungsgewinne wurden vielfach durch Zunahme von Teilzeitarbeit und geringfügiger Beschäftigung realisiert! Problematik der Teilzeitarbeit in der Pflege: Kontinuität

Page 16: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Es gibt große Qualitätsunterschiede und unterschiedliche Nutzung der Gestaltungsspielräume trotz vergleichbarer

Rahmenbedingungen.

Potenzial der Beschäftigten wird bei Veränderungsprojekten

zu selten abgeholt und eingebunden.

Notwendig ist ein Blickwechsel von der

„pragmatischen Zweckpartnerschaft“ zur „echten Innovationspartnerschaft“.

Page 17: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Für sinnvolle Gestaltung der Einrichtungen werden benötigt…

• …eine ausreichende Zahl von qualifizierten Beschäftigten,

• …gute Arbeitsbedingungen,

• …fundierte Konzepte, die zur Einrichtung passen,

• …bauliche Entwicklungen,

• …eine partizipative „Innovationsphilosophie“,

• …eine integrierte Personal- und Organisationsentwicklung und

• …ein Betriebsrat, der diese Entwicklungen vorantreibt und aktiv begleitet!

Page 18: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Erweiterte Verantwortung für Betriebsräte in der stationären Altenhilfe

• Perspektive der Beschäftigten

• Perspektive des Unternehmens

• Perspektive der Bewohner(innen)

Page 19: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Interessendreieck

Bewohner(innen)

Beschäftigte Unternehmen

Betriebsrat

Page 20: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Was sind zentrale Gestaltungsfelder?

• Personalgewinnung, -entwicklung und -qualifizierung

• Gesundheitsschutz und alter(n)sgerechte Arbeitsbedingungen

• Arbeitszeitgestaltung und Dienstplanung

• Integration von Personal- und Organisationsentwicklung

• Verbindung von Fachlichkeit und Selbstbestimmungsrechten

• Bauliche Veränderungen der Einrichtungen

• Öffnung der Einrichtungen als Lebensorte mit Quartiersbezug und

für andere Versorger

Page 21: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Fazit

• Zielkategorien in der Betriebsrätearbeit weiter fassen: Es geht immer auch um die Interessen der Bewohner(innen)!

• Betriebsräte können und sollten Fachexpertise einbringen und das Innovationsgeschehen im Blick haben!

• Betriebräte können als Innovationsmotorenund -begleiter agieren!

• Vernetzung der Betriebsräte eröffnet neue Chancen für den Austausch über gelungene/ misslungene Innovationsprojekte.

Page 22: Entwicklungen in der Altenhilfe: Erweiterte Verantwortung der Betriebsräte

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!