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Erfahrungen mit luftgekoppelter Ultraschallprüftechnik W. Hillger, Braunschweig DGZfP - Jahrestagung 2000, Innsbruck, Berichtsband 73, Band 2, S. 781-786 1. Zusammenfassung Eine attraktive Möglichkeit ist die Ultraschallprüfung mit Ankopplung über Luft oder - allgemeiner - Gas (Stickstoff, Kohlendioxid). Die Übertragung von Ultraschall über einen Luftspalt zwischen dem Probekörper und dem Prüfkopf ist jedoch wegen der großen akustischen Fehlanpassung zwischen Festkörpern und Gasen sehr ungünstig. Daher sind speziell angepaßte Prüfeinrichtungen (AirTech 4000) erforderlich. Wegen der frequenzabhängigen Schallschwächung in Luft werden Frequenzen unterhalb eines Megahertz eingesetzt. Trotz der ungünstigen physikalischen Randbedingungen lassen sich mit speziell optimierten Prüfeinrichtungen sehr gute Ergebnisse erzielen. Dieser Bericht beinhaltet den Einsatz der Luftankopplung für bildgebende Prüfungen, bei denen wegen des schnellen Abrasterns eine single-shot Auswertung erforderlich ist. Die Prüfungen mit Ankopplungen über Luft werden hauptsächlich in Transmission mit getrennten Sende- und Empfangsprüfköpfen an gegenüberliegenden Bauteilseiten durchgeführt. Anhand eines CFK- Bauteils mit einem Versteifungsbereich mit Nomex- Waben zeigten sich große Vorteile gegenüber der konventionellen Prüftechnik, da alle Bereiche mit einer Verstärkungseinstellung und einem Abrasten geprüft werden konnten. Die Anwendungen sind nicht auf eine zweiseitige Zugänglichkeit in Durchschallung beschränkt, sondern mit Lamb-Wellen ist häufig auch eine Prüfung mit einseitigem Zugang möglich. Hierzu wird über die Bindungsprüfung von Aluminium-Waben an einer Alu-Deckschicht berichtet. 2. Einleitung Seit etwa 10 Jahren finden sich zunehmend Veröffentlichungen über die berührungslose Ultraschallprüfungen mit Ankopplung über Luft [1]. Diese Prüfung ohne störendes Koppelmittel und ohne Ankoppelschwankungen entspricht dem Wunsch vieler Prüfer. Eine Alternative hierfür bietet nur die Lasertechnik, wobei die Anregung durch thermische Wellen und der Empfang über ein Interferometer erfolgt [2]. Die Laser-Technik hat jedoch gegenüber der Luftankopplung entscheidende Nachteile: Die Impulsfolgefrequenz ist auf unter 100 Hz beschränkt und die Mobilität ist durch die große und aufwendige Prüfeinrichtung eingeschränkt. Ferner sind die Investitionen um das 6- bis 10-fache höher als bei der Luftankopplung. Daher wurde als berührungsloses Verfahren die Ankopplung über Luft gewählt.

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Erfahrungen mit luftgekoppelter Ultraschallprüftechnik

W. Hillger, Braunschweig

DGZfP - Jahrestagung 2000, Innsbruck, Berichtsband 73, Band 2, S. 781-786 1. Zusammenfassung Eine attraktive Möglichkeit ist die Ultraschallprüfung mit Ankopplung über Luft oder - allgemeiner - Gas (Stickstoff, Kohlendioxid). Die Übertragung von Ultraschall über einen Luftspalt zwischen dem Probekörper und dem Prüfkopf ist jedoch wegen der großen akustischen Fehlanpassung zwischen Festkörpern und Gasen sehr ungünstig. Daher sind speziell angepaßte Prüfeinrichtungen (AirTech 4000) erforderlich. Wegen der frequenzabhängigen Schallschwächung in Luft werden Frequenzen unterhalb eines Megahertz eingesetzt. Trotz der ungünstigen physikalischen Randbedingungen lassen sich mit speziell optimierten Prüfeinrichtungen sehr gute Ergebnisse erzielen. Dieser Bericht beinhaltet den Einsatz der Luftankopplung für bildgebende Prüfungen, bei denen wegen des schnellen Abrasterns eine single-shot Auswertung erforderlich ist. Die Prüfungen mit Ankopplungen über Luft werden hauptsächlich in Transmission mit getrennten Sende- und Empfangsprüfköpfen an gegenüberliegenden Bauteilseiten durchgeführt. Anhand eines CFK- Bauteils mit einem Versteifungsbereich mit Nomex-Waben zeigten sich große Vorteile gegenüber der konventionellen Prüftechnik, da alle Bereiche mit einer Verstärkungseinstellung und einem Abrasten geprüft werden konnten. Die Anwendungen sind nicht auf eine zweiseitige Zugänglichkeit in Durchschallung beschränkt, sondern mit Lamb-Wellen ist häufig auch eine Prüfung mit einseitigem Zugang möglich. Hierzu wird über die Bindungsprüfung von Aluminium-Waben an einer Alu-Deckschicht berichtet. 2. Einleitung Seit etwa 10 Jahren finden sich zunehmend Veröffentlichungen über die berührungslose Ultraschallprüfungen mit Ankopplung über Luft [1]. Diese Prüfung ohne störendes Koppelmittel und ohne Ankoppelschwankungen entspricht dem Wunsch vieler Prüfer. Eine Alternative hierfür bietet nur die Lasertechnik, wobei die Anregung durch thermische Wellen und der Empfang über ein Interferometer erfolgt [2]. Die Laser-Technik hat jedoch gegenüber der Luftankopplung entscheidende Nachteile: Die Impulsfolgefrequenz ist auf unter 100 Hz beschränkt und die Mobilität ist durch die große und aufwendige Prüfeinrichtung eingeschränkt. Ferner sind die Investitionen um das 6- bis 10-fache höher als bei der Luftankopplung. Daher wurde als berührungsloses Verfahren die Ankopplung über Luft gewählt.

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Infolge der hohen Impedanzunterschiede zwischen Festkörpern (Piezoschwinger, Prüflinge) und Gasen (Luft) treten bei der Transmissionsprüfung Schalldruckabnahmen bis zu 150 dB auf [3]. Konventionelle Ultraschallprüfgeräte sind daher für Luftankopplung nicht geeignet. Vielmehr erfordert die Luftankopplung spezielle Prüfköpfe mit Anpassung für Luft [4, 5] und eine spezielle Gerätetechnik [6]. Wegen der frequenzabhängigen Schallschwächung in Luft liegt der Frequenzbereich unterhalb von 1 MHz. Die Prüfungen erfolgen mit separaten Sende- und Empfangsprüfköpfen meist in Durchschallung. Prüfungen mit einseitiger Zugänglichkeit lassen sich durch Wellenumwandlung in Schrägeinschallung mit Platten bzw. Lamb-Wellen durchführen [7]. 3. Prüfeinrichtung Für die Ultraschalluntersuchungen wurden fokussierte Prüfköpfe mit Frequenzen von 450 kHz und 250 kHz eingesetzt (Hersteller IZFP) [4, 5]. Der Fokusabstand in Luft beträgt etwa 50 mm. Der Sendeprüfkopf wurde mit einem Impedanzanpassnetzwerk ausgestattet, so dass sich ein Amplitudengewinn von etwa 15 dB ergab. Der in SMD-Technik aufgebaute Vorverstärker hebt das Signal um 50 bis 70 dB an (umschaltbar per Software) und sorgt für einen kleinen Ausgangswiderstand, damit die Kabellänge zum Prüfgerät unkritisch ist. Über das einpolig abgeschirmte Kabel läuft nicht nur das verstärkte Empfangssignal, sondern auch die Versorgungsspannung und die Einstellung der Verstärkung. Das Ultraschallprüfgerät AirTech 4000 ist auf PC-Karten aufgebaut und enthält einen quarzgesteuerten Burst-Sender (max. 1,2 kW Pulsleistung) zur Anregung, einen Empfangsverstärker mit Hüllkurven-Demodulator und eine ADC-Karte [6] . Das AirTech 4000 liefert A-, C- und D-Bilder. Die Prüfköpfe sind am Manipulator (500 mm x 500 mm Rasterfläche) mit einer U-förmigen Halterung für Transmissionsmessungen montiert. Für Prüfungen von einer Seite mit Lamb-Wellen wurde eine Halteplatte verwendet, auf der die Prüfköpfe für die V-förmige Anordnung justiert werden können. 4. Prüfbefunde 4.1 Durchschallungsprüfung eines komplexen CFK- Bauteiles Bild 1 zeigt die Durchschallungsprüfung eines CFK-Gewebe-Bauteils (ca. 240 mm x 340 mm) mit einer Dicke im Randbereich von 2,5 mm. Im mittleren Bereich befindet sich ein mit Nomex-Waben verstärkter Bereich, der beidseitig schräg bis zu einer Dicke von 21 mm zuläuft. Die Länge der schrägen Bereiche beträgt ca. 37 mm, der verstärkte Bereich mit paralleler Haut zur Unterseite ca. 110 mm. Der mit Nomex-Waben verstärkte Bereich enthält eine Delamination, die durch Schlag erzeugt wurde.

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Bild 1: Prüfung eines CFK-Bauteils mit komplexem Aufbau

Bild 2: C-Bild des Bauteils aus Bild 1

Bild 3: Echodynamik aus Bild 2

Mit konventioneller Ultraschallprüftechnik (Direkt- oder Wasserspaltankopplung) würde man den 2,5 mm dicken Bereich mit 5-10 MHz prüfen, ebenso die beiden Hautschichten des verstärkten Bereichs. Wegen der hohen Schallschwächung des Bereichs mit Nomex- Waben kann hier nur eine Frequenz von ca. 400 - 700 kHz eingesetzt werden. Die beiden schrägen Bereiche sind schwierig zu prüfen. Mit Ankopplung über Luft kann das gesamte Bauteil in Durchschallung mit einer konstanten Verstärkungseinstellung und einmaligem Rastern geprüft werden. Hierfür wurden 250 kHz - Prüfköpfe mit 50 mm Fokusabstand verwendet. Das C- Bild (Bild 2) stellt das Bauteil anschaulich dar: Infolge der kleinen Dämpfung ist der 2,5 mm dicke Bereich dunkel dargestellt (0 bis -6 dB). Längs der Schräge fällt die Amplitude von -6 dB bis auf -21 dB ab (vgl. auch Bild 3, Echodynamik, horizontal). Im Bereich der Nomex-Waben ändert sich die Amplitude periodisch zwischen -8 dB und -22 dB. Daher werden die Waben im C-Bild deutlich abgebildet. Im Bereich der Fehlstelle fällt die Amplitude auf -26 dB ab. Die Abbildung von Fehlstellen in den schrägen Bereichen des Probekörpers

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wurde noch nicht untersucht. Bemerkenswert ist, die Tatsache, dass aus den schrägverlaufenden Bereichen überhaupt auswertbare Empfangsamplituden auftreten. Bild 3 stellt die Echodynamik längs einer Zeile des C- Bildes im Bereich der Fehlstelle dar. Der Verlauf der Amplitude weist deutlich daraufhin, dass die Empfangsamplitude aus den unterschiedlichen Bauteilbereichen im Dynamikbereich des Ultraschallsystems liegt. 4.2 Prüfung mit Lamb-Wellen Infolge der zu langen Impulse ist eine Anwendung der Impuls-Echo-Technik noch nicht möglich. Um ein Bauteil trotzdem mit einseitiger Zugänglichkeit prüfen zu können, lassen sich Lamb-Wellen einsetzen, die durch Schrägeinschallung aus Longitudinalwellen erzeugt werden. Bild 4 zeigt die dafür notwendige V-förmige Anordnung der Prüfköpfe. In [7] wird die Theorie zur Generierung von Lamb-Wellen ausführlich beschrieben. Außer des gewünschten Wellenmodes, der Fehlstellen aus der gesamten Bauteildicke anzeigt, kommt es bei fehlerhafter Justierung auch zu unerwünschte Moden, wie z. B. zu Oberflächenwellen. Ferner kann bei der V-förmigen Anordnung auch die an der Bauteiloberfläche reflektierte Longitudinalwelle empfangen werden. Allerdings tritt hierbei wegen der kleinen Schallgeschwindigkeit in Luft eine wesentlich höhere Impulslaufzeit auf. Bild 5 zeigt ein A-Bild mit einem Maximum der gewünschten Lamb-Welle bei 250 µs. Bei 310 µs zeigt sich ein anderer Wellenmode und bei 400 µs die Reflexion der Longitudinalwelle an der Bauteiloberfläche. Mit einer Blende bei 250 µs wird nur das Echo der Lamb-Welle ausgewertet (nicht in Bild 5 dargestellt). Die Prüfung mit Lambwellen wurde erfolgreich zur Kontrolle der Verklebung von Aluminium - Waben an einer 0,5 mm dicken Alu - Haut eingesetzt. Das Prüfergebnis in Form eines C- Bildes zeigt Bild 6. Auf der linken Seite oben und bei y = 100 zeigen die weiß dargestellten Bereiche die Ablösungen deutlich an. Die aus dem oberen Bereich mit der Ablösung aufgenommene Echodynamik stellt im abgelösten Gebiet eine nahezu konstante Amplitude von -11 dB dar und im intakten Bereich eine periodisch schwankende von -14 bis -18 dB. 5. Literatur [1] Grandia, W. A.; Fortunko, S.M.:NDE Applications of Air-Coupled Ultrasonic Transducers, 1995 IEEE International Ultrasonic Symposium Seattle, Washington, Conf. Proc.,1995, S. 697-709. [2] J.-P. Monchalin, C. Neron : Laser-Ultrasonics for Inspection and Characterization of Aeronautic Materials, 7th ECNDT „NDT at Work“, Proceedings Vol 1, pp. 19-26 [3] Hillger, W., Gebhardt, W.; Dietz, M.; May, B. : Ultraschallprüfungen berührungslos mit Ankopplung über Luft- Illusion oder schon bald Realität?, DGZfP- Jahrestagung 1998, Berichtsband 63.1, S. 241-249.

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Bild 4: Anordnung zur Prüfung mit Lamb-Wellen

Bild 5: Typisches A-Bild bei Prüfung mit Lamb-Wellen

Bild 6: C-Bild mit Lamb-Wellen

Bild 7: Echodynamik aus Bild 6

[4] W. Gebhardt, W. Hillger, P. Kreier: Airborne Ultrasonic Probes: Design, Fabrication, Application, 7. ECNDT, Kopenhagen, 26-29 Mai, 1998 [5] Gebhard, W.: Einsatz von luftgekoppelten Ultraschall-Leistungswandlern in der ZFP, DGZfP- Jahrestagung 1999, Celle, Berichtsband 68, S. 55-62. [6] W. Hillger: AirTech - ein neues Ultraschallprüfsystem mit Ankopplung über Luft, DGZfP- Jahrestagung 1999, Celle, Berichtsband 68, S. 641-648. [7] M.Castaings and P.Cawley: The generation, propagation, and detection of Lamb waves in plates using air-coupled ultrasonic tranducers, J. Acoust. Am. 100 (5) Nov. 1996, pp. 3070-3077.

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