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1 Ergänzung zu meiner Böblinger Patientenverfügung: Vorbemerkung Der Arbeitskreis Sozialen Fragen der Ev. Kirchengemeinde Sindelfingen ist ein Ausschuss der Kirchengemeinde, der sich mit den unterschiedlichsten sozialen Fragen beschäftigt, Themen und Projekte anregt, umsetzt bzw. ins Gespräch bringt. Die Flut von Patientenverfügungen und die oft fehlende Orientierung für den Einzelnen, hat uns dazu veranlasst, uns mit der christlichen Patientenverfügung, der Böblinger Patientenverfügung, der Patientenverfügung des Landes Bayern und des Bundes auseinander zu setzten. Aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Kreisseniorenrat Böblingen, haben wir die „Böblinger Patientenverfügung“ (zu beziehen über den Kreisseniorenrat Böblingen) zur Grundlage genommen und haben diese ergänzt um Ergänzungen zur Böblinger Patientenverfügung einen Gesprächsleitfaden zu Wertevorstellungen Beispiel einer persönlichen und selbst verfassten Patientenverfügung Warum halten wir diese Ergänzung für notwendig? Krankheit, Leiden und Sterben sind zutiefst verunsichernde Lebenserfahrungen. Die Angst vor Hilfsbedürftigkeit, Schmerzen und Ungewissheit betrifft jeden Menschen - besonders auch die Angst, jede Kontrolle über das eigene Ergehen zu verlieren. Sterben bedeutet aber in der Regel, diese Kontrolle über sich selbst aus der Hand zu geben! Insofern wird es eine umfassende "Planungssicherheit" im Blick auf das eigene Sterben nicht geben können. Umso wichtiger ist es, die eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Wertevorstellungen mit den zu uns gehörenden Menschen zu besprechen. Wir müssen voneinander wissen, was uns wichtig ist "im Leben und im Sterben", damit wir einander gut begleiten und bei den letzten Fragen des Lebens gut miteinander umgehen und u.U. füreinander sprechen können. Von meinem Sterben bin ich nie nur allein betroffen. Immer werden auch andere Menschen davon betroffen sein - außer den Angehörigen und Freunden auch Ärzte, Pflegende, Seelsorgerinnen etc., die mit mir in den letzten Wochen und Tagen zu tun haben. Menschsein heißt vor allem In-Beziehung-sein. Unsere Beziehungen ändern sich je nach Lebenssituation. Auch meine Beziehung zu mir selbst kann sich ändern. Diese Erfahrung ist es vor allem, die uns zu dieser Ergänzung veranlasst hat. Eine Hilfe zu geben, die eigenen Wertevorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse herauszubekommen und festzuhalten, war uns wichtig. Im Anhang haben wir einen Fragebogen beigefügt, der sich unseres Erachtens für ein eigenes Nachdenken und das Gespräch mit vertrauten Menschen eignet. Die. aus praktischen Gründen, oft sehr kurz gehaltenen Patientenverfügungen lassen häufig keine eigenen Wahlmöglichkeiten bzgl. des Auftrags zur dialogischen Entscheidungsfindung

Ergänzung zu meiner Böblinger Patientenverfügung · Geistige und körperliche Behinderungen erschrecken mich nicht. Ich habe erfahren, dass auch in der Behinderung ein gutes, intensives

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Page 1: Ergänzung zu meiner Böblinger Patientenverfügung · Geistige und körperliche Behinderungen erschrecken mich nicht. Ich habe erfahren, dass auch in der Behinderung ein gutes, intensives

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Ergänzung zu meiner Böblinger Patientenverfügung: Vorbemerkung Der Arbeitskreis Sozialen Fragen der Ev. Kirchengemeinde Sindelfingen ist ein Ausschuss der Kirchengemeinde, der sich mit den unterschiedlichsten sozialen Fragen beschäftigt, Themen und Projekte anregt, umsetzt bzw. ins Gespräch bringt. Die Flut von Patientenverfügungen und die oft fehlende Orientierung für den Einzelnen, hat uns dazu veranlasst, uns mit der christlichen Patientenverfügung, der Böblinger Patientenverfügung, der Patientenverfügung des Landes Bayern und des Bundes auseinander zu setzten. Aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Kreisseniorenrat Böblingen, haben wir die „Böblinger Patientenverfügung“ (zu beziehen über den Kreisseniorenrat Böblingen) zur Grundlage genommen und haben diese ergänzt um

Ergänzungen zur Böblinger Patientenverfügung

einen Gesprächsleitfaden zu Wertevorstellungen

Beispiel einer persönlichen und selbst verfassten Patientenverfügung

Warum halten wir diese Ergänzung für notwendig? Krankheit, Leiden und Sterben sind zutiefst verunsichernde Lebenserfahrungen. Die Angst vor Hilfsbedürftigkeit, Schmerzen und Ungewissheit betrifft jeden Menschen - besonders auch die Angst, jede Kontrolle über das eigene Ergehen zu verlieren. Sterben bedeutet aber in der Regel, diese Kontrolle über sich selbst aus der Hand zu geben! Insofern wird es eine umfassende "Planungssicherheit" im Blick auf das eigene Sterben nicht geben können. Umso wichtiger ist es, die eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Wertevorstellungen mit den zu uns gehörenden Menschen zu besprechen. Wir müssen voneinander wissen, was uns wichtig ist "im Leben und im Sterben", damit wir einander gut begleiten und bei den letzten Fragen des Lebens gut miteinander umgehen und u.U. füreinander sprechen können. Von meinem Sterben bin ich nie nur allein betroffen. Immer werden auch andere Menschen davon betroffen sein - außer den Angehörigen und Freunden auch Ärzte, Pflegende, Seelsorgerinnen etc., die mit mir in den letzten Wochen und Tagen zu tun haben. Menschsein heißt vor allem In-Beziehung-sein. Unsere Beziehungen ändern sich je nach Lebenssituation. Auch meine Beziehung zu mir selbst kann sich ändern. Diese Erfahrung ist es vor allem, die uns zu dieser Ergänzung veranlasst hat. Eine Hilfe zu geben, die eigenen Wertevorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse herauszubekommen und festzuhalten, war uns wichtig. Im Anhang haben wir einen Fragebogen beigefügt, der sich unseres Erachtens für ein eigenes Nachdenken und das Gespräch mit vertrauten Menschen eignet. Die. aus praktischen Gründen, oft sehr kurz gehaltenen Patientenverfügungen lassen häufig keine eigenen Wahlmöglichkeiten bzgl.

des Auftrags zur dialogischen Entscheidungsfindung

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dem Umgang mit der Feststellung von möglichen Willensänderungen

der Differenzierung bzgl. der Wünsche zu Ernährung, Medikamentenversorgung und Wiederbelebungsmaßnahmen

dem Recht zum Aufschub/Bedenkzeit für enge Bezugspersonen im Blick auf eine Unterlassung oder Weiterführung von Hilfsmaßnahmen

Um dieses zu ermöglichen, haben wir die im Anhang befindlichen „Ergänzungen zur Böblinger Patientenverfügung“ entwickelt. Im Gespräch mit Ärzten wurde immer wieder deutlich, dass für manchmal schwerwiegende Entscheidungen am Krankenbett eine Persönliche Patientenverfügung, durch die die Persönlichkeit und Haltung des Betroffenen deutlich wird, die häufig beste Art einer Patientenverfügung ist. Sie gibt Angehörigen und Ärzte oft mehr Sicherheit, als vorgefertigte Patientenverfügungen, die Unsicherheiten über den Kenntnis- / Erkenntnisstand des Betroffenen zum Zeitpunkt der Erstellung der Patientenverfügung und deren Wirkung erzeugen. Da es schwierig ist, eine persönliche Patientenverfügung zu verfassen, haben wir ein Beispiel zur Orientierung/Anregung dargestellt. Für Ihre Auseinandersetzung mit diesem Thema wünschen wir Ihnen Offenheit, gute und verständnisvolle Gesprächspartner und nicht zuletzt auch Mut. Wir haben erlebt: Es macht das Leben reicher und vertieft unsere Beziehungen! Sindelfingen, den 08. Februar 2012 Ausschuss für soziale Fragen der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Sindelfingen

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Ergänzung zu meiner Böblinger Patientenverfügung

1. Der Auftrag zur dialogischen Entscheidungsfindung Ich möchte, dass meine Patientenverfügung als mein richtungsgebender Wille

verstanden wird, und die mich begleitenden Personen sich daran orientieren. Soweit möglich, bitte ich um eine Weiterführung des Dialogs mit mir und untereinander (auch mit Ärzten und Pflegenden!), um meinen aktuellen Willen wahrnehmen zu können und diesen soweit wie möglich mit meinen Wertevorstellungen, Ängsten und bisherigen Lebenshaltungen in Einklang zu bringen. (ersetzt Ziffer 4 der Böblinger Patientenverfügung!)

Nein, meine Patientenverfügung soll nur auf die beschriebenen Situationen

angewendet und ohne Änderung oder Ergänzung umgesetzt werden.

2. Meine Haltung zu möglichen Willensänderungen

Mein Wille im Blick auf die Festlegungen in meiner Patientenverfügung kann sich ändern. Ich möchte, dass Ärzte, Pflegepersonen und weitere Betreuungspersonen um ihre Einschätzung gebeten werden, ob mein Wille sich u.U. geändert hat – besonders, wenn meine Gesten, Blicke oder andere Äußerungen darauf schließen lassen könnten.

Eine abschließende Bewertung soll möglichst im Gespräch (Konsens) erreicht werden

soll mein behandelnder Arzt vornehmen steht nur der in meiner Gesundheitsvollmacht genannten Person zu steht nur ……………………………………………………………… zu. Nein, ich möchte nicht, dass eine Willensänderung im Blick auf die

Festlegungen in meiner Patientenverfügung vermutet wird. Meine Patientenverfügung soll so, wie sie von mir verfasst ist, umgesetzt werden.

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3. Differenzierung im Blick auf meine Ernährungs- und Medikamentenversorgung und auf Wiederbelebungsmaßnahmen

In der Böblinger Patientenverfügung sind unter Ziffer 1 vier verschiedene Zustände beschrieben, die ich differenziert behandelt haben möchte. Das Folgende ist eine Ergänzung zu Ziffer 2 und 3 der Böblinger Patientenverfügung! 3.1 Wenn ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde

wünsche ich künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr wünsche ich nur eine Minimalernährung wünsche ich die Einstellung meiner Ernährung – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Einstellung der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

wünsche ich keine Wiederbelebungsmaßnahmen

wünsche ich die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden

3.2 Wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Zeitpunkt noch nicht absehbar ist

wünsche ich künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr wünsche ich nur eine Minimalernährung wünsche ich die Einstellung meiner Ernährung – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können

(siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Einstellung der Ernährung

und Flüssigkeitszufuhr

wünsche ich keine Wiederbelebungsmaßnahmen

wünsche ich die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das

mittragen können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Absetzung aller Medikamente, die

zur Lebenserhaltung eingesetzt werden

Hinweis: Punkt 3.3 und 3.4 betreffen nicht nur den unmittelbaren Sterbeprozess

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3.3 Wenn ich infolge einer Hirnschädigung meine Fähigkeiten, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, unwiederbringlich verloren habe, auch wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist

wünsche ich künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr wünsche ich nur eine Minimalernährung wünsche ich die Einstellung meiner Ernährung – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Einstellung der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

wünsche ich keine Wiederbelebungsmaßnahmen wünsche ich Wiederbelebungsmaßnahmen

wünsche ich die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen

können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden

3.4 Wenn ich infolge eines weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses (z.B.

Demenzerkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüssigkeit auf natürliche Weise zu mir zu nehmen

wünsche ich künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr wünsche ich nur eine Minimalernährung wünsche ich die Einstellung meiner Ernährung – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können (siehe 4. Vetorecht) wünsche ich auf jeden Fall die Einstellung der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr

wünsche ich keine Wiederbelebungsmaßnahmen wünsche ich Wiederbelebungsmaßnahmen

wünsche ich die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden – nur sofern meine nächsten Vertrauenspersonen das mittragen können (siehe 4. Vetorecht wünsche ich auf jeden Fall die Absetzung aller Medikamente, die zur Lebenserhaltung eingesetzt werden

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4. Recht zum Aufschub / Bedenkzeit für eng verbundene Personen

Folgende Personen sind mir besonders nah und vertraut. Deshalb bitte ich sie untereinander und mit den behandelnden Ärzten und Pflegekräften im Gespräch zu bleiben und meine Wünsche zu unterstützen: ______________________________________ ______________________________________ ______________________________________ Sollte er / sie lebensverkürzenden Maßnahmen nicht oder noch nicht mittragen können, so sind diese vorerst zu unterlassen, bis ihr / ihm dies möglich ist. Ich bin mir im Klaren, dass ich dadurch u.U. länger zu leiden oder Einschränkungen hinzunehmen habe. Weil wir uns aber eng verbunden sind, wollen und müssen wir auch diesen Sterbe- und Leidensprozess gemeinsam - und jeder für sich - bewältigen. Ich weiß, dass ich den mir nahe stehenden Menschen vielleicht viel zumute, wenn ich sie ausdrücklich so eng in diese Entscheidungsprozesse mit einbezogen haben möchte. Ich sehe das aber als Ausdruck unseres bisherigen geteilten Lebens an - und bitte sie deshalb, diesen Dienst für mich auf der Grundlage unserer engen Verbundenheit zu tun. Sie entscheiden stellvertretend für mich, weil sie mich am besten kennen.

Nein, ein Recht zum Aufschub / Bedenkzeit für mir besonders vertraute

Personen möchte ich auf keinen Fall einräumen!

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Was mir wichtig ist, wenn ich an mein Lebensende denke - meine Wertevorstellungen -

Im Folgenden finden Sie Fragen für ein Selbstgespräch – und ein Gespräch mit vertrauten Menschen. Sie sollen helfen, sich selbst klar zu werden, was einem im Blick auf das eigene Lebensende wichtig ist. Die Fragen sind vor allem dazu gedacht, sie im Gespräch mit nahestehenden Menschen zu bedenken! Nur so können Sie davon ausgehen, dass man Ihre Gedanken, Sorgen, Ängste und Werte – Ihre Lebenshaltung – nachvollziehen und berücksichtigen kann.

1. Wie steht es mit meinem Lebenswillen?

Frage: Können Sie Ihr Leben rückblickend als erfüllt bezeichnen? Fühlen Sie sich „lebenssatt“ oder gibt es noch so etwas wie einen „Lebenshunger“? Würden Sie – wenn möglich - Ihr Leben anders führen, gibt es offene Wünsche oder Bedürfnisse?

Ich habe / hatte ein erfülltes Leben, habe keine Angst vor dem Tod. Wenn ich spüre, dass mein Leben zur Neige geht, bin ich zufrieden damit. Ich freue mich am Leben und an einer aktiven Teilhabe und bin immer

noch neugierig auf Vieles! Ich habe / hatte ein bewegtes Leben und spüre, dass ich noch auf eine

gute Entwicklung bei manchen Sachen (z.B. meiner Beziehungen) hoffe.

2. In welcher Beziehung stehen für mich Lebensqualität und Lebensdauer?

Frage: Ist Ihnen die Qualität Ihres Lebens wichtiger als die Dauer, die Sie noch zu leben wünschen? Oder ist es umgekehrt?

Ich möchte möglichst lange leben, auch wenn ich Einschränkungen

hinnehmen muss. Die erlebte Intensität / Qualität ist mir wichtiger als die Lebensdauer. Ich möchte möglichst lange leben – was „Qualität“ dabei ist, ändert sich

immer wieder Was bedeutet für mich Lebensqualität?

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3. Was bedeutet mir Abhängigkeit?

Frage: Haben Sie Angst, anderen zur Last zu fallen - oder sind Sie der Meinung, dass Sie sich getrost helfen lassen können?

Ich kann mir gut helfen lassen Ich habe Menschen, denen ich vertraue, und die – wenn nötig – gut für

mich sorgen und entscheiden können Ich möchte anderen nicht zur Last fallen und kann nur schwer Hilfe

akzeptieren Ich finde es furchtbar, wenn andere für mich sorgen müssen oder sogar

für / über mich entscheiden müssten!

4. Wie gehe ich mit leidvollen Erfahrungen um ?

Frage: Lassen Sie sich bei leidvollen Erfahrungen von anderen helfen - oder versuchen Sie, alles allein zu regeln und mit sich selbst auszumachen?

Bei leidvollen Erfahrungen kann ich gut die Hilfe und den Rat anderer

annehmen und bin froh darüber, Unterstützung zu bekommen. Bei leidvollen Erfahrungen bin ich mit anderen Menschen in Kontakt und

kann mich mitteilen, mache aber letztlich die Angelegenheiten mit mir selbst aus.

In der Regel mache ich auch bei leidvollen Erfahrungen die Dinge nur mit mir selbst aus.

5. Was bedeutet mir Behinderung durch Krankheit und Alter?

Frage: Wie wirken Behinderungen anderer Menschen auf Sie?

Geistige und körperliche Behinderungen erschrecken mich nicht. Ich habe erfahren, dass auch in der Behinderung ein gutes, intensives Leben möglich ist.

Körperliche und geistige Behinderungen sind natürlich eine Einschränkung und Belastung – sie lassen aber ein gutes und intensives Leben noch zu.

Geistige Behinderungen durch Demenz erlebe ich als große Belastung und hoffe, dass mir diese erspart bleiben.

Die schlimmste Behinderung, die mich treffen könnte, wäre _____________________________________________________________

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6. Was bedeuten mir Beziehungen und Freundschaften ?

Frage: Welche Rolle spielen Freundschaften und Beziehungen zu anderen Menschen in Ihrem Leben?

Ich bin stark verwurzelt in meiner Familie und meinem Freundeskreis und habe auch schwierige Zeiten mit ihnen geteilt

Ich lebe in guten Beziehungen. Wenn es mir schlecht geht, ziehe ich mich aber eher zurück.

Ich bin gern allein und fühle mich dabei nicht gleich einsam. Ich lasse andere Menschen nicht gerne nah an mich heran. Ich wünsche

mir immer eine gute Distanz zu anderen.

7. Wie stelle ich mir meine Versorgung im Pflegefall vor?

Frage: Können Sie sich vorstellen, professionelle ambulante Hilfen zu beanspruchen? Einmal in einem Pflegeheim versorgt zu werden? Oder am Ende in einem Hospiz? Oder erwarten Sie von Ihren Angehörigen bis zum Schluss gepflegt zu werden?

Wenn möglich, möchte ich bis zum Schluss zuhause leben. Sollte es aber zu beschwerlich für mich oder die Anderen werden, kann ich

mir vorstellen, auch in einer Einrichtung zurecht zu kommen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, einmal unter fremden Menschen in

einem Heim zu wohnen. Ich kann mir vorstellen, dass das Wohnen in einem Heim eine Entlastung

für mich und meine Angehörigen sein kann. Ich möchte lieber dort gut aufgehoben sein, als meiner Familie zu große Mühe zu bereiten.

8. Wie ist meine religiöse Einstellung?

Frage: Welche Rolle spielt die Religion in Ihrem Leben? Welche Rolle spielt sie

in Ihren Zukunftserwartungen - auch über den Tod hinaus? Ich bin tief verwurzelt in meinem Glauben und weiß um die Auferstehung

der Toten Ich weiß, dass ich im Leben und im Sterben in Gottes Hand bin

und den Weg geführt werde, den er mir bestimmt Der Zeitpunkt meines Todes wird von Gott bestimmt – das liegt

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nicht in der Hand von Menschen oder noch so guter Medizin Ich glaube nicht, dass es einen Gott oder ein Leben nach dem Tod gibt. Ich glaube, dass es eine höhere Macht gibt, in der mein Leben aufgeht. Mir wäre eine seelsorgerliche Begleitung für mich und meine Angehörigen

wichtig.

9 Was soll mit mir nach meinem Tod geschehen?

Frage: Habe ich Wünsche für den Umgang mit meinem toten Körper?

Nein – mir ist es egal, was nach dem Tod mit meinem Körper geschieht. Das sollen meine Angehörigen entscheiden wie sie wollen. Ich würde gerne nach meinem Tod zuhause solange wie möglich

aufgebahrt werden. Man soll meinen Körper so schnell wie möglich vom Bestatter holen

lassen. Mir ist es sehr wichtig, dass mit meinem toten Körper gut und würdevoll

umgegangen wird. Ich möchte, dass mein Körper nach dem Tod verbrannt wird. Ich möchte, dass mein Köper in einem Erdbegräbnis bestattet wird. Ich möchte in einem Friedwald bestattet werden. Ich möchte ein christliches Begräbnis. Ich möchte eine weltanschaulich neutrale Bestattungsfeier. Ich möchte gerne festlegen, wie mein Begräbnis gestaltet werden soll

(Lieder / Musik / Texte / usw.). Wie mein Begräbnis gestaltet wird, überlasse ich ganz meinen

Angehörigen.

Quelle und Anregungen für diese Fragen sind aus 1. Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter. Hrsg: Bayerisches Staatsministerium für Justiz 2. Borasio: Über das Sterben; Beck-Verlag; 978 3 406 61708 9 3. Klie / Student: Patientenverfügung – So gibt Sie Ihnen Sicherheit; Kreuzverlag;

978 3 451 61067 7

Psalm 90, Vers 12:

„Herr, lehre mich bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass

wir klug werden.“

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Beispiel einer persönlichen Patientenverfügung Max Beispiel Stiftsstrasse 4 71063 Sindelfingen Meine Wertvorstellungen und Patientenverfügung Wie vielen Menschen fällt es mir schwer, aus heutiger Sicht eine Patientenverfügung zu verfassen, die sich auf Situationen bezieht, die ich selbst noch nicht erlebt habe und so nicht weiß, wie ich mich in dieser konkreten Situation entscheiden würde. Natürlich will ich nicht leiden, jahrelang vielleicht in weiten Teilen fremdbestimmt versorgt werden und mit physischen, psychischen oder kognitiven Einschränkungen, die zu einer Persönlichkeitsveränderung führen, leben müssen. Ich habe und hatte ein gutes Leben und ich lebe gern. Ob dies auch noch bei deutlichen Reduzierungen so ist, weiß ich nicht. Mein Leben ist für mich ein Geschenk Gottes, wofür ich dankbar bin, aber auch eine Verpflichtung. Die Verpflichtung spüre ich im Hinblick darauf, dass ich meine Gaben und Fähigkeiten leben und genießen darf und soll, aber auch mit anderen Menschen teilen will und soll. Zugleich weiß ich, dass mein Leben begrenzt ist. Dabei kommt es nicht auf die Länge an. Tatsächlich - für mich ist nicht wesentlich, ob ich noch einen Tag oder 40 Jahre vor mir habe. Dies klingt anmaßend und wenig realistisch, da jeder spürt, dass diese Haltung sich schnell verändern kann, wenn der Tod vor der Tür steht. Natürlich will ich leben, um mit meiner Frau, meinen Kindern, meiner Familie und Freunden viele schöne Stunden verbringen zu können und das Leben gemeinsam zu meistern. Natürlich will ich meine potenziellen Enkel kennenlernen und mit ihnen ein Stück Leben zu teilen. Natürlich will ich Musik hören, reisen, lesen, wandern, zuhören, gehört werden … Und doch: mein Leben ist begrenzt und dies akzeptiere ich. Ich weiß, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, dass mein bisher gelebtes Leben in Teilen in den mich umgebenden Menschen weiter wirkt. Nichts wird verloren sein. Ich möchte nicht, dass mein Sterbeprozeß hinaus gezögert wird, dass im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit, selbst wenn der Todeszeitpunkt nicht absehbar ist, lebenserhaltende Maßnahmen vorgenommen werden. Die Segnungen der Medizin können hier auch zum Fluch werden. Lasst mich in so einer Situation gehen! Stellt die Medikamentengabe ein, hört auf mit der Sondenernährung, der Flüssigkeitsgabe und anderen lebenserhaltenden Maßnahmen. Unterlasst bitte Wiederbelebungsmaßnahmen. In diesen Situationen hoffe ich auf lindernde pflegerische und medizinische Maßnahmen, auch wenn dies meine Lebenszeit verkürzt. Lasst mich, wenn möglich, nicht leiden und lasst mich gehen. Viel schwieriger sind die Situationen, in welchen der Tod nicht unmittelbar oder absehbar vor der Tür steht,

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wenn z.B. infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung der Ärzte aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist oder

wenn ich infolge eines sehr weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüssigkeit zu mir zu nehmen,

hänge ich nicht mehr an meinem Leben und wird ein Sterben für mich Erlösung sein. Unterlasst die Medikamentengabe, soweit diese nicht lindernd wirkt und andere lebenserhaltende Maßnahmen. Allerdings spüre ich, dass ich weder von meiner Frau noch von meinen Kindern, Ärzten, Pflegerinnen und Pfleger und anderen Menschen verlangen kann, mir Essen und Trinken nicht zu geben. Sollte diesen Menschen es möglich sein, z.B. die Sondennahrung einzustellen, die Flüssigkeitszufuhr zu unterlassen, bin ich dafür von Herzen dankbar und übernehme hierfür die Verantwortung. Ich weiß, dass man mein Erleben in diesen Situationen nicht eindeutig einschätzen kann und ich nehme bewusst in Kauf, dass ich dadurch früher sterben werde. Die Vorstellung aus heutiger Sicht, jahrelang fremdbestimmt, unselbständig und massiv reduziert leben zu müssen, ist für mich schrecklich. Gleichzeitig weiß ich, dass ich nicht das Recht habe, meinem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen. Sollten meine Frau und meine Kinder den Eindruck haben, dass ich trotz reduziertem Zustand glückliche Momente habe, dann bin ich mit Hilfsmaßnahmen einverstanden. Grundsätzlich erwarte ich, dass mein in dieser Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachter Wille von allen zuständigen Personen geachtet und umgesetzt wird. Sollte jemand damit überfordert sein, sucht, wenn möglich, bitte nach jemandem, der meinem Willen entsprechen kann. Vetorecht: Meine Frau und meine Kinder bitte ich, meinem Willen zu entsprechen und dies zu unterstützen. Sollte meine Frau lebensverkürzenden Maßnahmen nicht oder noch nicht zustimmen können, so sind diese zu unterlassen, bis ihr dies möglich ist. Ich bin bereit auch länger zu leiden oder Einschränkungen hinzunehmen. Wir haben unser Leben gemeinsam gemeistert und müssen dies deshalb auch im Sterbe- und Leidensprozeß gemeinsam (und auch jeder für sich) tun. Natürlich sterbe ich, aber mit mir auch die Zukunft unserer Beziehung. Die Einschätzung, ob sich mein hier dargelegter Wille verändert hat und die beschriebenen Maßnahmen unterbleiben sollen, steht nur meiner Frau und meinen Kindern zu. Sie benötigen die Beratung und Unterstützung von Ärzten und Pflegern. Herzlichen Dank dafür! Liebe Erika, lieber Andreas und liebe Johanna, ich hoffe, dass Ihr Euch nie mit diesen Fragen bzgl. meiner Person auseinander setzen müsst. Sollte dies trotzdem der Fall sein, müsst Ihr wissen, dass egal wie Eure Haltungen, Einschätzungen und Entscheidungen sein werden, gut sind. Ihr könnt nicht die letztliche Verantwortung übernehmen. Diese liegt bei mir und ich werde mit meinem Gott darüber sprechen. Er kennt mich und ich gehe zu ihm. Sindelfingen, den 16. März 2012