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ERFAHRUNGEN MIT DER IMPLANTATION KCNSTLICHER LINSEN von H. HOFMANN (Graz) Mit einer Figur und VII Tabellen Die ersten Bemtihungen yon RIDLEY um einen kiinstlichen Linsener- satz liegen nunmehr 13 Jahre zuriick; 1951 hat er dariiber berichtet. Seine Methode, die ldinstliche Linse an die SteUe der natiirlichen zu setzen, war naheliegend und in optischer Hinsicht nicht zu iibertreffen, doch traten bekanntlich Schwierigkeiten hinsichtlich der Fixation und Vertfiiglichkeit auf, die der Anlass dafiir waren, kiinstliche Linsen in die Vorderkammer zu implantieren. STRAMPELLI (1954), APOLLONIO (1956), BIETTI (1955), SCI-IARF (1956), SCHRECK (1956) u.a. haben "starre" Vorderkammerlinsen entworfen. Beim Modell DANNHEIM (1957) handelt es sich hingegen um eine "elastische" Fixation. LIEB (1958) hat eine geringe Modifikation der Dannheimlinse angegeben. Eine neue Modifikation hinsichtlich der Befestigung kiinstlicher Linsen stellt das Modell yon BINKHORST (1959) dar, die sogenannte Irisclip- linse; sie reitet gewissermasser auf dem Pupillarrand. Als einen Vor- liiufer dieser Art k6nnte man die Kragenknopflinse yon EPSTEIN (1959) bezeichnen. In letzter Zeit befestigt STRAMPELLI (1958) eine Dannheim-Linse mit etwas 15~ngeren Schlingen (0 14 mm) direkt in der Sklera bei 12 und 6 h und hat damit gute Erfahrungen gemacht. Somit stehen heute zur Verfiigung (Fig. 1) : 1. Ktinstliche Linsen fiir die Fossa patellaris (RIDLEY, 1951) 2. Vorderkammerlinsen, und zwar : a. starre Modelle (STRAMPELLI (1954) u,a.) b. elastische Modelle (DANNHEIM, 1957), (LIEB-GUERRY, 1958) c. die Iriseliplinse nach BINKI-IORST, 1959) Wir haben in den letzten 5 Jahren fast ausschliesslich Vorderkam- merlinsen nach DANNHEIlVi implantiert und wollen hier unsere Erfah- rungen mitteilen. Von den 63 implantierten Linsen wurden 52 einwandfrei vertragen; 150

Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

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Page 1: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

E R F A H R U N G E N MIT D E R I M P L A N T A T I O N K C N S T L I C H E R L I N S E N

von

H. HOFMANN

(Graz)

Mit einer Figur und VII Tabellen

Die ersten Bemtihungen yon RIDLEY um einen kiinstlichen Linsener- satz liegen nunmehr 13 Jahre zuriick; 1951 hat er dariiber berichtet. Seine Methode, die ldinstliche Linse an die SteUe der natiirlichen zu setzen, war naheliegend und in optischer Hinsicht nicht zu iibertreffen, doch traten bekanntlich Schwierigkeiten hinsichtlich der Fixation und Vertfiiglichkeit auf, die der Anlass dafiir waren, kiinstliche Linsen in die Vorderkammer zu implantieren. STRAMPELLI (1954), APOLLONIO (1956), BIETTI (1955), SCI-IARF (1956), SCHRECK (1956) u.a. haben "starre" Vorderkammerlinsen entworfen. Beim Modell DANNHEIM (1957) handelt es sich hingegen um eine "elastische" Fixation. LIEB (1958) hat eine geringe Modifikation der Dannheimlinse angegeben. Eine neue Modifikation hinsichtlich der Befestigung kiinstlicher Linsen stellt das Modell yon BINKHORST (1959) dar, die sogenannte Irisclip- linse; sie reitet gewissermasser auf dem Pupillarrand. Als einen Vor- liiufer dieser Art k6nnte man die Kragenknopflinse yon EPSTEIN (1959) bezeichnen. In letzter Zeit befestigt STRAMPELLI (1958) eine Dannheim-Linse mit etwas 15~ngeren Schlingen (0 14 mm) direkt in der Sklera bei 12 und 6 h und hat damit gute Erfahrungen gemacht.

Somit stehen heute zur Verfiigung (Fig. 1) :

1. Ktinstliche Linsen fiir die Fossa patellaris (RIDLEY, 1951)

2. Vorderkammerlinsen, und zwar :

a. starre Modelle (STRAMPELLI (1954) u,a.)

b. elastische Modelle (DANNHEIM, 1957), (LIEB-GUERRY, 1958)

c. die Iriseliplinse nach BINKI-IORST, 1959)

Wir haben in den letzten 5 Jahren fast ausschliesslich Vorderkam- merlinsen nach DANNHEIlVi implantiert und wollen hier unsere Erfah- rungen mitteilen.

Von den 63 implantierten Linsen wurden 52 einwandfrei vertragen;

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Page 2: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

$TRA MPEL L I BA50N BIETTI $CIIWECK

BIETTI $CHARF AP, 2LLONIO CHOICE

BOBERG

,:.':r �9 rq

DANSHEIM

BOBERG

LIEB BARR~ #UL-R BINK//ORST

Fig. 1

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Page 3: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

davon haben 42 Patienten ein gutes oder sehr gutes Sehverm/Sgen er- langt (Tab. I). Unter den Fallen mit schlechtem Sehverm/Sgen linden

TABELLE I Gesamtresultate

Gut vertragen Visus 5/5-5/10 5/12-5/36 schlechter als 5/36 52 33 9 10

Schlechtvertragen Wurden entfernt 11

sich vorwiegend Kinder mit Aphakie nach vorausgegangenen Augen- verletzungen bzw. vorausgegangener Operation einer Cataracta conge- nita mit Amblyopie (Tab. II und IIa). Unsere Hoffnung, eine solche

TABELLE II Aphakie nach Verletzungen bei Kindern mit Amblyopie

Zahl 5 /15-5/36 3/60-1/60 Fingerzghlen

8 2 4 2

TABELLE IIa

Aphakie nach Cataracta congenita bei Kindern mit Amblyopie

Zahl 5/15-5/36 5/60 2/60 - Fingerz/ihlen

Amblyopie nach Implantation einer Vorderkammerlinse besser als frtiher beeinflussen zu kOnnen, hat sich nicht erfiillt. Wir haben in einigen Fallen eine besonders intensive Amblyopiebehandlung durch- gefiihrt, aber auch hier ohne Erfolg. Bei Kindern mit Aphakie n a c h Verletzung ohne Amblyopie war das erzielte SehvermSgen gut

(Tab. III).

TABELLE III Aphakie nach Verletzungen bei Kindern von 7-12 Jahre ohne Amblyopic

Zahl 5/3-5/5 5/10-5/12 Muskelgleichgewicht

normal nicht tiberprtift

5 4 1 2 3

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Page 4: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

Das Hauptindikationsgebiet fiir die Implantation einer Vorderkam- merlinse ist anerkanntermassen die einseitige Aphakie nach Verletzun- gen und in diesen Fallen sind die Resultate auch tatsgchlich befrie- digend (Tab. IV).

TABELLE IV

Vorderkammerlinsen nach Verletzungen bei Kindern ohne Amblyopie nnd bei Erwaehsenen

Zahl 5/3-5/5 5/6-5/8 5/10-5/12 Muskelgleichgewicht

normal nicht tiberprtift

19 11 5 3* 8 11

* In diesen 3 Fallen besteht noch eine stiSrende Nachstarmembran, deren Diszission vorgesehen ist.

In den meisten Fallen kann selbst nach 1anger zurtickliegenden Ver- letzungen und nach eingetretener St6rung des Muskelgleichgewichtes die normale, binokulare Sehfunktion wieder hergestellt werden. Bei einem 12-j~ihrigen Knaben wurde die Vorderkammerlinse nach DANN- HEIM nicht vertragen und eine Linse nach BINKHORST implantiert (Visus : - 1.5 sph. 5/5, + 1.5 sph. J ager I). In einem anderen Falle haben wir wegen Glask6rpers in der Vorderkammer eine Linse nach STRAMPELLI verwendet (Visus: 5/5, Jager I). Diese beiden Falle zeigen, dass ein starres Festhalten an einem einzigen Modell der Vorderkammerlinsen nicht zweckm~issig ist, sondern eine entsprechen- de Auswahl getroffen werden muss.

Ein weiteres Indikationsgebiet fiJr die Implantation einer Vorder- kammerlinse ist die einseitige hohe Myopie. Wir haben 6 E~lle operiert und konnten feststellen, dass die Vorderkammerlinse gut vertragen wird und fiir die Betroffenen grosse Vorteile hat (Tab. V). Bei gleich- zeitiger, geringer Myopie des Parmerauges ist die Angleichung des hSher myopen Auges an den Refraktionszustand des zweiten Auges zweckm~ssig. Im Falle 3 konnte auf diese Weise mit Brillenkorrektur normales stereoskopisches Sehen erzielt werden; der Patient hat als Ingenieur viel zu zeichnen und ist nun sehr zufrieden. Von besonderer Bedeutung ist auch die erhaltene Akkommodationsfiihigkeit solcher Augen. Die starkste Brechkraft der yon uns implantierten Vorderkam- merlinse betrug - 13.0 Dioptrien. Bei einseitiger hoher Myopie mit Amblyopie ist eine befriedigende Besserung des Zustandes natiJrlich

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Page 5: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

T A B E L L E V

Vorderkammerlinsen bei einseitiger hoher Myopie

Alter Visus vorher VK-Linse

3a re I - - 8.5 sph. li nicht durchf~ihrbar

24a re --7.0 sph. +1.5 cyl/75 ~ 5/15 li +0.25 sph. +0.5 cyl/90 5/5

21a re --11.0 sph. 5/5 li - - 4.5 sph. 5/4

Name Visus nachher

1 E.M. 5/25 Amblyopie

2 M.M. - - 7.0 sph. 5/12

3 S.S. - - 8.0 sph. --4.0 sph. 5/5

4 N.K. 7a re 5/5 li --13.5 sph. -t-4.0 cyl/90 2/24 --13.0 sph. 5/60, Amblyopie

I

5 C.A. 32a re --12.0 sph. ---4.0 cyl/180 5/12 --12.0 sph. --2.0 cyl]180 5/8 li - - 3.0 cyl/180 5/12

6 K.E. 41a re --10.0 sph. 5/12 --10.0 sph. 5]8 li - - 0.5 sph. --2.0 cyl/175 5/8

In den FNlen 2, 3, 5 und 6 normales stereokopisches Sehen.

nicht zu erwarten und die Implantat ion einer Vorderkammerl inse nicht zweckmgssig.

Einen Fall von zus~tzlicher Linsenimplantat ion mSchten wir noch

gesondert erw~hnen. Bei einem Patienten mit Marfan-Syndrom war die

Linse so stark subluxiert, dass er durch den aphaken Teil der Pupille

sehen kSnnte. Mit einer Vorderkammerl inse wurde ein Visus von 5 /8 , J~iger I erzielt.

Ein drittes, lohnendes Indikationsgebiet ist die Aphakie nach friih

erworbener ein- oder beidseitiger Katarakt ohne Amblyopie. Wi t haben

bei 2 Patienten auf einer Seite und in 3 FNlen beidseitig implantiert (Tab. VI). Die Resultate waren in allen FNlen sehr gut.

Weiter haben wir auch bei aphaken Patienten nach friihzeitig aufgetretener einseitiger Cataracta senilis eine Vorderkammerl inse im-. plantiert und einen Visus yon 5 /5 , bzw. 5 /8 erzielt. Solche F~ille

werden allerdings eine Ausnahme bleiben, da auch am 2. Auge mit einer Kataraktoperat ion zu rechnen ist und dann die iibliche Starbrille beniitzt werden kann.

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Page 6: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

T A B E L L E VI

Aphakie bei angeborener oder friih erworbener Katarakt

Name

K.E.

K.E.

St.G.

Sch.S.

L.H.

Geb. Dat.

1938

Diagnose

Cat. pulverulenta O.U.

Operation

Disz. li 1957 Kat. i.k. re 1958

VK- Linse

li 1958 re 1960

Visus

li 5/5, -1.0 sph. 5/4 re 5/8, -2.0 sph. 5/4

1935

1950

1942

1919

Cat. pulverulenta O.11.

Cat. cong. oAl.

Cat. cong. o.d.

Cat. compl.

Kat. e.k. re 1953 Disz. re 1954 Kat. i.k. li 1958

Disz. o.u. 1960 (re c.c. 5/24) (li c.c. 5/36) Disz. o.u. 1959 Ausspfilen yon Elschnig Kug. 1960

Disz. re 1953 c.c. 1/18 Ausspiilen yon Elschnig Kug. 1960 c.c. 5/8

Schieloperat. 1960

Disz. 1957 Aussptilen von Elschnig Kug. 1960 Schieloperat. 1961

re 1958

li 1961

bds 1958

re 1960

re 1958

re --1.0 sph. +0.75 cyl/60 5/5

li +1.5 sph. +2.0 cyl/110 5/5

re 5/24

li 5/18

re 5/8

li 5/6

re --2.75 sph. +0.5 cyl/90 5/6

re 5/60

re 5/8

re 5/6

In allen Ffillen normales Muskelgleichgewicht und stereoskopisches Sehen.

A l l e F~ille, in we lchen die V o r d e r k a m m e r l i n s e wieder en t f e rn t wer-

den muss te , sol len b e s o n d e r s ana lys ie r t w e r d e n (Tab . VI I ) . I n e i nem

der b e i d e n F~l le v o n A p h a k i e n a c h C a t a r a c t a c o m p l i c a t a b e s t a n d schon

n a c h der K a t a r a k t o p e r a t i o n e ine ger inge Kera topa th i e . Solche F~ille

s ind n a c h u n s e r e n heu t i gen E r f a h r u n g e n fiir e ine V o r d e r k a m m e r l i n s e

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Page 7: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

T A B E L L E V I I

Wieder entfernte Vorderkammerlinsen

Keratopathie Iridozyklitis Glaukom Enukleation

Cat. complicata 2 2 I

Heterochromie- I Katarakt 2 1 1

Cat. congenita 2 1 1 (1)

I Verletzungen !5 2 1 2 (1) k I 11 5 2 4 (2)

ungeeignet. Im 2. Falle blieb das Auge nach der Implantation der Vorderkammerlinse lange Zeit gereizt und schliesslich entstand eine Keratopathie, sodass die Linse entfernt werden musste. In beiden Fallen hat sich die Hornhaut nach Entfernung der Linse nicht wesent- lich erholt u n d e s musste wegen einer immer wieder auftretenden schmerzhaften Keratitis bullosa in beiden F~llen eine lamellierende Keratoplastik ausgefiihrt werden.

Auch F~ille mit Aphakie nach Heterochromie-Katarakt eignen sich in Ubereinstimmung mit den Mitteilungen in der Literatur anscheinend nicht gut fiir eine Vorderkammerlinse. In einem Falle kam es zu einer Keratopathie und wir haben die Linse 7 Monate nach der Implantation wieder entfernt. Die Keratopathie ist heute nur noch in der unteren H~ilfte der Hornhaut in geringem Ausmasse vorhanden und seit 3 Jah- ren statior~iir. Im 2. Falle trat eine Drucksteigerung auf, die, zwar nor- malisiert werden konnte, doch wurde die Linse auf Wunsch der Patien- tin wieder entfernt; diese Patientin hatte einen Visus yon 5/6, J~iger I. Sp~ter blieb der intraokulare Druck normal und das SehvermiSgen erreichte mit Starglas 5/3, J~ger I. In diesem Falle w~ire die Entfernung der Vorderkarnmerlinse nicht unbedingt notwendig gewesen.

2 F~ille von Aphakie nach Cataracta congenita waren, wie wir heute wissen, fiir ,eine Vorderkammerlinse ungeeignet. In dem einen Falle waren mehrere Diszissionen vorausgegangen und das Sehverm6gen war auf Lichtempfindung reduziert. Nach der Imolantation kam es zu Drucksteigerungen and sp~iter zu einer Keratopathie. Die Linse wurde entfernt und das Auge erholte sich anfgnglich wieder, sp~iter ging jedoch die Lichtempfindung verloren und das Auge musste enukleiert werden. Auch im 2. Falle bestand eine hochgradige Amblyopie. Nach der

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Page 8: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

Implantation kam das Auge nicht zur Ruhe; es bestand Lichtscheu und zeitweise trat eine leichte ziliare Injektion auf. Nach 2 Jahren wurde die Vorderkammerlinse entfernt.

Es folgen 5 F~ille yon Aphakie nach Verletzungen : In 2 F~llen war eine p erforierende Keratoplastik ausgeffihrt worden und das Sehver- mSgen erreichte mit Korrektur 5/8, bzw. 5/5, J:~iger I. Vielleicht ist das Auftreten einer Keratopathie in beiden F~illen auf eine erhShte Empfindlichkeit der Hornhaut nach Keratoplastik zuriickzuftihren. Seither haben wir nach vorausgegangener Keratoplastik keine Vorder- kammerlinse mehr implantiert. In einem weiteren Falle war nach der Operation einer Cataracta traumatica ein Irisprolaps aufgetreten und sp~iter ein Sekund~irglaukom. Die implantierte Vorderkammerlinse musste wegen der Drucksteigerung wieder entfernt werden. In einem weiteren Auge nach abgeheilter Skleralruptur und Fehlen eines grossen Teiles der Iris wurde die Vorderkammerlinse 3 Jahre gut vertragen, obwohl die Halteschlinge zum Teil der Hornhauthinterwand anlag. (Visus : 5/6, JSger 1). Schliesslich trat aber eine Keratopathie auf und wir haben die Linse wieder entfernt. Der letzte Fall dieser Gruppe war ein Auge nach perforierender Verletzung und Magnetextraktion eines intraokularen FremdkSrpers. Die Vorderkammerlinse ~urde 9 Monate nach der Verletzung implantiert und gleichzeitig eine vor- dere Synechie gelSst, wobei eine st~kere Blutung auftrat. Sp~iter ent- wickelte sich von der Hornhautnarbe ausgehend ein HornhautSdem, ausserdem trat eine Drucksteigerung auf und die Vorderkammerlinse wurde entfernt. Im Anschluss daran kam es zur Hypotonie und die Lichtempfindung ging verloren; wegen des chronischen Reizzustandes wurde das Auge s chliesslich enukleiert.

Die vers,chiedenen kiinsflichen Linsen

Bei jeder Linse ist das Hauptgewicht auf mSglichst genaue Anpassung zu legen, aber es ist nicht immer mSglich, den Durchmesser der Vor- derkammerlinse im Voraus genau zu bestimmen. Die meisten Operatem}e halten daher in jedem Falle 2-3 Linsen mit leicht variierendem Durch- messer zur Implantation bereit. Man kann auch knapp vor ErSffnung des Bulbus noch einmal nachmessen, bzw. die einzelnen Linsen zur Absch~itzung der Verh~iltnisse auf die Hornhaut auflegen. Jedenfalls ist auch ein unmittelbares Auswechseln einer bereits implantierten Linse ein zus~itzliches '"Trauma" und sollte vermieden werden. Anderer- seits wird eine zu kleine oder zu grosse Linse vom Auge nicht toleriert.

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Page 9: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

Entziindliche Reizzustande und Drucksteigerungen sind gew6hnlich die Folge. In erh/Shtem Masse gelten diese Schwierigkeiten fiir die Im- plantation bei vorhandener nattirlicher Linse.

Die elastische Linse nach DANNHEIM (1957), die wit in erster Linie verwenden, hat gegeniiber starren Linsen den Vorteil der leich- teren Anpassung. Bei myopen Patienten muss man besonders darauf achten, den Schlingendurchmesser nicht zu klein zu wahlen; die Ver- derkammer ist bier tier und der Hornhautdurchmesser gibt nicht den entsprechenden Wert an.

In einem Falle wurde eine DANNHEIM-Linse wieder enffent und eine Iriscliplinse (B!INKnORST, 1959) eingepflanzt; in einem anderen Falle hat sich bei der Implantation die Schlinge ge/Sffnet und die Operation wurde einige Wochen spiater wiederholt. Die Iriscliplinse hat den Vor- teil, dass der Kammerwinkel nicht beriihrt wird. Die Frage, ob die Iris, die ja standig in Bewegung ist, die reitende Linse auf die Dauer ver- tragt, ist allerdings noch often. Nach der Erfahrung yon B~NKHORST (1959, 1960) ware die Vert~aglichkeit gut. Die Iriscliplinse hat ferner den Vorteil dass sie etwas weiter yon der Horhaut abgeriickt ist als die sonst iiblichen Vorderkammerlinsen. Ihr Sitz ist jedenfalts optisch ahnlich giinstig wie bei der Rid!eylinse und ihre Zentrierung wird mehr oder weniger von der Iris besorgt. Als Nachteil wird die M6glich- keit einer Linsenluxation bei weiter Pupille angeNhrt. Wenn man jedoch daftir sorgt, dass in der ersten Zeit nach der Einpfianzung die Pupille nicht zu weit wird, kann man spiiter wahrscheinlich unbesorgt sein. Es bilden sich feine Verwachsungen mit den Halteschlingen, sodass die Linse ihre Lage nicht mehr wesentlich verandern kann. Der gr6sste Vorteil der Iriscliplinse scheint mir darin gelegen, dass der Kammerwinkel in keiner Weise bertihrt wird, zurnal wir in der Irrita- tion des Kammerwinkels die gr/Ssste Gefahr bei der Vorderkammer- linsen-Implantation erblicken. Auch SAUBERMANN (1959) ist der Auf- -fassung, dass der Sitz der Vorderkammerlinse im Kammerwinkel das Hauptproblem ist. Ftir die Korrektur bei der Myopie kommt die Iris- cliplinse allerdings nicht in Frage.

Auf die Vorderkammerlinse von CHOYCE (1959) sei noch hinge- wiesen, die im Prinzip der STRAMPELLI-Linse gleicht. Von diesem Modell kann man auch den "haptischen" Tell in verschiedenen Farben erhalten, abet auch den optischen Teil in Schwarz fiir Implantationen aus kosmetischen Griinden. Wesentlich erscheint die Implantation von Vorderkammerlinsen mit dunklem "haptischen" Teil bei albinotischen Augen mit Myopie.

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Ridleylinsen wurden an unserer Klinik noch vor Einfiihrung der Vorderkammerlinsen in 6 Fallen implantiert. Sie mussten in 4 Fallen wieder entfernt werden und in 2 Fallen kamen die Patienten nicht mehr zur Kontrolle. Seit 1944 verwenden wir keine Ridleylinse mehr.

Material

Grundsatzlich ,sind nur 2 Materialien in Verwendung, namlich Kunststoffe und Silikatglas (ScHRECK, 1956, EMMRICH, 1958). Nach Untersuchungen yon WOLLENSACK (1960) spielen bei Zustandekommen einer Keratopathie Substanzen, die aus dem Kunststoff in das Kammer- wasser diffundieren, eine Rolle. Er nimmt auch Wechselwirkungen zwischen Kunststoff und Desinfektionsl6sungen an. Die Untersuchung entfernter Kunststofflinsen ergab angeblich eine Arrosion solcher Lin- sen. Wir haben unsere 11, aus dem Auge entfernten Linsen mikrosko- pisch untersucht, konnten aber keine Vefiinderungen linden und auch das Gewicht war gegeniiber gleichartigen Linsen nicht verSndert. An der Spaltlampe konnten wir bei 40-facher Vergr6sserung auch bei nunmehr 5 Jahre liegenden Linsen keine Veranderungen sehen. Die Sterilisation und Aufbewahrung erfolgte anfangs in Dimethylaethyl- ammoniumchlorid 1 : 10.000; derzeit werden die Linsen mit UV-Licht sterilisiert (BINKrtORST, 1959) und in Aqua bidest, in zugeschmolzenen Ampullen steril verschickt. Sie k6rmen ohne Wiisserung implantiert werden. Die Halteschlingen der Linsen nach DANNrtEIM (1957) trod BINKHORST (1959) bestehen aus mehrfach gestrecktem Supramid in der Starke yon 0.1 ram. Ob diese Schlingen auf lange Sicht in der Vorder- kammer nicht doch angegriffen werden, ist noch fraglich. Bis jetzt wurden jedoch keine derartigen Beobachtungen yon uns gemacht. Bei Linsen aus Silikatglas treten nach EMMRm~ (1958) keine Veranderun- gen auf und diese Linsen haben den Vorteil der einfachen Sterilisation durch Kochen. Die Vorderkammerlinse von EMMRICH (1958) geh6rt zum starren System. Sie ist auch wesentlich s,chwerer als Klanststoff- linsen, aber leichter als die menschliche Linse (0.098 : 0.24) ode1: die Ridleylinse (0.116). Die Dannheimlinse ist 8-9 mg schwer, was einen Aufiagedruck im Kammerwasser yon 1 mg ergibt.

Optik

Die optischen Verh~iltnisse beim Sehen mit der Vorderkammerlinse hat erst kiirzlich BARTHELMESS (1959) eingehend dargestellt und er

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Page 11: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

hebt hervor, dass die Vorderkammerlinse dem Brillenglas und anch der Haftschale iiberlegen sei. Die Korrektur einer Anisometropie muss die Angleichung des Netzhautbildes an das andere Auge zum Ziele haben. EMMRICH (1958) hat fiJr die Linse nach STRAMPELLI (1954) die Abbildungsverh~ltnisse durchgerechnet und fiir das aphake Auge, das mit der Vorderkammerlinse korrigiert wird, nur eine 1.0198-fache Vergr6sserung des Netzhautbildes gefunden. Als besonders giinstig erweist sich in t3bereinstimmung mit BARTHELMESS (1959) die Her- stellung einer leicht myopen Refraktionslage. Erfahrungsgeln'~iss kann eine v/311ig genaue Korrektur nicht vorausberechnet werden und in vielen E~llen ist eine Zusatzkorrektur erforderlich. In Anbetracht dieser Tatsache ist das Anstreben einer geringen Myopie zweckm~tssig.

Operationstechnik und postoperativer Verlauf

Es muss vorangestellt werden, dass bei der Implantation yon Vor- derkammerlinsen ein m6glichst atraumatisches Operieren yon grosset Wichtigkeit ist. Nach einer Verletzung bzw. Operation soll mit der Implantation eJner Vorderkammerlinse gentigend lange (mindestens 3 Monate) gewartet werden. Die NarbenverhNtnisse an der Hornhaut sowie die VerhNtnisse im Kammerwinkel miissen genau bekannt sein, um zu entscheiden, ob eine Vorderkammerlinse in Frage kommt und welches Modell am zweckm~issigsten wiire. Bei der Implantation einer "starren" Linse ist das Operationstrauma gr~ser als bei Verwen- dung "elastischer" Linsen, auch der Schnitt muss etwas gr/Ssser ange- legt werden. Ob man die Lanze oder das Schmalmesser vorzieht, h~ingt von der gew~ihlten Lage des Schnittes und den technischen Mtiglich- keiten ab. Der Schnitt soll so gross sein, dass die Linse leicht implan- tiert werden kann. Immer sollte man aber einen Bindehautlappen pfitparieren und darunter die Wunde corneoskleral vern~ihen. Die Lage des Schnittes sollte so gewShlt werden, dass der bestehende Hornhaut- astigmatismus, der Zustand der Iris, etwaige Verwachsungen und das Verhalten des Glask6rpers Beriichsichtigung finden. Wir achten auf eine sorgfgltige Blutstillung. Namentlich beim Vorliegen einer Glas- k6rperhernie soll der intraokulare Druck mittels retrobulNirer Injek- tion, Diamox, i.v. etc. gesenkt werden. Wurde bei etwaigen vorausge- gangenen Operationen keine Iridektomie ausgefiihrt, dann soll auch ein basales Kolobom angelegt werden. Nach WOLLENSACK (1960) gehen die meisten Hornhautvefiinderungen vom Bereiche des Schnittes aus. Diese Beobachtung k6nnen wir nicht unbedingt best~itigen.

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Page 12: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

Bei Implantation einer Linse nach DANNHEIM (1957) machen wir nach vorheriger Oberfl~chenan~isthesie eine normale retrobulbgre Angsthesie mit 1 ccm 2 % igem Xylocain und Zusatz yon Hyaluroni- dase. Durch den Rectus sup. legen wir eine Ztigelnaht und machen den corneoskleralen Schnitt an der vorher bestimmten Stelle mit der Lanze oder dem Schmalmesser. Die Blutstillung wird mit der Diather- mienadel ausgefiihrt. Zur Implantation der Linse verwenden wir nur eine zarte anatomische Pinzette und keine Fiihrungsschiene oder fihn- liche Instrumente. Alle Manipulationen in der Vorderkammer sollen auf ein Mindestmass beschrgnkt werden. Beim Einschieben der Linse ist jede Schlingendrehung zu vermeiden; das Zurechtriicken der Linse gelingt am besten nach Naht der Wunde und Auffiillung der Vorder- kammer mit physiologischer NaC1-LSsung. Fiir die unmittelbare Fixa- tion der Linse ist das Auffiillen der Vorderkammer mit KochsalzlSsung oder Luft ebenfalls zweckm~issig und auch sp~itere Lagevefiinderungen einer passenden Vorderkammerlinse sind dann kaum zu befiirchten. Die Lage der Linse bzw. der Schlingen wird schon vor der Operation festgelegt und richtet sich nach den Verh~ltnissen in der Vorderkam- mer. In der Regel w~ihlen wit die vertikale Lage. Um die postoperativen Reaktionen mSglichst auszuschalten, haben wir alle vorhandenen the- rapeutischen MSglichkeiten versucht : Vorbehandlung mit Cortison per os, Einbringen von Cortison in die Vorderkammer (z.B. Ultracortenol), parabulNire Cortisoninjektionen bzw. allgemeine Nachbehandlung mit Cortison, Antihistamin und Butazolidin i.m. Es kSnnen aber trotzdem leichte Hornhauttrtibungen auftreten, die aber innerhalb yon 3-5 Tagen verschwinden sollen. In letzter Zeit geben wir postoperativ 3 Tage hindurch je 1 Ampulle Butazolidin i.m. und lokal Hydrocortisonsalbe mit einem Antibioticum.

Die gleichzeitige Staroperation und Implantation einer Vorderkam- merlinse ist abzulehnen. Anch die gleichzeitige LSsung vorderer Synechien ist nicht zweckm~issig. Postoperative Hornhanttrtibungen, die l~inger als 5 Tage anhalten, deuten auf eine Unvertriiglichkeit und in solchen Fiillen sollte die Linse friihzeitig wieder entfernt werden; je liinger man damit zuwartet, umso eher ist mit Verwachsungen zu rech- nen. Bei der ErSffnung des Bulbus fiir eine solche Operation ist darauf Bedacht zu nehmen, dass man mit der Weckerschere beide Halteschlin- gen erreichen kann. Das Entfernen einer starren Linse ist in der Regel nicht schwierig, weil hier nur fl~ichenhafte, stumpf tSsbare Verklebun- gen mit der Iris bestehen kSnnen, wiihrend die Schlingen der DANN- HEIM-Linse yon einem Gewebe eingehtillt werden, sodass diese Ver-

11. Docum. OphthaL XVI. 161

Page 13: Erfahrungen mit der implantation künstlicher linsen

wachsungen scharf durchtrennt werden mfissen. Die Entfernung einer DANNHEIM-Linse gestaltet sich daher nicht immer einfach. Im post- operativen Verlauf haben wit in den ersten Jahren gelegentlich einen l~ilageren zyklitischen Reizzustand gesehen, in den letzten Jahren jedoch nicht mehr. GASTEmER (1958) berichtet an Komplikationen bei der Implantation yon Vorderkammerlinsen fiber je einen Fall von Epithel- einwanderung, eine Infektion und einen Fall yon sympathischer Oph- thalmie mit guten Ausgang. Schliesslich sei noch auf die M/Sglichkeiten der Nachstaroperation nach Implantation einer Vorderkammerlinse hingewiesen. Elschnig-Kugeln, die sich auf der Membran entwickelt haben, k6nnen mit einer stumpfen Kanfile fortgespiilt werden, ohne die Membran zu perforieren, aber auch eine Nachstardiszission mittels Nadel oder Weckerschere kann bei liegender Vorderkammerlinse aus- geftihrt werden (HoFMANN, 1961).

Histopathologie nach Vorderkammedinsenimplantation

Histologische Untersuchungen yon Augen, die eine RmLEY-Linse erhielten, ergaben mehr oder weniger starke entztindliche Ver~nderun- gen (SMITH, 1956, RINTELEN ~; SAUBERMANN, 1956, FRANCOIS, RA- BAEY & EVENS, 1956). Die Haupffrage war schon immer, wie werden Kunststofflinsen im Augeninneren vertragen und diese Frage gilt auch fiir die Vorderkammerlinsen. Tierversuche an Kaninchen, Katzen, Hunden und Affen hatten erwiesen, dass keine schwereren Vefiinderun- gen auftreten; es wurde lediglich eine geringe lritis bzw. Cyclitis beob- achtet (FEDRIZZI, 1955, DE POLl & ROMAGNOLI, 1955, KING & SKEEHAN, 1957). ASI-ITON & CHOYCE (1959) haben zuerst fiber histo- logische Befunde in einem Auge, das eine Vorderkammerlinse nach SXRAMPELLI enthielt, berichtet. Bei dem Patienten war eine extra- kapsul~ire Kataraktoperation vorgenommen und ein Visus yon 6/6 mit Korrektur erzielt worden. Nach der Vorderkammerlinsenimplantation betrug der Visus 6/24. Histologisch wurde gefunden : ein teilweises Fehlen der Descemetschen Membran. Die Iriswurzel war nach flick- w~irts gedr:~ingt und mit dem Ziliark~Srper verwachsen. Dort wo die Vorderkammerlinse ihren Sitz hatte, war es auch zu einer Atropie des anliegenden Gewebes gekommen; auch eine geringe entziindliche Reaktion war vorhanden ! Die Makula zeigte ein zystoides Odem.

Bei der Histopathologie von Vorderkammerlinsen ist zu bedenken, dass tierexperimentell eine gute Vertfiiglichkeit von Kunststofflinsen gefunden wurde. An.menschlichen Augen ist zu beriicksichtigen, dass

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Verletzungen und Operationen verschiedenster Art und Technik vor- ausgegangen sind und man so Manches nicht der Vo~derkammerlinse zur Last legen kann. Meist ist es auch so, dass nur ungiinstige FNle zur histologischen Untersuchung kommen und die Entscheidung bei entziindlichen Ver~nderungen oft schwer ist, ob man sie tats~ichlich der Vorderkammerlinse anlasten kann oder nicht.

Indikationen

Die wichtigsten Anwendungsgebiete fiir die Vorderkammerlinse sind derzeit die einseitige Aphakie uncl die einseitige Myopie. Besonders nach Verletzungen Jugendlicher ist die Implantation einer Vorder- kammerlinse eine wertvolle M6glichkeit, dem Betroffenen wieder zu einem binokularen und stereoskopischen Sehen zu verhelfen. Die Hoff- nungl dass wir mit der Implantation yon Vorderkammerlinsen bei Kin- dern nach Verletzungen oder Cataracta congenita auch eine Amblyopie beeinflussen k.6nnten, hat sich nicht erfilllt. Wir milssen in solchen FNlen yon der Implantation einer Vorderkammerlinse abraten. Gutes SehvermBgen bi~det eine wichtige Voraussetzung filr eine sinnvotle Implantation einer Vofderkammerlinse. Far die Implantation bei ein- seitiger hoher Myopie ist der Visus in der Nghe entscheidend, der Fernvisus ist nach der Implantation der Vorderkammerlinse oft besser als mit einem korrigierendem Glas.

Andere E~lle m6chten wir vorlgufig als Ausnahmen ansehen. So kaml bei einseitiger Cataracta senilis oder Stoffwechselkatarakt auch einmal der Wunsch nach einer Vo~derkammerlinse erfiillt werden. Hat man nach einseitiger Entfernung einer beidseitigen jugendlichen Kata- rakt eine Vorderkammerlinse implantiert, ist man nach der Katarakt- operation des zweiten Auges praktisch gezwungen, ebenfalls eine Vor- derkammerlinse zu implantieren (siehe unsere 3 beidseitige Rille). In solchen E~llen mfissen daher die besonderen Umst~inde im vorhinein berficksichtigt werden.

Kontraindikationen

1. An erste Stelle steht das Glaukom. Der geringste Verdacht in dieser Richtung muss uns davon abhalten, eine Vorderkammerlinse zu implantieren. Eine seichte Vorderkammer, zahlreiche periphere vor- dere Synechien, bzw. ein teilweiser Verschluss des Kammerwinkels gehBren dazu. Wenn auch BARRAQUER (1957) zum Offenhalten des

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Kammerwinkels in einem Falle von malignem Glaukom eine Vorder- kammerlinse mit Erfolg implantiert hat, so ist das wohl ein Ausnahme- fall. Wit glauben, dass jedes Glaukom eine absolute Kontraindikation gegen die Implantation einer Vo.rderkammerlinse darstellt; ebenso Augen nach Glaukomoperationen.

2. Entziindliche Erkrankungen im Bereiche der Urea verbieten ebenfalls die Implantation einer Vorderkammerlinse. Auch bei Aphakie nach Heterochromie-Katarakt ist est ratsam lange zu warten, den intra- okularen Druck so~gfiiltig zu iiberpriifen und die Verh~iltnisse im Kammerwinkel genau zu untersuchen, bevor man sich zur Implantation einer Vorderkammerlinse entschliesst. Wir m6chten eher davon abraten. Eine fiberstandene Infektion nach einer perforierenden Verletzung schliesst jedoch die Implantation einer Vorderkammerlinse nicht aus. Nach iiberstandener sympathischer Ophthalmie wird aber griSsste Zu- fiickhaltung geboten sein.

3. Erkrankungen der Hornhaut : Auch eine Hornhautdystrophie ist eine absolute Kontraindikation. Das girt auch fiir Endothelerkrar~ktm- gen (z.B. Fuchsscher Enc~otheldystrophie), ausge,dehnte Hornhautnar- ben und eine vorausgegangene durchgreifende Keratoplastik. Vermut- lich ist die Hornhaut in solchen F~illen gegen mechanische und chemi- sche Sch~idigungen besonders empfindlich. Es wird jedoch in der Literatur fiber einzelne, gut vertragene Vorderkammerlinsen nach Keratoplastik berichtet. CnoYcE (1958) hat in einem Fall eine perfo- rierende Keratoplastik bei liegender Vorderkammerlinse ausgefiihrt. Es ware denkbar, dass die Vertr~iglichkeit fiir die Vorderkammerlinse bei Implantation vor der Keratoplastik besser ist. CASEY (1961) hat in England 5 aph~ke FRlle vorgestellt, bei denen vor der Keratoplastik eine Vo.rderkammerlinse implantiert wurde, i3ber Vorderkammerlinsen- Implantationen nach lamellierender Keratoplastik fehlen uns eigene Erfahrungen.

4. Eine umstrittene Gegenindikation ist ein Glask/Srpervorfall in die Vorderkammer. In solehen F~illen ist die DANNHEIM-Linse (1957) nicht gut geeignet; besser ist hier das Modell yon STRAMPELLI (1958). Bei der Operation muss daftir gesorgt werden, dass das Auge m~Sglichst hypoton wird; der Glask6rper kann dutch Injektion von Luft zurtick- gedr~ingt und dann die Linse implantiert werden. Wir haben die Er- fahrung gemacht, dass der Kontakt zwischen Glaski3rper und Vorder- kammerlinse gut vertragen wird. Es kann aber gelegentlich geschehen, dass der Glask6rper die Vorderkammerlinse aus ihrer regelrechten Lage verdr'ringt oder gegen die Hornhaut driickt und dadureh Komplikationen

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(Keratopathie) hervorruft. Wir ziehen es daher vor, eine Vorderkam- merlinse bei intakter Glask6rpergrenzmembran zu implantieren. Wit m6chten aber die Implantation bei Glask6rpervorfall in die Vorder- kammer nicht grunds~tzlich ablehnen.

Wenn eine dichte Nachstarmembran vorhanden ist und wir die Re- fraktion einigermassen kennen, ist es besser, zuerst die Vorderkammer- linse zu implantieren und erst sp~iter die Nachstardiszission durchzu- ftihren. Sp~ter vordrikngender Glask6rper verursacht weder an der Vorderkammerlinse, noch an der Hornhaut Ver~inderungen, ~ihnlich dem sekund~ren Einbruch von Glask6rper in die Vorderkammer aphaker Augen.

5. Augen nach schweren Verletzungen mit grossen Irisdefekten sind ftir die Vorderkammerlinse ebenfalls ungeeignet. Der Sitz tier Linse ist in solchen Egllen nicht gut und dies fiihrt meist zu Komplikationen.

6. Die Aphakie bei Kindern mit Amblyopie stellt zwar hinsichtlich der Vertrgglichkeit keine Gegenindikation dar, eine Besserung des Visus ist aber nicht zu erwarten. Es ist daher wenig sinnvoll, in sotchen F~illen eine Vorderkammerlinse zu implantieren. Ausgespochen abzu- lehnen ist aber die Implantation einer Vorderkammerlinse bei Aphakie nach Cataracta congenita mit Mikrophthalmie. Solche Augen vertragen einen zweiten Eingriff oft nicht gut. Bei Kindern muss die Indikation zur Vorderkammerlinsen-Implantation iiberhaupt vorsichtig gestellt werden. Dabei ist auch an das Wachstum des Bulbus zu denken und an die Schwierigkeiten bei der Wiederherstellung der Vorderkammer nach bulbuser6ffnenden Eingriffen.

Man daft nie vergessen, dass die Einpflanzung eines Fremdk6rpers in das Augeninnere einen schweren Eingriff darstellt, dessert Gelingen zum Teil yon nicht berechenbaren Faktoren abh~ngt. Wenn man aber alle angefiihrten Schwierigkeiten entsprechend berticksichtigt und eine strenge Auswahl trifft, wird man befriedigende Resultate erzielen und die Wiederentfernung von Vorderkammerlinsen weitgehend vermeiden k6rmen. CHOYCE (1958) hatte bei den ersten 100 F~illen 22 % ernste Komplikationen und bei den dritten 100 Fgllen 3 % Komplikationen. Auch wir haben seit 3 Jahren keine Linse mehr implantiert, die wir wieder entfernen mussten. Grunds~itzlich sollte jeder Operateur, der sich mit der Implantation yon Vorderkammerlinsen besch~ftigt, zu- n~ichst priifen, inwieweit die M6glichkeit einer ausreichenden Korrektur mit Brillengl~sern und Haftschalen besteht.

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Zusammenfassung

Es werden die Erfahrungen bei der Implantation von 63 Vorder- kammerlinsen innerhalb yon 6 Jahren mitgeteilt und die bekannten Modelle yon Vorderkammerlinsen sowie die operative Technik disku- tiert. Als Hauptindikationsgebiet erscheinen die einseitige Aphakie und die einseitige Myopie. Die wichtigsten Kontraindikationen sind intra- okulare Drucksteigerungen, Erkrankungen der Ho~nhaut, Entztindun- gen im Bereiche der Urea und eine bestehende Amblyopie. Bei ent- sprechender Berticksichtigung der gewonnenen Erfahrungen k6nnen gute Resultate erzielt werden.

R6sum6

Compte-rendu portant sur 1'implantation de 63 lentilles intracam6- rulaires durant 6 ans; les diff6rents types de lentilles sont d6crits et la technique d'implantation est discut~e.

L'aphakie et la myopie unilat6rales constituent les principales in- dications.

Les principales contre-indications sont le glaucome, les affections conn6ennes, les inflammations du tractus uv6al et l'amblyopie.

En tenant compte de l'exp&ience acquise, on peut espdrer obtenir de bons r6sultats.

Summary

The experiences of 63 implantations of anterior chamber lenses during a period of 6 years are recorded; the various types of artificial anterior chamber lenses are described and the technic of implantation is discussed. The main indications are unilateral aphakia and unilateral myopia. The main contraindications are glaucoma, corneal affections, inflammatory processes of the uveal tract, and amblyopia. Consider- ation of the gathered experiences warrants good results.

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