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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5 Jahre 1964/65 JSA CSSR/Polen Camp Camp Reise nach Pyongyang Freizeitgestaltung etc. Adj Uof Rüegger Max Adj Uof Rüegger Max 1/56 November 2000

Erinnerungen eines Koreafunkers - htc.ch Doku/Erlebnisse Funker/Korea_5_JSA_CS... · Jahre in der RS auszutragen hatten. Der einzige Unterschied war die Farbe, die nordkoreanischen

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

Erinnerungen eines Koreafunkers

Teil 5

Jahre 1964/65 JSA

CSSR/Polen Camp Camp Reise nach Pyongyang

Freizeitgestaltung etc.

Adj Uof Rüegger Max

Adj Uof Rüegger Max 1/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ................................................................................................................................... 3 2 JSA (Joint Security Area)........................................................................................................... 5

2.1 MAC Meetings...................................................................................................................... 12 2.2 NNSC Meetings ................................................................................................................... 14

3 Die polnische und tschechoslowakische Delegation NNSC .................................................... 16 3.1 Das Camp der polnischen und tschechischen Delegationen NNSC.................................... 17 3.2 Tauschhandel oder "der kleine Grenzverkehr"..................................................................... 22

4 Reise nach Pyongyang............................................................................................................ 24 5 Freizeitgestaltung in Korea ...................................................................................................... 34

5.1 Wochenend-Ausflüge........................................................................................................... 34 5.2 Sonntagsvergnügen an einem koreanischen Bergsee ........................................................ 37 5.3 Reisen "the Korean Way"..................................................................................................... 40 5.4 LST 399 - Landing Ship Tank .............................................................................................. 44

6 Einsatz als diplomatischer Kurier............................................................................................. 49 6.1.1 Tachikawa AFB (Air Force Base).................................................................................. 50 6.1.2 Das "Dai-Ichi" Hotel ...................................................................................................... 53 6.1.3 Spezial-Taggeld für Kurierdienst................................................................................... 54 6.1.4 Die Einteilung des Kurierdienstes ................................................................................. 56

Adj Uof Rüegger Max 2/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

1 Einleitung Lieber Leser, im Frühjahr 2000 informierte der Schweizerische Korea-Verein darüber, dass in der Eidg. Militär-bibliothek eine Bilddokumentationssammlung über Panmunjom-Korea aufgebaut wird und Fotos und andere Memoiren, die die Tätigkeit der Swiss Delegation der NNSC (Neutral Nations Supervisory Commision) in Panmunjom Korea dokumentieren, gesucht werden. Dieser Aufruf hat mich dazu veranlasst meine Erinnerungen an meine Zeit als Koreafunker, sowohl auf dem Waffenplatz der Übermittlungstruppen in Bülach wie auch anschliessend in Panmunjom Korea, zusammenzufassen. Zuerst war es meine Absicht den damaligen Funkdienst sowie die technischen Einrichtungen des Camps in Panmunjom zu beschreiben. Zu guter Letzt sind es nun 6 Berichte geworden, die das damals von mir Erlebte festhalten. Eine Einheit wie die Schweizer Delegation NNSC in Panmunjom Korea, die nun bereits 47 Jahre existiert, ist kein homogenes Gebilde. Sowohl die Zusammensetzung der Delegation, wie auch das Camp in Panmunjom und die Sitten und Gebräuche wie man etwas tat haben sich mit Sicherheit dauernd verändert. Ich möchte ganz klar zum Ausdruck bringen, das was ich zu Papier gebracht habe, das sind meine Erlebnisse, so wie ich sie als 22/23 jähriger Korporal in den Jahren 1964 und 1965 erlebt und empfunden habe. Jemand anders mag andere Erlebnisse gehabt haben und mag gewisse Situationen anders empfunden haben. Meine Aussagen basieren auf bestem "Wissen und Erinnern", sie erheben aber keinen Anspruch auf absolute Korrektheit. Der gesamte Bericht besteht aus den folgenden Teilen: Teil 1: Der Funkdienst Im Teil 1 dieser Memoiren wird der Funkdienst zwischen der Schweiz und der Swiss Delegation NNSC in Panmunjom, so wie er sich vor 35 Jahren abspielte, geschildert. Zu dieser Zeit, als viele der heute gängigen Fernmeldemittel unbekannt waren und ein Telefongespräch zwischen Panmunjom und Seoul noch ein Abenteuer darstellte, war die tägliche Kurzwellen Morse-telegraphie Verbindung mit der Heimatstation auf dem Waffenplatz Bülach für die Schweizer Delegation der NNSC in Panmunjom die eigentliche Nabelschnur zur Heimat. Dieser Teil der Memoiren soll nicht zuletzt den Einsatz all der Militärfunker der Schweizer Armee würdigen, die diese anspruchsvolle Überseefunklinie jahrelang betrieben haben und zwar "als Pflichtübung" jeden Tag und unter allen vorkommenden Funkbedingungen. Wer diese Linie über längere Zeit täglich betrieben hat, der hat das Prädikat "Schönwetter-Funker" weit hinter sich gelassen.

Adj Uof Rüegger Max 3/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Teil 2: Die Reise von der Schweiz nach Panmunjom Hier geht es um die Vorbereitung zum Korea Einsatz, die Ausrüstung und die Reise mittels MATS (Military Air Transport Service) von der Rhein Main AFB, Frankfurt bis nach Seoul Korea. Teil 3: Das Swiss Camp NNSC in Panmunjom Ich beschreibe und dokumentiere darin den Stand des Camps in den Jahren 1964/65, seine technischen Einrichtungen sowie das Umfeld. Teil 4: Das Leben im Swiss Camp NNSC in Panmunjom Hier geht es in erster Linie um die menschliche Seite des Lebens in Panmunjom. Teil 5: JSA, CSSR/Polen Camp, Reise nach Pyongyang, Freizeitgestaltung Hier werden die damaligen Aktivitäten in der JSA geschildert, sowie das Camp der tschechischen und polnischen Delegation NNSC beschrieben. Ebenso gehören dazu die Schilderung einer Reise nach Nordkorea sowie unsere Aktivitäten der Freizeitgestaltung. Teil 6: Unsere Beziehungen zu den US Forces Dieser Teil ist unseren Beziehungen zu den US Forces Korea gewidmet, deren Installationen etc. Bei der Durchsicht meiner Dia-Sammlung, die etwa 700 Dias aus Korea umfasst, musste ich feststellen, dass viele Dinge die ich gerne in diesem Bericht beschrieben und in Form von Bildern gezeigt hätte auf meinen Dias gar nicht erfasst sind. Meistens handelt es sich um ganz "normale" Dinge die ich damals als "banal" eingestuft habe. Also alles Dinge für die ich damals keinen Film verschwendet habe, die aber heute, 35 Jahre später, von schon fast "historischem" Wert wären. Die schönen Tempel in Korea, die könnte ich heute immer noch fotografieren. Die Zelte jedoch die damals unseren koreanischen Helfern als Aufenthaltsort dienten, sind für immer verschwunden. Den Bericht habe ich im Frühjahr 2000 begonnen und im Oktober 2000 fertiggestellt.

Max Rüegger

Adj Uof Rüegger Max 4/56 November 2000

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2 JSA (Joint Security Area) Bei der JSA (Joint Security Area) handelt es sich um eine Zone in Panmunjom zu der beide Seiten Zutritt haben und in der sie auf "neutralem" Boden miteinander reden können. Die Umrisse der JSA wurde meines Wissens anlässlich des Waffenstillstandsab-kommens im Jahre 1953 vereinbart. Dieses Bild zeigt die Zu-fahrt von der Südkorea-nischen Seite her. Im Vordergrund sieht man das Wachhaus der amerikanischen Seite, im Hintergrund (rechts, etwas kleiner) sieht man das nordkoreanische Wach-häuschen. Da zweigt auch die Strasse zur "Bridge of no return" ab. Ganz im Hintergrund sind die Gebäude der JSA zu sehen. Vom Swiss / Swedish Camp aus konnte man die JSA über einen Holzsteg erreichen. Dieser ist rechts vom Wachhaus sichtbar und führte über einen kleinen Sumpf. Der Steg wurde, wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt, ausschliesslich von den Mitgliedern der Schweizer und Schwedischen Delegation begangen. Alle anderen Personen hatten sich beim oben gezeigten Wachhäuschen der US Military Police zu melden und sie mussten die notwendigen Bewilligungen zum Betreten der JSA vorzeigen. Nur die Mitglieder der 4 Delegationen hatten den jederzeitigen uneingeschränkten Zutritt zur JSA.

Adj Uof Rüegger Max 5/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

Hier sieht man die Gebäude der JSA, wie sie sich damals präsentierten. Bei den mit einem Pfeil markierten Gebäuden handelte es sich um "nordkoreanische" Gebäude, den Rest der Gebäude konnte man als "amerikanisch" bezeichnen.

Auf einer kleinen Erhöhung oberhalb der JSA hatten die Nordkoreaner ein Wachthaus / Beo-bachtungsposten gebaut, den wir damals als "Ice-Cream Parlor" bezeichneten. Als Angehörige der NNSC durften wir uns ohne weiteres im "Ice-Cream Parlor" aufhalten und das Geschehen von dort beobachten. In der Baracke im Vorder-grund befand sich die Heizzentrale für die "amerikanischen" Gebäude. Die "nordkoreanischen" Gebäude verfügten über eine eigene Heizung. Es handelte sich um eine Dampfheizung, bei der Dampf in die Radiatoren geleitet wurde. Das hatte zur Folge, dass die Radiatoren siedend heiss und nicht zu berühren waren. Ausserdem war die Luft im Raum des-wegen "furztrocken". An so einem Ort versteht man, dass Spucknäpfe aufgestellt waren. Adj Uof Rüegger Max 6/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) In der JSA tummelten sich Wachtposten beider Seiten. Auf der ameri-kanischen Seite waren dies ausgesuchte Ange-hörige der Military Police, geschniegelt und in Paradeuniform. Ich gehe davon aus, dass auch auf der nordkoreanischen Seite ausgesuchte Armeeangehörige einge-setzt waren. Ihre Unifor-men ähnelten allerdings vom Stil her eher unseren Exerzier-Uniformen (aus dem 1. Weltkrieg), die wir noch Anfangs der 60'er Jahre in der RS auszutragen hatten. Der einzige Unterschied war die Farbe, die nordkoreanischen Uniformen waren nämlich braun, aber sie waren eben so schlecht geschnitten wie unsere dama-ligen Exerzieruniformen. Auf nebenstehendem Bild sehen wir einen amerikanischen Major (Maj. Mc.Phail). Er trägt wie alle zum Dienst in der JSA eingesetzten US Forces Angehörigen stolz das Abzeichen der JSA. Dieses Ab_zeichen war mit dem Slogan verbun-den: "In front of them all"

Neben Maj Mc Phail steht der damalige QM der CSSR Delegation. Wenn ich mich richtig erinnere war er ein sehr standfester Mann, der an einem Abend in Rekordzeit einer Flasche Cognac den Garaus machen konnte, ohne dass ihm nach vollbrach-ter Tat auch nur das geringste anzumerken gewesen wäre.

Adj Uof Rüegger Max 7/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

Eines Tages gab es in der JSA einen Riesenzirkus. Es wurden nämlich 2 amerikanische Helikopterpiloten freigelassen bezw. ausgetauscht. Diese hatten sich etwa 1 Jahre früher mit ihrem Helikopter irgendwo an der Grenze zu Nordkorea verflogen. Sie überflogen irrtümlich nordkoreanisches Gebiet und wurden prompt abgeschossen. Solche "Freilassungen" waren jeweils nicht gratis. Gegen wen die beiden Piloten ausgetauscht wurden weiss ich nicht mehr. Auch die nordkoreanische Seite hatte so ab und zu Zwischenfälle bei denen einige ihrer Leute in Gefangenschaft gerieten. Das war dann der Anlass zu "Tauschge-schäften" dieser Art. Zum Schauspiel der "Freilassung" der beiden Helikopterpiloten hatten beide Seiten eine Unmenge von Journalisten, Photographen und Kameramänner aufgeboten. Diese reisten in Bussen an. Vorgängig zur "Freilassung" wurden unzählige Statements verlesen. Jede Seite stellte noch einmal ihren Standpunkt dar und bezichtigte die andere Seite irgendwelcher Übeltaten. Schlussendlich kam der grosse Moment, den ich im Bild festgehalten habe. Es ist der Moment der eigentlichen Übergabe der beiden Piloten von der nordkoreanischen Seite an die Amerikaner. Beide Piloten tragen noch die typisch unelegant geschnittenen Anzüge die ihnen von der nordkoreanischen Seite grosszügig überlassen worden waren. Sie werden nun von einem US Offizier und einem Offiziellen der südkoreanischen Regierung in Empfang genommen. Anschliessend wurden sie zu einem wartenden Auto gebracht und in rascher Fahrt abtransportiert.

Adj Uof Rüegger Max 8/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Die vereinigte Gilde der Journalisten, Photographen und Kameramänner machte noch einige Stimmungsbilder der JSA in Panmunjom und stieg dann wieder in die wartenden Busse. Nach gründlicher Kontrolle der Papiere durch die US Military Police setzten sich die Busse Richtung Seoul in Bewegung. Auf der nordkoreanischen Seite wird es ähnlich zu und her gegangen sein. In der JSA kehrte wieder Ruhe ein. Grundsätzlich war es bereits in jenen Jahren so, dass regelmässig Besuchergruppen die JSA besuchen konnten. Ein Besuch von Panmunjom und der JSA hatte damals immer noch den Hauch eines Abenteuers an sich. Es war immer noch der Platz zwischen den beiden grossen Blöcken der Welt, die sich spinnefeind gegenüber standen. Es prallten so in der JSA die sog. "freie Welt" und das "sozialistische Lager" aufeinander. Bei den Besuchern aus Seoul handelte es sich nur in Ausnahmefällen um Südkoreaner. Es war für Angehörige irgendwelcher Länder viel einfacher eine Bewilligung zum Besuch der JSA zu erhalten als für südkoreanische Staatsangehörige. Jeder Besucher der JSA musste eine spezielle Bewilligung haben, die durch das UN Command in Seoul ausgestellt wurde. Wenn wir irgendwelche Besucher ins Swiss Camp NNSC einladen wollten, dann war das eine relativ einfache Sache. Sicher, die Besucher mussten vorgängig gemeldet werden. Wir erhielten aber ohne weiteres sogar für südkoreanische Staatsangehörige eine solche Bewilligung. Und das ohne grosse Formalitäten und ohne irgendwelche Rückwirkungen für die betreffenden Personen. Solche Besucher durften sich allerdings nur im Swiss / Swedish Camp aufhalten und wir durften sie nicht zu einem Besuch in die JSA mitnehmen. Das nebenstehende Bild zeigt den nordkoreanischen Wachtposten an der Abzweigung der Strasse zur "Bridge of no return". Das war die Strasse der Nordkoreaner. Sie führte über die Brücke weiter zum "Armistice Museum", zum Camp unserer polnischen und tschechischen Kollegen und weiter nach Kaesong. Wie man sieht handelte es sich damals ganz einfach um "Dreckstrassen", d.h. Naturstrassen die sich bei Regenwetter rasch in einen bodenlosen Sumpf verwan-delten.

Adj Uof Rüegger Max 9/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Wer das Bild genau betrachtet bemerkt neben dem einen nordkoreanischen Wachtposten bei der Barriere unseren Sämi, der Hund der in meinem Zimmer zur Untermiete wohnte und auf meinem Bettvorleger schlief. Er hat mich regelmässig bei solchen Ausflügen begleitet und ich denke nur dank der Tatsache dass er ein NNSC-Hund war hat er überhaupt solche Exkursionen überlebt. Es ist ja eine allgemein bekannte Tatsache, dass die Koreaner Hundefleisch als Leckerbissen betrachten und man sich in den einschlägigen Restaurants vorgängig den entsprechenden "Leckerbissen" noch lebend begutachten und auswählen kann.

Hier noch die südliche Seite der "Bridge of no return", mit einer der gelben Tafeln die damals die eigentliche Grenze zwischen Nord- und Südkorea bezeich-neten, genau in der Mitte der DMZ. Die Brücke hat ihren Namen "als Brücke ohne Wiederkehr" 1953 anschliessend an das Waffenstill-standsabkommen erhalten. Es ging damals darum die nordkoreansichen und chinesischen Kriegsgefangenen zu repatriieren.

Die POW's (Prisoners of War) wurden auf die südliche Seite der Brücke geführt und es blieb ihnen überlassen ob sie die Brücke überqueren wollten oder ob sie im Süden bleiben wollten. Für diejenigen die diese Brücke überquerten war es ein Weg der nur in eine Richtung führte und nie zurück. Ich denke, nebst den Angehörigen der nordkoreanischen Streitkräfte die in der JSA Dienst taten und diese Brücke aus diesem Grunde benützen mussten waren wir Mitglieder der 4 NNSC Delegationen die einzigen die diese Brücke regelmässig benützten und auch wieder zurück-kehrten. Aber auch wir hatten nicht die volle Bewegungsfreiheit. Wir haben die Brücke immer nur in Begleitung von Angehörigen der nordkoreanischen Streitkräfte überquert. Wir hätten zwar an und für sich, so wie es in unseren Dienstausweisen stand, das Recht gehabt uns frei in der gesamten DMZ zu bewegen. Es war es uns trotzdem nicht möglich die nordkoreanische Seite der DMZ zu betreten ohne eine entsprechende militärische "Ehrengarde". Diese bestand im Regelfalle aus einem der freundlichen nordkoreanischen Liaison Officers, einem Fahrer und evtl. weiteren uniformierten und bewaffneten Begleitpersonen.

Adj Uof Rüegger Max 10/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Diese Tafeln, sie waren in gelb gehalten und trugen die Aufschrift "Military Demarcation Line", waren in der Mitte der DMZ aufge-stellt. Sie markierten die eigentliche Grenze zwischen Südkorea und Nordkorea. Die Grenzlinie selbst bestand aus einem Stacheldraht. Auf dieser Photo sieht man im Hintergrund noch die "Bridge of no return". Die Berge im Hintergrund liegen alle in Nordkorea. Irgendwo gegen links liegt die Stadt Kaesong.

Adj Uof Rüegger Max 11/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

2.1 MAC Meetings Wenn ich mich richtig erinnere wurden MAC (Military Armistice Commission) Meetings damals in unregelmässigen Abständen einberufen, vermutlich bei Bedarf. Dies war jedesmal ein Zirkus der besonderen Art. Die MAC Meetings fanden in einer dafür reservierten blauen Wellblechbaracke statt. In dieser Baracke trafen sich die ehemaligen Kriegsgegner. Trotzdem die gesamte JSA als "neutrales" und von beiden Konfliktseiten betretbares Gelände definiert wurde, durfte es doch nicht sein, dass eine der am MAC Meeting beteiligten Seiten sich auf dem Boden des ehemaligen Gegners befand. Deshalb wurde die Baracke genau auf die Grenze gestellt und zwar so, dass die Grenze zwischen Südkorea und Nordkorea genau durch die Mitte des Konferenztisches ging. Diese Photo zeigt ein MAC Meeting im Mai 1964. Die offiziellen Teilnehmer am MAC Meeting sind durch gelbe Armbinden gekennzeichnet. Die beiden Haupt-Verhand-lungspartner sind: links: Col Man, North Korean Army rechts: Col. Hinckley, US Army Die Tatsache, dass es sich bei den Hauptverhandlungspartnern dieses Meetings um zwei Colonels handelt, lässt darauf schliessen, dass es sich vermutlich beim Verhandlungsthema nicht um eine weltbewegende Angelegenheit handelte. Bei einem MAC Meeting waren immer sehr viele Leute in der JSA anwesend. Beide Seiten brachten Presseleute nach Panmunjom die den Verhandlungen folgten. Wenn ich mich in Panmunjom befand und es meine Dienst zuliess, dann war ich bei MAC Meetings immer in der JSA anzutreffen. Für mich, als unbeteiligte Person, waren die MAC Meetings immer sehr interessant und zwar weniger wegen des Inhalts als wegen dem ganzen drum und dran. Es war immer sehr interessant zu beobachten welche Sticheleien sich jede der Parteien für die Gegenseite ausgedacht hatte. Man versuchte immer mit allen Tricks die Gegenseite herabzu-würdigen und das Gesicht verlieren zu lassen. Der Spielchen waren viele. An gewisse der Spielchen erinnere ich mich wegen der unterschwelli-gen Komik noch ganz gut. Das war "Cabaret pur". Adj Uof Rüegger Max 12/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Besonders die Seite der Asiaten (Nordkorea / China) verstand sich ausgezeichnet darauf kleine Seitenhiebe auszuteilen und das Spiel mit dem "Gesicht verlieren" zu betreiben. Man konnte etwa folgende Szenarien erwarten: • Plötzlich, like magic, stand auf dem Konferenztisch ein Flaggenständer mit der nord-

koreanischen / chinesischen Flagge der um 2 - 3 cm höher war als der Flaggenständer mit dem Emblem des UN Commands. Beide Flaggenständer sahen sonst genau gleich aus.

• Plötzlich sass der Vertreter der nordkoreanischen / chinesischen Seite auf einem Stuhl, dessen Sitzfläche oder Rückenlehne etwas höher war als beim Stuhl des Gesprächspartners vom UN Command.

• Plötzlich neigte sich das Tischblatt des Konferenztisches gegen die Seite des UN Commands. Der nordkoreanische / chinesische Tischblattrand war jetzt höher.

Das Ziel dieser Spielchen war immer, dass die asiatische Seite an Gesicht dazugewann (big face). Für die amerikanischen Offiziere die zu den MAC Meetings abkommandiert waren, von denen kaum einer je sich mit Asien, der asiatischen Denkart und den asiatischen Wertvorstellungen auseinandergesetzt hatte, waren das Sticheleien, die ihnen so richtig an die Nerven gingen. Während den Tagen an denen MAC Meetings stattfanden ging es in der JSA zu und her wie in einem Bienenkorb. Jede Seite gab sich die grösste Mühe einen guten Eindruck zu machen und auch wir Schweizer / Schweden, wenn wir anwesend waren, wurden von unseren ach so freund-lichen Liaison Officers von bei Seiten zu einem Drink oder einem Snack in ihre "eigenen" Gebäude eingeladen, wo dann für die anwesenden Journalisten weiter Indoktrination betrieben wurde. Schade war nur, dass sie kaum je jemanden von der Gegenseite anlocken konnten. Trotzdem es sich ja um neutrales Territorium handelte "verirrte" sich kaum je ein westlicher Pressemensch in das nordkoreanische Pressezentrum und umgekehrt. Die einzigen die frei zwischen den beiden Welten hin und her pendelten waren wir von der NNSC. Da war es durchaus Brauch, dass auch unsere polnischen und tschechischen Kollegen sich einen Drink bei den Amis genehmigten und wir Schweizer und Schweden hatten ohnehin keine Berüh-rungsängste und hielten uns gerne bei den Nordkoreanern und Chinesen auf.

Adj Uof Rüegger Max 13/56 November 2000

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2.2 NNSC Meetings

Adj Uof Rüegger Max 14/56 November 2000

Über die NNSC Meetings selbst, über deren Inhalt und Ablauf gibt es bestimmt genügend historisches Material und es gibt sicher berufenere Personen die darüber berichten können. Ich will die NNSC Meetings kurz aus der Warte eines "Small Fish" schildern, aus der Sicht eines Zuschauers der nicht dazugehörte. Die untenstehende Photo eines NNSC Meetings habe ich im Mai 1964 aufgenommen. Dem Meeting wurde bedeutend weniger Interesse entgegengebracht als dem MAC Meeting. Dies zeigt der Umstand, dass an den Fenstern keine Zuschauer zu sehen sind. 2 3 4 1

5

8 7 6 Teilnehmer am NNSC Meeting

1 General Tans, CSSR 2 Maj Fabian, CSSR 3 General Hallström, Schweden 4 Col Bratt, Schweden

Aufnahme vom Mai 1964

5 Mr. Stuh, Polen 6 Maj Christen, Schweiz 7 Oblt Meyer, Schweiz 8 Maj Lahndahl, NNSC Secretary, Schweden

Wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt, dann fanden NNSC Meetings entweder wöchentlich oder sicher in 14-täglichem Rhythmus statt. Die Meetings fanden in einer speziell für diesen Zweck reservierten blauen Wellblechbaracke statt. Hier stand ein runder Tisch an dem die Teilnehmer des NNSC Meetings tagten. Jede Delegation war jeweils von mindestens 2 Delegier-ten vertreten, üblicherweise der Delegationschef oder bei dessen Abwesenheit der Alternate sowie der Secretary der Delegation. Im Falle der Schweizer sind dies diesmal Maj Christen, der damalige Alternate sowie Oblt Meyer, der Secretary. Sie sassen am runden Tisch. Für jede Delegation war noch separater Tisch vorhanden, an dem weitere Delegationsmitglieder sitzen konnten. Der Tisch der schwedischen Delegation ist im Hintergrund sichtbar.

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Ein weiteres Mitglied der schwedischen Delegation hat daran Platz genommen. Ein weiteres Detail ist auf dem Bild auch noch sichtbar. Nämlich einer der damals in der US Army weitverbreiteten Ölöfen. Diese ähnelten einem Benzinfass mit angebautem Ofenrohr und als Ölreservoir wurde ein ganz normaler US Army "5 Gallons" Kanister angehängt. Diese Öfen sind bei der Schilderung des Swiss Camps in Panmunjom beschrieben. Auch dieses Bild habe ich ahnlässlich desselben NNSC Meetings im Mai 1964 aufgenommen. Es zeigt von links nach rechts: - Maj Christen, Schweiz (verdeckt, nur teilweise sichtbar) - General Tans, CSSR - Cpt Mateikja, CSSR - Maj Fabian, CSSR Im Hintergrund sitzen am Extratisch noch 2 Mitglieder der tschechischen Delegation.

Von der polnischen und tschechischen Delegation kamen jeweils immer relativ viele Mitglieder an die NNSC Sitzung. Für sie war es eine der wenigen Gelegenheit dem "Ghetto" ihres Camps zu entrinnen und mit jemand anderem zusammenzukommen.

Adj Uof Rüegger Max 15/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

3 Die polnische und tschechoslowakische Delegation NNSC Zu jener Zeit waren noch alle 4 Staaten, die seinerzeit zum Mitmachen bei der NNSC zugesagt hatten, in Panmunjom präsent. Von meiner Warte aus gesehen, aus den Blickwinkeln eines "Small Fish" hatten wir immer ein ausgezeichnetes Verhältnis zu unseren Kollegen von der polnischen und der tschechoslowakischen Delegation. Diese lebten innerhalb der Nordseite der DMZ, zwischen Panmunjom und Kaesong in einem extra für sei erstellten "luxuriösen" Camp. Ähnlich wie wir von der US Army versorgt wurden, wurden sie von der nordkoreanischen Seite versorgt. Man kann sich etwa vorstellen was das für diese beiden Delegationen bedeutete. Nordkorea war damals ein Land in dem die Menschen zwar nicht hungern mussten. Trotzdem das Land litt immer noch schwer unter den Nachwirkungen des Krieges und es hatte keinen reichen Götti namens "Uncle Sam" im Hintergrund. Auch hatten unsere Kollegen aus Polen und der CSSR bedeutend weniger Bewegungsfreiheit als wir. Ab und zu ein Besuch in Kaesong oder in Ausnahmefällen eine Dienstreise nach Pyongyang. Das war aber auch alles was drin lag. Sonst hiess es im Camp ausharren. Der Besuch der JSA war eine beliebte Abwechslung und der Besuch des Swiss Camps oder des Swedish Camps war bereits ein absoluter Höhepunkt in ihrem Leben. Sie durften nicht einmal per nordkoreanische Limousine (Moskwitch oder Wolga Autos aus UdSSR Fertigung) in unser Camp fahren, das hätten die Amerikaner nicht erlaubt, da die Strasse einige Dutzend Meter ausserhalb der JSA verlief. Nein sie mussten von der JSA über den Holzsteg in unser Camp laufen. Auch wenn wir ihr Camp besuchten stiegen wir erst in der JSA in die Autos der nordkoreanischen Armee. Ein Besuch in Südkorea war ihnen von ihrer eigenen Regierung streng verboten worden. Während der Dauer meines Aufenthaltes in Panmunjom haben einmal, als riesige Ausnahme, 2 Offiziere der CSSR Delegation von ihrer eigenen Regierung die Erlaubnis erhalten Südkorea zu besuchen und sich 2 Tage in Seoul aufzuhalten. Die Südkoreaner und die USA hatten keine Einwände und so fand die Reise in Begleitung von Schweizer Delegationsmitgliedern und Vertretern der USA und Südkorea statt. Ich selbst hatte nichts damit zu tun. Ich stellte einfach hinterher fest, dass die beiden Herren sehr nachdenklich waren und offensichtlich der Besuch von Seoul einen bleibenden Eindruck hinterliess. Auch wenn man berücksichtigt, dass Seoul damals eine arme, vom Krieg immer noch gebeutelte Stadt war und es viele Vorstädte gab, die wir als Slums bezeichnen würden, die Stadt Seoul und jeder andere Ort in Südkorea war übersät mit kleinen Läden. Selbst im schäbigsten Slum waren diese "Mom and Pop"-Läden mit Waren aller Art überfüllt und die Karren der Strassenhändler überquollen mit so simplen Sachen wie Orangen, Zitronen etc. Alles Dinge die man im Nordteil Koreas vergeblich suchte.

Adj Uof Rüegger Max 16/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

3.1 Das Camp der polnischen und tschechischen Delegationen NNSC

Das Camp der polnischen und tschechischen Delegation NNSC lag innerhalb der Nordseite der DMZ, die von Nordkorea bewacht und patrouilliert wurde. Wie das obige Bild zeigt lag das Camp in einer landschaftlich idyllischen Gegend an der Strasse von Panmunjom nach Kaesong. Die Bezeichnung "Camp" ist eigentlich irreführend. Im Gegensatz zum Swiss / Swedish Camp, das aus Wellblech-Militärbaracken amerikanischer Provenienz bestand handelte es sich bei der Behausung unserer polnischen und tschechischen Kollegen um permanente Strukturen. Wie das nächste Bild zeigt handelte es sich um pompöse Gebäude im damaligen nordkorea-nischen Stil, eine Art "pseudo-koreanische" Architektur. Es ging den nordkoreanischen Erstellern des Gebäudekomplexes in erster Linie um "big-face". In typisch asiatischer Denkart sollte es darstellen wie grosszügig sich Nordkorea der polnischen und tschechischen Delegation der NNSC gegenüber zeigt. Auf jeden Fall war es sicher als Gegenpunkt zum "schäbigen" Militärcamp der Schweizer und Schweden gedacht, die mit Wellblechbaracken vorlieb nehmen mussten. Dass die Idee der "Grandiosität" allerdings nicht bis zum Ende geführt wurde zeigt die Umgebung des Camps, z.B. der Vordergrund im nächsten Bild. Um das Camp herum hatte man immer den Eindruck man befinde sich auf einer permanenten Baustelle, die aber immer etwa den gleichen Stand aufwies.

Adj Uof Rüegger Max 17/56 November 2000

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So pompös und grandios ihr Camp auch aussah, unsere polnischen und tschechischen Kollegen hätten liebend gerne mit uns getauscht. Im Innern wirkten die Gebäude nämlich verstaubt und steril. Was fehlte war die Gemütlichkeit die man Camp der Schweizer und Schweden fand. Die Räume waren alle riesengross. Auch die Zimmer der Delegationsmitglieder ähnelten von der Grösse her Suiten in einem 5-Stern Hotel, ohne allerdings den Komfort einer solchen Suite aufzuweisen. Alles wirkte irgendwie kalt und überdimensioniert. 1964/65 war ja ein Zeitpunkt in dem der kalte Krieg Urstände feierte und der Vietnamkrieg in vollem Gange war. Trotzdem wir aus verschiedenen politischen Lagern stammten hatten wir ein sehr gutes persönliches Verhältnis zu unseren Kollegen der polnischen und tschechischen Delegation und wir haben auch sehr offen miteinander geredet. Ab und zu hat auch ein Glas Vodka die Zungen gelockert. Aus den Gesprächen weiss ich genau wie es im Innern meiner Kollegen ausgesehen hat. Sie hätten viel lieber in einem kleinen, gemütlichen Militärcamp gehaust als in diesen überdimensionierten Palästen. Geheizt wurde der ganze Gebäudekomplex mittels einer der schon damals in unseren Breiten längst nicht mehr gebräuchlichen Dampfheizung. Von einer Heizzentrale aus wurde Dampf durch die Röhren geleitet. Wenn Wasser die Zustandsform von Dampf aufweist, dann ist die Temperatur per Definition über dem Siedepunkt. Alle Röhren, alle Radiatoren waren also siedend heiss. Wenn man so einem Radiator in die Nähe kam, dann hatte man das Gefühl man sitze in der Nähe eines offenen Feuers. Die Luft in den Räumen war absolut trocken und unangenehm. Für Leute die sich dauern in einem solchen Umfeld aufhalten müssen sind Krankheiten von Hals und Rachen des-wegen an der Tagesordnung. Zum Inventar gehörten auch Spucknäpfe die eifrig "bemüht" wurden.

Adj Uof Rüegger Max 18/56 November 2000

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Das obige Bild zeigt eine weitere Ansicht des Eingangsbereiches, während das nächste Bild die Rückseite des Camps mit der Heizzentrale und dem grossen Kamin illustriert.

Adj Uof Rüegger Max 19/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Etwas allerdings gab es im polnisch / tschechischen Camp das für uns im Sommer eine grosse Attraktivität aufwies. Das war das Schwimmbad. Auch hier wieder ein Fall von "big-face", das Ding war eher für einen Sportklub ausgelegt als für die wenigen Mitglieder der beiden NNSC Delega-tionen, die dort zuhause waren. Das Schwimmbad besass ein grosses Schwimmbecken, nicht gerade Olympia Ausmasse, aber doch so, dass man so richtig schön schwimmen konnte. Selbst ein Sprungturm durfte nicht fehlen. Eine schöne Umkleide-anlage am Rand des Bassins ergänzte die Anlage.

Hier sehen wir Paul Oberli (rechts) und Miroslav Horak, den tschechischen Funker, in einem angeregten Gespräch, beide gut versorgt mit einem kühlen Dring.

Adj Uof Rüegger Max 20/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier sehen wir alle in klassicher "HAMOL-Ultra" Stellung am "sünnelen". So haben wir gerne gemeinsam den koreanischen Sommer genossen. Wie es auf der nordkoreanischen Seite mit der Wasser-versorgung aussah weiss ich nicht, auf jeden Fall wurde immer genügend Wasser für den Swimming Pool zur Verfügung gestellt.

Hier noch ein weiteres Bild auf den Swimming Pool und die Umge-bung des Camps.

Adj Uof Rüegger Max 21/56 November 2000

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3.2 Tauschhandel oder "der kleine Grenzverkehr" Trotzdem die Grenze in Panmunjom eigentlich dicht war, sie war doch nicht so dicht, als dass nicht trotz allem eine Art "kleiner Grenzverkehr" stattgefunden hätte. Allerdings ging das Ganze inner-halb der NNSC Delegationen vor sich. Unter den Delegationen der beiden Blöcke wurde eifrig getauscht. Die Initiatoren des Tausch-handels waren dabei unsere polnischen und tschechischen Kollegen. Für sie war das praktische Leben in ihrem "Luxuspalast" nämlich alles andere als märchenhaft. Kleinigkeiten, die für uns zur Selbstverständlichkeit gehörten waren für sie fast unüberwindbare Hürden. Wie bereits angetönt wurden sie von den nordkoreanischen Streitkräften versorgt. Ich gehe davon aus, dass alles was sie benötigten über einen nordkoreanischen Liaison Officer angefordert werden musste. Dieser musste das Gewünschte dann über den Dienstweg bestellen. Vieles was ein Europäer zum täglichen Leben benötigt war entweder nicht lieferbar oder erreichte unsere Kollegen nur mit riesiger Verzögerung. Es mangelte an allem. Sie hatten keine Seife, keine Rasierklingen, keine Rasiercreme, keine Zahnpasta, keine Frottiertücher, keine Handcreme, keinen Ersatz für ihre Unterwäsche, etc. Auch Medikamente waren für sie kaum zu beschaffen. Alles was wir entweder im PX oder in jedem der südkoreanischen Läden jederzeit kaufen konnten war bei ihnen absolute Mangelware. Aus dieser Situation heraus entstand dann der kleine Grenzverkehr. Je nach dem wie gut man sich kannte sagten sie uns entweder direkt oder "durch die Blume" was bei ihnen fehlt. Wir haben dann das Gewünschte besorgt und beim nächsten Treffen diskret übergeben. Das einzige was sie uns anzubieten hatten waren "Alkoholika" und Zigaretten. Wir erhielten als Gegenleistung etwa eine Stange Zigaretten, eine Flasche polnischen Vodka, einen Karton "Pilsner Urquell" (Bier) oder, wie an anderer Stelle angetönt, auch ab und zu mal eine Kiste "Krim-Sekt". Das interessanteste an diesem kleinen Grenzverkehr war, dass zwar jeder daran beteiligt war, dass es ihn offiziell aber nicht gab. Unsere polnischen und tschechischen Kollegen gaben sich nämlich grosse Mühe zu verheimlichen, dass sie Tauschgeschäfte mit uns durchführten. Für gewisse Delegationsmitglieder war es sicher auch eine Frage des Stolzes. Sie betrachteten es mehr oder weniger als eine Erniedrigung bei einem Schweizer oder Schweden um Zahnpaste, Seife oder Rasierklingen betteln zu müssen. Für Maj Fabian aus der CSSR, den wir hier in nebenstehen-dem Bild anlässlich eines NNSC Meetings sehen, muss es eine ganz spezielle Überwindung gekostet haben am "kleinen Grenzverkehr" teilzuhaben. Ich erinnere mich noch gut, wie er einmal, anlässlich einer offiziellen Party im Swiss Camp, mich diskret zur Seite nahm und mich fragte, ob er wohl unter vier Augen etwas persönliches mit mir besprechen könne. Ich sagte JA, und habe ihn auf mein Zimmer eingeladen.

Adj Uof Rüegger Max 22/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Warum ich das Ganze noch so gut in Erinnerung habe liegt weniger an der Tatsache, dass er etwas ganz alltäglich von mir benötigte, als an den Begleitumständen. Etwa zur selben Zeit hatte unser damaliger Sekretär, Oblt. Meyer, die Delegation verlassen. Er war ein grosser Bücherwurm und hatte eine beachtliche Bibliothek. Da er nicht alle seine Bücher nach Hause mitnehmen wollte und er wusste, dass ich ebenfalls der Gilde der Bücherwürmer angehöre, durfte ich mich unter denjenigen Büchern, die er nicht mitnehmen wollte, bedienen. Darunter hatte es auch die "klassischen Werke" von Marx und Engels in Form von Paperback-Ausgaben. Der Stoss der "geerbten" Bücher lag also noch in meinem Zimmer und zuoberst lag "Das Kapital" von Karl Marx. Maj Fabian betrat also mein Zimmer. Ich sehe seine Stielaugen immer noch vor mir, die er machte als er meine Lektüre, "Das Kapital" von Karl Marx zuoberst auf dem Bücherstapel erblickte. Nach einigem Räuspern und sich drehen und winden kam er dann endlich zur Sache. Es war ganz banal. Er brauchte dringend Seife, Zahnpasta, Rasierklingen und Rasiercreme. Die Seife und die Zahnpasta konnte ich ihm gleich aus eigenen Beständen übergeben. Da ich elektrisch rasierte, musste das mit den Rasierklingen und der Rasiercreme warten, bis wir uns das nächste Mal sahen und ich ihm die Sachen in einem passenden Moment diskret zustecken konnte. Mit Miroslav Horak, dem tschechischen Funker verliefen solche "Geschäfte" viel offener. Er war wie ich ein Amateurfunker. Er hatte zwar kein persönliches Rufzeichen, aber er machte in der CSSR in einem Funkerklub mit. Das war damals üblich, persönliche Rufzeichen und die Erlaubnis zu Hause eine eigen Funkstation zu unterhalten erhielten damals in den sozialistischen Ländern nur Auserwählte. Wir kamen gut miteinander zurecht und wir kannten uns bald gut genug, dass er mir einfach sagte was er benötigte und ich beschaffte die Dinge und liess sie ihm zukommen. Er seinerseits war mein Lieferant für Pilsner Urquell. Wir haben auch später den Kontakt noch brieflich aufrecht erhalten. Wie es so geht, irgendwann nach vielen Jahren ist der Kontakt dann mal abgebrochen. Das Interessante am "kleinen Grenzverkehr" ist die Tatsache, dass sich die Wünsche unserer polnischen und tschechischen Kollegen immer in sehr bescheidenen Grenzen hielten. Es waren wirklich Dinge des täglichen Lebens die sie für ihren Eigenverbrauch benötigten und die wir ihnen auch ohne jegliche Gegenleistung zugespielt hätten. Ich bin überzeugt, dass sie dasselbe auch für jeden von uns getan hätten, wenn die Situation umgekehrt gewesen wäre.

Adj Uof Rüegger Max 23/56 November 2000

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4 Reise nach Pyongyang Im Gegensatz zu Südkorea, wo wir uns in jeder Beziehung absolut frei bewegen konnten, erfolgten Besuche in Nordkorea immer nur auf Einladung der nordkoreanischen Streitkräfte. Wir wurden öfter in die in der Nähe von Panmunjom gelegene nordkoreanische Stadt Kaesong eingeladen. Es handelte sich dabei immer um offizielle Anlässe, die irgendeinen formellen Hintergrund hatten. Wenn es meine Betriebszeiten als Funker erlaubten, dann bin ich jeweils auch auf der "Kommandierliste" gestanden und habe ganz gerne an solchen Anlässen teilgenommen. Welcher Schweizer hat schon Gelegenheit Nordkorea zu besuchen. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, das sensationellste an diesen Anlässen war jeweils das Brot der nordkoreanischen Armee. Dieses ähnelte unserem 4-Korn-Brot. Für uns war das jeweils eine wahre Wohltat nach all dem amerikani-schen Gummibrot wieder einmal so herzhaft Brot essen zu können das so richtig gut schmeckte. Ein bis zweimal pro Jahr ergab es sich, dass die Nordkoreaner aus irgendeinem Grunde scharf darauf waren Schweizer und Schweden nach Pyongyang einzuladen. Der Beweggrund für solche Einladungen war jedoch nicht etwa Menschenfreundlichkeit. Es gab immer einen handfesten "politischen Hintergrund". Mein Funkerkollege Ernst Dinkel konnte einmal eine Reise nach Pyongyang unternehmen, als der damalige indonesische Präsident Sukarno zu Staatsbesuch in Pyongyang weilte. Auch hier ging es wie immer um "big-face". Nordkorea war schon damals auf dem internationalen Parkett eher isoliert und wurde von den meisten Ländern gemieden. Für die nordkoreanische Regierung war also die Anwesenheit von Schweizern und Schweden in Uniform gleichbedeutend mit "big-face", also einem Prestigegewinn. Die Hin- und Rückreise nach Pyongyang fand dabei üblicherweise im Nachtzug zwischen Kaesong und Pyongyang statt. Den Kommentaren derer, die bei so einem Trip dabei gewesen sind war zu entnehmen, dass es angenehmere Arten von Reisen gibt als in einem nordkoreanischen Nacht-zug. Ganz abgesehen davon, dass die gesamte Reise in Dunkelheit verlief. Bei einer anderen Gelegenheit, als die nordkoreanische Regierung wieder einmal auf "Folklore" angewiesen war, wurde unser damaliger Delegationschef, Maj Gen Geiser (Botschaftsrat), mit Gefolge nach Pyongyang eingeladen. Er war bereits einmal mit dem Nachtzug nach Pyongyang gereist und sagte "nie wieder". Er wäre aber kein guter Diplomat gewesen, wenn er sich nicht etwas ausgedacht hätte. Als die Einladung eintraf, gab er folgende Antwort: "Sein Gesundheitszustand sei etwas angeschlagen, und die Reise im Nachtzug von Kaesong nach Pyongyang und wieder zurück wäre für ihn zu anstrengend. Er müsse leider dankend ablehnen." Den Nordkoreanern war offensichtlich sehr viel an diesem Besuch gelegen. Wie erwartet traten sie also mit ihm in Verhandlungen und erneuerten ihre Einladung. Nach einigem hin und her liess sich Maj Gen Geiser erweichen und sagte, er würde einen Besuch in Pyongyang ins Auge fassen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er beide Reisen im Auto und während des Tages durchführen könne. Den Nordkoreanern war so viel an diesem Besuch gelegen, dass sie ohne viel Federlesen auf seine Bedingungen eingingen.

Adj Uof Rüegger Max 24/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Die Reisegesellschaft die zusammengestellt wurde bestand aus: • Maj Gen Geiser, Head Swiss Team NNSC • WO Rüegger Max, Swiss Team NNSC, als persönlicher Adjutant von Maj Gen Geiser • CWO Paul Oberli, Küchenchef, Swiss Team NNSC • Oblt (?) Allen Jonson, Küchenchef, Swedish Team NNSC Diese Foto zeigt uns vor der Abreise vor einem Gebäude der nordkoreanischen Armee in Kaesong. Beim Auto handelt es sich um eine WOLGA Limousine, russischer Fabrikation. Das war damals die klassische Repräsentations- Limousine in den sozialistischen Staaten.

Ich reiste, wie bereits bemerkt, als persönlicher Adjutant von Maj Gen Geiser mit. Ich hatte also eine offizielle Funktion. Als Adjutant musste ich vorne neben dem Fahrer, den man ganz links im Bild sieht, Platz nehmen. Im Fond sassen Maj Gen Geiser und ein nordkoreanischer General. Aber, welch ein Schreck, es sass noch jemand anderer im Fond. In der Mitte zwischen den beiden wurde nämlich noch ein Dolmetscher hineingequetscht. Die beiden Kollegen, Paul Oberli und Allen Jonson fuhren in einem zweiten Auto. Dem Rang entsprechend handelte es sich dabei um einen MOSKWICH, auch ein Fahrzeug russischer Provenienz, allerdings eine Nummer kleiner als der WOLGA. Gleich im Anschluss an die obige Photo fragte ich den nordkoreanischen General höflich, ob er mir erlauben würde während der Fahrt aus dem fahrenden Auto heraus einige Photos zu schiessen. Ich wisse zwar schon, dass es sehr schwierig sei, aber es sei meine erste und vielleicht einzige Gelegenheit sein schönes Vaterland zu sehen. Der General war offensichtlich ein in technischen Dingen sehr bewanderter Mann. Er fragte mich, via Dolmetscher, welche Art Film ich in der Kamera eingelegt habe. Ich antwortete, ich hätte einen Farbfilm drin. Der General dachte einige Zeit nach und sagte dann mit einem verschmitzten Lächeln "es sei schon in Ordnung, ich dürfe selbstverständlich Fotos während der Reise machen".

Adj Uof Rüegger Max 25/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Ich wusste schon warum er ja gesagt hatte. Es war wegen dem Farbfilm. Nordkorea hatte ja kaum Zugang zu westlichen Gütern, sondern bezog solche Dinge wie Film aus der Volksrepublik China. Ich hatte mich einmal mit unserem chinesischen Liaison Officer über Kameras und photographie-ren unterhalten. Er war sichtlich beeindruckt von unseren Kodak Farbfilmen, die damals jedoch nur über eine Empfindlichkeit von 50 ASA verfügten. Er gestand mir, dass ihre eigenen Farbfilme nur 25 oder 30 ASA aufwiesen und somit bedeutend weniger lichtempfindlich waren. Mit einem solchen Film ist es praktisch unmöglich aus einem fahrenden Auto heraus Aufnahmen zu machen. Alles würde verwackelt und unscharf. Ich gehe davon aus, dass der General an einen solchen Farbfilm chinesischer Fertigung gedacht hat. Er konnte also schon grosszügig sein, an einem so trüben Tag konnten die Aufnahmen unmöglich gelingen. Was der gute Genosse General allerdings nicht wusste war, dass meine Kamera ein kleines Geheimnis verbarg, nämlich einen Ektachrom 400 ASA Farbfilm. Er fragte mich ja nicht nach der Empfindlichkeit des Farbfilms den ich eingelegt hatte. Einige Wochen vorher war damals der erste Ektachrom Farbfilm mit einer Empfindlichkeit von 400 ASA auf den Markt gekommen. Ich hatte mir, aus reiner Neugier, einen solchen Film gekauft und das kam mir jetzt zugute. Zugegeben, der Film war noch etwas grobkörnig und hatte noch nicht die jetzige Qualität. Von der Empfindlichkeit her war er aber geeignet auch mit 1/1000 Sekunde aus dem holprigen Auto heraus Bilder zu knipsen. Hier ein Beispiel des gewaltigen Verkehrs-anfalls auf einer der damaligen nordkorea-nischen Hauptstrassen. Der LKW der uns entgegenkommt ist "Made in China" und basiert auf einem russischen LKW, der seinerseits wieder eine Kopie des berühmten GMC Lastwagen der US Streitkräfte aus dem 2. Weltkrieg war.

Der Zeitpunkt der Reise war im Herbst, die Reisfelder waren bereits abgeerntet und das Land machte generell einen etwas trostlosen Eindruck. Das war aber zu dieser Jahreszeit auch in Südkorea nicht nennenswert anders. Was auffiel waren die leeren Strassen. Kein Verkehr weit und breit. Vereinzelt trafen wir auf einen LKW, wie oben abgebildet. Ab und zu sah man die Anfänge der Mechanisierung in der Landwirt-schaft in Form eines urtümlichen Einachstraktors mit Einzylinder-Motor mit riesigem Schwungrad.

Adj Uof Rüegger Max 26/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) In jeder grösseren Siedlung waren auf den Kreuzungen, die allesamt frei von Verkehr waren, Polizisten stationiert, die uns durchwinkten. Im Hintergrund sieht man eine Art Monu-ment, rechts und links sind Propagandabilder aufgemalt, die die nordkoreanische Revolution verherr-lichen und den Imperi-alismus verteufeln.

Dies ist sehr gut auf diesem Bild ersichtlich, das ich an einer anderen Strassen-kreuzung aufgenom-men habe. Die Frau mit dem Baby im Tragtuch auf dem Rücken könnte genauso gut in Südkorea aufgenom-men worden sein. Vielleicht wäre dann zwar ihr Kleid etwas bunter.

Adj Uof Rüegger Max 27/56 November 2000

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Hier sind wir in eine Vorstadt von Pyongyang eingefahren. Die Ausfallstrassen hatten grandiose Ausmasse, wie Autobahnen. Aber auch hier war kein nennenswertes Verkehraufkommen festzustellen. Vereinzelt ein LKW des chinesischen Standard-Typs, der Material oder Leute transportierte. Ganz vereinzelt sah man einige Fussgänger über die Strasse "hühnern". Aber auch das stellte keine Gefährdung dar, es war ja weit und breit kein Verkehr. Was mich am meisten beeindruckte das waren die Wohnkasernen. Auf dem Bild links sieht man Wohnblocks für "bessergestellte" Genossen. Diese hatten sogar einen Balkon und ich konnte mir vorstellen, dass da Leute wohnen. Aber auch da keine grossen Spuren von Leben wie man das andernorts findet, z.B. zum trocknen aufgehängte Wäsche oder ähnliches. Das Bild rechts zeigt ebenfalls einen Wohnblock, wenn auch in einer etwas weniger "noblen" Gegend. Es machte den Anschein, als ob jede Familie nur über ein einziges Zimmer verfügte. Von jeder Zimmerdecke sah man an 2 Drähten eine Glühbirne baumeln. Über die Inneneinrichtung solcher Wohnungen weiss ich nichts, das war einfach nicht sichtbar.

Adj Uof Rüegger Max 28/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65)

In Pyongyang wurden wir in einem Staatshotel untergebracht. Wie üblich war auch das ein Prachtsbau im "pseudo-koreanischen" Stil. Dieses Bild zeigt die Aussicht von meinem Zimmer aus auf die Strasse. Auch hier fällt wieder auf wie wenig Fussgänger unterwegs sind und wie wenig Verkehr zu sehen ist. Das Hotel selbst war vermutlich etwas vom besten was Pyongyang zu bieten hatte. Die Zimmer waren in einem etwas muffigen sozialistischen Stil gehalten, mit Fauteuils und Sofas mit dem obligaten weissen Überzug, der vermutlich zum Schutze des wertvollen Staatseigentums diente. Zu damaliger Zeit musste die nordkoreanische Bevölkerung an und für sich nicht hungern. Wir wussten aber, dass trotzdem alles etwas knapp war, und dass Mahlzeiten für das gewöhnliche Volk alles andere als üppig ausfielen. Nicht so im Staats-Hotel. Wann immer es ums Essen ging, es wurde aufgetischt, dass sich die Tische bogen. Unheimliche Berge an kulinarischen Genüssen wurden uns vorgesetzt und wir haben uns mühsam durch diese Schlemmereien "durchgefressen" (man entschuldige bitte diesen Ausdruck). Grundsätzlich wurden wir immer von einem Offizier der nordkoreanischen Streitkräfte begleitet, wohin wir auch immer gingen.

Adj Uof Rüegger Max 29/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Paul Oberli und mir wurden diese ewigen Eskorten etwas lästig. Man konnte nur genau das sehen was einem die Nordkoreaner sehen lassen wollten. Bei einem Nachtessen sprachen wir uns gegenseitig ab. Wir hatten beim Hotel einen Hinterausgang entdeckt, durch den man mit etwas Glück verschwinden konnte ohne von einem unserer in der Haupthalle wartenden "Liaison Officers" gesehen zu werden. Wir vereinbarten, dass wir uns offiziell aufs Zimmer zurückziehen würden und uns dann nachher beim Hintereingang wieder treffen würden. Wir verabschiedeten uns in aller Form und führten unseren Plan aus. Es gelang uns auch tatsächlich unbemerkt abzuschleichen. Da wie in China auch in Nordkorea Nachtessen relativ früh eingenommen werden, war Pyongyang noch in der Dämmerung. Wir begannen also auf einem der grossen Boulevards zu spazieren. Und nun kam für mich die grosse Überraschung. Wir wurden gemieden wie Aussätzige. Wir trugen natürlich Uniform und waren so für alle sich noch auf der Strasse befindlichen Fussgänger sofort als "Fremdlinge" zu erkennen. Jedermann, ob alt oder jung, ob Mann oder Frau, machte bei unserem Anblick einen riesigen Bogen um uns herum oder wechselte unverzüglich auf die andere Strassenseite hinüber. Trotz allem, der unbegleitete Spaziergang durch das inzwischen dunkle Pyongyang hatte auch so seinen Reiz. Wir wurden nirgends angehalten, man liess uns gewähren und tat als gäbe es uns nicht. Wir konnten auf diese Art doch viele Eindrücke gewinnen, die uns sonst entgangen wären. Wir konnten an gewissen Orten durch die erleuchteten Fenster gucken und feststellen, dass hier tatsächlich Leute wohnen. Auch sind mir auf dieser Exkursion die nackten Glühbirnen, die von der Decke baumelten, aufgefallen und vieles andere mehr. Wir kehrten wieder ins Hotel zurück und selbst unsere nordkoreanischen Betreuer machten gute Mine zu unserem unbegleiteten Ausflug. Wir mussten als Staffage bei einem Anlass mit internatio-naler Beteiligung herhalten. Um was es ging weiss ich nicht mehr. Auf jeden Fall mussten wir die Staats-oper besuchen, wo ein schwülstiges revolu-tionäres Schauspiel mit Gesang und Ballet auf-geführt wurde. Diese Photo zeigt das Staatstheater von Aussen. Wenn ich mich richtig erinnere lag das Staatstheater gegen-über dem Hotel und ich denke ich habe das Bild vom Hotel aus aufgenommen.

Adj Uof Rüegger Max 30/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Dieses Bild zeigt den Haupteingang zum Staatstheater. Auch hier, alles ist fast menschenleer.

Dieses Bild zeigt die Bühne des Staats-theaters. Es wurde ein Stück gespielt, das die Revolution Kim-il-Sungs verherrlichte. Dazu gehört natürlich auch ein grosser stimmgewaltiger Chor.

Adj Uof Rüegger Max 31/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier noch ein Gruppenbild. Der nordkoreanische Offizier, der meine Kamera auslöste, war vermutlich kein Profi, sonst hätte er unsere Füsse und die Füsse seines "Genossen General" nicht abgeschnitten.

Nach 3 Tagen Aufenthalt in Pyongyang machten wir uns wieder per Auto auf den Rückweg nach Kaesong und Panmunjom. Der Tag war freundlicher, aber mein 400 ASA Film war am Ende und ich hatte keinen Reservefilm. Ich musste einen normalen Farbfilm einlegen, der sich für Aufnahmen aus dem fahrenden Auto heraus nicht eignete. Deshalb bleiben von diesem Tag nur zwei Aufnahmen eines Pick-Nicks à la "North Corean Army". Wir rasteten in einem Bachbett, es gab irgendwelche belegten Brote und Mineral-wasser oder nordko-reanisches Bier (das übrigens ganz gut schmeckte).

Adj Uof Rüegger Max 32/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier sehen wir zum Abschluss der Reise ins Reich Kim-il-Sungs noch einmal den Genossen General sowie Maj Gen Geiser, der es mit viel diploma-tischem Geschick fertiggebracht hat, dass wir die Reise nach Pyongyang und zurück im Auto zurücklegen konnten und so einen bleibenden Eindruck vom Land Nordkorea mitnehmen konnten.

Adj Uof Rüegger Max 33/56 November 2000

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5 Freizeitgestaltung in Korea

5.1 Wochenend-Ausflüge Wie bereits an anderer Stelle bemerkt, hat man in den US Forces ein anderes Verhältnis bezüg-lich der Benützung von Militärfahrzeugen in der Freizeit als dies in der Schweizer Armee der Fall ist. Da ja die Truppe über längere Zeiträume irgendwo stationiert ist, hat auch die Freizeitgestal-tung einen wichtigen Stellenwert. Es war also auch für uns ganz normal, dass auch wir, genauso wie unsere amerikanischen Kollegen, in unserer Freizeit auf unseren Motor-Pool zurückgegriffen haben. Dies natürlich immer mit einem US MP als Fahrer. Dieses Bild zeigt einen Sonntagsausflug nach Inchon, dem Hafen von Seoul. Selbstverständlich war dies ein auch unter Koreanern sehr beliebtes Ausflugsziel. An amerikanische Unifor-men war sich der Durch-schnitts-Koreaner gewöhnt. Wir aber, in unseren "fremdländischen" Unifor-men und erst noch in Begleitung eines US MP's als Fahrer, wurden natürlich jeweils gebührend bestaunt. Das nächste Bild zeigt eine typische Szene auf einer koreanischen Landstrasse. Die "Schwer-Arbeit" wurde häufig von Frauen ausge-führt. Die Herren der Schöpfung setzten sich mit Vorliebe hinter's Lenkrad und fuhren die wenigen LKW's und anderen Bau-maschinen die verfügbar waren.

Adj Uof Rüegger Max 34/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Wenn immer es möglich war, haben wir übers Wochenende Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung von Seoul gemacht. Wir sind mit Vorliebe jeweils am Samstag nach Seoul gefahren und haben im Yong-San Compound, dem grossen Camp der US Forces, übernachtet. Es gab dort neben dem Officers-Club und dem NCO-Club (in dem wir Funker, mit unserem Rang als WO, uns ebenfalls aufhalten konnten) noch einige nette Restaurants in denen man sehr angenehm einen Abend verbringen konnte. Das oberste Bild zeigt uns auf einem Sonntagsausflug in die koreanische "Country-side". Es handelt sich um irgendein Dörfchen in dem wir einige Fotos schiessen wollten. Sofort waren wir jeweils von einer Schar neugieriger Kinder umringt. Das untere Bild zeigt ein typisches koreanisches "Bauerndorf" wie es sich zur damaligen Zeit präsentierte. Man lasse sich jedoch vom ärmlichen Eindruck nicht täuschen. Die Häuser hatten zwar Lehmwände und das Dach war mit Stroh gedeckt, im Innern waren die Häuser aber "pico-bello", alles blitzblank und einladend. Man darf nicht vergessen, so arm das Land damals war, in Korea gab und gibt es keine Analphabeten, jeder Koreaner ist zur Schule gegangen und er konnte lesen und schreiben. Die meisten Häuser hatten auch die berühmte koreanische Art der Bodenheizung. Irgendwo Aussen am Haus wurde eingeheizt. Die warmen Heizgase wurden unter dem Boden durchgeführt und im Winter hatte man im Innern des Hauses eine sehr angenehme Temperatur. Da man in Korea wie in Japan traditionell auf dem Boden schläft ist so eine Bodenheizung natürlich eine feine Sache.

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier sieht man die koreanische Wasch-maschine der damaligen Zeit. Auch bei der Betrach-tung dieses Bildes sollte man nicht vergessen, dass damals (1964/65) auch in der Schweiz die Zeit nicht sehr fern war als man ähn-liche Szenen am Dorf-brunnen eines Schweizer Bergdorfes sehen konnte.

Im Sommer war ab und zu auch eine "Beach-Party" angesagt. Etwa 100 km südlich von Seoul gab es am chinesischen Meer einige wunderschöne Sandstrände, die damals fast unberührt waren. Es war zwar keinerlei nen-nenswerte Infrastruktur vor-handen und die Strassen dorthin waren vom Typ "ausgebauter Wildwechsel". Das ist denn auch der Grund warum man sich für so einen Ausflug einen Jeep unter den Nagel riss. Für einen solchen Aben- teuer Trip liess jeweils Paul Oberli von seinen "Korean-Boys" eine Kurpackung "Pick-Nick Verpflegung" zusammenstellen, die er uns mit Freude überreichte. Wir packten dann den oder die Jeeps voll mit unseren amerikanischen und koreanischen Bekannten und auf ging's zur "Beach-Party", Die Reise war lang, ab und zu brauchte es den Vierradantrieb um uns durch die Sand-strassen durchzumahlen. Am Schluss lockte aber jeweils der traumhafte, sich endlos bis zum Horizont hinziehende absolut saubere Sandstrand und natürlich das erfrischende Bad in der "China-Sea".

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5.2 Sonntagsvergnügen an einem koreanischen Bergsee In Seoul lebte in jenen Jahren ein Schweizer Geschäftsmann, namens Paul Benz. Er bewohnte mit seiner Frau Ute in Seoul in Einfamilienhaus in einer "Ausländersied-lung". Diese war von Stacheldraht umgeben und von bewaffneten Wächtern bewacht. Wir pflegten gute Beziehun-gen zu den "Benz's". Speziell Paul Oberli war ein langjähriger Bekannter von ihnen. Sie waren ab und zu an einem offiziel-len Anlass in Panmunjom eingeladen. Wir übrigen Delegationsmitglieder waren ab und zu am Samstagabend in ihrem Haus in Seoul zu Gast, etwa zu einem Fondue. Die Benz's hatten noch ein Wochenend-Refu-gium am Chong Pyong Lake. Dies ist ein Bergsee, vielleicht 70 - 100 km ausserhalb Seoul. An diesem See waren bereits die ersten Spuren "touristischen Unterneh-mertums" zu finden. Es gab dort Bootsstege und der Beginn einer Infra-struktur bahnte sich an. Es gab dort bereits kleine Hotels, Guest-Houses und Restaurants. Am Sonntag traf man dort sowohl auf Ausländer wie auch wohlhabende Koreaner, die sich dort im Kreise ihrer Familien einen schönen Tag gönnten. Auf dem See hatte es eine Anzahl Motorboote und es wurde viel Wasserski gefahren. Auch die Benz's hatten ein Motorboot auf dem See, mit dem wir damals unsere Runden zogen.

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier sehen wir eines der berühmten Pick-Nick's à la mode de Paul Oberli. Die schäbige Karton-schachtel und dieUmge-bung sollten aber nicht als Wertung für die Qualität des Gebotenen genom-men werden. Paul Oberli als ex-Konditor und ex-Koch/Konditor auf Kreuz-fahrtschiffen wusste was er seinem Publikum schuldig war. Die Karton-schachtel war immer gefüllt mit kulinarischen Herrlichkeiten der verschiedensten Art. Auf den beiden Photos sehen wir nebst Paul und Ute Benz noch Major Christen, unseren damaligen Alternate, sowie Paul Oberli. Er war übrigens der einzige unter uns der über ein Sorti-ment richtiger Zivilkleider verfügte. Er war ja schon lange genug in Panmunjom. Wir übrigen trugen immer Uniform oder eine Art "Zivil" das auf der weitgehendsten Verwendung von zweck-entfremdeten Uniform-stücken beruhte. Auf dem Bild sieht man auch einige Getränke-dosen. Das waren zu jener Zeit Dosen aus Stahl. Wann immer wir auch eine Dose "wegge-worfen" hatten, d.h. so hingestellt hatten, dass sie als herrenlos betrach-tet werden konnte, wir

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) konnten uns kaum umdre-hen und "schwupps" war die Dose weg. Die Koreaner waren damals Weltmeister im Dosen-sammeln. Da die Dosen aus Stahlblech bestan-den, das einfach zu löten und anderweitig zu verar-beiten war, landeten die Dosen in den Händen von geschickten Handwer-kern. Aus den weggewor-fenen Dosen wurden Tassen, Krüge, Teller, Schüsseln hergestellt. Selbst Ofenrohre sah man, die offensichtlich durch zusammenlöten von Konservendosen entstanden sind. Die Erfindungsgabe der damaligen koreanischen Handwerker war fast endlos und ihre Geschicklichkeit war bewunderungswürdig. Das obige Bild zeigt wieder einmal mehr, dass die amerikanischen Streitkräfte ein anderes Verhältnis zu ihren Motorfahrzeugen hatten. Es war nicht aussergewöhnlich und übrigens ganz legal, dass ein Armee-Jeep zum Transport eines Motorbootes eingesetzt wurde. Es handelt sich hier um das Benz'sche Motorboot, das aus irgendeinem Grund disloziert werden musste. Diesen Job übernahm einer unserer Fahrer mit einem Jeep.

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5.3 Reisen "the Korean Way" Während meines Aufenthaltes in Panmunjom lernte ich auf irgendeinem Anlass einen etwa gleichaltrigen Amerikaner Namens John Lichtensteiger kennen. Er war als Zivilangestellter beim American Red Cross beschäftigt. Seine Vorfahren waren in grauer Urzeit irgendeinmal aus der Schweiz nach den USA ausgewandert. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und wir haben diverse Male zusammen Reisen in Korea unternommen und zwar "the Korean Way". Die "Barschaft" von uns beiden war ja beschränkt und die absolut preisgünstigste Art Korea zu erleben war damals eben "the Korean Way". Das hiess in der Eisenbahn und in überfüllten Autobussen reisen, dies hiess aber auch in den "Korean Inns" zu übernachten. Das waren die Hotels und Gasthäuser für die "Einheimischen". Die folgenden Bilder habe ich auf einer unserer gemeinsamen Entdeckuns-reisen durch Korea aufge-nommen. Es zeigt uns bei der erfolgreichen Suche nach Unterkunft in einer Korean Inn. John Lichten-steiger verhandelt hier gerade mit der Mama-San. Solche Hotels waren wirklich urtümlich korea-nisch. Dass nicht alle Seg-nungen der Zivilisation, wie z.B. elektrisches Licht, immer ihren Dienst taten beweist die links von der Mama-San am Türpfosten aufgehängte Petrolfunzel.

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Das nächste Bild zeigt den Innenhof um den herum die "Hotelzimmer" gruppiert waren. Wie in Japan hatten alle Zimmer Schiebetüren mit Fenstern aus Papier. Die Zimmer hatten die typisch koreanische Art der Bodenheizung und es liess sich ganz angenehm darin wohnen. Alles war natürlich koreanisch möbliert, keine Spur von den uns gewohnten westlichen Möbeln.

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Natürlich konnte man sich in einer "Korean Inn" auch verpflegen. Wie zu erwarten ist, bestand das gesamte Menu aus urtümlich koreanischer Kost. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt konnten sich die meisten Mitglieder der Schweizer Delegation in Panmunjom sehr gut mit der koreanischen Küche anfreunden. Auf den beiden Bildern sieht man John Lichtensteiger und mich beim Auslöffeln einer koreanischen Nudelsuppe. Neben jedem von uns steht eine Tasse mit dem obligatorischen "Chai", dem Tee. Auch die Schale mit der koreanischen Leibspeise, dem Kimchi darf nicht fehlen. Wie bereits anderswo erwähnt, Kimchi ist eine Art Sauerkraut, nur viel rezenter. Die meisten Schweizer hatten den Plausch Kimchi zu essen. Auch in der Küche unseres Camps in Panmunjom hatte es, sehr zur Freude unserer koreanischen Zivilangestellten, einen grossen Steinguttopf voll Kimchi. Zu jeder Mahlzeit wurde uns Schweizern ein Schälchen mit Kimchi serviert, das wir uns mit Hochgenuss einverleibten. Auf solchen Touren reisten wir immer mit leichtem Gepäck, d.h. jeder hatte eine einzige Hand-tasche mit sich. Wir wussten ja nie im voraus was uns erwartete, wie genau wir reisten und wie weit wir unser Gepäck selbst schleppen mussten. Deshalb war Mässigung in Sachen Gepäck angesagt. Hinter mir, an der Wand, sieht man noch meine Reisetasche, die mir als Teil meiner Korea-Ausrüstung vom Büro des Chefs des Personellen der Armee in Bern ausgehändigt worden war. Diese Tasche war von ausgezeichneter Qualität und sie hat mich anschliessend an meinen Aufenthalt in Korea noch auf einer mehrmonatigen Reise per Greyhound-Bus quer durch die USA und Kanada sowie anschliessend noch auf Reisen in Südamerika und Afrika begleitet. Als die Tasche nach jahrelangem Gebrauch doch unansehnlich wurde habe ich mich schweren Herzens von diesem treuen Begleiter getrennt. Auf unseren Reisen "the Korean Way" fuhren wir, wann immer es ging, mit der Eisenbahn. Trotz-dem auch die asiatischen Eisenbahnwaggons der Körpergrösse ,der "Einheimischen" angepasst waren, in der Eisenbahn waren wenigstens die Sitzverhältnisse zwar eng aber doch einigermassen erträglich. Ich selbst bin 1.84 m gross und auch John Lichtensteiger hatte ungefähr meine Grösse. Für Asiaten waren wir, und natürlich auch viele andere Europäer und Amerikaner, wahre Riesen. Dazu kam noch der anders proportionierte Körperbau. Der Asiat hat im Vergleich zum Europäer propor-tional viel kürzere Beine. Speziell in Japan, wo man selbst in vielen Hotels nur das für alle Hotel-gäste zugängliche "öffentliche Bad" kannte, kam ich mir ab und zu wie eine Jahrmarktsattraktion vor, alle starrten mich an was das Zeug hielt. Aber nun zurück zu den "Transportproblemen". In der Eisenbahn konnte ich üblicherweise gerade so sitzen, dass meine Knie genau den gegenüberliegenden Sitz erreichten. Bei uns hätte also niemand mir gegenüber sitzen können. Nicht so in Asien. Vor allem in ländlichen Gebieten sassen die Leute öfters im Schneidersitz. Häufig hat, wer auch immer uns gegenübersass die Situation begriffen und es sich im Schneidersitz bequem gemacht. Auf diese Art war das Problem für beide Teile zufriedenstellend gelöst. Anders so im Autobus. Dort schauten ja alle vorwärts. Die Sitzreihen waren vermutlich selbst für Koreaner sehr eng und für uns fast unmöglich. Trotzdem haben wir stundenlange Reisen im Bus hinter uns gebracht. Gewisse Orte von Interesse konnten wir anders gar nicht besuchen. Die Autobusse damals in Korea waren allesamt "Bastelobjekte". Busse die als Busse gebaut worden sind, gab es nur sehr wenige. Meistens wurde das Fahrgestell eines ausran-gierten Armee-LKW's mit einer kunstvoll gefertigten Holzkarosserie versehen, die Aussen mit Blech verkleidet war. Die Busse transportierten alles was es zu transportieren gab. Auf dem Land

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) hatten viele Reisende ihre ganzen Habseligkeiten bei sich und das konnte ausarten. Hühner als Gepäck gingen ja noch, aber wenn dann ganze ausgewachsene lebendige Schweine mitfahren sollten, dann gab das doch etwa so seine Probleme auf. Die Buschauffeure meisterten jedoch alle Schwierigkeiten und wir kam immer da an wo wir hinwollten. John Lichtensteiger hatte ein Faible für Tempel und ganz allgemein für die koreanische Kultur. Wenn wir etwa auf einer "Tempeltour" waren und keine "Korean-Inn" vorfanden, dann war es damals in den buddhistischen Klöstern ohne weiteres möglich dort als Gast aufgenommen zu werden und eine Nacht im Kloster zu verbringen. Wir haben das einige Male so gemacht. Wir erhielten von den Mönchen ein spartanisches Zimmer zugewiesen und wir kriegten auch zu essen und zwar genau dasselbe Essen das auch die Mönche selbst einnahmen. Vereinzelt gab es auch etwa einen Mönch, mit dem man sich in Englisch unterhalten konnte. Die gemurmelten Gebete der Mönche, das dumpfe Dröhnen der Tempelgongs, die bescheidene Beleuchtung durch Kerzen und Öllampen am Abend, sowie nicht zu vergessen allfällige Gespräche mit den Mönchen, all das sind Erlebnisse die hängengeblieben sind und die ich nicht missen möchte. Als besonderen Luxus habe ich auf Reisen in Korea auch einige Male die "Korean Airlines" benützt, z.B. um die Insel Cheju-Do zu besuchen. Die "Korean Airlines" waren damals eine ausschliesslich inner-koreanische Fluglinie. Neben einigen Fokker Friendship F-27 bestand damals die gesamte Flotte aus DC-3 (bezw. C-47) aus Air-Force Beständen. Diese Maschinen waren ja wirklich nicht kaputtzukriegen. Sie stammten vermutlich alle aus Beständen der US Forces aus dem 2. Weltkrieg. Sie hatten sicher dort schon einiges erlebt und waren dann anschliessend als "Workhorses" im Koreakrieg eingesetzt. Als mir jemand, ich glaube es war unser QM Markus Schori, erzählte "alle diese Flugzeuge hätten Einschusslöcher im Rumpf, die mit Aluminiumplättchen geflickt worden seien" habe ich das schlichtweg nicht geglaubt. Als ich dann das nächste Mal "Korean Airlines" flog und es ein Flug mit einer DC-3 war, habe ich das Flugzeug von Aussen sehr kritisch betrachtet. Und tatsächlich, da waren sie. In unregelmässigen Abständen hatte es auf der silbrigen Haut kleine Aluminiumplättchen, die kunstvoll aufgenietet waren um etwas zu verdecken. An der Geschichte schien also doch ein Körnchen Wahrheit zu sein. Von den Piloten sagte man, dass sie allesamt ex "ROK Air Force" Piloten seien, die den Korea-krieg überlebt hätten. Es seien wahre Fliegerasse, die auch die unmöglichsten Situationen sicher beherrschen würden. Auf jeden Fall, wir sind alle immer gut angekommen. Bei diesem kleinen Bericht über Reisen "the Korean Way" habe ich ganz bewusst all die Bilder der wunderschönen Tempel und anderen Kulturgütern weggelassen. Zu diesen Themen gibt es genügend Literatur und es gibt berufenere Leute als mich darüber zu berichten.

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5.4 LST 399 - Landing Ship Tank Einen anderen Abenteuertrip der besonderen Art gilt es doch noch zu erwähnen, nämlich die Reise auf einem Versorgungsschiff der US Navy von Pusan (Korea) nach Shimonseki (Japan). Ich muss gestehen, ich habe diese Möglichkeit von Korea nach Japan zu reisen nicht selbst ausgedacht. Vor mir sollen einige andere Schweizer NNSC Angehörige bereits diese Route gewählt haben. Auf jeden Fall hörte ich davon und ich dachte mir "eine Seefahrt die ist lustig", eigentlich sollte ich das auch versuchen. Ich sprach mit unserem amerikanischen Liaison Officer in Seoul darüber, dass ich gehört hätte, es sei schon einige Malen Schweizern erlaubt worden auf einem Versorgungsschiff der US Navy von Korea nach Japan zu reisen. Ob es wohl denkbar sei, dass ich auch die Erlaubnis erhielte auf diese Art von Korea nach Japan zu reisen. Ich muss zugeben, unsere amerikanischen Freunde taten alles um uns weiterzuhelfen. Er sagte auf jeden Fall, "OK, er werde mal sehen was sich machen liesse, versprechen könne er mir aber nichts". Als ich das nächste Mal in seinem Büro im Yong San Compound in Seoul weilte streckte er mir freudestrahlend ein Telex unter die Nase. Das Telex war von einem "Rear-Admiral, US Navy, Pacific Fleet, Honolulu Hawai" unterzeichnet und dem Text konnte ich entnehmen, dass ich, WO Rüegger Max, Swiss Team NNSC Panmunjom Korea, "entitled" sei mit einem Versorgungsschiff der US Navy von Pusan (Korea) nach Shimonoseki (Japan) zu reisen. Ich solle ihm doch sagen wann ich reisen wolle, er würde dann die notwendigen Travel Orders für mich ausstellen lassen. Ich sprach mich anschliessend mit meinem Funker-Kollegen Ernst Dinkel ab, plante 2 Wochen Ferien ein und legte den Termin fest. Von unserem Liaison Officer in Seoul erhielt ich also ein Bündel "Travel Orders". Die Travel Orders deckten die Reise ab von Seoul bis nach Shimonoseki auf der südlichsten Insel Kyushu in Japan und natürlich dann wieder den Rückflug von Tachikawa (Tokyo) nach Seoul. Und das alles auf Kosten von Uncle Sam. Einzig die Reise in Japan musste ich aus eigenem Sack berappen. Da ich mit Travel Orders reiste durfte ich als Offizier standesgemäss mit dem Expresszug in der 1. Klasse von Seoul nach Pusan reisen. Dort ging's mit einem Dienstwagen ins Naval Camp. Dort konnte ich mich in der Mess-Hall verpflegen (alles gratis, Name und Einheit in ein Buch einschreiben genügt) und für US$ 1.- (in Worten = ein Dollar) in MPC's (Military Payment Certificates) im BOQ übernachten. Am anderen Tag galt es dann das Schiff zu suchen. Auch das war kein Problem. Ein freundlicher NCOIC (non commissioned officer in charge = der diensthabende Unteroffizier) half mir weiter und liess mich zum LST 399 bringen. Dabei handelte es sich um ein sog. Landing Ship Tank, also ein Landungsboot mit dem Panzereinheiten an einen Invasionsstrand gebracht werden sollen. Was mich dann allerdings im Marinehafen von Pusan erwartete war für mich nicht einfach ein "Boot", das war ein ausgewachsener Überseedampfer, der Vorläufer einer Roll-on / Roll-off Fähre.

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Dieses Bild zeigt LST 399 von der Brücke aus aufgenommen im Marinehafen von Pusan. Das Schiff ist mit der Schnauze gegen das Ufer gefahren. Dort war vom Quai aus eine schräg ins Wasser führende Rampe gebaut. Man sieht noch ein Stück dieser Rampe auf der rechten Schiffs-seite. Das LST 399 hatte am Bug 2 Türen weit geöffnet und vom Schiff aus ragte ebenfalls eine Auffahrrampe auf die am Ufer angebrachte Rampe. Durch den geöffneten "Mund" des Schiffes fuhren eifrig LKW's. Das Schiffsinnere war wie auf einer Autofähre als riesiges Fährdeck ausgelegt. Sattelschlepper brachten Ihre Anhänger ins Schiffinnere und parkierten sie dort. Die Zugmaschinen selbst verliessen das Schiff wieder. Es gab auch einen Autolift auf das Deck des Schiffes. Wie man auf der Photo sieht stehen 2 LKW's auf dem Deck und es wird Kühlgut verladen. Bei den grossen heruntergezurrten Boxen handelt es sich um Kühlkammern. Man sieht ganz deutlich die seitlich angebauten Kühlaggregate. Den ganzen Morgen war ein emsiges Treiben und der Bauch des Schiffes und auch die auf dem Deck befindlichen Kühlkammern wurden gefüllt. Unterdessen wurde mir meine "Kabine" zugewiesen. Auf beiden Seiten des Schiffs, zwischen der Bordwand und dem Autodeck befanden sich nämlich die Unterkunftsräume der-jenigen Truppen, die mit dem LST 399 am Invasions-Strand an Land gesetzt werden sollten. Dies waren Korridore, etwa 2.5 m breit die auf jeder Seite mit Schlafpritschen versehen waren. Die Schlafpritschen waren 3-stöckig angeordnet. Wenn die Schlafpritschen heruntergeklappt waren, dann blieb in der Mitte ein Gang von weniger als 1 m Breite. Diese Korridore verliefen über die gesamte Länge des Schiffes und zwar über mehrere Stockwerke verteilt. Irgendwo befand sich ein Sanitärbereich mit einigen winzigen Waschbecken, Duschen und WC's. Ich stellte mir vor, welche Enge hier im Ernstfall herrschen musste, wenn alle Schlafkojen belegt waren. Für mich war das kein Problem, ich hatte ja die ganze Herrlichkeit für mich allein.

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Die Besatzung des LST 399 waren übrigens keine Angehörigen der US Navy, es war eine japanische Besatzung. Die meisten der Japaner sprachen leidlich Englisch. Am Anfang haben sie mich eher "abweisend bis gleichgültig" betrachtet. Das Eis gebrochen hat wahrscheinlich das Mittagessen. Beim Herumwandern entdeckte ich, dass sich die Besatzungsmitglieder im Ess- und Aufenthaltsraum der Besatzung versammelten. Ich holte also mein Picknick in der Form einer "Battle-Ration" des US Army. Das war eine Kartonschachtel mit Konservenverpflegung drin. Ich betrachtete also lustlos den Inhalt der Kartonschachtel und ich muss zugleich Löcher in die Töpfe mit der japanischen Mahlzeit gestarrt haben. Irgendwie wurden die Zeichen verstanden und ich kriegte von ihrem Essen angeboten. Als die Japaner dann noch sahen, dass ich zwar kein Weltmeister im Stäbchen-Essen war, mich aber doch einigermassen geschickt der Ess-Stäbchen bedienen konnte, da war das Eis gebrochen. Selbstverständlich rühmte ich ihr feines Essen nach Noten. Das war nicht einmal gelogen, ich mag nämlich die japanische Küche sehr gern. Im Anschluss an dieses Mittagessen wurde ich eingeladen das ganze Schiff von oben bis unten zu besichtigen. Gerne folgte ich dem japanischen "Chief-Engineer" in die Tiefen des Maschinenraums und liess mir von ihm, der eine Art "Pidging-English" sprach, seine beiden Haupt-Dieselmotoren sowie alle Hilfsantriebe und Nebenaggregate erklären. Ich durfte auch die Brücke besuchen und erhielt Erklärungen bezüglich der Navigationseinrichtungen, Radar etc. Selbstverständlich besuchte ich auch meinen Kollegen, den Funker. Ich erfuhr, dass LST 399 quasi als "Fähre" im Dauerpendelverkehr zwischen Pusan und Shimonoseki verkehrte. Immer wurde im Laufe des Nachmittags ausgelaufen, die Nacht durchgefahren und am anderen Morgen so gegen 09.00 wurde der Hafen auf der anderen Seite erreicht. Dann ging's ans entladen und wieder beladen, und im Laufe des Nachmittags wurde wieder ausgelaufen. Und so war es auch dieses Mal. So gegen 16.30 wurden die Trossen gelöst und LST 399 setzte sich in Bewegung. Ich durfte das Auslaufmanöver von der Brücke aus mitverfolgen. Die Ausfahrt aus Pusan führt zuerst durch eine Art Archipel bestehend aus vielen kleinen Inselchen. Dann kam schlussendlich das offene Meer. Trotz eher bescheidenem Wellengang begann LST 399 nun alle möglichen Bewegungen zu vollführen. Es war nun deutlich zu spüren, dass ein "Landungsboot" in Bezug auf die Rumpfform halt doch anders gebaut ist als ein "Hochseedampfer". LST 399 war ja gebaut worden um mit voller Kraft an irgendeinem Strand aufzulaufen, seine Tore zu öffnen und die Panzer oder andere Fahrzeuge die sich an Bord befinden samt dazugehörender Mannschaft auszuspucken. Das bedeutet, dass ein solches Schiff keinen klassischen Kiel haben darf, sondern unten einen flachen Bauch haben muss. Diese Schiffsform hat bestimmt dazu beigetragen, dass das LST 399 mehr schaukelte als ein normal gebautes Schiff. Eine Zeit lang dachte ich jetzt erwischt's mich dann und ich werde seekrank. Ich hielt mich aber meistens auf der Brücke auf, d.h. im Steuerhaus. Dort waren auf beiden Seiten "Balkone" angebaut und es bestand immer die Möglichkeit frische Luft zu schnappen. Nach dem Nachtessen, das wieder aus Reis, Fisch und Gemüse bestand, hielt ich mich noch einige Zeit auf der Brücke auf. Der zuständige Offizier erklärte mir die Seekarten und den Kurs den wir fuhren. Er machte mich auf die diversen Leuchtfeuer aufmerksam und erzählte mir dann von den Inseln die wir sahen. Auch erklärte er mir die Fixierbilder die auf dem Radarschirm zu sehen waren. Zwischendurch habe ich immer wieder meinen "Kollegen", den Funker in seinem WT-Office (Wireless Telegrahpy Office) besucht. In der Funkbude war's warm und gemütlich und der Geruch der Apparate war etwa das was ich mir gewöhnt war. Er erklärte mir seine gesamte Seefunkaus-rüstung, die doch einige Spezialitäten aufwies, speziell für den damaligen Morsebetrieb auf Mittel-welle, die mir als "Kurzwellen-Funker" nicht so geläufig waren. Sehr gut Erinnerung geblieben ist mir die Tatsache, dass er eine sehr spezielle Morsetaste verwendete, nämlich einen sog. "Sidesweeper".

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Dort wird anstelle der Hubbewegung einer normalen Morsetaste eine Seitwärts-Bewegung gemacht, allerdings ohne jeden halbautomatischen Schnick-schnack. Ich kannte zwar diese Art Morsetaste aus der Literatur und vom "hören-sagen". Es war jedoch das erste Mal, dass ich einen Funker traf der tatsächlich meisterhaft mit so einem Ding umgehen konnte. Wir hatten den Faden zueinander rasch gefunden und mein japanischer "Kollege" auf LST 399 erzählte mir in der Folge seine ganze Lebensgeschichte. Dazu gehörte auch seine Zeit im 2. Weltkrieg wo er als Angehöriger des Signal Corps der "Japanese Imperial Forces" so 30 oder 40 km von Hiroshima entfernt, tief unter der Erde, in einem unterirdischen Übermittlungszentrum den Abwurf der ersten Atombombe überlebte. Irgendwann spät in der Nacht suchte ich dann meine Koje auf, im gespenstisch langen und absolut menschenleeren Korridor, der lediglich durch ein paar fahle Glühlampen erhellt war. Am anderen Morgen gab's noch ein japanisches Frühstück, mit Reis versteht sich, und ich verabschiedete mich von der freundlichen Besatzung von LST 399.

Hier sieht man LST 399 von hinten, angelegt am Pier der Marinebasis in Shimonoseki (Japan) Von Shimonoseki aus führte meine weitere Reise per Eisenbahn nach Nagasaki. Von dort aus fuhr ich mit einem Bus in einen "Mountain Resort", d.h. ein japanischer Berg-Kurort mit "Hot Springs", also heissen Quellen. Das war echtes Japan, ohne viel westlichen Einfluss. Alles war ausschliess-lich in Japanisch angeschrieben. In Nagasaki verwechselte ich denn auch prompt den Bus. Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl und ich sprach den Fahrer darauf an. Er konnte natürlich Adj Uof Rüegger Max 47/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) kein Wort Englisch. Irgendwie hat er die Sache aber dann doch begriffen, hat kurz überlegt und mich mitten in der japanischen Landschaft an einer Bushaltestelle an einer einsamen Strassen-kreuzung abgesetzt. Irgendwie habe ich verstanden, der richtige Bus würde hier vorbeikommen. Nach einer etwas unbequemen Zeit des Wartens und Bangens kam dann tatsächlich ein anderer Bus. Gottseidank, es war der richtige Bus. Der Aufenthalt im Kurort mit den heissen Quellen war sehr angenehm. Ich fuhr dann mit der Eisenbahn weiter zur Küste auf der anderen Seite von Kyushu. Dort ging es weiter in einem Nacht-Schiff durch die japanische Inland-Sea nach Hiroshima. Das Schiff hatte keine Kabinen sondern nur grosse Aufenthaltsräume, die in japani-schem Stil mit Tatami (Schlafmatten aus Reisstroh) ausgelegt waren. Männiglich machte es sich so bequem wie möglich und legte sich auf den Tatamis schlafen. In der Gegend von Hiroshima habe ich alle obligatorischen Kulturgüter (Tempel etc.) besichtigt, sowie natürlich das Mahnmal zum Gedenken an den Abwurf der ersten Atombombe. Weiter fuhr ich nach Kobe und Osaka. Auch hier war wieder die Besichtigung der verschiedenen Paläste, Tempel etc. angesagt. Von Osaka aus ging's dann per Shinkansen (dem damals neu erstellten Hochgeschwindigkeits-zug) nach Tokyo. Von Tokyo aus ging ich auf die Tachikawa AFB und flog mit dem MATS Flugzeug wieder nach Seoul zurück. Übernachtet habe ich in den meisten Fällen in Ryukan's, den "Japanese Inns". Das waren preis-günstige Hotels, allerdings war alles Japanese Style und man konnte nicht erwarten, dass die Mama-San oder das Personal auch nur über rudimentäre Kenntnisse der Englischen Sprache verfügen würden. Lustig war's trotzdem. Geschlafen wurde auf dem Tatami, getragen wurde im Hotel ein Kimono (der vom Hotel zur Verfügung gestellt wurde) und die Körperpflege fand nach japanischer Sitte im Gemeinschaftsbad statt. Das Schlafen auf dem Tatami erfordert jeweils 1 - 2 Nächte Eingewöhnungszeit. Die Reisstroh-matten sind ja relativ hart und so kam es, dass man jeweils am ersten Morgen danach plötzlich Knochen im Körper identifizieren konnte, von denen man bisher gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt. Nach der zweiten oder spätestens dritten Nacht hatte ich mich jeweils daran gewöhnt und ich schlief wie ein Herrgöttchen. Natürlich wurde auch fast immer japanisch gegessen. Die Sitte der "bebilderten Speisekarte" wo man sich anhand des Bildes eine Vorstellung davon machen kann was man etwa kriegen würde, war erst in der Gegend von Tokyo verbreitet. Auf dem Land gab es so etwas noch nicht. Es war dann jeweils eine Art Lotterie. Es war selten im Voraus klar was genau auf den Telleer kommen würde. Wie gesagt, ich hatte keine Mühe mit der japanischen Küche und in den allermeisten Fällen kriegte ich eine Mahlzeit vorgesetzt mit der ich mich anfreunden konnte. Manchmal, speziell wenn es sich um gewisse Meerestiere handelte, hatte ich sehr wenig Ahnung davon was ich nun geges-sen habe. Ich erinnere mich noch Abalones gegessen zu haben. Das sind irgendwelche Sea-Cucumbers, die allerdings nicht der Spezies Gemüse, sondern der Spezies der Tiere zuzuordnen sind. Geschmeckt hat das Zeug ungefähr so, wie wenn ich versucht hätte einen Autopneu zu verspeisen. Verglichen damit war "Seegras" und "Seetang" eine reine Delikatesse. Aber das sind alles Erfahrungen die man auch einmal machen muss. Nach mir hat sicher noch ein weiterer Schweizer, ich denke es war der Secretary, Hptm. Widmer, dieselbe Reise gemacht, ebenfalls auf LST 399. Er hat sich von mir anstecken lassen. Vermutlich hat er zwar in Japan nicht genau dieselbe Route gewählt wie ich. Da war zuviel vom Zufall abhängig, als dass man alles im Voraus planen konnte. Ob später noch weiteres Schweizer diese "Fähre" von Korea nach Japan benutzten entzieht sich meiner Kenntnis.

Adj Uof Rüegger Max 48/56 November 2000

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6 Einsatz als diplomatischer Kurier In jenen Jahren gab es bei der schweizerischen und schwedischen Delegation NNSC in Panmunjom einen schönen Brauch. Das war der Kurierdienst nach Tokyo. Die Geschichte spielt in den Jahren 1964/65 und "Reisen" war eine exklusive Angelegenheit und noch nicht "Volkssport". Beide NNSC Delegationen hatten das Bedürfnis ihren "Oberen" zuhause in regelmässigen Abständen Nachrichten zukommen zu lassen, die nicht für die Allgemeinheit bestimmt waren. Meistens handelte es sich dabei um vertrauliche oder sogar geheime Dokumente, sowie eventuell Kleinigkeiten, die in einem Kurierbeutel Platz hatten. Solche Dinge wurden nämlich in einem soliden, versiegelten Kurierbeutel (eine Art Miniatur-Postsack) von einem Kurier überbracht. Im Falle der Post der schweizerischen und schwedischen Delegation NNSC bedeutete das nun nicht, dass jemand von uns die Reise nach Bern oder Stockholm angetreten hätte. Nein, es ging lediglich darum solche Post aus Panmunjom zur nächsten diplomatischen Vertretung zu bringen. Weder die Schweiz noch Schweden hatten damals eine eigene diplomatische Vertretung in Korea. Also war damals für beide Staaten die Panmunjom am nächsten liegende diplomatische Vertre-tung deren Botschaft in Tokyo. Aus diesem Grunde hatte man damals einen regelmässigen Kurierdienst eingerichtet der wöchent-lich ein Mal durchgeführt wurde. Swissair und SAS flogen damals Tokyo pro Woche ebenfalls je ein einziges Mal an und unser Kurierdienst wurde auf den betreffenden Flugplan abgestimmt. Irgendjemand in grauer Vorzeit in der Geschichte von Panmunjom hat dann die schöne Idee gehabt, dass es eigentlich witzlos sei jemanden per Flugzeug nach Tokyo zu delegieren, der dann rasch bei den beiden Botschaften vorbeigeht, den Beutel mit der diplomatischen Post abgibt, den neuen Beutel übernimmt und sich gleich wieder ins Flugzeug setzt. Es wurde also eine für die schweizerischen und schwedischen Mitglieder der NNSC erfreulichere Art des Kurierdienstes gefunden. Ich weiss nicht mehr genau an welchem Wochentag der Kurierflug stattfand. Ich habe noch irgendwie so eine Ahnung als ob es der Freitag gewesen wäre, aber ich kann mich auch irren. Wer also am Kuriertag am Morgen von Seoul aus mit dem erstmöglichen Flugzeug der MATS abflog, der erreichte nach ca.6 Stunden Flugzeit Tokyo. Das war dann am frühen Nachmittag. Bei seiner Ankunft auf der Tachikawa AFB fand er einen US Staff Car mit einem japanischen Fahrer vor, der mit ihm den "Botschaften-Kehr" machte und ihn schlussendlich im Dai-Ichi Hotel absetzte. Es brauchte unbedingt einen japanischen Fahrer, da Tokyo damals keine Strassenbezeichnungen und keine Hausnummern kannte. Adressen waren reine "Beschreibungen", was z.B. den Taxifahrern manches Kopfweh bereiteten. Unsere Fahrer kannten aber die Botschaften und so war das kein Problem. In den beiden Botschaften gab man den jeweiligen Postsack ab und anschliessend hatte man "eine Woche frei". Am Kuriertag der nächsten Woche wartete am Morgen früh wieder ein Staff Car der US Air Force mit japanischem Fahrer vor dem Dai-Ichi Hotel. Dieser machte mit einem wieder den "Botschaften-Kehr" und man traf gegen Mittag in der Tachikawa AFB ein, um auf den Abendflug nach Seoul einzuchecken. Da es in Tachikawa im Vergleich mit einem heutigen Airport eher gemütlich zu und her ging und es keine strenge Absonderung zwischen ankommenden und abfliegenden Reisenden gab, sah man mit etwas Glück irgendwo den Kollegen der soeben angekommen war. Man konnte Adj Uof Rüegger Max 49/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) mit ihm einige Worte wechseln und ihm vielleicht noch den einen oder anderen Tip geben, z.B. wo irgend etwas interessantes los war in Tokyo.

6.1.1 Tachikawa AFB (Air Force Base)

Dieses Bild zeigt den Passenger Terminal auf der Tachikawa AFB, einer Basis der US Air Force. Wenn man das Bild betrachtet, dann ist klar, dass damals alles in einem etwas gemütlicheren Tempo ablief als auf einem heutigen Flugplatz. Die Tachikawa AFB lag etwa 50 - 70 km vom Stadtkern von Tokyo entfernt. Es war eine richtige amerikanische Stadt in Japan. Neben der eigentlichen Air Base, mit den fliegerischen Einrichtun-gen, gab es dort alles was eine "amerikanische Stadt" zum Leben braucht. Es gab Unterkünfte für Reisend (BOQ's), Mess Hall's, Restaurants, Clubs, Kino, Chapel, PX, Spital, Petrol Station, Wohnblocks für Personal und Einfamilienhäuser für die "Big Shot's". Man konnte dort sehr gut leben, ohne die Air Base auch nur einmal zu verlassen. So haben es sicher auch viele der Ameri-kaner gehalten die dort lebten. Japan war ja für sie eine Welt in der alles anders war, angefangen vom Linksverkehr auf der Strasse, über die japanische Schrift die "keiner" lesen kann bis zur Tatsache, dass man sich mit den wenigsten Japanern in Englisch, geschweige denn im amerika-nischen Slang unterhalten konnte.

Adj Uof Rüegger Max 50/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Wenn man keinen Staff Car zur Verfügung hatte, dann war der Weg von Tachikawa ins Zentrum von Tokyo doch etwas beschwerlich. Das ging dann mit japanischem Bus und der Eisenbahn. Meistens allerdings hatten wir das Privileg und den Luxus einer offiziellen Limousine samt Fahrer. Auf der Taschikawa AFB standen auch immer ganze Kollektionen interessanter Flugzeugtypen herum. Wie man sieht bestanden keine grossen Einschränkungen und im Grunde genommen konnten wir überall auf der Air Base frei herumlaufen und unsere Nase in alles und jedes stecken. Dieses Bild zeigt eine der berühmten Globemaster Transportflugzeuge, ver-mutlich eines der ersten Grossraumflugzeuge überhaupt. Bei dieser Maschine handelt es sich um eine Boeing Stratoscruiser. Dieses Flugzeug wurde ursprünglich als Verkehrs-flugzeug entwickelt, wurde aber sehr schnell durch das Aufkommen der Jets (Boeing 707, DC-8, Caravelle, COMET etc.) verdrängt. Viele Maschinen flogen aber noch jahrelang für die US Air Force, als Frachter sowie auch in einer Version als Tanker.

Adj Uof Rüegger Max 51/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Hier sieht man eine DC-4. Die DC-4 war neben der Super Constellation die Standard Maschine von MATS auf der Route Seoul - Tokyo - Seoul. Diese Maschine hier ist eine Air-Force Maschine, während unsere MATS Flüge häufig nicht von der Air Force sondern von der "AIR AMERICA" geflogen wurden. Dass die "AIR AMERICA" der CIA gehörte und auch für allerhand "trübe" Aktionen eingesetzt wurde, haben wir damals natürlich nicht gewusst. Die AIR AMERICA flog viel in Vietnam, Kambodscha und Laos. Die berüchtigte Rolle, die AIR AMERICA damals gespielt hatte, kam erst lange nach Ende des Vietnam Kriegs ans Licht. Für uns war das einfach eine ganz normale Charter Airline. Einmal habe ich mit AIR AMERICA einen etwas makabren Flug absolviert. Ich war als Kurier unterwegs von Seoul nach Tokio. Es hatte ausnehmend wenig Leute in der Halle die auf das "Boarding" für diesen Flug warteten. Als wir dann einsteigen konnten sahen wir dann schon warum. Es war nämlich nur die hintere Hälfte der Maschine "bestuhlt". Vorne war die Fläche "frei" bezw. doch nicht ganz frei. Es waren nämlich 2 Särge aufgestellt, der jeder von einer grossen US Flagge abgedeckt war. Ebenso war eine Ehrenwache dabei, bestehend aus vier auf Hochglanz polierten Angehörigen der US Military Police, die die beiden Särge nach Tokyo begleiteten. Es handelte sich um verstorbene amerikanische Militärangehörige deren Leichname so in die USA heimgeschafft wurden. Alles in allem wurde dies für die Passagiere doch ein recht nachdenklicher Flug.

Adj Uof Rüegger Max 52/56 November 2000

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6.1.2 Das "Dai-Ichi" Hotel Wenn wir Kurierdienst hatten, dann wohnten wir in Tokyo im "Dai-Ichi" Hotel. Der Name "Dai-Ichi" soll "Nr. 1" bedeuten, in der asiatischen Denkart heisst das "sehr gutes Hotel". Es ist das Gebäude in der Mitte im Hintergrund (hinter der Einbahnstrassen-Tafel). Es handelte sich um ein gutes Hotel der mittleren Preisklasse in dem auch erwarten konnte, dass an der Reception jemand Englisch sprach. Die Einzel-Zimmer waren bescheiden, etwa von den Ausmassen einer Mönchs-Zelle. Immerhin verfügten die Zimmer über ein Lavabo und ein eigenes WC. Zum täglichen Bad gab es auf jeder Etage zwei Gemeinschaftsbäder, eines für Frauen und eines für Männer. Getrennte Bäder waren damals in Japan unüblich. Es war bereits eine Anlehnung an die westliche Kultur mit ihrer Geschlechtertrennung. Das "Dai-Ichi" Hotel wurde zwar zum überwie-genden Teil von Japanern frequentiert (Geschäftsleute), es gab jedoch auch Ameri-kaner und Europäer als Gäste. Das Hotel lag in der Nähe der Ginza, der Hauptgeschäfts- und Hauptflanierstrasse von Tokyo. Auch hatte es ganz in der Nähe eine U-Bahn Station.

Während meiner Kurierdienst-Wochen in Tokyo (ich war etwa ein Dutzend Mal als Kurier einge-setzt) habe ich mich immer bemüht etwas von Japan zu sehen. Ich habe regelmässig mit der Eisenbahn Ausflüge unternommen. In einigen wenigen Fällen habe ich eine geführte Reise gebucht, meistens habe ich mir jedoch auf Grund von Informationen die ich mir beschafft hatte eine Reise zusammengestellt. Ich habe mir dann auf dem Bahnhof ein Billet gekauft, bin in den Zug gestiegen und losgefahren. Das war nicht immer ganz einfach. Erstens gab es die sprachliche Hürde und zweitens war es für gewisse Verbindungen unmöglich in Englisch geschriebene Fahr-pläne zu erhalten. Auch waren die Stationsnamen meistens nur in japanischer Schrift angeschrie-ben und nicht in Englisch. Ich habe mich dann jeweils radebrechend irgendwie durchgeschlagen. Ich habe so grosse Teile von Japan bereist, einzig auf der Insel Hokkaido, ganz im Norden wo Sapporo liegt, war ich nie. Das war mir zu weit und zu kompliziert. Interessant war's auf jeden Fall, ich habe viel über Japan erfahren. Vielleicht habe ich durch Trips auf eigene Faust einiges nicht gesehen, das eigentlich zu den Standard-Sehenswürdigkeiten für Touristen zählt. Ich habe jedoch sicher viele Dinge gesehen, die ein "normaler" Tourist nie zu sehen bekommt.

Adj Uof Rüegger Max 53/56 November 2000

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6.1.3 Spezial-Taggeld für Kurierdienst Wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt, dann wurde die Hotelrechnung (Zimmer und Frühstück) jeweils "automatisch" bezahlt, wir mussten uns nicht darum kümmern. Als Lebenshaltungsbeitrag erhielt jeder Kurier ein Taggeld von US $ 10.-, das waren damals SFr. 43.-. Wir versuchten dann mit diesem Geld über die Runden zu kommen, d.h. Essen, Reisen, allfällige Eintritte, ab und zu mal ein Bier etc. Auch für die 2 Reisetage, an denen man kaum Geld ausgeben konnte, erhielten wir das Taggeld, das war generös. Wenn man sparsam lebte, dann ging das meistens ganz gut, ohne dass man den "Notgroschen" angreifen musste. Ich habe meistens doch jedesmal etwas zugeschossen, denn ich habe doch ab und zu auf Reisen in einer Ryukan oder einem billigen Western Style Hotel übernachtet und auch die Bahnbillete waren nicht gratis. Ich habe dann eher beim Essen gespart. Ein Reisgericht in einem japanischen Restaurant und eine Flasche Bier kosteten kein Vermögen. Wenn ich in Tokyo war, dann habe ich manchmal folgenden Trick angewendet. Das Restaurant im "Dai-Ichi" Hotel machte zweimal pro Woche einen Abend mit Buffet-Dinner. An einem solchen Tag habe ich dann kräftig gefrühstückt, den ganzen Tag über den Hunger mit strammer Haltung überlistet und auf den Abend gewartet. Das Buffet kostete jeweils die fürstliche Summe von ca. US $ 3.-- (respektive das equivalent in Yen). Was man dafür an Gegenleistung bekam war sehens- und essenswert. Es gab drei verschiedene vollständig ausgestattete Buffets, je eines mit • chinesischer Küche • japanischer Küche und • westlicher Küche Da es sich um ein Buffet-Dinner handelte konnte man sich nach Herzenslust bedienen. Ich startete meistens den Abend mit der chinesi-schen Küche und ich schlürfte so Köstlichkeiten wie Shark-Fin-Soup oder Tourtle-Soup, dann folgten 100-Days-Eggs (in der Schweiz "faule Eier" genannt), Sweet-and-Sour-Pork, Teig-täschchen mit Füllung (chinesische Ravioli), verschiedenste Arten von Gemüse etc. Anschliessend folgte ein Querschnitt durch die japanische Küche (es muss ja nicht immer Sukiyaki sein) mit viel Fisch und Meeresfrüchten und zu guter Letzt, wenn schon fast nichts mehr ging, verputzte ich noch ein schönes Steak aus der Kollektion der westlichen Küche. Das waren dann gut angelegte US $ 3.-.

Adj Uof Rüegger Max 54/56 November 2000

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Erinnerungen eines Koreafunkers Teil 5: JSA - CSSR/Polen Camp - Reise nach Pyongyang - Freizeitgestaltung, etc.(Jahre 1964-65) Mit einem Völlegefühl im Magen folgte dann ein Spaziergang die Ginza rauf und runter. Auch ein kleiner Abstecher in die Nebengäss-chen durfte nicht fehlen. Die engen Hinter-gassen waren allesamt von einer Mischung aus modernen Leuchtreklamen und traditionellen japanischen Lampions beleuchtet. All die kleinen japanischen Tee-Häuser und Bars luden einem noch zu einem Drink ein, meistens war das ein Halb-Liter Kübel Sapporo Bier. Dann war die nötige Bettschwere erreicht und morgen wartete ja wieder ein neuer Tag.

Adj Uof Rüegger Max 55/56 November 2000

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6.1.4 Die Einteilung des Kurierdienstes Der Kurierdienst nach Tokyo wurde von den Schweizern und den Schweden gemeinsam erledigt. Der Fahrplan war theoretisch so, dass wir uns abwechselten. Also eine Woche war ein Schwede Kurier, die nächste Woche ein Schweizer. Ausser dem Chef und dem Alternate beteiligten sich alle Delegationsmitglieder unbesehen ihrer militärischen Ränge am Kurierdienst. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hatten wir sogar "Alternates" die die Möglichkeit ausnützten als "hochrangige" Kuriere auf diese Weise für eine Woche nach Japan zu gehen. Wenn man in jeder Delegation davon ausgeht, dass sich je 7 Personen am Kurierdienst beteiligen, dann hatte jeder theoretisch alle 14 Wochen (d.h. ca. alle 3 - 4 Monate) die Gelegenheit zu einem Kurierflug nach Tokyo. Im Leben geht aber nicht immer alles rund. Es gab immer wieder Fälle, wo jemand der eigentlich gemäss Liste hätte den Kurier spielen sollen, aus irgendeinem Grunde dieser Pflicht nicht nach-kommen konnte. So hallte denn in regelmässigen Abständen der Ruf durch's Camp:

"Wer kann für mich in Woche so und so den Kurierdienst übernehmen?" Manchmal fand sich ohne weiteres ein Ablöser oder Abtauscher, manchmal auch nicht. Wenn sich kein Ablöser finden liess, dann waren immer wir beiden Funker gefragt. Wir hatten ja die einzige Funktion in den beiden NNSC Delegationen inne die doppelt besetzt war. Einer von uns reichte aus um den Funkdienst zu erledigen sowie Büroordonnanz zu spielen. Auf jeden Fall ich selbst bin etwa ein Dutzend Mal in als Kurier in Tokyo gewesen. Dies ist bedeutend öfter als es gemäss dem normalen Ablöseplan der Fall gewesen wäre.

Adj Uof Rüegger Max 56/56 November 2000