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Ereignisanalyse Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie Hochwasser August 2002 in den Osterzgebirgsflüssen Ereignisanalyse

Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

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Ereignisanalyse

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Hochwasser August 2002in den Osterzgebirgsflüssen

Ereignisanalyse

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Ere i gn i sana lyse

Hochwasser August 2002

in den Osterzgebirgsflüssen

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie

EidgenössischeForschungsanstalt WSL

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Vorwort

Im August 2002 war Sachsen flächendeckend von einer Hoch-wasserkatastrophe betroffen, wie sie seit über 100 Jahrennicht mehr aufgetreten war. Schwerpunkte waren nebender Elbe und Mulde die Osterzgebirgszuflüsse der Elbe.Hier entstanden durch die intensiven Starkregen am 12. und13. August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und Kulturgüter zer-stört oder beschädigt.

Das Katastrophenhochwasser in Sachsen entstand durchein lang andauerndes Unwetter, das große Teile Ost- undMitteleuropas heimsuchte. Der Bundesrat der Schweize-rischen Eidgenossenschaft beschloss am 22. August 2002betroffene Gebiete in Europa und in Asien mit insgesamt 50 Mio. CHF zu unterstützen. Davon gingen 10 Mio. CHFnach Deutschland. Ein wesentlicher Teil der Hilfe – in Sach-sen 3,3 Mio. CHF – ist in Präventionsprojekte geflossen. Indiesen von der Direktion für Entwicklung und Zusammen-arbeit (Schweiz) finanzierten Projekten arbeiteten sächsischeFachbehörden mit dem Bundesamt für Wasser und Geo-logie und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald,Schnee und Landschaft der Schweiz zusammen.

In diesem Rahmen entstand unmittelbar nach dem Hoch-wassergeschehen im August 2002 das sächsisch-schwei-zerische Gemeinschaftsprojekt zur Analyse der Ereignisse inden Osterzgebirgsflüssen. Die Ergebnisse werden in der vor-liegenden Studie vorgestellt.

Um künftig besser auf Hochwasserkatastrophen vorbereitetzu sein, wurden in enger Gemeinschaftsarbeit zwischen demLandesamt für Umwelt und Geologie und der Eidgenössi-

schen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaftund weiteren Schweizer Fachkollegen die meteorologischenund hydrologischen Ursachen des Hochwassers, Schäden,Schadensprozesse und Konsequenzen analysiert.

Ein Schwerpunkt der Auswertung lag auf der Untersuchungder Schadensprozesse und des Hochwassernachrichten-dienstes. Als Schlussfolgerungen werden Vorschläge füreinen nachhaltigen Hochwasserschutz in Sachsen vorgestellt.

Die vorliegende Ereignisanalyse basiert auf Gutachten vonIngenieurbüros, dem Deutschen Wetterdienst, den Institu-ten für Wasserbau und Technische Hydromechanik, Hydrolo-gie und Meteorologie sowie Kommunikationswissenschaftder TU Dresden. Außerdem haben die Staatliche Umwelt-betriebsgesellschaft, die Talsperrenverwaltung des Freistaa-tes Sachsen, das Staatliche Umweltfachamt Radebeul unddas Umweltamt der Stadt Dresden mit ihren Beiträgen undHinweisen zu dieser Dokumentation beigetragen. Des Wei-teren wurden Daten vom Sächsischen Staatsministeriumdes Innern und anderen beteiligten sächsischen Behördensowie des Deutschen Roten Kreuzes, der Deutschen BahnAG und der Allianz-Versicherung bereitgestellt.

Allen, die zum Gelingen der Ereignisanalyse zum Hoch-wasser August 2002 in den Osterzgebirgsflüssen beitrugen,sei an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit gedankt.

Hartmut BielePräsident des Sächsischen Landesamtesfür Umwelt und Geologie

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Vorwort 3

Einleitung und Gebietsbeschreibung 7

Teil I

1 Meteorologie 13

1.1 Synoptische Entwicklung 13

1.2 Meteorologisch-synoptische Ursachen des Hochwassers im August 2002 im Einzugsgebiet der Elbe 15

1.3 Zeitliche Abfolge 15

1.4 Wiederkehrintervalle des Niederschlags 17

1.5 Die Gebietsniederschlagshöhen im Gebiet der Osterzgebirgsflüsse 18

1.6 Zusammenfassung 23

2 Hydrologie 25

2.1 Ermittlung der Abflussganglinien – Methodik 25

2.1.1 Pegel im Untersuchungsgebiet 25

2.1.2 Speicherinhaltsänderung der Stauanlagen 27

2.1.3 Niederschlags-Abfluss-Modellierung 28

2.2 Verlauf des Hochwassers in den einzelnen Einzugsgebieten 29

2.2.1 Einzugsgebiet der Biela 29

2.2.2 Einzugsgebiet der Gottleuba 30

2.2.3 Einzugsgebiet der Müglitz 32

2.2.4 Einzugsgebiet des Lockwitzbaches 34

2.2.5 Einzugsgebiet der Weißeritz 36

2.2.6 Einzugsgebiet der Wilden Sau 41

2.2.7 Einzugsgebiet der Triebisch 42

2.2.8 Einzugsgebiet des Ketzerbaches 43

2.3 Analyse und Darstellung der Abflussspenden 44

2.4 Analyse und Darstellung der Abflussfüllen und -beiwerte 46

2.5 Darstellung des Einflusses der Talsperren und der Hochwasserrückhaltebecken 48

2.6 Hochwasserstatistische Einordnung des Augusthochwassers 52

2.7 Waldwirkung 54

2.8 Zusammenfassung 54

3 Feststofftransport und Hydraulik 57

3.1 Übersicht 57

3.2 Erosion im Einzugsgebiet und örtlicher Geschiebeeintrag in das Flussbett 57

3.3 Erosion und Ablagerung im Gewässerbett 59

3.4 Treibgut 64

3.5 Durchflusskapazität im Flussbett 66

3.6 Schwachstellen 68

3.7 Zusammenfassung 70

4 Schadensprozesse 71

4.1 Überschwemmung 71

4.2 Übersarung 73

4.3 Erosion und Gerinneverlagerung 74

4.4 Zusammenfassung 76

5 Schadensbilanz 77

5.1 Gesamtschaden 77

5.2 Auswertung in den einzelnen Schadensbereichen 79

5.3 Bedeutung der dynamischen und statischen Überschwemmung 82

5.4 Zusammenfassung 83

4

Inhaltsverzeichnis

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6 Hochwassermeldesystem 85

6.1 Inhalt und Organisation des Hochwassernachrichtendienstes 85

6.2 Hochwasserstandsmeldungen 86

6.3 Hochwasserberichterstattung 88

6.4 Meldewege und Kommunikationsmittel 90

6.5 Zusammenfassung 91

7 Fallbeispiele 93

7.1 Der Dammbruch von Glashütte 93

7.1.1 Einleitung 93

7.1.2 Geschichtliches 93

7.1.3 Beschreibung der Anlage 93

7.1.4 Beschreibung der Vorgänge am 12. August 2002 94

7.1.5 Schadensursachen 95

7.1.6 Folgen des Dammbruches 95

7.1.7 Zukünftiger Hochwasserschutz an der Brießnitz 95

7.2 Hydrologische Untersuchungen über die Möglichkeiten von Hochwasserpräventionsmaßnahmen

für den Schlosspark Weesenstein 96

7.2.1 Veranlassung und Zielstellung 96

7.2.2 Meteorologisch-hydrologische Ursachen 96

7.2.3 Verlauf und Schäden des Hochwassers vom August 2002 im Raum Weesenstein 97

7.2.4 Historische Hochwasser an der Müglitz und ihre Auswirkungen im Schlosspark Weesenstein 99

7.2.5 Hydraulische Untersuchungen 100

7.2.6 Zusammenfassung und Empfehlungen 103

7.3 Das Hochwasserereignis vom 12./13. August 2002 am Lockwitzbach im Stadtgebiet von Dresden 104

7.3.1 Einführung 104

7.3.2 Einzugsgebiet und Topographie 104

7.3.3 Geologische Einordnung 105

7.3.4 Historische Entwicklung 106

7.3.5 Hochwasserverlauf 106

7.3.6 Schadensprozesse – Schadensbilder 108

7.3.7 Hochwasserschutzkonzept der Landeshauptstadt Dresden 109

7.3.8 Fazit 109

7.4 Weißeritzhochwasser im Gebiet der Stadt Dresden 110

7.4.1 Geologische, natur- und kulturräumliche Grundlagen 110

7.4.2 Einzugsgebiet und Topographie 110

7.4.3 Historische Betrachtung 111

7.4.4 Ablauf des Augusthochwassers der Weißeritz in Dresden 112

7.4.5 Abwehrmaßnahmen 113

7.4.6 Hochwasserschutzkonzept der Landeshauptstadt Dresden 114

7.4.7 Zusammenfassung 114

Teil II

8 Das Hochwasser vom August 2002 im Vergleich zu historischen Hochwassern 119

8.1 Quellen zum Hochwassergeschehen 119

8.2 Räumlich ausgedehnte Hochwasserereignisse 120

8.3 Einzeldarstellungen der Hochwasser des Osterzgebirges 122

8.4 Schlussfolgerungen 126

9 Reduzierung des Gefahren- und Schadenspotenzials 127

9.1 Einleitung 127

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9.2 Beeinflussung des Gefahrenpotenzials 1289.2.1 Allgemeines 1289.2.2 Reduzierung des Hochwasserabflusses 1289.2.3 Steigerung der Abflusskapazität 1289.2.4 Vermeidung lokaler Schwachstellen 1299.2.5 Ufersicherung und Geschiebebewirtschaftung 1299.2.6 Reduzierung und Rückhalt von Treibgut 1309.3 Beeinflussung des Schadenspotenzials 1319.3.1 Nutzungskonflikt 1319.3.2 Freihaltung 1329.3.3 Nutzungsvorschriften 1339.3.4 Bauvorsorge 1349.4 Schlussfolgerungen 13410 Konsequenzen für das Hochwassermeldesystem 137

10.1 Hochwasserstandsmeldungen 13710.2 Hochwasserwarnungen 13810.3 Hochwassermeldewege und Kommunikationsmittel 14010.4 Besonderheiten kleiner Einzugsgebiete 14210.5 Schlussfolgerungen 14311 Flutberichterstattung in den Medien während des Augusthochwassers 145

11.1 Einleitung 14511.2 Analyse der Medienberichterstattung 14511.3 Die Input-Output-Analyse 14611.4 Journalistenbefragung 14711.5 Internetzugriffe 14911.6 Schlussfolgerungen 15012 Fallbeispiele Gefahrenkarten 151

12.1 Grundlagen und Methodik der Gefahrenkarten 15112.1.1 Grundsätze der Gefahrenanalyse 15112.1.2 Vorgehen 15212.2 Fallbeispiel Gefahrenkarte und Maßnahmenplanung Schlottwitz 15212.2.1 Einleitung 15212.2.2 Einzugsgebiet 15212.2.3 Ablauf des Hochwassers 2002 15312.2.4 Gefahrenanalyse 15412.2.5 Maßnahmenplanung 15812.2.6 Schlussfolgerungen 15812.3 Fallbeispiel Gefahrenkarte und Maßnahmenplanung Schmiedeberg 15912.3.1 Einleitung 15912.3.2 Einzugsgebiet 15912.3.3 Ablauf Hochwasser August 2002 15912.3.4 Gefahrenanalyse: Beurteilung des Geschiebetransportes und der Ablagerung 16012.3.5 Darstellung in der Gefahrenkarte 16112.3.6 Maßnahmenplanung 16112.3.7 Schlussfolgerungen 164Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 165

Literatur 169

Abkürzungen 173

Anhang

Anhang 1 Pegel im Untersuchungsgebiet 177Anhang 2 Schadenssummen im Untersuchungsgebiet während des Augusthochwassers 2002 180Anhang 3 Recherchierte historische Hochwasser im Untersuchungsgebiet 182

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Die extremen und langanhaltenden Niederschläge der ers-ten Augusthälfte 2002 in weiten Teilen Mitteleuropas ließenauch die Wasserstände in den Nebenflüssen der Oberen Elbe in Sachsen in kürzester Zeit auf ungeahnte Höhen an-steigen. Die Einzugsgebiete des Osterzgebirges lagen imZentrum des Niederschlags- und Hochwassergeschehens.Hier entstanden Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Die Gebirgsflüsse verließen das ihnen zugedachte Bettund überfluteten die teilweise dicht besiedelten Täler. Zahl-reiche Häuser wurden stark beschädigt oder zerstört, Dut-zende von Kilometern Straße und Bahngleise weggespült.Leider kamen trotz größter Anstrengungen der Rettungs-kräfte 12 Menschen zu Tode.

Unmittelbar nach dem Hochwasser im August 2002 ist vomsächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG)mit der Ereignisanalyse für die besonders schwer von derKatastrophe betroffenen Flüsse begonnen worden. Dabeierfolgte von Anfang an eine enge Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schneeund Landschaft (WSL,Birmensdorf/Schweiz). Finanziell unter-stützt wurde das Projekt von der Direktion für Entwicklungund Zusammenarbeit (DEZA, Schweiz).

Das Ausmaß der Katastrophe gab Anlass, den Hochwasser-schutz in Sachsen grundsätzlich zu überprüfen. Deshalb hatdie Ereignisanalyse das Ziel, das Hochwasser zu dokumen-tieren und zu analysieren, um darauf aufbauend Schlüsse zu ziehen, die Grundlagen für einen nachhaltigen Hochwasser-schutz in Sachsen sein können.

Die vorliegende Studie gliedert sich in zwei Teile. In einemersten Teil wird der Ablauf der Ereignisse dargestellt. Dabeiwurden folgende Aspekte untersucht:

■ meteorologische Auslöser und hydrologischer Prozess-ablauf,

■ hydraulische und geomorphologische Prozesse, ■ Wirkung der vorhandenen Schutzmaßnahmen,■ Schäden und■ Funktion des Hochwassermeldesystems.

Erste überblicksmäßige Arbeiten haben gezeigt, dass die in Sachsen bis jetzt wenig beachteten Geschiebe- undSchwemmholzverlagerungen einen erheblichen Einfluss aufdas Schadensausmaß hatten. Ein Schwergewicht der Aus-wertungen des Hochwasserereignisses lag deshalb auf dervertiefenden Untersuchung der Schadensprozesse.

In den Hochwasserschutzkonzepten, die im Auftrag derLandestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen (LTV)von Ingenieurbüros bearbeitet wurden, war die Dokumen-tation des Augusthochwassers – bezogen auf das ent-sprechende Flussgebiet – integrierender Bestandteil. Siebildeten die Grundlage für die Analyse der Schadenspro-zesse im vorliegenden Bericht.

Einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt der Analyse desEreignisses vom August 2002 bilden die Hochwasser-warnungen und -vorhersagen, da diese im Nachgang zumEreignis auch in der Kritik standen. Ergänzt werden dieseSchwerpunkte mit Darstellungen der auslösenden meteo-rologischen und hydrologischen Prozesse, der aufgetrete-nen Schäden sowie von ausgewählten Fallbeispielen.

Im zweiten Teil der Studie werden Lehren für die Zukunftgezogen. Erfahrungen aus historischen Ereignissen findendabei Berücksichtigung. Es werden Strategien zu einem ver-besserten Umgang mit Hochwasserkatastrophen aufgezeigt.Diese müssen einerseits eine ganze Palette von präventivenSchutzmaßnahmen berücksichtigen, wie dies z.B. Verbauun-gen oder Bauverbote darstellen. Andererseits dürfen auch die Möglichkeiten nicht außer Acht gelassen werden, welchetemporäre Maßnahmen wie Evakuierungen oder Straßen-sperrungen beinhalten. Voraussetzung dazu ist allerdings einezeitgerechte Warnung und Kommunikation dieser Warnungan potentiell Betroffene. Deshalb wird in gesonderten Ab-schnitten auf die Möglichkeiten und Grenzen der Warnung inkleinen Einzugsgebieten wie den Osterzgebirgsflüssen undderen Kommunikation eingegangen. Im Einzelnen werdenim zweiten Teil der Studie folgende Themen behandelt:

■ historischer Vergleich,■ Möglichkeiten zur Reduzierung potentieller ähnlicher

Schäden, ■ Konsequenzen für das Hochwassermeldesystem,■ Kommunikation während des Ereignisfalles /Medien-

berichterstattung,■ Erstellen von Gefahrenkarten als Grundlage für die

Konzeption des Hochwasserschutzes und Beispieleaus dem Untersuchungsgebiet.

Den Abschluss des vorliegenden Berichts bildet eine Syn-these, in welcher die wichtigsten Aussagen zusammen-fassend erläutert werden. Zu dieser Studie wurde auch einManagementreport erstellt, der getrennt von der Ereignis-analyse publiziert wurde.

Einleitung undGebietsbeschreibung

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Die Osterzgebirgsflüsse

Übersicht

Das Untersuchungsgebiet umfasst die Einzugsgebiete derbedeutendsten linksseitigen Zuflüsse auf dem ca. 90 kmlangen Elbabschnitt von der Staatsgrenze zur TschechischenRepublik bis Zehren nördlich von Meißen (siehe Abbil-dung 0-1). Das sind die Flüsse 1. Ordnung1): Biela, Gottleubaund Nebenflüsse, Müglitz, Lockwitzbach, Weißeritz, WildeSau, Triebisch und Ketzerbach.

Beim Lockwitzbach, der Wilden Sau und der Triebisch liegennur die Oberläufe im Osterzgebirge. Die Biela im Osten undder Ketzerbach im Westen gehören nicht zum Naturraum desOsterzgebirges, sie wurden aber wegen ihrer Bedeutungwährend des Augusthochwassers ebenfalls in die Unter-suchungen einbezogen.

Die Gesamtfläche des Untersuchungsgebietes beträgt 1436 km2. Das Untersuchungsgebiet reicht von den Kamm-lagen des Erzgebirges im Süden mit Höhen von über 900 mü. HN (Pramenac 909 m ü. HN, Kahleberg 905 m ü. HN) bisin das Elbtal. Die Mündungshöhen der betrachteten Elb-nebenflüsse liegen zwischen ca. 115 m ü. HN (Biela) und ca. 95 m ü. HN (Ketzerbach). Die Quellen der betrachtetenFlüsse Biela, Gottleuba, Müglitz und Wilde Weißeritz liegenauf tschechischem Gebiet.

Geologie

Geologisch gesehen kann der Kernbereich des Unter-suchungsgebietes den Gneisformationen des Erzgebirgeszugeordnet werden, deren Gesteine im Allgemeinen nur mit einer geringmächtigen, meist lehmigen Verwitterungs-schicht überdeckt sind, die nur eine unerhebliche Versicke-rung zulässt und damit in Verbindung mit den relativ hohenGeländeneigungen das rasche, kaum verzögerte Abfließen

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Abbildung 0-1: Untersuchungsgebiet der linken Nebenflüsse der Oberen Elbe

1) Die Gewässer 1. Ordnung sind im SächsWG festgelegt. Die Unterhaltung dieser Gewässer unterliegt dem Freistaat Sachsen. Alle anderen Gewässer sindGewässer 2. Ordnung. Für deren Unterhaltung sind die Kommunen zuständig.

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des Niederschlags begünstigt. Das Einzugsgebiet der Bielaund der äußerste östliche Teil des Einzugsgebietes der Gott-leuba hingegen gehören zum Elbsandsteingebirge. Die Durch-lässigkeit der Verwitterungsprodukte des Sandsteins ist be-deutend höher als die der Gneise.

Im Weißeritzgebiet erfolgt nach dem Zusammenfluss vonRoter und Wilder Weißeritz der Übergang von den Gneisendes Erzgebirges zum tonig-sandigen und teilweise Kohleführenden Rotliegenden und Oberkarbon.

Die oberen Teile der Einzugsgebiete von Triebisch, Wilder Sauund Ketzerbach gehören zum Nossen-Wilsdruffer Schiefer-gebirge. In den unteren Gebietsteilen der Flüsse steht derMeißner Syenitpluton an. Außerdem ragen in das Triebisch-gebiet erzgebirgische Gneise hinein, während im Gebiet derWilden Sau teilweise porphyrische Vulkanite vorkommen. DieVerwitterungsprodukte sind hier lößähnliche bis tiefgründigeLößlehmböden, die im Gebiet des Ketzerbaches für mittel-europäische Verhältnisse sehr mächtig sind und günstige Vor-aussetzungen für eine Verzögerung des Abflusses bieten.

Topographie

Typisch für die linkselbischen Flüsse von der Biela bis zurWeißeritz sind ihre überwiegend engen, stark eingetieftenund steilen Täler im Ober- und Mittellauf, wodurch kaum Flä-chen für einen natürlichen Rückhalt vorhanden sind. Stellen-weise haben die Flüsse im Oberlauf Wildbachcharakter. ImUnterlauf weiten sich die Täler. Teilweise können dort die Flüsse noch mäandrieren (Müglitz), aber in der Regel fließensie in ausgebauten Gerinnen (z.B. Vereinigte Weißeritz).

Die Neigung der nördlichen Abdachung bestimmt das Haupt-gefälle der Wasserläufe im Gottleubagebiet, die von Süd nachNord verlaufen. Die Wasserläufe weisen im Allgemeinen biszum Mittellauf Wildbachcharakter auf und sind erheblich in dasGelände eingeschnitten. So entstanden in der Hauptgefälle-richtung Bergrücken mit teilweise erheblichen Höhenunter-schieden zur Talsohle. Während die Gottleuba oberhalb derTalsperre ein Sohlental durchfließt, folgt ihr Lauf unterhalb derTalsperre einem V-förmigen Tal mit natürlichen Aufweitun-gen und Engstellen. Die Mäander der Gottleuba wurden fast vollständig durch die Talsperre abgeschnitten. Auf demSchwemmkegel der Gottleuba und der Seidewitz befindetsich heute die Stadt Pirna.

Die Müglitz, deren Quelle in der Tschechischen Republik liegt,fließt an der Sohle eines morphologisch weit entwickelten,stellenweise sehr engen Tales. Es ist beidseitig durch sehrsteile Hänge begrenzt und weist teilweise ein starkes Gefälleauf. In den Aufweitungen liegen die Ortslagen Glashütte,Schlottwitz und Mühlbach, wobei auch hier steile Hänge dasTal begrenzen. Im Unterlauf weitet sich das Flusstal.

Auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten kann auch die Weißeritz als geschiebegeprägter Mittelgebirgsfluss mitTendenz zu Erosion und Laufverlagerung bezeichnet werden.

Die Rote Weißeritz fließt im oberen Teil durch größere Wald-gebiete und mehrere Ortslagen. Nach Dippoldiswalde mün-det sie in den Speicher Malter. Unterhalb der Talsperre fließtdie Rote Weißeritz durch ein enges, naturbelassenes Tal.

Die Wilde Weißeritz hat ihr Quellgebiet im Grenzgebiet zurTschechischen Republik. Sie fließt im Oberlauf durch vor-wiegend dünn oder nicht besiedeltes Gebiet. Die Vorländerbestehen aus Grünland oder Wald. Sie wird durch zwei Tal-sperren gestaut: die Talsperren Lehnmühle und Klingenberg.Der einzige größere Ort ist die Stadt Tharandt. Einige Kilo-meter unterhalb der Stadt Tharandt vereinigen sich die WildeWeißeritz und die Rote Weißeritz zur Vereinigten Weißeritz.Diese durchfließt als städtisch geprägtes Gerinne mit weit-gehend befestigten Ufern die Städte Freital und Dresden biszur Mündung in die Elbe.

Westlich von Dresden dominiert ein anderes Reliefbild. ImOberlauf der Triebisch, der Wilden Sau und des Ketzerbachesherrschen mehrere 100 m breite Sohlentäler vor, die sich imMittellauf zu Kerbtälern mit stellenweise Wildbachcharakterverengen (z.B. Wilde Sau unterhalb Klipphausen) bevor siesich im Unterlauf, in den Elbniederungen, wieder aufweiten.

Ab Niedermunzig ist das Profil der Triebisch in den Ortslagenausgebaut und teilweise begradigt worden, um landwirt-schaftliche Flächen zu gewinnen.

Das Einzugsgebiet des Ketzerbaches besteht fast ausschließ-lich aus einer lößbedeckten Offenlandschaft. Der Ketzerbachdurchfließt ein breites Sohlental und schneidet sich teilweisemehrere Meter tief in den leicht verformbaren Lößlehm.

Flächennutzung

Das Abflussverhalten ist in erheblichem Maße auch von derFlächennutzung abhängig. Tabelle 0-1 gibt dazu einen ent-sprechenden Überblick. Insgesamt gesehen überwiegt imUntersuchungsgebiet die landwirtschaftliche Nutzung, aller-dings bestehen zwischen den einzelnen Einzugsgebietenerhebliche Unterschiede hinsichtlich der Flächennutzung.Während im Einzugsgebiet der Biela Wald und Gehölze 86%der Fläche bedecken, wird das Einzugsgebiet des Ketzer-baches zu 89% landwirtschaftlich genutzt.

Auf den sächsischen Teil der betrachteten Einzugsgebiete be-zogen ergibt sich die in Abbildung 0-2 dargestellte Verteilung.Die Siedlungen machen mit 9% einen nur geringen Anteilan der gesamten Flächennutzung der Einzugsgebiete aus.Allerdings schwankt auch dieser Anteil stark zwischen denEinzugsgebieten. Zum Beispiel ist durch die Städte Freitalund Dresden der Anteil an Siedlungs- und Verkehrsflächenim Gebiet der Vereinigten Weißeritz mit 49% sehr hoch.

Im Zeitraum der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf Grundder Industrialisierung, aber auch nach dem 2. Weltkrieg sind die natürlichen Aufweitungen der Täler der Gottleuba, Müglitz,Weißeritz und des Lockwitzbaches stark besiedelt worden. Die

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Flussregulierungen

Für alle Flüsse wurden im 19. und 20. Jahrhundert großeHochwasser mit großen Schäden verzeichnet. Deshalb sinddie Fließquerschnitte der Flüsse in den Ortslagen ausge-baut und befestigt. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurdemit dem Bau großer Talsperren und Hochwasserrückhalte-becken in den Einzugsgebieten begonnen. Nach dem Hoch-wasser von 1957 war ein Schwerpunkt der Aufbau desHochwasserschutzsystems im Einzugsgebiet der Gottleuba.

In den im städtischen Bereich liegenden Mündungsgebietenist der Flussverlauf vor allem der Vereinigten Weißeritz, aberauch der Gottleuba und der Triebisch teilweise extrem ver-ändert worden. In Dresden erhielt die Vereinigte Weißeritz inden Jahren 1891 bis 1893 einen neuen Verlauf. Ursprünglichverlief sie ab Löbtau weiter in nordöstliche Richtung undmündete etwa in Höhe des Heinz-Steyer-Stadions in die Elbe.Seit der Neugestaltung des Gewässerlaufes beschreibt derFluss in Löbtau eine Linkskrümmung und verläuft entlangdes Emerich-Ambros-Ufers in einem kanalartig angelegtenTrapezprofil in nordwestliche Richtung und mündet bei Cottain die Elbe (LTV, 2003d).

Die Mündung der Gottleuba wurde ebenfalls nach Westenverlegt. Ursprünglich floss sie durch das heutige Stadt-zentrum von Pirna (LTV, 2003a). Das Flussbett der frühernatürlich mäandrierenden Triebisch lag mehr in der Talmitte.Im Jahr 1867 wurde ihr in Meißen ein künstliches Gerinnegeschaffen (LTV, 2003e). Erwähnenswert ist auch der Nieder-sedlitzer Flutgraben, mit dem im Hochwasserfall zur Zeit 5 bis 15 m3/s schadlos aus dem Lockwitzbach abgeleitet wer-den können.

10

Besiedlung reicht zum Teil bis an die Flüsse heran. Die Bevöl-kerungszahl stieg z.B. von 1925 bis 1950 im Untersuchungs-gebiet von 206.750 auf 248.079 Einwohner (ohne Stadt Dresden). Allein im Müglitztal wuchs die Bevölkerungszahl indiesem Zeitraum von ca. 27.000 auf fast 34.000 Einwohner(STATISTISCHES LANDESAMT KAMENZ, 2004).

Im Gegensatz dazu sind die Täler der Flüsse Triebisch, WildeSau und Ketzerbach nur punktuell bebaut. Auf Grund derüberwiegend landwirtschaftlichen Nutzung in ihren Einzugs-gebieten waren sie keinem großen Siedlungsdruck ausge-setzt. Dicht bis an das Ufer heran ist hier nur der Bereich desTriebischtales in Meißen besiedelt. Neben den Siedlungs-bereichen gibt es aber in den Talabschnitten mit kleiner Tal-breite – in denen kein Platz für eine Besiedlung war – auchimmer noch natürliche Flussabschnitte ohne Ufersicherungmit flussbegleitenden Gehölzen.

Einzugsgebiet AEo in km2

Flächennutzung in %

Wald und

Gehölze

Landwirtschaft-

liche Flächen

Siedlungs- und

Verkehrsflächen

Stand-

gewässer

Biela 103,9 86 13 1 0

Gottleuba 252,0 41 54 5 0

Müglitz 207,51) 48 47 5 0

Lockwitzbach 84,3 32 52 16 0

Weißeritz, gesamt 390,62) 46 40 13 1

davon Wilde Weißeritz (162,7) 49 46 4 1

davon Rote Weißeritz (161,2)2) 52 40 7 1

davon Vereinigte Weißeritz (66,7) 24 27 49 0

Wilde Sau 52,4 7 77 16 0

Triebisch 176,4 23 69 8 0

Ketzerbach 168,4 3 89 8 0

Gesamtgebiet 1435,5 38 53 9 0

1) ohne Galgenteiche Altenberg 2) mit Galgenteichen Altenberg

Tabelle 0-1: Übersicht über die Flächennutzung in den betrachteten Einzugsgebieten

Ackerland49,7%

Verkehrswege1,6%

Siedlungen10,0%

Gewässer1,5%

Wald29,7%

Grünland7,5%

Abbildung 0-2 Flächennutzung im sächsischen Teil derbetrachteten Einzugsgebiete

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1.1 Synoptische Entwicklung

Die primäre Ursache für die Flutkatastrophe war ein klas-sisches Vb-Tief (sprich: „fünf b“), dessen Entwicklung inAbbildung 1-1 und Abbildung 1-2 verfolgt werden kann.

Bei einer Vb-Wetterlage – Klassifizierung entsprechend vanBebber für Zugbahnen von Tiefdruckgebieten (VAN BEBBER,1891) – bildet sich infolge eines massiven Kaltlufteinbruchsüber Westeuropa, unterstützt durch die Lee-Wirkung derAlpen, zunächst ein Tief über Oberitalien. Es verlagert sichnord- oder nordostwärts und führt dabei feucht-warme Mee-resluft mit sich, die am Rande der Kaltluft zum Aufgleitengezwungen wird. Im Grenzbereich der beiden Luftmassenentwickeln sich ausgedehnte Starkniederschläge längererDauer. Vb-Tiefs ziehen üblicherweise von der Adria überÖsterreich und Ungarn nach Tschechien und Polen.

Am 8. August 2002 hatte sich am östlichen Rand eines stabilenHochs bei den Azoren ein Tiefdruckgebiet entwickelt und warzunächst Richtung Irland gezogen. Oberitalien lag zu diesemZeitpunkt noch im Bereich schwacher Luftdruckgegensätze beisehr feuchter und warmer Luft mit Temperaturen bis 30°C. DasIrlandtief zog am 10. August südostwärts über Südengland nachNordfrankreich (Abbildung 1-1).Es löste sich anderntags dort auf.

Auf diese Weise kam über nahezu drei Tage hinweg zwi-schen dem Azorenhoch und dem westeuropäischen Tief-

druckgebiet ein breites Nordwindband zu Stande, mit demein Schwall maritimer Kaltluft aus dem isländisch-grönländi-schen Raum zum westlichen Mittelmeer vordringen konnte.In der oberen Troposphäre entstand am 10. August überSüdfrankreich ein markantes Tief in der Höhe. Vor diesemHöhentief begann auf Grund dynamischer Hebungsvorgängeder Luftdruck über Oberitalien sehr rasch zu fallen. Die„heiße Phase“ der Entwicklung begann dann in der Nachtzum 11. August mit der Entstehung des späteren Vb-Tiefsüber der nördlichen Adria (Abbildung 1-2). Es bezog aufseiner Ostseite extrem feuchte Luft von der Großen Syrte (= Bucht vor Libyen) her in seine Zirkulation ein.

Gleichzeitig brandete von Westen die kältere Luft, die überFrankreich nach Süden vorgedrungen war, gegen diesenWarmluftstrom an und führte zur weiteren Verstärkung desTiefs. Es erhielt am 11. August den Namen „ILSE“. Sein Kern erreichte in den Abendstunden des gleichen TagesVenetien und Friaul. In der Abbildung 1-3 sind die unter-schiedlich temperierten Luftmassen auf beiden Flanken des Tiefs in etwa 1,5 km Höhe (850 hPa-Fläche) gut zu er-kennen.

Waren zunächst nur schwache Niederschlagsechos auf denWetterradargeräten zu sehen, so verdichteten sie sich amAbend zunehmend und ließen größere, nunmehr auch gutquantifizierbare Mengen an Flüssigwasser erkennen, die be-reit waren in den nächsten Stunden abzuregnen.

1 Meteorologie

Abbildung 1-1: Analysierte Wetterlage vom 10.08. ,12:00 Uhr UTC(Grundlage: DWD)

Abbildung 1-2: Analysierte Wetterlage vom 11.08. ,06:00 Uhr UTC mit Tief „Ilse“ über der Adria(Grundlage: DWD)

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In den Frühstunden des 12. August zog der Kern des Tiefsschließlich über Tschechien hinweg in Richtung Sachsen undverstärkte sich in den Morgenstunden dort nochmals er-heblich. Eine Nordwestströmung in der Höhe drückte diemit Flüssigwasser gesättigten Luftmassen gegen die Nord-seiten der Mittelgebirge, so dass durch die damit verbun-dene erzwungene Hebung schwere Regenfälle auf breiterFront ausgelöst wurden. Flankiert von kräftigen Hochdruck-gebieten sowohl über Ost- als auch über Westeuropa wurde„ILSE“ nun stationär. Das Tief drehte sich gewissermaßengenau über dem Osten Deutschlands ein und regnete sichan dieser Stelle bis zum Ende seines Lebenszyklus komplettaus. Es verlagerte sich nur wenig ostwärts und wurde in der2. Tageshälfte lediglich etwas schmaler. Durch die Positiondes Bodentiefs auf der Ostflanke des westeuropäischen,quasi steuernden Höhentiefs, wurde nicht nur warme Luftbis in große Höhen nordwärts verfrachtet, sondern auchgleichzeitig gehoben, so dass das ausgedehnte Regen-gebiet von der Schweiz bis Sachsen entstehen konnte. Eine Aufnahme des Radarbildes vom 12. August – 13 UTC(Abbildung 1-4) zeigt die Verschmelzung zweier kräftigerEchobänder zu einer ausgedehnten, von den Alpen bis nachNorddeutschland reichenden Niederschlagszone. Dabei han-delt es sich hier um Momentaufnahmen in denen die Radar-reflektivität, gemessen in dB, dargestellt wird. Zur Visuali-

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Abbildung 1-4: Radarbild 12.08. – 13:00 Uhr UTC (Momentaufnahme) – deutlich sichtbareNiederschläge im Bereich des Vb-Tiefs(Quelle: DWD)

Abbildung 1-3: Numerische Analyse der Geopotential- und Temperaturverteilung in 850 hPa (etwa 1,5 km Höhe) am 11.08.(Quelle: DWD)

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sierung dieser Werte erfolgt eine Einteilung der Reflektivi-tätswerte in Klassen, denen Niederschlagsintensitätsstufenzugeordnet werden. „Schwach bis mäßig“ bedeutet dabeieine Niederschlagshöhe von 2 bis 10 mm/h.

In den Kammlagen des Erzgebirges wurden am 11. August(also im Zeitraum 11. August, 07:00 Uhr MEZ bis 12. August,07:00 Uhr MEZ) bereits über 60 mm registriert (Marienberg 62 mm, Zinnwald 61 mm). Die Starkniederschläge im OstenDeutschlands steuerten nun auf ihren Höhepunkt zu.

Extremwerte, wie die 24-stündige Niederschlagssumme von 312 mm zwischen dem 12. August, 07:00 Uhr und dem 13. August, 07:00 Uhr MEZ in Zinnwald-Georgenfeld,kamen vor allem dadurch zustande, dass die Mittelgebirgeim Osten Deutschlands sowie in Bayern und Tschechiensehr rasch auf die Westflanke des Tiefs gerieten. Dort kameine kräftige Nordwestströmung auf, wobei die um das Tief herumgeführte feuchte Luft zusätzlich gegen die Nordhängeder Gebirge gedrückt wurde, und das über einen Zeitraumvon mehr als 24 Stunden. Die feuchten Luftmassen wurdenso gezwungen, das Erzgebirge von Norden her zu über-queren und regneten sich dabei komplett aus.

1.2 Meteorologisch-synoptische

Ursachen des Hochwassers

im August 2002 im Einzugs-

gebiet der Elbe

Für die beobachteten extremen Niederschlagsmengen inSachsen, im Bereich von Tief „ILSE“, gab es insgesamt vierUrsachen:

1. Das für Vb-Tiefs typische Aufgleiten der feuchten undwarmen Mittelmeerluft, die vor allem in höheren Schich-ten nach Norden gegen die dort einströmende Kaltluftgeführt wurde.

2. Die in das Niederschlagsgeschehen zusätzlich eingela-gerten konvektiven Prozesse (Schauer und Gewitter), vorallem im Osten des Niederschlagsgebietes. Die Luft-masse war dort bis in große Höhen mit Wasserdampfnahezu gesättigt. Hinzu kam eine potenziell instabileSchichtung der Luftmasse.

3. Die orographische Verstärkung der Niederschlagsbil-dung, also die erzwungene Hebung der Luftmassen imNordstau der sächsischen Mittelgebirge auf Grund derPosition des Tiefdruckgebietes und der Druckgradient-verschärfung und damit deutliche Verstärkung des Nord-westwindes.

4. Die lange Andauer der Hebungsprozesse auf Grund dernur langsam sich ändernden großräumigen Druck- undStrömungsverteilung über Mitteleuropa.

Eine grobe Abschätzung der Anteile am Niederschlags-geschehen im Einzugsgebiet der Elbe anhand des zur Ver-fügung stehenden Beobachtungsmaterials (Wetter, Nieder-

schlagshöhen, Blitzechos, Radar etc.) ergibt für den Bereichdes Erzgebirges größenordnungsmäßig folgende Anteile anden insgesamt gemessenen Niederschlagshöhen:

■ Flächenhafter (skaliger) Niederschlag ca. 30%■ Konvektiver Niederschlag (Schauer, Gewitter) ca. 10%■ Orographische Verstärkung

(an Mittelgebirgen, maximal) ca. 60%

Die prekäre Hochwassersituation in den Ortschaften im undnahe dem Erzgebirge resultierte also letztlich vor allem massivauf dem Staueffekt am Nordrand des Mittelgebirgsraumes.

1.3 Zeitliche Abfolge

Bereits in den ersten 10 Tagen des August 2002 kam es imUntersuchungsgebiet zu mehreren Starkregenereignissen.Die Niederschläge führten teilweise zu einer deutlichen An-feuchtung der Einzugsgebiete. So fielen z.B. bereits am 1. August in Kipsdorf 60 mm Niederschlag. Die Tabelle 1-1zeigt den Gebietsniederschlag im Untersuchungsgebiet fürdie erste Dekade des Monats August.

Oft lag die Summe der in der ersten Augustdekade gefal-lenen Niederschläge im Bereich oder sogar über dem viel-jährigen mittleren Wert für den gesamten Monat August.Abbildung 1-5 zeigt die Verteilung der Niederschlagshöhen inder Zeit vom 1. bis 10. August im Einzugsgebiet der betrach-teten linken Nebenflüsse der Oberen Elbe.

FlussgebietNiederschlag in mm

01.–10.08.2002

Biela 25

Gottleuba 32

Bahra 28

Mordgrundbach 33

Seidewitz 39

Bahre 39

Müglitz 46

Lockwitzbach 30

Rote Weißeritz 48

Wilde Weißeritz 52

Vereinigte Weißeritz 29

Wilde Sau 46

Triebisch 58

Ketzerbach 56

Tabelle 1-1: Gebietsniederschlag in der ersten Dekadedes Monats August 2002 (Quelle: DWD)

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Abbildung 1-6: Niederschlagshöhen in mm im Unter-suchungsgebiet vom 11.08. bis zum 13.08.(Grundlage: DWD)

Abbildung 1-5: Niederschlagshöhen in mm im Unter-suchungsgebiet vom 01.08. bis zum 10.08.(Grundlage: DWD)

Abbildung 1-7: Stundenwerte der Niederschlagshöhen für die Stationen Zinnwald-Georgenfeld, Dresden und Lichtenhain-Mittelndorf vom 11.08.,19:00 Uhr bis 13.08., 23:00 Uhr MEZ (Quelle: DWD)

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19 21 23 01 03 05 07 09 11 13 15 17 19 21 23 01 03 05 07 09 11 13 15 17 19 21 23 01Datum/Uhrzeit MEZ

Nie

ders

chla

g in

mm

Zinnwald-GeorgenfeldDresdenLichtenhain-Mittelndorf

11.08. 12.08. 13.08.

Legende• Niederschlagsmessstation

––– Isohyeten der 3-Tage-Niederschlags-summe vom 11.08. bis zum 13.08.

Legende• Niederschlagsmessstation

––– Isohyeten der 10-Tage-Niederschlags-summe vom 01.08. bis zum 10.08.

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Angereichert durch feuchte Luft über dem Golf von Genuaweitete sich das Niederschlagsgebiet im Laufe des 11. Augustweiter nach Norden aus. Nachdem es zunächst in West-sachsen und Südwestsachsen zu ergiebigen Niederschlägengekommen war, verlagerte sich im weiteren Verlauf das Zen-trum der Niederschlagstätigkeit – wie so häufig bei diesenWetterlagen – ins Osterzgebirge. Innerhalb von 24 Stundentraten dabei Regenmengen von über 60 mm auf.

Das Tief „ILSE“ wanderte schließlich am 12. August nachPolen. Auf seiner Rückseite stellte sich die bereits erwähnteNordströmung ein, die den Niederschlagsprozess im Erz-gebirge durch Stau und orographische Hebung verstärkte. Da-bei ergaben sich an mehreren Stationen neue Rekordwerte für den 24-stündigen Niederschlag. In Zinnwald fielen inner-halb von 24 Stunden 342 mm und in der Zeit vom 11. bis13. August 406,9 mm. Der bisher in Deutschland gemesseneExtremwert für den Zeitraum von 24 Stunden war 260 mm(gemessen in Zeithain/Kr. Riesa am 06.07.1906 und in Stein/Kr. Rosenheim am 07.07.1954). Der neue Rekordwert ent-spricht etwa dem vierfachen des normalen Niederschlags imgesamten August.

Mit der Entfernung vom Kamm des Osterzgebirges nahmendie Niederschlagshöhen ab, erreichten aber auch hier in derRegel neue Rekordwerte. Am 12. August wurden in Dresden158 mm Niederschlag registriert; damit wurde an dieser Sta-tion der bisherige Rekordwert (77,4 mm am 02.08.1998)mehr als verdoppelt. Am 13. August traten im Mittelgebirgs-vorland noch vereinzelt gewittrige Starkniederschläge auf,doch großräumig verlagerte sich der Schwerpunkt der Nieder-schlagstätigkeit mit dem Abzug des Rest-Tiefs nach Osten.Die Abbildung 1-6 zeigt die Niederschlagsverteilung im Unter-suchungsgebiet vom 11. bis zum 13. August.

In Abbildung 1-7 sind die jeweils stündlich gemessenenNiederschlagshöhen an drei ausgewählten Niederschlags-

stationen dargestellt. Man erkennt deutlich, dass der Haupt-regen in Zinnwald-Georgenfeld erst in den Frühstunden des12. August, etwa ab 06:00 Uhr morgens begann. In Dresden(Flughafen) begann der besonders starke Niederschlag erstetwa drei Stunden später. Flächendeckend regnete es imUntersuchungsgebiet fast über 30 Stunden (in Dresdensogar 50 Stunden), wobei die größten Intensitäten am12. August vormittags bis zum 13. August in den frühen Mor-genstunden auftraten.

1.4 Wiederkehrintervalle

des Niederschlags

In der Tabelle 1-2 sind für ausgewählte Niederschlagsstatio-nen in Sachsen für die gemessenen Niederschlagshöhendie Wiederkehrintervalle T [a] nach KOSTRA – KOordinierteSTarkRegenAuswertung (DWD, 1997) angegeben. Diesenstatistischen Berechnungen zufolge weisen die 1-Tages-niederschläge des 12. August im Untersuchungsgebiet einWiederkehrintervall von >100 Jahren auf. Eine besonderePosition nimmt die Station Zinnwald-Georgenfeld im Erz-gebirge ein. Die dort innerhalb 24 Stunden vom Morgen des 12. August bis zum Morgen des 13. August gemessenen312 mm kommen – in einem Gebiet von bis zu 25 km2 – dergrößten Niederschlagsmenge sehr nahe, die dort physikalischüberhaupt möglich ist. Die 72-stündige Niederschlagshöhe (11. bis 13. August) für die Gebietsgrößenstufe 25 km2 beläuftsich mit 406 mm auf 80 % des größten 72-Stunden-Wertesder Niederschlagshöhe im Raum Zinnwald-Georgenfeld.

Für den 72-Stunden-Zeitraum ergeben sich u.a. auch an denStationen Dresden-Klotzsche (187,9 mm) und Lauenstein(324,7mm) Wiederkehrzeiten von mehr als 100 Jahren, d. h.dass dieses Ereignis – auch über 72-Stunden-Zeitraum ge-sehen – seltener als einmal in hundert Jahren auftritt.

Station

Niederschlagshöhe

[mm]

Wiederkehrintervall

[a]

Niederschlagshöhe

[mm]

Wiederkehrintervall

[a]

12.08., 07:00 Uhr bis 13.08., 07:00 Uhr MEZ (24 Stunden) 11.08., 07:00 Uhr bis 14.08., 07:00 Uhr MEZ (72 Stunden)

Zinnwald-Georgenfeld 312,0 >>100 406,2 >> 100

Lauenstein 267,3 >> 100 324,7 >> 100

Marienberg 166,5 > 100 187,9 > 100

Dresden-Klotzsche 158,0 > 100 181,7 > 100

Fichtelberg 135,4 > 100 201,5 > 100

Oschatz 108,5 > 100 117,1 42

Aue 79,9 9 109,3 15

Chemnitz 78,0 30 135,6 13

Lichtenhain-Mittelndorf 62,3 4 86,6 3

Tabelle 1-2: Wiederkehrintervall der größten Niederschlagshöhen für den Zeitraum vom 12.08., 07:00 Uhr bis 13.08., 07:00 Uhr MEZ (24 Stunden) und 11.08., 07:00 Uhr bis zum 14.08., 07:00 Uhr MEZ (72 Stunden) (Quelle: DWD)

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1.5 Die Gebietsniederschlags-

höhen im Gebiet

der Osterzgebirgsflüsse

Die Berechnung der Gebietsniederschlagshöhen erfolgtemit allen Niederschlagsstationen des Deutschen Wetter-dienstes und den im Untersuchungsgebiet vorhandenen Da-ten aus Fremdnetzen. Für die detaillierte Analyse der Nieder-schlagsverteilung für Zeitschritte < 1 Tag wurden die vomWetterradargerät des Deutschen Wetterdienstes in Dresdengewonnenen Daten, die mit den von automatischen Nieder-schlagsmessgeräten gemessenen Niederschlagshöhen„angeeicht“ worden sind, herangezogen.

Gebietsniederschläge – Tageswerte

Tabelle 1-3 enthält die Gebietswerte der Niederschlags-höhe für den 12. August (gefallen zwischen dem 12. August,07:00 Uhr MEZ und dem 13. August, 07:00 Uhr MEZ) bzw. für den 3-tägigen Zeitraum 11. bis 14. August, jeweils07:00 Uhr MEZ.

Auffallend ist, dass sich die extremen Niederschlagshöhen an der Station Zinnwald-Georgenfeld nicht so stark auf dasGesamtgebiet auswirkten. Das liegt offensichtlich daran, dassdie räumliche Ausdehnung dieser Höchstwerte nur geringwar. Das Verhältnis von Gebietswert der Niederschlagshöheund daraus resultierender Wassermenge des betreffendenGebietes muss zudem im Zusammenhang mit der Gebiets-

größe betrachtet werden. So beträgt der Gebietsniederschlagdes Mordgrundbaches (Zufluss der Gottleuba) am 12. August182 mm und 233 mm für den 3-Tage-Zeitraum 11. bis13. August; da sein Einzugsgebiet mit 18 km2 das kleinste derbetrachteten Gebiete ist, sind die Wassermengen auch klein(3.276.000 m3 bzw. 4.194.000 m3).

Demgegenüber beträgt der Gebietswert der Müglitz am 12. August 237 mm und die Wassermenge 50.718.000 m3,während am gleichen Tag im Gebiet der Triebisch bei einer Fläche von 176 km2 und aus einem Gebietswert der Nie-derschlagshöhe von rund 200mm eine Wassermenge von über35.000.000 m3 resultiert. Summiert man die Wassermengenaller hier betrachteten Flussgebiete, so kommt man auf dieunvorstellbaren Mengen von 284.320.000 m3 am 12. Augustund 341.625.000 m3 für den 3-tägigen Zeitraum. In der regio-nalen Verteilung nehmen diejenigen Gebiete einen Spitzenplatzein, die bis in die höchsten Lagen des Osterzgebirges reichenund nicht im Lee der anderen Gebiete liegen. Dies trifft vorallem für die oberen Teile von Müglitz und Roter Weißeritz zu;sie sind besonders von der Stauwirkung des Gebirges betrof-fen. Abgeschirmt dagegen ist z.B. das Flussgebiet der Biela,hier sind deutlich geringere Niederschlagswerte zu erkennen.Grundsätzlich nehmen die Niederschlagshöhen nach Nord-osten und nach Nordwesten ab.

Gebietsniederschläge – Stundenwerte

Das Netz der Niederschlagsstationen mit einer Zeitauflösung< 1 Tag ist so weitmaschig, dass hieraus Gebietswerte be-

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Gebiet AEo

in km2Gebietsniederschlag (mm) Wassermenge (103m3)

12.08. 11.–13.08. 12.08. 11.–13.08.

Biela 104 150 191 15.600 19.864

Gottleuba 86 177 225 15.222 19.350

Bahra 49 178 225 8.722 11.025

Mordgrundbach 18 182 233 3.276 4.194

Seidewitz 57 194 245 11.058 13.965

Bahre 42 180 228 7.560 9.576

Müglitz 214 237 296 50.718 63.344

Lockwitzbach 84 194 245 16.296 20.580

Rote Weißeritz 154 216 263 33.264 40.502

Wilde Weißeritz 163 238 285 38.794 46.455

Vereinigte Weißeritz 67 190 223 12.730 14.941

Wilde Sau 52 170 194 8.840 10.088

Triebisch 176 199 218 35.024 38.348

Ketzerbach 168 162 175 27.216 29.400

Tabelle 1-3: Gebietsniederschläge und Wassermengen im Untersuchungsgebiet vom 11.08. bis zum 13.08. (Quelle: DWD)

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Nie

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mm

Biela Bahra Mordgrundbach

Datum/ Uhrzeit MEZ 13.08.

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Gottleuba Bahre Seidewitz

13.08.Datum/Uhrzeit MEZ

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03:3004:30

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Abbildung 1-8: Stündliche Gebietswerte der Niederschlagshöhe für die Biela, Bahra und den Mordgrundbach vom 12.08., 03:30 Uhr bis zum 13.08., 07:30 Uhr MEZ (Quelle: DWD)

Abbildung 1-9: Stündliche Gebietswerte der Niederschlagshöhe für die Gottleuba, Bahre und Seidewitz vom 12.08., 03:30 Uhr bis zum 13.08., 07:30 Uhr MEZ (Quelle: DWD)

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Müglitz Lockwitzbach

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RoteWeißeritz

Vereinigte Weißeritz

13.08.Datum/Uhrzeit MEZ

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Abbildung 1-10: Stündliche Gebietswerte der Niederschlagshöhe für die Müglitz und den Lockwitzbach vom 12.08., 03:30 Uhr bis zum 13.08., 07:30 Uhr MEZ (Quelle: DWD)

Abbildung 1-11: Stündliche Gebietswerte der Niederschlagshöhe für die Weißeritz vom 12.08., 03:30 Uhr bis zum 13.08., 07:30 Uhr Uhr MEZ (Quelle: DWD)

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sonders bei konvektiven bzw. konvektiv verstärkten Nie-derschlägen nur sehr grob bestimmt werden können. Für die Zeit vom 12. August, 08:30 Uhr bis zum 13. August, 08:30 Uhr lagen für die Stundenwerte Radarmessungen im 1x1 km2 Raster vor, die mit Bodenmessungen angeeichtworden sind. Die berechneten Gebietswerte sind in Ab-bildung 1-8 bis Abbildung 1-12 dargestellt. Sie können mitdem Verlauf des Ereignisses in Stundenschritten an ausge-wählten Niederschlagsstationen (Abbildung 1-7) verglichenwerden.

Die Werte sind zeitlich recht differenziert. Die Orographiemacht sich verstärkend insofern bemerkbar, dass die Ge-biete, deren Nordhänge einen besonders hohen Anteil ander Gesamtfläche des Einzugsgebietes aufweisen, zeit-weise auch große Niederschlagshöhen zu verzeichnenhaben. Dies ist z.B. im Gebiet des Mordgrundbachs, derBahra und der Gottleuba (Abbildung 1-8, Abbildung 1-9), aberauch der Wilden Sau (Abbildung 1-12) der Fall. Dabei wa-ren die sehr hohen Intensitäten in diesen Gebieten nur spo-radisch, so dass die hohen Gebietsniederschlagswerte wiein Müglitz, Roter und Wilder Weißeritz hier nicht erreichtwurden.

Trotz der extrem hohen Werte an der Station Zinnwald-Georgenfeld (Quellgebiet der Müglitz, Abbildung 1-10) wirk-ten diese sich nicht so stark auf den Gebietswert desNiederschlags aus. Die Gründe sind im räumlich relativ be-grenzten Auftreten dieses extremen Niederschlags zu sehen.

Das zeigt auch die Abbildung 1-13, auf der die Nieder-schlagsverteilung für den 12. August, 06:00 bis 07:00 Uhrdargestellt ist. Das ist die Stunde, in der der höchste Wert inZinnwald-Georgenfeld gemessen worden ist.

Die Abbildung 1-14 stellt die maximalen 1- bis 3-stündigenGebietswerte der Niederschlagshöhe sowie deren Eintritts-zeiten dar. Auch hier zeigt sich, dass in Gebieten mit beson-ders hohem Anteil von Nordhängen die höchsten Stunden-werte (rd. 25 mm) fielen. Das Zeitintervall mit den Maximal-werten begann in Gebieten, die bis in die Kammlagen desErzgebirges reichen, früher als in den übrigen Einzugsgebie-ten. Eine Ausnahme bilden die Gebiete von Wilder Sau undTriebisch, in denen (wahrscheinlich in Zusammenhang mitkonvektiven Vorgängen) örtlich höhere Niederschlagswerteauftraten, die dann den Wert des Gebietsniederschlagswegen des Anteils der betroffenen Fläche an der Gebiets-fläche anhoben.

Als herausragend erkennt man die vom Müglitztal zu bewältigende Wassermenge von rd. 4.270.000 m3, die nurinnerhalb dieser einen Stunde (am 12. August, zwischen06:00 und 07:00 Uhr MEZ) im Einzugsgebiet der Müglitzals Regen gefallen war. Auch in den anderen Tälern rich-teten die Wassermassen schwerste Verwüstungen an, wiez.B. an der Roten Weißeritz, in deren Einzugsgebiet in derStunde von 09:30 bis 10:30 Uhr MEZ bei einem Gebiets-mittel von rd. 20 mm 3.110.000 m3 Niederschlagswasserfielen.

0

5

10

15

20

25

30

12.08.

Nie

ders

chla

g in

mm

Wilde Sau Triebisch Ketzerbach

13.08.Datum/ Uhrzeit MEZ

03:3004:30

05:3006:30

07:3008:30

09:3010:30

11:3012:30

13:3014:30

15:3016:30

17:3018:30

19:3020:30

21:3022:30

23:3000:30

01:3002:30

03:3004:30

05:3006:30

Abbildung 1-12: Stündliche Gebietswerte der Niederschlagshöhe für die Wilde Sau, Triebisch und den Ketzerbach vom 12.08., 03:30 Uhr bis zum 13.08., 07:30 Uhr MEZ (Quelle: DWD)

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0

10

20

30

40

50

60

BahraBiela

Mordgrundbach

Gottleuba

BahreSeidewitz

MüglitzLockwitzbach

Wilde Weißeritz

Rote Weißeritz

Vereinigte Weißeritz

Wilde Sau

Triebisch

Ketzerbach

Nie

ders

chla

g in

mm

7:30

8:30

9:30

10:30

11:30

12:30

13:30

14:30

15:30

16:30

Beg

inn

– En

de (M

EZ)

1-Stunden-Werte

2-Stunden-Werte

3-Stunden-Werte

1 Stunde Beginn

1 Stunde Ende

2 Stunden Beginn

2 Stunden Ende

3 Stunden Beginn

3 Stunden Ende

Abbildung 1-13: Niederschlagsverteilung für den 12.08., 06:00 bis 07:00 Uhr MEZ im Untersuchungsgebiet (Quelle: DWD)

Abbildung 1-14: Höchste Gebietswerte der Niederschlagshöhe am 12.08. (Quelle: DWD)

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1.6 Zusammenfassung

Das Niederschlagsgeschehen im August 2002 war in je-der Hinsicht ein Extremfall. Nachdem bereits Anfang desMonats verbreitet größere Niederschlagshöhen gemessenworden waren, entwickelte sich dann eine klassische Vb-Wetterlage. Die damit verbundenen Niederschläge regnetensich lang anhaltend in Sachsen und im südlichen Teil Bran-denburgs aus.

Infolge des Staus am Erzgebirge waren die Niederschlags-höhen im Gebiet der linken Nebenflüsse der Oberen Elbewie Wilde und Rote Weißeritz, Müglitz, Gottleuba beson-ders hoch. Zusätzlich wirkten konvektive Zellen verstärkend,so dass es örtlich begrenzt zu einer weiteren Steigerung derextremen Niederschlagshöhen kam.

Das Ereignis erhält seine Sonderstellung durch die großeErgiebigkeit über einen längeren Zeitraum. Flächendeckendregnete es im Untersuchungsgebiet fast über 30 Stunden.Dabei fiel das Doppelte bis Dreifache der zu erwartendenNiederschlagsmenge im Monat August. An der StationZinnwald-Georgenfeld wurde fast die vierfache Menge der mittleren Niederschlagshöhe vom August bzw. fast dieHälfte (43%) des normalen Jahresniederschlags registriert.

Die flächenmäßige Ausdehnung des Niederschlagsgebieteswar sehr groß, so dass auch weite Teile des Elbe-Einzugs-gebietes betroffen waren. Die größten Niederschlagshöhenkamen dem physikalisch maximal möglichen Niederschlag inunseren Breiten sehr nahe.

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2.1 Ermittlung der Abfluss-

ganglinien – Methodik

Die außerordentlichen Niederschläge führten zu sehr großenAbflüssen, die ihrerseits die in Kapitel 3 und 4 beschriebenenProzesse auslösten. Die für die Beschreibung der hydrologi-schen Prozesse benötigten Abflussganglinien wurden anhandvon beobachteten Wasserständen an gewässerkundlichenPegeln oder von beobachteten Speicherinhaltsänderungenund Abgaben an Stauanlagen oder mit Hilfe eines Nieder-schlags-Abfluss-Modells (N-A-Modell) ermittelt. Die Vor-gehensweise wird nachfolgend erläutert.

2.1.1 Pegel im Untersuchungsgebiet

Im Untersuchungsgebiet gibt es 39 gewässerkundlichePegel, die zum großen Teil mit einer kontinuierlichen Was-serstandsregistrierung (Schreibpegel) ausgerüstet sind(Abbildung 2-1, Anhang 1). Daneben gibt es noch acht Pegel an denen der Wasserstand nur diskontinuierlich, in der Regeleinmal pro Tag oder nur bei Hochwasser durch Ablesung an einer Pegellatte erfasst wird. Etwa 2/3 aller Pegel sindneben der kontinuierlichen Wasserstandsregistrierungauch mit einer Datenfernübertragung (DFÜ) ausgerüstet.

2 Hydrologie

Abbildung 2-1: Untersuchungsgebiet der linken Nebenflüsse der Oberen Elbe – Biela, Gottleuba, Müglitz, Lockwitzbach, Weißeritz, Wilde Sau, Triebisch und Ketzerbach

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Pegel GewässerAEo

in km2 ZeitbezugMQ MHQ HHQ (Jahr) HHW (Jahr)

Hochwasser-

scheitel

August 2002

in m3/s in cm in m3/s in cm

Bielatal 1 Biela 37,4 1965–2001 0,359 3,02 11,7 (1981) 116 (1995) 24 173

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach 30,9 1965–2001 0,277 3,41 11,2 (1981) 180 (1981) 9 154

Neundorf Gottleuba 133 1927–2001 1,47 33,3 433 (1927) 378 (1927) 135 250

Dohna Müglitz 198 1912–2001 2,52 38,3 330 (1927) 410 (1927) 400 450

Kreischa Lockwitzbach 43,5 1963–2001 0,341 5,1 11,5 (1995) 121 (1995) 45 197

Dippoldiswalde 1 Rote Weißeritz 73,9 1915–2001 0,883 16,0 69,4 (1918) 280 (1954) 190 358

Hainsberg 1 Rote Weißeritz 153 1928–2001 1,71 15,1 54,6 (1954) 144 (1954) 260 –

Rehefeld 1 Wilde Weißeritz 15,3 1961–2001 0,39 5,59 23,6 (1980) 121 (1980) 65 150

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz 162 1928–2001 1,17 12,3 58,9 (1958) 163 (1958) 220 251

Dölzschen Vereinigte Weißeritz 366 1929–1999 3,42 25,4 230 (1958) 343 (1958) 450 –

Wilsdruff Wilde Sau 25,8 1979–2001 0,17 3,99 13,3 (1996) 361 (1958) 27 309

Garsebach Triebisch 165 1960–2001 1,57 14,4 31,8 (1994) 230 (1994) 200 480

Piskowitz 1 Ketzerbach 156,7 1971–2001 0,589 16,1 47,3 (1977) 250 (1994) 90 300

Tabelle 2-1: Ausstattung der einzelnen Einzugsgebiete mit gewässerkundlichen Pegeln

Tabelle 2-2: Hydrologische Kennwerte ausgewählter gewässerkundlicher Pegel im Untersuchungsgebiet

Mit der aus Abbildung 2-1 und Tabelle 2-1 ersichtlichen Pegel-dichte ist insgesamt eine relativ gute Erfassung der Abfluss-verhältnisse an den genannten Gewässern möglich. Nicht er-fasst wird in der Regel das Abflussverhalten der Zuflüsse.

Der Aufbau des Pegelmessnetzes in den Einzugsgebietenist historisch gewachsen. Dabei waren oft die katastro-phalen Auswirkungen der extremen Hochwasser Anlass dasPegelmessnetz zu verdichten. Die Pegeldichte spiegelt des-halb vor allem die Häufigkeit von Extremereignissen und das

Gefährdungspotential in den Gebieten wider. Mit dem Bauder Stauanlagen wurden weitere Pegel eingerichtet.

Für die Auswertung des Augusthochwassers wäre u.a. dieRegistrierung des Wasserstandes an der Biela unterhalb derEinmündung des Cunnersdorfer Baches von Vorteil gewesen.

In der Tabelle 2-2 sind die hydrologischen Kennwerte derwichtigsten Pegel in diesen Einzugsgebieten zusammen-gestellt.

Einzugsgebiet Anzahl Pegel

davon mitPegeldichte

(Fläche in km2

pro Pegel)

kontinuierlicher

Wasserstands-

registrierung

Datenfern-

übertragung

Durchfluss-

messstelle

Biela 2 2 2 2 52

Gottleuba 6 6 6 6 42

Müglitz 6 4 4 3 35

Lockwitzbach 1 1 1 1 84

Wilde Weißeritz 5 5 5 4 27

Rote Weißeritz 6 6 4 6 27

Vereinigte Weißeritz 6 2 2 5 11

Wilde Sau 1 0 0 1 52

Triebisch 4 4 2 4 44

Ketzerbach 2 1 0 1 84

Gesamtgebiet 39 31 26 33 37

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Die Ableitung von Abflussganglinien für das Augusthoch-wasser anhand der Pegelaufzeichnungen war aus folgendenGründen problematisch:

1. Nicht wenige Pegel wurden während des Hochwasserszerstört oder schwer beschädigt. In der Regel erfolgte dieZerstörung bzw. Beschädigung vor dem Durchgang derHochwasserscheitel, so dass – wenn überhaupt – nur einigewenige Werte im Anstieg der Hochwasserwelle vorlagen.

2. Bei relativ vielen Schwimmerschreibpegeln verhindertentechnische Schwierigkeiten eine kontinuierliche Auf-zeichnung der Wasserstandsganglinie. Häufig handeltees sich dabei um das Abreißen des Schwimmers odereinen zu geringen Aufzeichnungsbereich infolge fehlen-der oder defekter Umkehrspindeln. Waren die betroffe-nen Pegel mit einer Datenfernübertragung (DFÜ) ausge-rüstet, konnte die Ganglinie in der Regel aus den DFÜ-Werten, sofern nicht durch Stromausfall die DFÜ aus-gesetzt hatte, abgeleitet werden.

3. An einigen Pegeln kam es zu einer Umflut der Pegel-

messstelle, so dass nicht mehr der gesamte Abflussüber den Pegel erfasst wurde. Das markanteste Beispielhierfür ist der Pegel Cotta an der Vereinigten Weißeritz.

4. Auch in den Fällen, in denen eine kontinuierlich aufge-zeichnete Wasserstandsganglinie vorliegt, die durch dieDFÜ bestätigt wurde, ist die Umrechnung in eine Abfluss-ganglinie unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt desHochwasserereignisses gültigen Wasserstands-Durch-

fluss-Beziehung (W-Q-Beziehung) mit erheblichen Un-sicherheiten behaftet. Ursache ist die fehlende Belegungder W-Q-Beziehung mit einer Abflussmessung in denextremen Wasserstandsbereichen sowie Profilverände-rungen während des Hochwassers.

Der letztgenannte Punkt war das Haupthindernis, um ausvorliegenden Wasserstandsganglinien zuverlässige Abfluss-ganglinien zu berechnen. An allen betrachteten Pegeln lagder Scheitelwasserstand des Augusthochwassers 2002weit über dem Wasserstand, bei dem bis dahin der jeweilshöchste Durchfluss gemessen wurde. Das Verhältnis zwi-schen dem Scheitelwasserstand des Augusthochwassers2002 und dem Wasserstand, bei dem der jeweils höchsteDurchfluss gemessen wurde, bewegt sich zwischen 1,6 und5,9. Noch drastischer als für den Wasserstand stellt sich der Vergleich bezüglich der Durchflüsse dar. Die höchstenDurchflussmessungen lagen im Allgemeinen im Bereichzwischen dem 4-fachen MQ und 10-fachen MQ. Am PegelHerzogswalde 1/Triebisch beispielsweise ist die W-Q-Be-ziehung bis zu einem Wasserstand von 80 cm bzw. einemDurchfluss von 4 m3/s durch Messungen belegt. Der Schei-telwasserstand am 12. August betrug dagegen 195 cm, derermittelte Scheitelabfluss 58 m3/s. Dieser Wert liegt damitum mehr als das 10-fache außerhalb des Durchflussberei-ches, der durch Messungen belegt ist. Auch an den meistenanderen Pegeln liegt dieses Verhältnis ähnlich hoch odersogar noch höher als am Pegel Herzogswalde 1.

In Abbildung 2-2 wird zur Verdeutlichung der Problematikbeispielhaft für den Pegel Dohna an der Müglitz die bis dahingültige Durchflusstafel und der Scheitelwert vom August-hochwasser dargestellt. Wie zu ersehen ist, lag das August-hochwasser 2002 weit außerhalb des Extrapolationsberei-ches der W-Q-Beziehung.

In Anbetracht der genannten Probleme war eine Rekonstruk-tion der Abflussganglinie anhand einer gesichert aufge-zeichneten Wasserstandsganglinie mit vertretbaren Fehlernnur möglich, wenn entweder der Hochwasserabfluss voll-ständig im Regelprofil abgeflossen ist oder bei Inanspruch-nahme des Vorlandes belastbare Anhaltswerte über denScheitelabfluss existieren.

Es zeigte sich, dass nur für wenige Pegelmessstellen eineder beiden Forderungen hinreichend erfüllt war. Für Pegel-messstellen, die der zweiten Forderung genügen, lagen alsAnhaltswerte über den Scheitelabfluss die Ergebnisse vonden nach dem Hochwasser durchgeführten hydraulischenBerechnungen vor. Diese Berechnungen wurden vom Staat-lichen Umweltfachamt (StUFA) Radebeul nach Aufnahmeder Gewässerquerprofile einschließlich der durchströmtenVorländer mit Hilfe der Manning-Strickler-Gleichung durch-geführt. Ebenfalls Berücksichtigung fanden die auf hydrau-lischer Grundlage berechneten Scheitelabflüsse (MÜNCH u.a. 2002a, b; POHL, 2003a). In Abbildung 2-2 sind beispiel-haft für den Pegel Dohna die hydraulischen Berechnungs-ergebnisse (POHL, 2003a) und die Ergebnisse der N-A-Model-lierung dargestellt. Die unterschiedlichen Berechnungsergeb-nisse geben einen Anhaltspunkt für den Scheitelabfluss, aufGrund dessen ein plausibler Wert festgelegt wurde.

2.1.2 Speicherinhaltsänderung der Stauanlagen

Die Ableitung von Abflussganglinien anhand von beobach-teten Beckenwasserständen war möglich für Stauanlagen (Talsperren oder Hochwasserrückhaltebecken) an denen die

Abbildung 2-2: Vergleich der nach verschiedenen Verfah-ren ermittelten Scheitelabflüsse mit derbisher gültigen W-Q-Beziehung am PegelDohna an der Müglitz

W in

cm

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

Q in m3/s

500450400350300250200150100500

Stützstellen der W-Q-Beziehungextrapolierte W-Q-BeziehungHW 2002 (abgestimmt)HW 2002 (N-A-Modell)HW 2002 (hydraulisch)

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Ganglinie des Beckeninhaltes H(t) während des Extrem-ereignisses vom August 2002 beobachtet wurde und für die die Beckeninhaltslinie V = f(H) sowie die Abgabecharak-teristik QA = f(H) bekannte Funktionen sind. In diesem Fallkonnten die Zufluss- und Abgabeganglinie QZ = f(t) bzw. QA = f(t) iterativ berechnet werden. Im Vergleich zur Ablei-tung anhand von Pegelaufzeichnungen hat diese Methodeden großen Vorteil, dass sie durch eine Bilanz abgesichert ist.

2.1.3 Niederschlags-Abfluss-Modellierung

Ergänzt wurden die im weitesten Sinne durch Messungenermittelten Abflussganglinien durch Abflussganglinien, diemit Hilfe eines Niederschlags-Abfluss-Modells berechnetwurden. Zu diesem Zweck wurden N-A-Modelle genutzt,die auf der Basis der Software NASIM (HYDROTEC, 2002)nach folgenden Grundsätzen aufgebaut wurden (WASY,2003a):

■ Für jedes Einzugsgebiet wurde ein eigenes N-A-Modellaufgebaut. Grundlage für die Teilgebietsgliederung in denN-A-Modellen bildete das digitale Flächenverzeichnis desLfUG.

■ Die Teilgebietsgrenzen für jedes Einzugsgebiet wurdenanschließend mit den Landnutzungs- und Bodendatenverschnitten.

■ Die N-A-Modelle wurden durch weitere Daten kom-plettiert: Laufzeit-Flächen-Funktionen und Rückgangs-konstanten, mit denen die Abflusskonzentration be-schrieben wird; Gerinnedaten zur Beschreibung des Wellenablaufes. Schwierigkeiten gab es bei der Ab-leitung repräsentativer Gewässerquerprofile; für diemeisten Simulationsteilgebiete musste deshalb mit fik-tiven Gewässerquerprofilen gearbeitet werden.

■ Vor der Modellkalibrierung wurden die N-A-Modelle fürdie Weißeritz, den Lockwitzbach und die Gottleuba umDaten zur Beschreibung der Wirkung von Talsperren undHochwasserrückhaltebecken erweitert.

Mit den auf Grundlage von Niederschlägen und Gangliniendes Hochwassers vom August 2002 kalibrierten N-A-Model-len wurden im Untersuchungsgebiet für insgesamt 140Gewässerquerschnitte Abflussganglinien berechnet. Für dieAbflussmodellierung wurden vorläufige Niederschläge ver-wendet, die teilweise geringfügig von den in Kapitel 1 ver-wendeten Gebietsniederschlägen abweichen. Die Ergeb-nisse der Modellierung wurden in WASY (2003a) vorgestellt.

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12.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

0

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Nie

ders

chla

g in

mm

Niederschlag GohrischCunnersdorfer Bach (Pegel Cunnersdorf)Cunnersdorfer Bach Mdg. BielaBiela (Pegel Bielatal 1)Biela (Pegel Königstein)

Tabelle 2-3: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet der Biela

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss

in m3/s

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach 13.08., 07:00 Uhr 154 9

Bielatal 1 Biela 13.08., 05:00 Uhr 173 24

Abbildung 2-3: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für die Biela und ihren Zufluss Cunnersdorfer Bach

2.2 Verlauf des Hochwassers

in den einzelnen Einzugs-

gebieten

In diesem Abschnitt wird der Ereignisverlauf in den einzel-nen Flussgebieten dargestellt. Ausgehend von den Scheitel-wasserständen wurden über die W-Q-Beziehung undhydraulische Berechnungen die Scheitelabflüsse bestimmt.Zusätzlich sind die Modellierungsergebnisse der N-A-Modelle für die Rekonstruktion und Beschreibung des Hoch-wasserablaufs und zur Festlegung des Scheitelwertes ge-nutzt worden.

2.2.1 Einzugsgebiet der Biela

Am Pegel Cunnersdorf 1 am Cunnersdorfer Bach und amPegel Bielatal 1 an der Biela wurde die Hochwasserwelleeinschließlich Scheitelwasserstand zuverlässig erfasst. DerHochwasserscheitel trat bei beiden Pegeln in den Morgen-stunden des 13. August auf (siehe Tabelle 2-3).

Der Hochwasserverlauf ist aus den mittels N-A-Modellsimulierten Ganglinien in der Abbildung 2-3 dargestellt. An der Station Gohrisch im Einzugsgebiet der Biela fielen inder Zeit vom 11. August bis 13. August 109 mm Niederschlag.Der Gebietsniederschlag für die gesamte Biela wurde fürdiesen Zeitraum mit 192 mm ermittelt. Diese Niederschlägeließen die Biela und ihre Nebenflüsse bis in die Morgen-stunden des 13. August stark anschwellen. In den engen und tief eingeschnittenen Tälern der Biela und des Cunners-dorfer Baches gibt es keine nennenswerten Retentions-räume, so dass die Hochwasserwelle ungehindert abfließenkonnte.

Nach einer Vorwelle traten die Hochwasserscheitel vonCunnersdorfer Bach und Biela am 13. August in der Frühenahezu gleichzeitig ein. Am Pegel Bielatal 1 floss dabeidoppelt so viel ab wie im Juli 1981, dem bisher größtengemessenen Hochwasserereignis im Bielagebiet. In denöstlichen Teilen des Einzugsgebietes waren die Abflüsseetwas geringer. Am Pegel Cunnersdorf 1 erreichte derScheitelabfluss vom August nur fast den Wert des Juli-hochwassers 1981.

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Talsperre Gewässer

gewöhnlicher Hochwasser-

rückhalteraum nach Wasser-

recht bzw. Betriebsplan

in Mio. m3

vorhandener Freiraum

zur Hochwasseraufnahme

am 12.08., 07:00 Uhr

in Mio. m3

Hochwasserentlastung

Beginn

Ende

TS Gottleuba Gottleuba 2,0 2,36213.08., 04:20 Uhr

15.08., 07:50 Uhr

HRB Mordgrundbach Mordgrundbach 1,15 1,15 nicht übergelaufen

HRB Buschbach Bahra 2,4 2,413.08., 14:43 Uhr

14.08., 19:44 Uhr

HRB Liebstadt Seidewitz 1,013 1,01313.08., 04:35 Uhr

14.08., 05:00 Uhr

HRB Friedrichswalde-Ottendorf Bahre 1,453 1,453

13.08., 00:20 Uhr

14.08., 19:30 Uhr

Tabelle 2-5: Hochwasserrückhalteräume und -entlastung der Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken im Gottleuba-gebiet (LTV, 2002)

2.2.2 Einzugsgebiet der Gottleuba

Der Hochwasserverlauf im Einzugsgebiet der Gottleubakonnte vor allem mit den Werten der DFÜ, den Angabender Beobachter und auf der Grundlage der Wildbettabgabeder Talsperre Gottleuba rekonstruiert werden (siehe Tabelle2-4). Nur an der Seidewitz am Pegel Liebstadt wurde dieWasserstandsganglinie während des Hochwassers nichtvollständig erfasst. Der Schreibpegel hat den Verlauf zu-verlässig bis 16:30 Uhr am 12. August aufgezeichnet. Beieinem Wasserstand von 190 cm stieß die Schreiberspitzean den oberen Rand der Trommel. Kurz danach kam es zurpegelseitigen Zerstörung des Abflussprofils und das Pegel-haus einschließlich der DFÜ wurde schwer beschädigt.

Das nach den Hochwasserereignissen 1957 und 1958 imEinzugsgebiet der Gottleuba errichtete Hochwasserschutz-system mit der Talsperre Gottleuba als Kernstück dämpfteund verzögerte die Hochwasserwelle entscheidend. Zudiesem System gehören weiterhin vier Hochwasserrück-haltebecken im Einzugsgebiet der Gottleuba, die jedochnicht steuerbar sind und bis auf das HRB Buschbach alsBecken mit Teildauerstau betrieben werden. Die Hoch-wasserrückhalteräume der 4 HRB Buschbach, Mordgrund-bach, Liebstadt, Friedrichswalde-Ottendorf standen am12. August, 07:00 Uhr vollständig zur Verfügung. In der TS Gottleuba stand außerdem ein zusätzlicher Freiraumvon fast 400.000 m3 bereit, so dass der zur Hochwasser-aufnahme insgesamt vorhandene Freiraum 118% des ge-

Tabelle 2-4: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet der Gottleuba

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss in

m3/s

Gottleuba 1 Gottleuba13.08., zwischen 03:00 und 04:00 Uhr

126 60

Gottleuba 2 Oelsenbach 12.08., 19:30 Uhr 98 3

Gottleuba 3 Gottleuba13.08., zwischen 09:30 und 14:00 Uhr

145 35

Neundorf Gottleuba 13.08.,10:30 Uhr 250 135

Markersbach Bahra 12.08., 20:00 Uhr 99 27

Liebstadt Seidewitz 13.08., 06:30 Uhr1) 251 45

1) abgeschätzte Scheiteleintrittszeit aus N-A-Modellierung

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12.08.00:00

12.08.12:00

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13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

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Nie

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chla

g in

mm

Niederschlag Bad Gottleuba TSGottleuba oh. Mdg. BahraBahra, Mdg. GottleubaGottleuba uh. Mdg. BahraGottleuba, oh. Mdg. Seidewitz Seidewitz, Mdg. GottleubaGottleuba uh. Mdg. Seidewitz

Abbildung 2-4: Blick in die Bahnhofsstraße in Pirna (parallel zur Gottleuba stromaufwärts)(Foto: Lutz Hauptmann, 2002)

Abbildung 2-5: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für die Gottleuba, Seidewitz und Bahra

wöhnlichen Hochwasserrückhalteraums betrug (LTV, 2002).Tabelle 2-5 gibt einen Überblick über die Inanspruchnahmeder Hochwasserentlastung der Speicher.

Infolge der von West nach Ost abnehmenden Nieder-schläge kam es im Einzugsgebiet der Gottleuba zu einemregional differenzierten Hochwasserverlauf, der mit Hilfeder modellierten Abflussganglinien für die Gottleuba undihre wichtigsten Nebenflüsse, die Bahra und die Seidewitz,in Abbildung 2-5 dargestellt ist. Besonders schwer vomHochwasser war das Einzugsgebiet der Seidewitz aberauch das Stadtzentrum von Pirna unterhalb des Zusam-menflusses von Gottleuba und Seidewitz betroffen (Ab-bildung 2-4).

Auf Grund der Niederschlagsverteilung traten im gesamtenEinzugsgebiet zwei Hochwasserwellen hintereinander auf. Inder Seidewitz war die erste Hochwasserwelle am 12. Augustdie größere. In der Bahra und Gottleuba dagegen wurde dieerste Welle von der zweiten am 13. August übertroffen. Am12. August trafen die fast gleich großen Hochwasserwellenvon Gottleuba und Seidewitz, die vor allem aus den Zwi-scheneinzugsgebieten unterhalb der Speicher stammten, inden Nachtstunden unmittelbar aufeinander. Das zeitgleicheAufeinandertreffen der Hochwasserscheitel wurde bei derzweiten Hochwasserwelle am 13. August durch die Wirkungder Hochwasserrückhaltebecken und der Talsperre Gottleubaverhindert. Einerseits war es dabei möglich, die Hochwasser-

spitzen aus den jeweiligen Einzugsgebieten wirkungsvoll zukappen. Andererseits erfolgte auf Grund der Retentions-wirkung der HRB und Talsperren eine Zeitverzögerung derHochwasserwellen. So konnte erreicht werden, dass dieHochwasserscheitel aus den durch Stauanlagen geschütztenEinzugsgebieten und aus den Unterläufen nicht direkt auf-einander trafen (siehe auch Abschnitt 2.5). Das HHW vom Juli1927 mit W = 378 cm am Pegel Neundorf an der Gottleubawurde deshalb bei weitem nicht erreicht.

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2.2.3 Einzugsgebiet der Müglitz

Die Schreibpegel im Oberlauf des Einzugsgebietes, Gei-sing 1/Rotes Wasser, Lauenstein 1/Weiße Müglitz undLauenstein UP/Weiße Müglitz, haben den Verlauf diesesHochwassers vollständig aufgezeichnet. An den beidenLattenpegeln Lauenstein 2 und Mühlbach an der Müglitzkonnte kein Höchstwasserstand abgelesen werden, da dieBeobachter die Pegel nicht mehr erreichten.

Der Schreibpegel Dohna (siehe Abbildung 2-6) hat am13. August bis in die frühen Morgenstunden den Wasser-stand registriert. Danach wurde wahrscheinlich der Schwim-mer blockiert. Der Pegel war nicht mit einer Umkehrspindelausgerüstet, so dass die Hochwasserspitze nicht erfasstwurde. Die DFÜ setzte bereits am 12. August, um 15:00 Uhraus. Die Tabelle 2-6 enthält die ermittelten Scheitelabflüsse.

Im Einzugsgebiet der Müglitz gab es zum Zeitpunkt desHochwasserereignisses nur einen Speicher, das HRB Glas-hütte am Brießnitzbach (Fertigstellung 1953).

Bereits wenige Stunden nach Zunahme der Niederschlagsin-tensität am 12. August, gegen 05:00 Uhr setzte in den Ober-läufen der Flüsse ein starker Anstieg der Wasserstände ein.Am Pegel Geising 1 am Roten Wasser stieg innerhalb vonsechs Stunden, zwischen 06:00 und 12:00 Uhr, der Wasser-stand um einen reichlichen Meter an (Abbildung 2-7).

Abbildung 2-8 zeigt ausgewählte mit dem N-A-Modellberechnete Abflussganglinien für die Müglitz und ihrenwichtigsten Nebenfluss, das Rote Wasser. Der Scheitel der Hochwasserwelle konnte sich relativ ungehindert fort-pflanzen, da es an der Müglitz praktisch keine natürlichenund künstlichen Retentionsräume gibt.

32

Tabelle 2-6: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet der Müglitz

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss in

m3/s

Lauenstein UP Weiße Müglitz 12.08., ca. 23:00 Uhr 215 85

Lauenstein 1 Weiße Müglitz 13.08., ca. 04:00 Uhr 195 89

Lauenstein 2 Müglitz 13.08., ca. 01:00 Uhr1) – 160

Dohna Müglitz 13.08., ca 05:30 Uhr1) 450 400

Geising 1 Rotes Wasser 12.08., 23:00 Uhr 162 75

1) abgeschätzte Scheiteleintrittszeit aus N-A-Modellierung

Abbildung 2-6: Der während des Hoch-wassers überschwemmteund mit Treibgut über-lagerte Pegel Dohna nach dem Hochwasser (Foto: UBG, 2002)

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Abflu

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m3 /s

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Niederschlag DönschtenRotes WasserWeiße MüglitzMüglitz in LauensteinMüglitz oh. GlashütteMüglitz in WeesensteinMüglitz in Dohna

12.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abbildung 2-8: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für die Müglitz

Abbildung 2-7: Pegel Geising am Roten Wasser am 12.08. (Foto: UBG, 2002)

Ungünstig für den Hochwasserablauf im Mittel- und Unter-lauf der Müglitz war die fast zeitgleiche Überlagerung derAbflussscheitel am Zusammenfluss von Weißer Müglitz undRotem Wasser. Der rasche Anstieg des Abflusses zu Be-ginn des Hochwassers ist auf den erheblichen Beitrag des Zwischeneinzugsgebietes unterhalb des Zusammenflussesvon Weißer Müglitz und Rotem Wasser zurückzuführen.

Gegen 02:30 Uhr am 13. August erreichte der Abflussschei-tel Glashütte, gegen 03:00 Uhr Schlottwitz, gegen 04:30 UhrWeesenstein und gegen 05:30 Uhr schließlich Dohna. Fürden Mittel- und Unterlauf der Müglitz ergibt sich nach den Berechnungen des N-A-Modells eine mittlere Scheitel-geschwindigkeit von etwa 1,7 m/s.

Oberhalb Glashütte im Brießnitztal hielt der Damm desHRB den Wassermassen nicht mehr stand und brach am12. August, gegen 16:30 Uhr. Die daraus resultierende Flut-welle ergoss sich durch das Stadtgebiet von Glashütte, ehesie die Müglitz erreichte. Während die Dammbruchwelle imBrießnitztal erhebliche Schäden verursachte, hatte sie aufdas Abflussgeschehen in der Müglitz wenig Einfluss, da siedas Tal vor Erreichen der eigentlichen Hochwasserwelle inder Nacht vom 12. zum 13. August passiert hat, so dass derScheitelabfluss durch den Dammbruch nicht beeinflusstwurde (siehe auch Abschnitt 7.1).

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2.2.4 Einzugsgebiet des Lockwitzbaches

Die Hochwasserganglinie am Pegel Kreischa am Lockwitz-bach konnte nicht vollständig auf dem Pegelbogen auf-gezeichnet werden, da der Aufzeichnungsmaßstab zu groß gewählt war. Mit Hilfe der DFÜ wurde die Gang-linie rekonstruiert. Der Scheitel wurde am 13. August, kurznach 07:00 Uhr bei einem Wasserstand von 197 cm er-reicht. Nach Aussage des Pegelbeobachters ist ein Teil des Abflusses des Lockwitzbaches auf einer neben demBach verlaufenden Straße um den Pegel herum geflossen.In der folgenden Tabelle 2-7 ist der für den Pegel Kreischaermittelte Scheitelabfluss dargestellt. Der Scheitelwasser-stand des 1995er Hochwassers wurde um 76 cm über-troffen.

Oberhalb des Pegels, zwischen Niederfrauendorf und Reinhardtsgrimma, befindet sich das Hochwasserrück-haltebecken Reinhardtsgrimma, das ein grünes Beckenohne Teildauerstau und ohne regulierbaren Grundablass ist. Der Hochwasserrückhalteraum stand am 12. Augustvollständig zur Verfügung. Am nächsten Tag, um 04:00 Uhrlief das Becken über. Der Überlauf dauerte bis zum

14. August, um 02:00 Uhr (siehe Abbildung 2-9 und Ab-schnitt 2.5).

Der Gebietsniederschlag im Einzugsgebiet des Lockwitz-baches für die Zeit vom 11. August bis 13. August war 245 mm, damit 51 mm weniger als im Nachbargebiet derMüglitz. Die maximalen Abflüsse im Lockwitzbach und in den Nebenflüssen traten in den Morgenstunden des 13. August auf.

Die Abbildung 2-11, die neben der Zuflussganglinie zumHRB Reinhardtsgrimma fünf ausgewählte Hochwasser-ganglinien im Mittel- und Unterlauf des Lockwitzbacheszeigt, veranschaulicht den simulierten Wellenablauf imLockwitzbach vom HRB bis zur Mündung. Im Mittellaufsind die Maximalabflüsse erst während der zweiten Welleder zweigipfligen Hochwasserganglinien aufgetreten, soz.B. auch am Pegel Kreischa. Durch die Wirkung der Wellenabflachung und die Überlagerung mit seitlichenZuflüssen wurden im Unterlauf des Lockwitzbaches be-reits während der ersten Welle die Maximalabflüsse er-reicht, so dass der Scheiteleintritt hier früher erfolgte als imOberlauf.

34

Tabelle 2-7: Hochwasserscheitelabfluss Pegel Kreischa am Lockwitzbach

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss in

m3/s

Kreischa Lockwitzbach 13.08., ca. 07:00 Uhr 197 45

Abbildung 2-9:HRB Reinhardtsgrimma zwischen Niederfrauendorfund Reinhardtsgrimma(Foto: Harald Weber, 2002)

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12.08.12:00

13.08.00:00

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14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

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Niederschlag TS MalterHRB Rheinhardtsgrimmauh. Mdg. HirschbachPegel Kreischauh. Mdg. Quohrener Bachoh. Abzweig Niedersedlitzer FlutgrabenMündung (Dresden-Kleinzschachwitz)

Abbildung 2-11: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für den Lockwitzbach

Abbildung 2-10: Lockwitzbach in der Ortslage Gombsen am 13.08. (Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

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2.2.5 Einzugsgebiet der Weißeritz

Von den 13 Schreibpegeln (davon 10 mit DFÜ) im Einzugs-gebiet der Weißeritz wurden während des Hochwassers zweiPegel vollständig zerstört und drei Pegel überschwemmt bzw.mit Geröll überlagert (siehe Tabelle 2-8). An sechs weiterenPegeln konnte der Hochwasserscheitel wegen der fehlendenUmkehrspindeln nicht vollständig aufgezeichnet werden. DieDFÜ brach an acht Pegeln vor Durchgang des Hochwasser-scheitels zusammen. Nur an zwei Pegeln, Rehefeld undCotta, wurde die Wasserstandsganglinie kontinuierlich erfasst.

Abbildung 2-12 und Abbildung 2-13 zeigen drastisch dieKraft des Wassers und der Geschiebemassen am PegelAmmelsdorf an der Wilden Weißeritz. Die linke Uferseiteund damit auch der Pegel wurden durch das Hochwasservöllig zerstört.

Beim Pegel Schmiedeberg an der Roten Weißeritz wur-den das Gewässerbett und der Pegel mit Geschiebe-massen überfahren, so dass der Fluss sich einen neuenWeg suchte (Abbildung 2-14).

36

Gewässer Pegel Pegelaufzeichnung

Wilde Weißeritz Rehefeld 1 vollständige Erfassung der Ganglinie durch DFÜ und Schreibpegel

Wilde Weißeritz Ammelsdorf Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 13:00 Uhr, Zerstörung des Pegels gegen 15:00 Uhr

Wilde Weißeritz Lehnmühle keine Aufzeichnung DFÜ, Schreibpegelaufzeichnungen ohne Scheitel

Wilde Weißeritz Beerwalde Aufzeichnung DFÜ bis 12.08., 22:00 Uhr, Pegel überschwemmt

Wilde Weißeritz Hainsberg 3 Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 23:00 Uhr, Schreibpegelaufzeichnung ohne Scheitel

Pöbelbach Bärenfels keine Schreibpegelaufzeichnungen, Pegel überschwemmt und von Geröll überlagert

Rote Weißeritz Schmiedeberg Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 11:00 Uhr, Pegel überschwemmt und von Geröll überlagert

Reichstädter Bach Reichstädt Schreibpegelaufzeichnung ohne Scheitel

Rote Weißeritz Dippoldiswalde 1 Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 11:00 Uhr, Schreibpegelaufzeichnung ohne Scheitel

Werksgraben Dippoldiswalde 2 Schreibpegelaufzeichnung ohne Scheitel, Pegel überschwemmt und von Geröll überlagert

Rote Weißeritz Hainsberg 1 Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 11:00 Uhr, völlige Zerstörung des Pegels

Vereinigte Weißeritz Hainsberg 4 Aufzeichnungen DFÜ bis 12.08., 20:00 Uhr, danach Zerstörung des Radarsensors

Vereinigte Weißeritz Cotta kontinuierliche Erfassung der Ganglinie durch DFÜ und Schreibpegel

Tabelle 2-8: Zusammenstellung der Pegelaufzeichnungen während des Augusthochwassers im Einzugsgebiet der Weißeritz

Abbildung 2-12: Pegel Ammelsdorf/Wilde Weißeritz am12.08., 15:15 Uhr kurz vor der Zerstörung(Foto: LTV, 2002)

Abbildung 2-13: Zerstörungen am Pegel Ammelsdorf/Wilde Weißeritz (Foto: LTV, 2002)

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Die gesamte Weißeritz wies Abflüsse in bisher unbe-kanntem Maße auf. Dabei beeinflussten die Weißeritz-talsperren Lehnmühle, Klingenberg und Malter den Hoch-wasserablauf in dämpfender Weise. Die Hochwasserrück-halteräume waren zu Beginn des Hochwasserereignissesam 12. August, 07:00 Uhr vollständig frei. Darüber hinausstand in jeder Talsperre noch ein zusätzlicher Freiraum zurVerfügung (Tabelle 2-10). Infolge der enormen Zuflüssekam es dennoch zum Abfluss über die Hochwasserentlas-tungsanlage an allen drei Talsperren.

Die Wirkung der Talsperren lag weniger in der Scheitel-reduzierung, sondern in der Beeinflussung der Ganglinien-form und einer daraus resultierenden Verzögerung derHochwasserscheitel. Durch die zeitliche Verzögerung desHochwasserscheitels in der Wilden Weißeritz durch die Tal-sperren Lehnmühle und Klingenberg wurde die zeitgleicheÜberlagerung der Hochwasserscheitel von Roter und Wil-der Weißeritz am Zusammenfluss in Freital-Hainsberg ver-hindert (siehe Abschnitt 2.5).

Abbildung 2-15 und Abbildung 2-16 zeigen die Überläufeder Talsperren Malter und Klingenberg.

Im Oberlauf der Roten Weißeritz und deren Nebenflüssentraten die Hochwasserscheitel bereits in den Abendstun-den des 12. August auf (siehe Tabelle 2-9). In Dippoldis-walde trat der Scheitel am 13. August nach Mitternacht auf,in den frühen Morgenstunden am Zufluss zur TS Malterund an der Talsperrenabgabe. Etwa um 07:00 Uhr erreichtedie Hochwasserwelle der Roten Weißeritz ihr Maximumam Zusammenfluss mit der Wilden Weißeritz in Freital-Hainsberg. Die Fortpflanzung der Welle an den genanntenQuerschnitten zeigt die Abbildung 2-17.

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss

in m3/s

Rehefeld 1 Wilde Weißeritz 13.08., ca. 00:00 Uhr 150 65

Ammelsdorf Wilde Weißeritz 13.08., ca. 00:00 bis 02:00 Uhr1) 258 120

Beerwalde Wilde Weißeritz 13.08., ca. 08:00 bis 10:00 Uhr1) 304 154

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz 13.08., 10:00 bis 12:00 Uhr1) 251 220

Bärenfels Pöbelbach 12.08., ca. 19:30 Uhr1) 151 20

Schmiedeberg Rote Weißeritz 12.08., ca. 20:30 Uhr1) 380 140

Dippoldiswalde 1 Rote Weißeritz 13.08., ca. 01:00 bis 03:00 Uhr1) 358 190

Hainsberg 1 Rote Weißeritz 13.08., ca. 07:00 Uhr1) _ 260

Hainsberg 4 Vereinigte Weißeritz 13.08., ca. 12:00 bis 15:00 Uhr1) 506 450

Cotta Vereinigte Weißeritz 13.08., ca. 17:00 Uhr 430 4502)

Tabelle 2-9: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet der Weißeritz

Die Hochwasserganglinie am Pegel Cotta in Dresden ander Vereinigten Weißeritz wurde zwar vollständig aufge-zeichnet, der Pegel erfasste aber nicht den Gesamtabflussder Weißeritz, da ein nicht unerheblicher Abflussanteil amWeißeritzknick unterhalb der Kreuzung Kesselsdorfer –Löbtauer Straße das Weißeritzbett verließ und durch dasStadtgebiet nach Norden in Richtung Elbe floss. DerScheitelabfluss von 450 m3/s setzt sich hier zusammen aus dem Abfluss, der tatsächlich am Pegelquerschnitt abge-flossen ist (ca. 300 m3/s) und dem abgeschätzten Anteil,der durch die Innenstadt Dresdens strömte (ca. 150 m3/s).Tabelle 2-9 enthält die Scheitelabflüsse im Einzugsgebietder Weißeritz.

Abbildung 2-14: Pegel Schmiedeberg/Rote Weißeritz nachdem Hochwasser (Foto: UBG, 2002)

1) abgeschätzte Scheiteleintrittszeit aus der N-A-Modellierung

2) Der Scheitelabfluss von 450 m3/s setzt sich zusammen aus dem Abfluss, der tatsächlich am Pegelquerschnitt abgeflossen ist (ca. 300 m3/s)und dem Anteil, der durch die Innenstadt Dresdens strömte (ca. 150 m3/s).

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In der Abbildung 2-18 sind die simulierten Hochwasser-ganglinien aus dem Längsschnitt der Wilden Weißeritz dar-gestellt, die deutlich die Beeinflussung des Wellenablaufsdurch die beiden Talsperren zeigen. Nachdem am Vormittagdes 13. August, gegen 10:00 Uhr der Hochwasserscheitel dieTS Klingenberg passierte, erreichte gegen Mittag die Hoch-wasserwelle der Wilden Weißeritz ihr Maximum am Zu-sammenfluss mit der Roten Weißeritz in Freital-Hainsberg.

In der Abbildung 2-19 ist die Überlagerung der Hoch-wasserganglinien der Roten und Wilden Weißeritz amZusammenfluss dargestellt. Durch die deutliche Verzöge-rung des Abflussscheitels in der Wilden Weißeritz wurdeein zeitgleiches Zusammentreffen mit dem Scheitel derRoten Weißeritz verhindert (vgl. Abschnitt 2.5). Für den

Pegel Hainsberg 4 unmittelbar unterhalb des Zusammen-flusses wurde der Scheitelabfluss für die Vereinigte Weiße-ritz von 450 m3/s am 13. August, gegen Mittag erreicht. DasExtremereignis im Juli 1958 hat am Pegel Dölzschen an derVereinigter Weißeritz vergleichsweise „nur“ 230 m3/s er-bracht. Am Pegel Cotta wurde der höchste Abfluss gegen17:00 Uhr beobachtet.

Von den TS Malter und Klingenberg bis zur Vereinigung von Roter und Wilder Weißeritz wurden Scheitellaufzeitenzwischen zwei und drei Stunden ermittelt. Die Scheitel-laufzeit der Weißeritz von der Vereinigung bis in das Stadt-gebiet von Dresden ist schwierig einzuschätzen, da sich dieHochwasserwelle enorm ausbreitete und nur ein Teil desWassers in Dresden-Cotta in die Elbe mündete.

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Talsperre Gewässer

gewöhnlicher Hochwasser-

rückhalteraum nach Wasser-

recht bzw. Betriebsplan

in Mio. m3

vorhandener Freiraum

zur Hochwasseraufnahme

am 12.08., 07:00 Uhr

in Mio. m3

Hochwasserentlastung

Beginn

Ende

Talsperre Lehnmühle Wilde Weißeritz 1,61/2,121) 3,82212.08., 23:00 Uhr

14.08., 22:30 Uhr

Talsperre Klingenberg Wilde Weißeritz 0,96/1,961) 2,2313.08., 00:30 Uhr

21.08., 24:00 Uhr

Talsperre Malter Rote Weißeritz 2,28 2,43412.08., 20:15 Uhr

14.08., 20:00 Uhr

Tabelle 2-10: Hochwasserrückhalteräume und -entlastung der Talsperren im Weißeritzgebiet (LTV, 2002)

1) Winterstau/Sommerstau

Abbildung 2-15: Überlauf der TS Klingenberg am 13.08.(Foto: LTV, 2002)

Abbildung 2-16: Überlauf der TS Malter am 13.08.(Foto: LTV, 2002)

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Niederschlag DönschtenSchmiedebergDippoldiswaldeTS Malter Zufluss (Mauer)Vereinigung mit Wilder Weißeritz

12.08.00:00

12.08.12:00

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14.08.12:00

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Niederschlag TS KlingenbergAmmelsdorfTS Lehnmühle Zufluss (Mauer)TS Klingenberg Zufluss (Mauer)Ortslage TharandtVereinigung mit Roter Weißeritz

Abbildung 2-17: Mit dem N-A-Modell simulierte Ganglinien der Roten Weißeritz

Abbildung 2-18: Mit dem N-A-Modell simulierte Ganglinien der Wilden Weißeritz

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14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

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Wilde Weißeritz

Rote Weißeritz

Vereinigte Weißeritz am Pegel Hainsberg 4

Abbildung 2-19: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien der Weißeritz – Überlagerung der Hochwasser-ganglinien am Zusammenfluss von Roter und Wilder Weißeritz in Freital-Hainsberg

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2.2.6 Einzugsgebiet der Wilden Sau

Im Einzugsgebiet der Wilden Sau existiert nur ein Latten-pegel am Hauptwasserlauf der Wilden Sau in Wilsdruff. Fürdas Hochwasserereignis vom August 2002 liegen keinebeobachteten Wasserstände vor, da der Pegel währenddes Hochwassers nicht erreichbar war. Vom StUFARadebeul wurde bei einer nachträglichen Einmessung einScheitelwasserstand von 309 cm ermittelt. Dieser Wertliegt etwa einen halben Meter unter dem Höchstwasser-stand von 1958. Ausgehend vom aufgenommenen Scheitel-wasserstand und Abflussprofil wurde ein Scheitelabfluss

am Pegel Wilsdruff von 27 m3/s hydraulisch ermittelt. Die-ser Wert wird durch das Ergebnis der N-A-Modellierungbestätigt.

Die ergiebigen Niederschläge führten in der Wilden Sau inden Abendstunden des 12. August zu einer außergewöhn-lichen Hochwassersituation. Abbildung 2-20 zeigt drei mitdem N-A-Modell für die Wilde Sau berechnete Hochwasser-ganglinien. Demnach erreichte der Hochwasserabfluss imOberlauf am 12. August, bereits zwischen 17:00 und 18:00 Uhrseinen Scheitel. Für den Pegel Wilsdruff wurde der Hoch-wasserscheitel am 12. August, um 20:30 Uhr berechnet.

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12.08.12:00

13.08.00:00

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Niederschlag Grillenburgoh. Mdg. Braunsdorfer BachPegel WildsdruffMündung in die Elbe

Abbildung 2-20: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für die Wilde Sau

Tabelle 2-11: Hochwasserscheitelabfluss Pegel Wilsdruff an der Wilden Sau

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss in

m3/s

Wilsdruff Wilde Sau 12.08., ca. 20:30 Uhr1) 309 27

1) abgeschätzte Scheiteleintrittszeit aus der N-A-Modellierung

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2.2.7 Einzugsgebiet der Triebisch

Am Pegel Herzogswalde 1 wurde die Wasserstandsgang-linie vom Schreibpegel zuverlässig aufgezeichnet. An denPegeln Munzig 1 und Garsebach wurden die Scheitel nichterfasst, da am Schreibpegel keine Umkehrspindel vorhan-den war. Am Pegel Munzig war es möglich, die fehlendenWerte durch die DFÜ zu ergänzen.

Infolge der sehr ergiebigen Niederschläge, in Grillenburgfielen am 12.August, bis 15:00 Uhr bereits mehr als 120 mm,begann die Triebisch am gleichen Nachmittag immer stärkeranzuschwellen. Das Hochwasser erreichte in den Abend-und Nachtstunden vom 12. zum 13. August seinen Höchst-stand. Am Pegel Garsebach, oberhalb der Stadt Meißen,wurde ein maximaler Wasserstand von 480 cm gemessen(Tabelle 2-12), mehr als doppelt so hoch wie der bisher be-obachtete Höchstwasserstand aus dem Jahr 1994.

Obwohl die Triebisch unterhalb des Tharandter Waldes einSohlental mit vergleichsweise großen Überschwemmungs-flächen ist, war die Retentionswirkung auf Grund der Fülleder Hochwasserwelle nur gering und der Scheitel der Hoch-wasserwelle konnte sich relativ schnell und ungehindert fort-pflanzen. Am Pegel Garsebach trat der Hochwasserscheitelfast zeitgleich wie am oberhalb gelegenen Pegel Munzig 1auf. Dabei wurde die Scheiteleintrittszeit am Pegel Garse-bach auch durch den Zufluss der Kleinen Triebisch beein-flusst.

Abbildung 2-21 zeigt die mit dem N-A-Modell berechnetenHochwasserganglinien der Triebisch in Herzogswalde, Mun-zig und Garsebach sowie der Kleinen Triebisch, dem größtenZufluss zur Triebisch.

42

0

25

50

75

100

125

150

175

200 0

10

20

30

40

Niederschlag GrillenburgKleine TriebischPegel Herzogswalde 1Pegel Munzig 1Pegel Garsebach

12.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

Nie

ders

chla

g in

mm

Abbildung 2-21: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für die Triebisch

Tabelle 2-12: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet der Triebisch 1)

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss

in m3/s

Herzogswalde 1 Triebisch 12.08., 23:00 Uhr 209 65

Munzig 1 Triebisch 13.08., ca. 00:15 Uhr 367 160

Garsebach Triebisch 13.08., 01:00 Uhr 480 200

1) Der Abflussbeitrag des Rothschönberger Stollens, der oberhalb des Pegels Munzig 1 in die Triebisch mündet, beträgt ca. 14 m3/s.

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2.2.8 Einzugsgebiet des Ketzerbaches

Entlang des Ketzerbaches befinden sich zwei Pegel, einLattenpegel am Oberlauf in Ziegenhain und ein Schreib-pegel am Unterlauf in Piskowitz. Am Lattenpegel in Ziegen-hain wurde, nachdem am 12. August, um 15:50 Uhr dieAlarmstufe 4 erreicht worden war, etwa im Stundentaktder Wasserstand abgelesen. Der maximale Wasserstandvon 280 cm wurde am 12. August, um 19:40 Uhr gemel-det. Der Pegel Piskowitz 1 wurde im Laufe des 12. Augustmit Schlamm- und Sandmassen verschüttet (siehe Abbil-dung 2-22). Die Aufzeichnung der Wasserstandsganglinieauf dem Pegelbogen reichte deshalb nur bis 18:30 Uhr. ImNachhinein wurde ein Wasserstand von 300 cm einge-messen. Die Scheitelabflüsse sind in der Tabelle 2-13 dar-gestellt.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

110

120 0

10

20

30

4012.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

Nie

ders

chla

g in

mm

Niederschlag GrillenburgPegel ZiegenhainLeuben (uh. Mdg. Dreißiger Wasser)Mertitz (uh. Käbschützer Bach)Zehren (Mündung in die Elbe)

Abbildung 2-23: Mit dem N-A-Modell simulierte Hochwasserganglinien für den Ketzerbach

Tabelle 2-13: Übersicht über die Hochwasserscheitelabflüsse an den Pegeln im Einzugsgebiet des Ketzerbaches

Pegel Gewässer ScheiteleintrittszeitScheitelwasserstand

in cm

Scheitelabfluss

in m3/s

Ziegenhain Ketzerbach 12.08., 19:40 Uhr 280 30

Piskowitz 1 Ketzerbach 12.08., ca. 00:00 Uhr1) 300 90

1) abgeschätzte Scheiteleintrittszeit aus der N-A-Modellierung

Abbildung 2-22: Pegelhaus und Messsteg der PegelanlagePiskowitz 1 während des Hochwassers(Foto: UBG, 2002)

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Das Landratsamt des Landkreises Meißen beschreibt dieHochwassersituation im Einzugsgebiet des Ketzerbacheswie folgt (Quelle: http://www.kreis-meissen.de/hochwasser):„…Während große Überschwemmungen in der GemeindeKetzerbachtal sich vor allem auf die Orte Pinnewitz und Zie-genhain beschränkten, nahm das Ausmaß der Überschwem-mung in den betroffenen Orten der Gemeinden Leuben-Schleinitz, Lommatzsch und Diera-Zehren die Dimensiondes Großhochwassers von 1941 an. Der Ketzerbach weitetesich in diesen Orten zu einem zum Teil mehrere hundertMeter breiten Strom.“Trotz dieser beträchtlichen Ausuferun-gen ist im Ketzerbach die Hochwasserwelle relativ schnellabgelaufen.

Abbildung 2-23 zeigt vier mit dem N-A-Modell berechneteHochwasserganglinien. Demnach trat der Hochwasser-scheitel am Pegel Ziegenhain am 12. August, um 20:00 Uhrauf. Nach 10 km Fließweg erreichte der Scheitel 3 Stundenspäter die Mündung des Käbschützer Baches. Auf den rest-lichen 8 km bis zur Mündung in die Elbe betrug die Scheitel-laufzeit etwa 31/2 Stunden.

2.3 Analyse und Darstellung

der Abflussspenden

Um die Hochwassercharakteristik der untersuchten Ein-zugsgebiete untereinander vergleichen zu können, wurdendie Hochwasserabflussspenden Hq ermittelt. Die aus denBerechnungen der N-A-Modelle abgeleiteten Abflussspen-den bewegen sich in Abhängigkeit von der Einzugsgebiets-größe etwa zwischen 300 l/(s ·km2) und 3.000 l/(s ·km2).Die größte Abflussspende mit 3.026 l/(s ·km2) wurde fürden Hüttenbach im Einzugsgebiet des Pegels Geising 1 amRoten Wasser ausgewiesen. Damit konnten die nach erstenEinschätzungen berechneten maximalen Abflussspendenvon 4.500 bis 5.000 l/(s ·km2) in den Einzugsgebieten derOberläufe der Müglitz und der Roten Weißeritz bis 10 km2

(MÜNCH u.a., 2002b), die über hydraulische Berechnun-gen auf der Basis von Gewässervermessungen im Zeit-raum von August bis November 2002 ermittelt wordenwaren, durch die N-A-Modellierung nicht bestätigt werden.Mögliche Gründe sind:

44

100

1000

10000

1 10 100 1000

AEo in km2

s(/lni

qH.

mk2 )

Biela Gottleuba

Müglitz Lockwitzbach

Weißeritz Wilde Sau

Triebisch Ketzerbach

Abbildung 2-24: Hüllkurven der Abflussspenden aus der N-A-Modellierung für die Biela, die Gottleuba, den Lockwitzbach,die Weißeritz, die Wilde Sau, die Triebisch und den Ketzerbach

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1. Unsicherheiten bei der Profilaufnahme,2. Querschnittsveränderung, 3. Unsicherheiten in den Modellen (N-A-Modell und Para-

metrisierung des hydraulischen Modells).

Bei den Abflussspenden gibt es, wie erwartet, signifikanteUnterschiede zwischen den einzelnen Flussgebieten, dieauf die Niederschlagsverteilung in den untersuchten Ge-bieten zurückzuführen sind. Besonders hohe Abfluss-spenden werden für die Müglitz, die Wilde Weißeritz unddie Rote Weißeritz ausgewiesen. Relativ niedrig sind da-gegen die Abflussspenden für den Ketzerbach und dieBiela. Für jedes Flussgebiet wurde eine Hüllkurve derAbflussspenden des Hochwassers 2002 aufgestellt (Ab-bildung 2-24).

Mathematische Grundlage für die Konstruktion der Hüll-kurven bildete die Potenzfunktion Hq = · AEo

–0,25 nachBIEDERMANN (1992) mit der HochwasserabflussspendeHq in l/(s ·km2), der Einzugsgebietsfläche AEo in km2 unddem dimensionslosen Lageparameter .

Prinzipiell ist die Lage der Hüllkurven ein Maß für dieSchwere des Hochwasserverlaufs im August 2002. So-wohl die Hüllkurven im östlichen Teil des Untersuchungs-gebietes (Biela) als auch die im westlichen Teil (Ketzer-bach) zeigen das erwartete Verhalten. Die Hüllkurven fürdie Müglitz und für die Weißeritz liegen fast aufeinander –ein Indiz für einen ähnlich schweren Hochwasserablauf inbeiden Flussgebieten.

Maßgebend für die Lage der einzelnen Hüllkurven in Abbil-dung 2-24 waren in jedem Flussgebiet Berechnungsquer-schnitte im Unterlauf der Flüsse mit relativ großen Ein-zugsgebieten. Dies ist für ein Hochwasserereignis wie dasvom August 2002, das durch einen lang anhaltenden,flächendeckenden Niederschlag ausgelöst wurde, erklär-bar. Umgekehrt erscheint es ebenso plausibel, dass dieDatenpunkte, die Berechnungsquerschnitte mit kleinenEinzugsgebieten repräsentieren, mehr oder weniger deut-lich unter den Hüllkurven liegen, denn für kurze Nieder-schlagsdauern, die entscheidend für kritische Scheitel-abflüsse in kleinen Einzugsgebieten sind, erreichten die

10

100

1000

10000

100000

1 10 100 1000AEo in km2

mk ·s(/l

niq H

2 )

HHq nach WUNDT

mmHq nach DYCK u.a.

Hq(10000) nach KLEEBERG und SCHUMANN

Hq(2002)

HW 1927 nach FICKERT

Abbildung 2-25: Vergleich der Abflussspenden des Augusthochwassers Hq (2002) aus der N-A-Modellierung mit extremenSpendenwerten und Hüllkurven1)

1) Für die Analyse des Hochwassers von Müglitz und Gottleuba 1927 in FICKERT (1934) wurden Rauhigkeitsbeiwerte im Bereich von p = 1,75 (nach Bazin),n = 0,03…0,04 (nach Kutter-Ganguillet) und m = 2,5 (nach Kutter) verwendet. Diese entsprechen einem Manning-Strickler-Beiwert kSt von 30 m1/3/s,der nach den Erfahrungen mit Durchflussbestimmungen auf hydraulischer Grundlage bei diesem Hochwasser und denen der jüngeren Vergangenheit(BÜTTNER u.a., 2001) für unausgebaute Gewässerprofile in der Regel zu hoch angesetzt ist.

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Niederschlagsintensitäten während des Augusthochwassers2002 keine außergewöhnlich hohen Werte. So lag dermaximale Stundenniederschlag an der Station Zinnwald-Georgenfeld im August 2002 bei 30,2 mm. Dagegen fielenim Zentrum des Niederschlagsgebietes, das im Juli 1927ein Extremhochwasser in den Einzugsgebieten von Gott-leuba und Müglitz verursachte, innerhalb von 25 Minuten113 mm Niederschlag (FICKERT, 1934). Folgerichtig liegenfür dieses Hochwasserereignis die nach Aufnahme derAbflussprofile mit empirischen Fließformeln geschätztenAbflussspenden, die in Abbildung 2-25 für verschiedeneBerechnungsprofile als Mittelwerte mit Kleinst- undHöchstwert dargestellt wurden, deutlich über den Spen-den von Müglitz und Gottleuba im August 2002, zumindestfür Einzugsgebiete bis etwa 50 km2.

Die Lage der Hüllkurven wird neben der Niederschlags-belastung auch von den Gebietseigenschaften der einzel-nen Einzugsgebiete bestimmt. Dazu gehören neben dennatürlichen Faktoren wie Vegetation und Bodeneigenschaf-ten auch anthropogene Beeinflussungen durch Bebauungoder künstliche Speicher. Für das Augusthochwasser wirddie Lage der Hüllkurve maßgeblich durch die Scheitel min-dernde Wirkung der vorhandenen Speicher, wie in der Gott-leuba aber auch in der Weißeritz, beeinflusst.

In Abbildung 2-25 werden für die wichtigsten Pegel imUntersuchungsgebiet die mit den N-A-Modellen berech-neten Abflussspenden des Augusthochwassers 2002 mitReferenzwerten verglichen. Als Referenzwerte dienen diemit dem Extrapolationsverfahren von KLEEBERG undSCHUMANN (2001) berechneten Abflussspenden für ein10.000-jährliches Ereignis (WASY, 2003b). Außerdem wer-den für den Vergleich die Hüllkurven der Abflussspenden fürdas maximal mögliche Hochwasser (DYCK u.a., 1980) heran-gezogen, die für den Süden der ehemaligen DDR abgeleitetwurden. Durch aktuelle Berechnungen mit den hier verwen-deten N-A-Modellen wurde die von DYCK (1980) aufgestellteHüllkurve prinzipiell bestätigt (WASY, 2003a). Zur Orientie-rung wurde auch die Hüllkurve der größten beobachtetenAbflussspenden der Erde (WUNDT, 1965) dargestellt.

Abbildung 2-25 zeigt auch, dass es sich beim August-hochwasser 2002 nicht um ein Ereignis in der Größenord-nung eines 10.000-jährlichen oder eines maximal möglichenHochwassers gehandelt hat. Sowohl die Datenpunkte derHq10000 (KLEEBERG und SCHUMANN, 2001) als auch dieHüllkurve des maximal möglichen Hochwassers (DYCK u. a., 1980) werden durch die Abflussspenden des 2002erHochwassers zum Teil deutlich unterschritten.

2.4 Analyse und Darstellung

der Abflussfüllen und

-beiwerte

Das Hochwasserereignis ist neben den extremen Scheitel-abflüssen vor allem durch die große Fülle der Hochwasser-wellen charakterisiert. Die räumliche Differenzierung derFüllen wie auch der Abflussbeiwerte ist in erster LinieResultat der räumlichen Verteilung der Hochwasser auslö-senden Niederschläge. Für ausgewählte Pegelquerschnittesind die Abflussfüllen und Abflussbeiwerte in Tabelle 2-14enthalten. Für die Einschätzung des Gebietsrückhalteswurde die Differenz aus Gebietsniederschlag und derAbflusshöhe gebildet. Diese Werte sind ebenfalls in derTabelle 2-14 dargestellt.

Die Höhe des maximalen Gebietsrückhaltes (Grundwasser-speicher, Bodenspeicher, Oberfläche) steht in charakteris-tischer Abhängigkeit zu den Gebietseigenschaften. AufGrund des Festgesteines mit der Auflage geringmächtigenGesteinszersatzes, einer hohen Reliefenergie und Gewäs-sernetzdichte wird im Osterzgebirge (Gottleuba, Müglitz,Weißeritz, Oberlauf der Triebisch) der maximal möglicheGebietsrückhalt geringer sein als in den Einzugsgebietendes Elbsandsteingebirges (Biela) oder des Lößhügellandes(Ketzerbach). Der während des Augusthochwassers tat-sächlich wirksam gewordene Gebietsrückhalt wurde durchdie Höhe des Gebietsniederschlags beeinflusst. Oro-graphisch bedingt trafen im Osterzgebirge die höchstenWerte des Gebietsniederschlags auf den geringeren mög-lichen Gebietsrückhalt, während die höhere Fähigkeit desGebietsrückhaltes, wie im Elbsandsteingebirge oder imLößhügelland, von nicht so hohen Gebietsniederschlägenbeansprucht wurde. Basierend auf der Analyse der Gang-linien ist anzunehmen, dass der Gebietsrückhalt in den Ein-zugsgebieten von Müglitz und Weißeritz bis zum Mittagdes 12. August 2002 ausgeschöpft war. Der weitereNiederschlag kam ab diesem Zeitpunkt voll zum Abfluss.Daran gekoppelt traten in diesen Flussgebieten die größ-ten Abflussbeiwerte und -füllen auf. In den Einzugsgebie-ten von Biela, Cunnersdorfer Bach und Ketzerbach ist anzu-nehmen, dass das Ausschöpfen des möglichen Gebiets-rückhaltes nicht eingetreten ist. Die weiteren in Tabelle 2-14enthaltenen Einzugsgebiete ordnen sich zwischen diesenbeiden Zuständen ein.

In der Abbildung 2-26 sind die auf Basis der Teilgebiete derN-A-Modelle abgeleiteten Abflussbeiwerte dargestellt. DieAbflussbeiwerte schwanken zwischen 10% und 90%. Die höchsten Abflussbeiwerte treten im Kern des Nieder-schlagsgebietes auf. Neben den Ereignisniederschlägen wer-den die Abflussbeiwerte von der Landnutzung, der Boden-art und -mächtigkeit, der Orographie und der Vorfeuchte desGebietes beeinflusst.

Um die Abhängigkeit der Abflussbeiwerte von der Vor-feuchte zu untersuchen, werden als Ersatzgröße für die

46

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Vorfeuchte die Niederschlagssummen der ersten August-dekade herangezogen. Tabelle 1-1 im Kapitel Meteorologieenthält eine entsprechende Übersicht für die einzelnenFlussgebiete. Nicht immer ergibt sich dabei ein wider-spruchsfreies Bild, weil sich in den Einzugsgebieten die

verschiedenen Einflussfaktoren überlagern. Am eindeutigs-ten erscheint der Zusammenhang zwischen Vorfeuchte undAbflussbeiwert für das Einzugsgebiet der Biela. Hier kannvermutet werden, dass die geringen Abflussbeiwerte auchauf eine relativ geringe Vorfeuchte zurückzuführen sind.

1) Abflussfüllen und -beiwerte durch Rückhalt in Talsperren und HRB beeinflusst

2) Gebietsniederschlag aus WASY (2003a)

Pegel Gewässer

Einzugsgebiet

AEo im N-A-

Modell in km2

Gebiets-

niederschlag2)

in mm

Abfluss-

fülle

in Mio. m3

Abfluss-

höhe

in mm

Abfluss-

beiwert

in %

Gebiets-

rückhalt

in mm

Bielatal 1 Biela 37 196 1 52 27 143

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach 29 165 1 39 24 126

Neundorf1) Gottleuba 132 229 14 108 47 121

Liebstadt1) Seidewitz 24 253 3 141 56 111

Dohna Müglitz 192 298 37 195 66 102

Kreischa Lockwitzbach 43 259 5 127 49 131

Hainsberg 11) Rote Weißeritz 159 281 28 177 63 103

Hainsberg 31) Wilde Weißeritz 162 296 27 168 57 127

Hainsberg 41) Vereinigte Weißeritz 329 284 56 170 60 113

Wilsdruff Wilde Sau 26 220 2 86 39 133

Garsebach Triebisch 165 232 16 97 42 134

Piskowitz 1 Ketzerbach 157 172 8 57 33 115

Tabelle 2-14: Gebietsniederschlag, Abflussfüllen, Abflusshöhen, Abflussbeiwerte und Gebietsrückhalt für ausgewähltePegel (Zeitraum vom 11.08., 07:00 Uhr bis zum 15.08., 07:00 Uhr)

Abbildung 2-26: Flächenhafte Verteilung der Abflussbeiwerte im Untersuchungsgebiet

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2.5 Darstellung des Einflusses

der Talsperren und der

Hochwasserrückhaltebecken

In den meist engen Tälern der Gottleuba, Müglitz, Lockwitzund Weißeritz und ihrer Zuflüsse gibt es nur wenigeFlächen, die auf natürliche Weise zur Retention des Hoch-wasserabflusses beitragen. Deshalb sind die Talsperren undRückhaltebecken in diesen Einzugsgebieten von großerBedeutung für den Hochwasserschutz. Die wichtigsten imAugust 2002 geltenden Kenngrößen der Stauanlagen sindder Tabelle 2-15 zu entnehmen.

Zur Beurteilung der Wirksamkeit der vorhandenen Stau-anlagen in den Einzugsgebieten wurde mit dem N-A-Modellder Hochwasserablauf ohne Berücksichtigung der Reten-tion der Stauanlagen berechnet und dem tatsächlichenHochwasserablauf gegenübergestellt. Für die Bewertungder zukünftigen Wirksamkeit des sich im Bau befindlichenHRB Müglitztal an der Weißen Müglitz bei Lauenstein, kurzvor Zusammenfluss mit dem Roten Wasser, wurde mitdem N-A-Modell der Hochwasserablauf unter Berücksichti-gung der Retentionswirkung des HRB berechnet. Für dasHRB Müglitztal wurde dabei ein Gewöhnlicher Hochwas-serschutzraum IGHR von 5,01 Mio. m3 angesetzt.

Abbildung 2-27 zeigt die Hochwasser dämpfende Wirkungdes vorhandenen Speichersystems im Einzugsgebiet derGottleuba. Durch die beiden HRB Liebstadt und Friedrichs-walde-Ottendorf wird der Scheitelabfluss in der Seidewitzum mehr als 50 m3/s von 158 m3/s auf 104 m3/s reduziert

und die Abflussfülle bis zum 15. August, 00:00 Uhr um 15%.Durch die TS Gottleuba und die beiden HRB Buschbach undMordgrundbach wird der Scheitelabfluss in der Gottleubaoberhalb der Seidewitz um mehr als 60 m3/s von 180 m3/sauf 116 m3/s reduziert und die Abflussfülle bis zum 15. August,00:00 Uhr um 24%. Unterhalb der Seidewitz beträgt dieScheitelreduzierung in der Gottleuba fast 120 m3/s (von 332 m3/s auf 213 m3/s). Die Abflussfülle bis zum 15. August,00:00 Uhr wird um 20% verringert.

Ohne das Speichersystem hätte das Augusthochwasser von2002, das in der Größenordnung des Hochwassers von 1897lag, im Ausmaß fast wie die Katastrophen von 1927 oder1957 sein können.

Weiter zeigen die Berechnungen (Abbildung 2-28), dassdurch das HRB Müglitztal der Scheitelabfluss in der WeißenMüglitz um mehr als 50 m3/s von 93 m3/s auf 39 m3/s redu-ziert worden wäre. Etwa 50% hätte die Scheitelreduzierungfür die Müglitz in Lauenstein, unterhalb des Zusammenflus-ses von Weißer Müglitz und Rotem Wasser, betragen.

Hier macht sich Scheitel mindernd nicht nur die Reduzierungdes Abflussscheitels in der Weißen Müglitz bemerkbar, son-dern auch die starke zeitliche Verzögerung der Hochwasser-welle. Dadurch kommt es am Zusammenfluss von WeißerMüglitz und Rotem Wasser nicht mehr zu der sehr ungüns-tigen fast zeitgleichen Überlagerung der Abflussscheitel. Mit dem HRB wäre der Abflussscheitel in der Weißen Müg-litz unterhalb des HRB erst am 13. August, um 17:00 Uhr ein-getreten, also 18,5 Stunden nach dem Scheiteldurchgang imRoten Wasser. In Lauenstein wäre der Abflussscheitel fastum die Hälfte reduziert worden und die Abflussfülle um 35%.

48

Tabelle 2-15: Wichtige Kenngrößen der Stauanlagen im Untersuchungsgebiet

Flussgebiet Gewässer StauanlageAEo

in km2

Speicherraum

in Mio. m31)IGHR

in Mio. m3 4)in Betrieb

seit

Gottleuba Gottleuba TS Gottleuba 35,7 12,97 2 1974

Seidewitz HRB Liebstadt 11,6 1,1 1,01 1967

Bahre HRB Friedrichswalde-Ottend. 26,9 1,53 1,45 1970

Mordgrundbach HRB Mordgrundbach 14 1,27 1,15 1966

Bahra HRB Buschbach 27,4 2,4 2,4 1963

Müglitz Brießnitzbach HRB Glashütte 11 0,07 0,07 1953

Weiße Müglitz HRB Müglitztal (z.Zt. im Bau) 38,43)

Lockwitzbach Lockwitzbach HRB Reinhardtsgrimma 8,5 0,38 0,38 1969

Weißeritz Wilde Weißeritz TS Lehnmühle 60,4 21,86 1,606/2,1162) 1931

TS Klingenberg 89,4 16,38 0,96/1,962) 1914

Rote Weißeritz TS Malter 104,6 8,78 2,28 1913

1) Verzeichnis der Stauanlagen der LTV2) Sommerstau/Winterstau3) Pegel Lauenstein UP4) festgelegter Gewöhnlicher Hochwasserschutzraum (IGHR) laut bestehendem Wasserrecht im August 2002

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150

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350

400

12.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

Seidewitz bis zur Gottleuba (Ist-Zustand)Seidewitz bis zur Gottleuba ohne SpeicherGottleuba oh. der Seidewitz (Ist-Zustand)Gottleuba oh. der Seidewitz ohne SpeicherGottleuba uh. der Seidewitz (Ist-Zustand)Gottleuba uh. der Seidewitz ohne Speicher

12.08.00:00

12.08.12:00

13.08.00:00

13.08.12:00

14.08.00:00

14.08.12:00

15.08.00:00

Abflu

ss in

m3 /s

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

Rotes WasserWeiße Müglitz (Ist-Zustand)Weiße Müglitz mit HRBMüglitz in Lauenstein (Ist-Zustand)Müglitz in Lauenstein mit HRB

Abbildung 2-27: Vergleich des Hochwasserablaufs an der Mündung der Seidewitz in die Gottleuba mit (Ist-Zustand) und ohne Wirkung der vorhandenen Speicher

Abbildung 2-28: Vergleich der berechneten Abflussganglinien am Zusammenfluss von Weißer Müglitz und Rotem Wasserbei Lauenstein ohne HRB Müglitztal (Istzustand) und mit HRB Müglitztal

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Auch im Mittel- und Unterlauf der Müglitz ist die Abfluss min-dernde Wirkung des HRB Müglitztal noch nachweisbar. In dendrei Ortschaften, auf die in Abbildung 2-29 Bezug genommenwird, wären deutlich geringere Abflussscheitel aufgetreten.

Die Abflussfüllen wären um 22% oberhalb von Glashütteund um 14% in Weesenstein und Dohna reduziert worden.Außerdem ist ersichtlich, dass bei Vorhandensein des HRBMüglitztal die Welle aus der Weißen Müglitz, deren Scheitelim Rückgang der mit HRB berechneten Ganglinien nochansatzweise zu erkennen ist, für den Hochwasserablauf imMittel- und Unterlauf ohne Bedeutung gewesen wäre. MitHRB wäre der Hochwasserablauf im Mittel- und Unterlaufallein durch die Hochwasserwellen des Roten Wassers undder seitlichen Zuflüsse zur Müglitz geprägt worden.

Auch mit dem HRB Müglitztal wären dennoch weiträumigeAusuferungen und Schäden infolge mangelnder Abfluss-kapazität, Geschiebebewegungen beziehungsweise Treibgutzu erwarten gewesen.

Im Lockwitzbach konnte das HRB Reinhardtsgrimma vorallem den Hochwasseranstieg beeinflussen (Abbildung 2-30).Der Scheiteleintritt in Kreischa konnte um 14 Stunden undim Mündungsbereich um 4 Stunden verzögert werden. DieScheitel mindernde Wirkung des HRB im Unterlauf ist dabeigrößer als im Mittellauf, da durch das HRB vor allem die für die Scheitelausprägung im Unterlauf maßgebende ersteAbflusswelle gekappt wurde.

Die Wirkung der drei Weißeritztalsperren auf den Hoch-wasserablauf ist in Abbildung 2-31 dargestellt. Die TalsperreMalter konnte das Hochwassergeschehen in der RotenWeißeritz, außer einer Scheitelverzögerung, kaum beein-flussen. Mit den Talsperren Klingenberg und Lehnmühle warvor allem eine zeitliche Verzögerung des Scheiteleintritts derWilden Weißeritz an der Vereinigung möglich. Außerdemkonnte der Hochwasserscheitel der Wilden Weißeritz amZusammenfluss fast um 1/3 reduziert werden, die Abfluss-fülle um fast 20%.

Unmittelbar unterhalb des Zusammenflusses der Roten undWilden Weißeritz am Pegel Hainsberg 4 hat die Scheitel-reduzierung in der Vereinigten Weißeritz durch die Talsperrenfast 100 m3/s betragen. Die Abflussfülle konnte um ca. 12%verringert werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass währenddes Augusthochwassers die insgesamt vier Talsperren undsechs Hochwasserrückhaltebecken (siehe Tabelle 2-15) ihreBedeutung für die Hochwasserprävention gezeigt haben.Die Wirkung der Talsperren bestand nicht nur in der Redu-zierung der Scheitelabflüsse und Abflussfüllen sondern vorallem in der zeitlichen Verzögerung der Hochwasserwelle,um Überlagerungen der Hochwasserscheitel der Zuflüssezu verhindern. Das Ereignis hat aber auch gezeigt, dass dieHochwasserschutzwirkung der Speicher an ihre Grenzegestoßen ist, was besonders im Einzugsgebiet der Weiße-ritz deutlich wird.

50

12.08.00:00

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Abflu

ss in

m3 /s

0

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150

200

250

300

350

400

Müglitz oh. Glashütte (Ist-Zustand)Müglitz oh. Glashütte mit HRBMüglitz in Weesenstein (Ist-Zustand)Müglitz in Weesenstein mit HRBMüglitz in Dohna (Ist-Zustand)Müglitz in Dohna mit HRB

Abbildung 2-29: Vergleich der berechneten Abflussganglinien im Mittel- und Unterlauf der Müglitz ohne HRB Müglitztal (Ist-Zustand) und mit HRB Müglitztal

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Abflu

ss in

m3 /s

0

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40

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60

70

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90

Kreischa (Ist-Zustand)

Kreischa (ohne Speicher)

Mündung(Dresden-Kleinzschachwitz)(Ist-Zustand)

Mündung(Dresden-Kleinzschachwitz)(ohne Speicher)

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Abflu

ss in

m3 /s

0

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300

400

500

600

Wilde Weißeritz (Ist-Zustand)Wilde Weißeritz (ohne TS)Rote Weißeritz (Ist-Zustand)Rote Weißeritz (ohne TS)

Vereinigte Weißeritz am Pegel Hainsberg 4 (Ist-Zustand)Vereinigte Weißeritz am Pegel Hainsberg 4 (ohne TS)

Abbildung 2-30: Vergleich des Hochwasserablaufs in Kreischa und am Mündungsprofil mit (Istzustand) und ohne Wirkung des vorhandenen Speichers

Abbildung 2-31: Vergleich des Hochwasserablaufs am Zusammenfluss der Roten und Wilden Weißeritz in Freital-Hainsbergmit (Ist-Zustand) und ohne Wirkung der vorhandenen Speicher

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2.6 Hochwasserstatistische

Einordnung des August-

hochwassers 2002

Die Berechnungen zur Bestimmung von Hochwasserscheitel-abflüssen mit Wiederkehrintervall HQ(T) als Grundlage für die Einordnung des Hochwassers wurden für Pegel mit Be-obachtungsreihenlängen von >– 25 Jahre in Anlehnung an dieEmpfehlungen des ATV-DVWK (WASY, 2003b) vorgenom-men. Dazu erfolgte die Auswertung der Beobachtungsreihensowohl mit als auch ohne die Hochwasserscheitelabflüssevom August 2002.

Zur Bestimmung der HQ(T) wurde die Allgemeine Extrem-wertverteilung unter Nutzung der wahrscheinlichkeits-gewichteten Momentenmethode zur Parameterschätzungverwendet. Die Untersuchungen basieren auf einer regionalkonsistenten pegelstatistischen Analyse. Dabei wurde derStichprobeneffekt infolge unterschiedlich langer Beobach-

tungsreihen an den verschiedenen Pegeln besonders be-rücksichtigt. Um das Augusthochwasser 2002 extremwert-statistisch einordnen zu können, mussten die Verteilungs-funktionen weit über den zulässigen Extrapolationsbereich,der das zwei- bis dreifache der Reihenlänge beträgt (DVWK,1999), extrapoliert werden. Bei den Pegeln in den Einzugs-gebieten der linkselbischen Zuflüsse, die oftmals nur 30- bis40-jährige Reihen vorweisen, beträgt demzufolge der zuläs-sige Extrapolationsbereich etwa 100 Jahre.

Tabelle 2-16 zeigt die eingetretenen Änderungen der Hoch-wassercharakteristika durch Einbeziehung des Hochwassers2002 anhand des Verhältnisses der HQ(T), die auf derJahresreihe bis 2002 basieren, zu den HQ(T), ermittelt ausden Jahres-HQ-Werten bis 2001.

Für die meisten Pegel treten deutliche signifikante Verände-rungen der Quantile für Wiederkehrintervalle ab T = 20 a auf.Für T = 2 bis 10 a gibt es erwartungsgemäß keine relevantenÄnderungen. Für alle anderen Wiederkehrintervalle liegen dieQuantile der verlängerten Reihe über denen, die auf Grund-

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Pegel Gewässer

Daten

dv-mäßig

erfasst

Verhältnis HQ(T) mit 2002 / HQ(T) ohne 2002 für T =

2a 5a 10a 20a 50a 100a 200a 500a 1.000a 10.000a

Bielatal 1 Biela 1965 1 1 1 2 2 2 3 4 5 11

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach 1965 1 1 1 2 2 2 3 4 5 10

Gottleuba 1 Gottleuba 1972 1 1 1 2 2 3 4 5 7 19

Gottleuba 2 Oelsenbach 1973 1 1 1 2 2 3 3 4 6 14

Markersbach Bahra 1970 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2

Liebstadt 1 Gottleuba 1966 1 1 1 2 2 3 4 5 7 19

Neundorf Seidewitz 1927 1 1 1 1 2 2 2 2 3 4

Lauenstein 1 Weiße Müglitz 1971 1 1 1 2 2 3 3 5 6 17

Geising 1 Rotes Wasser 1966 1 1 1 2 2 2 3 4 5 11

Dohna Müglitz 1912 1 1 1 1 1 1 1 2 2 2

Kreischa Lockwitzbach 1963 1 1 1 2 2 2 3 4 5 10

Rehefeld 1 Wilde Weißeritz 1961 1 1 1 1 2 2 2 3 3 6

Ammelsdorf Wilde Weißeritz 1931 1 1 1 1 1 2 2 2 3 4

Beerwalde Wilde Weißeritz 1915 1 1 1 1 2 2 2 3 4 7

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz 1928 1 1 1 1 2 2 2 3 3 6

Bärenfels Pöbelbach 1966 1 1 1 2 2 3 3 4 6 14

Dippoldiswalde 1+3 Rote Weißeritz 1915 1 1 1 1 2 2 2 2 3 4

Hainsberg 1 Rote Weißeritz 1928 1 1 1 1 2 2 3 3 4 8

Dölzschen/Cotta Vereinigte Weißeritz 1929 1 1 1 1 2 2 3 4 5 11

Wilsdruff Wilde Sau 1979 1 1 1 1 1 2 2 2 2 3

Garsebach Triebisch 1960 1 1 1 2 3 4 5 7 10 31

Piskowitz 1 Ketzerbach 1971 1 1 1 1 1 2 2 2 2 3

Tabelle 2-16: Verhältnis HQ(T) mit und ohne dem Hochwasser 2002 für die linken Elbzuflüsse von der Biela bis zum Ketzerbach

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lage der Reihe bis 2001 berechnet wurden, wobei die Unter-schiede mit größer werdendem T stark zunehmen. So beträgtdas HQ(50), das auf der Jahresreihe bis 2002 basiert, im Mit-tel über alle Pegel bereits das 2-fache des anhand der Jah-resreihe bis 2001 berechneten HQ(50). Für T = 100, 1.000 und10.000 a liegen diese mittleren Quotienten bei 2 und 4 bzw.10. Grundsätzlich ist der Grad der Beeinflussung der Quantiledurch die Einbeziehung des Augusthochwassers 2002 in dieExtremwertstatistik abhängig von der Beobachtungsdauerder Pegel. Für Pegel mit langen Reihen, an denen bereits vor2002 extreme Hochwasser aufgetreten sind, z. B. Dohna,bleibt die Beeinflussung der Quantile relativ gering. Für Pegelmit kürzeren Reihen dagegen, an denen die zweit- und dritt-größten Hochwasser deutlich geringer sind als das August-hochwasser 2002, z.B. Garsebach, ergibt sich eine völligandere Charakteristik der Verteilungsfunktion der HQ(T).

Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Untersuchun-gen von MIEGEL und BÜTTNER (2003). Sie leiten ausUntersuchungen im Muldegebiet folgende Schlussfolge-rungen ab:

1. Das zufällige Auftreten einzelner Größtwerte im Beob-achtungszeitraum kann das Analyseergebnis maßgeblichbeeinflussen. Belässt man Größtwerte im Datenkollek-tiv, ergeben sich vielfach beträchtlich größere HQ(T).Größtwerte sind deshalb einer detaillierten Betrachtunghinsichtlich ihrer Genauigkeit zu unterziehen.

2. Die Bewertung einzelner Extremwerte als Ausreißer ver-ändert sich, wenn im Laufe fortgesetzter Beobachtungenweitere, besonders extreme Ereignisse in die Beobach-tungen einbezogen werden können, d. h. einzelne HQ(a)können dadurch ihren Status als Ausreißer verlieren. Um-gekehrt sind Ausreißer umso wahrscheinlicher, je kleinerdie Stichproben sind.

3. Die Entfernung von Größtwerten erscheint insgesamtnur dann als plausibel, wenn sie sich mit hoher statisti-scher Sicherheit als Ausreißer erweisen oder kritischeÜberprüfungen, wie die von Wasserstandsaufzeichnungenoder Abflusskurven (DVWK, 1999), Hinweise auf Fehlerliefern.

Einzugsgebiet Pegel GewässerWiederkehrintervall T in a

des Hochwassers 2002

Biela Bielatal 1 Biela 100

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach 50 – 100

Gottleuba Gottleuba 1 Gottleuba 50 – 100

Gottleuba 2 Oelsenbach 100 – 200

Markersbach Bahra 50 – 100

Neundorf Gottleuba 50 – 100

Liebstadt 1 Seidewitz 100 – 200

Müglitz Lauenstein 1 Weiße Müglitz 100 – 200

Geising 1 Rotes Wasser 100 – 200

Dohna Müglitz 200

Lockwitzbach Kreischa Lockwitzbach 200

Weißeritz Rehefeld 1 Wilde Weißeritz 100

Ammelsdorf Wilde Weißeritz 200 – 500

Beerwalde Wilde Weißeritz 200 – 500

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz 200 – 500

Bärenfels Pöbelbach 100

Dippoldiswalde 1+3 Rote Weißeritz 200 – 500

Hainsberg 1 Rote Weißeritz 500

Dölzschen (Cotta) Vereinigte Weißeritz 500

Triebisch Garsebach Triebisch 200 – 500

Wilde Sau Wilsdruff Wilde Sau 50 – 100

Ketzerbach Piskowitz 1 Ketzerbach 50 – 100

Tabelle 2-17: Hochwasserstatistische Einordnung des Augusthochwassers 2002

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In Tabelle 2-17 erfolgt die Zusammenstellung der hoch-wasserstatistischen Einordnung des Augusthochwassers imUntersuchungsgebiet.

Im Einzugsgebiet der Biela und im benachbarten östlichenTeil des Gottleubaeinzugsgebietes wird das Augusthoch-wasser in der Regel als ein etwa 50- bis 100-jährliches Er-eignis eingeordnet. Weiter westwärts werden dem August-hochwasser 2002 höhere Wiederkehrintervalle zugewiesen.Im westlichen Teil des Gottleubaeinzugsgebietes (Seide-witz), im Müglitzeinzugsgebiet sowie in dem an dieses Ge-biet angrenzenden Einzugsgebiet des Lockwitzbaches wirddas Augusthochwasser als ein etwa 100- bis 200-jährlichesEreignis eingeordnet.

Bereits im Müglitzgebiet ist eine Tendenz erkennbar, die fürdas benachbarte Weißeritzeinzugsgebiet noch viel deutlicherzum Tragen kommt: Die dem Augusthochwasser 2002 zu-gewiesenen Wiederkehrintervalle sind für Pegel an denFlussunterläufen höher als für Pegel im Oberlauf. Wird dasAugusthochwasser 2002 im Oberlauf des Weißeritzeinzugs-gebietes als ein etwa 100-jährliches Ereignis eingeordnet,so erhöhen sich die dem Augusthochwasser im Mittel- undUnterlauf zugewiesenen Wiederkehrintervalle deutlich underreichen Werte bis maximal etwa 500 Jahre.

Auch im Unterlauf des westlich an das Weißeritzeinzugs-gebiet angrenzenden Einzugsgebietes der Triebisch wirddem Augusthochwasser 2002 mit etwa 200 bis 500 Jahrenein relativ hohes Wiederkehrintervall zugewiesen. Leidergibt es am Oberlauf der Triebisch keine Pegel, deren Beob-achtungsreihen lang genug sind, um extremwertstatistischausgewertet werden zu können. Im Einzugsgebiet derWilden Sau, das zwischen Weißeritz- und Triebischgebietliegt, und im Einzugsgebiet des Ketzerbaches werden demAugusthochwasser 2002 wieder kleinere Wiederkehrinter-valle von etwa 50 bis 100 Jahren zugewiesen.

2.7 Waldwirkung

In den hier betrachteten Einzugsgebieten ist der Waldanteilsehr heterogen wie der Tabelle 0-1 zu entnehmen ist. Erschwankt zwischen 3% (Ketzerbach) und 86% (Biela). Ins-gesamt beträgt der Anteil der Waldfläche der über 1.400 km2

großen Fläche des Untersuchungsgebietes fast 40%. Aufden Naturraum Osterzgebirge bezogen, in dem der über-wiegende Teil der betrachteten Flusseinzugsgebiete liegt,ist der Waldanteil für einen Naturraum im Mittelgebirgesowohl in Sachsen als auch in Deutschland ungewöhnlichniedrig.

Die Wirkung der Waldflächen besteht in einer Verzögerungdes gesamten oberirdischen Abflusses infolge erhöhterInterzeption, geringerer Verschlämmungsneigung des Bo-dens und damit intensiverer Versickerung sowie günstigererGelände-Kleinformen (Senken, Mulden). Daneben ist dasSpeichervermögen im Einzugsgebiet abhängig von der

■ Niederschlagsintensität und -dauer sowie von der Vor-feuchte des Gebietes,

■ Landnutzung sowie der Beschaffenheit und Morphologiedes Bodens,

■ und der Orographie.

Die Wirkung des Waldes auf den Hochwasserabfluss istdifferenziert zu betrachten. Nicht jeder Wald kann Hoch-wasserspitzen maßgeblich reduzieren. Sind die Bödenflachgründig, wie die oft geringmächtige Verwitterungs-decke des im Osterzgebirge anstehenden metamorphenFestgesteins, wird die Möglichkeit, Niederschläge zu spei-chern und verzögert abzugeben auch mit einer Wald-bedeckung nicht maßgeblich verbessert. Auf Böden miteiner mittleren bis guten Speicherkapazität kann davonausgegangen werden, dass die Wirkung des Waldes beiHochwasser auslösenden Niederschlägen größer seinwird. Nicht zuletzt wird die Wirkung des Waldes auf denHochwasserabfluss begrenzt, wenn lang anhaltende Nie-derschläge auftreten, welche Böden mit und ohne Waldaufzusättigen vermögen.

Auf Grund des außergewöhnlichen Ausmaßes des August-hochwassers 2002 sind die Auswirkungen des Wald-bestandes auf das Abflussgeschehen nicht relevant ge-wesen.

2.8 Zusammenfassung

Das Ereignis ist neben den sehr hohen Scheitelabflüssen,vor allem durch seine extremen Abflussfüllen und die langeDauer extremer Abflusshöhen gekennzeichnet. Auch imUnterlauf der Gewässer war das Ereignis durch einenaußerordentlich schnellen Anstieg charakterisiert, der durchden Niederschlag unmittelbar im Zwischeneinzugsgebietausgelöst worden ist. Die ermittelten Scheitellaufzeitenvom Oberlauf in den Unterlauf beschreiben das Abfluss-geschehen deshalb nur unzureichend.

An fast allen Pegeln im Untersuchungsgebiet sind währenddes Augusthochwassers Abflüsse weit über den bekann-ten Werten aufgetreten. Die Ausnahmen sind der PegelCunnersdorf 1 am Cunnersdorfer Bach und Pegel Neundorfan der Gottleuba. In der Gottleuba war das Hochwasservon 1927 bedeutend höher als das vom August 2002.Ohne das Speichersystem im Einzugsgebiet der Gottleubahätte aber das Augusthochwasser von 2002, das in derGrößenordnung des Hochwassers von 1897 lag, im Aus-maß fast wie die Katastrophen von 1927 oder 1957 seinkönnen. Die Talsperren zeigten eine positive Wirkung, aller-dings kamen sie insbesondere im Weißeritzgebiet an dieGrenze ihrer Wirksamkeit.

Hochwasserstatistisch kann das Ereignis zwischen einem200- bis 500-jährlichen im Mittel- und Unterlauf der Weiße-ritz und im Unterlauf der Triebisch eingeordnet und als sehrselten eingeschätzt werden. Für die Müglitz, Gottleuba und

54

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den Lockwitzbach werden Wiederkehrintervalle von etwa100 bis 200 Jahren zugewiesen und für die Biela, WildeSau und den Ketzerbach 50 bis 100 Jahre.

Die Auswertung der Abflussspenden zeigt, dass diese deut-lich unter den Hüllkurven nach Dyck und Wundt liegen(DYCK u.a., 1980; WUNDT, 1965). Deshalb kann für die Zu-kunft nicht ausgeschlossen werden, dass auch größere Ereig-nisse als das Augusthochwasser 2002 auftreten können.

Während des Ereignisses sind sehr viele Pegel zerstörtund beschädigt worden, die Schreibpegelaufzeichnungenund DFÜ fielen aus. Deshalb fehlten wichtige Grundlagenfür die Auswertung des Hochwassers. Die Auswertungwurde außerdem erschwert, da für alle Pegel im Unter-suchungsgebiet die W-Q-Beziehungen in den extremenHochwasserbereichen nicht durch Abflussmessungen be-legt sind.

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3.1 Übersicht

Mit der Analyse der während des Hochwassers abgelaufe-nen Prozesse werden die Ursachen der großen Zerstörun-gen im Osterzgebirge näher betrachtet. Diese sind Natur-prozesse, die nicht grundsätzlich als außergewöhnlichbezeichnet werden können, wenngleich die Intensitäten imAugust 2002 vergleichsweise groß waren. Die Gefahrenwerden für den Menschen und Sachwerte erst dann rele-vant, wenn ein entsprechendes Schadenspotenzial in denvon Überschwemmung und Feststoffbewegung betroffenenGebieten besteht. In der stark anthropogen beeinfluss-ten Landschaft in den Flusstälern des Osterzgebirges istdarüber hinaus auch eine ungünstige Beeinflussung derGefahrenprozesse durch die Bauwerke im und am Flussfestzustellen.

3.2 Erosion im Einzugsgebiet und

örtlicher Geschiebeeintrag in

das Flussbett

Die Bewegung von Feststoffen begann infolge der inten-siven und lang anhaltenden Niederschläge bereits in denoberen Lagen der Einzugsgebiete. In Abhängigkeit der Boden-bedeckung sowie der topographischen und geologischenVerhältnisse war flächenhafte Erosion besonders auf land-wirtschaftlichen Nutzflächen zu verzeichnen (Abbildung 3-2).Besonders betroffen waren die Einzugsgebiete der Gott-leuba, Wilden Sau, Triebisch und des Ketzerbaches, da hierder Anteil landwirtschaftlicher Flächen weit über 50 Prozentbeträgt. Im Bereich des Mittelsächsischen Lößhügellandesüberwiegt feiner Lößlehm, der bei ungünstiger Boden-bedeckung zu sehr starker Erosion neigt, was im Einzugs-gebiet des Ketzerbaches vielfach zu beobachten war. InBodensenken und bei Gefälleminderung kam es zu groß-flächigen Verschlammungen. Aber auch der Waldbestandauf Hanglagen bot bei diesem Extremereignis oft nicht aus-reichenden Schutz vor Erosion. Im gesamten Untersuchungs-gebiet führte der selbst in kleinsten ephemeren Gewässernablaufende Feststofftransport zum Versatz von Durchlässenund dem Auffüllen von Straßengräben. Unkontrollierte Über-flutungen und Erosion an den nicht gegen eine solche Be-lastung geschützten Straßenböschungen waren die Folge.

3 Feststofftransportund Hydraulik

Abbildung 3-1: Großräumige Umgestaltung des Gewässer-bettes im Müglitztal (Foto: LTV, 2002)

Im Weiteren werden die abgelaufenen Prozesse detailliertdargestellt. Die Angaben mit lokalem Bezug stützen sichvorwiegend auf die Beobachtungen während des Ereig-nisses und die systematische Schadensaufnahme (LTV,2004), die im Zeitraum von August bis November 2002 vor-genommen wurde. Der überwiegende Teil dieser Daten istbei der Erarbeitung der Hochwasserschutzkonzepte (LTV,2003a–e) für die betroffenen Flüsse recherchiert und dortdargestellt worden.

Abbildung 3-2: Typische Form der Bodenerosion auf einerAckerfläche bei Klingenberg (Foto: LTV, 2002)

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Die Nebenflüsse der betrachteten Gewässer weisen im Bereich der Talflanken unmittelbar vor der Mündung häufigein steiles Längsgefälle auf. Auch aus kleinen Nebenbächen und Steilrinnen (Runsen) erfolgte so ein konzentrierter Ge-schiebeeintrag in das Hauptgewässer. Teilweise blieben dieseAblagerungen als Schwemmkegel und Fließhindernis liegen(Abbildung 3-3), bei entsprechender Transportkapazität wur-den sie auch während des Hochwassers abgetragen. EineMengenangabe ist deshalb im Allgemeinen nicht möglich.

Wie aus den Erosionsspuren zu ersehen war, zeichnetensich auch die Nebenflüsse der Roten und Wilden Weißeritz

vielfach durch eine starke Geschiebeführung aus. Besondersgravierend waren die Auswirkungen unterhalb der Mündungdes Pöbelbaches in die Rote Weißeritz in Schmiedeberg, wodie Geschiebefracht beider Flüsse das gesamte Gewässer-bett ausfüllte.

Punktuelle Geschiebeeinträge traten auch im Bereich steilerHangböschungen und nicht standfester Ufersicherungenauf. Ursache war meist die Erosion des Hangfußes oder dieBeschädigung der Gründung von hohen Ufermauern, vorallem in Prallhangbereichen. Diese Prozesse werden im nach-folgenden Abschnitt betrachtet.

Es wurden einige größere Hangrutschungen beobachtet,die ihren Fußpunkt oberhalb des Wasserspiegels hatten,und deren Rutschmassen offensichtlich vom Fluss abtrans-portiert wurden. Neben dem Geröll fielen damit auch ent-wurzelte Bäume als Treibgut an (Tabelle 3-2).

Hangrutsche auf Grund der Durchfeuchtung des Bodens undkleinere Gerölllawinen traten auch an den steilen künst-lichen Böschungen oberhalb der Bahntrassen in den Tälernder Müglitz, Roten und Wilden Weißeritz auf, wobei die Gleise verschüttet wurden, ohne dass die Rutschmassen inden Fluss gelangten.

Die Erosion hat in den engen Flusstälern auch Objekte derInfrastruktur betroffen, deren Bauweise den hohen Fließ-geschwindigkeiten in den Überschwemmungsgebietengrundsätzlich nicht gewachsen war. Dabei wurde Geschiebeauch weitab vom Gewässerbett mobilisiert. Betroffen warenvor allem Straßen- und Bahndämme (Abbildung 3-4).

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Haupt-

gewässer

Einmündendes

NebengewässerBeschreibung

BielaEphemerer Bach, 80 m uh. Silberquelle

starker Geschiebeeintrag in die Biela, auch bereits bei früheren Ereignissen beobachtet

Bahre Bornaer Dorfbach Geschiebeeintrag bis zum Rückhaltebecken Friedrichswalde-Ottendorf

Seidewitz Mordgrundbachstarke Geschiebeführung, auch bereits bei früheren Ereignissen beobachtet, Übersarung der Kläranlage Nentmannsdorf

Müglitz Bach aus Bärenstein Ablagerungen auch in der Ortslage vor der Mündung

Brießnitzbach Sedimente aus Dammbruch, Container, Autos u.a.

Großer Kohlbach starker Geschiebeeintrag in die Müglitz

Trebnitzgrundbach Geschiebeablagerung auch an Durchlässen oberhalb Mündung

Schlottwitzgrundbach Geschiebeablagerung auch in den Durchlässen innerhalb der Ortslage

Bach ausBurkhardswalde

Eintrag von ca. 500 m3 Geröll (Bereich Schlosspark Weesenstein)

Tabelle 3-1: Örtlich konzentrierter Geschiebeeintrag aus Nebengewässern (Auswahl)

Abbildung 3-3: Geröllablagerung des Altschönfelder Baches(Größe des Einzugsgebietes 1,3 km2)unmittelbar vor der Mündung in die WildeWeißeritz (Foto: LTV, 2002)

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Der Gleisunterbau der Müglitztalbahn wurde allein durchErosion und Ablagerung auf einer Streckenlänge von 9,5 km so geschädigt, dass das gesamte Schotterbett undteilweise der komplette Unterbau erneuert werden muss-ten. Überströmte Brückenauffahrten wurden zum Teil voll-ständig abgetragen. Ungünstig wirkte sich hier die Tras-sierung aus, die über große Strecken auf dem Talgrundoder auf einem künstlichen Damm, der gleichzeitig Ufer-böschung ist, verläuft. Die Erosion der Straßendämme nahmbesonders an der Müglitz, der Roten und Wilden Weißeritzund örtlich an der Triebisch bedeutende Ausmaße an. Dasrelativ feinkörnige Material des Straßenunterbaus konnteauch bei geringeren Wassertiefen und Fließgeschwindig-keiten auf dem Vorland transportiert werden.

Resümee: Der Feststoffeintrag aus Quellen, die nicht vom Hauptgewässer selbst erodiert wurden, sind punk-tuell als besonderer Gefahrenschwerpunkt in Erschei-nung getreten. Der Anteil an der Gesamtgeschiebemengewar eher gering. Ein großer Anteil der Geschiebemengestammt dagegen aus dem Überschwemmungsgebiet, wovorwiegend künstliche Aufschüttungen abgetragen wur-den und damit erheblich zu den Ablagerungsmengen bei-trugen.

3.3 Erosion und Ablagerung

im Gewässerbett

Die betrachteten Flüsse weisen Gerinnequerschnitte auf,die über große Strecken künstlich ausgebaut sind. Der Aus-bau reicht von der Festlegung der Linienführung in Formeiner Steinpackung oder -schüttung als Längswerk in Höhedes Mittelwasserspiegels bis zur schweren Pflasterung desgesamten Profils oder massiven Ufermauern von der Sohlebis in Geländehöhe. Eine Befestigung ist häufig auch außer-halb der Siedlungsbereiche zu finden, um landwirtschaft-liche Flächen und Verkehrswege zu schützen. Selbst starkbewachsene und damit einen natürlichen Eindruck er-weckende Fließstrecken weisen oft eine künstliche Ufer-befestigung auf, womit das unkontrollierte Mäandrierenverhindert werden soll. Anthropogen völlig unbeeinflussteUfer sind nur in felsigen oder blockigen Flussabschnittensowie teilweise in Waldbereichen zu finden.

Den während des Hochwassers 2002 aufgetretenen Strö-mungsverhältnissen waren die vorhandenen Uferbefesti-gungen in vielen Abschnitten nicht gewachsen. Auf Grundder hohen Wasserstände wurden auch fast durchgängigBereiche erfasst, die ohnehin nicht gegen Erosion geschütztsind. Die naturnah befestigten Uferabschnitte sind eben-falls teilweise beschädigt worden. Insgesamt ist aber dieTendenz zu verzeichnen, dass insbesondere bei Uferdauer-bestockung nur lokale Schäden an besonders exponiertenStellen auftraten, beim Versagen künstlicher Befestigungenwird dagegen oft eine „Kettenreaktion“ ausgelöst: Das hin-ter der Befestigung anstehende Material ist leicht erodier-bar, es kommt zur Hinterspülung weiterer Ufermauern unddie Schadstellen erreichen schnell große Längen.

Das erodierte Material wurde bei ausreichender Transport-kapazität als Geschiebe fortgeführt und stromab im Fluss-bett oder auf dem Vorland abgelagert. Diese Geschiebe-prozesse traten während des Hochwassers 2002 in einemUmfang auf, der in den Flüssen eines alten Gebirgesvergleichsweise selten beobachtet wird, da die Sohle nurwenig Geschiebepotenzial bietet. Erst die extrem hohen Abflussspitzen haben natürlich oder künstlich im Laufe der Jahrzehnte abgelagerte Feststoffpotenziale mobilisiert, die sonst nicht vom Wasser erreicht werden. Die außer-gewöhnlich große Fülle der Hochwasserganglinie ermöglichtelang andauernde Erosionsprozesse. Während des Ereignis-ses konnten sich Sedimentations- und Erosionsschwer-punkte verlagern, ein Prozess der sich bei natürlichen Ge-wässerbetten in der Abfolge mehrerer kleiner Hochwasserauch abspielt, bei anthropogen beeinflussten Flüssen durchdie zwischenzeitlichen „Aufräumarbeiten“ aber immer wie-der unterbrochen wird.

Die Materialbewegungen bewirkten großräumige Profilver-änderungen bis zur Verlagerung des Gewässerbettes. Diese,in naturnahen Gewässerabschnitten bei Extremereignissen„normalen“ Prozesse, verursachten in den dicht besiedel-ten Tälern des Osterzgebirges zwangsläufig große Schäden.

Abbildung 3-4: Vollständige Erosion der rechten Auffahrtder Brücke zur Kläranlage Miltitz an derTriebisch (Foto: LTV, 2002)

Tabelle 3-2: Anzahl der Hangrutschungen und Gesamt-volumen

Gewässer

(-abschnitt)

Anzahl Abgeschätztes

Gesamtvolumen [m3]

Müglitz (Bärenhecke,Glashütte, Schlottwitz)

5 2.800

Rote Weißeritz (Rabenauer Grund)

3 4.900

Wilde Weißeritz (oh. Edle Krone)

2 3.400

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Besonders die Ablagerung von Geschiebe im Flussprofil, teil-weise mit einer völligen Auffüllung bis über Geländehöhe,hatte in Siedlungsgebieten verheerende Auswirkungen aufdie Wasserspiegellage und damit die Ausdehnung der Über-schwemmungsfläche. Gezielte Vorkehrungen zum Rückhaltdes Geschiebes stromauf gefährdeter Ortslagen beschränk-ten sich bisher auf wenige kleine Nebenbäche und waren anden Hauptgewässern nicht vorgesehen.

Von Erosion mit großer Rückgriffweite waren auch Ufer-bereiche mit künstlicher Auffüllung betroffen. Nach demHochwasser stellt diese Geschiebequelle weiterhin eineerhebliche Gefahr dar. Bei der Erstberäumung der auf-sedimentierten Gewässerabschnitte wurde das Geschiebe-material zur provisorischen Ufersicherung oft lose auf dieBöschungen geschüttet oder zur Verfüllung von Kolken ver-wendet. Erst im Laufe der Zeit werden diese Uferabschnittemit einer definierten Sicherung versehen werden. Zwi-schenzeitlich steht damit auch bei kleineren Hochwasser-ereignissen ein hohes Geschiebepotenzial zur Verfügung.

Nach dem Hochwasser erfolgte im Rahmen der Schadens-erfassung eine quantitative Aufnahme der erodierten und se-dimentierten Volumina. Die zusammengefassten Ergebnissewerden im Folgenden für die einzelnen Flüsse aufgeführt.

Die teilweise hohen Differenzen zwischen Erosions- undAblagerungsvolumina in Tabelle 3-3 sind auf den Erhebungs-zeitraum zurück zu führen. Während die Erosionsmengennach dem Ereignis vorwiegend anhand der Böschungsschä-den abgeschätzt werden konnten, ist die Angabe der sedi-mentierten Volumina mit großen Unsicherheiten behaftet,da teilweise die Datenerhebung bei erhöhtem Wasserstandoder nach der Beräumung erfolgte. Eine mögliche Änderungder Sohllage um wenige Dezimeter konnte oft nach demEreignis nicht zweifelsfrei bestätigt oder widerlegt werden,da keine verlässlichen Angaben zum Ausgangszustand vor-lagen.

Der Vergleich der Flussgebiete untereinander zeigt ähnlicheZusammenhänge zwischen den hydrologischen und hydrau-lischen Parametern einerseits und den Transportprozessenandererseits. Zur Illustration wurde die Abflussfülle an derMündung der Flüsse dem Erosionsvolumen gegenüber-gestellt (siehe Abbildung 3-5). In dieser Form wird derVergleich unabhängig von den unterschiedlichen mittlerenWiederkehrintervallen.

Die Biela verläuft auf ihrer gesamten Länge im Elbsand-steingebirge. Das Flussbett ist in naturnahen Abschnittendurch Felsblöcke bis zu mehreren Meter Durchmesser ge-prägt. Ein Geschiebeeintrag in den Flussabschnitt unter-halb der Mündung des Cunnersdorfer Baches fand nicht ingroßem Maße statt. Im Stadtgebiet von Königstein wurde an 16 Stellen die Ufermauer beschädigt beziehungsweisezerstört. Die daraus resultierenden Materialmengen warengering.

An der Gottleuba und ihren Nebenflüssen überwogen dieProzesse der Seitenerosion, die sowohl in den naturnahenAbschnitten als auch an befestigten Ufern zu beobachtenwaren. Konzentrierte Sedimentationsbereiche mit maßgeb-lichen Auswirkungen auf die Wasserspiegellage traten nichtauf. Die Nachrechnung der Transportkapazitäten weist eineausgeprägte potenzielle Ablagerungsstrecke in der Gottleubaoberhalb Neundorf aus, bei dem Hochwasser 2002 hat sichdieses ungünstige Geschiebeszenario aber nicht realisiert.

Die Müglitz zeichnet sich durch ein sehr heterogenes Bildhinsichtlich Gefälle, Querschnitt, Uferbefestigung und Linien-führung aus, was sich in der uneinheitlichen Verteilung von Erosion und Sedimentation während des Hochwasserswiderspiegelt. Es können keine ausgeprägten Erosions-oder Ablagerungsstrecken festgestellt werden. Die Trans-portprozesse wurden neben den Gefälleverhältnissen auchdurch die vielen scharfen Flusskrümmungen, Ausbruch-wege und Querbauwerke beeinflusst. Maßgeblichen Anteilan der Bildung von Sedimentationen hatten auch die ver-klausten Brücken. Zum Beispiel wurde die Straßenbrücke ander Krugmühle oberhalb Schlottwitz bis zur Unterkante mitGeschiebe versetzt.

Die Geschiebemobilisierung erfolgte hauptsächlich durchSeitenerosion, Tiefenerosion trat nur vereinzelt und in gerin-gem Ausmaß in Erscheinung. Für die Seitenerosion in den

60

GewässerErosion

[m3]

Sedimentation

[m3]

Biela 500–1.000 750–1.600

Gottleuba 15.000–25.000 20.000–31.000

Seidewitz 12.000–24.000 6.000–9.000

Bahre 600–900 –

Müglitz 310.000 160.000

Lockwitzbach 5.000 5.000

Rote Weißeritz oh. TS Malter

215.000 215.000

Rote Weißeritz uh. TS Malter

71.000 10.000

Wilde Weißeritz uh. TS Klingenberg

70.000 45.000

Vereinigte Weißeritz 25.000 12.500

Wilde Sau 7.000 8.000

Triebisch 280.000 110.000

Ketzerbach 23.000 –

Tabelle 3-3: Beobachtete Erosions- und Sedimentations-mengen (Quelle: LTV, 2004)

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Siedlungen waren die schlecht unterhaltenen und damitwenig standsicheren Ufermauern mit verantwortlich. DerBruch der Uferbefestigung legte oftmals sehr leicht ero-dierbare Aufschüttungen frei. Damit setzte ein dynamischerProzess ein, der sich an mehreren Stellen des Müglitztalesin großem Ausmaß abspielte:

■ Das feinkörnige ungeschützte Material in der Talsohlewurde sehr schnell abgetragen.

■ Das Gewässerbett erweiterte sich auf das Mehrfache derursprünglichen Breite.

■ Das in sehr großer Menge anfallende Geschiebe lagertesich nach kurzer Transportstrecke ab und bewirkte einestarke Sohlaufhöhung.

■ Im ungünstigen Fall kam es zum Ausbruch der Haupt-strömung.

■ Durch Erosion im nun verstärkt überströmten Vorland bil-dete sich ein neues Gewässerbett.

Die flussbegleitende Straße war dabei als Ausbruchswegprädestiniert.

Im Vergleich zu den anderen betroffenen Flüssen waren die transportierten Geschiebemengen im Müglitztal wahr-scheinlich am größten. Die überschlägige Berechnung derTransportkapazität ergab Werte von 1.000 bis 4.000 m3, diewährend des Ereignisses durch einen Querschnitt transpor-tiert werden konnten. Dabei wurde über Abschnitte von etwaeinem Kilometer Länge gemittelt. Spitzenwerte dürften deut-lich höher gelegen haben. Unmittelbar nach dem Hochwasserwurden allerdings sämtliche morphologischen Veränderun-gen durch Baggerung wieder rückgängig gemacht, was aucherforderlich war, um die freie Vorflut und den Zugang zu denOrtschaften im Tal wieder herzustellen. Die oben aufgeführ-ten beobachteten Erosions- und Sedimentationsmengen sinddeshalb eher als zu gering einzuschätzen.

Seitenerosion und damit verbundene Schäden an der Ufer-befestigung dominieren die Geschiebeprozesse am Lock-

witzbach. Die mobilisierten Mengen sind vergleichsweiseklein. Unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens Reinhardts-grimma trat verstärkt Ufererosion auf, diese Strecke liegtaber im nicht besiedelten Bereich. Insgesamt hatten dieGeschiebeprozesse im Lockwitzbach nur geringen Einflussauf die Schäden.

Die Rote Weißeritz weist im Oberlauf gegenüber der WildenWeißeritz ein deutlich stärkeres Gefälle auf. Die Erosion derUfer und der Sohle ist entlang der gesamten Fließstreckevon Schellerhau bis Kipsdorf sehr stark ausgeprägt. Die Orts-lage Kipsdorf war von großflächigen Ablagerungen betroffen.

100

1.000

10.000

100.000

1.000.000

1 10

Hochwasserfülle in hm3

beob

acht

etes

Ero

sion

svol

umen

in m

3

100

Biela GottleubaSeidewitz BahreMüglitz LockwitzbachRote Weißeritz Wilde WeißeritzWeißeritz ges. Wilde SauTriebisch Ketzerbach

Abbildung 3-6: Vollständige Erosion des Bahndammes im Müglitztal (Beachtenswert ist die frei-gelegte alte Stützmauer, die dem Flussfrüher ein breiteres Bett einräumte.) (Foto: LTV, 2002)

Abbildung 3-5:Erosionsvolumen und Fülleder HochwasserwelleAugust 2002

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Im anschließenden Abschnitt bis zum Ortseingang vonSchmiedeberg traten neben der Ufererosion auch umfang-reiche Ablagerungen auf. Im Zentrum von Schmiedebergsedimentierte das Geschiebe aus Roter Weißeritz und Pöbel-bach unmittelbar unterhalb des Zusammenflusses, wodurchdas Gewässerbett und die angrenzenden Flächen bis etwa0,8 m über Gelände aufgefüllt wurden (siehe Abbildung 2-14).Der Abfluss fand dann links zwischen der Bebauung statt. Imweiteren Verlauf durch Obercarsdorf, Ulberndorf und Dippol-diswalde wurden die Ufer weiträumig erodiert. Unterhalb derTalsperre Malter traten im Bereich des Rabenauer Grundesstarke Erosionen auf, wobei insbesondere die Trasse derSchmalspurbahn von Freital-Hainsberg nach Kipsdorf fast voll-ständig abgetragen wurde. In Freital-Hainsberg lagerte sich dasGeschiebe unmittelbar ab dem Beginn der Talaufweitung ab.

Die Wilde Weißeritz war während des Hochwassers nahezuauf der gesamten Fließlänge von einer sehr starken Geschiebe-bewegung betroffen. Im Bereich ab Rehefeld bis Dorfhainstammt das transportierte Geröll aus den Uferbereichen undin einigen Abschnitten aus der Sohle. Verlagerungen desGewässerbettes und Übersarungen der Wiesen in der Talauetraten an vielen Stellen auf. Auch unterhalb der Talsperrenwar der Geschiebetransport sehr ausgeprägt, wie die Ab-lagerungen neben dem Gewässer beweisen. In Edle Kronekam es unmittelbar oberhalb der Mündung des Höcken-baches zu massiver Erosion und dem Abrutschen der zumTeil künstlichen Aufschüttungen für Straße und Siedlungs-bereiche (Abbildung 3-7). In diesem Bereich weist die WildeWeißeritz ein steiles Gefälle bei gleichzeitig engen Krüm-mungen auf. Zwischen Edle Krone und Tharandt wurdenmehrere hundert Meter des Ufers bis auf den anstehendenFels erodiert. Ebenso wurden abschnittsweise der Straßen-und Eisenbahndamm abgetragen. Dieses Material lagertesich in Tharandt im Gewässerbett ab. Zwei in den Abfluss-querschnitt gestürzte Brücken, die teilweise verklauste Eisen-bahnbrücke und der Einsturz alter Ufermauern begünstigten diesen Prozess. Die Flusssohle lag nach dem Ereignis auf

einer Länge von mehr als einem halben Kilometer etwa zweiMeter über dem ursprünglichen Niveau, was einem Sedi-mentvolumen in diesem Bereich von mehr als 10.000 m3

entspricht. Ablagerungen kiesigen und sandigen Materialswaren rechts des Flusses im Strömungsschatten des Cotta-Baues in einer Höhe bis zu einem Meter aufgetreten. Abdem Bahnhof Tharandt trat wieder Seitenerosion auf, wovonvorrangig der Bahndamm betroffen war. Unmittelbar vor derOrtslage Freital-Hainsberg weitet sich das Tal auf und dasGeschiebe lagerte sich auf der natürlich vorgezeichnetenFläche links des Gewässerbettes ab.

Die Verringerung des Gefälles noch vor dem Zusammenflusszur Vereinigten Weißeritz schützte das Stadtgebiet von Frei-tal vor einem größeren Geschiebeeintrag. Im PlauenschenGrund sind dagegen die Platzverhältnisse sehr beengt unddas Gefälle größer. Das Flussufer wird vielfach von künst-lichen Böschungen und sehr steilen bis felsigen Prallhängengebildet. Das Geschiebe stammte vorrangig vom Bahndammunmittelbar oberhalb des Felsenkellers, aus dem Unter-bau des Gleiskörpers und aus naturnahen Uferbereichen. Die Gefälleverhältnisse und die Verklausung der Brücke amFelsenkeller erzwangen wiederum eine Sedimentation in die-sem Bereich. Im Stadtgebiet von Dresden liefen Geschiebe-prozesse im Gewässerbett nur noch in geringem Maße ab,die massive Ufersicherung ist hier nur örtlich geschädigtworden und es kam zur Sedimentation. Als besondereGefährdung erwiesen sich die Ablagerungen im Bereich des„Weißeritzknickes“, die hier zu einer Einengung des Fließ-querschnittes und vermehrtem Austritt des Wassers aus demGerinne führten. Im Überschwemmungsgebiet in Dresden-Löbtau und Dresden-Friedrichstadt und im Gebiet des Bahn-werkes Dresden Altstadt ist es dagegen zur Erosion vonStraßen, Fußwegen, Gleisanlagen und anderen unbefestigtenFlächen gekommen. Die Fließgeschwindigkeiten waren teil-weise so hoch, dass der Asphalt-Straßenbelag aufgerollt unddie zwischen den Straßenbahnschienen liegenden Beton-platten und das Straßenpflaster abtransportiert wurden.

62

Abbildung 3-7:Großer Böschungs-abbruch am Prall-hang in Edle Krone(Wilde Weißeritz) (Foto: LTV, 2002)

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Die Wilde Sau ist in dem steilen Abschnitt unterhalb Klipp-hausen (durchschnittliches Gefälle drei Prozent) bis zur Orts-lage Constappel durch eine weitgehend natürliche Geschiebe-dynamik gekennzeichnet. Erosions- und Ablagerungsbereichetreten in stetigem Wechsel auf. Im unteren Bereich des Sau-bachtales verringert sich das Gefälle signifikant, an mehre-ren Stellen hat sich das Geschiebe konzentriert abgelagert,so dass auch bei mittlerem Abfluss kaum ein Freibord vor-handen ist. In Constappel kam es auf einigen hundert MeterLänge zur Erosion des nur schwach befestigten Ufers.Unmittelbar stromab der alten Steinbogenbrücke ist rechtseine Ufermauer abgetragen worden, was zur Gefährdungeines Wohngebäudes führte. Das im Ort erodierte Materialsedimentierte mit einer Mächtigkeit von einem halben Me-ter unterhalb eines kleinen Sohlabsturzes im ausgebautenGewässerabschnitt. Die transportierten Feststoffmengensind in der Wilden Sau wesentlich geringer als im Müglitz-und Weißeritzgebiet und stellen hinsichtlich des Schaden-potenzials nur ein untergeordnetes Problem dar.

Die Triebisch verläuft ab dem Tharandter Wald in einem künst-lich festgelegten Gewässerbett. Auf alten Landkarten ist derehemals stark mäandrierende Verlauf noch zu erkennen, derzur Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzungsmöglich-keiten begradigt wurde. Infolge Überlastung oder schlechtemUnterhaltungszustand wurde im Abschnitt von Mohorn bisNiedermunzig die Ufersicherung, meist Steinsatz oder Schüt-tung, und der anstehende Auekies oder Auelehm auf längerenStrecken erodiert. Der uferbegleitende Gehölzsaum wurdeebenfalls auf Grund einer teilweise ungünstigen Artenzusam-mensetzung geschädigt. Die Rückgriffweiten betrugen örtlichüber 10 Meter. Der Anteil feiner und feinster Kornfraktionen ist auf Grund des lößbedeckten Einzugsgebietes relativ hoch,was auch die Diskrepanz der nach dem Ereignis aufgenom-menen Erosions- und Sedimentationskubaturen erklärt. Unter-halb Niedermunzig trat ebenfalls Ufererosion auf, wobei auchmassive Ufermauern sowie nicht ausreichend gesicherteStraßenböschungen abgetragen wurden. Im Stadtgebiet vonMeißen ist das gesamte Gewässerbett gepflastert, hier kames an den Böschungen und der Sohle zu lokalem Verlust derPflasterung und entsprechender Erosion des anstehendenoder aufgeschütteten Bodens. Teilweise wurde Material auchoberhalb der Pflasterung aus Wegen und Freiflächen ab-getragen. Vielfach sedimentierte das Geschiebe unmittelbarunterhalb des Abtragungsortes. Die relativ großen Erosions-volumina lassen den Schluss zu, dass es in weiten Abschnit-ten zu Sohlerhöhungen gekommen ist, da die Ablagerungs-mengen neben dem Gewässerbett wesentlich geringer als ander Müglitz und Roten Weißeritz waren. Oberhalb Nieder-munzig lagerten sich Gerölle auch auf dem Vorland ab. InMeißen wurden Ablagerungshöhen auf der Gewässersohlevon bis zu einem Meter beobachtet, die allerdings nicht immerklar von den langjährigen Anlandungen in diesem Bereich zuunterscheiden waren.

Die Geschiebeverhältnisse am Ketzerbach unterscheidensich von denen an den weiter stromauf in die Elbe mün-denden Flüssen wesentlich. Das Gewässerbett verläuft fast ausschließlich in Sedimentationsbereichen von Auelehm oder

Sand. Grobkörnige Sedimente stehen kaum zur Verfügung.Transportierter Kies und Schotter stammen meist aus künst-lichen Aufschüttungen und Ufer- oder Sohlbefestigungen. DieUfererosion hat sich als stark abhängig vom Bewuchs, der alsnatürliche Befestigung wirkt, gezeigt. Typisch war eine durch-gängige Abtragung der Ufer in Bereichen, die nur mit Grasbewachsen waren. Örtlich wurde das Gewässerbett stark auf-geweitet (Abbildung 3-8). Eine maßgebliche Ablagerung nicht-bindiger Sedimente konnte auf wenigen Abschnitten fest-gestellt werden, so in der Ortslage Piskowitz. Die feinkörnigenGeschiebebestandteile und Schwebstoffe sedimentiertengleichmäßig verteilt in den Überschwemmungsgebieten undan den Ufern beziehungsweise wurden bis in die Elbe trans-portiert. Das Hochwasser im August 2002 hat damit einenBeitrag zu den ständig zu beobachtenden Auflandungen derUferböschungen auch bei kleineren Hochwassern geliefert.Diese fortschreitende Profileinengung führt in den Ortslagenzur erheblichen Reduzierung der Abflusskapazität, besondersbetroffen sind Pinnewitz, Ziegenhain und Wahnitz.

Resümee: Im gesamten Untersuchungsgebiet spielte sichdie Geschiebebewegung sowohl in den Fließgewässern alsauch im Überschwemmungsgebiet ab. Die transportiertenFeststoffmengen gingen weit über das hinaus, was beikleineren Hochwasserereignissen im Untersuchungsgebietbeobachtet wird, bei denen nur die Gewässerbetten von der Geschiebebewegung betroffen sind. Die Geometrie derAbflussquerschnitte wurde über große Strecken stark ver-ändert, im Allgemeinen verbreitert. Anthropogen geprägteUferformen erwiesen sich oft als ergiebige Geschiebe-quellen. Die massive Ablagerung im Gerinne betraf mehreregrößere Siedlungsbereiche.

Wie die historischen Ereignisse zeigen, ist örtlich mit ver-gleichbaren Ereignissen in Wiederkehrintervallen von einigenJahrzehnten zu rechnen. Ein das gesamte Osterzgebirgeerfassendes Ereignis mit flächendeckend intensiver Aus-prägung der Geschiebebewegung ist wesentlich seltener.

Abbildung 3-8: Erosion und Gewässerbettverlagerung amKetzerbach unterhalb Mertitz (Foto: LTV, 2002)

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3.4 Treibgut

Die hohen Wasserstände und großen Fließgeschwindig-keiten in den Gerinnen und auf den Vorländern führten zueinem erheblichen Treibgutanfall in fast allen betrachtetenFlüssen. Dieses Material lagerte sich im Flussbett, an denUfern, auf dem Vorland und an Bauwerken in und am Flussab und war vielerorts eine wesentliche Schadensursache.

Nach der Herkunft lässt sich das Treibgut grob in drei Grup-pen unterteilen:

■ Bäume, die infolge Hangrutschung oder Erosion im Wurzel-bereich (Ufer oder Vorland) umgestürzt sind und abge-schwemmtes Totholz,

■ im Überschwemmungsgebiet gelagertes oder abgestell-tes Material (Schnittholz, Sperrmüll, Kraftfahrzeuge),

■ Teile von beschädigten ortsfesten Gebäuden, Schuppen,Brücken oder ähnlichem.

Das Treibgut hat an vielen Gebäuden und EinrichtungenSchäden durch Anprall verursacht. Der verstärkte Staudruckauf Treibgutansammlungen an Wehranlagen und Brückenführte von der Beschädigung der Stahlwasserbauteile biszum völligen Einsturz der Bauwerke.

Kraftfahrzeuge, die mit dem Wasser weggerissen wurden,erlitten in der Regel Totalschaden.

Bedingt durch die Strömungsverhältnisse wurden an mehre-ren Stellen hunderte Raummeter Treibgut konzentriert abge-lagert, teilweise im Fluss. Besonders gravierend waren diemittelbaren Schäden infolge der vielen Verklausungen (Ver-stopfung des Fließquerschnittes mit Treibgut). Vornehmlich anBrücken, aber auch an anderen Engstellen und Wehranlagenkam es zu massiven Treibgutansammlungen, die zur maßgeb-lichen Steigerung der Intensität der Überschwemmung aufdem Vorland führten. Gleichzeitig wurden durch das Umfließender Brückenquerschnitte Feststoffe neu mobilisiert, vornehm-lich aus überströmten Bahn- und Straßendämmen (sieheauch Abschnitt 3.2). Die Verlegung des Hauptquerschnittesbegünstigte die Geschiebeablagerung mit dem Effekt einesweiteren Wasserspiegelanstiegs. Ansatzpunkt für Treibgut-ablagerungen an Brücken waren auch unter der eigentlichenBrückenplatte abgehängte Rohr- und Elektroleitungen, die beientsprechendem Wasserstand wie ein Rechen wirkten.

Die Beräumung des Treibgutes wurde im gesamten Unter-suchungsgebiet als eine der ersten Arbeiten nach demHochwasser in Angriff genommen. Sie erwies sich bei dernoch mehrere Tage nach dem Ereignis anhaltenden erhöh-ten Wasserführung oft als schwierig, war aber notwendig,um die freie Vorflut und damit den unter den gegebenenUmständen erreichbaren Hochwasserschutz wieder herzu-stellen. Eine vollständige Dokumentation über die angefalle-nen Mengen liegt deshalb nicht vor.

An der Biela trat im Stadtgebiet von Königstein am Wehrder Papierfabrik Luisenthal ein Holzversatz auf. Die anfäng-

liche Beseitigung während des Ereignisses musste wegendes hohen Wasserstandes aufgegeben werden. Das starkbewachsene Ufer an den windungsreichen Flussabschnittenstromauf führte ansonsten zu einer wirksamen Rückhaltungdes Treibgutes. Das Aufkommen war relativ gering.

Vor der Brücke der Staatsstraße S174 über die Gottleuba

(oberhalb der Talsperre) bildete sich eine Verklausung vonam Ufer mitgerissenen Fichten. Bei der Beräumung wurdeeine Holzmenge von ungefähr 500 Festmeter ermittelt.Weiterhin waren die Straßenbrücke am unteren Ortsendevon Bad Gottleuba und der Gewässerbereich am Sandstein-werk Rottwerndorf von größeren Treibgutablagerungen be-troffen.

In Zuschendorf verklauste die obere Brücke der KreisstraßeK 8760 über die Seidewitz, was zur großflächigen Über-schwemmung im Siedlungsbereich führte.

64

Die Müglitz war von Treibgut und den damit verbundenenSchäden besonders betroffen. Der Fluss trat fast durch-gängig über die Ufer und riss im Vorland befindliche Gegen-stände, wie Gartenlauben, Schuppen, Holzstapel, Autos,Bäume, Sträucher u.v.m. mit sich. Im Überschwemmungs-gebiet befinden sich, wie in allen anderen Flusstälern auch,mehrere Kleingartenanlagen, die ein besonders großesPotenzial an schwimmfähigem Material bieten. Das vomHochwasser führenden Gewässer aufgenommene Treibgutwurde vornehmlich an der nächsten unterhalb gelegenenBrücke vorgefunden bzw. verklauste diese (Abbildung 3-9).Der gesamte Flussschlauch der Müglitz wurde durch dasEreignis mit Treibgut belastet (Tabelle 3-4).

Der Lockwitzbach ist außerhalb der Ortschaften fast durch-gängig von Gehölzen gesäumt. Das abgeschwemmte Holzhat sich dementsprechend an den ersten Brücken der Ort-schaften angesammelt. Die Treibgutproblematik kann amLockwitzbach als weniger maßgeblich betrachtet werden.

Abbildung 3-9: Verklauste und beschädigte Müglitzbrücke,Behelfsbrücke Schlottwitz oberhalb derMündung des Trebnitzgrundbaches (Foto: LTV, 2002)

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An der Roten, Wilden und Vereinigten Weißeritz war derTreibgutanfall auf Grund der starken Ufererosion und derausgedehnten Überschwemmungsflächen sehr groß undführte an vielen Brücken zur Verklausung. Alle Ortschaftenwaren von dem damit erzeugten Aufstau betroffen. Durchdie flussbegleitenden Straßen und Bahnlinien ist die An-zahl der Brücken zudem sehr hoch. Teilweise konnte dieVerklausung von Brücken nach dem Hochwasser nichtmehr zweifelsfrei festgestellt werden, da diese währenddes Ereignisses völlig zerstört wurden. Einige Brücken-standorte zeichnen sich durch ein besonders hohes Gefah-ren- und Schadenspotenzial für das infolge Verklausungüberschwemmte Vorland aus. Neben allen Ortslagen ander Roten Weißeritz sind hier die Brücken in Tharandt(Wilde Weißeritz) sowie an der Bienertmühle und LöbtauerStraße (Vereinigte Weißeritz) in Dresden zu nennen.

Ortsbezeichnung Abgelagertes Material Ablagerungsschwerpunkt Menge [Raummeter]

Lauenstein / Zufahrt Kläranlage vorwiegend Holz Wehr 240

Lauenstein / uh. Zufahrt Kläranlage vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 100

Bärenstein / Schloßmühle vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 350

Bärenstein / Bärenklau vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 600

Bärenhecke / Bäckerei vorwiegend Holz Wehr 100

oh. Glashütte / Lohmühle vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 550

Glashütte / Wehr Kohlbachbrücke vorwiegend Holz Wehr 50

Glashütte / Kohlbachbrücke vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 120

Glashütte / Dresdner Straße vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 450

Schlottwitz / Abzweig Trebnitzgrund vorwiegend Holz Verkehrsbrücke 450

Schlottwitz / Schule Autos Flussbett –

Schlottwitz / Neumannmühle Holz/Abfall Verkehrsbrücke 100

Schlottwitz / Brücke B178 Holz/Abfall Verkehrsbrücke 50

Mühlbach Holz/Abfall Verkehrsbrücke 250

Mühlbach / Wehranlage Holz/Abfall Wehr 600

Burkhardswalde / uh. Bahnhof Holz/Abfall Verkehrsbrücke 80

Weesenstein / Brücke Schulstrasse Holz/Abfall Verkehrsbrücke keine Angaben

Weesenstein / Brücke B178 Holz/Abfall Verkehrsbrücke 400

uh. Weesenstein / Abzweig Falkenhain Holz/Abfall/Autos starke Krümmung 500

Dohna / Papierfabrik Holz/Abfall Wehr 600

Dohna / BAB Holz/Abfall Verkehrsbrücke 400

Tabelle 3-4: Schwerpunkte der Treibgutablagerung an der Müglitz

Gewässer Anzahl der Brücken

gesamt verklaust zerstört

Rote Weißeritz 83 >9 7

Wilde Weißeritz 55 7 >17

VereinigteWeißeritz

56 6 4

Tabelle 3-5: Verklausung und Zerstörung von Brücken(Weißeritz)

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Das Treibgut im oberen Flusslauf der Wilden Sau setzte sichhauptsächlich aus Zivilisationsmüll und fortgeschwemmtenGegenständen aus Gartenbereichen der Ortslagen Grumbachund Wilsdruff zusammen. Unterhalb der Brücke der Bundes-autobahn A4 bildeten sich in dem mit ungepflegtem Ufer-bewuchs bestandenen Bereich Verklausungen und Ablagerun-gen. Die Durchlassfähigkeit der Brücken in Klipphausen undConstappel wurde kaum beeinträchtigt, für die Beräumungdes angeschwemmten Treibgutes war keine maschinelle Hilfeerforderlich. Im naturnahen Saubachtal sind etliche größereBäume durch Unterspülung oder kleinere Hangrutschungen inden Fluss gestürzt und zum Teil fortgeschwemmt. OberhalbConstappel kam es durch die Verringerung des Gefälles undden Uferbewuchs zur Ablagerung des Treibgutes.

Die Triebisch war besonders im Stadtgebiet von Meißendurch Treibgut aus den oberhalb liegenden Ortschaften be-lastet. Während des Hochwassers gelang es, einen Teil des an den Brücken angetriebenen Holzes sofort mit Baggern zu entfernen, womit eine vollständige Verlegung der Abfluss-querschnitte verhindert werden konnte. Größere Treibholz-mengen verwüsteten Flächen neben dem Gewässer, wobeibesonders die ehemaligen Mühlengrundstücke betroffen wa-ren. Im Oberlauf der Triebisch konnte die günstige Wirkungvon auentypischen Ufergehölzen beobachtet werden, dieeinen wesentlichen Beitrag zum Rückhalt des Treibgutes inBereichen mit geringem Schadenspotenzial leisteten.

Die Ufer des Ketzerbaches sind fast durchgängig vonBäumen bestanden. Tot- und Bruchholz, sowie Ablagerungenaus den Ortschaften wurden in großen Mengen transportiert,haben sich im größtenteils stabilen Uferbewuchs aber auchwieder verfangen. In einigen Dörfern kam es zu lokalen Ver-klausungen an Zäunen, die quer zur Fließrichtung und teil-weise bis in das Flussbett errichtet waren. Hier konnten sichselbst kleinere Schwimmstoffe, wie Stroh, verfangen, was zu erhöhtem Aufstau und der zusätzlichen Gefährdung dernahen Bebauung führte. In der Ortslage Piskowitz lagerte sichim Mündungsbereich des Zscheilitzwassers auf Grund un-günstiger Strömungsverhältnisse ein Treibguthaufen von etwa50 Raummeter ab, der zusammen mit Geschiebeablagerun-gen einen Rückstau erzeugte. Die Brücken am Ketzerbachwaren von Verklausungen nicht betroffen.

Resümee: Aus den Beobachtungen zum Augusthochwasser2002, aber auch in Auswertung vergangener Ereignisse, istdie enorme Bedeutung der Treibholzproblematik für den Scha-densverlauf ersichtlich. Besonders betroffen waren die Müg-litz und die Rote Weißeritz. Einige Brücken mit zu geringemFließquerschnitt können bereits verklausen bei Durchflüssen,die einem 10-jährlichen Wiederkehrintervall zuzuordnen sind.Neben dem erforderlichen Umbau an besonders schadens-trächtigen Punkten erhebt sich nicht zuletzt die Frage, in-wieweit bei der Dimensionierung von Brücken an erfahrungs-gemäß starkTreibgut führenden Flüssen zusätzliche Sicherhei-ten berücksichtigt werden sollten. Aber auch die potenziellenQuellen von Treibgut, wie abgelagerte Baumaterialien, Leicht-bauten oder nicht auentypische Baumarten im Überschwem-mungsbereich bedürfen in Zukunft einer stärkeren Beachtung.

3.5 Durchflusskapazität

im Flussbett

Der Ausbau der Fließgewässer in den Ortslagen des Ost-erzgebirges diente in der Vergangenheit gleichermaßen demHochwasserschutz und dem Landgewinn. Der Bemessungder Gerinnequerschnitte lagen anfänglich sicher nur Erfah-rungswerte, später hydrologische und hydraulische Unter-suchungen zugrunde.

Als Kriterium für die Bestimmung der Durchflusskapazitätdes Flussbettes wurde einheitlich ein Wasserstand ohneFreibord verwendet. Dieser ausuferungsfreie Durchfluss istin Ortslagen fast immer identisch mit dem schadlosenDurchfluss, wenn von der Zerstörung nicht standfester Ufer-befestigungen abgesehen wird. In der freien Landschaftsind dagegen die morphologischen Prozesse der Umbildungdes Flussbettes und die kurzzeitige Überschwemmung derAue oft nicht als reparaturbedürftige Zerstörung anzusehen.Der über Jahrhunderte fortgeführte Ausbau der Gewässer-betten und die vielen Brücken unterschiedlichster Bauweisehaben innerhalb der Ortslagen zu wechselnden Durchfluss-kapazitäten geführt. Während des Hochwassers im August2002 wurden diese fast ausnahmslos überschritten. Infolgevon Geschiebeablagerungen und Verklausungen standvielerorts nur noch ein eingeschränkter Abflussquerschnittzur Verfügung. In Tabelle 3-6 sind die Durchflusswerte und dieZuordnung zum statistischen Wiederkehrintervall für einigeOrtslagen zusammengestellt. Die Werte wurden ohneBerücksichtigung einer möglichen Profiländerung für den Zu-stand Anfang des Jahres 2003, also nach dem Hochwasser,rechnerisch bestimmt. Es ist erkennbar, das die Durchfluss-kapazitäten nur in wenigen Ortslagen das HQ(100) erreichenund sehr viele Problemstellen mit stark verringerter Leis-tungsfähigkeit bestehen. Vor dem Hochwasser ist die zurVerfügung stehende Fließfläche teilweise deutlich kleinergewesen oder während des Ereignisses in einigen Orts-lagen gänzlich mit Geschiebe aufgefüllt worden.

Auffällig sind die vergleichsweise großen Durchfluss-kapazitäten an der Gottleuba und Bahra. In diesem Fluss-gebiet wurde nach den verheerenden Hochwassern 1957und 1958 durch den Bau mehrerer Talsperren und Hoch-wasserrückhaltebecken der Hochwasserschutz überdurch-schnittlich verbessert. Wenn auch nicht konsequent bis zurMündung, so ist das Gerinne ebenfalls in vielen Abschnittenfür große Durchflüsse ausgebaut. In allen anderen Fluss-gebieten fehlte diese durchgängige „Überarbeitung“ noch.

Angesichts der nach dem Hochwasser überarbeitetenHQ(T)-Werte stellt sich die Situation insbesondere derBrücken besonders dramatisch dar. Als allgemeine Orien-tierung für das Schutzziel kann hier in Anlehnung an das Sächsische Wassergesetz HQ(100) in Ortschaften gelten.Selbst wenn eine Verringerung der zur Verfügung stehendenDurchflussfläche infolge Geschiebe- oder Treibgutablagerun-gen nicht angesetzt wird, sind danach 238 von 621 Brücken,für die hydraulische Berechnungen im Rahmen der Hoch-

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Gewässer Ortslage

Ausuferungsfreier Durchfluss

Abfluss beim

Hochwasser

August 2002

[m3/s]

in typischen

Abschnitten

[m3/s]

Wahrscheinlich-

keit der Über-

schreitung1)an Engstellen

[m3/s]

Biela Königstein 35 bis 50 hoch 15 bis 20 50

Gottleuba Bad Gottleuba 60 gering – 60

Pirna oh. Mdg. Seidewitz 120 gering 60 135

Pirna uh. Mdg. Seidewitz 100 hoch – 220

Bahra Markersbach 45 bis 60 gering – 30

Seidewitz Liebstadt 25 bis 45 gering – 40

Pirna 30 bis 60 mittel 15 bis 25 100

Müglitz Lauenstein (oh. Rotes Wasser) 60 gering – 85

Glashütte (uh. Brießnitzbach) 120 mittel < 40 270

Schlottwitz 150 mittel < 55 320 bis 350

Weesenstein 170 mittel < 55 360

Dohna 170 mittel 80 400

Heidenau 180 mittel – > 400

Lockwitz-bach

Reinhardtsgrimma 8 mittel – 20

Kreischa 20 hoch – 45

Dresden 25 bis 40 mittel 15 80

RoteWeißeritz

Kipsdorf 50 bis 60 gering 25 50

Schmiedeberg (oh. Pöbelbach) 40 bis 75 mittel 30 80

Schmiedeberg (uh. Pöbelbach) 55 bis 60 mittel 20 120

Dippoldiswalde 30 bis 45 hoch 15 150

Freital-Hainsberg 70 bis 80 mittel 25 260

WildeWeißeritz

Dorfhain 20 bis 60 mittel – 170

Tharandt 60 bis 140 mittel – 200

VereinigteWeißeritz

Freital 140 bis 430 mittel 65 450

Dresden 220 bis 420 mittel 75 > 450

Wilde Sau Klipphausen 20 mittel – 30

Constappel 25 mittel 14 45

Triebisch Mohorn-Grund 30 mittel 11 40

Niedermunzig-Miltitz 30 hoch – 150

Robschütz 35 bis 60 hoch – 160

Stadt Meißen 100 bis 140 mittel 80 200

Ketzerbach Wahnitz 20 hoch – 60

Wachtnitz 70 mittel – 90

Zehren-Schieritz 30 bis 35 hoch 20 100

Tabelle 3-6: Durchflusskapazität und Hochwasserabfluss 2002 in Ortslagen

1) Die Angaben beziehen sich auf das mittlere Wiederkehrintervall eines Durchflusses, der größer als der Ausbaugrad in typischen Abschnitten ist:hoch – kleiner als 20 Jahre,mittel – 20 bis 100 Jahre,gering – größer als 100 Jahre

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wasserschutzkonzepte ausgeführt wurden, unterbemes-sen. Eine Übersicht gibt Tabelle 3-7. Die Erfahrungen dergroßen Hochwasser zeigen darüber hinaus, dass eine Be-messung nur für den Reinwasserabfluss allein ungenügendist.

3.6 Schwachstellen

Wenngleich das Hochwasser im August 2002 nahezu ent-lang der gesamtem Fließlänge der betroffenen GewässerSchäden hervorgerufen hat, so ist doch festzustellen, dass inbestimmten Abschnitten ein besonders großes Gefahren-potenzial auftritt. Die Identifikation ist hinsichtlich der Vorsorgegegenüber kleineren Hochwasserereignissen von besonde-rer Bedeutung. Solche Schwachstellen zeichnen sich durcheine Kombination ungünstiger Faktoren aus, zum Beispiel:

■ erosionsgefährdete Fließstrecke oberhalb einer Ort-schaft, in der nur eine geringe Transportkapazität vorliegt,und somit im Ereignisfall die Überschwemmung ver-stärkt wird,

■ geringe Durchflusskapazität in der Ortschaft, besondersan Brücken, bei gleichzeitig hohem zu erwartenden Treib-gutanfall,

■ nicht standsichere Ufermauern bei gleichzeitig zu gerin-ger Durchflusskapazität,

■ künstliche Aufschüttungen mit hohem Schadenspotenzial(Bahn- und Straßendämme) im Überschwemmungsgebiet.

Unmittelbar nach dem Hochwasser wurde auf längeren außer-örtlichen Gewässerstrecken der gesamte Baumbestand aufetwa 10 Meter breiten Uferstreifen gerodet, offensichtlichmit dem Ziel, für kommende Hochwasserereignisse dieDurchflusskapazität zu erhöhen und den Treibgutanfall zuvermindern. In nicht technisch ausgebauten Abschnitten istdiese Maßnahme durchaus kritisch zu bewerten. Die Ero-sionsgefährdung der Ufer ist vorerst erhöht. Die Bäume hin-ter dem Uferstreifen sind durch die plötzliche Freistellungverstärkt sturzgefährdet. Ein natürlicher Treibgutrückhalt istnicht mehr gegeben.

Betroffen von Überschwemmungen bei extremen Hoch-wasserereignissen sind an allen betrachteten Flüssen fastsämtliche Mühlengrundstücke.

An der Biela haben sich nahezu in der gesamten OrtslageKönigstein die Ufermauern als erosions- und einsturzgefähr-det erwiesen. In Verbindung mit der geringen Durchfluss-kapazität ist zudem häufig mit einer starken Belastung unddementsprechenden Schäden zu rechnen.

Wie das Hochwasser 2002 gezeigt hat, weist die Gottleuba

vor allem in Pirna problematische Abschnitte auf. DieBrücken unterhalb der Bundesstraße B 172 ermöglichen nureine gefahrlose Wasserableitung bis zum 20-jährlichen Ab-flussereignis (ca. 60 m3/s). Bei größerem Durchfluss ist mit Verklausungen zu rechnen, betroffen von einer Über-schwemmung sind große Teile der Innenstadt Pirnas.

An der Seidewitz sind insbesondere die Ortslagen Pirna-Zuschendorf und Pirna-Zehista bei Hochwasser gefährdet.Am oberen Ortsrand ist mit Treibgut zu rechnen, das sichvorzugsweise an den Brücken ablagern kann. Deren Durch-flusskapazität entspricht etwa dem 20-jährlichen Ereignis (35–40 m3/s).

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Abbildung 3-10: Unzureichender Brückenquerschnitt im aus-gebautenTrapezgerinne, Vereinigte Weißeritz,Dresden, Wernerstraße (Foto: LTV, 2002)

Tabelle 3-7: Anzahl der unterdimensionierten Brücken(aus Berechnung für Reinwasserabfluss)

Gewässer

Anzahl der Brücken

vorhanden hydrau-lische Be-rechnung

ausgeführt

Durchfluss-kapazität entsprichtnicht demSchutzziel

Biela 21 21 16

Gottleuba 52 52 16

Bahra 28 28 5

Mordgrundbach 15 15 2

Seidewitz 58 54 30

Bahre 10 9 9

Müglitz 94 87 43

Lockwitzbach 82 80 8

NiedersedlitzerFlutgraben

16 16 15

Rote Weißeritz 83 71 25

Wilde Weißeritz 55 52 9

VereinigteWeißeritz

56 53 25

Wilde Sau 16 11 2

Triebisch 64 56 26

Ketzerbach 21 16 7

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Die Müglitz weist, ausgehend von den Beobachtungen zumAugusthochwasser 2002 aber auch bezogen auf das 100-jähr-liche Ereignis, fast durchgängig ein hohes Gefahrenpotenzialauf. Die Durchflusskapazität entspricht unterhalb Lauenstein imAllgemeinen einem statistischen Wiederkehrintervall von 50Jahren. In allen Ortslagen queren allerdings etliche Brückenden Fluss, die eine weitaus geringere Durchlassfähigkeit auf-weisen und damit auch durch Treibgut stark gefährdet sind.Die vielen Wehranlagen mit Aufbauten führen ebenfalls zurkonzentrierten Treibgutablagerung und zusätzlichem Aufstau.Der über weite Strecken tief liegende Bahnkörper mit dendementsprechend niedrigen Brücken ist dabei als besonderskritisch anzusehen, Bahndamm und Gleiskörper stellen zudemein leicht zu erodierendes Geschiebepotenzial dar. Geschiebe-ablagerungen in Ortschaften mit starkem Einfluss auf denWasserstand waren in Glashütte, Schlottwitz und Weesen-stein aufgetreten. Eine detaillierte Angabe der Fließstrecken,die bei einem erneuten extremen Ereignis von maßgeblicherSedimentation betroffen sein können, wird nur mit einer ver-tieften Analyse der hydraulischen Verhältnisse einschließlichdes Geschiebepotenzials und Feststofftransportes möglichsein. Die Erfahrungen aus historischen Hochwassern zeigen,dass besonders im Müglitztal der Feststofftransport (Ge-schiebe und Treibgut) ein entscheidender Gefahrenprozess ist,der bei allen Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden muss.Infrastruktur und Besiedlung im Tal sind bislang dieser Gefähr-dung nicht angepasst.

Am Lockwitzbach treten in den Ortslagen Reinhardtsgrimmaund Kreischa die geringen Durchflusskapazitäten des Gerin-nes in Verbindung mit dem teilweise schlechten Bauzustandder Uferbefestigungen als Schwachstellen in Erscheinung. InDresden-Lockwitz sind die Brücken verglichen mit den Fließ-strecken ober- und unterhalb bezüglich des Durchflusses deut-lich geringer bemessen. Als maßgebliches Hindernis hat sichdas Schwingwehr (Wehr Niedermühle) in Dresden-Lockwitzherausgestellt, da es während des Hochwassers nicht voll ge-öffnet werden konnte (siehe auch Abschnitt 7.3). Im Bereich desTeilungswehres am Abzweig zum Niedersedlitzer Flutgrabenkam es zu einer Geschiebeablagerung, die eine Beaufschla-gung weit über derDurchflusskapazität desFlutgrabens und da-mit Überschwemmungen in Dresden-Niedersedlitz verursachte.

Bedingt durch die starke Besiedelung ist der Lauf der Roten

Weißeritz oberhalb der Talsperre Malter durch eine Vielzahlvon Gefahrenpunkten gekennzeichnet. Ausgeprägte Sedimen-tationsbereiche auf Grund der Gefälleverhältnisse finden sichin den Ortslagen von Kipsdorf, Schmiedeberg (unterhalbMündung Pöbelbach) und Ulberndorf (oberes Ortsende). DieseGefährdung wird durch das vorhandene Geschiebepotenzialaus künstlichen Aufschüttungen und nicht standsicheren Ufer-befestigungen verstärkt. Als Verklausungsschwerpunkte habensich die Brücken in Kipsdorf, Schmiedeberg und Obercarsdorfherausgestellt. Vorzugsweise an den tief liegenden Brückender Schmalspurbahn verhakt sich das Treibgut auf Grund dergegliederten Stahlkonstruktion. Der gesamte RabenauerGrund mit Wanderweg und Schmalspurbahn ist bei großenHochwasserereignissen grundsätzlich durch Erosion und Treib-gut gefährdet.

Oberhalb der Talsperren Lehnmühle und Klingenberg ist die Durchflusskapazität des Gewässerbettes der Wilden

Weißeritz sehr gering, das Gefahren- und Schadenspotenzialsollte hier durch eine entsprechende Flächennutzung imÜberschwemmungsgebiet weiter vermindert werden. DieBrücken sind grundsätzlich durch Verklausung bedroht. AbDorfhain bis Tharandt sind Straße, Bahn und vereinzelt dieBebauung bei den beengten Platzverhältnissen zwangs-läufig stark durch Überschwemmung und Feststoffprozessegefährdet. Im Bereich Edle Krone ist eine Sicherung derInfrastruktur und Gebäude offensichtlich nur durch massivenVerbau möglich, um bei starkem Gefälle und ungünstigerLinienführung das Wasser schadlos ableiten zu können. DerFlussabschnitt in der Stadt Tharandt ist eine bevorzugteAblagerungsstrecke für Treibgut und das oberhalb erodierteGeschiebe; ein gezielter Rückhalt der Feststoffe oberhalb derOrtslage ist erforderlich.

In Freital ist im Staubereich von Wehranlagen an der Ver-

einigten Weißeritz die Durchflusskapazität herabgesetzt,womit hier bevorzugte Ausgangspunkte für die Über-schwemmung des Stadtgebietes bestehen. Zwischen Freital und Dresden hat sich der Bereich an der Felsenkeller-brauerei als problematisch erwiesen, da hier Geschiebe-ablagerungen im Bereich einer Brücke auftreten können,was in Verbindung mit der Verklausung zum Ausbruch derHauptströmung auf der linken Flussseite und damit zur mas-siven Schädigung der Bahntrasse und Straße führt. Unter-halb des Plauenschen Grundes sind die Überflutungen inden Abschnitten Hofmühlenstraße bis Würzburger Straßeund am „Weißeritzknick“ (Löbtauer Straße) besonders kri-tisch, da von hier Wasser unkontrolliert in die WilsdrufferVorstadt, zum Hauptbahnhof sowie nach Dresden-Löbtau,Dresden-Friedrichstadt und in die Altstadt fließt. Unzurei-chende Uferhöhen, lokale Geschiebeablagerungen und tiefliegende Brücken, die ein Verklausungsrisiko darstellen, sinddie Ursache. Auch die Brücken über das kanalisierte Fluss-bett bis zur Mündung in die Elbe stellen auf Grund ihrer indas Abflussprofil „eintauchenden“ Konstruktion ein Hinder-nis, besonders für die Abführung des Treibgutes, dar.

Die Gefahrenschwerpunkte an der Wilden Sau konzentrie-ren sich im Wesentlichen auf die Ortslagen Grumbach undWilsdruff, in denen die Gerinne- und Brückenquerschnitteteilweise nicht ausreichend dimensioniert sind, was zurÜberschwemmung in den Siedlungsbereichen führt. In Con-stappel erwies sich die Uferbefestigung als unzureichend,wodurch Wohngebäude gefährdet wurden.

Im Oberlauf der Triebisch ist die Ortschaft Mohorn-Grunddurch Überschwemmung gefährdet. Die geringe Durch-flusskapazität einiger Brücken begünstigt die Verklausung.Betroffen ist vor allem die Wohnbebauung im engen Tal-grund. Ab Niedermunzig bis Meißen ist ebenfalls die Durch-flusskapazität auch in Ortslagen nicht ausreichend, um eineteilweise Überschwemmung der Bebauung zu verhindern.Besondere Gefahrenpunkte sind durch die zu engen Quer-schnitte der historischen Brücken an der Neidmühle und in Robschütz gegeben. In Meißen-Buschbad bildet sich im

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Rückstaubereich eines Wehres und zweier Brücken einbevorzugter Ausbruchsweg über die Straße. Unterhalb desTriebischtalwehres ist die Uferhöhe in einigen Abschnittennicht ausreichend, die Abflussquerschnitte an den BrückenJaspisstraße und Karl-Niesner-Straße sind gravierend kleinergegenüber den anschließenden Gewässerstrecken und da-mit prädestinierte Verklausungsstellen.

Der Ketzerbach ist auf Grund der topografischen Verhält-nisse wesentlich häufiger von Ausuferungen betroffen alsalle vorgenannten Flüsse, die Flächennutzung in der Aue ist dem überwiegend angepasst. Die laufenden Anlan-dungen infolge des großen Schwebstoffeintrages aus denlößbedeckten Ackerflächen des Einzugsgebietes haben inmehreren Ortslagen (Wahnitz, Wachtnitz, Prositz) zur Ver-schärfung der Überschwemmungsgefahr geführt.

3.7 Zusammenfassung

Das Hochwasser im August 2002 war im Osterzgebirge durchAbfluss- und Feststofftransportprozesse gekennzeichnet, diein ihrer Intensität und gleichzeitig flächenhaften Ausbildungbisher nur sehr selten oder nie in diesem Gebiet beobachtetwurden.

Im gesamten Untersuchungsgebiet war eine ausgeprägteGeschiebebewegung zu beobachten, die vorwiegend aus derUfererosion mit Material versorgt wurde. Die Geschiebeabla-gerungen betrafen sowohl die Vorlandbereiche als auch dieGewässerbetten. Über einige Strecken veränderten Erosionund Sedimentation neben dem Flussprofil auch das Relief im Talgrund. Die künstliche Befestigung der Gewässerläufekonnte hier die Prozesse, die bei Extremereignissen einenaturnahe Landschaft prägen, nicht verhindern. Die morpho-logischen Änderungen haben sich vielerorts ungünstig auf dieWasserspiegellagen und damit auf die Ausdehnung der Über-schwemmungsflächen ausgewirkt.

Die Spitzendurchflüsse lagen in den Flüssen, abgesehen vonGottleuba und Bahra, nahezu durchgängig über dem bord-vollen Durchfluss. Alle Ortschaften in den Flusstälern warenvon Überschwemmungen im Siedlungsgebiet betroffen.

Wie die Analyse der abgelaufenen Prozesse und die Zusam-menstellung der wichtigsten Schwachstellen im Abschnitt 3.6zeigen, resultierte die maßgebliche Hochwassergefährdungder Ortslagen im Untersuchungsgebiet aus den unzureichen-den Abflussquerschnitten und der Erosionsgefährdung imUferbereich. Überwiegend Brücken bildeten die Engstellen.Geschiebe- und Treibgutablagerungen wurden begünstigtbeziehungsweise verschärften diese Probleme. Infolge dergewässernahen Besiedlung und teilweise ungünstigemUferbewuchs war ein großes Treibgutpotenzial vorhanden.Die Uferbefestigungen erwiesen sich über weite Streckenals nicht ausreichend standsicher. Dadurch wurde der Ein-trag großer Feststoffmengen in das Gewässer möglich. Diegewässernahe Lage von Bahn- und Straßentrassen ergabenoft ein großes Geschiebepotenzial, das bei Versagen derUfersicherung oder bei Ausuferung schnell aktiviert wurde.

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4.1 Überschwemmung

Die während des Hochwassers ablaufenden Prozesse derÜberschwemmung, Geschiebe- und Treibgutablagerung so-wie Erosion haben in unterschiedlichem Maße zu den Schä-den beigetragen. Die Überschwemmung selbst hatte nebenden großen Abflusswerten oft andere Prozesse als Ursache,so die Verklausung von Brücken oder die Ablagerung vonGeschiebe im Gewässerbett.

des Treibgutes. In den eng bebauten Ortslagen tratenStrömungsumlenkungen und -konzentrationen auf, die zulokalen Geschwindigkeitsmaxima an Gebäudekanten undDurchfahrten führten. Die damit verbundenen Wirbel wei-sen in ihrem Zentrum besonders hohe Fließgeschwindig-keiten auf, die kleine, aber tiefe Erosionstrichter erzeugen.Die Schäden an den Gebäuden sind dementsprechendzum großen Teil auf Unterspülung der Gründung und denAnprall von Baumstämmen und anderen schwerenSchwimmgütern zurückzuführen. Durch die Ausbildungneuer Fließwege, zum Beispiel entlang der Straßen, warenauch Gebäude betroffen, die nicht von der Ufererosionerreicht wurden. Die Beseitigung und Deponierung derriesigen Mengen an Schwemmholz, Bauschutt, Zivilisa-tionsmüll und Autowracks nahm mehrere Monate in An-spruch.

Eine weitere Auswirkung der Überschwemmungen wardie Freisetzung Wasser gefährdender Stoffe. BesondersHeizöltanks wurden durch Auftrieb aus ihren Verankerun-gen gerissen und leckgeschlagen. Kraftfahrzeuge wurdenin großer Zahl von den Fluten mitgerissen beziehungs-weise gingen unter Wasser. In der Stadt Meißen zum Bei-spiel war bereits am Nachmittag des 12. August 2002, alsomehr als sechs Stunden vor Erreichen des Hochwasser-scheitels, die Triebisch mit Heizöl belastet. Der Durchflussbetrug zu dieser Zeit nur etwa 60 Prozent des Maximal-wertes. Gefährdete Tankanlagen befanden sich also imÜberschwemmungsgebiet auch kleinerer Hochwasser-ereignisse.

Die Ursachen für den tragischen Verlust von Menschen-leben während des Hochwassers waren vor allem derschnelle Anstieg des Wasserstandes, der gefährliche Ret-tungs- und Bergungsaktionen erforderte, und die hohenStrömungsgeschwindigkeiten. Bereits bei einer Fließ-geschwindigkeit von zwei Meter pro Sekunde und einerWassertiefe von nur 0,5 Meter besteht die Gefahr des Mit-reißens von Personen. Hier wird besonders die Notwendig-keit eines Vorwarnsystems auch bei kurzen zur Verfügungstehenden Reaktionszeiten deutlich, denn auch die Flucht-wege aus den überschwemmten Siedlungsgebieten er-wiesen sich teilweise als lebensgefährlich.

Die großen Fließgeschwindigkeiten, auch in Verbindung mitder Treibgutführung, verursachten Schäden an fast allenWasserbauwerken. Die beweglichen Teile der Wehranlagenwurden zum Beispiel an der Müglitz ausnahmslos zer-

4 Schadensprozesse

Abbildung 4-1: Erosion, Treibgut- und Geschiebeablagerungim Plauenschen Grund, Vereinigte Weißeritz(Foto: Jan Winkler, 2002)

Durch das Hochwasser 2002 wurden an den betrachtetenGewässern 3.600 ha überschwemmt. Die Wassertiefe er-reichte gebietsweise mehrere Meter. Nahezu alle Ortschaf-ten in den Flusstälern standen weiträumig unter Wasser. InDresden wurden durch den unkontrollierten Wasseraustrittim Bereich Würzburger Straße und Hofmühlenstraße Ge-biete überschwemmt, die seit der Verlegung der WeißeritzEnde des 19. Jahrhunderts nicht mehr von Überschwem-mung betroffen gewesen waren (Dresden-Altstadt, Wils-druffer Vorstadt und Seevorstadt). Die Stadtteile Dresden-Löbtau und Dresden-Friedrichstadt waren als gefährdeteBereiche dagegen bekannt.

Charakteristisch für das gesamte Untersuchungsgebietwaren die Schäden infolge der hohen Fließgeschwindig-keiten, damit verbunden auch die verheerende Wirkung

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stört. An mehreren Querbauwerken brachen die seitlichenAnschlussdämme infolge Überströmung und Erosion. Zumvollständigen Durchbrechen oder Abtrag der Wehrschwellekam es an mehreren Bauwerken in der Müglitz, dem Lock-witzbach, der Roten, Wilden und Vereinigten Weißeritz so-wie der Triebisch.

Die baulichen Schäden an den Talsperren und Rückhalte-becken betreffen im Wesentlichen die Ableitungsgerinne derHochwasserentlastungsanlagen, die zum Teil nicht für denaufgetretenen Durchfluss bemessen waren. Zwei Absperr-bauwerke (HRB Glashütte und Vorsperre Klingenberg) bra-chen infolge Überströmung. Während der Bruch derVorsperre Klingenberg nur eine geringfügige Wasserspiegel-anhebung in der Hauptsperre bewirkte, hatte die Flutwelleaus dem HRB Glashütte große Überschwemmungsschädenin der unterliegenden Stadt zur Folge. Am Damm des HRBBuschbach kam es zu einer Rutschung auf der luftseitigenBöschung, die offensichtlich auf eine ungünstige Material-zusammensetzung in diesem Bereich des Dammkörperszurückzuführen ist, die Standsicherheit der Anlage ist da-durch nicht gefährdet.

Die vorhandenen Hochwasserschutzeinrichtungen in denOrtschaften und an landwirtschaftlich genutzten Flächen,wie kleine Mauern und Verwallungen waren fast sämtlichüberströmt und wurden besonders an exponierten Stellenabgetragen.

72

Abbildung 4-2: Aufräumarbeiten in Tharandt am 18.08.2002 (Foto: Rainer Elze, 2002)

Abbildung 4-3: Schmiedeberg am 13.08.2002, Mündungs-bereich des Pöbelbaches in die Rote Weiße-ritz (Foto: Olaf Rentsch, 2002)

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4.2 Übersarung

Die starke Geschiebeführung der Flüsse während des Hoch-wassers und die Erosionsprozesse auf den überschwemm-ten Flächen waren die Ursache für Ablagerungen von Geröll,Kies, Sand und teilweise bindigem Material außerhalb desGewässerbettes. Begünstigt wurden diese Prozesse durchdie teilweise hohen Fließgeschwindigkeiten auch auf denVorländern, wodurch dort überhaupt erst die großen Men-gen an Feststoffen bewegt werden konnten. Diese alsÜbersarung bezeichneten Prozesse traten in einem Umfangauf, der im Erzgebirge nur selten beobachtet wird. Betroffenwaren sowohl Ortslagen als auch Wald-, Acker- und Grün-landflächen. Bemerkenswert sind die zum Teil erheblichenGeröllmengen, die auch im Vorlandbereich kleinerer Neben-flüsse, insbesondere zu den Oberläufen von Müglitz, Roterund Wilder Weißeritz, abgelagert wurden (Abbildung 4-5).

Da die Eintiefung der Flusssohle gegenüber dem umgeben-den Gelände außerhalb von Ortschaften im Allgemeinengeringer ist, war der Transport von Geschiebe aus demGewässerbett auf das Vorland leichter möglich, oft in Verbin-dung mit einer Gewässerbettverlagerung. Der größte Anteilder Ablagerungen findet sich dementsprechend auf Wald-,Grünland- und Ackerflächen. Die vorherige Nutzung wirddamit meist eingeschränkt oder unmöglich. Während aufnaturnahen Auenflächen die Geröllablagerungen eine Berei-cherung der Strukturgüte darstellen, die, wenn immer mög-

lich, aus naturschutzfachlichen Gründen belassen werdensollten, ist es in einigen Ortslagen zu Schäden gekommen.

In den Siedlungsgebieten waren vergleichsweise kleineFlächen von Übersarung betroffen. Die Ablagerungshöhenerreichten keine Höhen, die zum statischen Versagen vonGebäuden führten. Es ist davon auszugehen, dass die Sedi-mentation immer allmählich und lagenweise erfolgte, Mur-

Abbildung 4-4: Schießender Abfluss auf der Bundesstraße B170 in Schmiedeberg, Rote Weißeritz (Foto: Olaf Rentsch, 2002)

Abbildung 4-5: Übersarung am Fallbach, rechter Zufluss derRoten Weißeritz oberhalb von Schmiedeberg(Foto: LTV, 2002)

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gänge wurden nicht beobachtet. Verschlammungen undgeringmächtige Ablagerungen (wenige Dezimeter) feiner Sedi-mente oder von Flussschotter bildeten sich allerdings in allenüberschwemmten Ortslagen. Das Material wurde sowohlaus dem Gewässerbett antransportiert als auch unmittelbaroberhalb der Ablagerungen aus Straßen, Bahndämmen undFreiflächen erodiert.

Im Einzugsgebiet der Gottleuba wurden mehrere Klär-anlagen, die in der Aue liegen, großflächig verschlammt. Im Müglitztal waren vor allem Schlosspark und OrtslageWeesenstein von Geschiebeablagerungen betroffen. InSchmiedeberg an der Roten Weißeritz trat eine der größtenkonzentrierten Geschiebeablagerungen in einer Ortslage auf(siehe Abbildung 2-14). Die Sedimentationshöhe erreichtedabei fast einen Meter. Bezeichnenderweise waren die aus-geprägten Sedimentationsbereiche der Roten und WildenWeißeritz oberhalb des Zusammenflusses in Freital-Hains-berg in früherer Zeit nicht bebaut. Mittlerweile sind dieseFlächen mit höherwertiger Nutzung (Bauhof, Freizeitsport)belegt, die während des Hochwassers nicht nur durch Über-schwemmung, sondern auch durch Feststoffablagerungenbetroffen waren. Am Lockwitzbach, an der Wilden Sau undder Triebisch kam es auf Grünlandflächen in der Talaue zuGeröllablagerungen. Am Ketzerbach führte an zwei Stellendie Überflutung des mit Schotter befestigten und erodiertenPrallhanges zu Ablagerungen auf den dahinter liegendenAckerflächen.

In allen lößbeeinflussten Einzugsgebieten traten auch weit-ab der Gewässer Verschlammungen sowie Sand- und Kies-ablagerungen auf, die aus der flächenhaften Erosion aufAckerflächen gespeist wurden. Bereits vor dem Hochwas-ser 2002 trat dieses Problem in den vielen kleineren Rück-haltebecken an den Nebenflüssen von Wilder Sau, Triebischund Ketzerbach stark in Erscheinung. Diese, bei ackerbau-licher Nutzung des Einzugsgebietes nicht völlig zu vermei-dende laufende Verringerung des Rückhaltevolumens, mussdurch eine planmäßige Beräumung ausgeglichen werden.

4.3 Erosion und Gerinne-

verlagerung

Die verschiedenen Erosionsprozesse haben neben derÜberschwemmung ganz wesentlich das Schadensbild und -ausmaß des Hochwassers 2002 bestimmt. Sie bewirktenoft die wesentliche Schädigung der an das Gewässer gren-zenden Flächen, Bauwerke oder Einrichtungen. Die Inten-sität reichte von der leichten Beschädigung von Ufermauernoder der Grasnarbe bis zum Abtrag des Ufers um mehr alsdie doppelte Flussbreite. In Abschnitt 3.3 sind die nach demEreignis im Gelände abgeschätzten Volumina aufgeführt.Typisch war über große Strecken der teilweise oder völligeVerlust der Ufersicherung. Der weitere Rückgriff hat dannStraßen, Brücken und Gebäude geschädigt oder vernich-tet. Verschiedene Mechanismen der Schadensentwicklungkonnten beobachtet werden:

■ Ausspülung des Fußes der Ufermauer oder des Brücken-widerlagers (bei schlechtem Bauzustand), dann Einsturzdes Bauwerkes,

■ Tiefenerosion der Gewässersohle, dann Einsturz desnicht ausreichend tief gegründeten Bauwerkes,

■ Erosion des Bodens hinter der Ufermauer infolge Über-schwemmung, dann Einsturz der Ufermauer nach hinten,

■ Abtrag der überlasteten Steinschüttung oder -packungder Böschungssicherung,

■ nach Versagen der Ufersicherung rasche Erosion des un-geschützten Bodens (bei nicht gewachsenem Boden imAllgemeinen größere Rückgriffweiten), dann Beschädi-gung oder Verlust der Gründung von ufernahen Gebäu-den, Straßen oder Bahntrassen,

■ Erosion des Bodens im Überschwemmungsgebiet beihohen Fließgeschwindigkeiten, dann Beschädigung derGründung von Gebäuden,

■ Erosion von künstlichen Dämmen im Überschwemmungs-gebiet, die für eine Strömungsbelastung nicht ausgelegtwaren,

■ Verlegung des Fließquerschnittes mit Geschiebe be-ziehungsweise Treibgut, Ausbruch der Hauptströmung,Erosion des Bodens bis zur Entstehung eines neuenGewässerbettes (dergleichen bei ungünstiger Linien-führung),

■ rückschreitende Erosion bei konzentrierter Strömung ausüberschwemmten Gebieten in das Gewässerbett.

74

Abbildung 4-6: Überströmung der Ufermauer und Erosionam Pöbelbach, Schmiedeberg (Foto: Olaf Rentsch, 2002)

Nicht unerwähnt bleiben soll die Bodenerosion in den Ein-zugsgebieten. Zum Zeitpunkt des Hochwassers 2002 kanndabei auf Grund der Vegetationsperiode noch von einerdurchschnittlich günstigen Bodenbedeckung ausgegangenwerden. Besonders der Oberflächenabfluss auf melioriertenAckerflächen führte in den überpflügten Senken, wo vor-mals kleine Wasserläufe zu finden waren, zu einer Schä-digung des Bodens durch flächigen Abtrag sowie die Bil-dung von Erosionsrinnen und Verschlammung. Der Einfluss der verschiedenen landwirtschaftlichen Bearbeitungs- und

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nicht mitgezählt sind. Bei einigen Gewölbebrücken bliebennur die Bögen erhalten, während der gesamte Fahrbahn-aufbau zerstört wurde. Hauptursache der Brückeneinstürzewar die Unterspülung der Pfeiler oder Widerlager. Die meis-ten Straßenbrücken von überörtlicher Bedeutung wurden ander Müglitz und Roten Weißeritz zerstört oder schwer be-schädigt. Bahnbrücken waren an der Müglitz, der Roten undder Vereinigten Weißeritz betroffen.

Wasserbauliche Anlagen, wie Wehre oder Trenndämme zuMühlgräben wurden ebenfalls zum Teil vollständig abgetragen.

Neben der überall beobachteten Erosion an Verkehrswegenführten die hohen Fließgeschwindigkeiten auch weitab desGewässerbettes zu Schäden an Gebäuden, deren Gründungfreigelegt und unterspült wurde (Abbildung 4-8). Auf fluss-parallelen Straßen wurde der Belag von Fahrbahn und Fuß-wegen über lange Strecken erodiert, durch ungünstige Gelän-de- und Strömungsverhältnisse bildeten sich Erosionsrinnenvon mehreren Metern Tiefe. Ver- und Entsorgungsleitungenwurden frei gespült und zerstört. Der Ausfall der Trinkwasser-und Stromversorgung in vielen Ortschaften war die Folge.

Besonders gravierend waren die Erosionsschäden an der Müg-litz und der Roten Weißeritz. Hier verteilten sie sich auf das ge-samte Überschwemmungsgebiet. In den Ortslagen traten beistarkem Geländegefälle Fließgeschwindigkeiten auf, denenselbst schwere Straßenbefestigungen nicht gewachsen waren.Auch im Überschwemmungsgebiet der Vereinigten Weißeritzin Dresden wurden Straßen und Straßenbahngleise zerstört.

Abbildung 4-8: Rote Weißeritz, Schmiedeberg (Foto: Olaf Rentsch, 2002)

Abbildung 4-7: Beschädigung von Gebäuden infolge Ein-sturz der Ufermauer, Triebisch, Meißen(Foto: LTV, 2002)

Anbaumethoden auf die Bodenerosion (und auch auf denFlächenabfluss) ist noch unzureichend geklärt und gegen-wärtig Gegenstand weitergehender Untersuchungen sowiezum Teil kontroverser Diskussionen.

Für das gesamte betrachtete Gebiet dominant ist die Ufer-erosion gegenüber allen anderen von Materialabtrag beein-trächtigten Bereichen. Es können zwei grundlegende Scha-densursachen identifiziert werden:

■ die Ufersicherung ist in einem schlechten Bau- bezie-hungsweise Unterhaltungszustand gewesen oder

■ die während des Ereignisses aufgetretenen Belastungenüberstiegen die Bemessungsgrößen.

Die Schadenswirkung ist dabei in Ortslagen wesentlich größerals in der offenen Landschaft. Die Verluste an land- und forst-wirtschaftlichen Flächen sind zwar bezogen auf die ohnehinschmalen Auebereiche feststellbar, in der Gesamtschadens-bilanz aber äußerst gering. Ebenso sind vielfach Ufersiche-rungen außerhalb von Ortschaften zerstört worden, derenWiederaufbau nicht erforderlich ist, sofern keine gegenüberHochwasser schutzwürdigen Flächen betroffen waren. Dergrößte Anteil der behebungsbedürftigen Erosionsschäden be-trifft die Ufer bei gewässernaher Bebauung sowie zur Siche-rung von Straßen, Bahnanlagen, Medientrassen oder Brücken.

Uferbefestigungen haben weiterhin die Eigenschaft, dass beiihrem Ausfall die Schädigung der zu schützenden Objekte mitgroßer Wahrscheinlichkeit eintritt, da diese den Belastungenerst recht nicht standhalten. Die Schäden steigen also nichtkontinuierlich mit der Intensität der Abfluss- und Geschiebe-prozesse an, sondern sie nehmen sprunghaft zu, sobald dieUferbefestigungen zu kollabieren beginnen.

An allen Gewässern erlitten Brücken Erosionsschäden, vor-rangig an den Widerlagern und Flügelmauern. Vollständigzerstört wurden mindestens 45 Brücken, wobei hier klei-nere Stege, bei denen der Oberbau fortgerissen wurde,

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4.4 Zusammenfassung

Es kann festgestellt werden, dass die Überschwemmung anallen betrachteten Flüssen unkontrolliert aufgetreten ist undfast sämtliche Vorkehrungen zum Hochwasserschutz sichgegenüber dem Hochwasser 2002 als unterdimensionierterwiesen haben. Die Schäden in den Überschwemmungs-gebieten resultieren neben der reinen Wassereinwirkung zu einem großen Anteil aus den erosiven Prozessen infolgeder hohen Strömungsgeschwindigkeiten und dem Treibgut-transport.

In unterschiedlichem Ausmaß waren die Überschwem-mungsflächen nach dem Hochwasser von Übersarungbetroffen. Schwerpunkte, an denen große Schäden in Sied-lungsbereichen auftraten, lagen an der Müglitz und RotenWeißeritz. Auf land- und forstwirtschaftlich genutztenFlächen wurden an allen betrachteten Flüssen Geschiebe-ablagerungen beobachtet, die allerdings insgesamt nureinen kleinen Anteil der Überschwemmungsflächen ein-nahmen.

Die Erosionsschäden betrafen vorrangig die Uferbereichesowie die unmittelbar angrenzenden Flächen und die da-mit beschädigten Gebäude und Infrastruktureinrichtungen in Gewässernähe. Auf Grund der teilweise hohen Fließ-geschwindigkeiten traten auch in den überschwemmtenGebieten erhebliche Schäden durch Erosion auf, besonders

an Straßen, Bahnanlagen und Bauwerksgründungen. Ge-wässerbettverlagerungen, bedingt durch sehr starke Ufer-erosion oder Ausbruch der Hauptströmung, bildeten sich ander Müglitz und der Roten sowie Wilden Weißeritz vielfach,an den anderen Flüssen in kleinerem Umfang aus.

Das Versagen von Bauten am Gewässer trug maßgeblich zur Verstärkung der Schäden bei. Die Überlastung der Ufer-befestigung begünstigte gegenüber einem natürlich ge-wachsenen Ufer oft die Erosion und den Geschiebeeintragin das Gewässerbett.

Die Schadenscharakteristik hat sich bei künstlichem Hoch-wasserschutz grundsätzlich verschieden gegenüber un-geschützten Bereichen gezeigt. Sofern die Schutzmaßnah-men nicht durch Überlastung unwirksam wurden, ist eineVerminderung der Schäden festzustellen. Ermöglicht durchden Hochwasserschutz hat sich im Laufe der Zeit aller-dings eine höherwertige Nutzung in den „abgeschnitte-nen“ Überschwemmungsgebieten etabliert. Damit sindhier zwangsläufig die Schäden bei einem Versagen derSchutzeinrichtungen sehr hoch. Diese Effekte stellten sichwährend des Hochwassers 2002 im Osterzgebirge beson-ders an den ausgebauten Flussläufen in den Ortschaftenein, deren Durchflusskapazität überschritten wurde oder indenen die Feststoffprozesse zu nicht vorhergesehenenGefahren wurden. Herausragendes Beispiel ist der Damm-bruch am Brießnitzbach oberhalb Glashütte (siehe auchAbschnitt 7.1).

76

Abbildung 4-9: Erosionsschäden vor einer Bahnbrücken-Unterführung auf der Freiberger Straße in Dresden, Entfernungvon der Vereinigten Weißeritz ca. 1 km (Foto: Siegward Elze, 2002)

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In den Flusstälern des Untersuchungsgebietes wurdenwährend des Augusthochwassers zahlreiche Häuser, In-dustrieanlagen, viele Kilometer Straßen- und Bahnanlagen,Brücken sowie Gewässer und wasserwirtschaftliche Anla-gen zerstört. Es kam zu Schäden in der Forst- und Landwirt-schaft. Der gemeldete Gesamtschaden in Sachsen beträgt8,6 Mrd. €. Davon waren bis zum 31. Juli 2003 6,2 Mrd. €

förderfähig (SÄCHSISCHE STAATSKANZLEI, 2003). Ob-wohl der Anteil der Überschwemmungsfläche des Unter-suchungsgebietes nur 8,5% der überschwemmten FlächeSachsens umfasst, beläuft sich dessen geschätzte Scha-denssumme auf über 1 Mrd. €. Das verheerende Unwetterkostete in Sachsen 20 Menschen das Leben, zwölf davonkamen allein in dem untersuchten Gebiet zu Tode.

Die Schäden wurden auf Grund der zur Verfügung stehen-den Daten nach folgenden Bereichen ausgewertet:

■ Private Schäden

Wohngebäude, Hausrat, Wirtschaftsgebäude einschließ-lich Maschinen und Anlagen privater gewerblicher Unter-nehmen

■ Kommunale Schäden

Kommunale Einrichtungen (Schulen, Kindergärten, Kran-kenhäuser u.a.), Straßen, Brücken und Versorgungsein-richtungen

■ Öffentliche Liegenschaften

Einrichtungen der Landesverwaltung (Schlossanlagen,Verwaltungsgebäude, Hochschulgebäude, öffentlicheParkanlagen u.a.)

■ Verkehrswege

Staats- und Bundesstraßen einschließlich Brücken, Bahn-strecken und -anlagen

■ Wasserwirtschaft

Ufermauern, -befestigungen, Wehre, Absperrbauwerke,Böschungen, Flussbettverlagerungen u.a.

■ Forstwirtschaft

Waldwege und Brücken, Holzverlust

■ Landwirtschaft

Landwirtschaftliche Unternehmen

Grundlage bilden acht verschiedene Datenbanken unter-schiedlicher Qualität. Insgesamt wurden über 10.000 Einzel-schäden aus den verschiedenen Bereichen beurteilt unddem jeweiligen Flussgebiet zugeordnet. Die Datenquellensind in den einzelnen Abschnitten der Schadensbereichenäher erläutert.

Die Gesamtschadenssumme wurde sowohl bezogen auf dieLandkreise und die Gemeinden als auch auf die Einzugs-gebiete berechnet und dargestellt. Außerdem erfolgte eineAnalyse der Schäden an den Gewässern 1. Ordnung.

Abgesehen vom Schadensbereich der Wasserwirtschaft hat-ten die Datenbanken keinen genauen geographischen Bezugder Schäden. Deshalb konnten diese oftmals nur der Gemein-de oder im Idealfall einem Gemeindeteil zugeordnet werden.Bei der Auswertung der privaten Schäden musste festgestelltwerden, dass nur für 1/3 der Schäden konkrete Schadens-summen vorlagen (siehe Abschnitt 5.2) und deshalb dieGesamtsumme zu gering ist.

5.1 Gesamtschaden

In der Abbildung 5-1 sind die Gesamtschadenssummen,unabhängig davon, ob es sich um Schäden direkt an Ge-wässern 1. Ordnung oder um Schäden im Einzugsgebiethandelte, pro Gemeinde zusammengefasst (siehe auchAnhang 2). Die Schadenshöhen in den Gemeinden, die vomMüglitz- und Weißeritzhochwasser betroffen waren, sind amgrößten.

Das Schadensausmaß in den Weißeritztälern war in denStädten Freital mit über 100 Mio. € und Dresden mit über340 Mio. € besonders hoch. In der Gemeinde Schmiede-berg, in der eine Gerinnebettverlegung mitten im Ortszen-trum stattfand, lagen die Schäden mit ca. 75 Mio. € ebenfallssehr hoch. An der Müglitz waren praktisch alle Gemeindenvom Oberlauf bis zu ihrer Mündung stark betroffen.

Auf den Landkreis bezogen ist festzustellen, dass im Weiße-ritzkreis, in dem die Einzugsgebiete der Müglitz und Weiße-ritz liegen, die Schadenshöhe mit 502 Mio. € am größten ist.Danach ordnen sich die Stadt Dresden (342 Mio. €), der Land-kreis Sächsische Schweiz (207 Mio. €) und der LandkreisMeißen (120 Mio. €) ein.

Die Landkreise Sächsische Schweiz, Meißen und die Landes-hauptstadt Dresden waren nicht nur von den Nebenflüs-sen sondern auch vom Elbhochwasser betroffen. Bezogenauf den Gesamtschaden an kommunaler Infrastruktur kanneingeschätzt werden, dass der Anteil der Schäden, derdurch die linken Nebenflüsse der Elbe verursacht wurde, im Landkreis Sächsische Schweiz bei ca.70%, im Landkreis

5 Schadensbilanz

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Meißen bei über 50% und in Dresden bei ca. 40% liegt. Derhohe Schadensanteil durch das Elbhochwasser im Land-kreis Meißen und in der Stadt Dresden ist mit den hohen Vermögenswerten im Überschwemmungsgebiet der StädteMeißen und Dresden zu erklären.

In der Tabelle 5-1 ist die gesamte Schadenssumme auf-gegliedert auf die betrachteten Flusseinzugsgebiete dar-gestellt. Sie umfasst die Gesamtheit der Schäden an allenGewässern im Einzugsgebiet. Aus der Zusammenstellungist zu ersehen, dass 1/3 der Schadenssumme dem Einzugs-

gebiet der Vereinigten Weißeritz zuzuordnen ist, danach fol-gen die Einzugsgebiete der Müglitz, der Roten Weißeritzsowie der Wilden Weißeritz und der Triebisch.

Die Höhe der Schadenssummen spiegelt den Schwerpunktdes Hochwassergeschehens sowie die Besiedlungsdichte undInfrastruktur in den Flusstälern wider. Da die Einzugsgebietevon Biela, Wilder Sau und Ketzerbach am Rande des Nieder-

78

Abbildung 5-1: Schadenssummen in den vom Hochwasser betroffenen Gemeinden in den Einzugsgebieten von Biela,Gottleuba, Lockwitzbach, Weißeritz, Wilde Sau, Triebisch und Ketzerbach

Einzugsgebiet Schadenssumme

in Mio. €

Anteil

in %

Biela 24 2

Gottleuba 89 8

Müglitz 201 17

Lockwitzbach 87 7

Rote Weißeritz 181 15

Wilde Weißeritz 93 8

Vereinigte Weißeritz 366 31

Wilde Sau 10 1

Triebisch 103 9

Ketzerbach 22 2

Gesamt: 1176 100

Tabelle 5-1: Gesamtschadenssumme aufgegliedert aufdie betrachteten Einzugsgebiete

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schlagsgeschehens lagen und zudem auch weniger dicht be-siedelt sind, sind hier die Schadenssummen bedeutend gerin-ger. Der hohe Anteil in der Vereinigten Weißeritz ist – nebenden hydrologischen und morphologischen Prozessen – auchder hohen Siedlungsdichte der Städte Dresden und Freital ge-schuldet.

Die Abbildung 5-2 zeigt eine Zusammenstellung der Scha-denssummen in den Schadensbereichen. Die größten Zer-störungen entstanden im Bereich der Kommunen und des Privateigentums, die ca. 40% bzw. mindestens 20%der Gesamtschadenssumme ausmachten. Ein weitererSchadensschwerpunkt waren die Bahn und die staatlichenStraßen sowie die Wasserwirtschaft, mit jeweils 10% Anteilam Gesamtschaden. Die Schäden der Forst- und Landwirt-schaft beeinflussten die Gesamtschadenssumme nur un-wesentlich.

5.2 Auswertung in den einzelnen

Schadensbereichen

Schäden im privaten Bereich

Die Daten zu Schäden an Privateigentum wurden durchPhoenix (Programm zur Hilfe und Organisation einesNeuaufbaus im Katastrophenfall in Sachsen) und durch dieAllianz als Hauptversicherungsgeber zur Verfügung gestellt.Der private Bereich beinhaltet u.a. Schäden an Hausrat und

Wohngebäuden sowie Gebäuden, Maschinen und Anlagenprivater gewerblicher Unternehmen.

Phoenix ist eine Datenbank, die der Datenerfassung und -auswertung sowie der Koordinierung der Auszahlung vonstaatlichen Fördermitteln, Versicherungen und privatenSpenden an die sächsischen Flutopfer dient. In der Phoenix-datenbank erfolgte der Lagebezug der Schäden über Orts-und Straßenangaben. Für 2/3 der Datensätze wurden keineSchadenssummen angegeben.

Die Angaben zu Hochwasserschäden, die von der Allianz-versicherung zur Verfügung gestellt worden sind, wurden füreinen Abgleich mit den Phoenixdaten genutzt. Sie fallenbezogen auf die Gemeinden zum Teil deutlich geringer alsdie Angaben aus der Phoenixdatenbank aus. Bei den An-gaben der Allianz handelt es sich um real ausgezahlteFluthilfen. Nach Aussagen des Datenbankverwalters vonPhoenix hätten alle Versicherungsschäden in die Datenbankintegriert sein müssen. Das konnte nicht bestätigt werden,deshalb wurden in den Gemeinden, wo laut Phoenix zwarSchadensfälle aufgetreten sind, aber diese nicht beziffertwurden, die Schadenssummen der Allianz übernommen.

Die Gesamtsumme der privaten Schäden wird nach Aus-wertung der Phoenixdatenbank mit mindestens 208 Mio. €

beziffert. Die Allianz gibt eine Schadenshöhe von 188 Mio. €

in den Gemeinden des Untersuchungsgebietes an. NachAbgleich beider Datenbanken wird eine Schadenshöhe vonmindestens 240 Mio. € angenommen.

Abbildung 5-2: Verteilung der Schäden nach Schadensbereichen in den Einzugsgebieten von Biela, Gottleuba, Lockwitz-bach, Weißeritz, Wilde Sau, Triebisch und Ketzerbach

0

50

100

150

200

250

300

350

400

Biela Gottleuba Müglitz Lockwitz-bach

RoteWeißeritz

WildeWeißeritz

VereinigteWeißeritz

WildeSau

Triebisch Ketzerbach

Einzugsgebiet

Scha

dens

höhe

(Mio

. 4)

LandwirtschaftForstwirtschaftLiegenschaftenWasserwirtschaftStraßenDeutsche BahnPrivateigentumKommunen

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Tabelle 5-2 zeigt den Stand der ermittelten privaten Schädenaufgeschlüsselt auf die betrachteten Einzugsgebiete. Ob-wohl die Angaben die Höhe der privaten Schäden wahr-scheinlich unterschätzen, ist auch hier zu ersehen, dass in denFlusstälern von Müglitz und Weißeritz sowie an Lockwitz-bach und Gottleuba das Schadensausmaß am größten ist.

Tabelle 5-2: Gemeldete Schadenssummen an Privat-eigentum

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Biela 7

Gottleuba 33

Müglitz 30

Lockwitzbach 39

Rote Weißeritz 27

Wilde Weißeritz 9

Vereinigte Weißeritz 57

Wilde Sau 2

Triebisch 27

Ketzerbach 9

Gesamtgebiet 240

Schäden im kommunalen Bereich

Hierzu zählen u.a. Schäden an kommunalen Einrichtungen,wie Schulen und Krankenhäuser, Schäden an kommunalenStraßen und Brücken sowie Versorgungseinrichtungen. ImInformationssystem WASAX (Wieder-Aufbau der Infrastruk-tur der Gemeinden SAXchsens) erfolgte die Datenerfassungund -auswertung sämtlicher Schadens- und Bearbeitungs-daten des Wiederaufbaus, die im Förderverfahren bearbei-tet werden. Grundlage der nachfolgenden Auswertungen zuHochwasserschäden im Zuständigkeitsbereich der Kommu-nen sind die Daten der WASAX. Fast 500 Mio. € Schadenentstanden den Kommunen im Untersuchungsgebiet. Scha-densschwerpunkte sind auch hier die Weißeritz und Müglitzgewesen (siehe Tabelle 5-3).

Tabelle 5-3: Gemeldete Schadenssummen der Kommunen

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Biela 8

Gottleuba 35

Müglitz 60

Lockwitzbach 34

Rote Weißeritz 62

Wilde Weißeritz 30

Vereinigte Weißeritz 198

Wilde Sau 6

Triebisch 44

Ketzerbach 9

Gesamtgebiet 486

Im Einzugsgebiet der Vereinigten Weißeritz mit den StädtenFreital und Dresden beträgt die Summe der kommunalenSchäden rund 200 Mio. €. Allein von 192 kommunalen Ein-richtungen im Gesamtschadensgebiet waren 73 Einrichtun-gen in Freital und in Dresden betroffen, wie ein Vergleich derwichtigsten kommunalen Einrichtungen in Tabelle 5-4 zeigt.

Tabelle 5-4: Beispiele betroffener Einrichtungen im gesam-ten Schadensgebiet sowie Freital und Dresden

Schäden an öffentlichen Liegenschaften

Schäden an öffentlichen Liegenschaften betreffen insbeson-dere Einrichtungen der Landesverwaltung, dazu zählen u.a.Schlösser, Verwaltungsgebäude und Hochschulgebäude,aber auch öffentliche Parkanlagen. Die Schäden im Be-reich der Liegenschaften belaufen sich auf rund 38 Mio. €

(Tabelle 5-5). Fast die Gesamtheit der Schäden trat im Über-schwemmungsgebiet der Flüsse 1. Ordnung auf. Entlangder Wilden und Vereinigten Weißeritz und im Müglitztal ent-standen dabei die größten Schadenssummen, da sich hierdie staatlichen Liegenschaften, wie die Universitätsanlagenin Tharandt (Wilde Weißeritz), der Landtag und die Musik-hochschule in Dresden (Vereinigte Weißeritz) sowie dieSchlossanlage Weesenstein (Müglitz), befinden.

Tabelle 5-5: Gemeldete Schadenssummen an Liegenschaften

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Biela 0,06

Gottleuba 0,42

Müglitz 4,70

Lockwitzbach 0,33

Rote Weißeritz 0,43

Wilde Weißeritz 13,40

Vereinigte Weißeritz 17,12

Wilde Sau –

Triebisch 1,24

Ketzerbach 0,05

Gesamtgebiet 37,8

80

Kommunale

Einrichtungen

Anzahl der gemeldeten Schäden

im Gesamt-

schadens-

gebiet

davon in Dresden

+ Freital

Kindereinrich-tungen

51 15 29%

Schulanlagen 61 22 36%

Sportanlagen 47 8 17%

Pflegeheimeu. ä.

13 8 62%

Krankenhäuser 20 20 100%

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Schäden an Verkehrswegen

Bundes- und Staatsstraßen

Die Daten zu Hochwasserschäden an Straßen wurden vomSächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit(SMWA) zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei aus-schließlich um die betroffenen Bundes- und Staatsstraßen.Straßen, die im Aufgabenbereich der Kommunen liegen,wurden bei den kommunalen Schäden berücksichtigt. Etwa90% der Schäden an Bundes- und Staatsstraßen wurdendurch die Gewässer 1. Ordnung im Untersuchungsgebietverursacht. Schadensschwerpunkt mit über 40% der Scha-denssumme war das Einzugsgebiet der Roten Weißeritz(Tabelle 5-6). Die B170 entlang der Strecke von Dippoldis-walde bis Altenberg war auf Grund von Wiederaufbauarbei-ten fast ein Jahr lang für den Schwerlastverkehr gesperrt.Seit Mitte 2003 ist die Straße zwar wieder freigegeben,doch immer noch von Baustellen übersät. Allein für denWiederaufbau dieser Straße entlang der Roten Weißeritzwurden fast 13 Mio. € veranschlagt.

Tabelle 5-6: Gemeldete Schadenssummen des Straßen-baus an Bundes- und Staatsstraßen

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Biela 7

Gottleuba 6

Müglitz 28

Lockwitzbach 2

Rote Weißeritz 56

Wilde Weißeritz 11

Vereinigte Weißeritz 0,3

Wilde Sau 0,7

Triebisch 23

Ketzerbach 1

Gesamtgebiet 135

Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn AG ist das von der Flut am meistenbetroffene private Verkehrsunternehmen. Die geschädigtenBahnanlagen beschränken sich hauptsächlich auf die Müglitzund die Weißeritz (Tabelle 5-7). Es wurden Schäden an Gleis-anlagen, Stützmauern, Dämmen, Stellwerken, Weichen undBahnhofsgebäuden sowie Störungen an Telefon- und Strom-versorgungseinrichtungen gemeldet.

Tabelle 5-7: Gemeldete Schadenssummen der DeutschenBahn AG

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Müglitz 42

Rote Weißeritz 1

Wilde Weißeritz 12

Vereinigte Weißeritz 85

Gesamtgebiet 140

Weitere Bahnanlagen gibt es auch im Gebiet von Triebischund Ketzerbach, die aber vom Hochwasser nicht geschädigtwurden.

Schäden der Wasserwirtschaft

Zu den Schäden der Wasserwirtschaft werden alle Schädendirekt am Gewässer wie z.B. zerstörte Ufermauern und -befestigungen, Wehre, Absperrbauwerke, Böschungen undFlussbettverlagerungen gezählt. Die Schäden wurden imAuftrag der LTV in einer Datenbank zusammengefasst. Alleaufgenommenen Schäden haben einen konkreten Lage-bezug. Außerdem wurde die Datenbank um eine Doku-mentation der Schadensbeseitigung erweitert. Insgesamtentstanden Schäden in Höhe von mehr als 120 Mio. €,die sich nahezu gleichmäßig auf die Gewässer 1. (64 Mio. €)und 2. Ordnung (58 Mio. €) verteilen. Die Hauptschadens-regionen sind die Müglitz und die Rote Weißeritz (Ta-belle 5-8).

Tabelle 5-8: Gemeldete Schadenssummen in der Wasser-wirtschaft

Einzugsgebiet Schadenssumme in Mio. €

Biela 2

Gottleuba 13

Müglitz 35

Lockwitzbach 10

Rote Weißeritz 31

Wilde Weißeritz 13

Vereinigte Weißeritz 8

Wilde Sau 1

Triebisch 7

Ketzerbach 2

Gesamtgebiet 122

Tabelle 5-9 zeigt, dass ca. 156 km Uferlänge an Gewässern1. Ordnung geschädigt wurden, das entspricht einem Anteilvon 24% der gesamten Uferlänge dieser Gewässer. Indiesen Bereichen wurden insgesamt 1.457 Schadensfälle re-gistriert. Etwa 71% der insgesamt rund 156 km geschädig-ten Flussufer befinden sich an der Müglitz, an der Roten undVereinigten Weißeritz sowie an der Triebisch.

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Schäden in Land- und Forstwirtschaft

Die Schäden der Land- und Forstwirtschaft wurden von der Landesanstalt für Landwirtschaft zur Verfügung gestellt.Für das gesamte Untersuchungsgebiet wird eine Gesamt-schadenshöhe von 15 Mio. € abgeschätzt. Schadensschwer-punkte sind ebenfalls die Einzugsgebiete der Müglitz sowieder Roten und Wilden Weißeritz.

5.3 Bedeutung der dynamischen

und statischen

Überschwemmung

Das Hochwasser im August 2002 im Untersuchungsgebietwar durch eine dynamische Überschwemmung mit sehrhohen Fließgeschwindigkeiten und Feststofftransportprozes-sen gekennzeichnet. Im Gegensatz dazu war das Hochwas-ser an der Elbe durch einen vergleichsweise allmählichenAnstieg der Wassertiefe außerhalb des Gerinnes bestimmt.Extrem hohe Fließgeschwindigkeiten, wie in den Neben-flüssen, traten hier nicht auf.

Die Bedeutung der dynamischen und statischen Über-schwemmung soll im Folgenden am Beispiel der Stadt Dres-den dargestellt werden. Dabei werden Schäden aus ausge-wählten Bereichen, die durch das Elbhochwasser verursachtworden sind, den Schäden durch die Weißeritz und denLockwitzbach gegenübergestellt.

Insgesamt wurden 466 Mio. € Schaden an kommunalenEinrichtungen in Dresden gemeldet. Davon verteilen sich181 Mio. € auf die Überschwemmungsgebiete von Weiße-ritz und Lockwitzbach und 285 Mio. € auf Schäden durch dieElbe einschließlich der kleineren Stadtbäche. Werden dieseSummen in Beziehung zur Überschwemmungsfläche dereinzelnen Gewässer gesetzt, so kann für die Weißeritz undden Lockwitzbach ein Betrag von ca. 25 € Schaden pro m2

82

GewässerFlusslänge

in km

Uferlänge1)

in km

Anzahl

der Schäden

Geschädigte Ufer-

länge2) in km

Anteil

in %

Biela 4,00 8 27 0,84 11

Bahra 19,20 40 31 0,97 2

Mordgrundbach 11,90 25 15 1,00 4

Gottleuba 33,90 70 60 5,74 8

Bahre 6,80 15 34 1,52 10

Seidewitz 14,90 30 48 0,13 0

Müglitz 48,90 100 336 33,25 33

Lockwitzbach 25,90 50 173 10,47 21

Rote Weißeritz 35,40 70 223 26,75 38

Wilde Weißeritz 52,90 105 159 19,79 19

Vereinigte Weißeritz 14,20 30 56 22,95 77

Wilde Sau 10,70 20 30 1,06 5

Triebisch 32,60 65 216 28,14 43

Ketzerbach 12,40 25 49 3,02 12

Gesamt 323,70 653 1.457 155,63 24

1) Uferlängen abgeschätzt auf Grundlage der TK252) Angaben LTV Stand 15.09.2003

Tabelle 5-9: Geschädigte Flusskilometer an den Gewässern 1. Ordnung

EinzugsgebietForstwirtschaft

Mio. €

Landwirtschaft

Mio. €

Biela 0,39 –

Gottleuba 0,50 0,63

Müglitz 0,19 2,07

Lockwitzbach 0,03 1,55

Rote Weißeritz 2,94 0,66

Wilde Weißeritz 3,66 0,49

Vereinigte Weißeritz – 0,08

Wilde Sau – 0,28

Triebisch 0,72 0,26

Ketzerbach – 0,55

Gesamtgebiet 8,4 6,6

Tabelle 5-10: Gemeldete Schadenssummen in Forst-und Landwirtschaft

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Überschwemmungsfläche und für die Elbe ca. 11 €/m2 er-mittelt werden. Das heißt, der Schaden durch dynamischeÜberflutung war im Bereich der Stadt Dresden nahezu umdas 21/2-fache höher als bei der statischen Überflutungdurch die Elbe (Tabelle 5-11).

60% der Todesopfer in diesem Gebiet zu verzeichnen. Diesist einerseits auf die Nähe zum Niederschlagszentrum aberauch durch die Besonderheiten der Prozesse in den hieruntersuchten Gebirgsflüssen zurückzuführen, wie sie in denKapiteln 3 und 4 erläutert werden.

Das verdeutlicht auch der Vergleich der dynamischen undstatischen Überschwemmung im Stadtgebiet von Dresden,wo die Schäden durch die dynamische Überschwemmungbezogen auf die Überschwemmungsfläche wesentlich höherausgefallen sind.

Schadens-

bereich

Schäden

durch Elbe

in €/m2

Schäden durch

Lockwitzbach

und Vereinigte

Weißeritz

in €/m2

Schadens-

verhältnis

Kommunen 11 25 1:2,3

Privateigentum 2 9 1:4,5

Tabelle 5-11: Vergleich von Schäden durch Elbe undderen Nebenflüsse in € pro m2 Über-schwemmungsfläche am Beispiel der kommunalen Schäden und der privatenSchäden im Stadtgebiet von Dresden

Im Stadtgebiet Dresden werden Privatschäden derzeit vonca. 117 Mio. € abgeschätzt. Nach den vorliegenden Daten istauch für diesen Bereich zu erkennen, dass über die Hälfteder Schäden durch das Hochwasser von Lockwitzbach undWeißeritz entstanden sind.

In Dresden wurden durch Überschwemmung viele kom-munale Straßen geschädigt. Allein durch das Weißeritz- und Lockwitzbachhochwasser (Überschwemmungsflächevon ca. 730 ha) entstanden Straßenschäden von 53 Mio. €.Das Elbhochwasser (Überschwemmungsfläche ca. 2.500 ha) verursachte dagegen nur Schäden in der Größenordnungvon 45 Mio. €.

5.4 Zusammenfassung

Im Untersuchungsgebiet sind insgesamt Schäden von über1 Mrd. € aufgetreten. Besonders betroffen waren dabei dieTäler der Weißeritz und der Müglitz, welche beide einer-seits dicht besiedelt sind und andererseits im Zentrum des Starkniederschlags vom August 2002 lagen. Die Schadens-summe wurde aus über 10.000 Einzelschäden in den ver-schiedenen Bereichen ermittelt und dem jeweiligen Fluss-gebiet zugeordnet.

Besonders stark betroffen waren die Kommunen sowie dasPrivateigentum, welche über 40% bzw. mindestens 20%der gesamten Schäden verzeichneten. Ebenfalls stark be-troffen waren die Verkehrsträger Bahn und Straße sowie die Wasserwirtschaft, die je ca. 10% des Gesamtschadensausmachten. Nur von untergeordneter Bedeutung sind dieSchäden an Forst- und Landwirtschaft.

Obwohl der Anteil der Überschwemmungsfläche des Unter-suchungsgebietes nur 8,5% der überschwemmten FlächeSachsens ist, sind über 15% der finanziellen Schäden und

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6.1 Inhalt und Organisation

des Hochwassernachrichten-

dienstes

Ziel des Hochwassernachrichtendienstes ist es, den mit derHochwasserabwehr beauftragten Behörden die rechtzeitigeEinleitung operationeller Maßnahmen zum Hochwasserschutzzu ermöglichen. Dazu dienen die Gewinnung und Übermitt-lung aller Daten, die die Entstehung, den zeitlichen Verlauf

und die räumliche Ausdehnung von Hochwasserereignissencharakterisieren. Inhalt und Organisation des Hochwasser-nachrichtendienstes sind in der Hochwassernachrichten-dienstverordnung (HWNDV)1) bzw. der Hochwassermelde-ordnung (HWMO)2) des Freistaates Sachsen geregelt. Haupt-bestandteil des Hochwassernachrichtendienstes sind nebenmeteorologischen Daten und Informationen Hochwasser-standsmeldungen und Hochwasserberichte. Letzteres sindbewertete Informationen über das Hochwassergeschehen,insbesondere über dessen weitere Entwicklung.

85

6 Hochwassermeldesystem

Abbildung 6-1: Einzugsgebiete im Freistaat Sachsen und Hochwassermeldepegel

1) Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über den Hochwassernachrichtendienst im Freistaat Sachsen (HWNDV) vom 14.10.1993, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 22.04.2003

2) Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Hochwassermeldeordnung (HWMO) vom 20.11.1993; Die Anlagen 1 bis 6 der HWMO werden in unregelmäßigen Abständen aktualisiert und im Sächsischen Amtsblatt in der jeweils gültigen Fassung veröffentlicht

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Der Hochwassernachrichtendienst erfolgt für ausgewählte,in der HWMO festgeschriebene Gewässer folgender Fluss-gebiete im Freistaat Sachsen: Elbestrom, Nebenflüsse derOberen Elbe, Schwarze Elster, Zwickauer, Freiberger undVereinigte Mulde, Weiße Elster, Spree und Lausitzer Neiße(siehe Abbildung 6-1). Im August 2002 wurde der Hoch-wassernachrichtendienst entsprechend diesen gültigenRegelungen durchgeführt.

6.2 Hochwasserstandsmeldungen

Im betrachteten Gebiet werden 18 Hochwassermelde-pegel betrieben. Von diesen 18 Pegeln werden währendHochwassersituationen in Abhängigkeit vom erreichtenWasserstand bzw. zu festgelegten Terminen entsprechendMeldungen über aktuelle Messwerte abgesetzt. In Abbil-dung 6-2 sind die Standorte der Hochwassermeldepegeldargestellt.

Entsprechend den örtlichen Gegebenheiten werden in Sach-sen für Hochwassermeldepegel jeweils vier Alarmstufen-richtwerte festgelegt, bei denen in den betroffenen Fluss-abschnitten durch die für die Hochwasserabwehr Zuständigenbestimmte Maßnahmen und Handlungen durchzuführensind. Dabei werden die Wasserstände am Pegel für die ein-zelnen Alarmstufen grundsätzlich so bestimmt, dass bei ihrer

Überschreitung folgende Situationen für das Hochwasser-gebiet charakteristisch sind:

Alarmstufe 1 – Meldedienst:Wasserstand kurz vor der Ausuferung der Ge-wässer.

Alarmstufe 2 – Kontrolldienst:Beginn der Überschwemmung land- oderforstwirtschaftlicher Flächen, Grünflächeneinschließlich Gärten sowie einzeln stehen-der Gebäude oder leichte Verkehrsbehin-derung auf Straßen und Notwendigkeit derSperrung von Wegen.

Alarmstufe 3 – Wachdienst:Beginn der Überschwemmung von Teilenzusammenhängender Bebauung oder über-örtlicher Straßen und Schienenwege; bei Voll-deichen (Winterdeichen) Wasserstand etwa inhalber Deichhöhe, Vernässung von Polder-flächen durch Drängewasser.

Alarmstufe 4 – Hochwasserabwehr:Beginn der Überschwemmung größerer be-bauter Gebiete mit sehr hohen Schäden,unmittelbare Gefährdung für Menschen undTiere; Wasserstände bei Volldeichen im Frei-bordbereich oder unmittelbare Gefahr von Voll-deichbrüchen.

86

Abbildung 6-2: Hochwassermeldepegel im Untersuchungsgebiet der linken Nebenflüssen der Oberen Elbe

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Hochwassermeldepegel werden im Auftrag des Landes-amtes für Umwelt und Geologie durch die Staatliche Um-weltbetriebsgesellschaft betrieben.

Von den 18 Hochwassermeldepegeln im Untersuchungs-gebiet waren 14 mit Datenfernübertragungstechnik aus-gerüstet und verfügten über einen automatischen Mess-wertansager. Ein Schreibpegel hatte keine DFÜ. Drei Pegelwaren zum Zeitpunkt des Hochwassers nur mit einer Pegel-latte ausgerüstet.

Die Informationen der DFÜ-Pegel wurden in der Landes-hochwasserzentrale für Hochwasserwarnungen und -infor-

Tabelle 6-1: Zusammenstellung der Hochwassermeldepegel im Untersuchungsgebiet und die Anzahl der abgesetztenHochwasserstandsmeldungen am 12. bis zum 13.08.

mationen weiter verarbeitet. Ab Überschreiten der Hoch-wassermeldegrenze wurden durch Pegelbeobachter Was-serstandsmeldungen in Abhängigkeit festgelegter Schwel-lenwerte telefonisch direkt in ein automatisches Verteiler-system eingegeben, welches diese Informationen sofort perFax an alle Empfänger entsprechend HWMO weiterleitete.Zusätzlich waren die Pegelwerte im Internet veröffentlicht.

Allein zwischen dem 12. August und dem 14. August wur-den für alle vom Hochwasser betroffenen Flussgebiete in Sachsen 7.300 Hochwasserstandsmeldungen erstellt. Ca. 750 dieser Faxnachrichten konnten an die Betroffenen(z.B. Talsperrenmeisterei Gottleuba-Weißeritz, Landratsamt

Pegel Gewässer

Anzahl der ab-

gesetzten Hoch-

wasserstands-

meldungen

größter

gemeldeter

Messwert

Scheitel-

wasserstandBemerkungen

12.08. 13.08. [cm] [AS] [cm] [AS]

Bielatal 1 Biela – – – – 173 4 Beobachter nicht vor Ort

Cunnersdorf 1CunnersdorferBach

2 5 152 4 154 4 Meldung korrekt

Neundorf Gottleuba 1 – 200 3 250 4 technische Probleme, Meldung unvollständig

Markersbach Bahra 6 2 96 2 99 2 Meldung korrekt

Liebstadt 1 Seidewitz 2 – 82 2 251 4 Pegel zerstört

Lauenstein 2 Müglitz 3 – 195 2 – – Pegel nicht erreichbar

Mühlbach Müglitz 3 – 200 3 – – Pegel nicht erreichbar, Beobachter evakuiert

Geising 1 Rotes Wasser 3 1 160 4 167 4 Beobachter nur teilweise vor Ort,Meldung unvollständig

Kreischa Lockwitzbach 7 1 180 4 197 4 Meldung korrekt

Hainsberg 4 VereinigteWeißeritz 4 1 235 4 505 4 Beobachter nur teilweise vor Ort,

Meldung unvollständig

Rehefeld 1 Wilde Weißeritz 2 – 131 2 150 3 Beobachter teilweise nicht vor Ort,Meldung unvollständig

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz – – – – 251 4 Pegel nicht erreichbar

Schmiedeberg 1 Rote Weißeritz 1 – 121 2 380 4 Pegel nicht erreichbar, Beobachter evakuiert

Hainsberg 1 Rote Weißeritz – – – – k.A. 4 Pegel zerstört

Wilsdruff Wilde Sau – – – – 309 4 Pegel nicht erreichbar

Herzogswalde Triebisch 1 – 140 2 209 3 Beobachter nur teilweise vor Ort,Meldung unvollständig

Munzig 1 Triebisch – – – – 367 4 Pegel nicht erreichbar

Ziegenhain Ketzerbach 5 6 280 4 280 4 Meldung korrekt

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Freital, Gemeinde Glashütte) nicht versandt werden, da eszu ständigen Besetztfällen bzw. Stromausfall beim Empfän-ger kam. Teilweise war aber auch ein Erstellen der Hoch-wasserstandsmeldungen nicht möglich, da auf Grund derextrem reißenden Wasserführung ein Ablesen des Wasser-standes lebensgefährlich bzw. die Pegelstation bereits zer-stört war. Vereinzelt kam es auch zu Fehlverhalten der Beob-achter (Tabelle 6-1).

Von den insgesamt 18 Hochwassermeldepegeln im Unter-suchungsgebiet fielen vom 12. zum 13. August an fünf Pegelndie Datenfernübertragung wegen Strom- oder Telefonnetz-ausfall aus, zwei Pegel wurden durch die Wasser- undGeschiebemassen völlig zerstört und ein Pegel von denGeschiebemassen total überlagert. Von weiteren drei Pegelnlagen nur kurzzeitig bzw. keine Informationen vor, da sie nichtmehr erreichbar waren bzw. die Beobachter evakuiert wurden.

In der Tabelle 6-1 sind die von den Pegelbeobachtern am 12. und 13. August abgesetzten Meldungen zusammen-gestellt. In der Abbildung 6-3 sind diese Meldungen der lautHWMO vorgeschriebenen Anzahl gegenübergestellt. Von 18Pegelbeobachtern haben vier Beobachter korrekt gemeldet,fünf Beobachter konnten nur unvollständig und ein Beob-achter keine Meldung absetzen, acht Beobachter erreichtenihre Pegel nicht mehr bzw. die Pegel waren zerstört.

Insgesamt sind am 12. August von den Pegelbeobachtern40 von 76 Wasserstandsmeldungen abgesetzt worden, am13. August nur noch 16 von 68 Meldungen.

6.3 Hochwasserberichterstattung

Während des Hochwassers im August 2002 existierten imFreistaat Sachsen die Landeshochwasserzentrale im LfUGsowie drei Regionale Hochwasservorhersagezentralen in den Staatlichen Umweltfachämtern in Bautzen, Chemnitz undLeipzig. Für die Herausgabe von Hochwasserwarnungen bzw.-vorhersagen für das Flussgebiet Nebenflüsse der OberenElbe war die Landeshochwasserzentrale zuständig.

Im Zeitraum vom 11. August bis zum 16. August 2002 sind für die Nebenflüsse der Oberen Elbe zwei Hochwasserwar-nungen und acht Hochwasserinformationen herausgegebenworden. Dabei wurde vor Hochwasser gewarnt, der aktuelleHochwasserablauf beschrieben und die weitere Entwicklungdes Hochwassers mittels der Alarmstufen (AS) abgeschätzt.Auf Grund der relativ geringen Einzugsgebietsgrößen warendabei nur grobe Abschätzungen zur Abflusssituation aus-gehend von Niederschlagsprognosen und der aktuellenWasserführung möglich.

Die erste Hochwasserwarnung für die Nebenflüsse der Obe-ren Elbe erfolgte am Sonntag, den 11. August, gegen 18:00 Uhrnach einer Vorwarnung des Deutschen Wetterdienstes vorergiebigen Regen von 40 bis 60, stellenweise über 80 mm,gültig vom 12. August bis zum 13. August für Sachsen. Fürdas Flussgebiet wurde vor einem schnellen Ansteigen derWasserführung und dem Überschreiten der Alarmstufen ge-warnt. Eine detaillierte Beurteilung war wegen der zu diesemZeitpunkt vorliegenden Informationen nicht möglich.

88

0

2

4

6

8

10

12

14

BielaCunnersdorfer Bach

Gottleuba

BahraSeidewitz

Müglitz

Lockwitzbach

Vereinigte Weißeritz

Wilde Weißeritz

Rote Weißeritz

Wilde Sau

Triebisch

Ketzerbach

Anza

hl d

er H

WW

Anzahl der HWW am 12.08. (Soll)

Anzahl der HWW am 13.08. (Soll)

Anzahl der HWW am 12.08. (Ist)

Anzahl der HWW am 13.08. (Ist)

Abbildung 6-3: Anzahl der abgesetzten Hochwasser-Wasserstandsmeldungen (HWW) in den betrachteten Gewässern am 12.08. und 13.08.

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Bei der nächsten Berichterstattung am Montag, den12. August, gegen 09:30 Uhr war nur sehr vereinzelt in denOberläufen die Alarmstufe 1 überschritten. Auf Grund derNiederschlagsvorhersage, es wurden Regenmengen zwi-schen 70 und 120 mm vom DWD prognostiziert, und denbereits gefallenen Niederschlagsmengen (Station Zinnwald68 mm) wurde die Hochwasserwarnung vom 11. Augustnochmals bekräftigt und vor dem Erreichen der Alarmstufen 3 und 4 im gesamten Flussgebiet gewarnt.

Mit der Berichterstattung am 12. August, 15:00 Uhr erfolgteeine Beschreibung der aktuellen Situation mit den vorliegen-den Informationen. Die Wasserführung in den Oberläufenbefand sich im Bereich der Alarmstufen 3 bis 4 und es wurdeweiter eine steigende Tendenz abgeschätzt. In der Informa-tion um 20:00 Uhr wurde das Überlaufen der Talsperre Malterangekündigt und nochmals vor einem weiteren Anstieg derWasserführung im gesamten Flussgebiet gewarnt.

Seit den Mittagsstunden des 12. August brachen nach undnach die Verbindungen zu den Pegeln an der Müglitz und ander Wilden Weißeritz teilweise sowie an der Roten Weiße-ritz vollständig ab. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Situationdurch die Landeshochwasserzentrale nicht mehr präzise fürdie Nebenflüsse der Oberen Elbe eingeschätzt werden. Diesinsbesondere deshalb, weil für die Vorhersagen in der Regeldie letzten übermittelten Werte verwendet werden mussten,die die aktuelle Situation teilweise in keiner Art und Weise

mehr widerspiegelten. Das führte dazu, dass die Situationtendenziell unterschätzt wurde.

Wichtige Grundlage für Hochwasservorhersagen, insbe-sondere für kleinere Flusseinzugsgebiete wie im Unter-suchungsgebiet, sind Daten und Informationen des Deut-schen Wetterdienstes. Für den Hochwassernachrichtendienststellt der DWD dem LfUG außer Wetterberichten, Wetter-warnungen und Unwetterwarnungen für das Untersuchungs-gebiet derzeit Messwerte von 12 synoptischen Nieder-schlagsstationen des DWD einschließlich der Schwellwert-meldungen bei gefallenen Niederschlägen von mehr als 15 bzw. 25 mm zur Verfügung. Während des Hochwasser-ereignisses war dieser Dateneingang nicht vollständig undvor allem nicht immer zeitnah. Die Niederschlagsvorhersagenwaren räumlich kaum konkret, in ihrem Informationsgehaltbegrenzt und hinsichtlich Niederschlagsmenge und -intensitätnicht präzise sowie teilweise widersprüchlich. Besonders am12. August wurde die Lage vom DWD unterschätzt. In derUnwetterwarnung des DWD an diesem Tag, gültig vom12. August, 12:00 Uhr bis 24:00 Uhr, wurde vor ergiebigemNiederschlag in ganz Sachsen in Höhe von 20 bis 40 mmgewarnt. Gefallen sind in diesem Zeitraum in Zinnwald jedoch219 mm und in Dresden 96 mm.

In der Abbildung 6-4 sind der zeitliche Ablauf der Herausgabeder Unwetterwarnungen des DWD und der Hochwasser-warnungen des LfUG sowie die Niederschlagsverteilung aus-

0

10

20

30

40

50

1-St

unde

n-N

iede

rsch

lags

sum

me

[mm

]

AusgewählteNiederschläge

Pegel Geising/Rotes WasserPegel Kreischa/LockwitzbachPegel Hainsberg 3/Wilde WeißeritzPegel Wilsdruff/Wilde SauPegel Munzig 1/TriebischPegel Ziegenhain/Ketzerbach

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 4

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 3

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 2

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 1

Wasserführung unterhalb der Hochwassergrenze

HW-Warnung des LfUG vom 11.08., 18:00 Uhr

HW-Warnung des LfUG vom 12.08. 09:30 Uhr

HW-Warnung des LfUG vom 12.08., 15:00 Uhr

HW-Warnung des LfUG vom 12.08., 20:00 Uhr

Vorwarnung des DWD zur Unwetterwarnung vor ergiebigem Niederschlag gültig vom 12.08., 06:00 Uhr bis 13.08., 24:00 Uhr(Herausgabe 11.08., 13:59 Uhr)

Unwetterwarnung des DWD vor ergiebigem Niederschlag gültig vom 12.08., 00:00 Uhr bis 12.08., 12:00 Uhr(Herausgabe 11.08., 23:08 Uhr)

Unwetterwarnung des DWD vor ergiebigem Niederschlag gültigvom 12.08., 12:00 Uhr bis 12.08., 24:00 Uhr (Herausgabe 12.08., 11:49 Uhr)

11.08.12:00

11.08.18:00

12.08.00:00

12.08.06:00

12.08.12:00

12.08.18:00

13.08.00:00

Abbildung 6-4: Darstellung der Wasserstandsanstiege im Bereich der Alarmstufen und Herausgabe der Unwetterwarnungendurch den DWD und Hochwasserwarnungen durch das LfUG

Page 86: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

gewählter Stationen und der Wasserstandsanstieg im Bereichder Alarmstufen für ausgewählte Pegel zusammengefasst dar-gestellt.

Ein weiteres Problem für das Abschätzen der Hochwasser-entwicklung waren die Wasserstands-Durchfluss-Beziehun-gen der Pegel, die nur vage in die hohen Wasserstands-bereiche extrapoliert werden konnten. Für die Pegel konntendie Abflüsse nicht mehr beurteilt werden, um ge-gebenenfalls historische Hochwasserereignisse wie 1927,1954, 1957 oder 1958 zur Einschätzung der Lage heran-zuziehen.

6.4 Meldewege und

Kommunikationsmittel

Während des Hochwassers im August 2002 wurden allehochwasserrelevanten Informationen hauptsächlich per Fax,aber auch via Telefon und Internet verteilt. Als Vermittlungs-stelle für die einzelnen Hochwasserstandsmeldungen sowiedie Daten und Informationen des Deutschen Wetterdienstesfungierte dabei die bei der UBG eingerichtete Meldezentrale.Auch die von den Vorhersagezentralen erarbeiteten Hoch-wasserberichte wurden entsprechend Hochwassermelde-ordnung per Fax versandt.

In Abbildung 6-5 sind die Meldewege der Hochwasser-standsmeldungen und Hochwasserberichte schematisch dar-gestellt.

Die Verteilung der Hochwasserberichte, die entsprechendHWMO über die Regierungspräsidien an die zuständigenLandkreise erfolgte, erwies sich bei der Nachrichtenüber-tragung als wesentliche Schwachstelle, da es bei diesemÜbermittlungsweg objektiv zu Zeitverzögerungen zwischendem Absetzen des Berichtes und dem Eintreffen bei den fürdie Hochwasserabwehr zuständigen Behörden kam. Insbe-sondere durch die relativ kurzen Reaktionszeiten, teilweisestiegen innerhalb von zwei Stunden die Wasserstände vonder Alarmstufe 1 bis zur Alarmstufe 4 (Tabelle 6-2), wurdendurch diesen Zeitverzug die Hochwasserinformationen vonden Geschehnissen vor Ort überholt.

Eine im Dezember 2003 durchgeführte Meldeübung hat ge-zeigt, dass ein Hochwasserbericht im günstigsten Fall inner-halb einer halben Stunde in der zuständigen Institution seinkann, im ungünstigsten Fall erst in vier Stunden.

Erschwerend kam hinzu, dass nicht alle Empfänger von Hoch-wassernachrichten die übermittelten Informationen richtigbewerten konnten. Nach Angaben einzelner Landratsämterseien die Angaben zu fachspezifisch und diffus gewesen(KIRCHBACH, 2003).

90

Umweltbetriebsgesellschaft (UBG)

Erstellung und Weiterleitung vonHochwasserstandsmeldungen

Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG)Landeshochwasserzentrale

und regionale HochwasserzentrenStUFA Leipzig StUFA Chemnitz StUFA Bautzen

Erstellung und Weiterleitungvon Hochwasserstandsberichten

Landestalsperrenverwaltung

StUFA

Wasser- und Schifffahrtsverwaltung

Polizeidirektion

Nachbarländer

Regierungs-

präsidium

SMULLagezentren der SMI

Wasser- und SchifffahrtsverwaltungLandestalsperrenverwaltung

StUFANachbarländer

UBA

Landratsämter/Leitstellen · Kreisfreie Städte

Gemeindeverwaltungen

Besitzer gefährdeter Grundstücke, Gebäude und Anlagen

Einrichtungen, die für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheitund Ordnung zuständig sind (z.B. Wasserwehr)

Abbildung 6-5: Meldewege der Hochwassernachrichten im August 2002

Page 87: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

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6.5 Zusammenfassung

Grundvoraussetzung für eine zeitgerechte Vorwarnung undWarnung von Behörden und Bevölkerung ist das Vorliegenvon Informationen zum Niederschlags- und Abflussgesche-hen in den Einzugsgebieten. Wegen der kurzen Anstiegs-zeiten der Wasserführung in den hier untersuchten Ge-bieten, kann eine Hochwasserwarnung oder -information,welche dem Ereignis mehr als einige Stunden voraus läuft,einzig auf Grund einer Niederschlagsprognose erfolgen. DieQualität dieser Hochwasserinformation hängt deshalb weit-gehend von der zeitlichen und räumlichen Präzision derNiederschlagsvorhersage ab.

Hochwasserwarnungen und -informationen, welche auchPegelmessungen und Niederschläge berücksichtigten, wur-den ab dem 11. August abgegeben. Es bleibt festzuhalten,dass die Hochwasserberichterstattung rechtzeitig erfolgteund den aktuellen Stand der Situation korrekt wiedergab. Da Informationen teilweise fehlten oder ungenau waren,wurde das Hochwassergeschehen allerdings tendenziellunterschätzt.

Obwohl bei der Herausgabe der Hochwasserwarnung vom12. August, 09:30 Uhr die Alarmstufe 1 im betroffenen Ge-biet nur vereinzelt überschritten war, vergingen teilweise nurwenige Stunden bis die Alarmstufe 4 erreicht wurde. Dieenorm schnellen Reaktionszeiten zeigen sich auch darin, dassmit Ausnahme des Roten Wassers und der stark durch Tal-sperren beeinflussten Gottleuba weniger als sechs Stundenbis zum Erreichen der Alarmstufe 4 vergingen (Tabelle 6-2).

Neben dem tendenziellen Unterschätzen des Ausmaßesdes Hochwassers wies die Hochwasserberichterstattungvor allem eine Schwachstelle auf: Auf den weit verzweigten

Meldewegen, wie in Abbildung 6-5 zu erkennen, ergabensich zahlreiche Verspätungen und teilweise auch Unterbre-chungen. Auf Grund dieser Tatsache konnten die Katastro-phenschutzbehörden nicht mit einem so großen Zeitvorlaufgewarnt werden, dass es möglich gewesen wäre, recht-zeitig wirksamere Maßnahmen zur Hochwasserabwehr zuplanen und durchzuführen.

Zu dem erwähnten Ausfall von Messstellen kam erschwe-rend hinzu, dass die Abflüsse teilweise jene um ein mehr-faches übertrafen, die dem Richtwert einer Alarmstufe 4entsprechen. Mit den standardisierten Abläufen, die vorallem auf kleinere und häufigere Hochwasser ausgerichtetwaren, konnte dieser Tatsache nicht Rechnung getragenwerden. Maßgeblich erschwert wurde der Umgang mit demHochwasser 2002 sowohl in der Hochwasserzentrale alsauch vor Ort dadurch, dass die Erfahrung mit einemHochwasser im Ausmaß jenes im August 2002 weitgehendfehlte.

Aufbauend auf der hier vorliegenden Schwachstellenanalysewerden in Kapitel 10 die grundsätzlichen Grenzen der Hoch-wasserwarnungen in den Nebenflüssen der Oberen Elbeaufgezeigt und im Nachgang zum Hochwasser vom August2002 durchgeführte oder noch geplante Anpassungen undVerbesserungen erläutert.

Tabelle 6-2: Ausgewählte Hochwassermeldepegel und ihre Anstiegszeiten zwischen Alarmstufe 1 bis Alarmstufe 4

Pegel GewässerWasserstand in cm Zeit in Stunden zwi-

schen AS1 und AS4AS1 AS2 AS3 AS4 Scheitel

Liebstadt Seidewitz 50 80 110 140 251 51)

Neundorf Gottleuba 130 160 190 220 250 20

Geising 1 Rotes Wasser 40 90 115 140 162 12

Kreischa Lockwitzbach 40 80 120 160 197 6

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz 50 90 130 150 251 4

Schmiedeberg 1 Rote Weißeritz 60 100 160 200 380 51)

Hainsberg 4 Vereinigte Weißeritz 135 160 185 210 506 3

Wilsdruff Wilde Sau 130 160 190 220 309 51)

Munzig Triebisch 110 140 200 260 367 21/4

Ziegenhain Ketzerbach 110 135 160 185 280 31)

1) aus N-A-Modellierung

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93

7.1 Der Dammbruch von Glashütte

Referat Wasserbau, Landestalsperrenverwaltung des Frei-staates Sachsen

7.1.1 Einleitung

Während des Augusthochwassers kam es wie in weiten Ge-bieten Sachsens auch in dem westlich der Stadt Glashüttegelegenen Tal der Brießnitz zu einem Starkregenereignis.Auf Grund der großen Intensität des Niederschlags fülltesich das oberhalb der Stadt gelegene Rückhaltebecken insehr kurzer Zeit. In der weiteren Folge kam es zum Über-strömen und letztendlich zur Zerstörung des Dammes. Un-mittelbare Folge war die Ausbildung einer Flutwelle die sichdurch die Stadt Glashütte bewegte.

7.1.2 Geschichtliches

Das Hochwasserrückhaltebecken Glashütte wurde in den Jah-ren 1951 bis 1953 errichtet. Anlass zum Bau waren schwereUnwetter in den Jahren 1934 und 1948 die zu Überschwem-mungen im Stadtgebiet von Glashütte führten. Die Planun-gen wurden im Jahre 1949 aufgenommen.

7.1.3 Beschreibung der Anlage

Das Hochwasserrückhaltebecken Glashütte befindet sich ander Brießnitz, knapp einen Kilometer oberhalb der StadtGlashütte (siehe Abbildung 7-1). Das Einzugsgebiet umfasstdie Brießnitz und den Johnsbach und hat eine Größe vonungefähr 10 km2. Der Beckeninhalt beträgt etwa 50.000 m3.

Bei dem Becken handelt es sich um ein sogenanntes „grü-nes Becken”. Das heißt, dass es im Normalfall leer ist underst bei Überschreitung eines bestimmten Zuflusses einge-staut wird. Der Abfluss des Wassers erfolgt bis der Wasser-spiegel die Oberkante der Hochwasserentlastungsanlageerreicht ausschließlich durch einen im Damm vorhandenenStollen. Dieser ist aus Natursteinen gemauert und hat einen1,7 m2 großen Querschnitt. Zur Begrenzung des maximalenAbflusses auf ca. 7 m3/s ist in den Stollen eine Blende ein-gebaut. Eine Abflussregulierung über Armaturen oder sons-tige Einrichtungen ist nicht vorgesehen.

Ist das Becken gefüllt und der Zufluss größer als die Abgabedurch den Entlastungsstollen, erfolgt die Abführung des über-

schüssigen Wassers über die am rechten Hang vorhandeneHochwasserentlastungsanlage (HWE). Sie besteht auseinem breitkronigen Überfall von 5,5 m Breite und siebenanschließenden Kaskadenstufen von je 1 m Höhe. Die Kas-kaden dienen der Energieumwandlung.

Von der Bauart her ist der Absperrdamm ein „homogenerDamm“. Das heißt, dass er im Wesentlichen aus einem Erd-stoff geschüttet ist und keine separaten Dichtungen vorhan-den sind. Die Abdichtung erfolgt bei dieser Art Damm durchden gesamten Dammkörper. Laut Planung war im Damm-fußbereich auf der Luftseite eine gröbere Schüttung als Fil-ter vorgesehen. Dieser konnte jedoch nach Untersuchungenam zerstörten Damm nicht identifiziert werden. Der Dammhat in Talmitte eine Höhe von ca. 9 m. Die Böschung derWasserseite hat eine Neigung von 1:2 und ist von einerGrasnarbe bedeckt. Die Böschung der Luftseite ist im obe-ren Bereich 1:2 und im unteren Bereich 1:3 geneigt. Sie istebenfalls von einer Grasnarbe bedeckt.

Der Freibord (Abstand zwischen Oberkante Hochwasser-entlastung und Oberkante Damm) beträgt 80 cm.

Abbildung 7-1: Einzugsgebiet mit Sperrstelle

7 Fallbeispiele

Page 89: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

7.1.4 Beschreibung der Vorgänge am 12. August 2002

Gegen 09:10 Uhr begann der Einstau des Beckens. Ein Ver-setzen des Einlaufrechens vor dem Entlastungsstollen wurdenicht beobachtet. Um 11:30 Uhr wurden 2 m über und 2 mneben dem Auslassbauwerk Wasseraustritte beobachtet. Dasaustretende Wasser war klar und es wurden keine Boden-teilchen mitgespült. Wahrscheinlich gegen 13:00 Uhr war dasRückhaltebecken bis zur Oberkante der HWE gefüllt.

Zwischen 14:45 Uhr und 15:45 Uhr wurde beobachtet, dassdie Krone überströmt wird. Die Überströmung erfolgte un-gleichmäßig; im Bereich der HWE in dm-Höhe und im Bereichder Straßenseite in cm-Höhe. Am luftseitigen Dammfuß wur-den starke Erosionen beobachtet. An der Dammkrone hattesich unmittelbar neben der HWE eine ca. 3 bis 5 m breiteErosionsscharte ausgebildet. Des Weiteren hatte sichSchwemmgut vor der Hochwasserentlastung angesammelt.Bei dem Schwemmgut handelte es sich um zwei transpor-table Toiletten sowie um Bretter und Bäume.

94

Abbildung 7-2: Abfluss durch die Dammscharte um 16:10 Uhr(Foto: LTV, 2002)

Abbildung 7-3: Abfluss durch die Dammscharte um 16:20 Uhr(Foto: LTV, 2002)

Abbildung 7-5: Dammbruchstelle nach dem Hochwasser(Foto: LTV, 2002)

1 : 2

1 : 2

380,0 m ü.NN

388,7 m ü.NN

~ 21 m

~ 5 m

5,50 m

N

387,9 m ü.NN

~ 8,70 m

Abbildung 7-4: Grundriss und Schnitt durch den gebroche-nen Damm (BORNSCHEIN und POHL, 2003)

Etwa um 16:00 Uhr begann der eigentliche Bruch des Dam-mes. Bereits 16:10 Uhr war der Abfluss durch die sich aus-bildende Dammscharte so groß, dass der Wasserstand schonunter der Dammkrone lag und der größte Teil des Abflussesdurch die Scharte stattfand (Abbildung 7-2).

Bereits um 16:20 Uhr (Abbildung 7-3) hatte sich eine tiefeScharte gebildet und um 16:40 Uhr war das Becken leer. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Damm auch bis zur Fels-aufstandsfläche erodiert.

Die in den Damm erodierte Bresche war am Fuß ca. 5 m breitund hatte in Höhe der Dammkrone eine Breite von rund 21 m.Die Tiefe betrug ca. 8,70 m (siehe Abbildungen 7-4 und 7-5).

Der maximal aufgetretene Abfluss am Damm wurde durchBORNSCHEIN und POHL (2003) mit ca. 100 m3/s ermit-telt. Die Abflusssteigerung in der Müglitz unmittelbar hin-ter der Brießnitzmündung bestimmten sie zu ca. 50 m3/s(siehe Abbildung 7-6).

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7.1.5 Schadensursachen

Primäre Schadensursache

Primäre Schadensursache war das Überströmen des Dam-mes. Es wurde möglich, da nachdem das Becken gefülltwar, der Zufluss noch größer als die durch die Entlastungs-einrichtungen (Entlastungsstollen und Hochwasserentlastung)abzugebende Durchflussmenge war. Begünstigt wurde dasÜberströmen durch das Versetzen der Hochwasserentlas-tung (siehe Abschnitt 7.1.4).

Sekundäre Schadensursache

Der Damm wurde wahrscheinlich durch zwei Formen derErosion zerstört. Die entscheidende und auch während derZerstörung genau zu beobachtende war die Oberflächen-erosion. Wie in Abschnitt 7.1.4 beschrieben, begann dieseErosion am luftseitigen Dammfuß und bewegte sich vondort auf die Krone zu (rückschreitende Erosion). Der Beginnam Dammfuß lässt sich aus der an dieser Stelle größtenFließgeschwindigkeit des Wassers erklären.

Die zweite Form der Erosion (innere Erosion) konnte nichtunmittelbar beobachtet werden, ist aber auf Grund von Be-obachtungen sehr wahrscheinlich. Für die innere Erosionsprechen folgende Sachverhalte: Der Damm war entgegender Planung nicht konsequent als homogener Damm (sieheAbschnitt 7.1.3) ausgeführt worden. An dem durch die Zer-störung freigelegten Dammquerschnitt ist gut zu beobachten,dass sich im oberen Dammbereich gehäuft Einschlüsse vongroben nicht von Feinkorn umgebenden Partikeln also vonSteinen und Kies befinden. Diese Bereiche wurden währenddes Einstaus bevorzugt durchströmt. Belegt ist dies auchdurch den um 11:30 Uhr beobachteten Wasseraustritt auf derLuftseite (siehe Abschnitt 7.1.4). Da dieser Bereich nach demBeginn der Überströmung nicht mehr sichtbar war, kann mandiese Form der Erosion jedoch nur vermuten.

7.1.6 Folgen des Dammbruches

Die Flutwelle die sich infolge des Dammbruchs durch dieStadt Glashütte wälzte, verursachte starke Schäden amGewässerbett der Brießnitz sowie an Straßen und Ge-bäuden. So wurden in der Luchauer Straße 1–7, der Haupt-straße sowie der Dresdener Straße 1–9 Keller überflutetund Fassaden durch Treibgut beschädigt. Treibgut warenu.a. auch mitgerissene PKW sowie ein Baucontainer. Dieunterhalb des Dammes liegenden Sportanlagen der StadtGlashütte wurden ebenfalls stark beschädigt. Neben diesenBeschädigungen führte der Dammbruch zu starken Schlamm-und Geröllablagerungen in Glashütte. Davon war u.a. derBrießnitztunnel zwischen Bahnhof und Ingenieurschule be-troffen. Die Schlamm- und Geröllmassen lagerten dort nachdem Hochwasser teilweise bis 1,50 m Höhe, so dass nur noch40 cm freie Durchlasshöhe vorhanden war.

Durch den Bruch des Dammes erfolgte auch eine kurz-zeitige Erhöhung des Abflusses in der Müglitz. Da aber dieeigentliche Abflussspitze in der Müglitz erst 9 Stunden nachdem Dammbruch auftrat, führte der Dammbruch nicht zurVergrößerung der Abflussspitze in der Müglitz (siehe Abbil-dung 7-6).

In der Ortslage Glashütte wurde vor Eintritt der größtenÜberflutung ein Rückgang der Überströmung der Straße re-gistriert. Dies lässt sich durch das Versetzen der HWE (sieheAbschnitt 7.1.4) erklären.

7.1.7 Zukünftiger Hochwasserschutz an der Brießnitz

Das Hochwasserschutzkonzept für die Müglitz sieht vor,dass der Zufluss aus den Seitentälern vollständig gedros-selt wird und das entsprechende Bemessungshochwasser(HQ100) vollständig im Speicherraum aufgenommen wird.Um das konsequent durchzusetzen, müsste u.a. an der

0

50

100

150

200

250

300

350

12.08.00:00

12.08.06:00

12.08.12:00

12.08.18:00

13.08.00:00

13.08.06:00

13.08.12:00

13.08.18:00

14.08.00:00

Abf

luss

in m

3 /s

HRB Glashütte

Müglitz oh. derMüglitz uh. der

Weesenstein

BrießnitzmündungBrießnitzmündung

Abbildung 7-6: Berechnete Abflussgang-linien in der Brießnitz undder Müglitz für das Hoch-wasserereignis 2002 undden Bruch des GlashütteDammes (BORNSCHEINund POHL, 2003)

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11.08. 12.08. 12.08. 13.08. 13.08. 14.08. 14.08. 15.08. 15.08.12:00 00:00 12:00 00:00 12:00 00:00 12:00 00:00 12:00

400

350

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250

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Schlosspark WeesensteinPegel Dohna

Brießnitz ein Rückhaltebecken mit einem Stauraum von ca. 1 Mio. m3 errichtet werden. Das wäre gegenüber demalten Becken eine Verzwanzigfachung. Zurzeit wird unter-sucht, inwieweit dies möglich ist. Als Alternative wirdfolgende Variante betrachtet: Aufbau des Beckens in sei-ner ursprünglichen Größe. Zur Verhinderung einer erneutenÜberströmung sollen dabei die Entlastungsanlagen ent-sprechend vergrößert werden. Um den Hochwasserschutzfür die von der Brießnitz betroffenen Bereiche der StadtGlashütte zu verbessern, ist bei dieser Variante ein Hoch-wasserentlastungsstollen zwischen dem Damm und derMüglitz geplant. Nachteil dieser Variante ist, dass dieForderung aus dem Hochwasserschutzkonzept (Aufnahmeeines HQ100 durch das Becken) nicht erfüllt wird. Eine Ent-scheidung betreffs der Varianten ist noch nicht getroffen.

7.2 Hydrologische Untersuchungen

über die Möglichkeiten

von Hochwasserpräventions-

maßnahmen für den

Schlosspark Weesenstein

Robert Schwarze und Jens GrundmannTU Dresden Institut für Hydrologie und Meteorologie

7.2.1 Veranlassung und Zielstellung

Durch die Hochwassersituation in der Müglitz am 12. und13. August 2002 wurde der gesamte Schlosspark in Weesen-stein überflutet. Es entstanden gravierende Schäden, so-wohl an der floralen Ausstattung des Gartens, als auch an

sämtlichen Baulichkeiten und Ausstattungselementen wie:Wegen, Mauern, historischen Gebäuden, Brücken, Skulptu-ren und anderen Elementen des Gartens.

Durch Bodenerosionen bis in den anstehenden Felsunter-grund grub sich die Müglitz ein neues Flussbett durch denGarten, welches als Erosionsrinne den Schlosspark durch-zog. Andere Bereiche des Parks wurden unter mächtigenSedimentablagerungen begraben.

Das Ziel der hydrologischen Untersuchung war, die Möglich-keit von Hochwasserpräventionsmaßnahmen für das Schlossund den Schlosspark in Weesenstein aufzuzeigen und ihreLeistungsfähigkeit überschlägig zu berechnen. Die Unter-suchungen waren dabei auf Maßnahmen beschränkt, welcheauf dem Gebiet des Schlossparks realisiert werden können.Die Gegebenheiten im Bezug auf eine Hochwasserpräven-tion der Ortslage Weesenstein waren bei der Untersuchungselbstverständlich zu beachten.

7.2.2 Meteorologisch-hydrologische Ursachen

Ursache für das Hochwasser vom August 2002 war das Tief-druckgebiet „Ilse“, eine so genannte Vb-Wetterlage, bei derfeuchte Luftmassen aus dem Mittelmeerraum (Oberitalien,Balkan) in Richtung der polnischen Ostseeküste ziehen. Einedetaillierte Darstellung dieses Extremereignisses enthältdas Kapitel Meteorologie.

Das Einzugsgebiet der Müglitz erstreckt sich zwischen dem Erzgebirgskamm bei Altenberg und der Mündung indie Elbe bei Heidenau. Das Gesamtgebiet weist eine Größevon 208 km2 auf. Am Pegel Dohna beträgt das Einzugs-gebiet 198 km2. Der Mittelwasserabfluss MQ beträgt

96

Abbildung 7-7: Durchfluss in der Müglitz amPegel Dohna und im BereichSchlosspark Weesensteinvom 11. bis 15. August 2002(vgl. Kapitel Hydrologie)

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2,52 m3/s (Reihe 1912 bis 2001). Die Müglitz im Bereich desSchlossparks Weesenstein wird aus einem Gebiet mit derGröße von 181 km2 gespeist.

Für das Augusthochwasser 2002 liegen für die Pegel Lauen-stein 1, Lauenstein UP an der Weißen Müglitz und für denPegel Dohna bis zum 13. August in den frühen Morgen-stunden Messungen vor. Für den Bereich Weesenstein gibt es keine Messungen. Deshalb handelt es sich bei denin Abbildung 7-7 dargestellten Ganglinien um Rekonstruk-tionen mittels einer N-A-Modellierung (vgl. Kapitel 2). ImSchlosspark Weesenstein flossen demnach beim Hochwas-serscheitel 360 m3/s und am Pegel Dohna fast 400 m3/sab. Der bisherige höchste Abfluss betrug 330 m3/s am 9. Juli 1927 in Dohna. Beim Hochwasser 1897 lag derAbfluss in Dohna bei 192 m3/s. Beide Werte sind rela-tiv unsicher (keine Messungen, Ausuferung etc.). Weiteregroße Hochwasser fanden 1958 mit 163 m3/s, 1957 mit147 m3/s und 1954 mit 140 m3/s statt. In allen anderenJahren lagen die Durchflussmaxima in dem seit 1926 konti-nuierlich beobachteten Pegel Dohna unter 100 m3/s.

In Tabelle 7-1 sind die statistisch bestimmten Bemes-sungshochwasser unterschiedlicher Jährlichkeit darge-stellt. Auf Grund der Problematik der Bestimmung derScheitelabflüsse bei Extremereignissen und den Schwie-rigkeiten jeder statistischen Extrapolation sind diese Werteab dem HQ(50) mit einer beträchtlichen Unsicherheit be-haftet. So liegt für HQ(100) der Konfidenzbereich zwischen290 und 390 m3/s. Das Ereignis vom August 2002 ist dem-nach für den Bereich Weesenstein als HQ(100 bis 200) zubewerten. Wichtiger als diese Aussage ist aber, dass inWeesenstein etwa ab 190 m3/s katastrophale Schäden auf-treten können. Derartige Abflüsse sind (ohne Berücksichti-gung zukünftiger Hochwasserschutzmaßnahmen) im Mittelalle 30 bis 40 Jahre zu erwarten.

7.2.3 Verlauf und Schäden des Hochwassers

vom August 2002 im Raum Weesenstein

In der Abbildung 7-8 ist der Verlauf des Hochwassers imSchlosspark am 12. und 13. August 2002 schematisch dar-gestellt.

Die Abbildung 7-9 zeigt einen Blick über den Schlosspark inRichtung Schloss. An der linken Bildkante ist die Flutrinnezu erkennen, welche sich die Müglitz parallel zur Straße ge-graben hat. Dabei wurde die nach dem Hochwasser 1958

angelegte Lindenreihe auf etwa zwei Drittel ihrer Längekomplett zerstört und von der Flut mitgerissen. Deutlich zuerkennen ist die Aufschotterung des gesamten Parkareals.Der eigentliche Verlauf der Müglitz, der an der rechten Kanteder Freifläche zwischen der Baumreihe und dem Wald liegt,ist komplett mit Geschiebe aufgefüllt.

In Abbildung 7-10 ist die Art der Ablagerungen gut zu er-kennen. Es handelt sich um ein kompaktes Gemisch ausBäumen durchsetzt mit Felsbrocken und sandig-kiesigenGeschiebe.

Der Schlosspark ist durch seine Lage in einer Talweitung alsnatürlicher Sedimentationsraum zu betrachten. Wird durchEingriffe im Sinne des Hochwasserschutzes für den Parkdie Ablagerung des Geschiebes an dieser Stelle verhindertoder reduziert, wird dieses von der Müglitz weiter fluss-abwärts transportiert. Es besteht dann die Gefahr, dass ver-stärkte Ablagerungen unterhalb des Parks z.B. im Bereich derOrtslage Weesenstein erfolgen könnten.

Die Abbildung 7-11 und Abbildung 7-12 zeigen, dass sichder Müglitzverlauf nach dem Passieren der Flutrinne imSchlosspark und dem Abschneiden der engen Fluss-schlinge am Ortsrand (vgl. Abbildung 7-13) infolge desHochwassers stark in Richtung des linken Ufers verscho-ben hat. Dabei wurden 10 Häuser zu 100% zerstört und fastalle weiteren Gebäude in Weesenstein mehr oder minderstark beschädigt.

T in a 2 5 10 20 25 50 100 200

Statistik1926–2002 und 1897 28,7 48,7 84,0 161 186 264 342 420

Tabelle 7-1: Bemessungshochwasserscheitel HQ(T) für die Jahresreihe 1926 bis 2002 unter Einbeziehung von einemhistorischen Hochwasser von 1897 für die Müglitz am Pegel Dohna. (Misch-Extremwertverteilung ME,Parameterschätzung nach der Maximum-Likelihood-Methode ML).

Alle Werte in m3/s, fett kursiv gedruckter Wert außerhalb des zulässigen Extrapolationsbereiches.

Abbildung 7-8: Verlauf der Zerstörung des SchlossparksWeesenstein und der Ortslage Weesen-stein beim Augusthochwasser 2002

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Abbildung 7-11: Blick auf den unteren Teil der beim Augusthochwasser 2002 entstandenen Flutrinne (Foto: Stefan Häßler, 2002)

Abbildung 7-9: Blick über den Schlosspark Weesensteinzum Schloss nach dem Hochwasser (Foto: Stefan Häßler, 2002)

Abbildung 7-10: Detailansicht auf die Ablagerungen imSchlosspark (Foto: Stefan Häßler, 2002)

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7.2.4 Historische Hochwasser an der Müglitz

und ihre Auswirkungen im Schlosspark

Weesenstein

Wie das ganze Osterzgebirge war auch die Müglitz schondes Öfteren von schweren Hochwasserereignissen be-troffen. Einen Überblick dazu vermittelt das Kapitel 8 dervorliegenden Analyse. Seit 1897 wurde im Mittel etwa alle20 bis 30 Jahre das ganze Einzugsgebiet von großen Hoch-wasserereignissen heimgesucht (1897, 1927, 1954, 1957,2002). Häufiger waren kleinräumige Ereignisse, welche nureinen Teil des Einzugsgebiets der Müglitz betrafen (z.B.1948 die Brießnitz bei Glashütte).

Auch der Schlossgarten von Weesenstein wurde bei die-sen Ereignissen regelmäßig in Mitleidenschaft gezogen.So sind Schäden aus den Jahren 1897, 1927, 1954, 1957bekannt. Nicht immer waren sie allerdings so massiv, wiebeim höchsten bisher registrierten Abfluss im Jahre 2002.Wie die für 1957 und 1958 vorliegenden Schadensberichtebelegen, gibt es bei Durchflüssen von ca. 140 m3/s bereitserhebliche Schäden (z.B. Totalverlust von Bäumen, Unter-spülung der Parkmauer etc.) im Schlosspark.

Von den Hochwasserereignissen des Jahres 1927 und1897 lagen für den Schlosspark direkt keine Schadens-

berichte vor. Die Schäden müssten aber denen von 2002geähnelt haben. Das belegen die umfangreich doku-mentierten Verwüstungen z.B. für die Ortslage Weesen-stein. In DIE GROSSE WASSERSNOT IN SACHSEN 1897(1897) heißt es: „Vor allem ist der schön gepflegte und indiesem Jahre besonders freundlich hergestellte Schloss-garten gänzlich verwüstet worden. Nur hier und da rageneinige Rosenbäumchen aus dem eintönigen Grau desSchlammes und Sandes hervor, der den gesamten Gartenmit einer Decke überzogen hatte. Die Umfassungsmauerwar an mehreren Stellen dem Druck des Wassers ge-wichen; die Wohnung des Schlossgärtners wurde ver-heert; die weiten Rasenflächen des Parks glichen Trüm-merfeldern; die Ufermauern waren stark beschädigt.“ InLANDESVEREIN SÄCHSISCHER HEIMATSCHUTZ (1927)werden umfangreiche Ausführungen zu dem Hochwasservon 1927 gegeben.

Die Häufung an Schäden im Raum Weesenstein so-wie das eklatante Missverhältnis zwischen der Leistungs-fähigkeit des Flusslaufes im Bereich des Schlossparks (ca.80 m3/s) und z.B. 340 m3/s Abfluss bei einem HQ(100) immomentanen Zustand zeigt die Herausforderung, welchedas Formulieren von Hochwasserschutzkonzepten für die-ses Gebiet darstellt. Dabei muss ausgehend von einerBewertung der Schutzwürdigkeit ein Konzept aus dezentra-

Abbildung 7-12: Die Müglitz unterhalb des Schlosses in der Ortslage Weesenstein (Foto: Stefan Häßler, 2002)

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7.2.5 Hydraulische Untersuchungen

Methodik und Vorgehensweise

Zur Bewertung der Wirksamkeit verschiedener Maßnahmendes Hochwasserschutzes im Flusslauf sind hydraulischeBerechnungen erforderlich. Dabei wird unter Vorgabe derGerinnegeometrie und der Reibungsbeiwerte die Abfluss-charakteristik und die hydraulische Leistungsfähigkeit desFließgewässers bestimmt.

Auf Grund der variablen Gerinnegeometrie natürlicher Fluss-läufe ist im vorliegenden Fall der Einsatz einer ungleichför-migen Wasserspiegellagenberechnung notwendig, die hierstationär, d. h. für eine konstante Abflussbeaufschlagungdurchgeführt wird. Durch Variation der Abflüsse wird esmöglich, das Abflusspotenzial des betrachteten Abschnittsabzuschätzen.

Die notwendigen Untersuchungen wurden mit der SoftwareHEC-RAS 3.0 des Hydrologic Engineering Center des U.S.Army Corps of Engineers durchgeführt. Mit Hilfe der Soft-ware wird ein abstraktes mathematisches Modell erstellt,das die wesentlichen Eigenschaften des Flusslaufs wider-spiegelt. Bauwerke im Gewässer (Brücke, Wehr, . . .) und die daraus resultierenden hydraulischen Verluste könnenberücksichtigt werden. Der Reibungsansatz nach Manning-Strickler wird verwendet.

Zunächst erfolgt eine Analyse des vorhandenen Zustandsder Müglitz im Bereich des Schlossparks Weesenstein.Darauf aufbauend werden verschiedene Maßnahmen desHochwasserschutzes untersucht und anschließend gegen-übergestellt. Eine hydraulische Nachrechnung des Hoch-wasserereignisses vom August 2002 war nicht Gegenstandder Untersuchung und würde auch einen anderen Modell-aufbau erfordern. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind in diesemAnsatz Ablagerungen von Geschiebe und Schwemmholz.

Untersuchung der hydraulischen Leistungsfähigkeit

der Müglitz im Bereich des Schlossparks

Der betrachtete Gewässerabschnitt erstreckt sich von Fluss-km 9,5 (ca. 120 m stromauf des Schlossparks) bis km 8,28(Straßenbrücke SB21 in der Ortslage Weesenstein) und istAbbildung 7-14 zu entnehmen. Maßgebend für den Modell-aufbau ist die Gewässervermessung von 1971. Im Bereichdes Schlossparks flossen zusätzlich Informationen aus denLageplänen des Parks mit ein, wobei sich am Zustand vordem Hochwasser August 2002 orientiert wurde. Der ge-wählte Modellaufbau spiegelt somit den Zustand derWiederherstellung des Gewässers wider.

Die Reibungsbeiwerte nach Strickler wurden anhand desvorhandenen Ausbaumaterials geschätzt. Eine Kalibrierungder Reibungsbeiwerte ist nicht möglich, da im betrachtetenAbflussspektrum keine Wasserstands-Durchfluss-Messun-gen oder Wasserspiegellagenfixierung vorliegen. Die Be-rechnungsergebnisse für Durchflussbeaufschlagungen zwi-

100

Abbildung 7-13: Hochwasserschäden im Ort Weesensteinim Sommer 1897 (Foto: aus DIE GROSSEWASSERSNOT IN SACHSEN 1897, 1897)

lem Hochwasserrückhalt in den Hochwasserentstehungs-gebieten (Hochwasserrückhaltebecken, Landnutzungsände-rungen) und lokalen Hochwasserschutzmaßnahmen (Ge-rinneertüchtigung, Beseitigung von Engstellen, Freihaltungvon Überflutungsflächen von Bebauung, äußerste Zurück-haltung bei der Wiedererrichtung 2002 zerstörter Gebäudeetc.) entwickelt werden.

Wie die bisher vorliegenden Berechnungen (vgl. Kapitel 2)zeigen, hätte allerdings auch das derzeit im Bau befindlicheHRB Müglitztal selbst mit einem auf ca. 5 Mio. m3 ver-größerten Stauraum die Verwüstung des Schlossparks (undauch der Ortslage Weesenstein) vermutlich nicht verhindernkönnen. Die Reduktion des Hochwasserscheitels betrug nachden Berechnungen am Standort des HRB etwa 50 m3/s. Da-mit hätte das Augustereignis 2002 in Weesenstein hinsicht-lich der Scheitelabflüsse immer noch in der Größenordnungdes Hochwassers von 1927 gelegen.

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101

Abbildung 7-14: Darstellung des für die hydraulische Model-lierung im Bereich der Ortslage Weesen-stein maßgebenden Gewässerabschnittes

schen 40 und 200 m3/s zeigen ein Abflussregime im Grenz-bereich zwischen strömenden und schießenden Abfluss-zuständen. Fließwechsel treten an Brücken und Wehr, ver-einzelt auch an offenen Gerinneabschnitten auf, wobei derenAusprägung mit zunehmender Durchflussbeaufschlagung zu-nimmt. Generell besitzt die Müglitz im Bereich des Schloss-parks eine hydraulische Leistungsfähigkeit von 80 m3/s, teil-weise sind auch bis zu 100 m3/s abführbar. Abflüsse, diegrößer als Q = 80 m3/s sind, führen zu einer Überflutungdes linken Parkteils.

Kritische Punkte für das Abflussverhalten der Müglitz imBereich des Schlossparks stellen die Bauwerke im Gewäs-ser dar. Die Lage der Bauwerke ist Abbildung 7-14 zu ent-nehmen. Die Abflussleistung der Müglitz im Bereich desSchlossparks wird in erster Linie auf 70 m3/s durch dieBogenbrücke begrenzt. Der bordvolle Abfluss in den offenenAbschnitten liegt bei ca. 80 m3/s. Diese Abflussleistungentspricht in etwa dem Schutz vor einem Hochwasser miteinem statistischen Wiederkehrintervall von 10 Jahren.

Die Straßenbrücke am Ausgang des Parks weist eine sehrniedrige Brückenunterkante auf. Die Berechnungsergeb-nisse zeigen ab einem Abfluss von ca. 125 m3/s einen be-ginnenden Einstau der Brücke. Größere Abflüsse führen zueiner Zunahme der Aufstauhöhe und bewirken neben derrückstaubedingten Überflutung der Parkanlage auch aufGrund der vorhandenen Höhenverhältnisse ein unkontrollier-tes Einströmen in die Ortslage Weesenstein über die rechts-seitige Böschung und Staatsstraße.

Eine weiterführende Betrachtung der Müglitz in der Orts-lage Weesenstein bis zur Staatsstraßenbrücke innerhalb desOrtes zeigt eine ausuferungsfreie Abflussleistung zwischen125 m3/s und 150 m3/s. Die Straßenbrücke selbst funktio-niert bis zu einem Abfluss von ca. 150 m3/s einstaufrei, waseinem statistischen Wiederkehrintervall von kleiner 20 Jahrenentspricht. Die beiden Eisenbahnbrücken sind für den maxi-mal betrachteten Abfluss von Q = 200 m3/s ausreichend inihrer Leistungsfähigkeit.

An dieser Stelle sei auf die Überschlägigkeit der Berech-nungsergebnisse hingewiesen, da sie mit einem unkali-brierten Modell, das auf Annahmen insbesondere der Rei-bungsbeiwerte beruht, erzeugt wurden. Ein Vergleich derBerechnungsergebnisse mit dem Jahreshöchstabfluss amPegel Dohna aus den letzten ausuferungsfreien 43 Jah-ren (1959–2001) von Q = 67,1 m3/s zeigt jedoch, dass diegetroffenen Annahmen durchaus in einem realen Bereichliegen.

Maßnahmen zur Erhöhung der hydraulischen

Leistungsfähigkeit der Müglitz im Bereich des

Schlossparks

Eine Erhöhung des Abflusspotenzials ist generell durchProfilaufweitung und hydraulisch glatten Ausbau des Ge-rinnes (Steinpflaster, Beton) möglich. Ersterem stehen im Bereich des Schlossparks Weesenstein die begrenztenräumlichen Verhältnisse im Wege und letzteres würde zueinem verstärkt technischen Ausbau des Gerinnes führen.Weiterhin sind derartige Maßnahmen nur sinnvoll, wenngleichzeitig die abflussbegrenzende Wirkung der Engstellenerhöht werden kann. Am Wehr ist eine verminderte Aus-uferung durch Erhöhung des Freibords erzielbar. Denkbarwären auch eine Verlegung nach stromaufwärts oder derUmbau zu einem Schlauchwehr, dessen Schwellenhöhe imHochwasserfall abgesenkt wird. Das Abflusspotenzial ander Bogenbrücke kann durch eine Überhöhung der links-seitigen Ufermauer im Anstrombereich der Brücke auf ca.80 m3/s erhöht werden.

Eine weitere Erhöhung der Abflussleistung kann nur durcherhebliche bauliche Maßnahmen am Bauwerk und im Flusserreicht werden. Denkbar wäre hier auch eine Sohleintiefungim Brückenbereich, wodurch der Abflussquerschnitt erhöhtwird. Um jedoch eine signifikante Abflusserhöhung zu er-zielen, ist ein erheblicher Sohleinschnitt erforderlich. Diesbedeutet allerdings eine Verringerung des Gefälles imAbstrombereich der Brücke und würde einen glatten Ausbaudes Gerinnes erfordern, um die Abflussleistung zu gewähr-leisten. Weiter müsste im Hochwasserfall mit Geschiebe-ablagerungen gerechnet werden, welche den Flussquer-schnitt erheblich verkleinern könnten.

Mit wenigen Maßnahmen an den Bauwerken lässt sich so-mit die Leistungsfähigkeit der Müglitz im Schlossparkbereichauf ca. 80 m3/s verbessern. Eine signifikante Verbesse-rung des Hochwasserschutzes ist damit allerdings nichterreichbar.

Untersuchung von Maßnahmen zur Erhöhung des

Hochwasserschutzes für den Schlosspark

Ziel der Untersuchungen ist es, durch geeignete Maßnah-men Überflutungen des Schlossparks, soweit sinnvoll mög-lich, zu vermeiden. Dabei besteht die Forderung, den Park inseiner originalen barocken Struktur nicht zu verändern oderzu beeinflussen und Lösungen zu finden, die sich gut in dieLandschaft integrieren.

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Auf Grund der begrenzten hydraulischen Leistungsfähigkeitder Müglitz im Bereich des Schlossparks kann die Über-flutungssicherheit nur durch gezielte Ausleitung der Müglitzab einem bestimmten Durchfluss und Abfluss in einem Ent-lastungsgerinne erhöht werden. Dabei handelt es sich umEinzelmaßnahmen, mit denen das Objekt Schlosspark bes-ser geschützt wird, ohne dadurch die Hochwassersicherheitan der Müglitz generell zu verbessern.

Im Wesentlichen bieten sich für ein Entlastungsgerinne zweiTrassenverläufe an, die hinsichtlich ihrer Ausformung undWirksamkeit unter den eingangs beschriebenen Randbedin-gungen untersucht werden und Abbildung 7-15 zu entneh-men sind.

Ausbau und Gestaltung eines Flutgrabens innerhalb

des Schlossparks (Trasse 1)

Der Verlauf der Trasse 1 folgt dem Verlauf der Erosionsrinne,die von der Müglitz bei allen bisher dokumentierten grö-ßeren Hochwassern in den Schlosspark gefräst wurde. DieTrasse wird zur besseren Erläuterung in drei Abschnitte ein-geteilt, die Abbildung 7-16 zu entnehmen sind. Die Berech-nungen wurden für gleichförmige Gerinne verschiedenerProfilformen und Ausbaumaterialien durchgeführt und sollendas Spektrum der Abflussleistungen möglicher Gestaltungs-formen unter den gegebenen Randbedingungen aufzeigen.Die Leistungsfähigkeit der Trasse 1 wird begrenzt durch dieStraßenbrücke über die Müglitz am Ende des Schlossparksund den Abschnitt C der Trassenführung.

Für eine Realisierung kommen zwei Varianten in Frage:

a) Flutkanal in technischer Betonbauweise bis in die Ortslage Weesenstein mit direkter Gewässerkreuzung(B1, C1). Unter den getroffenen Annahmen könnte ein

Müglitzhochwasser mit Q = 180 m3/s ausuferungsfreiabgeführt werden. Dies entspricht einem statistischenWiederkehrintervall von ca. 25 Jahren.

b) Flutgraben mit gebirgsflussähnlicher Gestaltung undWeiterführung in die Ortslage als Kanalbauwerk durchdirekte Kreuzung (B2, C1). Die maximale Abflussleistungdieser Variante beträgt Q = 150 m3/s und entsprichteinem statistischen Wiederkehrintervall von ca. 18 Jah-ren. Die Leistungsfähigkeit der Maßnahme wird dabeitrotz Verzicht auf die straßenseitige Baumallee durch denFlutgraben begrenzt.

Beiden Varianten gemeinsam ist die hydraulisch kompliziertedirekte Gewässerkreuzung. Dieser hoch-dynamische turbu-lente Prozess ist im abstrakten mathematischen Modellschwer erfassbar und erfordert gegebenenfalls den Nach-weis der Wirksamkeit im physikalischen Wasserbaumodell.Wesentlich dramatischer ist jedoch das hohe Gefährdungs-potenzial im Versagensfall. Dabei kommt es zu Ausuferun-gen entlang des Trassenverlaufs, die auf Grund der hohenAbflussdynamik besonders im Einmündungsbereich des Flut-grabens in die Müglitz innerhalb der Ortslage problematischsind und erhebliche Schäden verursachen können.

Ausbau und Gestaltung eines Flutgrabens außerhalb

des Schlossparks (Trasse 2)

Die Trasse 2 verläuft parallel des Eisenbahndamms auf derlinken Seite talwärts gesehen. Dieser Streifen zwischenEisenbahndamm und Hangfuß ist derzeit bewaldet undweist eine ca. 40 m lange Engstelle auf, die allerdings eineKanalbreite von 6 m zulässt. Die Ausleitung aus der Müglitzerfolgt mittels Streichwehr kurz oberhalb des oberen Toresdes Schlossparks bei Fluss-Kilometer 9,39 und erreicht denTrassenverlauf durch Untertunneln von Straße und Eisen-bahn nach links. Die Einmündung in die Müglitz erfolgtunterhalb der Eisenbahnbrücke bei Fluss-Kilometer 8,83.

102

Abbildung 7-16: Verlauf der Trasse 1

Abbildung 7-15: Untersuchte Trassenführung für Hoch-wasserentlastungsgerinne im Bereich des Schlossparks Weesenstein

Abschnitt C: Kreuzung + Kanal

Variante C1: direkte Kreuzung (100m3/s)

Abschnitt B: Flutgraben

Variante B1: Breite 8,3 mVariante B2: Breite 16,0 m

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103

Unter der Annahme einer hydraulischen Leistungsfähigkeitder Müglitz im Bereich des Schlossparks von Q = 80 m3/skann bei einer Querschnittsbreite der Flutrinne von 6 minsgesamt ein Hochwasser mit Q = 190 m3/s ausuferungs-frei abgeführt werden. Dies entspricht einem statistischenWiederkehrintervall von ca. 25 Jahren. In Abhängigkeitgeotechnischer Untersuchungen und der aus der Gesamt-konzeption des Hochwasserschutzes für das Müglitztal resul-tierenden Anforderungen kann die Trassenbreite vergrößertwerden. Die Berechnung mit einer Breite von 10 m liefertdazu einen Anhaltspunkt, dass die Abfuhr von 280 m3/s d.h.eines HQ(60) möglich wäre.

Durch diese Trassenführung entfällt die hydraulisch kompli-zierte Gewässerkreuzung. Der optische Eindruck der Park-anlage bleibt erhalten. Der Mündungsbereich des Kanals indie Müglitz liegt in einem unbewohnten Bereich mit aus-reichender hydraulischer Leistungsfähigkeit und erlaubt dieUmsetzung schießender Abflüsse. Zudem wird der Abflussauf Grund der vorhandenen morphologischen Bedingungen(Felsböschung am Prallufer der Flusskrümmung) auf natür-liche Weise in das Flussbett gezwungen und muss nicht mit Hilfe technischer Maßnahmen in der Ortslage Weesen-stein umgelenkt werden. Weiterhin besteht hier im Bereichdes Eisenbahntunnels die Möglichkeit einer Ausleitung inden immer wieder diskutierten Fluttunnel vorzunehmen undso zusätzlichen Schutz für die Gemeinde zu realisieren. DieGefahr eines Rückstaus von der Einmündungsstelle desKanals in den Schlosspark ist gering, da sich die vereinigen-den Ströme in schießendem Abflusszustand befinden. DieAusleitung der Müglitz in den Kanal kann z.B. über einStreichwehr erfolgen und mit einer anschließenden Unter-führung von Straße und Bahn. Hier besteht die Gefahr derVerklausung.

Aus hydraulischer Sicht und mit Blick auf den Gesamtein-druck der Parkanlage ist die Trasse 2 der Trasse 1 vorzu-ziehen. Noch zu untersuchen sind mögliche Einflüsse einesEintrags von Geschiebe und Holz in den Untersuchungs-abschnitts auf die Variantenwahl und deren Ausgestaltung.

7.2.6 Zusammenfassung und Empfehlungen

Die Müglitz hat bei allen beobachteten großen Hochwasser-ereignissen den nach rechts schwingenden Flussbogen imBereich des Schlossparks Weesenstein abgeschnitten. Da-durch bilden sich auf dem Parkgelände mehr oder minder aus-geprägte Erosionsrinnen, welche große Schäden verursachten.

Um diesen Prozess räumlich zu begrenzen und bis zu einemBemessungsdurchfluss BHQ hydraulisch beherrschbar zugestalten, wird der Bau einer Flutrinne grundsätzlich emp-fohlen.

Diese Flutrinne sollte auf der Trasse 2 außerhalb des Schloss-parks angelegt werden. Die Trasse 2 ist die hydraulisch bes-sere Lösung und sie ist unter dem Aspekt des Denkmals-schutzes für den Park konfliktärmer.

Innerhalb des Parks kann auf eine Flutrinne auf der Trasse 1dann verzichtet werden. Im Rahmen der weiteren Planun-gen sollte allerdings eine sich relativ gut in die Parkland-schaft einpassende flache Flutmulde auf der Trasse 1 unter-sucht werden. Diese würde die Sicherheit bei einer nichtauszuschließenden Verringerung der Leistungsfähigkeit deseigentlichen Müglitzbettes gegenüber dem BHQ (z.B. durchAblagerungen am Mühlwehr) erhöhen und könnte mithelfenAbflüsse abzuleiten, welche das BHQ übersteigen.

Bei der Wahl des BHQ ist der maximal mögliche Abfluss derMüglitz in der Ortslage Weesenstein zu berücksichtigen.Überschlägige hydraulische Berechnungen ergeben, dassdurch den Ort derzeit maximal 125 bis 150 m3/s schadarmfließen können. Das entspricht maximal einem HQ(20) undist deutlich weniger als die 190 bis 280 m3/s, welche durchdie Flutrinnenlösung den Bereich des Schlossparks pas-sieren könnten. Dies liegt im Bereich eines für den Schloss-park wohl angemessenen Schutzziels von HQ(20) bis max.HQ(50).

Da es nicht darstellbar ist, dass der Ort Weesenstein einengeringeren Schutz als der Schlosspark erhält, sind insbeson-dere für die Ortslage weitere Maßnahmen zu prüfen undvorzusehen. Dabei können z.B. folgende Möglichkeiten stu-diert werden:

■ Deutliche Reduzierung der Zuflussmenge durch Rückhalte-maßnahmen in den Hochwasserentstehungsgebieten(z.B. Hochwasserrückhaltebecken, flächenwirtschaftlicheMaßnahmen)

■ Wasserbauliche Maßnahmen im Raum Weesenstein(z.B. Umleitstollen, Erhöhen Gerinnekapazität)

■ Städtebauliche Maßnahmen (z.B. Bauverbotszonen,Anheben Baugrund)

Die Angaben zur Leistungsfähigkeit der untersuchten Varian-ten basieren ausschließlich auf der hydraulischen Berechnungdes Fließens von Wasser. Da in der Müglitz erfahrungs-gemäß mit sehr großen Mengen von Geschiebe gerechnetwerden muss, ist bei der Dimensionierung auf ein aus-reichendes Freibord zu achten. Es sind weiterhin geeigneteMaßnahmen zu ergreifen, welche einen möglichst weit-gehenden Rückhalt von Geschiebe und Holz bereits ober-halb von Park und Ort ermöglichen. Trotz der notwendigenenormen baulichen Eingriffe und der damit verbundenenKosten bleibt somit auch für den Schlosspark ein hohesRestrisiko offen.

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7.3 Das Hochwasserereignis

vom 12./13. August 2002

am Lockwitzbach im Stadt-

gebiet von Dresden

Dieter Grebedünkel, Umweltamt DresdenPetra Walther, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie

7.3.1 Einführung

Der Lockwitzbach ist als Gewässer 1. Ordnung eingestuft,das heißt, Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung und -entwicklung sowie zum Hochwasserschutz werden durchdie Landestalsperrenverwaltung beauftragt und ausgeführt.Das Umweltamt der Landeshauptstadt Dresden erlässtwasserrechtliche Genehmigungen und ihm obliegt auch dieGewässeraufsicht. Im Hochwasserfall ist das Umweltamtfür die Hochwasserprävention zuständig und berät denOberbürgermeister bei der Hochwasserabwehr.

7.3.2 Einzugsgebiet und Topographie

Der Lockwitzbach entspringt oberhalb der Ortschaft Ober-frauendorf im Osterzgebirge in einer Höhe von 560 m NN.Das topographisch schmale Einzugsgebiet des Lockwitz-baches umfasst eine Fläche von 84 km2 bei einer Fluss-länge von fast 30 km und ist vorwiegend land- und forst-wirtschaftlich genutzt. In der Übersichtskarte ist das Einzugs-gebiet des Lockwitzbaches und seiner wichtigsten Zuflüssedargestellt.

Der Bach durchläuft als Gewässer 2. Ordnung die Ort-schaften Oberfrauen- und Niederfrauendorf, bevor er beiReinhardtsgrimma in das gleichnamige Rückhaltebeckenmündet. Bis zum HRB beträgt das Einzugsgebiet 8,4 km2.Unterhalb von Reinhardtsgrimma bis zur Ortschaft Lockwitzfließt der Lockwitzbach durch ein relativ dünn besiedeltesGebiet. An diesem Gewässerabschnitt liegt auch der einzigePegel im Einzugsgebiet. Der Pegel Kreischa, dessen Einzugs-gebiet fast 44 km2 beträgt, wird durch folgende hydrologi-sche Hauptwerte charakterisiert:

Vom Pegel bis zum Stadtrand von Dresden fließen auf einerGewässerstrecke von ca. 6 km und einem Zwischeneinzugs-

gebiet von knapp 30 km2 weitere Gewässer zu, von denender Quohrener und Possendorfer Bach die wichtigsten sind.Im untersten Abschnitt, vom Stadtrand von Dresden bis zurMündung in die Elbe, herrscht eine starke Bebauung undEinengung des Gerinnes vor.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde zur Hochwasserent-lastung der Stadtteile Niedersedlitz, Großzschachwitz undKleinzschachwitz der Niedersedlitzer Flutgraben gebaut. DerFlutgraben wird über ein ca. 5 km vor Einmündung des Lock-witzbaches in die Elbe gelegenes Streichwehr mit Wasserbeschickt. Der Ausbaugrad des Niedersedlitzer Flutgrabenliegt zwischen 5 bis 15 m3/s, des Lockwitzbaches im Stadt-

104

Abbildung 7-17: Übersichtkarte Einzugsgebiet des Lockwitz-baches

Tabelle 7-2: Hydrologische Kennwerte und Hochwasserscheitel vom August 2002 des Pegels Kreischa

Pegel GewässerAEo

in km2 Zeitbezug

MQ MHQHHQ

(Jahr)

HHW

(Jahr)

Hochwasserscheitel

August 2002

in m3/s in cm in m3/s in cm

Kreischa Lockwitzbach 43,5 1963–2001 0,341 5,1 11,5 (1995) 121 (1995) 45 197

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gebiet zwischen 15 bis 45 m3/s (LTV, 2003c). Die im Stadt-gebiet liegenden Brückenbauwerke engen dabei teilweiseden Abflussquerschnitt stark ein, da sie hinsichtlich Durch-flusskapazität noch unter dem bordvollen Abfluss desGewässerbettes liegen. Das trifft für ca.10 Brücken am Lock-witzbach und 4 Brücken am Niedersedlitzer Flutgraben imStadtgebiet zu (LTV, 2003c).

7.3.3 Geologische Einordnung

Die Quelle des Lockwitzbaches liegt im Osterzgebirge (Gneis,Porphyr). Dann durchschneidet er im östlichen Ausläufer des Mulde-Lösshügellandes die aus Rotliegend-Gesteinenbestehende Döhlener Senke, z. T. auch Grundgebirgseinheiten(Elbtalschiefergebirge und Weesensteiner Grauwacke, z.T.mit Plänerüberdeckung).

In Niedersedlitz mündet das Tal in die Dresdner Elbtalweitung.Diese entstand in einem tektonisch geprägten Gebiet durchden Wechsel von pleistozäner Ausräumung und Aufschüttungim Bereich der relativ leicht erodierbaren Pläner. An der linkenSeite dieses Elbtals vermischen sich in den entsprechendenMittel- und Niederterrassen saale- und weichselzeitlicheSchwemmfächer des Lockwitzbaches und anderer Osterz-

gebirgsflüsse mit Elbschottern. Die holozäne Aue selbst ist imBereich der Tieferen Niederterrasse zunächst nur schmal undundeutlich ausgeprägt bis sie in eine mit Auenlehm ausgeklei-dete Rinne mündet, die zwischen Mügeln und Zschieren nachWesten hin von der Elbaue abzweigt, sich über Leuben, Dob-ritz hinzieht und bei Tolkewitz den Strom wieder erreicht(Abbildung 7-18). Diese Rinne ist eine in die Niederterrasseneingeschnittene, natürliche Elbhochwasserabflussbahn.

Im urbanen Gebiet werden bei Starkniederschlagsereignis-sen diese alten Gewässerverläufe aktiviert. Beim Hoch-wasser im August 2002 hat der Lockwitzbach jene Flächenin Lockwitz, Niedersedlitz, Leuben und Laubegast geflutet,welche bereits durch Ablagerungen von Auenlehm, Sandenund Kiesen des Lockwitzbaches sowie Auenlehm der Elbegekennzeichnet waren.

Die geologische Karte zeigt die Auen als Ergebnis der Fluss-tätigkeit der letzten 10.000 Jahre. Die Auen sind seitdem –heute durch Baumaßnahmen beeinflusst – Flussverlage-rungs-, mindestens aber regelmäßige Hochwasser-Über-flutungsgebiete. Der Auenlehm ist eine typische Hochflut-bildung. Seine Verbreitung, auch bei geringer Mächtigkeit im Randbereich der Auen, markiert deutlich den gesamtennatürlichen Überflutungsbereich der holozänen Auen.

Abbildung 7-18:Auelehmverbreitung imBereich des Lockwitz-baches in der StadtDresden

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7.3.4 Historische Entwicklung

Der Dresdner Stadtteil Lockwitz („Lucawitz – Ort am Wie-senbach“) wird 1288 erstmals erwähnt. Die hohe Frucht-barkeit der Böden und das milde Klima im Gebiet desLockwitztales förderten die Besiedlung durch Bauerngüterbzw. Lehnswirtschaften. Dabei dominiert im Gebiet derAckerbau. Die industrielle Entwicklung im Lockwitztal –besonders zwischen Dresden und Kreischa – wurde starkdurch die Nutzung der Wasserkraft bestimmt. Davon zeugenzahlreiche Mühlen. Im 18. und 19. Jahrhundert florierten amLockwitzbach das Müllerhandwerk, die Brotbäckereien unddie Strohflechterei. Es gab sieben Destillationsbetriebe. Im19. Jahrhundert begann man die Mühlen zu Fabriken um-zubauen. Die Talaue war fast durchgehend mit zum Flussparallel verlaufenden Mühlgräben und zusätzlichen Teichenzur Wasserhaltung in niederschlagsschwachen Zeiten be-legt. Die Mühlgräben verliefen von der Stadtgrenze Dresden-Lockwitz (Hintermühle) bis Höhe Bahnhofstraße Groß-zschachwitz. Früher wurden sie zur Wasserkraftgewinnungund zur Bewässerung anliegender landwirtschaftlicherNutzflächen genutzt. Die Anrainer waren auf Grund einesLandgrabenregulativs von 1899 verpflichtet, die Gräben zuräumen und zu unterhalten1). So konnte das hydraulischeLeistungsvermögen sichergestellt werden. Bis 1900 warenzwischen den Mühlgräben und dem Lockwitzbach auchausreichende Retentionsflächen vorhanden. Die schritt-weise Nutzungseinstellung führte zur zunehmenden Unter-lassung der Unterhaltung der Mühlgräben bis hin zum Ver-fall. Heute sind im Stadtgebiet auf Grund der Rückgabe allerMühlenaltrechte die verlandeten Mühlgräben nicht mehrfunktionsfähig. Es ist aber vorgesehen, sie zukünftig in dasStadtentwässerungskonzept für Lockwitz und Niedersedlitzeinzubinden.

Das Lockwitztal hat immer wieder schwere Überschwem-mungen erfahren. Die älteste Überlieferung stammt ausdem Jahr 1616 (Internetauftritt der Stadt Kreischa und desStadtteiles Lockwitz). In diesem Jahr kam es zu einemWolkenbruch im Bereich zwischen Wilisch, Luchberg undKohlberg, der schwere Überschwemmungen auf die unter-halb liegenden Orte zur Folge hatte. Wie das gesamte Ost-erzgebirge war auch das Lockwitztal 1897 vom Hochwasserstark betroffen (DIE GROSSE WASSERSNOT IN SACHSEN1897, 1897). Detaillierte Informationen liegen ebenfalls vonder Katastrophe im Herbst 1934 (SCHMIDT, 1936) und imSommer 1954 (POHL, 1962) vor. Als bisher schwerste be-kannte Hochwasserkatastrophe wird jedoch das Ereignisvom 12. zum 13. August 2002 eingeschätzt.

Als Maßnahme zum Schutz der Stadt vor Überflutungenwurde nach dem großen Hochwasser von 1897 der Aus-bau des Mühlgrabens ab Tögelstraße beschlossen. Am11.04.1927 ist dazu am so genannten Pferdetump (Tögel-straße) in Lockwitz das erste automatische Schwingwehr in

Betrieb genommen worden. Anfang des 20. Jahrhundertsbegann man auch mit der Eindeichung des Lockwitzbachesvon der Mündung Elbe flussaufwärts auf einer Länge von2.300 m. Die Dammhöhe des Lockwitzbaches wurde auf 30 cm über dem Hochwasser von 1845 festgelegt. Ebensowurde in dieser Zeit die Eindeichung des NiedersedlitzerFlutgraben auf eine Abflusskapazität von ca. 15 m3/s bis zurPirnaer Landstraße vorgenommen (STAATSARCHIV DRES-DEN, 1901).

7.3.5 Hochwasserverlauf

Vom 11. bis zum 13.August wurde für das Einzugsgebiet desLockwitzbaches ein Gebietsniederschlag von 245 mm er-mittelt (siehe auch Kapitel 1). Im Raum von Dresden fielenin diesem Zeitraum etwa 150 bis 250 mm Niederschlag. Ins-gesamt dauerte das Niederschlagsereignis in Dresden vonca. 18:20 Uhr am 11. August bis zum 13. August, 21:00 Uhr,also insgesamt 50 bis 51 Stunden.

Zur Rekonstruktion des Abflussgeschehens im Stadtgebietwurde auf Ergebnisse einer Niederschlags-Abfluss-Model-lierung zurückgegriffen (siehe auch Kapitel 2). Danach tratendie maximalen Abflüsse des Lockwitzbaches im Stadtgebietvon Dresden in den Morgenstunden des 13. August auf. DieScheitelabflüsse lagen in der Größenordnung von 70 m3/s,im Mündungsbereich der Elbe einschließlich des Niedersed-litzer Flutgrabens von fast 80 m3/s (siehe Abbildung 7-19).

Auf Grund der intensiven Niederschläge, in Dresden-Hoster-witz sind bis zum 12. August früh bis zu 40 mm Nieder-schlag gefallen, wurde bereits am 12. August, um 6:30 Uhrmit den ersten Ortsbegehungen am Lockwitzbach begon-nen. Zu dieser Zeit war das Gewässer am Abschlag des -Niedersedlitzer Flutgrabens durch die Zuflüsse aus den Ein-zugsgebieten unterhalb des Pegels Kreischa zu ca. 50%ausgelastet. Gegen 10:00 Uhr traf die Hochwasserwarnungdes LfUG in der Leitstelle der Landeshauptstadt Dresdenein. Es wurde vor der Alarmstufe 3 und 4 gewarnt. Am PegelKreischa, der Bezugspegel für die Stadt, war der Richtwertder Alarmstufe 1 noch nicht einmal erreicht. Erst ab denMittagsstunden des 12. August begann die Wasserführungim Lockwitzbach dramatisch zu steigen. Am Pegel Kreischawurde innerhalb kürzester Zeit der Richtwert der Alarm-stufe 4 erreicht (siehe Abbildung 7-19). Um 16:30 Uhr wurdevom Pegelbeobachter das Überschreiten der Alarmstufe 4gemeldet.

Nachmittags begannen auch die Probleme am Schwingwehrdes Lockwitzbaches (Abbildung 7-20). Das Wehr konnte nurzum Teil gezogen werden, verstopfte zunehmend mit Treib-gut, so dass das Wasser über die Ufer trat. Das hatte zurFolge, dass es im Bereich der Tögelstraße zu großflächigenÜberschwemmungen kam (Abbildung 7-21).

106

1) Regulativ über die Erhaltung und Räumung der Bäche und Landgräben am linken Elbufer im Pirnaischen und Dresdner Amtsbezirk, § 2: „Die genannten Bäche und gräben werden alljährlich, soweit das Regulativ etwas Anderes nicht bestimmt, von den daran liegenden Grundstücksbesitzern geräumt und inStand erhalten.“

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Nach vorliegenden Berechnungen der örtlichen Situationkonnten nur ca. 50% über das Schwingwehr im Gewässerabgeleitet werden (DITTRICH, 2003). Der übrige Abfluss ent-lastete über die seitlichen Ufer, wurde entlang der Straßen-flächen weiter in die bebauten Gebiete geleitet und erreichteerst einige hundert Meter unterhalb des Schwingwehreswieder das Gewässerbett.

Ab 18:00 Uhr, ca. 1 bis 2 Stunden nach dem am PegelKreischa die Alarmstufe 4 überschritten wurde, begannendie großräumigen Überschwemmungen in der Stadt. Es trat

der Niedersedlitzer Flutgraben über die Ufer und überflutetegroße Teile von Niedersedlitz, Großzschachwitz, Leuben,Dobritz und Seidnitz. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr unddes Umweltamtes konnten zu diesem Zeitpunkt nur nochden Verlauf der Katastrophe aufnehmen. Eine Hochwasser-abwehr war auf Grund des schnellen Anstiegs der Wasser-massen und der großräumigen Ausbreitung fast nicht mög-lich und hatte nur noch geringen Erfolg.

In den Morgenstunden des 13. August erreichte die Flut ihrenHöhepunkt. Ursache für die Überschwemmungen im Be-

12.08. 12.08. 13.08. 13.08. 14.08. 14.08. 15.08. 00:00 12:00 00:00 12:00 00:00 12:00 00:00

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

Pegel Kreischabis Abzw. Niedersedlitzer FlutgrabenMündung ElbeAlarmstufe 1 am Pegel KreischaAlarmstufe 2 am Pegel KreischaAlarmstufe 3 am Pegel KreischaAlarmstufe 4 am Pegel Kreischa

Zeit

Abf

luss

in m

3 /s

Abbildung 7-20: Schwingwehr an der Tögelstraße nach dem Hochwasser bei den Aufräumarbeiten (Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

Abbildung 7-21: Überschwemmungen im Bereich Tögelstraße am 13. August (Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

Abbildung 7-19: Mit dem N-A-Modell simu-lierten Hochwassergang-linien in Kreischa und imStadtgebiet von Dresden

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reich des Niedersedlitzer Flutgrabens waren dabei nebenden hohen Abflüssen vor allem die Geschiebeablagerungenam Ausleitbauwerk, wodurch der Hauptanteil der Hochwasser-welle des Lockwitzbaches durch den Flutgraben ableitenmusste (Abbildung 7-22).

Abschließend ist festzustellen, dass beim Augusthochwasser2002 die Überflutungen an vielen Stellen oft sehr genau bisan die kartierten Grenzen der Flussauen reichten. In einigenStadtteilen wurden, möglicherweise durch Veränderung dernatürlichen Abflusswege, auch Teile der Tieferen Nieder-terrasse überschwemmt (siehe Abbildung 7-18).

7.3.6 Schadensprozesse – Schadensbilder

Durch die enormen Wassermassen kam es am gesamtenFluss zu gefährlichen Seitenerosionen aber auch zu Ablage-rungen. Das mitgeführte Treibgut verlegte Durchlässe undBrücken und führte zu Schäden an Widerlagern der Brücken

und Uferbefestigungen. Hier kam es dann zum Aufstau, derdie teilweise weiträumige Überschwemmung begünstigte(Abbildung 7-22). Die größten Schäden über die gesamteGewässerstrecke im Stadtgebiet sind aber durch Seiten-erosionen entstanden, die meist zu erheblichen Zerstörun-gen an den Ufern und an Gebäuden führten (siehe Abbil-dung 7-24).

Sie spielten entsprechend der Schadensbildauswertung ausdem Hochwasserschutzkonzept des Lockwitzbaches (LTV,2003c) im Stadtgebiet mit über 60% der Schadensfälle diemaßgebliche Rolle. Prozesse der Sedimentation und Ver-klausung sowie die unmittelbaren Gebäude-, Brücken- undStraßenschäden ergänzten das Schadensbild.

Insgesamt wurden im Stadtgebiet am Lockwitzbach undNiedersedlitzer Flutgraben 105 Einzelschäden am Gewässer in die Schadensdatenbank der LTV aufgenommen. Für dieBehebung der Schäden am Gewässer werden Kosten von

108

Abbildung 7-22: Überschwemmungen im Bereich des Niedersedlitzer Flutgrabens am 13. August(Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

Abbildung 7-23: Überschwemmungen im Bereich des Niedersedlitzer Flutgrabens am 13. August(Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

Abbildung 7-24: Durch das Hochwasser zerstörte Gebäudeam Lockwitzbach (Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

Abbildung 7-25: Unterspülte Straße durch den Lockwitzbach(Foto: Umweltamt Dresden, 2002)

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ca. 6,7 Mio. € abgeschätzt (LTV, 2004). Nach dem Hochwas-ser wurden durch die Wirtschaftsförderung der Landeshaupt-stadt Dresden Flutschäden an der kommunalen Infrastrukturund bei 73 gewerblichen Unternehmen aufgenommen. DieSchadenssumme für die gewerblichen Unternehmen beträgt6,7 Mio. €. Einschließlich der Schäden an der kommunalenInfrastruktur liegt die Gesamtschadenssumme im Bereich des Lockwitzbaches in Höhe von ca. 13,5 Mio. € (LANDES-HAUPTSTADT DRESDEN, 2003a).

7.3.7 Hochwasserschutzkonzept

der Landeshauptstadt Dresden

Das Schutzziel für den Bereich der Landeshauptstadt Dres-den ist der Schutz vor einem 100-jährigen Hochwasser. EinGewässerausbau auf diese Größenordnung ist allerdingsam Lockwitzbach technisch, wirtschaftlich und ökologischnicht vertretbar.

Die Instandhaltung des Lockwitzbaches wurde in den letztenJahrzehnten vernachlässigt. Der erste Schritt zur Verbes-serung des Hochwasserschutzes muss deshalb die Beseiti-gung der akuten Schäden und die grundhafte Instandsetzungdes Gewässerbettes sein. Die notwendige Erweiterung derFließquerschnitte, der Lockwitzbach auf zwischen 27 m3/sund 55 m3/s im Stadtgebiet von Dresden, der Niedersed-litzer Flutgraben auf maximal 12 m3/s und die städtischenMühlgräben auf 1 m3/s , stößt im städtischen Raum schnellan Grenzen. Deshalb muss die Rückhaltung der ankommen-den Flutwelle im vorwiegend landwirtschaftlich genutztenRaum oberhalb von Dresden verbessert werden. Für Hoch-wasserschutzmaßnahmen zur Reduzierung der Scheitel-abflüsse bieten sich besonders Rückhaltemaßnahmen imFolgenbach, Querbach, Hirschbach, Possendorfer Bach undim Lockwitztal zwischen Kreischa und Dresden an.

Im Stadtgebiet ist die Einrichtung von Retentionsflächen mit verträglicher Nutzung in überflutungsgefährdeten Gebie-

ten für nachstehende Flächen vorgesehen (Abbildung 7-26,Abbildung 7-27):

■ zwischen Hänichenmühle und Dohnaer Straße, Aufgabeder Grünfläche Lochnerstraße (Flutpolder) (Abb. 7-26, Nr. 1)

■ Grünland an der Stadtgrenze Bereich der A17 bis Be-bauungsbeginn Lockwitzgrund (Flutpolder) (Abb. 7-26,Nr. 2)

■ Garagenstandort am Bahndurchlass des NiedersedlitzerFlutgrabens (Retention zum Durchlass) (Abb. 7-27, Nr. 1)

■ Obstanbaufläche zwischen Niedersedlitzer Straße undSosaer Straße am Niedersedlitzer Flutgraben (Flutpolder)(Abb. 7-27, Nr. 2)

■ Grün- und Ackerland zwischen Mühlgraben (Gewässer 2. Ordnung) und Lockwitzbach im Bereich der Dankelmann-teiche und der Niedermühle (Flutpolder) (Abb. 7-27, Nr. 3)

7.3.8 Fazit

Der Lockwitzbach fließt im untersten Abschnitt durch starkbesiedeltes Gebiet. Dort ist sein Gerinne teilweise recht ein-geengt, verschiedene Brücken schränken die Abflusskapa-zität erheblich ein. Ein Anfang des 20. Jahrhunderts gebau-tes Schwingwehr leitet im Hochwasserfall einen Teil desAbflusses ab. In der Vergangenheit sind Überschwemmun-gen durch den Lockwitzbach belegt, das Augusthochwasser2002 wird jedoch als bisher schwerstes eingeordnet. DurchGeschiebeablagerungen am Schwingwehr und Verklausun-gen der Brücken wurden großflächige Überschwemmungenverstärkt. Hauptschadenprozess war die Seitenerosion, diegroße Strecken des Ufers, aber auch Gebäude zerstörte. Mitdem vorgesehenen Hochwasserschutzkonzept sollen dieFließquerschnitte des Lockwitzbaches und des Flutgrabensauf städtischem Gebiet erweitert werden. Allerdings ist einAusbau auf die Größe eines HQ100 weder technisch, öko-nomisch noch ökologisch realisierbar. Darum werden auchRetentionsmaßnahmen im Raum oberhalb der Stadt Dres-den geprüft.

Abbildung 7-26: Lage der Hochwasserschutzmaßnahmenim Stadtgebiet von Dresden(Quelle: Umweltamt Dresden)

Abbildung 7-27: Lage der Hochwasserschutzmaßnahmenim Stadtgebiet von Dresden(Quelle: Umweltamt Dresden)

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7.4 Weißeritzhochwasser im

Gebiet der Stadt Dresden

Thomas Jakob, Umweltamt Dresden

7.4.1 Geologische, natur- und kulturräumliche

Grundlagen

Wilde und Rote Weißeritz durchfließen im Osterzgebirge eingroßes Gebiet aus Gneisen und Porphyren. Vereinigt durch-schneidet sie im östlichen Ausläufer des Mulde-Lösshügel-landes zunächst die aus Rotliegend-Gesteinen bestehendeDöhlener Senke, anschließend als Kerbtal im PlauenschenGrund den Monzonit (Syenodiorit) mit den darüber lagern-den, ca. 2° nach NO einfallenden, kreidezeitlichen Schluff- undMergelsteinen (Plänern). Schließlich mündet das Tal in dieDresdner Elbtalweitung. Letztere entstand in einem tekto-nisch geprägten Gebiet durch den Wechsel von pleistozänerAusräumung und Aufschüttung im Bereich der relativ leichterodierbaren Pläner. An der Erdoberfläche stehen hier des-halb überwiegend quartäre Lockergesteine an. Schon seitder Saale-Kaltzeit, besonders in der Weichsel-Kaltzeit, wer-den im Mündungsbereich Schwemmfächer der Weißeritzins Elbtal geschüttet, wo sie sich mit den entsprechendenKiesen der Elbterrassen vermischen. Sowohl im Bereich derheutigen Friedrichstadt als auch rechts der Talaue bis zurAltstadt baut sich die von sandigem Tallehm überlagerteTiefere Niederterrasse vorwiegend aus Weißeritzkiesen auf.Die holozäne Weißeritzaue erweitert sich ab Plauen trichter-förmig und mündet zwischen Zwinger und Bahnhof Dresden-Mitte in die Elbaue. Ihr Schwemmfächer hat durch Abdrän-gen der Elbe die Entstehung der Schleife des Ostragehegesmit ausgelöst.

7.4.2 Einzugsgebiet und Topographie

Die Rote Weißeritz und die Wilde Weißeritz entspringen inden nördlichen Kammlagen des Erzgebirges und vereinigensich in Coßmannsdorf bei Freital zur Vereinigten Weißeritz.Diese durchfließt das gesamte Stadtgebiet Dresden bis zurMündung in die Elbe (siehe Abbildung 7-28).

Insgesamt umfasst das Einzugsgebiet der Weißeritz eineFläche von 385 km2 bei einer Flusslänge von 61,5 km. DieWeißeritz weist als geschiebegeprägter Mittelgebirgsflussim Oberlauf ein relativ starkes Sohlgefälle auf. Die dadurchentstehenden hohen Schleppkräfte verursachen umfangreicheSohl- und Ufererosionen und eine erhebliche Geschiebe-führung.

Beim Austritt der Weißeritz aus dem engen PlauenschenGrund in die Elbtalweitung erfolgt ein Gefällewechsel. Ins-besondere ab dem „Weißeritzknick“ nimmt die Tendenz zurSedimentation auf Grund des geringen Gefälles zu. Im Unter-lauf der Weißeritz beträgt das Sohlgefälle weniger als 0,5%.Während des Hochwassers vom August 2002 führten die

Geschiebeablagerungen zu einer maßgeblichen Einengungdes Gewässerbetts der Weißeritz im Stadtgebiet. DieseSedimentation begünstigte das unkontrollierte Übertre-ten der Weißeritz, insbesondere im Bereich der LöbtauerStraße.

Im Stadtgebiet Dresden wird für die Vereinigte Weißeritz am Pegel Cotta ein mittlerer Durchfluss von MQ = 3,33 m3/sangegeben. Der Bemessungsabfluss für ein 100-jährlichesHochwasserereignis vor dem Hochwasser im August 2002betrug HQ100 = 134 m3/s.

Die Vereinigte Weißeritz mündet in die Elbe bei Strom-Kilo-meter 61,468. Für diesen Mündungsbereich werden fol-gende Wasserstände angegeben:

Mittelwasser 103,11 m ü. NN100-jährliches Hochwasser 109,58 m ü. NN Hochwasser von 1890 109,74 m ü. NN

Der historische Weißeritzverlauf mündete westlich derMarienbrücke bei Strom-Kilometer 56,7 in die EIbe. Amhistorischen Mündungsbereich der Weißeritz betrug derHochwasserstand der Elbe von 1890 110,24 m ü. NN.

110

Abbildung 7-28: Vereinigte Weißeritz im Stadtgebiet vonDresden mit dem Überschwemmungs-gebiet vom August 2002

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111

7.4.3 Historische Betrachtung

Entwicklung des Untersuchungsgebietes

Die Siedlungsentwicklung im Untersuchungsgebiet ist engmit der Entwicklung Dresdens verknüpft. Allerdings ging die Entwicklung im Plauenschen Grund und im Bereich derElbtalweitung unterschiedlich schnell vor sich. Während derPlauensche Grund erst im 16. Jahrhundert erschlossen wur-de, war der nördliche Teil des Einzugsgebietes Jahrhundertelang durch bäuerliche Wirtschaften, Wälder, Wiesen, Äckerund die weitgehend unveränderte Weißeritz charakterisiert.Die Weißeritzmündung lag in der Nähe des Dorfes Poppitz,dem späteren Kern der Wilsdruffer Vorstadt. Das Gebiet warnoch im 13. Jahrhundert von einer Mischung aus Auenwaldund von Wassergräben und Tümpeln durchzogenem Wiesen-land geprägt.

Auf Grund der Nähe zum Fluss brachte diese Gegend besteVoraussetzungen für eine Besiedlung mit sich. Die Weißeritz-aue zwischen der Zwickauer Straße und Tharandter Straßewurde lange von den Löbtauer Bauern als Viehweide genutzt.Im Zusammenhang mit der sich immer schneller ausbreiten-den Bebauung ging die Nutzung der Viehweiden zurück und diefreien Flächen an der Weißeritz wurden zunehmend geringer.

Der Plauensche Grund wurde erst 1509 durch die Anlageeines Fußweges durch den Wald erschlossen, dieser 1745 zueinem Fahrweg erweitert und erst 1809 zur Verkehrsstraßeausgebaut. Damit erfolgte eine bessere Erschließung desPlauenschen Grundes, welche wiederum eine rasante Ent-wicklung dieses Gebietes zur Folge hatte. Dies zog einerasche Bebauungszunahme nach sich und Industriebetriebesiedelten sich an. Mit dem Bau der Eisenbahnstrecke (Albert-bahn) von Dresden nach Tharandt 1854/1855 gab es einenweiteren entscheidenden Entwicklungsschub, der erneutzahlreiche neue Gewerbeeinrichtungen und Bebauungen be-inhaltete.

Schon frühzeitig wurde erkannt, dass die Weißeritz Nutzwas-ser und Energie für den Mühlenbetrieb lieferte und somit sehrgute Voraussetzungen für die Ansiedlung zahlreicher Mühlenbot. Erste Nachweise des Mühlenbetriebs an der Weiße-ritz sind aus dem 14. Jahrhundert belegt. Im Untersuchungs-gebiet befanden sich daher zahlreiche Mühlgräben, von denenheute allerdings nur noch vereinzelt Überreste erhalten sind.Der bedeutendste, vermutlich dem Verlauf eines ehemali-gen Seitenarms der Weißeritz folgende Mühlgraben war derWeißeritzmühlgraben. Er zweigte ca. 200 m unterhalb derheutigen Würzburger Straße von der Weißeritz ab und verliefauf einer Länge von ungefähr 4 km durch die heutige Wils-druffer Vorstadt. Durch die ständige Wasserführung diesesGrabens entwickelte sich die heutige Wilsdruffer Vorstadt zu einem gewerbereichen Stadtteil. Im Jahr 1378 wurdenvom Weißeritzmühlgraben bereits 12 Mühlwerke angetrie-ben. 1500 wurde die Papiermühle erbaut. 1715 entstand aus einem Eisenhammer die Spiegelschleife. Weiter gab es einKanonenbohrwerk, das 1763 aus einem Kupferhammer um-gebaut wurde. Außerdem sind noch die Pulvermühle, die

Kunadmühle, eine Tabakmühle und eine Nudelmühle mitdem Wasser des Weißeritzmühlgrabens versorgt worden.1937 wurde der Mühlgraben zugeschüttet und teilweise über-baut.

Die frühen Ansätze zur Gewerbe- und Industrieentwicklungentlang der Weißeritz und im Bereich der Wilsdruffer Vorstadtprofitierten maßgeblich von der Einführung der Gewerbefrei-heit im Jahr 1862. Gewerbe sowie Industrie- und Produktions-firmen, deren Ansiedelung vorher nicht gestattet war, konntensich frei entwickeln. Dennoch wollte die Stadt Dresden denursprünglichen Charakter einer Residenzstadt nicht aufgebenund griff ab dem 19. Jahrhundert regulierend in die Bauvor-haben ein. So sollten die Stadtrandgebiete planmäßig bebautwerden. Industrie durfte sich nicht mehr in der Innenstadt an-siedeln, es erfolgte eine strikte Trennung von Wohngebietenund Industriestandorten. Dies hatte zur Folge, dass sich dieGebiete südwestlich der Innenstadt, insbesondere die Wils-druffer Vorstadt und die Standorte entlang der Weißeritz zureinen Industriezonen entwickelten. Weiterhin bewirkte derBau der Eisenbahntrassen in einem großen Bogen um denWesten und den Süden der Stadt eine weitere Differenzierunghinsichtlich der Industrie- und Wohngebiete. Diese Trennung inder Stadtstruktur prägt bis heute das Untersuchungsgebiet.

Flussregulierungsmaßnahmen

an der Vereinigten Weißeritz

Um 1780 waren noch zahlreiche Verzweigungen, Flussbiegun-gen und Nebenarme an der Weißeritz vorhanden. Bereits im19. Jahrhundert wurden diverse Korrekturen und Begradigun-gen am Flussbett der Weißeritz vorgenommen wurden. Bei-spielsweise waren 1869 im Bereich zwischen WürzburgerStraße und Freiberger Straße, Fabrikstraße und TharandterStraße noch ausgedehnte Auenbereiche und Inseln in derWeißeritz vorhanden. Mit der zunehmenden industriellenNutzung des Gebiets wurden diese natürlichen Über-schwemmungsbereiche beseitigt. Dasselbe gilt für die 1780noch deutlich erkennbaren Krümmungen des Flussbettes zwi-schen Löbtauer Straße und Freiberger Straße.

In den Jahren 1891 bis 1893 wurde die Weißeritz zwischenLöbtau und Cotta auf einer Länge von 2,9 km in ein neues,kanalisiertes Flussbett verlegt. Dadurch entstand im Bereichdes heutigen Dreikaiserhofs eine ca. 110-Grad-Biegung imFlusslauf (im Folgenden als „Weißeritzknick” bezeichnet).Nach Fertigstellung der Verlegung mündete der Fluss ca. 4,5 km elbabwärts von der ursprünglich an der Marienbrückegelegenen Mündung in die Elbe. Die im ehemaligen Wei-ßeritzverlauf freigewordenen Flächen wurden zum Bau derMarienbrücke, zur Erweiterung der Eisenbahnstrecke sowiezur Bebauung genutzt.

Historische Hochwasserereignisse in der Weißeritz

Die Chronik der Weißeritz enthält zahlreiche Aufzeichnungenüber Hochwasser. So werden beispielsweise in FÜGNER(1995b), REICHERT (2000) und TRAUTMANN (1912) folgendegenannt:

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■ Im Jahr 1445 wurde bei einem Sommerhochwasser im Be-reich des heutigen Plauen die ganze Aue überschwemmtund die damaligen Dörfer Wernten und Rostagk (das Ge-biet der heutigen Friedrichstadt) überflutet.

■ Im Januar 1651 wurde von Chronisten erwähnt, dass dieWeißeritz mehrere Gassen und die Viehweide in der heuti-gen Wilsdruffer Vorstadt unter Wasser gesetzt hat.

■ Im Jahr 1655 waren nach einer lang anhaltenden KälteWeißeritz und EIbe zugefroren. Dieser Eisstau verursachteein Hochwasser, wobei auf Grund starker Regenfälle dieganze Wilsdruffer Vorstadt überschwemmt wurde.

Besonders die lokal begrenzten sommerlichen Starknieder-schlagsereignisse führten zu katastrophalen Auswirkungen im19. und 20. Jahrhundert, dazu gehören folgende Hochwasser:

Beim Weißeritz-Hochwasser von 1897, in Dresden-Plauenwurde ein Abfluss von ca. 300 m3/s abgeschätzt (SORGER,1913), zerstörten die Fluten im Plauenschen Grund die Felsen-kellerbrauerei und den Dölzschener Eisenhammer. An der Tha-randter Straße wurden mehrere Häuser beschädigt oder garzerstört und die damals neu gebauten Brücken an der Würz-burger Straße und der Bienertstraße zum Einsturz gebracht. InLöbtau wurde die Ufermauer vor dem Rathaus völlig zerstörtund ein Teil des sich damals im Bau befindlichen Rathausesstürzte ein. Bei diesem Hochwasser floss die Weißeritz erst-mals nach ihrer Umverlegung von 1893 wieder in ihr altes Bettund richtete in der Friedrichstadt sowie entlang des neuenFlusslaufes großen Schaden an. Im Bereich der „neuen” Mün-dung der Weißeritz in die Elbe bei Cotta wurden umfangreicheGeschiebemassen von etwa 140.000 m3 abgelagert, die zeit-weise sogar den Schiffsverkehr auf der Elbe verhinderten.

Trotz des Baus der Talsperren Malter (Rote Weißeritz), Klin-genberg und Lehnmühle (Wilder Weißeritz) am Anfang des20. Jahrhundert kam es auch 1918, 1926, 1927 und 1941 zuÜberflutungen im Stadtgebiet von Dresden.

1958 lag der Schwerpunkt der Niederschläge im Zwischen-einzugsgebiet unterhalb der Talsperren. Die Wassermassenergossen sich erneut entlang des historischen Verlaufs in dieFriedrichstadt, aber auch in Richtung Cotta.

7.4.4 Ablauf des Augusthochwassers der Weißeritz

in Dresden

Das Zentrum der Starkniederschläge am 12. und 13. August2002 lag im Einzugsgebiet der Roten und Wilden Weißeritz.Obwohl die Hauptmenge des Niederschlags oberhalb derTalsperren niederging, reichte der dort verfügbare Rückhalte-raum nur aus, um die Scheitelabflüsse der Roten und derWilden Weißeritz zu verzögern und ein Aufeinandertreffenzu verhindern. Beim Zusammentreffen beider Scheitel hätteder Abfluss ohne Talsperren statt 450 m3/s über 500 m3/s amZusammenfluss von Wilder und Roter Weißeritz betragen.

Gegen 20:00 Uhr war die Kapazität der Talsperre Malter er-reicht und ca. 220 m3/s flossen ungesteuert über die Hoch-

wasserentlastung in den Rabenauer Grund bis zur Vereini-gung mit der Wilden Weißeritz in Freital-Hainsberg. Zu den350 m3/s, die seit Mitternacht von den Talsperrenbauwerkenabflossen, ist noch der Zufluss aus dem Einzugsgebiet unter-halb der Staumauern zu addieren.

Ausgehend von den Erfahrungen des Jahres 1958 muss mit einem Abfluss aus dem Zwischeneinzugsgebiet in derGrößenordnung von 200 m3/s gerechnet werden. Damals lagdas Zentrum der Niederschläge im Raum Tharandt–Dresdenmit 190 mm vom 3. bis 6. Juli 1958 (HAUS DER HEIMAT,1977). Das führte im Plauenschen Grund zu einem Scheitel-abfluss von ca. 230 m3/s (FÜGNER, 1995b). Die Talsperrenhielten damals den oberstromigen Zulauf vollständig zurück.

Weder das Flussbett der Roten noch der Wilden noch derVereinigten Weißeritz waren ausreichend leistungsfähig, umdie extremen Abflüsse aufzunehmen, so dass es zu Ausufe-rungen und erheblichen Erosionsschäden und Zerstörungenim Flussbereich kam. In den Flussbetten trat vorwiegendSeitenerosion auf. Diese führte u.a. zum Abbruch von Ufer-mauern und -befestigungen, zur Zerstörung von Verkehrs-anlagen und zur Unterspülung und zum Umstürzen zahlloserBäume. Das Hochwasser hat große Mengen an Geschiebe undTreibgut mobilisiert. Beide Faktoren – Treibgut und Geschiebe– hatten für das Hochwassergeschehen in der Nacht vom 12. zum 13. August entscheidende Bedeutung (Abbildung 7-29).

Das durch das Hochwasser mitgeführte Geschiebe, der sogenannte Weißeritzschotter, lagerte sich in Bereichen mitabnehmender Fließgeschwindigkeit z.B. an Gleitufern vonFlussbiegungen ab und reduzierte damit den verfügbarenFlussbettquerschnitt. Eine solche Ablagerung wuchs am lin-ken Ufer im Bereich des so genannten Weißeritzknickes ander Löbtauer Straße auf.

112

Abbildung 7-29: Die Teilströme aus dem Hofbereich desFelsenkellerareals und von der Bahntrassestauen sich zusammen mit dem Haupt-durchfluss an der Bahnbrücke und Hege-reiter Brücke im Plauenschen Grund am13. August 2002 (Foto: Jan Winkler, 2002)

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Durch die während der Hochflut aufwachsende Geröllbankund den Versatz der Brücken mit Treibgut drängte die Weiße-ritz aus ihrem Bett und ergoss sich breitflächig nach Löbtauund über die Löbtauer Straße, Freiberger Straße und schließ-lich entlang des alten Weißeritzbettes bis zur Friedrichstadtund in die Wilsdruffer Vorstadt. Dabei traten sehr hohe Fließ-geschwindigkeiten von ca. 5 m/s auf, die massive Zerstö-rungen an Gebäuden und an den Straßenkörpern zur Folgehatten. Mit weiterem Anschwellen der Weißeritz nahm dieAusuferung im Plauenschen Grund bisher nie beobachteteAusmaße an. Hier traten extrem hohe Fließgeschwindigkeitenauf. Die viel zu geringen Querschnitte an den Brücken bewirk-ten einen Aufstau des Treibgutes, das mit zerstörerischerGewalt gegen die Hindernisse im Stromverlauf anprallte.

Die sich im Bereich der Brücken und Wehre bildenden Wirbelführten zum intensiven Materialabtrag und zur Zerstörung vonUferbefestigungen. Die folgenreichste Zerstörung war der Ein-sturz der Ufermauer und nachfolgend eines Wohnhauses ander Würzburger Straße. Hier kam ein Mensch zu Tode.

Die Weißeritz floss in die Senke unter der Nossener Brückeund dem ehemaligen Tiefgleis folgend in den Hauptbahnhofund von dort in die Dresdner Innenstadt bis zum Dr.-Külz-Ring (siehe Abbildungen 7-30, 7-31 und 7-32).

Seit dem Mittelalter ist eine solche großflächige Über-schwemmung durch die Weißeritz nicht überliefert.

7.4.5 Abwehrmaßnahmen

Die Verantwortlichen der Landeshauptstadt Dresden hattenbereits seit den Mittagsstunden des 12. August im gesam-ten Stadtgebiet mit der Abwehr der Hochwasser an denstädtischen Fließgewässern wie u.a. Kaitzbach, Keppbach,Lotzebach und am Lockwitzbach zu tun. Es gab dazu eineHochwasserwarnung der Hochwasserzentrale im Sächsi-schen Landesamt für Umwelt und Geologie vom 12. August2002, die die Stadt um 10:15 Uhr erreichte. Diese kündigteRegenmengen bis 120 mm an. „Das Erreichen der Richt-werte der Alarmstufen 3 und 4 vor allem in kleinen Einzugs-gebieten ist dann nicht auszuschließen.” Eine Aktualisierungder Hochwasserwarnung war für spätestens 15:00 Uhr an-gekündigt, erreichte das Umweltamt aber nicht.

Auf Grund der bereits im ganzen Stadtgebiet an den ande-ren Gewässern aufgetretenen Überflutungen hat der Ober-bürgermeister am 12. August, um 19:20 Uhr Katastrophen-alarm für das gesamte Stadtgebiet ausgelöst.

Um 16:30 Uhr wurde von der Talsperrenverwaltung an-gekündigt, dass in ca. 10 Stunden die Talsperre Klingenbergüberlaufen wird. Um 20:15 Uhr informierte der Betriebs-leiter der für den Betrieb der Talsperren und die Unter-haltung der Weißeritz zuständigen Landestalsperrenverwal-tung, dass die Talsperre Malter überläuft. Um 23:00 Uhr liefdie Talsperre Lehnmühle über. Das Wasser konnte nochkurzzeitig von der Talsperre Klingenberg gehalten werden.

Abbildung 7-30: Vereinigte Weißeritz entlang der TiefgleiseRichtung Hauptbahnhof am 13. August(Foto: Jan Winkler, 2002)

Abbildung 7-31: Überfluteter Hauptbahnhof am 13. August(Foto: Jan Winkler, 2002)

Abbildung 7-32: Überflutete St. Petersburger Straße am 13. August (Foto: Jan Winkler, 2002)

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Um 3:35 Uhr, am 13. August liefen bereits 50 m3/s vonKlingenberg ab in Richtung Tharandt, 5:20 Uhr waren es be-reits 120 m3/s. Zu dieser Zeit hatte sich die Flut in Dresdenbereits den Weg in Richtung Hauptbahnhof und Innenstadtgesucht.

Die im Laufe des Tages in der Stadt verfügbaren Informa-tionen ermöglichten keine zielgerichteten, vorsorglichenAbwehr- und Schutzmaßnahmen. Aber auch mit dem Aus-maß des Hochwassers, wie u.a. der Übertritt der Weißeritzin die Innenstadt an der Würzburger Straße, wurde nichtgerechnet. Insofern blieb den Einsatzkräften nur im Wett-lauf mit der Entwicklung der Hochflut so viel wie möglich anMenschenleben und Sachgütern zu retten.

Die von der Weißeritzflut verursachten Schäden belaufensich allein für die städtischen Einrichtungen und die städ-tische Infrastruktur auf ca. 200 Mio. € (LANDESHAUPTSTADTDRESDEN, 2003b). Darüber hinaus sind der Landtag, wich-tige Kulturgüter und Kunstschätze des Freistaates, aber auch400 Gewerbebetriebe geschädigt worden.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Weißeritzwegen ihrer Charakteristik auch bei Ausschöpfung allerMaßnahmen des Flussgebietsmanagements und der Tal-sperrenbewirtschaftung weiterhin eine Gefahr für die Landes-hauptstadt Dresden darstellt. Mit Maßnahmen des techni-schen Gewässerausbaus allein können diesen Risiken nichtvollständig beherrscht werden.

7.4.6 Hochwasserschutzkonzept der Landes-

hauptstadt Dresden

Am 12./13. August 2002 ist die Vereinigte Weißeritz zumdritten Male seit ihrer Umverlegung 1893 im Bereich ihresalten Flussbettes durchgebrochen und hat dabei die Fried-richstadt, die Wilsdruffer Vorstadt und das historische Stadt-zentrum überflutet. Die Folgen dieses Hochwassers übertra-fen alle bisherigen Ereignisse, da sogar der Hauptbahnhof undin der Folge weitere Teile der Innenstadt überflutet wurden.

Um einen kontrollierten Abfluss der Weißeritz zu gewähr-leisten, ist im Stadtgebiet nach Entlastungsmöglichkeiten zusuchen. Der Oberbürgermeister beauftragte daher unmittelbarnach dem Augusthochwasser den Geschäftsbereich Wirtschaft,in Abstimmung mit dem Land, ein Konzept für die wirksameVerbesserung des Schutzes der geschädigten Stadtteile vorHochfluten der Weißeritz zu erarbeiten. Das Umweltamt hatdaraufhin die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie veranlasst.

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden zwei Grund-varianten entwickelt:

■ den Ausbau des bestehenden Weißeritzlaufes und■ die Wiederherstellung des alten Weißeritzbettes.

Im Laufe der Bearbeitung wurden Vorschläge entwickelt, umdie jeweils auftretenden Nutzungskonflikte zu minimieren.

Darauf aufbauend entstand eine weitere Variante: dieSchaffung eines Notüberlaufes im Bereich Löbtauer Straße– Weißeritzstraße. Diese Variante ist nach bisherigem Pla-nungsstand mit den geringsten Kosten verbunden.

Der Variantenvergleich wurde hinsichtlich hydraulischer Leis-tungsfähigkeit, Spezifizierung des Raumwiderstandes (Nut-zungskonflikte), Stadtentwicklungspotentialen, Bau- undBetriebskosten und Möglichkeiten zur stufenweisen Um-setzung vertieft, so dass eine Vorzugsvariante für die weite-ren Bearbeitungsschritte abgeleitet werden konnte. Dabeiwird davon ausgegangen, auch im Oberlauf Verbesserungs-maßnahmen zu treffen, die die Gefahr eines noch über die historischen Marken hinausgehenden Hochwassers aus-schließen können. Es ist angedacht, die Weißeritz in ihrembestehenden Verlauf so weit zu ertüchtigen, dass Hoch-wasserereignisse wie 1897 und 1958 schadlos abgeführtwerden können. Damit kann Dresden einen Schutz vorWeißeritzhochfluten erhalten, wie er noch nie zuvor gegebenwar. Allein dies wird voraussichtlich 50 Mio. € kosten.

Die Untersuchungen zeigten, dass der so genannte „Weiße-ritzknick” zwischen Löbtauer Straße und Freiberger Straßeeinen kritischen Punkt darstellt. Hier floss die Weißeritz ur-sprünglich geradeaus. An diesem „Knick” sedimentiert derFluss im Hochwasserfall am Gleithang besonders stark. Da-mit verengt sich das Flussbett, der Stromstrich verlagert sichin Richtung Prallhang und das Wasser tritt in Richtung desalten Verlaufes über, was durch die Längsneigungsverhält-nisse noch begünstigt wird.

An diesem kritischen Punkt muss das Risiko eines Über-trittes der Weißeritz verringert werden, auch wenn diesernie ganz auszuschließen ist. Durch den Ausbau des be-stehenden Flussbettes wird die Wahrscheinlichkeit, dass bei solchen Ereignissen ein Teil der Weißeritzflut wieder denWeg entlang des historischen Verlaufes zur Elbe nimmt,zwar geringer, es wird empfohlen, trotzdem operationelleMaßnahmen vorzusehen, die die Wilsdruffer Vorstadt unddie Friedrichstadt schützen.

7.4.7 Zusammenfassung

Beim Weißeritzhochwasser im August 2002 kam es zu Über-schwemmungen, wie sie seit dem Mittelalter nicht mehr be-obachtet wurden. Im Stadtgebiet von Dresden gingen Flächenvon etwa 600 ha unter Wasser. Ursache für dieses katastro-phale Ereignis waren Niederschläge im Osterzgebirge, die allebisher in Deutschland gemessenen Werte überschritten.

Zum dritten Male seit ihrer Umverlegung verließ die Weiße-ritz ihr künstlich geschaffenes Bett und folgte ihrem histori-schen Verlauf in die Friedrichstadt. Schon vorher, in Plauenund Löbtau hatte der Fluss mit bisher nicht gekannter Inten-sität sein Flussbett verlassen und von dort aus den Dresd-ner Hauptbahnhof unter Wasser gesetzt. Die Weißeritzfluthat in Dresden Schäden von rund 400 Mio. € (LANDES-HAUPSTADT DRESDEN, 2003b) verursacht.

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Die Vereinigte Weißeritz soll im Stadtgebiet von Dresden inden nächsten Jahren durch den Freistaat Sachsen so ertüch-tigt werden, dass künftig ein Hochwasser mit einem zwei-hundertjährlichen Wiederkehrintervall schadlos abgeführtwerden kann. Das entspricht in etwa einer Verdoppelung dergegenwärtigen Leistungsfähigkeit.

Selbst bei Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Fluss-gebietsmanagements und der Talsperrenbewirtschaftung wer-den die Maßnahmen des technischen Gewässerausbausallein nicht ausreichen, die von der Weißeritz in Dresdenausgehende Risiken vollständig zu beherrschen. Die Weiße-ritz wird wegen ihrer Charakteristik auch weiterhin eineGefahr für die Landeshauptstadt Dresden darstellen.

Aus diesem Grunde kommt der Auseinandersetzung mitden Möglichkeiten und Grenzen des Schutzes vor extremenHochwasserereignissen wie im August 2002 große Bedeu-tung zu. Hierzu ist es erforderlich, Schutzniveaus für diebetroffenen Stadtgebiete und Einrichtungen festzulegen unddaraus geeignete Schutzvorkehrungen abzuleiten.

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Teil II

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Durch die Auswertung historischer Ereignisse bieten sichVergleiche hinsichtlich der abgelaufenen Prozesse, der über-fluteten Flächen und natürlich der Häufigkeit des Auftretensvon Extremereignissen. Sie geben einen wichtigen Hinweis,was im Katastrophenfall geschehen kann und werden beider Planung der Schutzkonzepte und der Bemessung berück-sichtigt.

8.1 Quellen zum Hochwasser-

geschehen

In den linksseitigen Nebenflüssen der Oberen Elbe habensich seit Menschengedenken große und schadensreicheHochwasser ereignet. Aufzeichnungen über historischeHochwasserereignisse im Osterzgebirge existieren seitdem frühen Mittelalter und gehen mit der Besiedlung desErzgebirges im 12. und 13. Jahrhundert einher. Im Rahmender Ereignisanalyse wurden sehr viele und sehr weitzurückreichende Hochwasserereignisse recherchiert (POHL,2003a). Insgesamt konnten in den betrachteten Flussgebie-ten über 140 Hochwasser nachgewiesen werden – die meis-ten in den dicht besiedelten Flusstälern. Die Häufigkeit derbekannten Hochwasser der letzten 500 Jahre in den einzel-nen Flussgebieten zeigt Abbildung 8-1.

Oft sind historische Hochwasser anhand der Schäden nurverbal in alten Chroniken oder Kirchenbüchern beschrieben.

Konkretere Angaben sind durch Markierungen der Höchst-wasserstände an Pegeln oder Bauwerken wie Kirchen,Brücken sowie sonstigen Gebäuden vorhanden (Abbil-dung 8-2).

Bei der Nutzung von Hochwassermarkierungen zur Rekon-struktion der Abflussverhältnisse muss im Einzelfall geprüftwerden, ob sich die Marken noch an ihrem ursprünglichenAnbringungsort befinden und in welcher Weise sich dasGewässer seit dem Ereignis an der Markierungsstelle ver-ändert hat.

8 Das Hochwasser vom August 2002 im Vergleich zu historischen Hochwassern

0

10

20

30

40

50

60

16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh. Gesamt

Anz

ahl

GottleubaMüglitzLockwitzWeißeritzWilde SauTriebischKetzerbach

ChronikenSchadensberichteVisitationsberichteSteuersachenPegelbücherPredigtenKirchenbücheralte Projektewasserwirtschaftliche Unterlagenalte Schiffsunterlagenu.a.

Handschriften

MonographienZeitungenChronikenReiseberichteLandesbeschreibungeFlugschriftenu.a.

Druckschriften

Schriftliche Quellen

FlusskartenDeichkartenalte BaupläneKarten vonÜberschwem-mungsgegebietenu.a.

Landkarten

StadtansichtenLandschaftsbilderZeichnungen,Stiche von altenBrücken, Mühlenu.a.

Bilder, Fotos

Bildliche, grafische Darstellungen

HochwassermarkenInschriftenu.a.

Markierungen

SedimentabfolgeC14-BestimmungDendrochronologiePollenanalyseFundorte vonweggespültenGegenständenu.a.

Ablagerungen

Gegenständliche Quellen

Quellen für historische Hochwasserereignisse

Abbildung 8-2: Quellen für historische Hochwasser (vgl. DEUTSCH und PÖRTGE, 2002)

Abbildung 8-1: Häufigkeit der recherchierten Hochwasser-ereignisse der letzten 500 Jahre

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In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann in Sach-sen die systematische Wasserstandsmessung (PÖTSCH,1784) mit der Errichtung der Elbepegel an den Strombrückenin Meißen (1774) und Dresden (1775). Nach dem Katastrophen-hochwasser vom Juli 1897 wurden Anfang des 20. Jahrhun-derts Hochwasserpegel in den hier besprochenen Neben-flüssen der Elbe eingerichtet.

Insgesamt stellt sich die Quellenlage zum Hochwasser-geschehen recht heterogen dar. Außerdem ist die Fragenach der Zuverlässigkeit der einzelnen Quellen zu stellen, dadie Chronisten sich teilweise von ihren subjektiven Ein-drücken des Geschehens leiten ließen und eher selten übertechnisch-naturwissenschaftlichen Sachverstand verfügten.Dies wird vor allem bei frühen, bildlichen Hochwasserdar-stellungen deutlich.

In den untersuchten Flussgebieten sind große und schadens-reiche Hochwasser abgelaufen so lange die Überlieferung zu-rückreicht. Die Anzahl der Todesopfer war vor der Einführungvon Kommunikationseinrichtungen wie Telefon und Telegrafvielfach höher. Vermutlich war auch der relative Schaden be-zogen auf die Gesamtheit der vorhandenen wirtschaftlichenLeistungsfähigkeit größer als bei Hochwasserereignissen inder jüngeren Vergangenheit. Hinsichtlich des Abflusses lassensich vom Beginn der Überlieferung bis zum 19. Jahrhunderthäufig keine genauen Angaben machen, weil die Berichtelückenhaft sind oder – wenn Wasserstände bekannt sind – dieAbflussprofile und die Bebauung später verändert wurden.Insbesondere in den älteren Berichten sind kaum hydrolo-gische Angaben zu finden, so dass auf das SchadensausmaßBezug genommen werden muss.

8.2 Räumlich ausgedehnte

Hochwasserereignisse

Auch wenn sehr viele und sehr weit zurückreichende Ereig-nisse dokumentiert sind, kann hier und in POHL (2003a)wegen der Quellenlage kein Anspruch auf Vollständigkeiterhoben werden. Es wird aber deutlich, dass es ähnlich wie2002 zahlreiche Ereignisse gegeben hat, die weite Teile desUntersuchungsgebietes betroffen haben, so zum Beispiel1703, 1799, 1897, 1954. Wenn dieVerteilung der Hochwasser-ereignisse aus den verschiedenen Flussgebieten über das Kalenderjahr betrachtet wird (Abbildung 8-3), ist eine Häufung der Extremereignisse von der 6. bis 10. Woche(Winterhochwasser im Februar bis Anfang März) und vorallem von der 25. bis zur 35. Woche (Sommerhochwasservon Ende Juni bis Ende August) festzustellen.

Die sommerlichen Starkniederschläge konzentrieren sich,wie Abbildung 8-4 zeigt, auf das Osterzgebirge.

Besonders gefährdet waren immer die Täler der Gottleuba,Müglitz und Weißeritz, zum einen wegen ihrer geographi-schen Lage und des teilweise sehr starken Gefälles derGewässer, zum anderen aber auch wegen des geringen Rück-haltevermögens von Niederschlag in den Einzugsgebieten.Seit dem Mittelalter sind in diesen Flussgebieten verheerendeHochwasser dokumentiert worden (siehe Anhang 3).

Aus der jüngeren Vergangenheit sind die Katastrophenhoch-wasser von 1897, 1927 und 1957 als besonders schwere, mithohen Schäden und Verlust an Menschenleben verbundeneFluten bekannt. Diese Hochwasserereignisse wurden damalsausführlich dokumentiert (DIE GROSSE WASSERSNOT INSACHSEN 1897, 1897; FICKERT, 1934; POHL, 1962) und kön-nen in Verlauf und Schadensausmaß als Vergleich zum August-hochwasser 2002 herangezogen werden. Dabei erstrecktesich 1897 die Katastrophe über ganz Sachsen, 1927 konzen-

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Kalenderwoche

Anza

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niss

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Triebisch, Meisa

Wilde SauWeißeritzKaitzbachMüglitzSeidewitzGottleuba

Abbildung 8-3: Verteilung der überlieferten historischen Ereignisse über das Jahr und nach Einzugsgebieten

Nov Dez Jan Feb März Apr Mai Juni Juli Aug Sept Okt

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Abbildung 8-4: Übersicht lokaler sommerlicher Starkregenereignisse in Sachsen (SMUL, 2002)

Oberlauf der Striegis20.06.1968

Polenz13 .06.1995

KrippenbachZschirnsteingebiet08 .09.1958

Burgstädt/Limbach-Oberfrohna09.07.1927

Bobritzsch17.09 .1934

Rote Weißeritz20 .07.1967

Lockwitzbach17.09 .1934

Rauner Bach23.05.1935

Zwickauer Mulde15.08.1924

Oberwildenthal29 .06.1972

Pließnitzgebiet14.07.1932

Landwasser08.08.1984

Marienberg05.07.1999

Chemnitzbach/Saidenbach06.07.1992

Rote Weißeritz10.08.1981

Brießnitz13 .05.1948

Gottleuba/Müglitz08 . /09 .07.1927

Johanngeorgenstadt06 .07.1931

Mandau25.07.1981

Gottleuba06.07.1958

Gottleuba/Müglitz/Biela23 .07.1957

trierte sich das Unwetter auf das Osterzgebirge und 1957 warschwerpunktmäßig das Gottleubagebiet betroffen.

Bei den drei Ereignissen herrschten unterschiedliche Groß-wetterlagen, 1897 lag eine antizyklonale Nordwest-Lage vor,1927 ein Tiefdrucksystem über Mitteleuropa und 1957 be-stand eine zyklonale Nordwest-Wetterlage.Alle drei Unwetter-lagen wurden aber von Tiefdruckgebieten ausgelöst, diesich aus Oberitalien nach Nord-Ost auf der so genanntenVb-Zugstraße bewegten. Die Lage und Orographie des Ost-erzgebirge führten zur Verstärkung der Niederschläge, d.h.

letztendlich resultierten die katastrophalen Hochwasser indiesen Tälern, wie auch im August 2002, aus dem Staueffektam Nordrand des Mittelgebirges.

Von der räumlichen Ausdehnung und vom Schadensausmaßist das Ereignis vom August 2002 am ehesten mit dem Kata-strophenhochwasser von 1897 zu vergleichen. Auch 1897 gingdem Ereignis eine lang anhaltende nasse Witterung voraus(DIE GROSSE WASSERSNOT IN SACHSEN 1897, 1897). DieGebietsniederschläge von 1897 während des Hochwasserslagen aber deutlich unter denen vom August 2002.

Flussgebiet

Niederschlag in mm

01.07.–

28.07.18971)29.07.–

31.07.18971)Monatssumme

Juli 18971)01.08.–

10.08.2002

11.08.–

13.08.2002

Monatssumme

August 2002

Gottleuba 106 174 280 32 225 270

Müglitz 149 162 311 46 296 358

Lockwitzbach 122 122 244 30 245 289

Rote Weißeritz 148 135 283 48 263 311

Wilde Weißeritz 128 148 276 52 285 337

Vereinigte Weißeritz 102 104 206 29 223 276

Triebisch 120 98 218 58 218 295

Ketzerbach 94 90 184 56 175 233

1) Angaben aus DIE GROSSE WASSERSNOT IN SACHSEN 1897, 1897

Tabelle 8-1: Vergleich der Gebietsniederschläge von 1897 und 2002 in den Einzugsgebieten der Gottleuba, der Müglitz,des Lockwitzbaches, der Weißeritz, der Triebisch und des Ketzerbaches

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Die meisten Todesopfer waren jedoch 1927 zu beklagen(Abbildung 8-6). Bei diesem Hochwasser kamen 150 Men-schen zu Tode, davon 120 im Gottleubatal (FÜGNER,1995b;POHL, 1962; SMUL, 2002; FICKERT, 1934; DENKSCHRIFTDER STAATSREGIERUNG, 1928; MARX, 1966).

Die Hochwasser von 1957 und 1958 (am Pegel Neundorf 115 m3/s) beeinflussten letztendlich die Entscheidung zu-gunsten des Baus der Talsperre Gottleuba und der Rück-haltebecken in diesem Gebiet. Ohne das Speichersystemhätte das Augusthochwasser von 2002, das in der Größen-ordnung des Hochwassers von 1897 lag, Auswirkungen fastwie die Katastrophen von 1927 oder 1957 haben können(Abbildung 8-7).

122

8.3 Einzeldarstellungen der Hoch-

wasser des Osterzgebirges

Im Gottleubagebiet existieren seit dem Mittelalter Überlie-ferungen von zahlreichen Hochwasserereignissen (siehe An-hang 3). Wird das Augusthochwasser 2002 mit denen von1897, 1927 und 1957 verglichen, ist festzustellen, dass dasHochwasser von 1957 das katastrophalste für das Stadt-gebiet von Pirna war. 1957 lag der Abfluss in der oberen Gott-leuba bis zur Bahramündung zwar unter dem von 1927, aberbei diesem Ereignis kam es zur Überlagerung der Hoch-wasserwellen von Gottleuba, Bahra und Seidewitz/Zehista-bach und führte zu der bisher größten Überflutung des Stadt-gebietes von Pirna durch die Erzgebirgsflüsse (Abbildung 8-5).

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Stadt Gottleuba 1897Pirna 1897

Stadt Gottleuba 1927

Pegel Neundorf 1927

Pegel Neundorf 1957

Pegel Neundorf 2002

Pegel Neundorf 2002(ohne Speicher)A

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Abbildung 8-5: Pirna nach dem Hochwasser der Gott-leuba 1957, Blick zur Eisenbahnbrücke(Foto: LTV)

Abbildung 8-6: Berggießhübel im Gottleubatal: Am erstenSonntag nach dem Hochwasser 1927(Foto: aus MARSCHNER, 1927)

Abbildung 8-7:Historische Hochwasser-ganglinien und Scheitel-abflüsse der Gottleuba im Vergleich zum Hoch-wasser im August 2002

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In der Müglitz gehört das Ereignis von 1927 zu den schwers-ten Hochwasserkatastrophen in der jüngeren Vergangenheit.Bei diesem Hochwasser kamen im Gebiet um Lauenstein34 Menschen zu Tode. Es wurden 110 Brücken total zerstört,160 beschädigt, 20 km Eisenbahnstrecke (Abbildung 8-8), 6 Bahnbrücken, 60 km Fernsprechleitungen, 38 Wohn-gebäude und 150 weitere Gebäude zerstört (DENKSCHRIFTDER STAATSREGIERUNG, 1928; FICKERT, 1934; DDV, 2002;SMUL, 2002).

Die Ereignisse von 1897 und 1957 waren in der Abflusshöheund entsprechend im Schadensausmaß geringer als dieKatastrophen von 1927 und 2002. Beim Vergleich der Hoch-wassermarken von 1927 und 2002 konnte festgestellt wer-den, dass die Wasserspiegellagen von 1927 teilweise höher

als die des Augusthochwassers von 2002 lagen (LTV, 2003b).Inwieweit 1927 mitgeführtes Geschiebe und Geröll aber vorallem Treibholz, das ganze Dämme über das gesamte Talaufbaute, zu weiteren Wasserstandsaufhöhungen geführthaben, ist im Nachhinein nicht mehr recherchierbar. Es istjedoch zu vermuten, dass das Ereignis vom August 2002 inAbflussscheitel und Fülle das Hochwasser von 1927 über-troffen hat (Abbildung 8-9).

Für das Tal des Lockwitzbaches kann die Katastrophe vomAugust 1897 als die schwerste bezeichnet werden, von dererstmals detaillierte Aufzeichnungen existieren. Dabei war dasHochwasser des Lockwitzesbaches in seinem Ausmaß nichtso extrem wie das der Gottleuba, Müglitz und Weißeritz. 1897wurden zahlreiche kleinere Brücken im Tal zerstört, Wohn-häuser überschwemmt und beschädigt. Menschen kamen1897 nicht zu Schaden. Die Hochwasser von 1927 und 1957waren im Lockwitzbach von geringer Bedeutung. Mit zahl-reichen Schäden und weitreichenden Überschwemmungenwaren die Ereignisse von 1934, 1954 und 1958 verbunden. Es ist anzunehmen, dass das Ereignis vom August 2002 dieschwerste seit 1897 registrierte Hochwasserkatastrophe war.

Schon der slawische Namensursprung der Weißeritz, Buis-tritzi, Bistritze = die Schnelle, Wilde, Reißende (DDV, 2002),weist auf den Charakter dieses Flusses hin.

Im Dresdner Stadtgebiet hat die Weißeritz maßgebliche Ver-änderungen erfahren. Früher durchfloss die Weißeritz dieWilsdruffer Vorstadt. Seit dem 16. Jahrhundert war sie alsWeißeritzmühlgraben kanalisiert, an dem sich die Produk-tionsstätten (LÖFFLER, 1956) des alten Dresdens befanden(u.a. Spiegelschleife, Pulvermühle, Kanonenbohrwerk). In denJahren 1891 bis 1893 wurde für die Weißeritz ein neuesFlussbett ausgehoben, um in der Innenstadtnähe Baulandzu gewinnen (KÖCKERITZ, 1993).

Abbildung 8-8: Bahnhof Lauenstein nach dem Hochwasser 1927 (Foto: aus POHL, 2003b)

–24,00 –12,00 0,00 12,00 24,00 36,00

Zeit in Stunden

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Durchfluss Glashütte1897Pegel Dohna 1897Pegel Dohna 1927Pegel Dohna 1954Glashütte uh. Brießnitz 2002Niederschlottwitz uh.Schlottwitzbach 2002Weesenstein 2002Pegel Dohna 2002

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400 Abbildung 8-9:Historische Hochwasser-ganglinie und Scheitel-abflüsse der Müglitzim Vergleich zum Hoch-wasser im August 2002

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Beim Hochwasser von 1927 war das Weißeritzgebiet auchwieder stark betroffen. Die Weißeritz verließ im Stadt-gebiet von Dresden erneut ihr neues Flussbett. Gleichesgeschah vermutlich auch 1954. 1957 war das Weißeritz-gebiet vom Hochwasser weniger betroffen. Aber im darauffolgenden Jahr 1958 lag der Schwerpunkt des Unwetters im Zwischeneinzugsgebiet unterhalb der Talsperren. Erneutnutzte die Weißeritz ihren alten Wasserlauf und verließ am„Weißeritzknick“ das ihr zugedachte Flussbett, um entlangdes historischen Verlaufs durch die Friedrichstadt und Wils-druffer Vorstadt der Elbe zu zufließen. Die Hochwasser-welle vom August 2002 hat im Einzugsgebiet von Roter,Wilder und Vereinigter Weißeritz bei weitem die Ereig-nisse von 1897, 1927, 1957 und 1958 übertroffen (Abbil-dung 8-11).

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Abbildung 8-10: Nach dem Hochwasser1897 zerstörter Flügel desLöbtauer Rathaus(Foto: LfUG)

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Vereinigte Weißeritz 1897Vereinigte Weißeritz 1927Vereinigte Weißeritz 1957 Vereinigte Weißeritz 1958Pegel Hainsberg 4, Vereinigte Weißeritz 2002Pegel Hainsberg 3,Wilde Weißeritz 2002Pegel Hainsberg 1,Rote Weißeritz 2002

Zeit in Stunden

Abflu

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Abbildung 8-11:Historische Hochwasser-ganglinie und Scheitel-abflüsse der Weißeritzim Vergleich zum Hoch-wasser im August 2002

Schon vier Jahre später, beim Hochwasser von 1897, verließ inLöbtau die Weißeritz ihr zugewiesenes neues Bett, mündetean der Marienbrücke/Weißeritzstraße in die Elbe und setzte da-bei die Friedrichstadt und die Wilsdruffer Vorstadt unter Was-ser. Bei diesem Hochwasser wurden in Tharandt alle Brücken,im Rabenauer Grund 15 Bahnbrücken zerstört. Im heutigen Frei-tal stürzten zahlreiche Wohngebäude ein. 19 Todesopfer warenzu beklagen und hunderte Menschen verloren ihr Obdach.

In Dresden stürzten die Brücken an der Würzburger Straßeund an der Bienertstraße ein. Ein Flügel des im Bau befind-lichen Löbtauer Rathauses (Abbildung 8-10) wurde durch den Bruch der angrenzenden Ufermauer zerstört (DDV, 2002;KÖCKERITZ, 1993; CHEMNITZER TAGEBLATT, 1897a, 1897b,1897c; SMUL, 2002).

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Auch die Wilde Sau dürfte 1897 stark vom Hochwasserbetroffen gewesen sein. Detaillierte Beschreibungen konn-ten jedoch nicht gefunden werden. Es existieren aber Bild-dokumente vom überschwemmten Wilsdruff von 1865 und1905 (Abbildung 8-12 und Abbildung 8-13).

Das Hochwasser von 1905 erreichte dabei die Ausmaße von1897, teilweise wurden die Wasserstände von 1897 auchüberschritten (HEERKLOTZ, 1905). 1927 und 1957 traten inder Wilden Sau keine so schweren Hochwasser wie im Ost-erzgebirge auf. Die im Zeitraum vom 7. bis 13. Juli 1954 inSachsen überdurchschnittlich starken Niederschläge führtenaber auch hier zu Hochwasser (BÖER u.a., 1959). Nach Ver-gleich der Hochwassermarken von 1958 und 2002 kann an-genommen werden, dass das Augusthochwasser 2002 in derWilden Sau vergleichbar mit dem Hochwasser von 1958 war(LTV, 2003d).

Für das Einzugsgebiet der Triebisch, das im Oberlauf demOsterzgebirge zugeordnet werden kann, war das Hochwas-ser von 1897 die schwerste Katastrophe für die detaillierteSchilderungen vorliegen. Bei diesem Hochwasser wurdendie Bahnanlagen im Triebischtal, die Talstraße teilweise, alleHolzbrücken und einige Steinbrücken zerstört. Der Flussführte sehr viel Treibgut und Holz von zerstörten Häusernmit. Außerdem wurden starke Seitenerosion und Geröll-ablagerungen auf Feldern registriert (FÜGNER, 1995b; SMUL,2002; CHEMNITZER TAGEBLATT, 1897a, 1897b, 1897c).

Die bedeutenden Hochwasser von 1927 und 1957 im Ost-erzgebirge haben sich auf das Einzugsgebiet der Triebischnicht vergleichbar verheerend ausgewirkt, da die Unwetter-gebiete räumlich wesentlich beschränkter waren. ExtremeEreignisse traten aber auch 1905, 1941, 1954 und 1958 auf.Die Hochwasserstände von 1905 lagen dabei unter denenvon 1897 (KÖNIGLICHE STRASSEN- UND WASSERBAU-INSPEKTION DRESDEN II, 1906). Das letzte Hochwasserähnlichen Ausmaßes war 1941 (Abbildung 8-14).

Beim Vergleich der Hochwassermarken von 1958 und 2002konnte festgestellt werden, dass die Wasserspiegellagenbeim Augusthochwasser 2002 höher lagen. Vom Hochwasser1897 wurden keine verwendbaren Hochwassermarken ge-funden. Aber auf Grund der Beschreibungen der Schadens-bilder ist anzunehmen, dass die Hochwasserkatastrophe vomAugust 2002 in der Größenordnung des Hochwassers von1897 lag.

Für das Ketzerbachgebiet liegen kaum Informationen vonhistorischen Hochwasserereignissen vor. Das liegt zum einenan der bäuerlichen Siedlungsstruktur dieses Gebietes undzum anderen an der erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts ver-mehrten Bebauung der Talaue. Außerdem traten in diesemGebiet nie die katastrophalen Schäden wie in den Flüssen desOsterzgebirges auf, da Fließgeschwindigkeiten und dieGeschiebefrachten nicht so extrem werden können. Erstmalsist im Ketzerbachgebiet das Hochwasserereignis vom Mai

Abbildung 8-13: Die Wilde Sau überflutet am 07.08.1905Teile von Wilsdruff (Foto: aus POHL, 2003b)

Abbildung 8-12: 1865 überflutet die Wilde Sau die DresdnerStraße in Wilsdruff. Dieses älteste bekannteFoto eines Hochwassers im Weißeritzkreisstammt von dem Tharandter FotografenOtto Schmidt, der es 1900 seiner VaterstadtWilsdruff schenkte. (Foto: aus POHL, 2003b)

Abbildung 8-14: Bahnhof Triebischtal nach dem Hochwasser1941 (Foto: Landratsamt Meißen, UntereWasserbehörde)

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1941 näher dokumentiert (LTV, 2003e) und als das bisher höchste bekannte beschrieben (AMT FÜR METEOROLOGIEUND HYDROLOGIE, 1955). Von Zeitzeugen wird berichtet,dass Überflutungen und Schäden von 1941 dem Augusthoch-wasser von 2002 gleich kamen (LTV, 2003e).

8.4 Schlussfolgerungen

In allen Gewässern im Betrachtungsgebiet sind zahlreicheHochwasser überliefert, die beträchtliche Schäden verur-sachten und Menschenleben kosteten. Dabei liegt die Häu-fung der Ereignisse auf den Sommermonaten und wurdenwahrscheinlich oft, wie die Hochwasser von 1897, 1927 und1957, von Tiefdruckgebieten ausgelöst, die sich aus Ober-italien nach Nord-Ost auf der so genannten Vb-Zugstraßebewegten. Lage und Orographie des Osterzgebirges führ-ten zur Verstärkung der Niederschläge.

Daneben spielen das natürlich bedingte geringe Rückhalte-vermögen von Niederschlag in den Einzugsgebieten sowiedas teilweise sehr starke Gefälle der Gewässer und die da-mit verbundenen Geschiebefrachten eine nicht unerheblicheRolle für das Ausmaß der Katastrophen.

In den Osterzgebirgsflüssen Gottleuba, Müglitz und Weiße-ritz sind seit Ende des 19. Jahrhunderts mindestens dreiHochwasserkatastrophen aufgetreten. Dass die Flüsse imUntersuchungsgebiet in dem Ausmaß von August 2002flächendeckend betroffen sind, kommt aber wesentlich sel-tener vor. Auch wenn dieses Hochwasser in den einzelnenEinzugsgebieten statistisch in der Größenordnung eines100- bis 500-jährlichen Ereignisses eingeordnet wird, zeigtdie historische Auswertung, dass in allen Flüssen mit einemEreignis wie 2002 oder extremer gerechnet werden muss.

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9.1 Einleitung

Das Hochwasser vom August 2002 zeigte die Verletzlichkeitdes vom Menschen beanspruchten Lebensraumes gegenüberextremen Naturereignissen auf. Dort wo sich Siedlungen, Ver-kehrswege und andere Nutzungsgebiete mit Gefahrenräumenüberschneiden, führen die natürlichen Prozesse zu bedeu-tenden Schäden. Historische Recherchen belegen für alle Ost-erzgebirgsflüsse ähnliche Hochwasser wie im August 2002(siehe Kapitel 8). Auch zukünftig ist daher mit schweren Hoch-wasserereignissen zu rechnen.

Die Analyse der Ereignisse zeigt, dass in der VergangenheitDefizite bei der Konzeption des Hochwasserschutzes be-standen. Das betrifft weniger konkrete Schutzmaßnahmenim Einzelfall, als vielmehr grundlegende Prinzipien. DieZusammenhänge zwischen den natürlichen Prozessen, derBeeinflussung durch den Menschen und den möglichenbeziehungsweise aufgetretenen Schäden bedürfen einersystematischen Untersuchung. Nur die Betrachtung allerEinflussgrößen, die ein Naturereignis zum Schadensereigniswerden lassen, erlaubten es, Schlussfolgerungen für eineeffektive Hochwasservorsorge zu ziehen.

In diesem Kapitel werden Wege aufgezeigt, wie die Aus-wirkungen der Prozesse Hochwasser, Geschiebe- und Treib-guttransport auf den Menschen und seine Einrichtungen ver-hindert bzw. reduziert werden können. Der Schutz von Leibund Leben steht dabei als primäres Ziel im Vordergrund. Öko-nomische Schäden können dagegen bis zu einem gewissenGrad toleriert werden.

Eine wichtige Grundlage, um Maßnahmen zielgerichtet und effektiv umzusetzen, ist die Kenntnis der Gefährdung im be-trachteten Gebiet. Gefahrenkarten, die alle relevanten Ge-fahrenprozesse beinhalten, bilden dafür die nötige Voraus-setzung. Es können zwei Typen von Schutzmaßnahmenunterschieden werden:

Die Beeinflussung des Gefahrenpotenzials erfolgt in Formaktiver Eingriffe in das Naturereignis, um die Gefahr zu verringern. Das wird durch wasserbauliche Maßnahmen und die Beeinflussung des Abflussverhaltens in der Flächemöglich.

Die Hochwassergefährdung ist durch verschiedene Gefahren-arten, die zum Teil in Wechselbeziehungen stehen, gekenn-zeichnet:

■ Abfluss und damit verbunden Wasserstand und Fließ-geschwindigkeit,

■ Geschiebebewegung und damit verbunden Erosion undAblagerung,

■ Treibguttransport und damit verbunden Verklausung desAbflussquerschnittes und erhöhte Zerstörungskräfte.

Wie in Kapitel 3 und 4 dargestellt, wurden während desHochwasserereignisses 2002 große Mengen Geschiebe undTreibgut mobilisiert und umgelagert. Neben den weit-räumigen Überschwemmungen riefen insbesondere diesedynamischen Prozesse große Zerstörungen hervor und ver-ursachten enorme Schäden.

Die Beeinflussung des Schadenspotenzials zielt auf eineReduktion des Schadens, ohne aktiv in den Ablauf desNaturereignisses einzugreifen. Sie umfasst einerseits Maß-nahmen im raumplanerischen Bereich (Ausweisen von Ge-fahrenzonen, Bauverbote, schadensreduzierende Auflagenfür Bebauungen). Damit wird versucht, den Prozessen wieHochwasser oder Geschiebetransport den nötigen Platz zur Verfügung zu stellen, damit sie möglichst schadlos ab-laufen können. Andererseits kann das Schadenspotenzialmit Maßnahmen während des Ereignisses beeinflusst wer-den (Rettungsmaßnahmen, provisorische Schutzbauten).

Unter „Schadenspotenzial“ wird die Summe der potenziellgefährdeten Werte verstanden. Es unterscheidet sich vomEreignisschaden, der den effektiv eingetreten Schaden be-schreibt.

Der Vergleich mit historisch belegten Hochwassern zeigt,dass in den letzten hundert Jahren Ereignisse mit vergleich-baren Abflüssen und ähnlicher Geschiebemobilisierungstattgefunden haben. In der Müglitz traten 1927 – analogzum August 2002 – ebenfalls umfangreiche Geschiebe-umlagerungen auf, Häuser wurden auf Grund der hohenFließgeschwindigkeit und des Geschiebetriebs zerstört,große Verklausungen wurden beobachtet. Diesen Prozes-sen wurde auch in früheren Jahren bereits mit Vorsorge-maßnahmen begegnet. Es sei hier auf die Analyse desHochwassers im Erzgebirge von 1927 verwiesen, bei derviele auch heute noch zutreffende Schlüsse gezogen wur-den. In der Literatur werden folgende Punkte genannt(SCHMIDT, 1927; DREYER, 1927):

■ Wiederaufforstung großer Flächen im Quellgebiet derFlüsse,

9 Reduzierung des Gefahren-und Schadenspotenzials

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■ Beseitigung von Dammbauten, die die Flussaue queren(Eisenbahn, Straße, Dämme von Teichen), mit dem Zieleines ungehinderten Abflusses im Hochwasserfall,

■ Beseitigung von dicht am Fluss angelegten Holzlager-plätzen der Sägewerke,

■ Beachtung der in alten Ortsplänen niedergelegtenErfahrungen und Siedlungsregeln bei der Bautätigkeit inden Tälern und Berücksichtigung der Hochwassergefahrbei der Erteilung von Baugenehmigungen,

■ Freihaltung der Flussaue im engeren Sinne von Bebau-ung und Holzablagerungen,

■ ggf. Rückbau von quer zur Fließrichtung stehendenGebäuden,

■ Bau von Talsperren und Rückhaltebecken.

Diese grundsätzlichen Ziele wurden teilweise verwirklicht,wobei die Maßnahmen, die mehr auf die Verringerung desSchadenspotenzials abzielen, infolge des ständig steigen-den Nutzungsdrucks, wenn auch nicht vergessen, so dochschnell wieder verdrängt wurden.

Das Bauverbot, welches nach dem Hochwasser 1927 erlassenwurde, hielt nur drei Jahre an, danach entstanden wiederHäuser – auch direkt am Fluss.

Vor allen weitergehenden Planungen muss also offensicht-lich zuerst die Bedeutung der außer der Überschwemmungauftretenden Gefahrenprozesse erkannt und von allen amHochwasserschutz Beteiligten die Notwendigkeit ihrer Be-achtung anerkannt werden.

In den folgenden Abschnitten sollen aus dem abgelaufenenEreignis vom August 2002 für beide Bereiche Konsequenzenfür den zukünftigen Hochwasserschutz gezogen werden.

9.2 Beeinflussung des Gefahren-

potenzials

9.2.1 Allgemeines

Beginnend mit der Abflussbildung können die natürlichenProzesse als maßgebliche Ursachen der Hochwasser-gefährdung durch Schutzmaßnahmen beeinflusst werden.Das Abflussgeschehen sowie der Feststoff- und Treibgut-transport sind in einem dicht besiedelten Gebiet wie demOsterzgebirge aber auch von der Gestaltung und Nutzung derLandschaft durch den Menschen geprägt. Maßnahmen, die in diese Nutzung eingreifen, sind deshalb als wesentlicherBestandteil des Hochwasserschutzes erforderlich.

Die Überschwemmung und der Einsturz von Bauwerkensind die unmittelbar für Menschen maßgeblichen Gefahren-arten. Wie die Ereignisse im August 2002 gezeigt haben,muss dieser Gefährdung auch durch Vorwarnung und diePlanung von Rettungswegen begegnet werden, um einegefahrlose Evakuierung zu ermöglichen und Verluste anMenschenleben zu vermeiden. Diese Problematik wird inden Kapiteln 6 und 10 ausführlicher behandelt.

9.2.2 Reduzierung des Hochwasserabflusses

Die Verringerung des Abflusses ist sowohl flächig im Ein-zugsgebiet als auch punktuell am Gewässer möglich. Nach-gewiesenermaßen beeinflusst die Charakteristik des Ein-zugsgebietes den Abfluss hinsichtlich Form der Ganglinie alsauch der Fülle und des Spitzenwertes. Hier besteht ein kom-plexes Wirkungsgefüge aus Parametern des Niederschlags(Dauer, Intensität) oder der Schneeschmelze und des Ein-zugsgebietes (Relief, Flächennutzung, Vorfeuchte u.a.).

Diese Zusammenhänge sind gegenwärtig nur teilweisebekannt und noch Gegenstand wissenschaftlicher Unter-suchungen. Waldbestände haben grundsätzlich eine ausglei-chende Wirkung auf das Abflussgeschehen. Zur Erweiterungder Waldflächen bieten sich besonders die oberhalb an diebewaldeten Talhänge anschließenden mäßig bis flach geneig-ten Standorte an, womit dort auch die Erosionsgefährdungverringert wird. Die Wirkung von neu begründetem Wald aufden Rückhalt des Wassers in der Fläche ist auf den für dasOsterzgebirge typischen flachgründigen Standorten allerdingsbegrenzt und als alleinige Maßnahme im Allgemeinen un-zureichend. Bei Ackerflächen ist der Oberflächenabfluss ab-hängig von der Bearbeitungsmethode und dem momentanenVegetationszustand. Maßgebliche Auswirkungen haben land-schaftliche Kleinformen, wie Mulden oder Raine und ver-siegelte Bereiche in Falllinie (Wege, Fahrspuren). Eine klein-gliedrige Landschaftsstruktur mit Elementen quer zur Fallliniesollte möglichst erhalten und gefördert werden. Im Ost-erzgebirge und seinem Vorland trifft das vorrangig auf die landwirtschaftlich genutzten Hochflächen zu. Die Einrichtungkleiner Schläge mit zwischengelagerten Heckenpflanzungenkann die Rückhaltewirkung in der Fläche verbessern.

Die Verschärfung der Abflusssituation infolge Flächenversie-gelung in Siedlungs- und Gewerbegebieten sowie im Zugevon Straßenneu- oder -umbauten muss durch entsprechendeRückhaltebecken kompensiert werden. Die Auslegung die-ser Becken, zurzeit im Allgemeinen für ein 10-jähriges Ereig-nis, bedarf im Einzelfall der Anpassung an die Gefährdungs-situation für den Vorfluter.

Detaillierte Hinweise auf den derzeitigen Erkenntnisstand unddie Auswirkungen anthropogener Einflüsse auf das Hochwas-sergeschehen finden sich in UMWELTBUNDESAMT (1998).

Zur Beeinflussung des Abflussgeschehens im Osterzgebirgewird der weitere Bau von Hochwasserrückhaltebecken disku-tiert. Insbesondere in den Tälern der Müglitz und der RotenWeißeritz reduziert die Wirkung der Rückhaltebecken dieGefährdung sehr dicht besiedelter Gebiete. Die schadloseAbführung eines Hochwassers mit einem mittleren Wieder-kehrintervall von 100 Jahren ist damit allein nicht für alle Ort-schaften zu erreichen.

9.2.3 Steigerung der Abflusskapazität

Im Bereich der Überschwemmungsgebiete selbst ist eine Ver-ringerung der Gefährdung durch Erhöhen der Abflusskapazität

128

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der Gerinne möglich. Die Erfahrungen zeigen, dass der vorge-sehene Ausbauzustand im Laufe der Zeit ungewollte Verände-rungen erfahren kann. Besonders in Ortslagen bedarf das vor-gesehene Abflussprofil der regelmäßigen Kontrolle und Pflege.Provisorische Bauten, Zäune oder Ablagerungen im Fließquer-schnitt müssen strikt verboten werden. Sedimentablagerun-gen und Bewuchs muss gegebenenfalls beseitigt werden.

Erweisen sich Umbauten als erforderlich, sollte zuerst dieMöglichkeit der Aufweitung der Querschnitte oberhalb derMittelwasserlinie geprüft werden. Bei den im Untersuchungs-gebiet häufig anzutreffenden beengten Platzverhältnissenkommt als Alternative die Errichtung von Hochwasserschutz-mauern in Frage.

Die Verringerung der Sohl- und Böschungsrauheit, in früherenJahrzehnten beim Gerinneausbau in Form von Pflasterungenvielfach praktiziert, ist im Hinblick auf die angestrebte ökolo-gische Durchgängigkeit der Fließgewässer zu vermeiden.

9.2.4 Vermeidung lokaler Schwachstellen

Die Überschwemmungsgefahr ist in allen Fließgewässernim Untersuchungsgebiet auf Grund einer Vielzahl von ört-lichen Engstellen, vornehmlich Brücken, erhöht. Die Durch-flussquerschnitte sind oft auch ohne die Einflüsse ausVerklausung und Geschiebeablagerung nicht ausreichend(Abbildung 9-1). Mindestens 238 der ca. 620 Brücken imUntersuchungsgebiet weisen, bezogen auf das Schutz-ziel der umgebenden Flächen, bereits bei ausschließlichemWasserabfluss einen zu geringen Durchlassquerschnitt auf.Es ist nicht kurzfristig mit einer vollständigen Beseitigungdieses Problems zu rechnen. Bei allen Brückenneu- oder -umbauten muss eine Betrachtung hinsichtlich möglicherAblagerungen von Treibgut oder Geschiebe erfolgen. DieEinflussgrößen für die Wasserspiegellagenberechnung unddie Gefahrenabschätzung sind also aus einem größerenUmfeld des Einzelbauwerkes zu berücksichtigen, wie Rück-stauerscheinungen von stromabwärtigen Engstellen oder

Geschiebeeintrag aus dem oberhalb liegenden Gewässer-abschnitt. Das trifft in besonderem Maße dann zu, wenneine Verlegung des Durchflussquerschnitts zur Gefährdungvon Bereichen mit hochwertiger Nutzung oder der Beein-trächtigung von Rettungswegen führen kann.

Größere Brückenöffnungen erfordern oft mehr Platz für dieAuffahrten, bei Bahntrassen lange Anfahrrampen. Bei engenTälern und Ortschaften muss gegebenenfalls auch eineAbwägung stattfinden, ob die betreffende Brücke an ihremStandort überhaupt zu belassen ist. Ungenutzte Brückensollten, sofern sie zur Gefährdung beitragen, konsequentabgerissen werden. Bei denkmalgeschützten Bauwerken, dieden Wasserabfluss in ungünstiger Weise behindern können,sind für den Erhalt ebenso die Gefährdung und eventuellanderweitige mögliche Schutzmaßnahmen abzuwägen.

Die vorhandene Uferhöhe und die Art der Uferbefestigung inbebauten Gebieten wechseln oft innerhalb kurzer Streckenerheblich. Diese lokalen Erosions- und Ausbruchstellen müs-sen im Rahmen der Konzipierung eines durchgängigen Hoch-wasserschutzes erfasst und beseitigt werden. Bei relativ stei-lem Talgefälle, das im Osterzgebirge häufig anzutreffen ist,kann sich bei ungünstigen Geländeverhältnissen das in einemeng begrenzten Bereich austretende Wasser als eigenerFließweg von der Hauptströmung im Gewässerbett völlig ab-koppeln und Überschwemmungen weit unterhalb der eigent-lichen Ausbruchsstelle verursachen. Damit wird noch einmaldie Notwendigkeit der Betrachtung zusammenhängender Ge-wässerabschnitte bei der Maßnahmenplanung unterstrichen.

9.2.5 Ufersicherung und Geschiebebewirtschaftung

Der Gefährdung aus Erosion und Sedimentablagerung, in undneben dem Gewässerbett, wurden bisher im Erzgebirge fürextreme Ereignisse kaum Schutzmaßnahmen entgegen ge-setzt. Die Geschiebebewegung fand bei der Bemessung vonFließquerschnitten in der Vergangenheit kaum Beachtung.Wie die weitläufigen Schäden zeigen, war der Erosions-widerstand der Uferbefestigungen durch die Belastungenwährend des Hochwassers im August 2002 weitgehendüberschritten, was einen erheblichen Beitrag zum Geschiebe-aufkommen leistete.

Wie im Kapitel 12 gezeigt wird, ist eine grobe rechnerischeAbschätzung der zu erwartenden morphologischen Ver-änderungen im Gewässerbett und der hydraulischen Aus-wirkungen von Geschiebe- und Treibgutablagerungen infolgeeines großen Hochwasserereignisses möglich und kann alsPlanungsgrundlage genutzt werden.

Die Geschiebeproblematik, wie sie während des Hoch-wassers 2002 besonders für die Müglitz und die Rote sowieWilde Weißeritz relevant war, war schon aus vorherigenBeobachtungen bekannt. Eine systematische Berücksichti-gung dieser Prozesse bei Planungen und Baumaßnahmenkann allerdings auch hier nicht konstatiert werden. SpezielleVorrichtungen für den Rückhalt von Geschiebe und Holz existieren an den Flüssen nicht.

Abbildung 9-1: Straßenbrücke über die Triebisch (Durch-fluss ohne Freibord ca. HQ(50)), StadtgebietMeißen (Foto: Lukas Hunzinger, 2003)

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Die detaillierten Studien zum Geschiebe nach dem Hoch-wasser 2002 zeigen den maßgeblichen Einfluss der mensch-lichen Aktivitäten auf das Geschiebepotenzial für zukünftigeEreignisse. Aufschüttungen, Ausbaggerungen, destabilisierteUfer durch weiträumige Rodung von Bäumen und unter-dimensionierte sowie schlecht unterhaltene Böschungs-sicherungen werden wiederum Quelle für Geschiebe sein(Abbildung 9-2), im Gebiet der Müglitz und der Weißeritz erfahrungsgemäß mehrere hunderttausend Kubikmeter beieinem dem Augusthochwasser 2002 vergleichbaren Ereignis.

Die Seitenerosion hat sich als der Hauptprozess der Feststoff-mobilisierung herausgestellt. Die Konstruktion der Bauwerkezur Ufersicherung und der Unterhalt dieser müssen deshalbauf eine Minimierung des Erosionspotenzials gerichtet sein. InBereichen mit natürlicher Ufersicherung ist diese zu erhaltenund zu pflegen (Abbildung 9-3). Ingenieurbiologische Bau-weisen, die sich in der weiteren Entwicklung des Bewuchseszu einer naturnahen Ufersicherung entwickeln, sollten bevor-zugt eingesetzt werden. An besonders exponierten Stellen,unmittelbar angrenzend an Verkehrswege und bei beengten

Platzverhältnissen in Ortslagen ist oft eine künstliche Befes-tigung erforderlich (siehe auch Abbildung 9-4). Die Konstruk-tion und Dimensionierung (Steingrößen, Gründungstiefe, Böschungsneigung, Hinterfüllung) müssen auch einer eventu-ellen Überströmung angepasst sein. Für alle Wasserbauwerkeist zu gewährleisten, dass im hydraulischen Überlastfall, wennalso zum Beispiel die Hochwasserschutzmauer infolge zu ho-hen Wasserstandes ihre eigentliche Funktion nicht mehr erfüllt,kein statisches Versagen eintritt und damit unter Umständennoch größere Gefahren und Schäden bewirkt werden.

Die möglichen Maßnahmen zur Verringerung des Geschiebe-potenzials werden die Feststoffprozesse nicht vollständig aus-schließen können oder erweisen sich teilweise auch als unver-hältnismäßig, beziehungsweise naturschutzfachlich unhaltbar.Hier kann eine Geschiebebewirtschaftung zur Reduzierung derGefahren beitragen. Oberhalb von in Ortschaften ausgewiese-nen Ablagerungsstrecken können in Geschiebefallen die Sedi-mente gezielt zurückgehalten werden. Die Bemessung erfolgtim Allgemeinen für ein größeres Ereignis. Daneben ist einefortlaufende Beräumung erforderlich, um den gesamten Rück-halteraum möglichst frei zu halten.

9.2.6 Reduzierung und Rückhalt von Treibgut

Die Verringerung des Treibgutaufkommens und damit desVerklausungsrisikos ist ein wesentlicher Beitrag zur Redu-zierung der Überschwemmungsgefahr. Auch die Zerstörungvon Gebäuden und die Gefährdung von Rettungsarbeitenkann so vermindert werden.

Besonders bei hohen Fließgeschwindigkeiten auf dem Vor-land werden alle nicht befestigten schwimmfähigen Gegen-stände zur Gefahr für die Unterlieger. Die enge Besiedlungin Flussnähe führt zwangsläufig zur Aktivierung großer Treib-gutmengen. Die Ausweisung der Überschwemmungsgebietemuss genutzt werden, um Auflagen zur Lagerung von Gegen-ständen außerhalb fester Gebäude durchzusetzen. Da dieseFlächen große Teile von Ortslagen einnehmen, kann auch,sofern eine rechtzeitige Vorwarnung möglich ist, eine plan-mäßige Räumung von gelagerten Gegenständen, vor allemKraftfahrzeugen, als Maßnahme vorgesehen werden.

Durch Beschädigung von Gebäuden wird ebenfalls Treibgutfreigesetzt, was nur durch entsprechende konstruktive Vor-kehrungen zum Schutz der Bauwerke verhindert werdenkann. Die Errichtung von Leichtbauten, wie Gartenlauben,Schuppen und Garagen sollte im Überschwemmungsgebietnicht gestattet sein.

Erhebliche Holzmengen stammen auch aus dem gewässer-nahen Bewuchs. Eine standortgerechte Bestockung mitwiderstandsfähigen und für Flussauen typischen Arten istdie beste Vorkehrung. Standfester Bewuchs ist in der Lage,große Mengen an Treibgut in außerörtlichen Flussabschnit-ten zurückzuhalten. Die aus forstwirtschaftlicher Sicht zwarlukrative Anpflanzung von flach wurzelnden Fichten in derAue muss auf Bereiche mit geringen Fließgeschwindigkei-ten beschränkt werden.

130

Abbildung 9-2: Leicht erodierbare Böschungssicherung imPrallhangbereich an der Triebisch, StadtgebietMeißen (Foto: Lukas Hunzinger, 2003)

Abbildung 9-3: Natürliche Ufersicherung mit Eschen amKetzerbach, Ziegenhain (Foto: LfUG, 2004)

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9.3 Beeinflussung des Schadens-

potenzials

9.3.1 Nutzungskonflikt

Die Höhe der Schäden und das räumliche Schadensausmaßbeim Augusthochwasser 2002 zeigten deutlich die Nutzungs-konflikte in den betrachteten Flusstälern. Ansprüche aus derSiedlungstätigkeit, der Wirtschaft und der Landwirtschaftstehen im Widerspruch zum Raumbedarf der Fließgewässerund zur Gewährleistung der Hochwassersicherheit. Das warin verschiedenen Ortslagen, wo sich der Fluss einen neuenWeg gesucht hat, eindrücklich zu beobachten.

Die Entwicklung der Landnutzung hat dazu geführt, dass einwesentlicher Teil der Siedlungen, aber auch der ökonomi-schen Aktivitäten an der Gottleuba, Müglitz, der Roten undVereinigten Weißeritz, im Raum Meißen sowie in Dresdenauf den grundsätzlich durch Überschwemmungen gefährde-ten Talböden beziehungsweise Schwemmfächern angesie-delt sind. Auch die zur Erschließung dieser Bebauungenerrichteten Verkehrswege verlaufen in den engen Tälern oft-mals entlang der Gewässer (Abbildung 9-4).

Begünstigt durch Hochwasserschutzmaßnahmen wurdenzudem frühere Überschwemmungsgebiete mit höherwertigerNutzung belegt. Dies zeigte sich nach dem Augusthochwas-ser, dem die Hochwasserschutzbauten in den meisten Fällennicht gewachsen waren, besonders deutlich (siehe Kapitel 4).

Die Tabelle 9-1 und Abbildung 9-5 geben einen detailliertenÜberblick über die Nutzungsarten der im August 2002 vonÜberschwemmungen betroffenen Flächen.

Abbildung 9-4: Triebisch in der Ortslage Grund – Im Bild von rechts nach links: massive Stützmauerfür Straße am Prallhang, Sohlrampe anstelleeines ehemaligen Schützenwehres, Stein-schüttung als Ufersicherung an der Kurvenin-nenseite, Neubau eines Einfamilienhausesnach dem Hochwasser August 2002 imÜberschwemmungsgebiet (Foto: LfUG, 2004)

GewässerAEo

[km2]

Über-

schwem-

mungs-

fläche

[ha]

Überschwemmungsfläche der Nutzungsarten im Einzugsgebiet

Gewässer Siedlung Verkehr Bahn Ackerland Grünland Wald

[ha]

Biela 104 23 7 6 6 0 3 0 1

Gottleuba 252 468 177 141 37 0 57 4 52

Müglitz 214 454 59 182 63 16 68 2 65

Lockwitzbach 84 863 85 441 56 2 200 54 4

Rote Weißeritz 154 371 93 128 37 k. A. 31 3 79

Wilde Weißeritz 163 302 81 32 16 5 30 35 103

Vereinigte Weißeritz 67 722 33 578 80 18 9 3 2

Wilde Sau 52 23 12 3 0 0 0 6 2

Triebisch 176 340 78 83 19 2 24 88 47

Ketzerbach 168 122 30 18 1 0 29 35 10

Gesamt 1436 3688 655 1611 315 43 451 229 383

Tabelle 9-1: Größe der Überschwemmungsflächen je Nutzungsart

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Über 36 km2 waren in den betrachteten Gebieten über-schwemmt. Zum Vergleich: Das entspricht mehr als einemZehntel der gesamten Fläche der Stadt Dresden (328 km2).Es fällt der hohe Anteil der Siedlungen an den Über-schwemmungsflächen auf: 44% der überschwemmtenFläche waren Siedlungsgebiet.

Dabei schwankt der Prozentsatz zwischen den einzelnen Ein-zugsgebieten stark: Während an der Vereinigten Weißeritz dieSiedlungen 80% an der überschwemmten Fläche ausmach-ten, waren es an der Müglitz 40% und am Lockwitzbach über50%. Diese Zahlen widerspiegeln die hohe Siedlungsdichteim Bereich der Stadt Dresden, aber auch des Müglitztalesund entlang der Vereinigten Weißeritz. Am Ketzerbach, derWilden Weißeritz und der Wilden Sau waren dagegen nurknapp 15% der Überschwemmungsfläche Siedlungsgebiet.

Vergleicht man die vom Hochwasser betroffene Siedlungs-fläche mit dem gesamten Anteil der Siedlungsfläche im Ein-zugsgebiet, so waren im Lockwitzbach 1/3 betroffen, wäh-rend es an der Müglitz und der Vereinigten Weißeritz knapp1/5 waren.

Bedingt durch die Linienführung der Verkehrsachsen direktentlang der Gewässer, beträgt der Anteil an überschwemm-ten Flächen bei dieser Nutzung knapp ein Zehntel. DieserAnteil scheint verhältnismäßig hoch, handelt es sich dochbei den Verkehrsträgern um linienförmige Raumelemente.

Überschwemmungen von Ackerland spielten im landwirt-schaftlich genutzten Oberlauf des Lockwitzbaches und ent-lang des Ketzerbaches und der Wilden Weißeritz eine Rolle.

Obwohl Land- und Forstwirtschaft mit über 80% die domi-nante Nutzung im betrachteten Gebiet darstellt (siehe Tabel-le 0-1), war deren finanzieller Schaden während des August-hochwassers verschwindend klein. Der Hauptschadens-schwerpunkt lag in den Siedlungsgebieten, die auf der ge-samten Fläche der Einzugsgebiete nur 9% ausmachen (sieheKapitel 5).

Auch die Betrachtung der so genannten Schädigungsgradewährend des Augusthochwassers zeigt für die stark betrof-fenen Ortslagen den Konflikt zwischen den Nutzungen unddem Raumbedarf des Gewässers auf.

Mit der Abschätzung von Schädigungsgraden wird das ge-samte Vermögen eines bestimmten Gebietes in das Verhält-nis mit der Intensität eines Hochwassers (hier: spezifischerAbfluss) gesetzt.

Entsprechende Abschätzungen ergaben für die Überschwem-mungsflächen vom August 2002 von Biela, Gottleuba, Lock-witzbach, Weißeritz, Wilder Sau, Triebisch und Ketzerbach für die Gemeinden einen gefährdeten Vermögenswert1) vonca. 5 Mrd. €. Während des Hochwassers sind in den betrof-fenen Gemeinden Vermögensschäden in Höhe von ca. 10%des im Überschwemmungsgebiet befindlichen Gesamtver-mögenswertes aufgetreten. In den Gemeinden der Täler vonMüglitz und Weißeritz liegt dieser Anteil gar bei ca. 20%.

9.3.2 Freihaltung

Die Freihaltung der gefährdeten Flächen von Bebauung istder wirksamste Schutz vor Hochwasser. Mögliche Schädenwachsen dadurch nicht weiter an. Der freigehaltene Raumdient im Hochwasserfall zudem als Retentionsfläche oderder Wasserableitung. Allerdings ist diese Maßnahme in sodicht besiedelten Gebieten wie der Müglitz oder der Ver-einigten Weißeritz nicht durchgehend umsetzbar. In einzel-nen, besonders gefährdeten Gebieten, wie z.B. der Orts-lage Weesenstein, ist aber ein angemessener Raum für dasGewässer vorzusehen.

Freihaltung von Bebauung muss jedoch nicht gänzlicher Ver-zicht auf jegliche Nutzungen bedeuten. Gebiete mit geringerÜberschwemmungsintensität oder -häufigkeit können für Land-wirtschaft oder temporäre Freizeitaktivitäten genutzt werden.

Aus finanziellen Überlegungen scheint es – abgeleitet aus denErfahrungen während des Augusthochwassers – naheliegend,für den Schutz von landwirtschaftlich und forstwirtschaftlichgenutzten Räumen weniger hohe Anstrengungen zu tätigenals für den Schutz von Siedlungen und Verkehrswegen.

Die Festlegung von differenzierten Schutzzielen – das sindGrenzwerte, ab welchen Risiken nicht mehr akzeptiert wer-den – gestattet es, Nutzungen unterschiedlich stark zu schüt-zen. Solche Schutzziele können beispielsweise als mittlereWiederkehrintervalle für verschiedene Objektkategorien(Tabelle 9-2) angegeben werden.

Selbstverständlich können verallgemeinerte Schutzziele keinstarrer Rahmen sein. Schutzziele deutlich über dem hundert-jährlichen Ereignis sind zum Beispiel für bestimmte Nutzun-gen, die bei Schädigung durch Hochwasser außergewöhn-liche Konsequenzen erzeugen, auch erforderlich.

132

Gewässer18% Siedlung

44%

Verkehr9%

Bahn1%

Ackerland12%

Grünland6%

Wald10%

Abbildung 9-5: Anteil der Nutzungsarten an den über-schwemmten Flächen

1) Die Summe ist das Resultat aus einer Abschätzung der Vermögenswerte auf der Basis statistischer Kenngrößen, welche aus dem Bearbeitungsstand März2004 der Gefahrenhinweiskarte „Überschwemmung Freistaat Sachsen“ stammen.

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9.3.3 Nutzungsvorschriften

Die in Tabelle 9-1 dargestellten Zahlen zu den betroffenenÜberschwemmungsflächen sagen nichts über die Prozess-dynamik aus. Nicht alle von Überschwemmungen betroffenenFlächen wurden in der gleichen Art und Weise heimgesucht.

In Talaufweitungen und in den Mündungsbereichen der Flüssein die Elbe entstanden Schäden teilweise nur dadurch, dassdie Unter- und Erdgeschosse der Gebäude sowie das Um-land unter Wasser standen. Menschen konnten sich dabei in der Regel in Sicherheit bringen, da der Wasserstand rela-tiv langsam zunahm und die Fließgeschwindigkeiten geringwaren.

In den engen Tallagen, wie z.B. in Glashütte, Weesenstein,Kipsdorf oder Schmiedeberg, war jedoch die Wucht desWassers so groß, dass Häuser vollständig zerstört undMenschen von den Fluten mitgerissen wurden. Oder derWasserstand stieg so schnell, dass die überraschten Be-wohner in ihren Häusern eingeschlossen wurden und teil-weise unter schwierigen Umständen in Sicherheit gebrachtwerden mussten.

Die Ausführungen in Teil I zeigen, dass die linken Neben-flüssen der Oberen Elbe vor allem von dynamischen Über-schwemmungen, die sich durch hohe Fließgeschwindigkeitenund großen Feststofftransport auszeichnen, betroffen waren.

Die durch dynamische Prozesse entstandenen Schäden tratenjedoch räumlich differenziert auf. In Abbildung 9-6 sind alleSchäden dargestellt, die den Gewässern 1. Ordnung zugeord-net werden können. Die Farbbänder entlang der betrachteten

Objektkategorie

Richtwerte für das maß-

gebende mittlere statistische

Wiederkehrintervall in Jahren

geschlossene Siedlungen 100

Einzelgebäude, nicht dauer-haft bewohnte Siedlungen

25

Industrieanlagen 100

überregionale Infrastruktur 100

regionale Infrastruktur 25

Landwirtschaftlich genutzteFlächen

5

Naturlandschaften –

Tabelle 9-2: Beispiel für Schutzziele verschiedenerObjektkategorien

Abbildung 9-6: Schaden in € /m2 Überschwemmungsfläche für die Gewässer 1. Ordnung: Biela, Gottleuba und Nebenflüsse,Lockwitzbach, Weißeritz, Wilde Sau, Triebisch und Ketzerbach

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Hauptflussläufe zeigen die Höhe der Schäden in €/m2 Über-schwemmungsfläche. Die Spannbreite liegt zwischen 1 €/m2

und 130 €/m2. Erfasst sind hier auch alle Schäden die demGewässer selbst zuzuordnen sind, wie Wehranlagen und Ufer-mauern.

Besonders hohe Werte traten entlang jener Abschnitte auf, wopraktisch nur Siedlungsflächen überschwemmt wurden, undsehr hohe Fliessgeschwindigkeiten herrschten. Dabei ist ins-besondere Glashütte, Schmiedeberg und Tharandt zu nennen.Der Schaden pro Überschwemmungsfläche in Weesensteinfällt eher gering aus, da nur in einem kleinen Teil der Ortslageverheerende Schäden auftraten, die gesamte überschwemm-te Fläche aber bedeutend größer war. Es sind auch Abschnittezu finden, in denen auf engem Raum die Schäden an der Infra-struktur sehr groß waren (Bereich Lauenstein).

In Freital und Dresden, aber auch Pirna und Meißen, wur-den vor allem Siedlungsgebiete mit grundsätzlich hohemSchadenspotenzial überschwemmt. Da sich im Mündungs-bereich die Flüsse aber stärker ausbreiten konnten, waren dieFließgeschwindigkeiten und entsprechend auch die Schädenpro Flächeneinheit geringer als im Gebirge.

Behördlich erlassene Nutzungsvorschriften sollten verlangen,dass bei Neu- und Umbauten der Gefährdung Rechnung zutragen ist. Dabei müssen sich die Auflagen an der Intensi-tät und der Häufigkeit des gefährlichen Prozesses sowie amSchutzbedürfnis des Objektes orientieren.

Voraussetzung für entsprechende Regelungen ist die Kenntnisder Gefährdung in einem bestimmten Gebiet. Gefahrenkar-ten, die diese in Abhängigkeit von Intensität und Wahrschein-lichkeit darstellen, bilden dazu eine wichtige Grundlage.

9.3.4 Bauvorsorge

Mit Bauauflagen und Objektschutzmaßnahmen kann dieSchadensempfindlichkeit einzelner Objekte –Wohngebäude,Industrieanlagen usw. – minimiert werden. Mögliche Maß-nahmen sind:

■ Anpassen der Nutzung in Gebäuden: Verzicht auf emp-findliche Nutzung in Keller- und Erdgeschossen, wiez.B. Anordnung von Öltanks, der Elektroinstallationoder elektronischen Geräten,

■ Einbau wasserdichter Türen und Fenster,■ Vorhalten von Dammbalken, Sandsäcken oder Folien,■ Abschirmen mittels permanenter oder mobiler Barrieren

oder durch Höherlegen von Gebäuden.

Untersuchungen im Rahmen der Internationalen Kommissionzum Schutze des Rheins (EGLI, 2002) zeigen, dass bei einerFernhaltung des Wassers durch Höherlegen der Gebäudeoder Barrieren eine Wirksamkeit von nahezu 100% möglichist, bei Gebäudeabdichtungen 50–75% und bei wasser-unempfindlichem Innenausbau 10–30%. Allerdings sinddiese Objektschutzmaßnahmen in Gebieten mit großer Über-schwemmungstiefe (> 2 m) deutlich eingeschränkt.

Bauvorsorge setzt eigenverantwortliches Handeln voraus.Wichtig ist darum die Information der Bevölkerung über dieentsprechende Gefährdung in ihrem Siedlungsraum und dieWirksamkeit von Objektschutzmaßnahmen.

9.4 Schlussfolgerungen

Der Hochwasserschutz muss sowohl auf eine Verringerungdes Gefahren- als auch des Schadenspotenzials gerichtetsein. Diese beiden Zielstellungen werden in Abhängigkeitder örtlichen Verhältnisse und der Charakteristik des jeweili-gen Einzugsgebietes eine unterschiedliche Gewichtung er-fahren.

Der Hochwasserabfluss kann durch eine Verbesserung derRückhaltewirkung in der Fläche gemindert werden. Dazumuss die Landnutzung hinsichtlich ihres Einflusses auf die Abflussbildung analysiert und gegebenenfalls verändertwerden. Weitergehende Untersuchungen zur Ermittlung derquantitativen Zusammenhänge der Einflussgrößen einesHochwassers sind allgemein und für einzelne Einzugsgebie-te erforderlich. Die erreichbaren Effekte des Flächenrückhal-tes sind begrenzt und müssen bei hohem Schadenspoten-zial durch den Bau von Rückhaltebecken im Osterzgebirgeergänzt werden.

Die Fließgewässer bedürfen bei der Konzeption des Hoch-wasserschutzes einer durchgehenden Betrachtung. Dabeisind die Wechselwirkungen zwischen Abflusskapazität desGewässerbettes, lokalen Schwachstellen und Geschiebe-sowie Treibguttransport zu berücksichtigen. Die Gerinne-querschnitte einschließlich der Brücken müssen für denschadlosen Hochwasserabfluss in vielen Ortslagen vergrö-ßert werden. Das Geschieberegime und das Verklausungs-risiko im Hochwasserfall sind zu prognostizieren und beiallen Maßnahmen zu berücksichtigen. Der Verringerung deskünstlichen Geschiebepotenzials aus Aufschüttungen undUferbefestigungen kommt im Untersuchungsgebiet beson-dere Bedeutung zu.

Die Wirksamkeit aller Maßnahmen zur Minderung derGefährdung ist in Abhängigkeit des Ereignisses sowie desjeweiligen Standortes unterschiedlich.

Maßnahmen zur Beeinflussung des Gefahrenpotenzials be-anspruchen in den meisten Fällen zusätzliche Flächen, sei es um ein Rückhaltebecken zu erstellen, den Querschnitteines Gerinnes zu vergrößern oder um Geschiebe gezieltabzulagern. Dieser Raum ist in den oftmals sehr engenTälern der Nebenflüsse der Oberen Elbe nur beschränktvorhanden. Dies trifft besonders auf die Täler der Müg-litz, der Roten und Vereinigten Weißeritz und der unterenTriebisch zu.

Technische Maßnahmen sind in der Regel sehr aufwändig.Es muss in jedem Fall geprüft werden, ob eine grundsätzlichmögliche technische Maßnahme in Anbetracht eines poten-

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ziellen Schadens überhaupt gerechtfertigt ist. Oft ist es ausökonomischer Sicht günstiger, eine Nutzung aufzulassenbeziehungsweise nicht anzutreten oder nur mit Auflagenzuzulassen.

Die grundsätzlich einfachste Möglichkeit, Schäden durchHochwasser zu verhindern, ist die generelle Nichtnutzungvon potenziell gefährdeten Gebieten. In den dicht genutztenTälern ist dies allerdings nicht durchgehend umsetzbar. InGebieten, wo auf Grund der zu erwartenden Wasserständeoder Fließgeschwindigkeiten eine besonders große Gefähr-dung besteht, sollten keine Gebäude stehen. Hier ist demFluss der nötige Raum zu gewähren.

In Gebieten mit einer weniger starken Gefährdung ist eineangepasste Nutzung durchaus möglich und auch ökono-misch sinnvoll. Mit Bauauflagen sollen dabei die Schädenbei einem Hochwasser so weit als möglich reduziert werden.

Aus dem Ablauf des Augusthochwasser 2002 wird deutlich,dass eine vollständige Verhinderung von Schäden sowohltechnisch als auch ökonomisch nicht realisierbar sein wird.Für Konflikte in der Landnutzung müssen in Bezug auf denHochwasserschutz Interessenabwägungen unter Berück-sichtigung aller Betroffenen stattfinden. Das Augusthoch-wasser zeigt dabei die Handlungsschwerpunkte auf.

Die fachliche Grundlage zur Umsetzung einer differenziertenRaumnutzung bilden Gefahrenkarten und Hochwasserschutz-konzepte, wie sie beispielhaft im Kapitel 12 dargestellt sind.Diese Arbeiten sollen deshalb weitergeführt und regelmäßigan die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst wer-den. Die Umsetzung der Auflagen für die Gefahrenzonen in der Raumplanung kann durch entsprechende gesetzlicheGrundlagen gefördert werden.

Während ökonomische Schäden bis zu einem gewissenGrad tolerierbar sind, sind Schäden an Leib und Leben weit-möglichst zu begrenzen. Halten sich Menschen in Gebie-ten auf, welche überschwemmt werden, besteht immer das Risiko von Unfällen. Wenn immer möglich sind deshalbMenschen zu evakuieren, bevor ein Gebiet überschwemmtwird. Dazu sind Warnungen und eingespielte Vorgehens-weisen notwendig. Die nachfolgenden Kapitel befassen sichmit den Möglichkeiten und den Grenzen der Hochwasser-warnung und der Kommunikation von entsprechenden Infor-mationen an die Bevölkerung und Interventionsorgane.

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In Auswertung des Hochwasserereignisses vom August 2002besteht das Hauptziel der Neukonzipierung des Hochwasser-nachrichtendienstes darin, qualitativ bessere Informationenüber die mögliche Entstehung einer Hochwassersituationbzw. über die Entwicklung eines bereits eingetretenen Hoch-wassers zu liefern, um eine rechtzeitige Warnung der Be-völkerung sowie eine Verringerung von Hochwasserschädenzu ermöglichen.

Die hier betrachteten Gewässer weisen sehr kleine Einzugs-gebiete in der Größenordnung von etwas über 50 km2

(Wilde Sau) bis knapp 400 km2 (Weißeritz) auf. Der Ober- undMittellauf dieser Fließgewässer ist durch überwiegend enge,stark eingetiefte und steile Täler charakterisiert, wodurchkaum Flächen für einen natürlichen Rückhalt vorhanden sind.Aus Starkniederschlägen können massive Sturzfluten ent-stehen, da der Niederschlag unmittelbar abflusswirksam wird.Das Hochwasserereignis vom August 2002 hat deutlich ge-zeigt, dass in diesen Einzugsgebieten die Wasserführunginnerhalb von wenigen Stunden um ein Vielfaches des nor-malen Abflusses ansteigen kann. Deshalb ist es insbeson-dere für diese schnell reagierenden Flusseinzugsgebieteerforderlich, dass Informationen über den möglichen Beginnsowie über den Verlauf eines Hochwassers so schnell wiemöglich an die für die Hochwasserabwehr Zuständigen über-mittelt und diese Informationen vor Ort entsprechend be-wertet und zur rechtzeitigen Einleitung operationeller Maß-nahmen zum Hochwasserschutz genutzt werden.

Im Folgenden sind die wesentlichen Maßnahmen im Ver-antwortungsbereich des LfUG erläutert.

10.1 Hochwasserstandsmeldungen

Beim Hochwasser im August 2002 konnten etwa 50% derHochwasserstandsmeldungen nicht abgesetzt werden (vgl.Abb. 6-3). Ursachen waren vor allem ungenügend hochwas-sersichere Standorte der Pegel, aber auch der Ausfall der Kom-munikationswege und die Überlastung der Verteilersysteme.

Die derzeitige Anzahl der Hochwassermeldepegel in Sach-sen sowie die Festlegung von vier Alarmstufenbereichen zurKlassifizierung der Höhe des Hochwassers werden für dieHochwasserwarnung und Hochwasserberichterstattung alsausreichend und zweckmäßig angesehen. In Auswertungdes Hochwasserereignisses August 2002 wurde allerdings

die regionale Verteilung überdacht und einzelne Pegel-standorte werden optimiert. Bei Extremereignissen muss ge-währleistet sein, dass die Pegel zugänglich sind und dasAblesen des Wasserstandes und gegebenenfalls Durchfluss-bestimmungen möglich sind.

Im Untersuchungsgebiet betrifft das die Pegel Liebstadt an der Seidewitz, Lauenstein 2 an der Müglitz und Hains-berg 1 an der Roten Weißeritz, für die Hochwasser sichereStandorte gesucht werden. Der Pegel Wilsdruff an derWilden Sau soll zur Verlängerung der Vorwarnzeiten für dieStadt Wilsdruff flussaufwärts verlegt werden. Die Standort-auswahl konnte, insbesondere wegen der teilweise laufen-den Flussbaumaßnahmen, noch nicht für alle Pegel imUntersuchungsgebiet endgültig abgeschlossen werden.

Zukünftig werden alle 18 Hochwassermeldepegel im Unter-suchungsgebiet mit Datenfernübertragungstechnik (DFÜ)ausgerüstet sein. Dabei ist für 12 dieser Pegel eine re-dundante Ausstattung mit jeweils zwei unterschiedlichenMethoden sowohl für die Messwerterfassung (Sensor-technik), die Energieversorgung der Messsysteme als auchfür die Datenübertragung vorgesehen. Außerdem wird dieBetriebssicherheit aller Hochwassermeldepegel durch ge-eignete Bauausführung und gegebenenfalls Optimierungdes Messgerätestandortes erhöht werden. Auf diese Weisekönnen mögliche Zerstörungen von Pegelanlagen bzw. derAusfall der Datenübertragung während extremer Hoch-wasserereignisse minimiert werden. Die für die Durchführungvon Hochwasserabwehrmaßnahmen notwendige Kenntnisüber die aktuelle Wasserstandsentwicklung ist damit besserabgesichert. Dies ist insbesondere in kleinen Gewässer-einzugsgebieten mit sehr kurzen Reaktionszeiten eine we-sentliche Handlungsgrundlage.

Bis spätestens Ende 2004 sollen die Ausrüstung aller Hoch-wassermeldepegel mit DFÜ sowie die Herstellung der Re-dundanz abgeschlossen sein (Tabelle 10-1).

Die Hochwasserstandsmeldungen werden zukünftig auto-matisch über das Landeshochwasserzentrum (LHWZ) ver-teilt, das bedeutet, sofort mit Erreichen von festgelegtenWasserstandshöhen am Pegel werden Meldungen an alleEmpfänger abgesetzt. Damit stehen diese Wasserstands-werte den Behörden immer zeitnah zur Verfügung. AmSystem der Pegelbeobachter wird zusätzlich festgehalten, danur so bei Extremereignissen mit Ausfall von Strom undMesstechnik noch Informationsmöglichkeiten gegeben sind.

10 Konsequenzen für dasHochwassermeldesystem

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10.2 Hochwasserwarnung

Die Zersplitterung der Verantwortlichkeiten bei der Erstel-lung und Verteilung von Hochwassernachrichten, wie siewährend des Hochwasserereignisses existierte, erwies sichals uneffektiv. Zur Verkürzung der Meldewege und -zeitensowie zur Optimierung des Personaleinsatzes, wurde einLandeshochwasserzentrum für ganz Sachsen eingerichtet.

Bereits ab April 2003 kam es zur Zusammenführung der inden StUFÄ arbeitenden regionalen Hochwasserzentralen indas aufzubauende Landeshochwasserzentrum. Ein Jahr da-nach wurde auch die Meldezentrale der UBG integriert.

Zur Gewährleistung der regelmäßigen Analyse der meteorolo-gisch-hydrologischen Situation arbeitet der im Landeshochwas-serzentrum eingerichtete Meldedienst seitdem an allen Tagen,auch an Wochenenden und Feiertagen, mindestens von 06 bis 22 Uhr im Zwei-Schichtbetrieb, im Hochwasserfall im Drei-Schichtbetrieb rund um die Uhr. In hydrologischen Normalsitua-tionen werden in den Nachtstunden (22 bis 06 Uhr) alle in derMeldezentrale eingehenden hochwasserrelevanten Nachrich-ten an die ständige Rufbereitschaft des LHWZ weitergeleitet.

Nur so ist auf Grund der sehr kurzen Reaktionszeiten insächsischen Hochwasserentstehungsgebieten die Absiche-

rung des rechtzeitigen Erkennens von sich entwickelndenHochwassersituationen möglich. Die Einrichtung vonSchichtdienst in Verbindung mit Rufbereitschaft gewähr-leistet damit eine frühestmögliche Warnung.

Eine wesentliche Grundlage für die Erhöhung der Genauig-keit von Hochwasservorhersagen ist die Kenntnis desNiederschlagsgeschehens. Dazu gehören einerseits Nieder-schlagsprognosen und andererseits die Informationen zumgefallenen Niederschlag.

Mit den aktuellen Niederschlagsprognosen sind für Einzugs-gebiete kleiner als 200–500 km2 auf Grund der kurzen Ab-flusskonzentrations- bzw. Fließzeiten lediglich grobe Abschät-zungen zur Entwicklung der Abflusssituation möglich.

Erst wenn die Niederschlagsvorhersage räumlich und zeitlichdifferenziert und einzugsgebietsgenau ist, kann eine Vorher-sage mittels Niederschlags-Abfluss-Modellierung Erfolg ver-sprechend sein. Dafür ist es aber erforderlich, dass durch denDWD Niederschlags- bzw. Schneeschmelzvorhersagemodelleerstellt werden, die zuverlässige Ergebnisse für kleinräumigeGebiete ausweisen. Der DWD unternimmt für deren Ent-wicklung zwar schon Anstrengungen, für Modelle mit dieserVorhersagegenauigkeit besteht jedoch noch erheblicher For-schungsbedarf.

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Tabelle 10-1: Ausrüstung der Hochwassermeldepegel

Pegel Gewässer

Ausrüstung mit DFÜ

DFÜ DFÜ Redundanz

Stand 2002 2004 2004

Bielatal 1 Biela x x x

Cunnersdorf 1 Cunnersdorfer Bach x x

Neundorf Gottleuba x x x

Markersbach Bahra x x x

Liebstadt 1 Seidewitz x x x

Lauenstein 2 Müglitz x x

Mühlbach Müglitz x x

Geising 1 Rotes Wasser x x

Kreischa Lockwitzbach x x x

Hainsberg 4 Vereinigte Weißeritz x x x

Rehefeld 1 Wilde Weißeritz x

Hainsberg 3 Wilde Weißeritz x x

Schmiedeberg 1 Rote Weißeritz x x x

Hainsberg 1 Rote Weißeritz x x

Wilsdruff Wilde Sau x

Herzogswalde 1 Triebisch x x x

Munzig 1 Triebisch x x x

Ziegenhain Ketzerbach x x

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Derzeit erhält das LfUG vom DWD, im Gegensatz zumAugust 2002, bereits differenziert für fünf sächsische Fluss-gebiete Niederschlagsvorhersagen (Quantilvorhersagen mit10%-, 50%- und 90%-Eintrittswahrscheinlichkeit). DasUntersuchungsgebiet liegt dabei im Flussgebiet Neben-flüsse der Oberen Elbe, welches sich rechts und links derElbe von der Staatsgrenze zur Tschechischen Republik biszur Landesgrenze Sachsen-Anhalt erstreckt. Eine detaillier-te Niederschlagsvorhersage, z.B. für Müglitz, Gottleuba,Weißeritz oder Wesenitz, liegt damit nicht vor. Somit fehlendie Voraussetzungen für gewässerbezogene Hochwasser-vorhersagen.

Die dem LfUG außer Wetterberichten, Wetterwarnungenund Unwetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst zurVerfügung gestellten Messwerte von Niederschlagsstatio-nen ermöglichen zurzeit keine flächenhafte und zeitnaheErfassung der Niederschlagsverteilung, die aber insbeson-dere in kleinen Einzugsgebieten für eine Abschätzung derWasserstandsentwicklung notwendig ist.

Mit der Niederschlagsmessung mittels Radar steht eineMethode zur Verfügung, die im Gegensatz zu herkömm-lichen Messungen den Niederschlag nicht nur punktuell,sondern flächenhaft erfassen kann. Der DWD hat bereits 16Radarstandorte zur quantitativen Niederschlagsvorhersageaufgebaut, mit jeweils einer Reichweite von 125 km erfas-

sen diese ganz Deutschland. Durch Kalibrierung an direkt anBodenstationen gemessenen Niederschlägen kann die Qua-lität der Radarmessung wesentlich erhöht werden. Dafürsind automatische Niederschlagsmesser (Ombrometer), diedie Niederschlagsmengen in hoher zeitlicher Auflösung mes-sen und übertragen können, unerlässlich.

Zum Erreichen der für Hochwasservorhersagen benötigtenGenauigkeit bei der Ermittlung der flächenmäßigen Vertei-lung der Niederschläge werden für Sachsen zusätzlich zuden vom Deutschen Wetterdienst geplanten Stationen(Grundmessnetz) mindestens noch 22 weitere landeseigeneOmbrometer (Verdichtungsmessnetz) notwendig. Direkt imUntersuchungsgebiet ist der Aufbau von vier Ombrometernvorgesehen. Die Reichweite des Radarstandortes Dresden-Klotzsche erfasst dabei das gesamte Gebiet, so dass nachvollständiger Installation des Niederschlagsmessnetzes abMitte 2005 quasi online die punktuell gemessenen Nieder-schlagshöhen (Monitoring) sowie über die Radaraneichungflächenmäßig detaillierte Aussagen zum gefallenen Nieder-schlag vorliegen werden.

Im Gegensatz zu Einzugsgebieten > 500 km2 können in denhier betrachteten kleinen Einzugsgebieten auch in Zukunftvorerst nur Aussagen innerhalb der zu erwartenden Alarm-stufenbereiche gemacht werden. Mit der detaillierten Kennt-nis des gefallenen Niederschlags wird es aber möglich sein,

Abbildung 10-1: Geplante Ombrometerstandorte im Untersuchungsgebiet

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die Hochwasserwarnungen und Vorhersagen präziser zu ge-stalten und vor allem häufiger zu aktualisieren.

Da unterhalb von Talsperren und Speichern das Abfluss-verhalten nur mit Kenntnis über die bereits erfolgte und die geplante Bewirtschaftung der wasserbaulichen Anlagenmöglich ist, tauschen die LTV und das Landeshochwasser-zentrum alle steuerungsrelevanten Informationen aus.

In Auswertung der Hochwasserkatastrophe vom August2002 wurden die Hochwasserrückhalteräume der Talsperrenund Speicher im Untersuchungsgebiet insgesamt bereitsum ca. 75 % erhöht (siehe Tabelle 10-2).

Für die TS Malter konnten zusätzliche Regelungen zur Steue-rung getroffen werden, um einen größtmöglichen Schutzder unterhalb liegenden Kommunen zu erreichen. Durch dieLTV erfolgt in kritischen Situationen in Absprache mit demLHWZ eine Vorentlastung der TS Malter. Bedingung dafür istu. a. eine Niederschlagsprognose des DWD für das Ein-zugsgebiet der Nebenflüsse der Oberen Elbe von mehr als100 mm in den nächsten 24 Stunden mit einer Wahrschein-lichkeit des Eintretens von mindestens 50%. Dadurch wirdfür die unterhalb liegenden Ortschaften eine größtmöglicheHochwasserschutzwirkung durch die TS Malter erreicht.Allerdings ist damit auch das Risiko verbunden, dass beiNichteintreten des Starkniederschlags in der Talsperre eineDargebotslücke entsteht.

10.3 Hochwassermeldewege und

Kommunikationsmittel

Zur Absicherung eines lückenlosen Datentransfers werden imLfUG momentan die technischen Voraussetzungen geschaf-fen, dass zukünftig die Verteilung der Hochwassernachrich-ten mit redundanter Übertragungstechnik erfolgen kann. AlsHauptmedium wird derzeit Telefax und E-Mail genutzt, zu-sätzlich sind die Anwendung anderer Übertragungsmöglich-keiten wie SMS, Telefon und GSM vorgesehen.

Zukünftig werden Hochwasserstandsmeldungen, Hoch-wasserwarnungen und -vorhersagen direkt vom Landes-hochwasserzentrum im LfUG bis auf Gemeindeebene ver-teilt. Damit entfallen die Schnittstellen Regierungspräsidienund Landkreise und die Übermittlungszeit für Hochwasser-nachrichten wird erheblich verkürzt. Dadurch wird wertvolleZeit für die Einleitung von Hochwasserabwehrmaßnahmengewonnen. Bereits seit April 2003 werden deshalb durchdas LHWZ zusätzlich zum derzeit rechtlich vorgeschrie-benen, bisherigen Meldeweg Hochwasserwarnungen und -vorhersagen per E-Mail direkt an die Landratsämter undkreisfreien Städte übermittelt.

Außerdem ist geplant, dass alle Empfänger von Hochwasser-nachrichten zusätzlich per SMS mit einer so genannten Hoch-wassereilbenachrichtigung über ein bevorstehendes Hoch-

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Flussgebiet Gewässer StauanlageSpeicherraum

in Mio. m3

Gewöhnlicher Hochwasser-

rückhalteraum in Mio. m3

August 20021) aktuell2)

Gottleuba

Gottleuba TS Gottleuba 12,97 2,00 3,00

Seidewitz HRB Liebstadt 1,1 1,01 1,01

Bahre HRB Friedrichswalde-Ottendorf 1,53 1,45 1,45

Mordgrundbach HRB Morgrundbach 1,27 1,15 1,15

Bahra HRB Buschbach 2,4 2,40 2,40

MüglitzBrießnitzbach HRB Glashütte 0,07 0,05 0,05

Weiße Müglitz HRB Müglitztal (z.Zt. im Bau) 5,19 2,47 5,01

Lockwitzbach Lockwitzbach HRB Reinhardtsgrimma 0,38 0,38 0,38

WeißeritzWilde Weißeritz

TS Lehnmühle 21,86 1,16/2,123) 7,00

TS Klingenberg 16,38 0,96/1,963) 2,00

Rote Weißeritz TS Malter 8,78 2,28 4,34

Summe:ohne HRB Müglitztal 66,74 13,39/14,813) 22,78

mit HRB Müglitztal 71,93 15,77/17,283) 27,79

1) festgelegter IGHR laut bestehendem Wasserrecht im August vom 2002

2) festgelegter IGHR laut Erlass des Regierungspräsidiums für die Talsperren Gottleuba, Klingenberg und Lehnmühle vom Januar 2003 und Malter Juni 2003

3) Sommer-/Winterstau

Tabelle 10-2: Gegenüberstellung der gewöhnlichen Hochwasserrückhalteräume von 2002 und 2003 in den Hochwasser-rückhaltebecken und Talsperren im Untersuchungsgebiet

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wasserereignis informiert werden, d.h. es wird mitgeteilt,dass der Hochwassernachrichtendienst in einem bestimmtenFlussgebiet eröffnet ist. Diese Eilbenachrichtigungen werdenparallel zur ersten Hochwasserstandsmeldung bzw. bei Her-ausgabe einer Hochwasserwarnung für ein Flussgebiet ab-gesetzt, die die Diensthabenden in den Gemeinden, Land-ratsämtern bzw. kreisfreien Städten jederzeit sofort über be-ginnende Hochwasserereignisse informieren. Um die Brisanzder Situation zu verdeutlichen wird bei erstmaligem Erreichender Alarmstufe 3 eines Pegels im Flussgebiet vom LHWZ er-neut eine Hochwassereilbenachrichtigung versandt.

Zusätzlich zur Versendung von Hochwassernachrichten durchdas Landeshochwasserzentrum ist die Veröffentlichung allerhochwasserrelevanten Informationen auf einer Informations-plattform geplant. Diese im Zusammenhang mit der tech-nischen Ausstattung des Landeshochwasserzentrums auf-zubauende Informationsplattform wird den Datenabruf mitabgestuften Zugangsberechtigungen für Behörden, Kom-munen, Medien und Öffentlichkeit mittels unterschiedlicherKommunikationstechnik (z.B. Internet, AbrufmöglichkeitDatenserver, telefonische Ansagetechnik) ermöglichen.Gleichzeitig sollen zur Verbreitung von offiziellen Informatio-nen zukünftig die Möglichkeiten der Bekanntgabe über Rund-funk, Fernsehen (Videotext), Zeitung u.ä. verstärkt genutztwerden. Die dafür notwendige technische Ausstattung desLHWZ wird zurzeit realisiert und in der ersten Ausbaustufe abdem vierten Quartal 2004 zur Verfügung stehen.

Außerdem soll zukünftig auf dieser Informationsplattformden für die Hochwasserabwehr zuständigen Behörden dieMöglichkeit gegeben werden, landkreis- oder gemeinde-

bezogene Hochwassergefährdungen und Hochwasser-abwehrmaßnahmen bekannt zu machen. Betroffene könntensich darüber dann im Vorfeld bzw. während Hochwasser-situationen zusammen mit der Abfrage aktueller Messwerteinformieren.

In Abbildung 10-2 sind die geplanten Melde- und Informa-tionswege der Hochwassernachrichten im Freistaat Sachsenschematisch dargestellt. Es sei darauf hingewiesen, dass esAufgabe der Kommunen ist, die Betroffenen vor einer zuerwartenden Hochwassergefahr zu warnen und zu schützen.

In Auswertung des Hochwassers im August 2002 mussteauch festgestellt werden, dass nicht alle Empfänger vonHochwassernachrichten diese Informationen bewerten konn-ten. Dies widerspricht dem Ergebnis einer Umfrage, die dasLfUG bereits im Frühjahr 2002 mit allen Empfängern vonHochwassernachrichten durchgeführt hatte und bei der derInformationsgehalt des Hochwassernachrichtendienstes vonüber 75% der befragten Behörden mit gut bis sehr gut be-wertet wurde. Zur besseren Verständlichkeit der Hochwasser-warnungen und -vorhersagen wurden diese deshalb inhaltlichnochmals neu gegliedert und für alle Flussgebiete vereinheit-licht. Weiterhin werden zukünftig Vergleiche zu historischenEreignissen ergänzt.

Die Hochwassernachrichtendienstverordnung sowie dieHochwassermeldeordnung werden in Auswertung desHochwasserereignisses vom August 2002 überarbeitet undaktualisiert. Darin sind Zuständigkeiten und Verantwortlich-keiten exakt festgelegt. Diese sind Grundlage für die Zusam-menarbeit aller betroffenen Behörden.

-

-

LandeshochwasserzentrumInformations-

plattformInternet, Videotext,

Telefon

Niederschlags-daten

Wetter-prognosen

Wasserstands-daten

Hochwasser-standsmeldungen

Talsperren-Meldezentrale

Hochwasser-warnungen/

-entwarnungen

MedienTV, Radio,

Zeitung

Hochwasser-eilbenachrichtigung

per SMS

LandkreiseKreisfreie Städte

Regierungs-präsidien

KommunenWasserwehr

ausgewählteDritte

Abbildung 10-2: Zukünftige Melde- und Informationswege der Hochwassernachrichten im Freistaat Sachsen

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10.4 Besonderheiten kleiner

Einzugsgebiete

Grundsätzlich gilt, dass je größer ein Einzugsgebiet für denjeweiligen Vorhersagepegel ist, umso verlässlicher ist dieHochwasservorhersage. Voraussetzungen für eine qualitativgute Hochwasservorhersage sind zuverlässige Pegel in aus-reichender Anzahl in den oberhalb liegenden Teileinzugs-gebieten mit ausreichend langer Fließzeit bis zum nächstenVorhersagepegel und detaillierte Kenntnisse über das zu er-wartende Niederschlagsgeschehen. Beide Voraussetzungensind für kleine Einzugsgebiete nicht gegeben.

Das Ereignis hat gezeigt, dass es auch im Unterlauf derGewässer zu einem außerordentlich schnellen Anstieg kam,der durch den Niederschlag unmittelbar im Zwischeneinzugs-gebiet ausgelöst worden ist. Die Scheitellaufzeiten vom Ober-lauf in den Unterlauf haben deshalb das Abflussgeschehennur unzureichend beschrieben. Bei Auftreten extremerNiederschlagsereignisse ist wegen des teilweise enormenEinflusses der schnell reagierenden Zwischengebiete dieWasserstandsentwicklung der oberhalb liegenden Pegel des-halb wenig aussagekräftig. Zwischen dem Beginn von Stark-niederschlagsereignissen und dem raschen Ansteigen derWasserführung bzw. dem Erreichen und Überschreiten von

Alarmstufenbereichen am Pegel (Reaktionszeit) können nurwenige Stunden liegen. Dies zeigt Abbildung 10-3 deutlich.Nur Talsperren oder Rückhaltebecken können den Abflussetwas verzögern, wenn diese Speicher nicht überlastet sind.

Wegen der kurzen Anlaufzeiten und weil es bisher auchkeine zeitlich und räumlich detaillierte längerfristige Nieder-schlagsvorhersage gibt, sind genaue Hochwasserwarnun-gen mit langen Vorwarnzeiten in kleinen Einzugsgebietennicht oder nur in sehr eingeschränkten Umfang möglich.

Die erwähnte Bereitstellung detaillierter gefallener Nieder-schläge ab Mitte 2005 wird eine Verbesserung der Qualitätder Vorhersage auch in kleinen Einzugsgebieten ermöglichen.Der dadurch erzielbare Zeitgewinn kann aber bei Ereignis-sen in der Größenordnung vom August 2002 maximal auchweiterhin nur im Bereich der Reaktionszeit von vier bissechs Stunden liegen. Dabei ist ferner zu berücksichtigen,dass die Übermittlung und Bearbeitung der Daten zu einerflussgebietsbezogenen Hochwasserwarnung ein bis zweiStunden beansprucht. Insofern kann für Gebiete wie dasUntersuchungsgebiet ein Frühwarnsystem nur auf derGrundlage von Wetter- und Unwetterwarnungen basieren.

Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes wird es deshalbals notwendig erachtet, insbesondere in Anbetracht der kur-

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11.08.18:00

12.08.00:00

12.08.06:00

12.08.12:00

12.08.18:00

13.08.00:00

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 4

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 3

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 2

Wasserführung im Bereich der Alarmstufe 1

Wasserführung unterhalb der Hochwassergrenze

Ausgewählte NiederschlägePegel Kreischa/LockwitzbachPegel Wilsdruff/Wilde SauPegel Ziegenhain/Ketzerbach

Pegel Geising/Rotes WasserPegel Hainsberg 2/Wilde WeißeritzPegel Munzig 1/Triebisch

Reaktionszeit

Abbildung 10-3: Darstellung des Wasserstandsanstieges im Bereich der Alarmstufen

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zen Reaktionszeiträume im Untersuchungsgebiet, dass die fürPlanung und Durchführung von Abwehrmaßnahmen Verant-wortlichen vor Ort, Wetter- und Hochwassernachrichten fürihre lokalen Bedürfnisse schnell und richtig bewerten können.Weiter ist die Einbeziehung lokaler Beobachtungen in die Ent-scheidungsfindung in Gebirgsflüssen in vielen Fällen absolutnotwendig, da nur vor Ort sofort Informationen über größereGeschiebeablagerungen oder Verklausungen vorliegen, welchedas Hochwassergeschehen maßgeblich beeinflussen.

Für die Einleitung von Abwehrmaßnahmen sind neben dendazu notwendig fachlichen Kenntnissen detaillierte Hoch-wasseralarmpläne der Kommunen notwendig, die wider-spruchsfrei zu interpretieren sind und in Abhängigkeit derGröße des Ereignisses jeweils eindeutige Handlungsemp-fehlungen vorgeben.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen LHWZ und den für die Hochwasserabwehr zuständigen Behörden im Unter-suchungsgebiet wird u.a. mit der oben beschriebenen Infor-mationsplattform angestrebt. Entsprechende Grundlagen undKenntnisse sollen in regelmäßigen Kursen der Fachbehör-den vermittelt werden.

10.5 Schlussfolgerungen

Die Verbesserung des Hochwassernachrichtendienstes imUntersuchungsgebiet wird über eine höhere Betriebssicher-heit der Pegelstationen, über redundante Ausrüstung derDatenübermittlungswege sowie durch optimierte Organisa-tionsstrukturen gewährleistet. Über die Einbeziehung vonzusätzlichen Informationen wie z.B.Angaben über schon ge-fallene Niederschläge (Ombrometer und/oder Radarmessun-gen) und Schadensmeldungen aus den Einzugsgebieten wirddie Qualität der Hochwasserwarnungen erhöht.

Durch den eingerichteten Schichtdienst der Meldezentralewerden Warnungen vor ergiebigen Niederschlägen sofortentgegen genommen und im Zusammenhang mit der aktu-ellen Wasserführung im LHWZ umgehend bewertet. Dabeiwerden die höchsten prognostizierten Niederschlagsmengenzu Grunde gelegt und gegebenenfalls Hochwasserwarnun-gen verteilt.

Detaillierte, genaue Hochwasserwarnungen mit langen Vor-warnzeiten für Gewässer mit kleinen Einzugsgebieten, wiez.B. im gesamten Untersuchungsgebiet, sind wegen derkurzen Anlaufzeiten der Hochwasserwelle nicht oder nur insehr eingeschränktem Umfang möglich. Solange es keineverbesserten Niederschlagsvorhersagen gibt, können Hoch-wasserwarnungen, welche dem Ereignis mehr als einigeStunden vorangehen, für kleine Einzugsgebiete auch inZukunft nicht wesentlich genauere Aussagen enthalten, alsjene vom Abend des 11. August 2002. Deshalb besteht hier noch umfangreicher Forschungsbedarf in der Bereitstel-lung hydrologisch anwendbarer Niederschlagsvorhersagen, d.h. mit regionalem oder lokalem Bezug, mit Aussagen zuMenge, Eintrittszeitpunkt und Wahrscheinlichkeit.

Mit den voraussichtlich ab Mitte 2005 zur Verfügung ste-henden aktuellen Niederschlagswerten werden die kurz-fristigen Vorhersagen präziser und in rascherer zeitlicher Ab-folge verbreitet werden können. Zusammen mit allen aktu-ellen Messwerten und weiteren Angaben auf der im Aufbaubefindlichen Informationsplattform sind dies die bestmög-lichen Entscheidungsgrundlagen, welche das LHWZ den fürdie Hochwasserabwehr zuständigen Behörden für kleineEinzugsgebiete wie die Nebenflüsse der Oberen Elbe zurVerfügung stellen kann. Diese Informationen sind von denKommunen selbständig in konkrete Hochwasserabwehr-maßnahmen umzusetzen. Gleichzeitig sollte darüber nach-gedacht werden, wie Angaben lokaler Ereignisse und Maß-nahmen auf der Informationsplattform integriert und einembegrenzten Personenkreis zur Verfügung gestellt werdenkönnen.

Es bleibt festzuhalten, dass auch der bewährteste Hoch-wassernachrichtendienst ein Hochwasser nicht verhindernkann. Eine wichtige Aufgabe von LHWZ und Kommunenmuss es sein, das entsprechende Gefahrenbewusstsein zuwecken, da die Reaktionen der Betroffenen auf das Risikowesentlich das Potenzial zur Schadensminderung bestimmen.

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11.1 Einleitung

Die Flutkatastrophe an der Elbe im August 2002 war nichtnur eine Naturkatastrophe sondern zweifellos auch einMedienereignis. Wie eine Untersuchung der Fernsehnach-richten im August 2002 zeigt, dominierte das Thema „Flut“alle anderen Themen. Bei der Berichterstattung über das Elb-hochwasser 2002 überwog in den Medien der Sensations-journalismus (MEDIEN TENOR, 2003).

Durch die Unterschiede zwischen der Wirklichkeit undBerichterstattung in der Presse war es einerseits für dieBewohner der betroffenen Gebiete schwer, die Lage richtigeinzuschätzen, zum anderen entstand bei den Mitarbeiternder Landeshochwasserzentralen die Frage, wie die Medienüberhaupt mit Informationen umgehen und welche Verbes-serungsmöglichkeiten in der Kommunikation mit Ministerien,Behörden und Medien möglich sind.

Im Folgenden wird die Berichterstattung der sächsischenMedien untersucht und mit den durch die Behörden ver-breiteten Mitteilungen verglichen. Im Weiteren wurden Jour-nalisten über ihre Arbeitsweise befragt und die Zugriffe aufdie Internetseiten des Landesamtes für Umwelt und Geolo-gie im Detail betrachtet. Die Medienanalyse konzentriertesich vor allem auf die Auswertung des Elbhochwassers.Hinsichtlich ihrer Aussagen sind die Ergebnisse auch für dielinken Nebenflüsse der Oberen Elbe relevant.

11.2 Analyse der Medien-

berichterstattung

Mit der Methode der quantitativen Inhaltsanalyse (DONS-BACH und NOATSCH, 2003) wurde die Medienberichter-stattung in den Tagen der Flut, genauer im Zeitraum vom 9. bis zum 25. August, untersucht. Dabei beschränkte sichdie Untersuchung auf die Nachrichtenberichterstattung desRadiosenders MDR1 Radio Sachsen, wie sie im GroßraumDresden (Landkreise Sächsische Schweiz, Weißeritzkreis,Riesa-Großenhain, Meißen und die Landeshauptstadt Dres-den) im genannten Zeitraum zu empfangen war. Zu dieserEntscheidung trugen zwei Gründe bei: Erstens handelt essich beim Radio um ein mobiles und eher vom Stromnetzunabhängig nutzbares Medium, das den Bewohnern derbetroffenen Gebiete weiterhin zugänglich war. Zweitensstanden nur die Nachrichten von MDR1 Radio Sachsen im

oben genannten Zeitraum in einer für die Inhaltsanalyse ver-wertbaren Art und Weise zur Verfügung.

Insgesamt wurden etwa 1.500 Nachrichtenmeldungen vonMDR1 Radio Sachsen zwischen dem 9. und dem 25. Augustgesendet. Davon beschäftigten sich 821 Meldungen mitdem Hochwasser im Großraum Dresden und dessen Fol-gen. Sie bildeten die Basis für die nachfolgenden Analysen.

Nachrichten informieren den Hörer, Leser oder Zuschauerkurz und unvoreingenommen über das Geschehen vor Ortoder in der Welt. Während der Zeit der Flutkatastrophe wares für die Hörer wichtig, etwas über die aktuelle Lage unddas Geschehen in Dresden und den umliegenden Ortschaf-ten zu erfahren. Informationen dazu fanden sich in mehr alszwei Drittel aller Nachrichtenbeiträge. Konkrete Angaben zuden Wasserständen der Elbe gab es in knapp einem Drittelaller Beiträge. Fallbeispiele von betroffenen Bürgern oderdas Versagen der Behörden wurden nur in einer sehr ge-ringen Anzahl der Nachrichtenbeiträge thematisiert.

Nachrichten sollen im Weiteren neutral und wertfrei über dieVorgänge in der Welt berichten, damit sich jeder Zuhörerselbst und mittels unbeeinflusster Informationen ein Urteilüber die Situation machen kann. Rückschlüsse darüber, ob

11 Flutberichterstattung in den Medien während des Augusthochwassers

neutral32%

optimistisch17%

ambivalent23%

pessimistisch28%

Abbildung 11-1: MDR1-Nachrichten – Tenor der Bericht-erstattung während des Hochwassers im August 2002 (Quelle: DONSBACH und NOATSCH, 2003)

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die Nachrichten diesen Anforderungen gerecht werden,lässt die Betrachtung des Tenors zu. Abbildung 11-1 zeigt,dass nur ein Drittel aller Beiträge als neutral gelten kann. Beiallen anderen wurde ein wertender Charakter in der Bericht-erstattung festgestellt, wobei ein negativer Tenor am häufig-sten auftrat. Nur 17 Prozent der Beiträge vermittelten da-gegen einen optimistischen Eindruck. Die Flutberichterstat-tung war demzufolge geprägt von einer werthaltigen Be-schreibung der Situation, vor allem in die negative Richtung.

Bei der Betrachtung der Dramatisierung der Darstellungswei-se, wird deutlich dass mehr als die Hälfte aller gesendetenBeiträge keine Merkmale der Dramatisierung aufweisen, dasheißt, im Überwiegenden wurde die aktuelle Lage sachlichund nüchtern dargestellt (Abbildung 11-2). Immerhin jede drit-te Nachricht über das Hochwasser enthielt aber in Ansätzeneine dramatisierende Darstellung der Situation und der mög-lichen Gefahren. Nur ein kleiner Teil von drei Prozent derBeiträge war stark dramatisiert. Dennoch kann von einem„Sensationsjournalismus“, wie er zum Teil beim Fernsehen zubeobachten war, bei den Hörfunknachrichten des MDR1Radio Sachsen nur in Ansätzen gesprochen werden.

MDR1 Radio Sachsen sendet ein bis zwei Nachrichten-sendungen mit bis zu fünf Beiträgen in der Stunde. Bei derZusammenstellung der Nachrichten ist der Redakteur auf die Zuarbeit von Agenturen, Korrespondenten und Reporterndes Senders angewiesen. Angesichts der lokalen Präsenzdes MDR und seiner Vielzahl von Reportern und Redak-teuren sollte man erwarten, dass viele Beiträge besonderswährend der Flutkatastrophe selbst recherchiert wurden.Die Untersuchung macht aber deutlich, dass über die Hälftealler Nachrichtenbeiträge (56%) auf Agenturmeldungenzurückgingen. Jede dritte Meldung basierte auf einer dpa-Meldung. Die eigene Recherche war nur bei einem Fünftelder Beiträge die Grundlage für die Informationen.

Für die in den Nachrichtenbeiträgen vermeldeten Wasser-stände konnten neun verschiedene Quellen ermittelt wer-den, obwohl bei jeder zweiten Angabe zum Elbepegel garkeine Quelle genannt wurde. Am häufigsten ist das LfUG alsUrheber für die Pegelwerte angegeben. Von ihm stammtejede dritte Wasserstandsmeldung (Abbildung 11-3).

11.3 Die Input-Output-Analyse

Während des Hochwassers wurden die unterschiedlichstenWasserstände der Elbe in den Medien veröffentlicht, dienicht immer mit den Angaben des LfUG übereinstimmten.Es stellte sich deshalb die Frage, was die Ursachen für diefehlerhaften Meldungen waren. Dazu wurde eine Inhalts-analyse der Hochwasserberichte des LfUG, der Pressemit-teilungen des Staatsministeriums des Innern (SMI) und derMDR-Nachrichten durchgeführt, die sich auf eine Erhebungdes Veröffentlichungszeitpunktes, den jeweils enthaltenenElbewasserstand und den Zeitpunkt der Messung be-schränkte. Im Anschluss daran wurden Vergleiche zwischenden Institutionen angestellt.

Das LfUG erarbeitete während des Augusthochwassers denHochwasserbericht für die Elbe und die Nebenflüsse derOberen Elbe. Während der Ausnahmesituation im August2002 gab es bis zu fünf Hochwasserberichte am Tag. Sieenthielten die aktuellen Wasserstände und Prognosen überdie zu erwartende Entwicklung der Wasserführung. Außer-dem ging das Landesamt für Umwelt und Geologie dazuüber, außerhalb der in den Gesetzen vereinbarten Rege-lungen per Fax und E-Mail die stündlich ermittelten Pegel-stände der Elbe von Usti, Schöna, Dresden und Torgau unteranderem an das Sächsische Staatsministeriums des Innernund Sächsische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft(SMUL) weiter zu melden (siehe auch Kapitel 6).

146

nichtdramatisiert

61%

starkdramatisiert

3%

dramatisiert36%

Abbildung 11-2: MDR1-Nachrichten – Dramatisierung derDarstellung während des Hochwassers im August 2002 (Quelle: DONSBACH und NOATSCH, 2003)

0,4

1

1

1

2

3

3

10

30

50

SMUL

KatastrophenstabMeißen

KatastrophenstabDresden

KatastrophenstabSächs.Schweiz

SächsischeBehörden

Metromedia AG

DeutscherWetterdienst

SMI

LfUG

keine Quelle

0 10 20 30 40 50 60

Basis: n = 236(alle Beiträge mit Pegelangaben)

Abbildung 11-3: Quelle der Wasserstandsmeldungen im August 2002 (Quelle: DONSBACH und NOATSCH, 2003)

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Im Innenministerium existierte seit Mittwoch, dem 14. August2002, ein Krisenstab, dem sämtliche Informationen imZusammenhang mit dem Hochwasser in der Elbe und ihrenNebenflüssen zugeleitet wurden und dessen Presse-sprecher und Mitarbeiter für die Kommunikation mit denMedien bzw. den Krisen- und Katastrophenstäben der Land-kreise, Gemeinden und der Stadt Dresden verantwortlichwaren. Außerdem veröffentlichte der Krisenstab währendder Hochwasserkatastrophe regelmäßig so genannte „Eil-meldungen“, die an alle Hörfunk- und Fernsehsender imGroßraum Dresden verteilt wurden mit der Aufforderung zurschnellen Weiterverbreitung. Verglichen wurden deshalb dievom SMI gemeldeten Pegelangaben mit denen im Hoch-wasserbericht des LfUG.

Insgesamt wurden im Zeitverlauf der Katastrophe für denPegel Dresden 131 Wasserstände vom Landesamt für Um-welt und Geologie und dem Innenministerium veröffent-licht. Beim Pegel Schöna waren es insgesamt 121 ver-schiedene Wasserstandsangaben. Davon stimmten insge-samt 14 Angaben bezüglich des Zeitpunkts überein, zu dem der Wasserstand gemessen wurde. Nur für diese zeitlich übereinstimmenden Werte wurden die ermittelten Wasser-stände verglichen. Beim Pegel Dresden stimmten 67 Pro-zent der Fälle und beim Pegel Schöna 88 Prozent der Fälleüberein.

Beim Vergleich des zeitlichen Abstandes wurde festgestellt,dass der MDR im Durchschnitt 90 Minuten später als dasLfUG im Hochwasserbericht über die entsprechenden Pegel-messwerte berichtete.

11.4 Journalistenbefragung

Die Befragung der Journalisten fand als nicht standardi-siertes mündliches Interview (Leitfadengespräch) und mitHilfe eines strukturierten Fragebogens schriftlich statt. DieAbfolge der Fragen orientierte sich an drei Themenkom-plexen:

■ dem Umgang der einzelnen Redaktion mit dem ThemaWasserstände der Elbe,

■ der Arbeitsweise und Informationsbeschaffung währendder Flutkatastrophe im August 2002 und

■ schließlich den Anforderungen der Journalisten an Presse-mitteilungen im Allgemeinen sowie die Verständlichkeitder Pressemitteilungen des Landesamtes für Umweltund Geologie im Besonderen.

Für die Befragung wurden alle Journalisten der Printmedien,von Hörfunk und Fernsehen sowie den Nachrichtenagentu-ren ausgewählt, die in Dresden und den Landkreisen Säch-sische Schweiz, Weißeritzkreis, Riesa-Großenhain und Mei-ßen tätig sind. Insgesamt beteiligten sich 53 Journalisten ander schriftlichen und sechs Journalisten an der mündlichenBefragung.

Während der Hochwasserkatastrophe im August 2002 warendie Hochwasserberichte der Hochwasserzentrale, die Presse-mitteilungen des Staatsministeriums des Innern und der Lan-deshauptstadt Dresden Grundlage für die Berichterstattungüber die Wasserstände.

88

67

12

33

0% 20% 40% 60% 80% 100%

PegelSchöna

PegelDresden

Übereinstimmung Keine Übereinstimmung

Basis: Pegel Dresden n = 6, Pegel Schöna n = 8

Abbildung 11-4: Übereinstimmung der gemeldeten Pegel-stände zwischen LfUG und SMI (Quelle: DONSBACH und NOATSCH, 2003)

33

7

67

93

0% 20% 40% 60% 80% 100%

PegelSchöna

PegelDresden

Übereinstimmung Keine Übereinstimmung

Basis: Pegel Dresden n = 30, Pegel Schöna n = 6

Abbildung 11-5: Übereinstimmung der gemeldeten Pegel-stände zwischenLfUG und MDR (Quelle: DONSBACH und NOATSCH, 2003)

Ebenfalls wurde ein Vergleich zwischen LfUG und MDRdurchgeführt. Insgesamt veröffentlichten MDR1 Radio Sach-sen und das Landesamt für Umwelt und Geologie 164 Mess-werte für den Pegel Dresden und 130 Wasserstände für denPegel Schöna. Von diesen stimmten 30 in Bezug auf denZeitpunkt der Messung beim Pegel Dresden und sechsbeim Pegel Schöna überein. Aber nur sieben Prozent (PegelDresden) bzw. ein Drittel (Pegel Schöna) dieser zeitlich über-einstimmenden Messwerte beinhalteten tatsächlich den glei-chen Wasserstand.

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inkompetent

unfreundlich

schwererreichbar

überfordert

LH Dresden

SMI

LfUG

kompetent

freundlich

leichterreichbar

souverän

–0,6 –0,4 –0,2 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

Abbildung 11-6: Journalistenbefragung –Beurteilung der Mitarbeiterder LandeshauptstadtDresden, des SMI und des LfUG während desAugusthochwassers 2002 (Quelle: DONSBACH undNOATSCH, 2003)

Abbildung 11-7:Journalistenbefragung –Einschätzung der Mit-teilungen der Landeshaupt-stadt Dresden, des SMIund des LfUG während desAugusthochwassers 2002 (Quelle: DONSBACH undNOATSCH, 2003)

–1 –0,5 0 0,5 1

kam schnell

brauchbar

verständlich

aktuell

vollständig

LH Dresden

SMI

LfUG

kam spät

unbrauchbar

unverständlich

überholt

unvollständig

Bei der Einschätzung der Zusammenarbeit mit den Behör-den konnte festgestellt werden, dass die Journalisten dieMitarbeiter des LfUG als freundlicher, kompetenter und sou-veräner einschätzten als die Mitarbeiter des Krisenstabes imSMI und der Landeshauptstadt Dresden. Dagegen warendie Mitarbeiter des LfUG schwer erreichbar, jedoch leichterals bei den beiden anderen Behörden (Abbildung 11-6).

Die Mitteilungen des LfUG waren für die Journalisten ver-ständlicher, vollständiger und teilweise auch aktueller als dieder anderen zum Vergleich herangezogenen Behörden. Aberdie Pressemitteilungen und Informationen des LfUG könn-ten schneller herausgegeben werden, ergab die Journalisten-befragung (Abbildung 11-7).

Abschließend wurden die Journalisten gefragt, welche Anfor-derungen sie an eine Pressemittlung haben und inwieweitdiese Eigenschaften von den Mitteilungen des LfUG erfülltwurden.

Der Hochwasserbericht des LfUG wurde von den Journa-listen als Pressemitteilung gewertet, obwohl dieser denKriterien einer Pressemitteilung nicht entspricht. Dennocherfüllte er aus Sicht der Medien folgende Eigenschaftensehr gut oder gut: Ansprechpartner mit Telefonnummernbzw. E-Mail-Adresse, konkrete Fakten, eine ereignis-bezogene Herausgabe der Mitteilungen und die exakte Be-nennung des Herausgebers sind genannt. Die Journalistengaben aber auch an, dass die fünf W-Fragen (wer? was?

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wann? wo? warum?) nur teilweise vollständig beantwortetwurden und der Hochwasserbericht eher unübersichtlichgestaltet war und das Wichtigste nicht am Anfang derMitteilung stand. Als am wenigsten zutreffend kennzeich-neten die Journalisten das Merkmal „Vergleichsgrößen wer-den angegeben“. Die Differenzen zwischen dem An-spruch an eine ideale Pressemitteilung und die Wirklichkeitder Mitteilungen des LfUG werden in der Abbildung 11-8gezeigt.

11.5 Internetzugriffe

Die Internetseiten des Landesamtes für Umwelt und Geologiewurden während der Zeit der Hochwasserkatastrophe außer-ordentlich häufig frequentiert. Am 15. August, zwei Tage vorDurchgang des Hochwasserscheitels der Elbe durch Dresdenwurden allein 2.354.059 Zugriffe auf das Internet gezählt.Dabei kam es maximal zu 182.457 Besuchen pro Stunde. Dashatte möglicherweise zur Folge, dass es während der Flut oftsehr lange dauerte, bis nach einer Anfrage die LfUG-Seitebereitgestellt wurde. Vom 16. August ab 12:00 Uhr bis zum19. August 12:00 Uhr war durch einen Stromausfall keinInternetzugriff möglich.

0,6

0,4

–0,2

–0,3

–0,4

–0,7

–0,7

–0,7

–1,2

–1,3

–1,3

–2 –1 0 1

nur Termin und Ereignis angegeben

kommt nur wen etwas zu berichten ist

Ansprechpartner mit E-Mail-Adresse

Kürze (eine halbe A4 Seite)

Ansprechpartner mit Telefonnummer

ist übersichtlich

konkrete Fakten enthalten

Name des Absenders vollständig

das Wichtigste steht am Anfang

Vergleichsgrößen angegeben

fünf W-Fragen beantwortet Differenz

Basis: n = 47

Abbildung 11-8:Anspruch und Wirklichkeit –dabei bedeutet ein positiverWert bei einem Merkmal,dass die Hochwasser-berichte des Landesamtesfür Umwelt und Geologiebei dieser Eigenschaft denAnforderungen entsprechen.Ein negativer Wert stehtdagegen für die Hoch-wasserberichte des LfUG,bei denen die Merkmalevom Ideal abweichen.(Quelle: DONSBACH undNOATSCH, 2003)

0

500.000

1.000.000

1.500.000

2.000.000

2.500.000

1. 3. 5. 7. 9. 11. 13. 15. 17. 19. 21. 23. 25. 27. 29. 31.

Anfra

gen

2.354.059

Inte

rnet

-au

sfal

l

Abbildung 11-9:Anfragen auf den Web-Server des Landesamtesfür Umwelt und Geologie in der Zeit vom 01. bis zum 31. August 2002

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11.6 Schlussfolgerungen

Die Analyse hat gezeigt, dass neben den gesetzlichen Hoch-wasserinformationen ein Informationsstrang aufgebaut wer-den muss, der die breite Öffentlichkeit und Medien bedient.Hierzu sind folgende Maßnahmen erforderlich:

■ allgemein verständliche Aufbereitung und Strukturierungder Hochwassermitteilungen,

■ zur besseren Veranschaulichung Untersetzung derWasserstände und Durchflüsse mit Vergleichswertenund -größen,

■ Veröffentlichung der Mitteilungen auf dem schnellstenWeg,

■ Sicherstellung der Erreichbarkeit der Pressestelle durcheine Mehrfachbelegung der Telefonleitung und Doppel-besetzung im Hochwasserfall.

Diese Forderungen gelten z.T. auch für den gesetzlichenHochwasserbericht. Hier erfolgte eine inhaltlich neue Glie-derung und Vereinheitlichung für alle Flussgebiete (sieheKapitel 10). Diese Neuerungen haben bereits eine Qualitäts-verbesserung der Medienmitteilungen bewirkt.

In der Analyse wurde außerdem festgestellt, dass der Kri-senstab des SMI und die Medien Wasserstandsinforma-tionen nicht korrekt wieder gegeben haben. Mit der Bünde-lung des Sachverstandes in einem Hochwasserzentrumwird abgesichert, dass zukünftig amtliche Hochwasserinfor-mationen ausschließlich von dieser Institution zur Verfügunggestellt werden. Mit der neuen Technik wird deren präziseund schnelle Veröffentlichung gewährleistet. Damit sind dieVoraussetzungen geschaffen, dass ausschließlich das LHWZals primäre Quelle für Pegeldaten genutzt werden kann.

Um die breite Öffentlichkeit für das Thema Hochwasser zu sensibilisieren, ist eine gezielte und kontinuierlicherePresse- und Öffentlichkeitsarbeit notwendig. D. h., dass das Landeshochwasserzentrum auch in Zeiten ohne Hoch-wasser mehr im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen muss.

Während des Hochwassers hat sich gezeigt, dass dieInternetseite des LfUG als zusätzliche Informationsquelleaußerordentlich häufig genutzt worden ist. Deshalb ist esnotwendig, Teile der Internetplattform des Hochwasser-zentrums den Bedürfnissen der breiten Öffentlichkeit anzu-passen. Neben der geplanten besseren Qualität sind aberauch die technischen Randbedingungen des Informations-systems im Internet zu verbessern und abzusichern. Diedazu notwendigen technischen Vorraussetzungen werdenzurzeit realisiert und in der ersten Ausbaustufe ab dem vier-ten Quartal 2004 zur Verfügung stehen.

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12.1 Grundlagen und Methodik

der Gefahrenkarten

Die Ausführungen in Teil I haben gezeigt, dass das Ereignis vomAugust 2002 durch eine hohe Intensität der Überschwemmungund der Feststoffprozesse sowie einen erheblichen Einflussdes Treibguttransportes gekennzeichnet war. Diese Prozessewaren maßgebliche Ursache der verheerenden Schäden.

Die für das Untersuchungsgebiet bisher angewandte Methodikzur Dimensionierung von Bauwerken am und im Gewässer,sowie die Festlegung von Überschwemmungsgrenzen für einHQ(100) stützt sich im Allgemeinen nur auf Reinwasser-berechnungen, das heißt, ohne die Geschiebe- und Treibgut-prozesse (Erosion,Ablagerung,Verklausung) mit einzubeziehen.

Für einen nachhaltigen Hochwasserschutz, der auch eine diffe-renzierte Raumnutzung vorsieht, ist die umfassende Kenntnisder Gefährdung eine unerlässliche Voraussetzung. Gefahren-karten sind dabei ein wichtiges Instrument, da sie alle obengenannten relevanten Prozesse berücksichtigen können.

Gestützt auf die Erfahrungen in der Schweiz (BWW, 1997)wurden in der Richtlinie „Erstellung von Hochwasserschutz-konzepten für Fließgewässer – Empfehlungen für die Ermittlung des Gefährdungs- und Schadenspotenzials beiHochwasserereignissen sowie für die Festlegung von Schutz-zielen“ (LTV, 2003f) Entscheidungshilfen für das methodi-sche Vorgehen festgehalten.

12.1.1 Grundsätze der Gefahrenanalyse

Bei der Gefahrenanalyse werden, ausgehend von den Erfah-rungen vergangener Hochwasserereignisse und den Ergeb-nissen der Untersuchungen zur Hydrologie und Hydraulik, die Gefahrenursachen und deren Auswirkungen untersucht.

Betrachtet werden Hochwasserereignisse mit verschiedenenJährlichkeiten HQ(T), zum Beispiel T = 20, 50 und 200 Jahre.Zudem wird ein Extremereignis (EHQ) in die Beurteilung miteinbezogen. Für die in den folgenden Abschnitten dargestell-ten Beispiele wurde das Augusthochwasser 2002 als EHQfestgelegt, da sein mittleres Wiederkehrintervall mit größer als 200 Jahre abgeschätzt wurde und keine dokumentiertenBeobachtungen größerer Ereignisse vorliegen.

Die Gefahrenarten Überschwemmung, Erosion der Ufer undAblagerung (Übersarung) werden in Intensitätskarten dar-gestellt. Die Einteilung in Intensitätsstufen richtet sich nachbestimmten Kriterien, die aus Tabelle 12-1 ersichtlich sind.

Die Ursachen der Gefahrenarten – Abflussbildung, Geschie-be- und Feststofftransport im Gerinne – werden durch dieBildung von geeigneten Szenarien berücksichtigt. Dazu wer-den aus der Gesamtheit aller möglichen ungünstigen Einzel-prozesse sinnvolle Kombinationen, die einem Wiederkehr-intervall zugeordnet werden, gebildet.

Für die Darstellung des Gefährdungsgrades werden im Weite-ren die beiden Parameter Wahrscheinlichkeit und Intensität fürjede Gefahrenart miteinander verknüpft (siehe Abbildung 12-1).

Die raumplanerische Bedeutung der Gefahrenstufen ist inSachsen zurzeit nicht festgelegt. Aber auch unabhängig vongesetzlichen Vorschriften ist die Ausweisung der Hochwasser-gefahren ein sehr brauchbares Planungsinstrument. Da dieGefahrenstufen sowohl die Intensität als auch die Häufigkeitder Gefahrenprozesse implizieren, können sie zur Abschätzungdes Nutzens von Schutzmaßnahmen herangezogen werden.

Der bei einem Ereignis zu erwartende Schaden wird bei derGefahrendarstellung nicht ausgewiesen, kann aber bei Kennt-nis der Werte im Gefahrenbereich anhand der Intensitätenabgeleitet werden.

12 Fallbeispiele Gefahrenkarten

Intensität Überschwemmung Ufererosion Ablagerung

hoch hw � 2,0 m oderv · hw � 2,0 m2/s

w � 2,0 m ha � 1,0 m

mittel2,0 > hw > 0,5 m oder2,0 m2/s > v · hw > 0,5 m2/s

2,0 > w > 0,5 m 0,1 m < ha < 1,0 m

niedrig hw � 0,5 m oderv · hw � 0,5 m2/s

w � 0,5 m ha � 0,1 m

Tabelle 12-1: Kriterien zur Intensität der Gefahrenarten

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12.1.2 Vorgehen

Im Rahmen der Erarbeitung von Hochwasserschutzkonzep-ten für die linken Nebenflüsse der Oberen Elbe wurden ne-ben anderen für die Ortslagen Schmiedeberg an der RotenWeißeritz und Schlottwitz an der Müglitz Gefahrenkartenerarbeitet (LTV, 2003g; LTV, 2003h). In beiden Ortslagen tra-ten während des Augusthochwassers 2002 erhebliche Ero-sions- und Geschiebeablagerungsprozesse auf.

Im Folgenden wird kurz das angewandte Vorgehen skizziert,die Ergebnisse werden in den Abschnitten 12.2 und 12.3dargestellt.

Zur Beurteilung der Gefahrensituation war es erforder-lich, das für zukünftige Hochwasserereignisse vorhandeneGeschiebepotenzial abzuschätzen. Auf der Grundlage dieserAbschätzung und der Bestimmung der potenziellen Seiten-erosion wurden für die unterschiedlichen Wiederkehrinter-valle Geschiebeszenarien definiert. Es wurde festgelegt, mitwelchem Geschiebeeintrag beziehungsweise -transport beidem entsprechenden Hochwasserereignis gerechnet wer-den muss. Parallel dazu wurden auf der Grundlage einereindimensionalen Wasserspiegellagenberechnung und derGeschiebetransportkapazität beim Spitzendurchfluss Teil-abschnitte festgelegt, für welche die potenziell transpor-tierbare Geschiebemenge für die verschiedenen EreignisseHQ(T) berechnet wurde. Für diese Gerinneabschnittewurden im Weiteren Geschiebebilanzierungen durchgeführt. Die aus den Ergebnissen der Geschiebetransportbetrach-tung ermittelten Ablagerungshöhen im Gewässerbett wur-den durch eine erneute hydraulische Berechnung mit ver-änderten Sohllagen erfasst. Hierdurch ergaben sich – inBereichen in denen Ablagerungsprozesse stattfinden – ver-änderte Wasserspiegellagen. Die Berechnungsergebnissewurden anhand von Abschätzungen zu Austrittsstellen,Verklausungen und Umläufigkeiten im Rahmen von Orts-begehungen plausibilisiert. Die so entstanden Intensitäts-karten für jede Prozessart wurden in der Gefahrenkarte zu-sammengeführt.

12.2 Fallbeispiel Gefahrenkarte

und Maßnahmenplanung

Schlottwitz

Gudrun Schmeier, Planungsgesellschaft Dr. Scholz mbH,Dresden (Bearbeitung LfUG)

12.2.1 Einleitung

In der Vergangenheit wurde das Tal der Müglitz wiederholtvon verheerenden Hochwassern heimgesucht. In den Chro-niken sind Hochwasserkatastrophen im Bereich des Müg-litztales bis zum Jahr 1559 zurückzuverfolgen (siehe auchKapitel 8). Im letzten Jahrhundert traten 4 Hochwasser mitgrößeren Schäden auf (1927, 1954, 1957, 1958). Unmittelbarvor der Jahrhundertwende ist das Hochwasser von 1897bekannt, welches ebenfalls große Schäden hervorrief. Fotosvom Hochwasser des Jahres 1927 belegen, dass die Müg-litz bereits vor diesem Hochwasser über weite Bereichedurch seitliche Uferschutzmauern begrenzt war. Nach demHochwasser 1927 wurde der Querschnitt der Müglitz durchweitere umfangreiche Ausbaumaßnahmen befestigt und fürgrößere Abflussmengen ausgebaut.

Langjährige Untersuchungen zur Möglichkeit eines Rück-haltes der Wassermassen bei Hochwasser im Einzugs-gebiet der Müglitz und somit zur Verringerung der Spitze desScheitelabflusses führten im Jahr 2002 zum Beginn derBaumaßnahmen am Hochwasserrückhaltebecken Müglitztaloberhalb der Ortslage Lauenstein.

Es ist zu erkennen, dass die Ausbaumaßnahmen der Müg-litz zum Schutz der Bewohner des Tales vor Zerstörungendurch Hochwasser weit zurück reichen. Ungeachtet dieserMaßnahmen ereignete sich am 12./13. August 2002 einHochwasserereignis in einer bis dahin unbekannten Größen-ordnung. Die gemessenen Durchflüsse und Abflussfüllenlagen deutlich über den bekannten Maximalwerten des Er-eignisses von 1927. Die Schäden an Gebäuden und Ver-kehrswegen (Straße und Eisenbahn) waren enorm hoch,und wiederum waren Menschenleben zu beklagen.

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Hochwasser-schutzkonzeptes für die Müglitz (LTV, 2003c) wurden ba-sierend auf den Recherchen des Augusthochwassers 2002die bestehenden Gefahren in der Ortslage Schlottwitz auf-gezeigt und Maßnahmen vorgeschlagen, die dem Schutz derOrtslage dienen sollen.

12.2.2 Einzugsgebiet

Die Müglitz hat eine Länge von 48,9 km bei einem Höhen-unterschied von 750 m. Das Quellgebiet liegt auf dem Kammdes Osterzgebirges, sie mündet in Heidenau in die Elbe. DieGröße des Einzugsgebietes der Müglitz beträgt 208 km2.Die wichtigsten Nebenflüsse sind das Rote Wasser, die GroßeBiela, die Brießnitz, der Trebnitzbach und der Schlottwitz-grundbach.

152

Abbildung 12-1: Gefahrenstufendiagramm

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Die Ortslage Schlottwitz liegt in einem Flussabschnitt, indem sich der Abflussbereich der Müglitz, die größtenteils ineinem V-förmigen Tal verläuft, beckenartig erweitert. Vonbesonderer Bedeutung für Schlottwitz sind die Zuflüsse derBrießnitz, die in der flussauf gelegenen Ortslage Glashüttein die Müglitz mündet und des Trebnitzbaches, der unmittel-bar am oberen Ortsende von Schlottwitz in die Müglitz fließtsowie des Schlottwitzgrundbaches, der im unteren Bereichvon Schlottwitz einmündet.

12.2.3 Ablauf des Hochwassers 2002

Die Entstehung des Hochwassers in der Müglitz ist auf die Höhe des gefallenen Niederschlags zwischen dem 11. August und dem 13. August 2002 zurückzuführen (sieheKapitel 1). An der Station Lauenstein, die direkt im Gebiet

der Müglitz liegt, wurde am 12. August 2002 eine Nieder-schlagshöhe von 267 mm gemessen, die Dreitagessummevom 11. August bis zum 13. August betrug 325 mm.

Anhand der mit dem Niederschlags-Abfluss-Modell simu-lierten Ganglinien und Scheitelwerte ist der zeitliche Ab-lauf des Ereignisses in Abbildung 12-3 ersichtlich. Die Zeit-angaben beziehen sich auf Bürgerbefragungen zum Hoch-wasserablauf, sie bestätigen den Ablauf der Ganglinien imWesentlichen. Die zeitlichen Abläufe in der Ortslage Schlott-witz sind grün dargestellt (unterhalb Zufluss Brießnitz undunterhalb Zufluss Schlottwitzgrundbach).

An besonders tief liegenden Brücken, zum Beispiel derBehelfsbrücke in Oberschlottwitz unmittelbar oberhalb desZuflusses des Trebnitzbaches begann am 12. August 2002bereits um 12:30 Uhr der Versatz durch Bäume. Zu diesemZeitpunkt betrug der Durchfluss entsprechend der Gang-linien ca. 120 m3/s. Im oben genannten Bereich wurde durchdie örtliche Feuerwehr versucht, mit Sandsäcken das Was-ser am ungehinderten Weiterfließen über die Staatsstraßezu hindern und es in Richtung des Flusslaufes zu lenken.Dieser Versuch wurde gegen 15:30 Uhr bei steigendemWasserstand beendet, da sich die Lage dramatisch zuspitzte.Um diese Zeit lag der Durchfluss in etwa bei 160 m3/s undder Dammbruch im Brießnitztal oberhalb Glashütte warnoch nicht erfolgt (siehe auch Kapitel 7.1). Der Damm brachzwischen 16:00 und 17:00 Uhr, wobei bereits kurz nach17:00 Uhr gewaltige Wassermassen durch die Stadt Glas-hütte und weiter durch Schlottwitz abflossen. In dieser Zeitist der Scheiteldurchfluss in der Müglitz jedoch bei weitemnicht erreicht.

Nach dem Dammbruch nahm der Transport von Schwemm-gut in Form von Autos, Baucontainern, Bauwagen, Hausrat,aber auch von Bäumen weiter zu. Auf Grund der in Glashüttemitgerissenen Gegenstände kam es zum weiteren Versatzmehrerer Brücken.

Die Brücke der Staatsstraße S178 unterhalb der GaststätteKlein Tirol wurde durch die Zerstörung der stromauf be-findlichen Fußgängerbrücke, die sich unmittelbar vor dieStraßenbrücke legte, teilweise versetzt. Das Wasser flossdaraufhin am sogenannten Roten Haus vorbei in die Wohn-bebauung.

Am Sportplatz in Schlottwitz uferte die Müglitz zwischen16:00 und 16:30 Uhr aus (Durchfluss ca. 170 m3/s). In die-sem Bereich sammelten sich große Mengen an Geschiebevor der sehr tief liegenden Bahnbrücke, das vorher an denBöschungen erodiert wurde. Die meisten Brücken warennahezu vollständig mit Geschiebe versetzt.

Die Aussagen zum Durchgang des Scheitels in Schlottwitzdecken sich mit den Ganglinien, er wurde mit ca. 3:00 Uhrnachts (13. August) angegeben. Zu dieser Zeit war dieOrtslage Schlottwitz vollständig überschwemmt. Die Über-schwemmungshöhen schwanken je nach Lage und Bebau-ung zwischen ca. 1,8 und 0,3 m.

Abbildung 12-2: Einzugsgebiet der Müglitz

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Der Scheitelabfluss unterhalb der Mündung des Trebnitz-baches überschritt mit 320 m3/s den für das 200-jährlicheEreignis (280 m3/s).

Nach dem Ablauf des Hochwassers wurden auch in derOrtslage Schlottwitz große Schäden festgestellt, wobei sichkeine so gravierenden Zerstörungen zeigten, wie in einigenanderen Ortschaften im Müglitztal. Dies ist vor allem durchdie Lage in einer beckenförmigen Talaufweitung begründet,wo sich die Wassermassen ausbreiten konnten und sichdamit sowohl die Fließgeschwindigkeiten als auch die Abfluss-tiefen nicht derart drastisch darstellten, wie zum Beispiel inWeesenstein.

In Schlottwitz wurden die Schäden, wie auch in anderenOrtslagen, maßgeblich durch mit Treibgut und Geschiebe ver-setzte Brücken hervorgerufen.

12.2.4 Gefahrenanalyse

Die Schadensbilder vom Hochwasser 1927 und insbeson-dere von 2002 (Abbildung 12-4 bis Abbildung 12-11) zeigendeutlich, dass die Geschiebebewegung in Form von Erosio-nen und Ablagerungen in der Müglitz eine bedeutende Rollespielt. Insbesondere führten durch Geschiebe und Treibgutverklauste Brücken zur Verlagerung des Flussbettes und zuAusuferungen.

154

0

50

100

150

200

250

300

350

400

12.08.0:00

12.08.6:00

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13.08.18:00

14.08.0:00

14.08.6:00

14.08.12:00

14.08.18:00

15.08.0:00

15.08.6:00

15.08.12:00

Datum / Uhrzeit

Abflu

ss [m

3 /s]

Pegel Dohna

oh. Bach aus Burkhardswaldeuh. Schlottwitzgrundbach

uh. Brießnitzbach

oh. Brießnitzbach

345 m3/s (3:00 Uhr)

370 m3/s (5:30 Uhr)360 m3/s (4:30 Uhr)

265 m3/s (2:30 Uhr)

240 m3/s (2:30 Uhr)

160 m3/s (1:00 Uhr)

Abbildung 12-3: Abflussganglinien der Müglitz an verschiedenen Querschnitten während des Augusthochwassers

Abbildungen 12-4 und 12-5: Schäden im Bereich Schlottwitz 1927 (Fotos: aus LANDESVEREIN SÄCHSISCHER HEIMAT-SCHUTZ, 1927)

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Abbildung 12-10: Geschiebeablagerung im Brückenbereich (Foto: LTV, 2002)Abbildung 12-11: Schadstelle nach Schadenserstbeseitigung (Foto: LTV, 2002)

Abbildung 12-6: Schäden durch Ufererosion in Schlottwitz 2002 (Foto: LTV, 2002)Abbildung 12-7: Schadstelle nach Schadenserstbeseitigung (Foto: LTV, 2002)

Abbildung 12-8: Schäden durch Erosion, Ablagerung und Ausuferung 2002 (Foto: LTV, 2002)Abbildung 12-9: Schadstelle nach Schadenserstbeseitigung (Foto: LTV, 2002)

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Ausuferungen stellen sowohl für Nieder- als auch für Ober-schlottwitz eine hohe Gefährdung dar, die Bebauung liegtzum großen Teil im Gefahrenbereich.

Um diese Prozesse zu berücksichtigen ist eine hydraulische Be-rechnung der Abflussverhältnisse nur unter Berücksichtigungdes Wassers nicht ausreichend. Zur genaueren Bestimmungder tatsächlichen Gefahren und Wasserspiegellagen wurdedeshalb auf eine Methodik zurückgegriffen, die in der Schweizbereits breite Anwendung findet und bei der die Prozesse Ero-sion und Ablagerung in die Berechnung direkt eingehen. Er-gebnis dieser Bearbeitung ist die Erstellung der Gefahrenkarte.

Die Geschiebebetrachtung erfolgte bei der Müglitz zunächstfür ein HQ(200). Die Abschätzung für ein Extremereignis wiedas Augusthochwasser ist nahezu unmöglich, da ganzeStraßenzüge, Häuser usw. zerstört waren. Die Ermittlungdes Geschiebepotenzials für die weiteren maßgebendenEreignisse HQ(50) und HQ(20) erfolgte durch eine Abmin-derung des ermittelten Potenziales für das HQ(200) nach

festgelegten Einflussfaktoren, wie beispielsweise der Aus-bildung der Uferbefestigung (bestimmte Befestigungsarten,zum Beispiel große Blöcke, werden bei häufigeren Hoch-wassern nicht aktiviert), der Lage des Ufers (Außen- oderInnenkrümmung) und anderen.

Das Untersuchungsgebiet wurde in fünf Abschnitte unter-teilt, da die Brücken einen entscheidenden Einfluss auf dieGeschiebebewegungen haben (siehe Abbildung 12-12).

Abschnitt 1: km 21,255 bis 19,761 (Abschnitt oberhalbSchlottwitz bis Einmündung Trebnitzbach)

Abschnitt 2: km 19,761 bis 19,275 (Abschnitt Trebnitz-bach bis Brücke unterhalb Klein Tirol)

Abschnitt 3: km 19,275 bis 18,639 (Abschnitt bis Eisen-bahnbrücke unterhalb Kindergarten)

Abschnitt 4: km 18,639 bis 17,632 (Abschnitt bis zu dreiBrücken unterhalb Sportplatz)

Abschnitt 5: km 17,632 bis 16,599 (Abschnitt bis Brückean der Orgusmühle)

156

Abbildung 12-12: Einteilung der Gerinneabschnitte für die Geschiebebetrachtung

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Abbildung 12-13: Gefahrenkarte für die Ortslage Schlottwitz

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Für diese Abschnitte ergeben sich die in der Tabelle 12-2 dar-gestellten Volumina, die maximal aktiviert werden können.Sie wurden anhand der Abschnittslänge und der maximal zuerwartenden Rückgriffweiten der Seitenerosion sowie einerAbminderung entsprechend dem Wiederkehrintervall abge-schätzt.

In der Abbildung 12-13 ist die Gefahrenkarte für die OrtslageSchlottwitz dargestellt.

Die rot gekennzeichneten Gefahrenbereiche treten immerdort auf, wo auf Grund der Verklausung von Brücken einkonzentrierter Wasseraustritt aus dem Flussbett stattfindet.Entsprechend sind als Schwachstellen in Schlottwitz ein-deutig die zu klein dimensionierten Brückenöffnungen zubenennen.

12.2.5 Maßnahmenplanung

Zur Reduzierung von Schäden bei zukünftigen Hochwas-sern wird für den Bereich Schlottwitz wie auch für dieanderen Ortslagen des Müglitztales zunächst die Errich-tung weiterer Hochwasserrückhaltebecken in den Seiten-tälern vorgeschlagen (LTV, 2003c). Diese sollen sovielWasser zurückhalten, dass die vorhandenen Gerinne mitgewissen Ertüchtigungen in der Lage sind, die verbleiben-den Durchflüsse abzuführen. Für den Raum Schlottwitzmüsste ein Durchfluss von ca. 120 bis 150 m3/s erreichtwerden. Dazu ist der Bau von mindestens zwei weiterenBecken neben dem Becken Müglitztal erforderlich. Ohneeine Reduzierung der Scheitelabflüsse durch diesen über-regionalen Rückhalt müssten sehr breite Gerinne geschaf-fen werden, was bei der vorhandenen Bebauung nicht mög-lich und auch nicht sinnvoll ist.

Neben den überregional wirkenden Becken werden weitereörtliche Maßnahmen vorgeschlagen:

■ Errichten von Geschieberückhalteflächen oberhalb derOrtslage,

■ Vergrößerung der Brückenquerschnitte, ■ Ertüchtigung des vorhandenen Gerinnes auf größere

Durchflüsse.

Insbesondere die Aufweitung der Brückenquerschnitte der Eisenbahn stellt sich in Schlottwitz als äußerst proble-matisch dar, da die Bahntrasse sehr niedrig liegt. Es wäreeine Gradientenveränderung des Gleiskörpers über großeLängen erforderlich, die enorme Kosten mit sich bringenwürde.

Neben den direkten Maßnahmen an den Gewässern wer-den raumplanerische Maßnahmen, wie Auflagen für Bau-weisen in den verschiedenen Gefahrenzonen, vorgeschla-gen, da die Gefahr von Hochwasser generell bestehenbleibt. Beispielsweise sollen die Untergeschosse von Ge-bäuden so ausgebaut werden, dass Wände und Boden-platten große Wasserdrücke aufnehmen können. Alternativkönnen flutbare Überschwemmungsgeschosse vorgesehenwerden.

12.2.6 Schlussfolgerungen

Die im Rahmen des Hochwasserschutzkonzeptes durch-geführten Recherchen zum Ereignis im August 2002 bil-deten eine wesentliche Grundlage für die Erarbeitung derHochwasserschutzmaßnahmen und für die Ausweisungder Gefahrenzonen in der Ortslage Schlottwitz. Die Ergeb-nisse zeigen, dass bei schnellfließenden Gebirgsflüssendie Prozesse Erosion und Sedimentation von großer Be-deutung für die Ausweisung von Gefahrenzonen sind, dasich die Wasserspiegellagen punktuell durch den Versatzvon Brücken zusätzlich um bis zu zwei Meter erhöhen. Diedurchschnittliche Erhöhung der Wasserspiegellagen infolgeGeschiebeablagerung im Gewässerbett liegt im BereichSchlottwitz für das HQ(20) bei ca. 30 cm, für das HQ(50)bei ca. 20 cm und für das HQ(200) bei ca. 15 cm. DieseErhöhung nimmt bei seltenen Ereignissen ab, da sich dieAbflussbereiche bei großen Hochwassern deutlich vergrö-ßern und damit der Einfluss von Geschiebeablagerungenim Gerinne selbst abnimmt.

Sowohl auf Grund der Untersuchung der abgelaufenen Pro-zesse beim Hochwasser 2002 als auch durch die detaillier-ten Untersuchungen bei der Erstellung des Hochwasser-schutzkonzeptes und der Gefahrenkarte wurde bestätigt,dass für einen wirkungsvollen Hochwasserschutz in denOrtslagen des Müglitztales in erster Linie Möglichkeitengeschaffen werden müssen, um einen Rückhalt in den Ein-zugsgebieten und Seitentälern der Müglitz zu gewähr-leisten. Die geplanten örtlichen Maßnahmen wirken dabeiunterstützend. Ohne zusätzliche Rückhaltemaßnahmen sindAbflüsse durch das Tal, wie sie nach der derzeitigen hydro-logischen Einschätzung ca. aller 50 Jahre auftreten, nichtbeherrschbar und bergen ein sehr hohes Restrisiko.

158

Abschnitt Geschiebepotenzial in m3 pro Abschnitt

HQ(20) HQ(50) HQ(200)

1 900 3.500 10.400

2 500 1.600 2.600

3 400 1.300 2.600

4 1.800 7.500 15.000

5 400 1.600 5.600

Tabelle 12-2: Geschiebepotenziale für die definiertenGerinneabschnitte

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12.3 Fallbeispiel Gefahrenkarte

und Maßnahmenplanung

Schmiedeberg

U. Kanzow, A. Harder, C. v. Mirbach, Björnsen BeratendeIngenieure Erfurt GmbH (Bearbeitung LfUG)

12.3.1 Einleitung

Das Hochwasserereignis im August 2002 verursachte be-sonders große Schäden entlang der Roten Weißeritz. Nebender Überflutung führten die Prozesse Erosion, Ablagerungsowie Verklausung durch Schwemmgut zu Schäden bzw.verursachten oder verstärkten die Überschwemmung derVorlandbereiche.

Im Rahmen des Hochwasserschutzkonzeptes (LTV, 2003d)wurde für die Ortslage Schmiedeberg eine Gefahrenkartenach den oben dargestellten Grundsätzen (siehe Abschnitt12.1) erarbeitet.

Die erheblichen Auswirkungen der Prozesse Erosion undAblagerung infolge Geschiebetransport auf das Abfluss-geschehen werden durch die Klarwasserberechnung mitfester Sohle (keine Berücksichtigung von Sedimentation undVerklausung) nicht berücksichtigt. Die Modellierung desGeschiebetransportes ist relativ aufwändig, so dass mittelseines vereinfachten Verfahrens die oben genannten Pro-zesse erfasst und beschrieben wurden. Weiterhin warenentsprechend dem Vorgehen in Schweizer Hochwasser-schutzprojekten die zweidimensionalen Effekte im Geländeabzuschätzen.

12.3.2 Einzugsgebiet

Die Rote Weißeritz entspringt in den nördlichen Kamm-lagen des Osterzgebirges. Die Lauflänge beträgt 35 km.Das Einzugsgebiet der Roten Weißeritz umfasst 161 km2

und besteht zu großen Teilen aus landwirtschaftlichenFlächen (40%) und Wald- und Gehölzflächen (52%). Ledig-lich 7% des Einzugsgebietes wird als Siedlungs- und Ver-kehrsfläche genutzt. Jedoch liegen die Siedlungsbereichezum großen Teil unmittelbar am Gewässer.

Am Kahleberg wird das Wasser durch Hanggräben demNeu- bzw. Quergraben zugeführt, welche dann in den Spei-cher Altenberg beziehungsweise den Großen Galgenteicheinmünden. Die Rote Weißeritz fließt von hier aus durchgrößere Waldgebiete und mehrere Ortslagen. Hierzu ge-hören Waldbärenburg, die Kurorte Bärenfels und Kipsdorf,Schmiedeberg, Ulberndorf und schließlich Dippoldiswalde.Unterhalb von Dippoldiswalde mündet sie in die TalsperreMalter. Im Talraum befinden sich ebenfalls die verkehrs-wichtige Bundesstraße B170 und die historische Schmal-spurbahn von Freital-Hainsberg nach Kipsdorf. Unterhalb derTalsperre Malter fließt die Rote Weißeritz in einem relativnaturbelassenen Tal bis Freital, wo sie mit der Wilden Wei-ßeritz zur Vereinigten Weißeritz zusammenfließt.

Auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten kann dieRote Weißeritz als geschiebegeprägter Mittelgebirgsflussmit Tendenz zur Laufverlagerung bezeichnet werden. DemGewässertyp entsprechend würden sich im natürlichen Zu-stand (ohne Ufersicherungen) bei Hochwasserereignissen inTalaufweitungen verzweigte Flussläufe mit Kiesbänken bil-den, die deutlich mehr Raum beanspruchen als dem Flussheute zugestanden wird. In den besiedelten Bereichen istder Fluss durch Ufermauern oder befestigte Uferböschun-gen in seiner Laufentwicklung begrenzt. Mehrere Gefälle-stufen, ausgebildet als Wehre, Rampen oder Abstürze, ver-ringern abschnittsweise das Längsgefälle.

Die Rote Weißeritz weist deutliche Gefälleunterschiede auf.Im Bereich unterhalb der Talsperre Malter beträgt das Ge-fälle zwischen 9 und 12‰. Oberhalb der Talsperre Maltersetzt sich das relativ flache Gefälle mit 7 bis 11‰ fort, steigtaber oberhalb Schmiedeberg rasch an auf bis zu 38‰ imQuellgebiet.

Die charakteristischen Korndurchmesser des Sohlmate-rials (dm = 68 mm) in der Roten Weißeritz, die als Eingangs-daten für die Geschiebebetrachtung verwendet wurden,resultierten aus der Mittelung von Geschiebeanalysen (LTV,2003i).

12.3.3 Ablauf Hochwasser August 2002

Die starken Niederschläge am 12. August 2002 lösten imGebiet der Roten Weißeritz ein sehr großes und zugleichseltenes Hochwasser aus (siehe auch Kapitel 1 und 2). Das Ereignis war insbesondere durch seine große Abfluss-fülle gekennzeichnet. Die Scheitelwerte der Abflüsse konn-ten nur anhand einer Niederschlags-Abfluss-Modellierungrekonstruiert werden, da die Pegel Bärenfels und Schmiede-berg durch Geröll überlagert und zerstört wurden (sieheKapitel 2).

Oberhalb Schmiedebergs verlegte die Rote Weißeritz ihrGewässerbett mit Geschiebe und Treibgut und verlagertesich auf die Trasse der Kleinbahn. Große Mengen an Ge-schiebe und Treibgut gelangten in den Ortsbereich undverlegten die Brücken, führten zu Aufstauen und neuenFließwegen. Zeitgleich traf die Hochwasserwelle des Pöbel-baches in Schmiedeberg ein und führte ebenfalls zu einerVerlagerung des Gewässerbettes, so dass dieser entlangder Pöbeltalstraße und zwischen den Häusern hindurch-floss. Auch im Ortsbereich zerstörte die Rote Weißeritz invielen Bereichen ihre Ufersicherungen und verlagerte ihrGewässerbett, um dann entlang der benachbarten Straßen-züge zu fließen. Es wurden weitere Schuppen, Lauben,Holz, Bäume und letztlich ganze Wohnhäuser durch die Strö-mung des Hochwassers einfach weggespült oder schwerbeschädigt. Viele Menschen konnten nur noch mit Hub-schraubern gerettet werden. Das Hochwasserereignis vom 12./13. August 2002 verursachte erhebliche Schäden(Abbildung 12-14 bis 12-16). In seinen Schadensprozessenund Auswirkungen ist es mit dem Ereignis vom 09. August1981 in Schmiedeberg vergleichbar.

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12.3.4 Gefahrenanalyse: Beurteilung des Geschiebe-

transportes und der Ablagerung

Die Größe der ereignisbezogenen Transportkapazität, dasheißt die Gesamtmenge des transportierten Materials wäh-rend eines Hochwasserereignisses, wird maßgeblich durchdie Abflussfülle bestimmt. Diese war während des August-hochwassers außerordentlich groß und entsprechend wardas Ereignis von langer Dauer.

Das Untersuchungsgebiet wurde in vier Gerinneabschnitteunterteilt und die Geschiebepotenziale (maximal aktivierbareGeschiebemenge) bestimmt. Sie wurden unter Berücksich-tigung einer Auswertungsmatrix zur Geschiebewirksamkeitverschiedener Uferbefestigungsarten ermittelt. Als Einfluss-größen wurden dabei die Stabilität der Ufersicherung (Erhal-tungszustand, Bauweise) und ihre Lage und damit der Strö-mungsangriff bei einem Hochwasserereignis berücksichtigt.Die aktivierbare Geschiebemenge eines geschiebewirksamenBereiches wurde aus der maximalen Rückgriffweite bei demExtremereignis und der Abminderung dieser entsprechenddes Verhältnisses der Transportkapazitäten (bei Scheiteldurch-fluss) von Extremereignis und betrachtetem Hochwasser-ereignis ermittelt. Die abgeschätzten Geschiebepotenziale unddie für die betrachteten Wiederkehrintervalle abgemindertenWerte sind in Tabelle 12-3 dargestellt

160

Abbildung 12-14: Zerstörtes Gebäude und Uferbereich sowieveränderter Fließweg der Roten Weißeritznach dem Hochwasser am 12./13.08.2002 inSchmiedeberg (Foto: Gottfried Herold, 2002)

Abbildung 12-15: Zerstörte Schule und neuer Fließweg des Pöbelbaches nach dem Hochwasser am 12./13.08.2002 in Schmiedeberg(Foto: Gottfried Herold, 2002)

Abbildung 12-16: Verklauste Brücke nach dem Hochwasseram 12./13.08.2002 in Schmiedeberg (Foto: Gottfried Herold, 2002)

Ereignis Abschnitt1 Abschnitt 2 Abschnitt 3 Abschnitt 4

EHQ 51.000 m3 1.000 m3 7.500 m3 6.000 m3

HQ(200) 40.000 m3 1.000 m3 6.000 m3 5.000 m3

HQ(50) 18.000 m3 5.500 m3 2.500 m3 –

HQ(20) 17.000 m3 200 m3 – –

Tabelle 12-3: Geschiebepotenziale für die Unter-suchungsabschnitte

Zur Berechnung der potenziellen querschnittsbezogenen Ge-schiebefracht (Geschiebemenge die während eines Ereig-nisses durch einen bestimmten Fließquerschnitt transportiertwerden kann) wird die Geschiebetransportgleichung vonMeyer-Peter & Müller in modifizierter Form verwendet (HUN-ZIKER, 1995). In Bereichen mit geringer Transportkapazität istdavon auszugehen, dass sich eine Ablagerung während einesHochwasserereignisses bilden wird.

Die Transportkapazitäten in dem oberhalb Schmiedeberg ge-legenen Bereich bis zur Tal querenden Brücke der Schmal-spurbahn (Fluss-Kilometer 26,880 bis 24,796) sind relativgleichförmig. Bei den größeren Ereignissen steigt die Trans-portkapazität auf Grund des Energieliniengefälles am oberenRand des Untersuchungsgebietes deutlich an. In dem Bereichder Untersuchungsstrecke (unterhalb der Tal querenden Bahn-brücke) können die Auswirkungen der ungleichförmigen Fließ-bedingungen auf die Transportkapazität beobachtet werden.An den Brückenquerschnitten stellen sich extreme Energie-liniengefälle ein.

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Mit zunehmendem Abfluss diversifizieren sich die unter-schiedlichen Gewässerabschnitte, so dass sich bei seltenenHochwasserereignissen (HQ(200), EHQ) die mittleren Trans-portkapazitäten stärker untergliedern, als dies bei den häufi-geren Ereignissen (HQ(20); HQ(50)) der Fall ist. Dies betrifftinsbesondere den Bereich Schmiedeberg-Buschmühle (Fluss-Kilometer 24,221 bis 23,738) mit einem sehr deutlichen An-stieg der mittleren Transportkapazitäten und den Bereich vomStadtpark bis zur unteren Grenze des Untersuchungsgebietes(Flusskilometer 22,726 bis 21,510). Die Transportkapazität isthier stark alternierend. Ihr Mittelwert steigt jedoch signifi-kant an.

Auf Grund dieser Berechnungen wurden die Ablagerungs-höhen in den betroffenen Flächen für das jeweilige Wieder-kehrintervall im Feld abgeschätzt. Im Bereich zwischen Orts-lage Kurort Kipsdorf und Ortseingang Schmiedeberg sind imHochwasserfall durchgehend mittlere Ablagerungshöhen zuerwarten. In diesem Bereich kann davon ausgegangen wer-den, dass durch lokale Effekte Erosionen und spätere Ab-lagerungen sich überlagern. Zum Ende der Hochwasserwelleüberwiegen dann die Ablagerungen. Besonders geringe Ab-lagerungen über einen größeren Bereich lassen sich oberhalbdes Haltepunktes Buschmühle ausmachen. Hier ist ein sehrtransportfähiges, breites Gerinne vorhanden. Im Bereich desZuflusses Pöbelbach (Fluss-Kilometer 22,564) und weiterunterhalb lassen sich besonders hohe Ablagerungen fest-stellen. Diese Ablagerungen sind beim EHQ besonders ausgeprägt. Unterhalb dieses Abschnittes – im Bereich desStadions – ist die Transportkapazität dann wieder höher, sodass hier wieder etwas niedrigere Ablagerungen auftreten.

12.3.5 Darstellung in der Gefahrenkarte

Die Gefahrenprozesse Überflutung, Ablagerung (Übersarung)und Seitenerosion wurden in Intensitätskarten dargestellt.Die Einteilung der Intensitätsstufen und der Wiederkehrinter-valle wurde entsprechend den Vorgaben der Richtlinie (LTV,2003f) gewählt.

Die Gefahrenkarte für Schmiedeberg ist in Abbildung 12-17dargestellt. Zusätzlich zu den aus den Intensitätskarten er-mittelten Flächen wurde eine Restgefährdung (Ereignissegrößer als HQ(200) bis EHQ) entsprechend der Richtlinie (LTV,2003f) mit gelb-weißer Schraffur ausgewiesen. Eine Intensitätwird in dieser Fläche nicht angegeben. Dieser Bereich kannbei sehr seltenen Ereignissen betroffen sein. Die schraffierteFläche wurde auf Grundlage der kartierten Überschwem-mungsfläche des Augusthochwassers 2002 festgelegt.

Die Brückenbauwerke im Ortsbereich haben einen wesent-lichen Einfluss auf die Gefahrensituation. Der Geschiebe- undSchwemmguttransport verstärkt diese zusätzlich.

In dem Bereich des Asylbewerberheims besteht auf Grundvon Überschwemmungsprozessen eine mittlere Gefähr-dungsstufe, teilweise auch eine erhebliche Gefährdung. Amunteren Ende der Fläche des Asylbewerberheims an derZufahrtsbrücke tritt rechtsseitig eine erhebliche Gefährdung

durch Ausbruchswege an der Brücke ein. Eine mittlere Ge-fährdung besteht bis zur Brücke Haltepunkt Buschmühle.

An dieser Brücke wiederum kommt es rechtsseitig zu einererheblichen Gefährdung. Diese tritt infolge von Umläufig-keiten an der Brücke ein. Bis zur Zufahrt des linksseitigenGewerbegebietes bestehen rechts- und linksseitig mittlereund geringe Gefährdungsstufen. Es ist allerdings zu berück-sichtigen, dass in dem gesamten linksseitigen Bereich eineRestgefährdung bei Extremhochwasserereignissen besteht(Fluss-Kilometer 23,870).

Im Bereich oberhalb des Wehres der Gießerei ergeben sichrechtsseitig geringe Gefährdungen infolge von Ausuferungenin das Industriegelände hinein. In dem unterhalb gelege-nen Abschnitt bis zur Brücke oberhalb des Gemeindeparkskommt es infolge der unbefestigten Ufersicherung teilweisezu einer erheblichen Gefährdung durch Seitenerosion. Hierbesteht unmittelbar Gefahr für die Bebauung. Zusätzlich kannin diesem Bereich in erheblichem Umfang Geschiebematerialaktiviert werden, dass sich dann unterhalb ablagert. Auf Höhedes Autohauses kommt es rechtsseitig zu Ausuferungen, diezu mittleren bis erheblichen Gefährdungen im Kerngebiet vonSchmiedeberg führen. Diese Gefährdungen werden durchFließgeschwindigkeiten verursacht (Umläufigkeiten).

Ein weiterer Gefährdungsbereich auf Grund von Ablagerun-gen befindet sich im Bereich des Pegels Schmiedeberg. Hierführen mögliche Ablagerungen zu Ausuferungen links- undrechtsseitig und zur Gefährdung der unmittelbaren Bebauung.Die Gefährdungsbereiche erstrecken sich vom Einkaufsmarktabwärts bis zum Gelände der Firma Schmiedeberger Bau-maschinen. Hier liegen mittlere und geringe Gefährdungs-stufen vor. Im unmittelbaren Gewässerbereich bestehen wie-der erhebliche Gefährdungen, teils durch Seitenerosion, teilsdurch Umläufigkeiten und Fließwege im Vorland. Im Bereichdes Stadions Schmiedeberg bestehen Restrisiken, wie be-reits beim Augusthochwasser beobachtet werden konnte.Unterhalb des Stadions im Bereich Schmiedeberg-Naundorfist der gesamte Vorlandbereich, insbesondere rechtsseitig,einer mittleren Gefährdung ausgesetzt. Es ist davon auszu-gehen, dass sich die Gefährdungsstufen nach Unterstrom imOrtsbereich Naundorf fortsetzen.

12.3.6 Maßnahmenplanung

Zur Vermeidung bzw. Reduzierung der Schäden bei zukünf-tigen Hochwasserereignissen sind im Hochwasserschutz-konzept (LTV, 2003d) folgende Maßnahmen vorgeschlagen(siehe auch Abbildung 12-18):

■ Geschieberückhalt in der Fläche zwischen Kipsdorf undSchmiedeberg,

■ Geschiebeablagerungsfläche oberhalb der Gießerei inSchmiedeberg,

■ Ufersicherung bzw. -absenkung in Schmiedeberg,■ Neudimensionierung des Gerinnes und der Brücken,■ Hochwasserrückhaltemöglichkeiten Pöbelbach und Langer

Grundbach.

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Abbildung 12-17: Gefahrenkarte Schmiedeberg

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Abbildung 12-18: Übersicht der vorgeschlagenen Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich Schmiedeberg

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Die Auenfläche zwischen Kipsdorf und Schmiedeberg ent-spricht einer typischen Umlagerungsstrecke, in der dem Ge-wässer die Möglichkeit gegeben werden sollte, Verzweigun-gen und Kiesbänke auszubilden. Somit kann sich im Hoch-wasserfall das Gewässer ausbreiten. Hierdurch werden dieSchleppkräfte, verantwortlich für die Erosion, vermindert. EinGeschiebe- und Schwemmholzrückhalt senkt oder vermei-det den Eintrag in die Ortslage, so dass die Verlegung desGewässerbettes reduziert wird.

Die bauliche Sicherung der Uferbereiche im Zusammenhangmit der Dimensionierung des Gerinnes und der Brücken dientdem Schutz gegen Strömungsangriff und der Sicherstellungder Schutzziele.

Die Auswirkungen von Fließgeschwindigkeiten, Erosion undAblagerung zeigen auch die Notwendigkeit, eine Gefährdungs-minderung durch einen Hochwasserrückhalt weiter zu unter-suchen. Die deutliche Abnahme der Geschiebepotenziale beikleineren Hochwasserereignissen lässt die Schlussfolgerungzu, dass nicht nur die Reduzierung der Scheitelwerte, son-dern auch die Verringerung der Abflussfülle (Form der Hoch-wasserwelle) zu einem erheblich verringerten Restrisiko bei-tragen wird. Rückhaltemöglichkeiten (Hochwasserrückhalte-becken Niederpöbel und Schmiedeberg II) wurden bereits in dem Hochwasserschutzkonzept für die Weißeritz (LTV,2003d) vorgeschlagen. Diese Standorte sind im Hinblick aufdie Reduzierung der Abflussspitzen und -füllen und die somiterreichbaren Vorteile bei der Verringerung der Geschiebe-potenziale sowie Ablagerungsmengen weiter zu untersuchen.

12.3.7 Schlussfolgerungen

Im Rahmen der Hochwasserschutzkonzepte wurden Maß-nahmen zur Wiederbebaubarkeit der vom Augusthochwasser2002 betroffenen Flächen entsprechend dem SächsischenWassergesetz § 100 für HQ(100) definiert. Dabei ist zu be-rücksichtigen, dass Prozesse wie hohe Fließgeschwindig-keiten im Vorland, Seitenerosion und Ablagerungen infolgeGeschiebetransport im Allgemeinen bei der Planung bishernicht berücksichtigt werden. Diese Prozesse führten aber beidem Hochwasserereignis im August 2002 zu außerordent-lichen Gefährdungen und Schäden.

Für die Erstellung der Gefahrenkarten hat sich die detaillierteRecherche des Augusthochwassers als sehr hilfreich heraus-gestellt, da die abgelaufenen und beobachteten ProzesseRückschlüsse auf zukünftige Ereignisse zulassen. Besonderszu erwähnen sind hierbei

■ die Bildung neuer Fließwege,■ die Intensität der Seitenerosion,■ die Ablagerungsbereiche und deren Höhe.

Die Fließwege mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten konn-ten bei der Ortsbegehung auch für geringere Hochwasser-ereignisse präzisiert werden. Die Gefährdung durch Seiten-erosion ist in Bereichen der Gemeinde Schmiedeberg sehrhoch und wird durch die Gefahrenkarten erfasst. Eine quanti-

tative Abschätzung ist durch eine verhältnismäßige Berück-sichtigung der Rückgriffweite möglich. Diese Gefährdungkonnte bisher nur verbal als zusätzliches Risiko dargestelltwerden. Es handelt sich hier um eine unmittelbare Gefähr-dung in Form von Gebäudeschäden und Uferabbrüchen undum eine mittelbare Gefährdung stromabwärts gelegenerBereiche durch Geschiebetransport sowie Ablagerungen undSohlaufhöhungen und dadurch höhere Wasserspiegellagen.Die Erhöhungen der Wasserspiegellagen infolge Sedimenta-tion im Gewässerbett betragen bei HochwasserereignissenHQ(20) bis HQ(200) maximal bis zu 1,4 m.

Es lässt sich ersehen, dass die Maßnahmen, die bereits imHochwasserschutzkonzept vorgeschlagen werden, von gro-ßer Bedeutung für die Schadensminderung in der GemeindeSchmiedeberg sind. Sie sind neben den Maßnahmen zurUfersicherung prioritär zu behandeln. Insbesondere sind dieAbschnitte am Gewässer mit großen Rückgriffweiten unddamit hohem Geschiebepotenzial zu sichern.

Die Gefahrenkartenerstellung hat gezeigt, dass in Fluss-gebieten mit erheblichem Geschiebetransport bei großenHochwasserereignissen die Prozesse Erosion, Ablagerungsowie Verklausung durch Treibgut mittels des vereinfachtenVerfahrens berücksichtigt werden können. Diese umfas-sende Beachtung der relevanten Prozesse ermöglicht ein dif-ferenziertes Aufzeigen des verbleibenden Restrisikos bezie-hungsweise von Schutzdefiziten. Die Methodik stellt eineAlternative gegenüber den aufwändigen Verfahren der zwei-dimensionalen und morphodynamischen Modellierung dar.

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In der ersten Augusthälfte 2002 wurden große Teile Mittel-europas von heftigen Niederschlägen heimgesucht. Beson-ders stark betroffen waren der Freistaat Sachsen und hierdie Einzugsgebiete des Osterzgebirges, die im Zentrum desNiederschlags- und Hochwassergeschehens lagen.

Die reißenden Fluten von Biela, Gottleuba, Müglitz, Lock-witzbach, Weißeritz, Wilder Sau, Triebisch und Ketzerbachverursachten auf 8,5% der Überschwemmungsflächen inSachsen mehr als 1 Mrd. € Schaden oder ca. 15% der ge-samten im Freistaat verzeichneten Schadenssumme. Zu-dem waren im Untersuchungsgebiet auch 12 Todesopfer zubeklagen.

Als Extremereignis ist das Augusthochwasser vor allem inBezug auf seine räumliche Ausdehnung sowie die Intensitätder Abflussbildung und der Feststoffprozesse zu bezeichnen.

Hydrometeorologische und

geomorphologische Prozesse

Ausgelöst wurde das Hochwasser durch Niederschläge, diesowohl hinsichtlich ihrer Intensität über eine lange Dauer als auch ihrer räumlichen Ausdehnung selten waren. Große Teile des Osterzgebirges erhielten mit über 200 mm Nieder-schlag in drei Tagen das Doppelte bis das Dreifache des nor-malen Augustniederschlags. Im Bereich des Niederschlags-maximums, das räumlich eng begrenzt war, lagen die 1-Tages-werte nahe dem physikalisch zu erwartenden Maximum.

Die zu einem großen Teil wenig speicherfähigen und des-halb rasch gesättigten Böden waren bei weitem nicht in der Lage, die Wassermengen aufzunehmen oder auch nurmaßgeblich zu verzögern. Entsprechend flossen in weitenTeilen über 60% bis 90% des gefallenen Niederschlagsinnerhalb kürzester Zeit ab. Daraus resultierten in fast allenuntersuchten Flüssen Scheitelabflüsse und Abflussfüllen, dieweit über den bisher bekannten Werten lagen.

Das Ereignis war maßgeblich durch Feststoffprozesse ge-prägt. Der Geschiebe- und Treibguttransport verursachte einenwesentlichen Teil der Schäden. Insbesondere in den starkbetroffenen Fließgewässern Weißeritz und Müglitz wur-den mehrere 100.000 m3 Geschiebe umgelagert. Hauptsäch-liche Materialquellen waren naturnahe und künstliche Ufer-böschungen aus Lockergestein, Straßen- und Bahndämme

sowie kollabierende Ufermauern und ihre Hinterfüllun-gen. Das Material wurde meist nur über kurze Distanzentransportiert und entweder in Flachstrecken mit geringerTransportkapazität oder im Rückstau von Fließhindernis-sen wieder abgelagert. Die Transportprozesse verändertenmaßgeblich die Gewässerbetten bis hin zu Gerinneverlage-rungen.

Das mitgeführte Treibgut erwies sich als eine wesentlicheGefährdung. Viele Brücken wurden völlig verlegt und der Ab-fluss ins Umland geleitet. Wichtige Treibgutquellen warengewässernahe Holzlager und Leichtbauten sowie nicht auen-typische Uferbestockungen.

Fast im gesamten Gebiet wurde die Durchflusskapazität derGerinne und Brücken überschritten, so dass große Flächen,insbesondere auch Ortschaften, von Überschwemmungenbetroffen waren. Die Schäden in den Überschwemmungs-gebieten, vor allem an der Bebauung, resultieren neben derreinen Wassereinwirkung zu einem großen Anteil aus denerosiven Prozessen infolge der hohen Strömungsgeschwin-digkeiten und dem Treibguttransport.

Ähnliche Auswirkungen durch Geschiebe und Treibgut sindbei allen großen historischen Hochwasserereignissen imOsterzgebirge dokumentiert. Die Feststoffprozesse werdenerst ab einem vergleichsweise hohen Durchfluss relevant.Dann steigt die Schadenswirkung aber sprunghaft an.

Schäden

Die Gesamtschadenssumme im Untersuchungsgebiet be-trägt über 1 Mrd. €. Hauptschadensgebiete waren die Tälerder Weißeritz und Müglitz. Die größten Zerstörungen ent-standen mit 60% im Bereich der Kommunen und des Privat-eigentums. Auch die oft entlang der Gewässer verlaufen-den Verkehrsachsen waren stark betroffen. Fast die Hälfte des Überschwemmungsgebietes war Siedlungsgebiet. Dieszeigt den hohen Nutzungsdruck in den Tälern durch die An-siedlungen. Auch der hohe Anteil der geschädigten Werteam Gesamtvermögen macht deutlich, dass vielerorts Kon-flikte zwischen der menschlichen Nutzung und dem Raum-bedarf der Gewässer bestehen. In den betroffenen Gemein-den sind Vermögensschäden in der Höhe von durchschnittlichca. 10% des Gesamtvermögenswertes im Überschwem-mungsgebiet aufgetreten. In den Gemeinden der Täler vonMüglitz und Weißeritz liegt dieser Anteil gar bei ca. 20%.

Zusammenfassung undSchlussfolgerungen

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Einordnung des Ereignisses

Der Vergleich mit historischen Hochwassern vor Beginnsystematischer Messungen zeigt, dass in allen Einzugs-gebieten schon früher ähnliche Ereignisse aufgetreten sind.In der Regel war allerdings nur ein Teil der Flüsse im Unter-suchungsgebiet gleichzeitig betroffen. Die Seltenheit desEreignisses vom August 2002 liegt deshalb weniger im Aus-maß der Hochwasser in den einzelnen betroffenen Flüssen,als vielmehr darin, dass alle Gebiete gleichzeitig stark be-troffen waren.

In den Osterzgebirgsflüssen Gottleuba, Müglitz undWeißeritz sind seit Ende des 19. Jahrhunderts mindes-tens drei vergleichbare Hochwasserereignisse aufgetre-ten. Auch wenn das Hochwasser vom August 2002 in den Einzugsgebieten statistisch in der Größenordnung eines100- bis 500-jährlichen Ereignis eingeordnet wird, zeigt diehistorische Auswertung, dass in allen Flüssen mit ähn-lichen Ereignissen wie im August gerechnet werden muss.Die Analyse der Abflussspenden belegt außerdem, dassjederzeit größere Ereignisse nicht ausgeschlossen werdenkönnen.

Wirksamkeit der Hochwasser-

schutzmaßnahmen

Die Fließgewässer im Untersuchungsgebiet sind in denSiedlungsgebieten nahezu vollständig und teilweise auchaußerhalb der Ortslagen ausgebaut. Der größte Teil derFließquerschnitte und Befestigungen erwies sich beimEreignis im August 2002 gegenüber den aufgetretenenBelastungen als unterdimensioniert und wurde in vielenFällen schwer beschädigt oder auch zerstört. Wehre,Brücken und andere Bauten am Wasser schränkten dieAbflusskapazität zum Teil beträchtlich ein. Praktisch in allenbetroffenen Siedlungen wurden Schwachstellen fest-gestellt, bei denen der dem Fluss zur Verfügung ste-hende Abflussquerschnitt bei weitem nicht in der Lagewar, die anfallenden Wassermassen abzuführen. Bei-spielsweise sind gut 1/3 aller Brücken in den Siedlungs-gebieten für ein HQ(100) unterdimensioniert. Vielerortsgenügt, auch ohne Berücksichtigung von Engpässen, derderzeitige Ausbau nicht, um mehr als ein HQ(20) abzu-führen.

In den Einzugsgebieten von Gottleuba, Lockwitzbach undWeißeritz liegen ein oder mehrere Hochwasserrückhalte-becken beziehungsweise Talsperren mit Hochwasserrück-haltefunktion. Diese dämpften die Abflüsse maßgeblich, ob-wohl bei den meisten die Kapazitätsgrenze überschrittenwar und es zum Überlauf über die Hochwasserentlastungs-anlagen kam. Aus diesem Grund und weil das Gebiet unter-halb der Talsperren und Rückhaltebecken auch wesentlichzum Hochwasser beitrug, konnten sie nicht verhindern, dassgroßflächig schwere Schäden auftraten.

Zukünftiger Hochwasserschutz

Ein Schadensausmaß wie das des Hochwassers im August2002 soll bei zukünftigen Ereignissen ähnlicher Größenord-nung verhindert werden. Der Schutz von Menschenlebenmuss dabei im Vordergrund stehen. Eine völlige Verhin-derung von finanziellen Schäden ist aber sowohl technischals auch ökonomisch nicht realisierbar. Die Höhe des zu tra-genden finanziellen Risikos kann aus einer Nutzen-Kosten-Analyse der erforderlichen Aufwendungen für den Hoch-wasserschutz abgeleitet werden. Die nötigen Maßnahmenbetreffen sowohl die Verringerung des Gefahren- als auchdes Schadenspotenzials.

Die Beeinflussung der Gefährdung ist nur bis zu einemgewissen Grade möglich. Dem dezentralen Rückhalt desAbflusses, insbesondere durch gezielte Beeinflussung derFlächennutzung in den Einzugsgebieten, muss dabei einstärkeres Gewicht zukommen. Der Bau von Hochwasser-rückhaltebecken wird an einigen Standorten erforderlichsein, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten. Be-sonders für die bestehenden Siedlungen in den Tälern vonMüglitz und Roter Weißeritz ist durch Maßnahmen in denOrtschaften selbst kein Schutz gegenüber einem HQ(100)mit vertretbaren Mitteln möglich.

Für die Fließgewässer muss ausreichender Raum zur Ver-fügung stehen. Bei der Planung von Maßnahmen sowie der Bestimmung von Überschwemmungsflächen sindneben dem Wasserabfluss auch die Gefahren aus Erosion,Sedimentablagerung und Treibguttransport zu berücksich-tigen. Dazu sind die Fliessquerschnitte großzügig zu ge-stalten und an geeigneten Stellen Flächen zur Ablagerungvon Geschiebe und Treibgut einzurichten. Wasserbautensind so zu dimensionieren, dass sie überlastbar sind undauch bei einem sehr großen Hochwasser die Prozesse nichtnegativ beeinflussen. Der Gefährdung durch hohe Fließ-geschwindigkeiten auch außerhalb des Gewässerbettes istebenso Rechnung zu tragen. Ein Schutzziel, dass sich nur anWasserständen bei reinem Wasserabfluss orientiert, ist un-genügend.

Das Schadenspotenzial sollte generell verringert werden,zumindest muss der Trend einer weiteren Erhöhung dermateriellen Werte im Gefahrenbereich gestoppt werden.Aus dieser Forderung ergeben sich offenkundige Konflikte inder Landnutzung, die in Bezug auf den Hochwasserschutzausdiskutiert werden müssen. Das Augusthochwasser zeigtdabei die Siedlungs- und Gewerbeflächen in den engenFlusstälern als Handlungsschwerpunkte auf. Mit einer ange-passten und differenzierten Raumplanung und -nutzung so-wie der Beachtung von Bauvorschriften muss dieser Gefähr-dung Rechnung getragen werden.

Die fachliche Grundlage zur Planung und Umsetzung deroben genannten Maßnahmen bilden Gefahrenkarten undHochwasserschutzkonzepte. Dies sieht die aktuelle Novel-lierung des sächsischen Wassergesetzes auch so vor. Die

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Gefahrenanalyse muss alle relevanten Prozesse umfassenund darf nicht nur den Reinwasserabfluss berücksichtigen.Raumplanerische und gesetzliche Grundlagen können dieUmsetzung der konzeptionellen Vorschläge erheblich be-fördern.

Im Katastrophenfall ist für den operativen Hochwasserschutzeine gute Notfallplanung unerlässlich. Jede Gemeinde mussdeshalb detaillierte Hochwasseralarmpläne bereithalten unddie Einsatzbereitschaft ihrer Wasserwehr sicherstellen. Einewichtige Grundlage zur Auslösung dieser Abwehrmaßnah-men sind Hochwasservorhersagen sowie deren Kommunika-tion und sichere Verbreitung.

Hochwassernachrichtendienst

Mit der Neukonzipierung des Hochwassernachrichten-dienstes sollen zukünftig qualitativ bessere Informationenüber die mögliche Entstehung einer Hochwassersituationbeziehungsweise über die Entwicklung eines bereits ein-getretenen Hochwassers geliefert werden, um eine recht-zeitige Warnung der Bevölkerung sowie eine Verringerungvon Hochwasserschäden zu ermöglichen.

Grundsätzlich wird in ganz Sachsen eine Verbesserung desHochwassernachrichtendienstes über eine höhere Betriebs-sicherheit der Pegelstationen, über redundante Ausrüstungder Datenübermittlungswege sowie durch optimierteOrganisationsstrukturen gewährleistet. Dabei ist die In-formation direkt bis zur Gemeinde geplant. Die Einbezie-hung von zusätzlichen Informationen, wie zum BeispielAngaben über schon gefallene Niederschläge (Ombro-meter und/oder Radarmessungen) und Schadensmeldungenaus den Einzugsgebieten, erhöht die Qualität der Hoch-wasserwarnungen. Durch den neu eingerichteten Schicht-dienst der Meldezentrale, der den kurzen Reaktionszeitenin den hier betrachteten Einzugsgebieten Rechnung trägt,werden Warnungen vor ergiebigen Niederschlägen sofortentgegen genommen und im Zusammenhang mit deraktuellen Wasserführung im Landeshochwasserzentrum(LHWZ) umgehend bewertet.

Auf Grund der spezifischen Bedingungen in kleinen Ein-zugsgebieten erlauben diese Anpassungen auch in denNebenflüssen der Oberen Elbe gewisse, allerdings engbegrenzte, Verbesserungen. In derartigen Einzugsgebieten von unter 200 bis 500 km2 vergehen nur wenige Stunden,bis ein Starkniederschlag abflusswirksam wird. Hoch-wasservorhersagen, die einen größeren Prognosezeitraumals die erwähnte Reaktionszeit umfassen, beruhen deshalbim Wesentlichen auf Niederschlagsprognosen und könnennicht besser sein als diese. Obwohl der Deutsche Wetter-dienst und andere Institutionen hier erhebliche Forschungs-anstrengungen erbringen, ist in der nächsten Zeit nicht mitVorhersagen zu rechnen, welche in kleinen Einzugsgebie-ten eine flussgebietskonkrete Hochwasserwarnung erlaubenwerden.

Allerdings können mit den voraussichtlich ab Mitte 2005 zur Verfügung stehenden aktuellen Niederschlagswerten diekurzfristigen Vorhersagen präziser und in rascherer zeitlicherAbfolge verbreitet werden. Zusammen mit allen aktuellenMesswerten und weiteren Angaben auf der sich in Auf-bau befindlichen Informationsplattform sind dies die best-möglichen Entscheidungsgrundlagen, die das LHWZ den fürdie Hochwasserabwehr zuständigen Behörden für kleineEinzugsgebiete wie die Nebenflüsse der Oberen Elbe zurVerfügung stellen kann. Diese Informationen sind von denKommunen zusammen mit ihren lokalen Beobachtungen,zum Beispiel zu Verklausungen oder Geschiebeablagerun-gen, selbständig in konkrete Hochwasserabwehrmaßnahmenumzusetzen. Wichtigste Grundlage für diese Arbeit bildenvorbereitete und regelmäßig aktualisierte Hochwasser-alarmpläne. Gleichzeitig sollte darüber nachgedacht werden,wie die lokalen Beobachtungen auf der Informationsplatt-form integriert und so einem begrenzten Personenkreis,zum Beispiel den Unterliegern, den Wasserschutzbehördenund dem LHWZ, zur Verfügung gestellt werden können. Zur Information breiter Bevölkerungskreise und der Medienstrebt das LfUG eine kontinuierliche und gezielte Öffentlich-keitsarbeit an.

Die Hochwassersicherheit kann im Freistaat Sachsen durchkonsequente Umsetzung der in der vorliegenden Studie be-schriebenen konzeptionellen, baulichen und organisatorischenAnstrengungen maßgeblich erhöht werden.

Es bleibt festzuhalten, dass auch der beste Hochwasser-schutz ein Hochwasser nicht verhindern, sondern nur in sei-nen Auswirkungen begrenzen kann. Einen wesentlichen Bei-trag zur Schadensbegrenzung können auch alle potenziellBetroffenen leisten. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabealler sächsischen Behörden, das entsprechende Gefahren-bewusstsein in der Bevölkerung zu wecken, damit alle Mög-lichkeiten zur Schadensminderung ausgeschöpft werden.

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A AutobahnAEo oberirdisches EinzugsgebietAG AktiengesellschaftAS AlarmstufenaS Höhenangabe nach altem SystemATV Abwassertechnischer VerbandB BundesstraßeBHQ BemessungshochwasserdurchflussBWG Bundesamt für Wasser und GeologieBWW Bundesamt für WasserwirtschaftCHF Schweizer FrankenDDR Deutsche Demokratische RepublikDEZA Direktion für Entwicklung und Zusammen-

arbeitDFÜ DatenfernübertragungDGJ Daten des Pegels im Deutschen Gewässer-

kundlichen Jahrbuch veröffentlichtDVWK Deutscher Verband für Wasserwirtschaft

und Kulturbau e.V.DWD Deutscher Wetterdienstha Ablagerungshöhe (von Feststoffen auf

dem Vorland von Fließgewässern)EHQ extremer HochwasserdurchflussGSM Global System for Mobile CommunicationHHQ höchster bekannter DurchflussHHW höchster bekannter WasserstandHN Höhen-Null (bezogen auf Kronstadt)hN GebietsniederschlagshöheHQ höchster Durchfluss gleichartiger Zeit-

abschnitte in der betrachteten ZeitspanneHq HochwasserabflussspendenHQ(a) höchster Durchfluss in einem JahrHQ(T) höchster Durchfluss gleichartiger Zeit-

abschnitte in der betrachteten Zeitspannemit dem Wiederkehrintervall T

HRB HochwasserrückhaltebeckenhW WassertiefeHWE HochwasserentlastungsanlageHWMO HochwassermeldeordnungHWNDV HochwassernachrichtendienstverordnungHWSK HochwasserschutzkonzeptHWW HochwassermeldepegelIGHR gewöhnlicher HochwasserschutzraumKOSTRA koordinierte StarkregenauswertungL LattenpegelLfUG Sächsisches Landesamt für Umwelt

und GeologieLH Landeshauptstadt

LHWZ LandeshochwasserzentrumLTV Landestalsperrenverwaltung des Frei-

staates SachsenMdg. MündungMDR Mitteldeutscher RundfunkMEZ Mitteleuropäische ZeitMHQ Mittlerer höchster Durchfluss gleichartiger

Zeitabschnitte in der betrachteten Zeit-spanne

MQ Mittlerer Durchfluss gleichartiger Zeit-abschnitte in der betrachteten Zeitspanne

N-A-Modell Niederschlag-Abfluss-ModellNASIM Niederschlags-Abfluss-Simulations-ModellNN Normal-Nulloh. oberhalbPhoenix Programm zur Hilfe und Organisation

eines Neuaufbaus im Katastrophenfall in Sachsen

Q DurchflussRM ReichsmarkS StaatsstraßeS SchreibpegelSächsWG Sächsisches WassergesetzSMI Sächsisches Staatsministerium des InnerenSMS Short Message ServiceSMUL Sächsisches Staatsministerium für Umwelt

und LandwirtschaftStUFA Staatliches UmweltfachamtT Wiederkehrintervall in JahrenTMD Pegel im täglichen MeldedienstTS TalsperreUBG Staatliche Umweltbetriebsgesellschaftuh. unterhalbUP unterer PegelUTC coordinated universal timev FließgeschwindigkeitV BeckeninhaltslinieVb-Wetterlage Klassifizierung van Bebber für Zugbahnen

von Tiefdruckgebieten, sprich "fünf b"w Rückgriffweite der UfererosionW WasserstandWASAX Wiederaufbau der Infrastruktur der

Gemeinden SachsensW-Q-Beziehung Wasserstands-Durchfluss-BeziehungWSL Eidgenössische Forschungsanstalt für

Wald, Schnee und Landschaft

Abkürzungen

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Anhang

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Anhang 1: Pegel im Untersuchungsgebiet

Flussgebiet Messstellen-Nr. Einzugsgebiet W beobachtet seit

BemerkungenPegel Pegelart Lage am Wasserlauf Q beobachtet seit

Gewässer Funktion Pegelnull Daten verfügbar bei

Biela 55049.0 37,4 km2 1995

Bielatal 1 S mit DFÜ 7,8 km links 1965

Biela Q, W, HWW 266,86 m ü. HN StUFA Radebeul

Biela 55056.0 30,9 km2 1980

Cunnersdorf 1 S mit DFÜ 5,0 km rechts 1965

Cunnersdorfer Bach Q, W, HHW 237,43 m ü. HN StUFA Radebeul

Gottleuba 55063.0 30,1 km2 1971bis 31.10.84 PN 430,543 m ü.NN, 01/2000Übergabe an LTV

Gottleuba 1 S mit DFÜ 24,9 km rechts 1971

Gottleuba Q, W, TMD 430,51 m ü. NN aS LTV

Gottleuba 55065.0 2,4 km2 1971

Gottleuba 2 S mit DFÜ 0,2 km links 1972

Oelsenbach Q, W, TMD 431,07 m ü. NN aS LTV

Gottleuba 55064.0 36,0 km2 1974

Gottleuba 3 S mit DFÜ 21,5 km rechts 1974

Gottleuba Q, W, TMD 373,10 m ü. NN aS LTV

Gottleuba 55062.0 133,0 km2 1926 1957 zerstört,

1962 NeubauNeundorf S mit DFÜ 8,2 km links 1926

Gottleuba Q, W, TMD, HHW 153,16 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Gottleuba 55071.0 48,5 km2 19691978 PegelnullverändertMarkersbach S mit DFÜ 8,0 km rechts 1969

Bahra Q, W, TMD, HHW 377,19 m ü. HN StUFA Radebeul

Gottleuba 55076.1 25,0 km2 1987

Liebstadt 1 S mit DFÜ 15,5 km rechts 1965

Seidewitz Q, W, HHW 321,18 m ü. HN StUFA Radebeul

Müglitz 55090.2 38,4 km2 2001

Lauenstein UP S mit DFÜ 38,0 km links –

Weiße Müglitz W 507,37 m ü. HN LTV

Müglitz 55091.0 40,1 km2 1961

PostbrückeLauenstein 1 S mit DFÜ 37,1 km links 1971

Weiße Müglitz Q, W 488,49 m ü. HN StUFA Radebeul

Müglitz 55091.1 74,9 km2 1903ab 1977 nur HW-Melde-pegelLauenstein 2 L 35,8 km rechts –

Müglitz HWW 463,75 m ü. HN StUFA Radebeul

Müglitz 55093.0 179 km2 1903

ab 1963 nur HW-PegelMühlbach L 13,4 km links –

Müglitz HWW 202,98 m ü. HN StUFA Radebeul

Müglitz 55094.0 198 km2 1911

seit 1998 DFÜDohna S mit DFÜ 4,3 km rechts 1912

Müglitz Q, W, TMD, DGJ 136,19 m ü. HN StUFA Radebeul

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Flussgebiet Messstellen-Nr. Einzugsgebiet W beobachtet seit

BemerkungenPegel Pegelart Lage am Wasserlauf Q beobachtet seit

Gewässer Funktion Pegelnull Daten verfügbar bei

Müglitz 55096.1 25,7 km2 1987

Geising 1 S mit DFÜ 3,7 km links 1965

Rotes Wasser Q, W, HHW 566,89 m ü. HN StUFA Radebeul

Lockwitzbach 55100.0 43,5 km2 1938ab 14.04.99 Änderungder Lage am Wasserlaufauf linke Uferseite

Kreischa S mit DFÜ 14,5 km links 1938

Lockwitzbach Q, W, HWW, DGJ 200,82 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Weißeritz 55141.1 47,8 km2 1983

Schmiedeberg 1 S mit DFÜ 22,4 km links 1983

Rote Weißeritz Q, W, TMD, HWW 429,62 m ü. HN StUFA Radebeul

Weißeritz 55142.0 72,9 km2 19131954 zerstört, Neubau 1965Dippoldiswalde 1 S mit DFÜ 15,2 km rechts 1915

Rote Weißeritz Q, W, TMD, DGJ 340,31 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Weißeritz 55143.1 0 km2 1994

Dippoldiswalde 3 S 0,9 km links 1915

Werksgraben Q, W, DGJ 344,45 m ü. HN StUFA Radebeul

Weißeritz 55145.0 153 km2 1928

Hainsberg 1 S mit DFÜ 1,5 km rechts 1928

Rote Weißeritz Q, W, TMD, HWW 197,12 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Weißeritz 55151.0 6,21 km2 1913

Bärenfels S 5,5 km rechts 1914

Pöbelbach Q, W, DGJ 560,72 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Weißeritz 55152.1 13,2 km2 1982ab 1983 Fernpegel,01/2000 Übergabe an LTV

Reichstädt S mit DFÜ 3,0 km links 1982

Reichstädter Bach Q, W, TMD 360,77 m ü. HN LTV

Weißeritz 55130.0 15,3 km2 1976

Rehefeld 1 S mit DFÜ 46,2 km links 1961

Wilde Weißeritz Q, W, TMD, HWW 684,89 m ü. NN StUFA Radebeul

Weißeritz 55131.0 49,3 km2 1930

ab 1981 DFÜAmmelsdorf S mit DFÜ 33,3 km links 1931

Wilde Weißeritz Q, W, TMD, DGJ 527,31 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Weißeritz 55131.1 60,4 km2 1978ab 1983 Fernpegel,Q ab 1982 eingestelltLehnmühle S mit DFÜ 29,1 km links 1978

Wilde Weißeritz W – LTV

Weißeritz 55132.0 80,9 km2 1914

ab 1983 DFÜBeerwalde S mit DFÜ 21,5 km links 1915

Wilde Weißeritz Q, W, TMD 396,4 m ü. NN aS LTV

Weißeritz 55135.0 162 km2 1928

Hainsberg 3 S mit DFÜ 0,9 km rechts 1928

Wilde Weißeritz Q, W, TMD, HWW 190,51 m ü. NN aS StUFA Radebeul

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Flussgebiet Messstellen-Nr. Einzugsgebiet W beobachtet seit

BemerkungenPegel Pegelart Lage am Wasserlauf Q beobachtet seit

Gewässer Funktion Pegelnull Daten verfügbar bei

Weißeritz 55125.0 321 km2 1976

Q ab 1991 eingestelltHainsberg 4 S mit DFÜ 13,2 km links 1980

Vereinigte Weißeritz W, HWW 176,69 m ü. HN StUFA Radebeul

Weißeritz 55120.1 374 km2 1999

Cotta S mit DFÜ 1,2 km rechts 1999

Vereinigte Weißeritz Q, W 112,03 m ü. NN StUFA Radebeul

Weißeritz 55156.1 12,4 km2 1997

Freital 1 L 0,3 km rechts 1968

Poisenbach Q, W – StUFA Radebeul

Weißeritz 55157.0 13,6 km2 1968

Potschappel L 1,2 km links 1968

Wiederitz Q, W 170,88 m ü. HN StUFA Radebeul

Weißeritz 55158.0 3,40 km2 1983

Gorbitz 1 L 0,8 km rechts 1989

Gorbitzbach Q, W – StUFA Radebeul

Weißeritz 55159.0 8,10 km2 1982

Gorbitz 2 L 1,0 km rechts 1989

Weidigtbach Q, W – StUFA Radebeul

Wilde Sau 55160.0 25,8 km2 1903

Wilsdruff L 10,7 km links 1979

Wilde Sau Q, W, HWW 259,27 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Triebisch 55180.1 46,9 km2 1989

Herzogswalde 1 S mit DFÜ 27,5 km links 1989

Triebisch Q, W, TMD, HWW 256,50 m ü. HN StUFA Radebeul

Triebisch 55181.1 115 km2 1993

Munzig 1 S mit DFÜ 14,0 km rechts 1983

Triebisch Q, W, HWW 176,54 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Triebisch 55182.0 165 km2 1960

Garsebach S 8,2 km links 1960

Triebisch Q, W, TMD 140,96 m ü. NN aS StUFA Radebeul

Triebisch 55189.0 – 1927

08/00 Lage km korrigiertRothschönberg S 0,02 km rechts 1927

Rothschönberger Stollen Q, W 191,18 m ü. HN StUFA Radebeul

Ketzerbach 55200.0 47,2 km2 1955Ablesung nur bei HochwasserZiegenhain L 17,8 km rechts –

Ketzerbach HWW 168,37 m ü. HN StUFA Radebeul

Ketzerbach 55201.1 157 km2 1985

Piskowitz 1 S 4,0 km rechts 1970

Ketzerbach Q, W 105,62 m ü. HN StUFA Radebeul

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Page 170: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

Gottleuba, Bahra, Mordgrundbach, Buschbach

13.12.1480 Hochwasser der Gottleuba. (MARX, 1966)

1533 Hochwasser im Gottleubagebiet. (DIE GROSSE WASSERSNOT IN SACHSEN 1897, 1897)

15.11.1552 Hochwasser in der Gottleuba und Biela, ca. 100 Tote in Königstein. (PETERMANN, 1729)

21.7.1560 Hochwasser der Gottleuba. Im Erzgebirge Häuser, Getreide und Holz weggespült. In Pirna Gärten ver-wüstet. (MARX, 1966)

1569 Hochwasser der Gottleuba. (MARX, 1966)

13.8.1573 Unwetter im Gebiet um Pirna. Mehrere Todesopfer. Mühlen wurden weggerissen. (PÖTZSCH, 1784)

1670 Starke Überschwemmung mit Schäden. (MARX, 1966)

2. 8.1703 Hochwasser der Gottleuba. (POHL,1962)

11.7.1750 Hochwasserschäden durch die Bahra und die Gottleuba. (MARX, 1966)

25.6.1824 Hochwasser im Gottleubagebiet nach mehrtägigem Regen. In Pirna Straßen aufgerissen. (DIE GROSSEWASSERSNOT IN SACHSEN 1897, 1897)

13.8.1837 Hochwasser im Bielatal und in Randbereichen des Gottleubatales. (POHL,1962)

1867, 1880 Hochwasserschäden durch die Bahra in Markersbach. (MARX, 1966)

30.–31.7.1897 Hochwasser im Erzgebirge, in Nieder- und Oberösterreich, Böhmen und Schlesien (Starkniederschläge in Folge einer Vb-Wetterlage). Niederschläge in Kammlagen des Erzgebirges bis zu 140 mm (Altenberg126,2 mm; Markersbach 110,3 mm) in 24 h am 29./30.7. Starke Seitenerosion. In Pirna gesamte Innen-stadt unter Wasser. Zahlreiche Gebäude zerstört, Bahnverbindung Pirna–Bodenbach durch den Einsturzeiner Brücke unterbrochen. Strömung in der Stadt sehr stark. Trinkwasserversorgung unterbrochen. Schä-den 1 Million Goldmark. (CHEMNITZER TAGEBLATT, 1897a; FÜGNER, 1995; SMUL, 2002; DENKSCHRIFTDER STAATSREGIERUNG, 1928; WOLF, 1897; POHL, 1962)

8.–9.7.1927 Extreme Niederschläge (Vb-Wetterlage), Verklausungsbrüche, Telegraphen- und Telefonleitungen zerstört.Warndienst eine halbe Stunde vor dem Scheiteldurchgang der Welle unterbrochen. 150 Todesopfer, davon120 im Gottleubatal. In wenigen Stunden mehr als 200 Liter Regen pro m2 (200 mm). Max. Niederschlags-intensität: 100 mm/25 min. Auf einer Fläche von 44 km2 sind insgesamt 8,6 Mio. m3 Wasservolumenniedergegangen, davon 3,6 Mio. m3 im Quellgebiet der Gottleuba. (FÜGNER,1995; POHL,1962; SMUL,2002; FICKERT, 1934; DENKSCHRIFT DER STAATSREGIERUNG, 1928; MARX, 1966)

13.5.1948 Hochwasser im Gebiet der Gottleuba, Müglitz und Bahra. (POHL, 1962)

10.7.1954 Hochwasser der linkselbischen Flüsse, geringere Intensität als 1927. QPirna = 53,4 m3/s. (BÖER u.a., 1959)

22.–23.7.1957 Überlagerung der Hochwasserwellen von Gottleuba, Bahra und Seidewitz/Zehistabach führte zur bis dahingrößten Überflutung des Stadtgebietes von Pirna durch die Erzgebirgsflüsse, obwohl der Abfluss in deroberen Gottleuba bis zur Bahramündung unter dem von 1927 lag. Rückstau durch Eisenbahndamm in Pirna. Sachschäden im Gottleubagebiet auf 67 Mio. M geschätzt. In 24 Stunden mehr als 150 mmNiederschlag auf ein ca. 5 km2 großes Gebiet, max. Intensität mit 0,6 mm/min. (POHL, 1962; FÜGNER,1995; SMUL, 2002)

5.–6.7.1958 Hochwasser, geschätzter Schaden: 36 .... 50 Mio. M. (POHL, 1962)

Seidewitz, Zehista, Bahre

1533 Hochwasser in der Seidewitz. In Liebstadt Häuser zerstört. (MARX, 1966)

28.5.1617 Hochwasser der Seidewitz und der Biela. Große Schäden. (MARX, 1966)

2.8.1703 Hochwasser der Seidewitz. (POHL, 1962)

1804 Hochwasserschäden durch die Bahra und die Seidewitz (möglicherweise handelt es sich aber um die Bahre).(MARX, 1966)

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Anhang 3: Recherchierte historische Hochwasser im Untersuchungsgebiet (Basis: Pohl, 2003b)

Page 171: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

1858 Hochwasser der Seidewitz. (SCHWENKE, 2003)

31.7.1860 Erneutes Seidewitzhochwasser. Fast alle Stege und Uferbefestigungen wurden weggerissen. Unterhalbdes Schützenhauses Liebstadt Wasserstand eine Elle. Auf den Wiesen 300 Fuhren Steine (Geschiebe)abgelagert. (SCHWENKE, 2003)

1865,1887,1891 Hochwasser in Liebstadt mit geringen Schäden. (SCHWENKE, 2003)

30.–31.7.1897 Umfangreiche Hochwasserschäden. Brücken zerstört. Zugang durch das Tal nach Liebstadt nicht möglich.Militäreinsatz zur Rettung und Schadensbeseitigung (100 Mann kamen über die Berge aus Dresden nachLiebstadt). (WOLFF, 1897; SCHWENKE, 2003)

8.–9.7.1927 Hochwasserschäden in Liebstadt und in den Tälern. Anstiegszeit: 45 min. (SCHWENKE, 2003)

7.7.1939 Hochwasser im Seidewitztal. Gebäude zerstört. (PIRNAER ANZEIGER, 1939)

22.–23.7.1957 Hochwasser. Mühlenwehr in der Niederstadt von Liebstadt blockiert, so dass die Pirnaer Straße und an-liegende Gebäude unter Wasser standen. 1 Uhr nachts knietiefer schießender Abfluss in der Oberstadtvon Liebstadt. (SCHWENKE, 2003)

5.–6.7.1958 Hochwasser der Seidewitz. Böschungsrutschungen unterbrachen die Straßenverbindung nach Pirna.Geschiebeablagerungen. (SCHWENKE, 2003)

Müglitz, Weiße Müglitz, Rotes Wasser (= Rote Müglitz), Brießnitz

15.11.1552 Starkniederschläge mit Hochwasser im Müglitzgebiet. (MARSCHNER, 1927)

1618 Hochwasser der Müglitz und des Roten Wassers. Große Schäden, Bruch des Kunstteiches bei Altenberg/Geising. (MARX, 1966)

25.5.1679 Hochwasser nach Starkniederschlägen im Gebiet um Altenberg. Verluste von Menschen,Vieh und Schädenan Gebäuden. (MARX, 1966)

1609, 1694 Hochwasser der Müglitz. (UNSERE HEIMATSTADT GLASHÜTTE, 1939)

25.5.1697 Wolkenbruch bei Lauenstein. Große Hochwasserschäden. (MARX, 1966)

1701 Hochwasser der Müglitz. (LTV, 2003b)

2.8.1703 Hochwasser zerstört alle Brücken und überschwemmt Heidenau, Mügeln und Zschieren. (MARX, 1966)

2.5.1709 Steinerne Brücke an der Mühle bei Lauenstein vom Hochwasser zerstört. (MARX, 1966)

6.7.1715 Große steinerne Brücke zerstört. (MARX, 1966)

12.2.1723 Hochwasser der Müglitz. Hölzerne Brücke bei Lauenstein vom Hochwasser zerstört. (MARX, 1966)

1.1.1724 Hochwasser der Müglitz. (MARX, 1966)

9.5.1726 Hochwasser der Müglitz, Holzbrücke bei Lauenstein zerstört. (UNSERE HEIMATSTADT GLASHÜTTE, 1939)

1825,1827,1851 Hochwasser der Müglitz. (UNSERE HEIMATSTADT GLASHÜTTE, 1939)

29./30.7.1897 Hochwasser der Müglitz und zahlreicher Flüsse in Sachsen, Weesenstein verwüstet, 5 Häuser zerstört.Müglitztalbahn zerstört. Tagesniederschlag bei Lauenstein: 176 mm, QDohna > 200 m3/s, QGlashütte >150 m3/s.(DENKSCHRIFT DER STAATSREGIERUNG, 1928; CHEMNITZER TAGEBLATT, 1897c)

8.–9.7.1927 Wolkenbruchartige Niederschläge in weiten Teilen Sachsens (Vb-Wetterlage). Hochwasser der Müglitz. 34 Tote im Gebiet um Lauenstein. Sachschäden: 110 Brücken total zerstört, 160 beschädigt, 20 km Eisen-bahnstrecke zerstört, 6 Bahnbrücken zerstört, 60 km Fernsprechleitungen, 38 Wohngebäude,150 weitereGebäude zerstört. Schaden 70 Mio. RM, davon 6 Mio. an Flüssen. QDohna > 330 m3/s. Tagesniederschlagbei Lauenstein: 164 mm, Intensität bis zu 4,5 mm/min. (DENKSCHRIFT DER STAATSREGIERUNG, 1928;FICKERT, 1934; DDV, 2002; SMUL, 2002)

Sep. 1934 Schwere Niederschläge im Luchberggebiet. Hochwasserwelle der Brießnitz verursacht Zerstörungen inGlashütte. (BORNSCHEIN und POHL, 2003)

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Page 172: Ereignisanalyse - Sachsen€¦ · August 2002 Sturzfluten mit verheerenden Auswirkun-gen. Täler wurden überschwemmt, mit Schlamm und Ge-schiebe überfahren, Häuser, Straßen und

13.5.1948 Hochwasser im Gebiet der Müglitz, Gottleuba und Bahra. (POHL, 1962)

10.7.1954 Hochwasser der Müglitz. Hochwasser der linkselbischen Flüsse durch Starkniederschläge in ganz Sach-sen. Intensität geringer als 1927. QDohna > 140 m3/s. HqDohna = 718 l/skm2. (BÖER u.a., 1959)

22.–23.7.1957 Hochwasser der Müglitz, Vb-Wetterlage. Tagesniederschlag: 140 mm, max. Intensität: 40 mm/h. QDohna > 147 m3/s. (FÜGNER, 1995)

5.–6.7.1958 Hochwasser der Müglitz. QDohna > 163 m3/s. (SMUL, 2002)

Weißeritz (Rote, Wilde und Vereinigte Weißeritz)

962 „... es verursachte ein lang anhaltender mächtiger Schneefall, dem am 11. November plötzliches Tau-wetter folgte, eine furchtbare Flut in allen Bächen und Flüssen ...“ (DDV, 2002)

Juni 1445 Hochwasser, Großer Sachschaden in Dippoldiswalde im „Fischersdorf“ und in der „Viehweydergemeinde“.(PÖTZSCH, 1784; KNEBEL, 1918)

27.6.1498 Hochwasser an der Weißeritz in Dippoldiswalde und in Dresden am Abend des Siebenschläfertages.(PÖTZSCH, 1784; KNEBEL, 1918)

1530 Hochwasser der Weißeritz in der ersten Fastnachtswoche. (PÖTZSCH, 1784)

20.5.1538 Eintägiges Hochwasser mit sehr schnellem Anstieg. (PÖTZSCH, 1784)

1543 Hochwasser der Wilden Weißeritz. Schäden in Tharandt. (MARX, 1966)

25.5.1559 Hochwasser im Gebiet um Altenberg. Schäden an Mühlen und anderen Gebäuden. (MARX, 1966)

21.1.1582 Hochwasser in Dippoldiswalde, Dresden: Das Wasser drang vor dem Wilsdruffer Tore in die Fenster derdortigen Häuser Die meisten Holzbrücken zerstört, zahlreiche Höfe nicht erreichbar. (PÖTZSCH, 1784;KNEBEL, 1918)

Juli 1593 Große Weißeritzflut mit mindestens einem Todesopfer. (KNEBEL, 1918)

Winter 1595 „... schröckliche, hochschedliche Eysfart und Gewitter“. Mehrere Brücken in Dresden (über die Weißeritz)zerstört. (PÖTZSCH, 1786)

13.8.1598 Weißeritzhochwasser in Dippoldiswalde und in Dresden. Wilsdruffer Vorstadt unter Wasser. (PÖTZSCH,1784; KNEBEL, 1918)

14.1.1599 Hochwasser in Dippoldiswalde. Das Fischersdorf (Dresden) unter Wasser gesetzt. (PÖTZSCH, 1784;KNEBEL, 1918)

22.3.1607 Weißeritzhochwasser setzte die Viehweide unter Wasser. (MARX, 1966)

1611 Hochwasser der Roten Weißeritz zerstört viele Wehre. (KNEBEL, 1918)

28.5.1617 Weißeritzhochwasser. Zahlreiche Mühlen beschädigt. (KNEBEL, 1918)

März 1625 Weißeritzhochwasser nach achttägigen Regenfällen. (PÖTZSCH, 1784)

1629 Extremes Hochwasser. Die Vorstadt von Dippoldiswalde stand unter Wasser. Mindestens 2 Todesopfer.(KNEBEL, 1918)

3.1.1651 Weißeritzhochwasser nach starken Schneefällen und plötzlichem Tauwetter mit Eisaufbruch und Regen.Verstärkt durch Eisstau an der Mündung in die Elbe wurden die Wilsdruffer Vorstadt in Dresden, Bereichedes Churfürstlichen Gartens sowie das Fischer(s)dorf und die Viehweide 4 Tage lang „ziemlich hoch unterWasser“ gesetzt. Drei Tage lang Hochwasser in Dippoldiswalde. (PÖTZSCH, 1784)

3.–4.2.1655 Hochwasser durch Tauwetter und Regen. (PÖTZSCH, 1784)

25.5.1679 Wolkenbruch bei Altenberg führte zu Hochwasser in der Roten Weißeritz mit großen Schäden an Men-schen, Vieh und Gebäuden in Dippoldiswalde und Schmiedeberg. (MARX, 1966; KNEBEL, 1918)

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7.7.1692 Wolkenbruch bei Hermsdorf. Hochwasserschäden. (MARX, 1966)

2.12.1696 Eisstau der Weißeritz an der Churfürstlichen Untermühle in Dresden. Das Erdgeschoss der Häuser derWilsdruffer Vorstadt Dresdens eingestaut, so dass die Menschen aus den oberen Etagen mit Kähnen eva-kuiert werden mussten. (PÖTZSCH, 1784)

5.1.1697 Hochwasser der Weißeritz. (MARX, 1966)

15.1., 9.7., Hochwasser der Roten Weißeritz. Große Schäden in den Pochwerken und Erzwäschen, starke Geschiebe-1.–3.8.1700 ablagerungen. (KNEBEL, 1918)

1.8.1701 Hochwasser reißt in Schmiedeberg 5 Wohnhäuser und eine Pochmühle weg. (MARX, 1966)

3.8.1703 Hochwasser der Weißeritz zerstört Brücken. (MARX, 1966)

10.5.1706 Wolkenbruch hinter dem Churfürstlichen Kammergut „Korbitz“ bei Dresden. (PÖTZSCH, 1784)

1709, 1711 Hochwasser der Roten Weißeritz mit vielen Schäden. (KNEBEL, 1918)

30.6.1713 Hochwasser der Roten Weißeritz nach einem Wolkenbruch. Es entstanden „mannstiefe Löcher, Zer-reißungen der Wehre, Durchbrechung von Dämmen, Unterspülung der Straßen und Mühlgebäude“. (KNEBEL, 1918)

1724 Hochwasser der Roten Weißeritz. Fürstenweg beschädigt. (KNEBEL, 1918)

1729 Hochwasser der Weißeritz. Großer Schaden. (MARX, 1966)

5.–6.7.1732 Hochwasser der Roten Weißeritz. (KNEBEL, 1918)

20.12.1740 Hochwasser der Weißeritz. (MARX, 1966)

5.2.1746 Hochwasser der Roten Weißeritz mit Eisgang. Viele Brücken beschädigt oder zerstört. (KNEBEL, 1918)

1750, 1753 Hochwasser der Roten Weißeritz. (KNEBEL, 1918)

5.12.1767 Hochwasser der Roten Weißeritz, starker Geschiebetrieb. (KNEBEL, 1918)

4.4.1770 Hochwasser der Roten Weißeritz. Zerstörung der Mühlen und Pochwerke in Ulberndorf und Dippoldiswalde.(KNEBEL, 1918)

17.3.1771 Zahlreiche Brücken an der Roten Weißeritz beschädigt. (KNEBEL, 1918)

22.2.1799 Tauwetter und Regen. Schäden im Plauenschen Grund und in Dresden. Spechtritzmühle im RabenauerGrund und die Röthenbacher an der Wilden Weißeritz weggerissen. (PÖTZSCH, 1800; DEUTSCH, 1999)

1804 Gesamtes Tal der Roten Weißeritz überschwemmt. „Das trübe Wasser floss in Dippoldiswalde durch dasZahn’sche und das Nikolaivorwerk, hinter dem Gottesacker durch die Vorstadt, Keller und Erdgeschossefüllend“. (KNEBEL, 1918)

30.–31.7.1897 Die Weißeritz verließ in Löbtau ihr 1891/93 zugewiesenes neues Bett, mündete an der Marienbrücke/ Weißeritzstraße in die Elbe und setzte die Friedrichstadt und die Wilsdruffer Vorstadt unter Wasser. In Tha-randt alle Brücken zerstört. Im Rabenauer Grund 15 Bahnbrücken zerstört. In Deuben, Döhlen und Pot-schappel (heute Freital) zahlreiche Wohngebäude eingestürzt. 19 Todesopfer und hunderte Obdachlose. In Dresden stürzten die Brücken an der Würzburger Straße und an der Bienertstraße ein. Die alte Stein-brücke direkt an der Bienertmühle hielt den Fluten damals stand. Ein Flügel des im Bau befindlichenLöbtauer Rathauses durch Bruch der angrenzenden Ufermauer zerstört. Dammbruch am Weißeritz-mühlgraben in Dresden und Überflutung der Bahngleise. (DDV, 2002; KÖCKERITZ, 1993; CHEMNITZERTAGEBLATT, 1897a,b,c; SMUL, 2002)

Juli 1918 Hochwasser in der Wilden Weißeritz. (MARX, 1966)

8.–9.7.1927 Hochwasser in der Weißeritz. Durch Retention in der Talsperre Malter Schäden geringer als bei früherenEreignissen. Q > 350 m3/s. (DDV, 2002)

Mai 1941 Hochwasser der Weißeritz, Q > 66,1 m3/s (LTV, 2003d)

Feb. 1946 Hochwasser der Weißeritz, Q > 58,1 m3/s (LTV, 2003d)

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9.7.1954 Weißeritz verließ erneut in Löbtau ihr 1891/93 zugewiesenes Bett. Sie mündete an der Marienbrücke/ Weißeritzstraße in die Elbe und überschwemmte die Friedrichstadt und Wilsdruffer Vorstadt. Abfluss inDölzschen > 108 m3/s, Hq = 292 l/skm2, Geschiebeablagerung vor Mündung in Elbe. (BÖER u.a. 1959,SMUL, 2002; KÖCKERITZ, 1993)

23.7.1957 Hochwasser in der Weißeritz, Q > 47,9 m3/s. (LTV, 2003d)

5.–6.7.1958 Erneutes Hochwasser der Weißeritz, Q > 230 m3/s. (DDV, 2002)

20.7.1967 Hochwasser im Bereich Dippoldiswalde, Malter, Rabenauer Grund. (SMUL, 2002)

Dez. 1974 Hochwasser in der Weißeritz, Q > 50,6 m3/s. (LTV, 2003d)

9.–10.8.1981 Gewitterregen in der Nacht vom 9. zum 10.8. Hochwasser in und um Kipsdorf und Schmiedeberg. Hoch-wasserspitze in der Talsperre Malter vollständig gekappt. QSchmiedeberg > 50 m3/s. (DDV, 2002)

1.–6.8.1986 Hochwasser in der Weißeritz, Freiberger Mulde, Striegis, Flöha, Zschopau. (LTV, 2003d)

Wilde Sau

1865 Die Wilde Sau überflutet die Dresdner Straße in Wilsdruff. (POHL, 2003b)

1897 Hochwasser in der Wilden Sau. (HEERKLOTZ, 1905)

7.8.1905 Die Wilde Sau überflutet am 7.8.1905 Teile von Wilsdruff. Das Hochwasser von 1905 erreichte dabei dieAusmaße von 1897, teilweise wurden die Wasserstände von 1897 auch überschritten (HEERKLOTZ, 1905).

7.–13.7.1954 Die im Zeitraum vom 7.–13.7.1954 in Sachsen überdurchschnittlich starken Niederschläge führten aberauch hier zu Hochwasser (BÖER u.a., 1959).

1958 Nach Vergleich der Hochwassermarken von 1958 und 2002 kann angenommen werden, dass das August-hochwasser 2002 in der Wilden Sau vergleichbar mit dem Hochwasser von 1958 war (LTV, 2003d).

Triebisch

Feb. 1404 Hochwasser der Triebisch. Zerstörung von Brücken. (PÖTZSCH, 1786)

5.8.1413 Zeitgleich Hochwasser der Triebisch und der Elbe nach Starkregen im Meißner Gebiet. (PÖTZSCH, 1784)

1416 Hochwasser mit Zerstörung zahlreicher Holzbrücken. (LTV, 2003e)

22.7.1432 Großräumiges, 5 Tage lang andauerndes Hochwasser in Sachsen. In Meißen zerstört die Triebisch gegenMittag Teile der Stadtmauer und eine Brücke mit steinernen Pfeiler. (PÖTZSCH, 1784)

24.8.1471 Nach einem Wolkenbruch Hochwasser in der Triebisch und dem kleinen Flüsschen Meisa. ZahlreicheScheunen mit Getreide weggespült. Die Steine des Fundamentes der im Bau befindlichen Wolfgangkirchean der Meisa (nach der Meißen benannt sein soll) wurden von dieser weggerissen. 4 Arbeiter ertrankenin den Fluten. (PÖTZSCH, 1784, 1786)

12.8.1506 Hochwasser der Triebisch, viel Holztransport. (PÖTZSCH, 1786)

5.8.1508 Hochwasser der Triebisch mit Schäden in Flussnähe. (PÖTZSCH, 1786)

1572 Hochwasser der Triebisch, starke Erosionen. (LTV, 2003e)

5.5.1771 Hochwasser der Triebisch nach starken Regenfällen. (PÖTZSCH, 1784)

5.2.1776 Hochwasser der Triebisch mit Überschwemmung der Vorstadt von Meißen nach Eisaufbruch und Eisstauan der Mündung in die noch zugefrorene Elbe. (PÖTZSCH, 1784)

1826,1854,1867 Hochwasser der Triebisch. (LTV, 2003e)

30.–31.7.1897 Eines der größten Hochwasser vor 2002 im Triebischgebiet. Triebischbrücken zum großen Teil überströmtund wegen Einsturzgefahr gesperrt. Bahnanlagen im Triebischtal und die Talstraße sowie die Wettin-straße teilweise zerstört. Alle Holzbrücken und einige Steinbrücken zerstört. Sehr viel Treibzeug und Holzvon zerstörten Häusern, starke Seitenerosion, Geröllablagerungen auf Feldern. (Fügner 1995; SMUL, 2002;CHEMNITZER TAGEBLATT, 1897a,b)

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7.8.1905 Die Hochwasserstände von 1905 lagen dabei unter denen von 1897 (KÖNIGLICHE STRASSEN- UNDWASSERBAUINSPEKTION DRESDEN II, 1906).

1921 Hochwasser der Triebisch. (LTV, 2003e)

29.–30.4.1941 Heftige Regengüsse im Einzugsgebiet verursachen eines der großen Hochwasserereignisse in der Triebisch.Uferbefestigungen und die Bahnanlagen im Triebischtal wurden in Mitleidenschaft gezogen. Ein Todesopfer.(LTV, 2003e)

8.2.1946 Hochwasser der Triebisch, HWMunzig = 330 cm. (BÖER u.a., 1959)

9.7.1954 Hochwasser der Triebisch. (BÖER u.a., 1959)

1958 Hochwasser der Triebisch, Hochwasser in Garsebach 1 m weniger als 2002. (LTV, 2003e)

Ketzerbach

29.–30.4.1941 Erstmals ist im Ketzerbachgebiet das Hochwasserereignis vom Mai 1941 näher dokumentiert (LTV, 2003d)und als das bisher höchste bekannte beschrieben (AMT FÜR METEOROLOGIE UND HYDROLOGIE,1955). Von Zeitzeugen wird berichtet, dass Überflutungen und Schäden von 1941 dem Augusthochwasservon 2002 gleich kamen (LTV, 2003d).

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Impressum

Materialien zur Wasserwirtschaft 2004

Ereignisanalyse – Hochwasser August 2002

in den Osterzgebirgsflüssen

TitelbildMündung des Pöbelbaches in die Rote Weißeritz in Schmiedeberg am 13.08.2002Foto: Olaf Rentsch

Herausgeber:Sächsisches Landesamt für Umwelt und GeologieÖffentlichkeitsarbeitZur Wetterwarte 11, D-01109 DresdenE-Mail: [email protected] (kein Zugang für elektronischsignierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente)

Projektleitung:Heinz Gräfe, Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG)Dr. Christoph Hegg, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Land-schaft (WSL, Schweiz)

Projektkoordination: Petra Walther, LfUG, Landeshochwasserzentrum (LHWZ)

Redaktion:Petra Walther, LfUG, LHWZFranziska Schmid, WSL

Wissenschaftliche Bearbeitung:LfUG: Karin Bernhardt, Rainer Elze, Uwe Höhne, Antje Peter, Kristina Rieth,Petra WaltherLTV: Dr. Uwe Müller, Ulf WinklerWSL, Schweiz: Dr. Christoph Hegg, Franziska SchmidDEZA, Schweiz: Dr. Lukas Hunzinger, Konsulent

Die Studie basiert auf Gutachten folgender Institutionen und Firmen:– Deutscher Wetterdienst, Geschäftsfeld Hydrometeorologie, Berlin– TU Dresden, Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik

und Institut für Kommunikationswissenschaft Dresden– BCE GmbH, Erfurt– CDM Jessberger Leipzig GmbH, Leipzig– Chemnitz Dorsch Consult, Chemnitz– G.E.O.S. Freiberg Ing.-Ges. mbH, Freiberg– iproplan Planungsgesellschaft mbH, Chemnitz– Planungsgesellschaft Dr. Scholz mbH, Dresden– Prowa Ingenieure GmbH, Dresden– WASY GmbH, Dresden

Redaktionsschluss:Mai 2004

Gestaltung, Satz, Repro:c-macs publishingserviceTannenstraße 2, D-01099 Dresden

Druck und Versand:Saxoprint GmbHLingnerallee 3, D-01069 DresdenFax: 03 51/4921-102 (Versand)E-Mail: [email protected]

Auflage:2000

Bezugsbedingungen:Diese Veröffentlichung kann von der Saxoprint GmbH kostenfrei bezogenwerden.

Hinweis:Diese Veröffentlichung wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Sächsi-schen Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG) herausgegeben. Siedarf weder von Parteien noch von Wahlhelfern im Wahlkampf zum Zweckeder Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einerbevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendetwerden, die als Parteinahme des Landesamtes zugunsten einzelner Grup-pen verstanden werden kann. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschriftzur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.

Copyright:Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch diedes Nachdrucks von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sinddem Herausgeber vorbehalten.

Grundlagen:Topographische Karten 1:10 000, 1:50 000, 1:100 000, Übersichtskarte FreistaatSachsen 1:200 000 mit Erlaubnis des Landesvermessungsamtes Sachsen;Erlaubnis-Nr. 35/04-BJede Vervielfältigung bedarf der Erlaubnis des LandesvermessungsamtesSachsen.

Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Juli 2004

Artikelnummer: L II-1/26Das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie ist im Internet(www.umwelt.sachsen.de/lfug).Das Landeshochwasserzentrum ist im Internet(www.umwelt.sachsen.de/lfug/hwz).

Diese Studie wurde finanziert von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA, Schweiz).