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GESCHICHTE Simon Gschnell - ein Mörder ohne Reue Erker Jahrgang 24 - Dezember 2012 FRANZENSFESTE Eine Gemeinde schafft sich ab GESUNDHEIT Countdown für Neuroreha Monatszeitschrift für das südliche Wipptal - Mensile per l’Alta Val d’Isarco Extra I Weihnachten & Neujahr Italienische Post AG – Versand im Postabonnement Einzelnummer 0,75 Euro G.D. 353/2003 (abgeändert in Ges. 27/02/2004 Nr. 46) Art. 1,1 - Fil. Bozen - Postgebühr bar bezahlt - I.P. Beschluss der Landesregierung widerrufen Windstille

Erker 12 2012 1

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GESCHICHTESimonGschnell - ein Mörder ohne Reue

ErkerJahrgang 24 - Dezember 2012

FRANZENSFESTEEine Gemeinde schafft sich ab

GESUNDHEITCountdownfürNeuroreha

Monatszeitschrift für das südliche Wipptal - Mensile per l’Alta Val d’Isarco

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I.P.

Beschluss der Landesregierung widerrufenWindstille

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Frohe Festtage!Buone Feste!

Wir wünschen Ihnen frohe Weihnachten und freuen uns auf gemeinsame Erfolge im Jahr 2013! Vi auguriamo un felice Natale e un 2013 ricco di soddisfazioni!

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editorialinhalt erker dezember 12

titelgeschichte _ 28

Nächster Redaktionsschluss: 14.12.12Redaktion Erker, Neustadt 20 A, 39049 Sterzing, Tel. 0472 766876, Fax 0472 760394, [email protected], www.dererker.it

18 _ TOPONOMASTIKBall geht an Bezirke

26 _ FRANZENSFESTEEine Gemeinde schafft sich ab

32 _

36 _

52 _

STERZINGCountdown für Reha UMWELTSchwindende GletscherGESCHICHTESimon Gschnell - ein Mörder ohne Reue

parte italiana72 _ Brennero: Il TAR boccia il parco eolico

72 _ Vipiteno: Neuroriabilitazione si farà

73 _ Toponomastica: No del governo alla legge provinciale

77 _ Alta Val d’Isarco: Musica e cultura a fine d’anno

93-101 _ erker-extraweihnachten & neujahr

rubriken62 _ Woher stammt der Name ...? 111 _ Gemeinden

102 _ Frageecke 112 _ Veranstaltungen

102 _ Aus der Seelsorgeeinheit 114 _ Kleinazeiger

104 _ Erkoku 115 _ Pfiffikus

104 _ Leute 116 _ Sumserin

105 _ Rezept 117 _ Rätsel

106 _ Jahrestage 118 _ Impressum

118 _ Vor 100 Jahren

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Landesregierung will uns nicht mehr aus dem Kopf gehen. Und ja, wir machen uns ernsthaft Sorgen um sie. Was mag in den Landesräten und ihrem Hauptmann nur vorgegangen sein, als sie vor einem Jahr den Windpark am Sattelberg genehmigten? Übersahen sie doch glatt, dass der Standort eigentlich unter Landschaftsschutz steht, ignorierten sämt-liche negative Gutachten, widersprachen eigenen Verordnungen. Waren die Regierungsmitglieder an jenem Tag müde, schwirrten zu viele andere Aufgaben im Kopf herum, die sie noch zu erledigen hatten? Waren sie mit den vielen zu berücksichtigenden Gesetzen überfordert? Sie, die einge-fleischten Polit-Dinosaurier? Fakt ist: Sie haben gegen sämtliche Richtlinien und Gesetze verstoßen. So konnte das Verwaltungsgericht wohl gar nicht anders, als ihren Genehmi-gungsbeschluss in den Wind zu schießen.Mag sein, auch eine Landesregierung wird älter. In Südtirol sitzen seit Jahrzehnten dieselben Gesichter an der Spitze. Zusehends besorgniserre-gend ist aber ihre Vergesslichkeit. Sogar ihre Sehkraft hat stark nachge-lassen. So merkte bei der Vergabe der Wasserkonzessionen keiner, dass ihr die landeseigene Energiegesellschaft SEL „geschönte“ Daten unterschob, um den Wettbewerb zu gewinnen. Keiner ahnte, dass unter vier Augen geheime Wettbewerbsunterlagen der Konkurrenten gelüftet wurden, au-ßer Landesrat Michl Laimer – inzwischen „Ex“ – selbst. Aber mit solchen Geheimnissen geht man ja nicht hausieren. Und der Landeshauptmann scheint ihm den Zwischenfall auch längst verziehen zu haben.Solche Vorkommnisse machen aber zwangsläufig skeptisch. Was wir noch gelernt haben: Vorsicht, wenn Beschlüsse „der Umwelt zuliebe“ ge-macht werden. Denn oft kommt’s danach ganz dicke. Wie beim Eisack, den die Landesregierung im Sommer 2009 – wie Lan-deshauptmann Durnwalder betonte – „sehr ungern“ unter Schutz gestellt hat. Nicht so Michl Laimer. Dieser rief uns damals sogar persönlich in der Redaktion an, um uns mitzuteilen: „Der Eisack steht unter Schutz!“ Sei-ne Stimme klang fröhlich, beinahe aufgeregt, als würde er es selbst kaum glauben. Erst viele Monate später sollten wir erfahren, dass genau wegen dieser Unterschutzstellung mehr als eine Handvoll Projekte für ein Wasserkraft-werk am Eisack abgeschossen wurde und dem Kauf des Kraftwerks Stein an Stein in Mittewald Tür und Tor geöffnet werden konnten. Resolute Töne schlug die Landesregierung auch an, als es um die Wind-energie ging. So verkündete sie erst, dass Südtirol kein idealer Standort für Windparks sei, „weil landschaftlich nicht tragbar“. Wow, dachten wir uns, eine Regierung, ein Wort. Aber es blieb beim Wort. Die Verordnung wurde „verfeinert“, die „Ausnahme Brenner“ geschaffen, Windstärke und Meeres-höhe geändert, damit am Ende doch noch Windräder drehen dürfen. Wa-rum nicht gleich Klartext reden? Was uns am allermeisten ärgert: erst groß versprechen und dann zurecht-biegen. Energie ist ein dubioses Geschäft, Politik auch.

Es ist viel passiert in diesem Jahr. Lassen wir es erst einmal ruhig aus-klingen, das Geschehene absitzen. Kraft schöpfen für ein neues. Wir wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, geschätzte Werbe-kunden und Abonnenten ein freudiges und erholsames Weihnachts-fest und einen guten Rutsch ins Jahr 2013.

Die Redaktion

Windstille Windparkgegner haben ihr Ziel erreicht: Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Landesregierung zur Genehmigung von 19 Windrädern am Brennergrenzkamm aufgehoben: wegen Verletzung und falscher Anwen-dung von Gesetzen, Verfahrensfehlern, widersprüchlichen Verwaltungsak-ten, Befugnisüberschreitung und unzureichender Begründung. Ein bittere-rer Schlag für die Projektbetreiber.

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leserbriefe

Krebs-OP in geübte HändeLieb Vaterland, kannst ruhig sein! Was Monti nicht gelingt, das schafft Theiner mit seinen Tech-nikern in einer Hau-Ruck-Aktion spielend, nämlich die Demontage unseres bisher als vorbildlich gel-tenden kapillaren sanitären Versor-gungssystems. Nachdem bislang meines Wissens sich noch keiner

unserer lokalen und auch überge-meindlichen politischen Mandata-re zum „Techniker-Vorschlag“ nega-tiv geäußert hat, ist anzunehmen, dass sie sich der Ungeheuerlichkeit des „Vorschlages“ entweder nicht bewusst sind oder sich schon in Resignation üben. Denn was uns da von Theiner und Co. als Schritt nach vorne und ohne Bezug auf Sparmaßnahmen untergejubelt wird, kann und muss nach auch nur oberflächlicher Analyse Punkt für Punkt abgelehnt werden. Was die Sparmaßnahmen betrifft, muss gesagt werden, dass durch diese Maßnahme noch mehr Geld verplempert wird, aber das ist dem Theiner ja egal, wenn etwa zig Tu-mor-Patienten aus dem Wipptal statt nach Sterzing dann nach Bo-zen fahren müssten. Dazu kommt, dass es sich dabei zumeist um älte-re oder alte Patienten handelt, die auf Angehörige angewiesen sind, die sie zu den oft langwierigen Krankenhausaufenthalten trans-portieren müssten, vorausgesetzt, dass diese sich die Zeit nehmen können, von der Arbeit fern zu blei-ben, denn die Wartezeiten in Bozen sind erfahrungsgemäß eher länger als in den peripheren Strukturen. Dazu kommen die sehr viel län-geren Anreisen für Besuche in der Folgezeit, die sich bei solchen Ein-griffen auch auf längere Zeit erstre-cken können.Wie Dr. Oswald Mayr richtig an-führt, wird die Liberalisierung des Gesundheitsmarktes innerhalb der EU ab 2013 zu einer Abwanderung

Mobilfunkmast in StangeErker 11/12

Von den Gegnern der Mobilfunk-masten werden verschiedene mög-liche negative Auswirkungen vor-gebracht und als wissenschaftlich belegt dargestellt. Auf den ersten Blick mögen viele der vorgebrach-ten Argumente stichhaltig schei-nen, sie halten jedoch einer korrek-ten wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand, wurden bereits wider-legt oder sind gar keine. So wird mit dem Verweis auf Schwächere – „Kann denn niemand hier (auch nur einmal) an die armen Kinder den-ken?“ –, eine Linie verfolgt, um Geg-ner präventiv zu diffamieren. Lo-gisch, wer etwas gegen Kinder hat, ist gewiss ein schlechter Mensch, dem man keinen Glauben schen-ken darf. Anstatt neutraler Begriffe werden im Bewusstsein der Bevöl-kerung negativ verankerte Begrif-fe wie Handystrahlung und Elekt-rosmog verwendet. Dabei handelt es sich aber immer um elektromag-netische Felder, zu denen u. a. auch das Sonnenlicht gezählt wird. Als einziger namentlich genannter Gegner spricht F-Landtagsabge-ordneter Thomas Egger das wahr-scheinlich größte Problem an, näm-lich die psychische Komponente. Mit auf völlig haltlosen Verständ-nismodellen basierendem Halbwis-sen und Hörensagen wird seit Jah-ren Demagogie betrieben und gut-gläubigen Menschen die Meinung

vorgegeben. Natürlich ist es da eine Zumutung, sich plötzlich einer sol-chen Bedrohung wie Mobilfunk-masten gegenüber zu sehen. Bös-artige Strahlen erfordern nun mal weniger Denkarbeit und sind damit leichter zugänglich als komplizier-te physikalische Vorgänge. Damit ist inzwischen jede vernünftige Dis-kussion auf Basis von wissenschaft-lichen Modellen schwer bis unmög-lich geworden. Da man nicht mehr auf wissenschaftliche Modelle hört, sprießen (auch von der Landesre-gierung propagierte) sowie alterna-tivmedizinische Einrichtungen aus dem Boden. Wohin der Verzicht auf Anwendung wissenschaftlicher Methoden in Gesundheitsbelangen führen kann, wurde erst kürzlich in der Wochen-zeitung „Die Neue Südtiroler Tages-zeitung“ (Ausgaben vom 17.10. und 19.10.2012) thematisiert und sollte allen eine Warnung sein.

Christian Trenkwalder, Wiesen

ins Ausland führen, begleitet mit Mehrkosten für unsere Sanitätskas-sen. Durch diese Maßnahme wird die Abwanderung noch forciert. Ich werde, falls ich die Wahl haben sollte, Innsbruck wählen. Bozen kommt für mich erst alternativ in Frage, wenn Sterzing der von oben gewollten Entmündigung zum Op-fer fiele. Der weiteren Aussage von Mayr, dass die Qualität der Operationen mit der Häufigkeit der Eingriffe pro Arzt steigt, kann ich nur mit gro-ßen Vorbehalten zustimmen. Denn Massenabfertigung unter Zeitdruck ist für die Qualität der Arbeit sicher nicht dienlich. Und außerdem ist es eine Frechheit, den bewährten exzellenten Chirurgen der kleinen Strukturen die Fähigkeit zu guten Eingriffen dadurch abzuerkennen.Und nun das ganz Fiese an der ganzen Geschichte: Ich werde den Eindruck nicht los, dass man mit dieser Aktion die ganzen Lippen-bekenntnisse der vergangenen Jahre Lügen straft, wo immer be-ruhigend in Sonntags- und ande-ren Reden behauptet wurde, dass die kleinen Krankenhäuser unan-tastbar sind und nie und nimmer geschlossen werden. Der Meinung bin ich auch. Sie werden nicht ge-schlossen. Das tut sich von allei-ne. Sagen Sie mir, Herr Theiner, mit welcher Motivation soll ein ange-hender Chirurg eine Stelle in Ster-zing antreten, wenn er von vorne- herein weiß, dass seine Karriere sich auf Gipshaxn und Blindarm-operationen reduzieren wird? Er

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leserbriefe

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Schreiben Sie uns!Erker-Leserbriefredaktion Neustadt 20 A, 39049 SterzingFax 0472 760394,[email protected]

Das Jahr mit der größten Unwet-terkatastrophe seit Jahrhunder-ten geht nun dem Ende entgegen. Die gigantischen Ausmaße der Zerstörung durch die Geröll- und Schlammmassen in und um die Gebäude, auf Wiesen und Fluren, die beschädigten Straßen und Brü-cken sind großteils nur mehr auf Fotodokumentationen zu sehen.

Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ist Geheimnis, aber jeder Augenblick ist ein Geschenk.

Wir möchten uns am Jahresende noch einmal bei all unseren Helfern herzlich bedanken. Wir danken al-len, die an uns gedacht haben und uns Mut und Zuversicht gegeben haben, allen Gönnern und Spen-dern und allen, die an uns glau-ben.Wir wünschen allen ein gesegnetes und ruhiges Weihnachtsfest und ei-nen guten Start ins neue Jahr.

Familie Thomas und Sandra Par-schalk mit Andreas und Michael

Pfiat Enk!

Hou, Hou, Hou! Hi – I am your … Na, muas i schun tirolerisch redn. Iatz bin i schun a poor Johr do in Schterzing und iberhaup di Kin-der hobm mi recht guat unge-nummen. For a poor Toge hon i mitn Bursche, ba den i ollm four der Tire schtian derf (eigntlich a takter Hegl), girett und nor hotter mir gsogg, dass huire nicht isch. Jo wia, hon i gimuant, a wia a Wer-bung hon i a gimocht und di Hin-terschredner sein ungschtondn, Foto zi mochn mit mir und imen

Kinderler, und iatz nicht mer. Jo es hot khoassn, i bin zi wianig tirole-risch und pass net ins weihnachts-tiroler Konzept (a schians Wort); weil in Sterzing wert olls traditio-nell südtirolerisch gemocht und es wert olls lei tirolerchinesisches Zuig verkaft. Am End pass i nia-mer zi de chinesischen Spezialti-rolerweihnochtsapparatetianer, sell werts sein.Dechter a schians Weihnachtn – so long ...

Der Weihnachtsmonn von Welko Unterthiner, Sterzing

Vergelt’s Gott!

leserbriefe

Wir möchten uns herzlich für den unermüdlichen Einsatz und die große Hilfsbereitschaft nach den Unwetterschäden in der Nacht vom 4. auf den 5. August in Bur-gum bedanken.Ein besonderer Dank gebührt der Freiwilligen Feuerwehr Kematen, den Feuerwehren des Bezirkes Wipptal, dem Zivilschutz, dem Mi-litär, der Wildbachverbauung, der Gemeindeverwaltung und allen freiwilligen Helfern.

Familie Richard Messner

Einen herzlichen Dank dem KVW-Bezirksausschuss Wipptal für die wertvolle Unterstützung in unserer Notsituation.

Familie Markus Graus, Afens

wird sich an größeren Strukturen bewerben. Bozen, vielleicht auch Brixen werden dann wieder aus allen Nähten platzen und es muss neu- und dazugebaut werden. Eini-ge Milliönchen wird das auch wie-der kosten.Und abschließend noch eine Ant-wort auf Dr. Alfred Königsrainer, der behauptet, dass der Patient für die beste Behandlung nicht nur 50, sondern 500 km Anfahrt in Kauf nimmt: Es gibt immer mehr Patien-ten, die nach 80 km sterben wür-den, weil das Geld für die Fahrkarte nicht mehr reicht.

Norbert Plattner, Wiesen

Es ist wieder grün geworden um uns herum und das alles im Zeit-raum von nur drei Monaten. Dies alles verdanken wir einer beispiel-losen Hilfsbereitschaft der Mitbür-ger des gesamtes Wipptales, den Nachbarn, dem Einsatz aller Frei-willigen Feuerwehren des Bezirkes, der großzügigen Unterstützung der Gemeinde Pfitsch und der Wildbachverbauung sowie dem Landwirtschaftsinspektorat.

Ein herzliches Vergelts‘s Gott an alle

Familie Weissteiner, Tulfer

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aktuell

fuggerroppe

Ergebnis Umfrage NovemberGlauben Sie, dass der Landeshauptmann wirklich nichts von den Machenschaften in der SEL gewusst hat?

Stimmen Sie ab auf www.dererker.it!

ja

nein

weiß nicht

17 %

76 %

7 %

Die Dezember-Frage Ist Sterzing der geeignete Standort für dasReha-Landeszentrum?

ted - umfrage

Post: „Leidergeschlossen“

Die Postverwaltung hatte be-absichtigt, 13 periphere Post-ämter in Südtirol zu schließen und in elf weiteren die Öff-nungszeiten einzuschränken. „Durch Verhandlungen ist es gelungen, die meisten Schlie-ßungen, zumindest proviso-risch, abzuwenden“, heißt es in einer Aussendung der Postge-werkschaft im SGB/ CISL.Weitere Verhandlungen wird es somit auch in Bezug auf die Re-duzierung der Öffnungszeiten in Ridnaun geben.

Vor über zwei Jahren – im Sep-tember 2010 – hat der Gemeinde-rat von Sterzing einstimmig be-schlossen, im Nordpark eine neue Naherholungs-zone zu schaffen. Für den „Waldpark“ sollten die Gelder durch den Verkauf einer Grundparzelle im Nordpark verwendet wer-den.Auf der Ratssitzung Ende Oktober fragte die Frei-heitliche Fraktion nun nach, war-um die Gelder nicht wie vorgese-hen entsprechend verbucht wur-

den und bisher auch kein Gesuch um entsprechende EU-Fördergel-der eingereicht worden sei.

In seiner Replik erläuterte Bürger-meister Fritz Karl Messner, dass die Naherholungszone in Zusammen-

Sterzing

10 Wobi-WohnungenDie Landesregierung hat im November dem Ankauf von 59 Wohnungen durch das Wohn-bauinstitut zugestimmt. Zehn davon werden in Sterzing an-gekauft.

Sterzing

Wo bleibt der „Waldpark“?arbeit mir dem Forstinspektorat errichtet werden soll und das Pro-jekt erst Gegenstand des Leader-

Projektes 2014 sei. Die Er-löse aus dem Grundverkauf seien zur Bezahlung der damit beauftragten Tech-niker und für andere Grün-anlagen verwendet wor-den. „Die Gestaltung der orographisch rechten Seite des Fallerbaches macht auf jeden Fall erst dann einen

Sinn, wenn die Bauarbeiten für das Hotel ‚Steindl’ abgeschlossen sind“, so der Bürgermeister.

„Rollende Zeitbomben“Die Bilanz ist besorgniserregend: 13 Prozent der LKW mussten bei Kontrollen der mobilen LKW-Kontroll-stationen in der Sadobre Sterzing und Laas und bei Kontrollen der Straßenpolizei bereits wegen schwerer Mängel aus dem Verkehr gezogen werden. Bei 710 Kontrollen waren 91 LKW mangelhaft, vor allem Fahrge-stell, Bremsanlage und Räder.Die Grünen kommen zum Schluss: Mindestens 200.000 der zwei Millionen Transit-LKW sind auf der Brenner- autobahn mit Defekten unterwegs. „Es braucht eine Kontrollstelle nach Tiroler Vorbild“, fordern sie in einer Landtagsanfrage, die demnächst diskutiert wird. Als Standort schlagen sie das Sadobre-Gelände vor.Südtirol habe Nachholbedarf. In Nordtirol nehmen die fixen LKW-Kontrollstellen bei Kundl und Radfeld auf der Inntalautobahn an zwei bis drei Tagen so viele Kontrollen vor wie in Südtirol in einem Jahr.

Weil mir in an Rechtsstot leben,zwingt‘ s mi, zwoa Schritte zur Mitte zi tian.

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In Franzensfeste und Sterzing kann man gut verdienen. Die 2.588 im Wipptaler Hauptort beschäftigten Arbeitnehmer in der Privatwirt-schaft verdienten 2010 mit 30.041 Euro brutto nämlich landesweit nach Franzensfeste am meisten.In ganz Südtirol lag die durch-schnittliche Jahresbruttoentloh-nung bei 25.958 Euro. Damit ist die Kaufkraft der in der Privatwirt-schaft beschäftigten Südtiroler in den vergangenen fünf Jahren leicht gestiegen. Dies geht aus ei-ner Erhebung des Landesinstituts für Statistik ASTAT hervor.Die 5.387 in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer im Wipptal verdienten durchschnitt-lich 27.049 Euro und damit etwa 1.000 Euro mehr als im Landes-durchschnitt.Die höchsten Entlohnungen gibt es in der Finanzbranche (43.936 Euro), die geringsten im Gastge-

werbe (23.334 Euro).Landesweit haben die Arbeitneh-mer in der Privatwirtschaft zwi-schen 2005 und 2010 um 9,2 Pro-zent auf 163.823 zugenommen. Doch die Schere zwischen den ärmsten zehn Prozent und den Topverdienern klafft immer weiter auseinander: Die Topverdiener be-zogen mit durchschnittlich 68.186 Euro brutto rund fünfmal soviel wie Geringverdiener, die mit rund 14.000 Euro jährlich über die Run-den kommen mussten.

Wirtschaft

Sterzing zahlt gut

Jahresbruttoentlohnung

Franzensfeste 30.732Sterzing 30.041Brenner 26.743Freienfeld 25.854Pfitsch 24.092Ratschings 23.136Wipptal 27.049

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aktuell

Ende Oktober hat die Landesregie-rung die Richtlinien zu den Laden-öffnungszeiten erlassen. Demnach soll die Sonntagsöffnung entge-gen der von der Regierung Monti beabsichtigten völligen Liberalisie-rung eingeschränkt werden. Nun, so Landesrat Thomas Widmann, sei zu hoffen, dass Rom die Südtiroler Regelung akzep-tiere.Grundsätzlich kön-nen die Geschäfte in Südtirol künftig an Werktagen von 6.00 bis 23.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 6.00 bis 21.00 Uhr öffnen. In Tourismusgemeinden müssen die Geschäfte an mindes-tens 22 Sonntagen sowie am ers-ten Weihnachtsfeiertag, am Oster- und Pfingstsonntag geschlossen

halten. Zu den Tourismusgemein-den zählen jene 17 Gemeinden, die auf jeweils mehr als 300.000 Nächtigungen kommen, darunter als einzige Wipptaler Gemeinde auch Ratschings.Eine Sonderregelung gibt es auch für Grenzgemeinden. So können in

der Gemeinde Bren-ner die Geschäfte ab nun an allen Tagen im Jahr offen halten, um gegen die Kon-kurrenz im Nachbar-land bestehen zu können.In allen anderen Ge-meinden müssen die

Geschäfte an mindestens 35 Sonn-tagen geschlossen bleiben. Die Gemeinden können nun innerhalb von drei Monaten jene Sonntage bestimmen, an denen offen gehal-ten werden darf.

Franzensfeste

350 Millionen für BBT-Arbeiten

Der Bau des BBT generiert eine Wertschöpfung von 15 Milliarden Euro. Dies geht aus einer Studie

hervor, die kürzlich auf der Präsi-dentenkonferenz der Aktionsge-meinschaft Brennerbahn (AGB) in der Handelskammer vorgestellt wurde. Pro Jahr arbeiten 500 Men-schen auf den Baustellen. Laut BBT-Chef Konrad Bergmeister verbleiben 45 bis 50 Prozent der Wertschöpfung im Bundesland Ti-

rol, in Südtirol und im Trentino. In Südtirol macht dies 1,9 Milliarden Euro aus.

Im Jänner können 350 Millionen Euro für die BBT-Baustel-le bei Franzensfes-te ausgeschrieben werden, 180 Millio- nen Euro für jene bei Steinach.Laut Pat Cox, EU-Koor-dinator für die TEN-1-Achse, zu dem auch der Brennerbasistunnel

zählt, gehöre der Ausbau der Bren-nerachse nach wie vor zu den prio-ritären Projekten der EU. Der EU-An-teil an der Finanzierung könnte von derzeit 27 auf 40 Prozent für den Zeitraum 2014 bis 2020 angeho-ben werden, gab sich Landeshaupt-mann Luis Durnwalder nach einem Treffen mit Cox optimistisch.

Brenner

Grenzenlose Öffnungszeiten

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aktuell

Wipptal

Arbeitslosenquote bei 3,2 Prozent

Arbeitslosenquote 2012(bis Oktober)Brenner 3,4Franzensfeste 5,6Freienfeld 2,2Pfitsch 2,8Ratschings 3,1Sterzing 3,6Wipptal 3,2Angaben in Prozent

Arbeitslosenquote im Wipptal1998 5,32000 4,12003 2,42008 2,12011 2,92012 3,2Angaben in Prozent

2012 hat die Wirtschaftskrise erst-mals auch Spuren auf dem Süd-tiroler Arbeitsmarkt hinterlassen. Dies geht aus dem unlängst vorge-stellten Arbeitsmarktbericht her-vor. Demnach liegt die Arbeitslo-senquote in Südtirol derzeit bei 3,7 Prozent und damit um knapp zehn Prozent höher als noch im Vorjahr. Im europäischen Vergleich ist sie aber weiterhin überaus niedrig. Angestiegen ist allerdings die Ju-gendarbeitslosigkeit der 15- bis 29-Jährigen; sie lag letzthin in Süd-tirol bei sieben Prozent.Schwierig sei die Situation auch für Personen über 50 Jahre. Besonders im Bau- und Transportsektor sowie bei Banken und Versicherungen gingen letzthin viele Arbeitsplätze verloren.Im Wipptal ist die Arbeitslosenquo-te etwas niedriger als landesweit: Sie liegt zurzeit bei 3,2 Prozent. Auf kommunaler Ebene war sie in Fran-zensfeste zuletzt mit 5,6 Prozent am höchsten, in Freienfeld mit 2,2 Prozent am niedrigsten.

Dennoch: Die Arbeitslosigkeit im Wipptal war schon höher. 1998 be-trug sie 5,3 Prozent. In den Folge-jahren sank sie jährlich bis 2003 auf 2,4 Prozent. 2008 lag sie sogar auf 2,1 Prozent. Seither steigt sie wie-der leicht an.

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Zukunft von LEADER 2014 – 2020

SEL-Untersuchungskommission

„Zahnloses Gremium?“

Vertreter der Südtiroler LEADER-Ge-biete Martell, Ulten-Deutschnons-berg, Wipptal und Sarntal haben

kürzlich am LEADER-Forum Öster-reich der Vernetzungsstelle „Netz-werk Land“ in der Steiermark teil-genommen. Neben einem Erfah-rungsaustausch mit anderen LEA-DER-Gebieten stand vor allem die Vorbereitung der nächsten Förder-periode zur Entwicklung des länd-lichen Raumes im Vordergrund. Die EU wird strukturschwache Ge-biete eine weitere Periode über das LEADER-Programm fördern. Pedro Brosei von der Generaldi-rektion Landwirtschaft und ländli-che Entwicklung der Europäischen Kommission sowie Ignaz Knöbl

vom zuständigen Bundesministeri-um stellten Neuerungen in diesem Bereich vor. Schwerpunkt der Re-

gionalentwicklung 2014 – 2020 wer-den Themen wie Chancengleichheit, Beteiligung von Ju-gendlichen sowie der demografische Wandel bzw. die

Zu- und Abwanderung sein.Auch das LEADER-Gebiet Wipp-tal bereitet sich auf den nächsten Programmzeitraum vor und macht sich Gedanken über mögliche The-men und Projekte, die in den kom-menden zwei Jahren weiter aus-gearbeitet werden. „Wir hoffen, er-neut in die Förderperiode aufge-nommen zu werden, zumal wir in der abgelaufenen Periode gute Ar-beit geleistet haben“, so Bezirksge-meinschaftspräsident Armin Hol-zer. Ob die EU das Wipptal weiter-hin fördern wird, entscheidet sich voraussichtlich 2014.

In einer Aussendung erklärt sich der Freiheitliche Landtagsabge-ordnete Thomas Egger keineswegs verwundert darüber, dass die Volks-partei den PdL-Abgeordneten Mau-rizio Vezzali zum Vorsitzenden und Elmar Pichler Rolle (SVP) zu dessen Stellvertreter der Landtags-Unter-suchungskommission zum Thema Energie gewählt hat.„Von den drei vorgeschlagenen Kandidaten Egger, Dello Sbarba und Vezzali waren die beiden Erst-genannten der Volkspartei wohl nicht ‚gut‘ genug. Egger und Del-lo Sbarba, also genau jene, die sich bisher im Energiebereich beson-ders engagiert haben, wären der vielgepriesenen Aufklärung wohl vielleicht doch zu viel gewesen. Ein Vezzali hingegen, der sich bis-her um die Energiepolitik kaum ge-kümmert hat, soll jetzt die Kommis-sion leiten, wobei ihm Pichler Rol-

le als Vizepräsident ‚zur Seite‘ steht. Der von der SVP immer wieder an-gekündigten bestmöglichen Auf-klärung im Energie-Sumpf sind halt offenbar doch gewisse (parteipoliti-sche) Grenzen gesetzt“, stellt Egger mit Bedauern fest.„Es bleibt zu hoffen, dass die Unter-suchungskommission nicht zu ei-nem völlig zahnlosen und ruhigge-stellten Gremium verkommt. Dies wäre schade, da sich die Kommissi-on nicht nur mit den gerichtsanhän-gigen Fakten (Vergabe von Konzes-sionen, Treuhandgesellschaften im Energiebereich) zu beschäftigen, sondern auch die Energiepolitik im Allgemeinen zu überprüfen und zu bewerten hat. Die Neuausrichtung der Energiepolitik auf Landesebene ist Sache des Südtiroler Landtages und die Untersuchungskommission könnte in diesem Sinne wertvolle Vorarbeit leisten“, so Egger.

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Noch bis Ende 2014 steht dem In-terreg-Rat ein so genannter Klein-

projektefonds zur Verfügung. Über diesen können kleinere grenzüber-schreitende Initiativen und Projek-te rasch und unkompliziert unter-

stützt werden.

Der Interreg-Rat wurde 2008 ge-gründet, um die Grenzregion rund um den Brenner aufzuwerten. Der Erfolg der umgesetzten Projek-te gibt ihnen Recht. Dem Ziel, „ein Wipptal ohne Grenzen“ zu schaffen, sind Nordtirol und das Wipptal einen großen Schritt näher gekommen.

In Steinach haben sich die Interreg-Räte vor kurzem über die aktuelle und zukünftige grenzüberschreiten-den Zusammenarbeit unterhalten. So wird derzeit u. a. mit kulturellen Angeboten, historischen Highlights und Geschichten über das Reisen Gästen und Einheimischen die alte Brennerstraße attraktiv gemacht. Klettersteig, Wanderwege und Bro-schüren sollen grenzüberschreiten-de Touren um die Gschnitzer, Obern-

berger und Pflerscher Tribulaune schmackhaft machen. 2013 werden die beiden Forstbehör-den von Sterzing und Steinach gesi-cherte und waldschonende Skitou-renrouten in Pflersch und Ellbögen schaffen. Geplant sind im Brenner-gebiet Aufforstungs- und Waldbe-wirtschaftungsmaßnahmen. Für die nächsten Jahre gibt es weite-re Ideen, die, wie Leopold Siller, Vor-sitzender des Interreg-Rates Wipptal, sagt, „nur darauf warten, umgesetzt zu werden“. So wird an eine Wippta-ler Musik- und Literaturwoche in Zu-sammenarbeit mit Vereinen und Ge-

meinden gedacht, an die Vermarktung der Brenner-Radroute, an ein Schüler-austauschprogramm mit gemeinsamem Singen und Musizieren, an einen Kurs für Sänger, an Sommer-aktivitäten mit dem Ver-ein Sternschnuppe und dem VKE Sterzing, an eine

Wipptaler Innovationsbörse in Zu-sammenarbeit mit lokaler Wirtschaft und Oberschulen, an eine Daten-bank mit Imagebildern zum Down-loaden sowie Wirtschaftsgespräche am Brenner. Wer weitere grenzüberschreitende Ideen hat, kann sich an die Interreg-Koordinatoren Hugo Seyr oder Car-men Turin wenden. Sie begleiten Projekte und helfen bei der Abwick-lung des Kleinprojektefonds.

Interreg

„Ideen willkommen“

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14 erker dezember 12

aktuell

in den mund gelegt I Lehrer Lämpel (arbeitet 20 Stunden in der Woche) bei LH Durnwalder (arbeitet bis zu 24 Stunden am Tag)

I tua, wos i konn!Mehr isch nit drinn! Wia? Mehr isch nit drinn?

I schlof a lei jede zwoate

Nocht, damit i 24 Stunden

unterbring.

Auf dem Jaufen soll ein rund 64.000 Kubikmeter umfassender

Resort-Palast entstehen. Die Bau-arbeiten für das Klimahotel Jau-

fenhaus, für das die Sporthotel Kalcherhof KG des Pircher Bern-

hard & Co. als Bauherr verantwort-lich zeichnet, sollen bereits im

kommenden Jahr aufgenommen werden. Auf eine Landtagsanfrage der Grünen ist vor kurzem die Ant-wort von Tourismuslandesrat Hans

Berger eingelangt.

In ihrer Anfrage kritisierten Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba von den Grünen vor allem das „hal-bierte Traditionsbewusstsein popu-listischer Part-time-Heimatschüt-zer“, das „stets auf einem Auge blind“ bleibe und Großprojekte wie das Klimahotel Jaufenhaus ignorie-re. Dieses habe laut Sebastian Hel-fer, Bürgermeister der Gemeinde Ratschings, alle Instanzen von Ge-meinde und Landesverwaltung an-standslos passiert; auch die Land-schaftsschutzkommission habe kei-nen Einwand deponiert (der Erker hat in seiner August-Ausgabe da-von berichtet) – sozusagen ein Vor-zeigeprojekt, das allseits auf Gegen-liebe stößt.Wie Tourismuslandesrat Hans Ber-

ger, nach dem Ausscheiden von Michl Laimer nun auch für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zuständig, in seiner Beantwortung der Anfrage mitteilt, sei das Projekt bei der Raumordnung nicht vorge-legt, sondern mit Baukonzession in der Gemeinde genehmigt worden. Auch sei eine Umwidmung von „Al-pinem Grün“ in „Zone für touristi-sche Einrichtungen“ nicht erfolgt, weil diese nicht notwendig sei. Laut „Verordnung über die Erweiterung gastgewerblicher Betriebe und die Ausweisung von Zonen für touris-tische Einrichtungen“ dürften in strukturschwachen Gebieten wie der Gemeinde Ratschings neue Be-

triebe mittels Ausweisung einer Zone für touristische Einrichtungen im Rahmen eines Gesamtkonzep-tes errichtet werden. Zudem könn-ten dort bestehende Betriebe auch ohne Änderung des Bauleitplanes quantitativ erweitert werden; Vor-aussetzung dafür sei die Festlegung eines Erweiterungsindex, der laut Gemeinderatsbeschluss mit 135 quantifiziert und auf die bestehen-den 49 Betten angewandt worden sei.Während der Landesbeirat für Bau-kultur nicht einbezogen worden sei, habe die Landschaftsschutzkom-mission die Sachlage besprochen. Das Hotel sei demnach „recht schön eingebettet“, das Projekt brauche „so einen Körper, der sich zeigt und aus dem Gelände wächst“, weshalb das Projekt mehrheitlich – wenn auch mit Auflagen – befürwortet worden

„Recht schönes“ Jaufenhotel

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sei. Für die Außengestaltung müs-se ein entsprechendes Detailpro-jekt mit Lageplan vorgelegt werden, auch bezüglich der Ablagerung des anfallenden Aushubmaterials seien in Absprache mit der Forstbehör-de geeignete Standorte zu suchen; diesbezügliche Projekte müssten ebenfalls zur Begutachtung vorge-legt werden. Der Mutterboden sei nach Beendigung der Arbeiten wie-der aufzutragen, standortgerechtes Saatgut müsse unverzüglich ausge-bracht werden. Es sei ausschließlich die Verwendung von unbehandel-tem Holz zulässig.„Als Sicherstellung für die Einhal-tung der angeführten Ausführungs-vorschriften ist eine Kaution in Höhe von 25.000 Euro beim Amt für Land-schaftsschutz zu hinterlegen“, be-tont Berger in seiner Replik.

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erker dezember 12 15

aktuell

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16 erker dezember 12

aktuell

Spätestens seit in Stange der Aufstand geprobt wurde, wer-

den Handymasten auch im Wipptal wieder argwöhni-

scher beäugt. Zu den bereits bestehenden 58 Anlagen im

Bezirk sollen im kommenden Jahr sieben neue dazukom-

men. Eines gleich vorweg: Verhindert werden

können sie nicht.

Die Katze scheint sich in den Schwanz zu beißen: Ein Leben ohne Handy ist kaum mehr vorstellbar, immer und überall erreichbar sein ein Muss, ein Leben im Funkloch ein Horror. Was wäre die Welt, wenn ich nicht jederzeit meine momen-tane Befindlichkeit posten könn-te? Tagtäglich setzen wir uns – oft freiwillig, noch öfter völlig unbe-wusst – immensen Strahlenbelas-

tungen aus. Doch erst wenn – wie letzthin in Stange – ein neuer Sen-demast errichtet werden soll, wer-den wir aus un-serem unbeküm-merten Dornrös-chenschlaf ge-weckt. Plötzlich twittern – pardon zwitschern – es schon die Vögel von den Dächern: Die Strahlenbe-lastung nimmt ständig zu, doch kaum jemand weiß, mit welchen gesundheitlichen Folgen wir in Zu-kunft rechnen müssen. Die Errichtung neuer Sendeanla-gen geht inzwischen munter wei-

ter. In Südtirol gibt es zurzeit 782 Umsetzer für Mobilfunk (Stand: Ende September 2012). Seit 2008 sind also 211 Anlagen entstan-den, 105 davon allein im vergange-

nen Jahr. Es gibt sogar ganze acht mastenlose Gemeinden – was aber nicht heißt, dass sie auch strah-lungsfrei sind, macht Elektrosmog vor Gemeindegrenzen schließlich

Zankapfel Handymasten

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erker dezember 12 17

aktuell

nicht Halt. Im Wipptal werden wir derzeit von 58 Anlagen versorgt. Die Gemein-den Brenner (14 Anlagen) und Rat-schings (12 Anlagen) sind die ab-soluten Spitzenreiter. Bei einem Treffen der Wipptaler Bürgermeis-ter mit Luca Verdi, Amtsdirektor des Landeslabors für physikalische Chemie, wurde Mitte November die Jahresplanung der Mobilfunk-betreiber für 2013 präsentiert. Sie-ben neue Anlagen sollen demnach im kommenden Jahr im Wipptal entstehen. Während Sterzing und Franzensfeste sozusagen leer aus-gehen, ist in Freienfeld und Bren-ner je ein neuer Umsetzer geplant. In Freienfeld möchte Vodafone ei-nen Umsetzer auf einem bereits bestehenden Sendemasten bei der Autobahnraststätte errichten. „Wir werden Kontakt mit den Zuständi-gen von Vodafone aufnehmen, um eventuelle Unklarheiten aus dem Weg zu räumen“, so Bürgermeister Armin Holzer.In Pflersch soll ein Umsetzer der

RAS errichtet werden, wo sich auch private Anbieter einklinken kön-nen. „Dadurch kann verhindert werden, dass im Tal gleich mehrere Masten errichtet werden“, so Bür-germeister Franz Kompatscher. Der Eigentümer des Grundstückes, die Interessentschaft Pflersch, habe seine Zustimmung bereits gege-ben.In der Gemeinde Pfitsch liegen zwei Ansuchen vor. Vodafone möchte für das Zentrum von Wiesen einen neuen Umsetzer errichten, in Afens ist Wind auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Doch Bürger-meister Johann Frei gibt sich kämp-ferisch: „Wir sind dagegen. Wir wol-len keine neuen Masten.“Moderatere Töne schlägt Sebastian Helfer, Bürgermeister der Gemein-de Ratschings, an: In Stange wer-de gerade ein Alternativstandort für den Umsetzer des Mobilfunk-betreibers Tre gesucht, in Mareit sei ein Umsetzer von Wind vorge-sehen, in Ridnaun einer von Voda-fone. „Ich werde mich mit den Be-

Handymasten im WipptalBrenner 14Freienfeld 9Franzensfeste 9Ratschings 12Pfitsch 8Sterzing 6Wipptal 58

Stand: Ende September 2012Quelle: Geobrowser

treibern in Verbindung setzen und mit ihnen Gespräche führen. Mehr kann ich nicht tun“, so Helfer.Und in der Tat – den Bürgermeis-tern sind in ihrer eigenen Gemein-de die Hände gebunden, sofern sich die geplante Anlage außerhalb des Siedlungsgebietes befindet. Dort führt der Weg zu einem neu-en Handymasten seit Juni dieses Jahres nicht mehr über den ersten Bürger der betroffenen Gemein-de, sondern über den Landesrat für Raumordnung in der Person von Hans Berger. „Wir brauchen klare Entscheidungen“, betonte Landes-hauptmann Luis Durnwalder da-

mals. „Es geht nicht, dass gewisse Bürgermeister nur an ihre Gemein-de denken.“ Die Sendeanlagen sei-en schließlich von übergemeindli-chem Interesse.Innerhalb der Siedlungsgebiete er-teilt nach wie vor der Bürgermeister die entsprechende Ermächtigung. Jedes Projekt, wo auch immer es realisiert wird, wird einer gesund-heitlichen Bewertung unterzogen, wobei die Einhaltung der Grenz-werte kontrolliert wird. Außerhalb der Siedlungsgebiete kommt eine landschaftliche Bewertung durch die entsprechenden Landesämter hinzu. „Werden alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten, kommt we-der der Bürgermeister noch der Landesrat umhin, das Projekt zu genehmigen“, so Luca Verdi. Dann nützen auch Proteste von aufge-brachten Bürgern nichts mehr – es sei denn, der Betreiber lässt sich freiwillig darauf ein.

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18 erker dezember 12

aktuell

Als Mitte September der Landtag über das Toponomastik-Gesetz ab-stimmte, war von einem histori-schen Tag für Südtirol die Rede. Landeshauptmann Luis Durnwal-der betonte vor allem den „euro-päischen Geist“, von dem die Ent-scheidung getragen worden sei: „Wir hatten die Wahl, entweder nichts zu tun und damit den Status quo fortzuschreiben, in dem nur die faschistischen Wortschöpfun-gen amtlich waren, oder eine Lö-sung anzustreben, die zwar einen Kompromiss darstellt, die aber der aktuellen Situation im Land Rech-nung trägt.“ Christian Tommasi-ni (PD) zeigte sich erfreut darüber, dass mit diesem Gesetz ein Thema entschärft werde, das jahrzehnte-lang das Klima vergiftet habe.Euphorie herrschte jedoch nur bei den Vertretern von SVP und PD, die für den Gesetzentwurf gestimmt haben. Die Opposition sprach sich fast geschlossen dagegen aus; zwei Abgeordnete enthielten sich der Stimme.Gute Lösung versus kulturelle Ka-

tastrophe: Mauro Minniti (PdL) sprach von einer „Demütigung der italienischen Volksgruppe“, Gior-gio Holzmann, Kammerabgeord-neter des PdL, verlangte von der italienischen Regierung sogar eine Anfechtung des Gesetzes vor dem Verfassungsgericht, würde damit doch „ein Stück italienisches Kultur-gut gelöscht“. Pius Leitner von den Freiheitlichen hingegen bemän-gelte, dass der gesamte Rechtsbe-stand weiterhin auf den faschisti-schen Dekreten von 1923 und 1940 beruhe: „Einen Kulturfrevel partei-politisch lösen zu wollen, kommt der Quadratur des Kreises gleich und wird bei der Umsetzung schei-tern.“ Und Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) konstatierte: „Heute ist ein Trauertag. Jahrzehnte nach dem fa-schistischen Unrecht wird dieses le-gitimiert.“

Gebräuchlichkeit versus Wissen-schaftlichkeit: Für Verwunderung sorgt quer durch die oppositio-nellen Gemüsebeete auch Arti-kel 1 des Gesetzes, der die Verant-

wortung für die sensible Materie auf die Bezirksgemeinschaften ab-wälzt: Vorgesehen ist darin die Er-stellung eines Verzeichnisses durch einen paritätisch besetzten Landes-beirat, das alle Ortsnamen in deut-scher, italienischer und eventuell ladinischer Form umfasst. Die ent-sprechenden Vorschläge werden vom jeweiligen Bezirksrat übermit-telt, der die Gebräuchlichkeit auf Bezirksebene von einer ebenfalls paritätisch besetzten Kommission mit je zwei Vertretern jeder Sprach-gruppe feststellen lassen muss. Der Haken an der ganzen Sache: Die Vorgangsweise bei der Erhebung der Gebräuchlichkeit wird nicht vorgegeben, sondern den Bezirks-gemeinschaften selbst überlassen. Gerade in diesem Punkt wittern die Grünen die Tücke des Gesetzes: „Mit einem Kunstgriff in buchstäb-lich letzter Sekunde wird die wah-re Problematik an die Bezirksge-meinschaften weitergereicht. Diese müssen sich plötzlich zu Topono-mastik-Kommissionen umrüsten – eine Aufgabe, für die sie weder den

Auftrag noch das Know-how haben. Die Bezirksgemeinschaften sind politische Einrichtungen und noch dazu das schwächste Glied in der Kette der lokalen Körperschaften“, so Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba. Sie befürchten, dass durch das Gesetz am Ende der ethnische Konflikt vor Ort erst recht angesta-chelt werden könne; der Grund da-für liege in der politischen Nomi-nierung (und daher „vorhersehbar von SVP’s Gnaden“) des paritätisch besetzten Landesbeirates. Gespannt sein darf man auf die Be-setzung schon. Vermutlich ist hier die Entscheidung eine ungleich leichtere als bei der Nachbeset-zung der Stelle des Landestopono-masten, die seit dem unfreiwilligen Abgang von Cristian Kollmann im Jahr 2005 immer noch vakant ist – und nun wohl auch bleiben wird.Des einen Freud, des anderen Leid: Das neue Landesgesetz steht in-zwischen auf recht wackligen Bei-nen. Es ist mehr als fraglich, ob es überhaupt umgesetzt werden kann, war doch der Pilgerzug der italienischen Rechtsparteien nach Rom von Erfolg gekrönt: Vor kur-zem hat der Ministerrat die Anfech-tung des Gesetzes vor dem Verfas-sungsgericht beschlossen. Da laut Autonomiestatut deutsche und la-dinische Namen per Landesgesetz gleichgestellt werden könnten, fol-ge daraus, dass es „einzig und allein um die offizielle Wiedereinführung der deutschen und ladinischen Na-men, aber nie um die Abschaffung von italienischen Namen gehen kann“, so die Argumentation des Ministerrates. Auch der Weg über die Bezirksgemeinschaften sei un-zulässig, da im Autonomiestatut explizit von Landestoponomastik die Rede sei. Ein Dorn im Auge ist der Regierung zudem die Landeskommission, die über die Vorschläge der Bezirks-gemeinschaften entscheiden soll. Von paritätischer Besetzung könne

Toponomastikgesetz: Ball geht an Bezirke

Der Weg bis hin zum Au-tonomiestatut von 1972 war bereits lang, bis zur Umsetzung des letzten noch offenen Punktes mussten noch einmal volle 40 Jahre vergehen. Über das neue Landes-gesetz zur Toponomas-tik sind heftigste Dis-kussionen entbrannt. Die Lösung der Orts- und Flurnamenfrage ob-liegt indes den Bezirks-gemeinschaften – so-fern das Verwaltungsge-richt einen Rekurs des Ministerrates abweist.

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erker dezember 12 19

dort nicht die Rede sein, schließlich reiche die Anwesenheit von zwei Volksgruppen aus, um über Namen zu entscheiden, die eigentlich nur die dritte Volksgruppe betreffe, so der Ministerrat in seinem Rekurs. Und überhaupt habe der Pariser Vertrag die italienischen Namen „demokratisch legitimiert“.Starker Tobak für eine angeblich richtungslose Regierung aus Tech-nikern, deren einziges Ziel die fi-nanzielle Rettung Italiens sein soll.Das Land will sich unterdessen auf den Rekurs einlassen. „Diese Re-

Erker: Herr Holzer, die Landes-regierung hat mit dem Topono-mastik-Gesetz den Bezirksge-meinschaften ein heißes Eisen in die Schuhe geschoben. Wie bewerten Sie diese Vorgangs-weise?

Bezirkspräsident Armin Holzer: Da es sich bei der Frage der To-ponomastik um eine sehr kom-plexe und für die Allgemein-heit wichtige Angelegenheit handelt, wurde vom Gesetzge-ber auch eine „besondere“ Vor-gangsweise gewählt. Die Rol-le, die dabei den Bezirksge-meinschaften übertragen wur-de, ist sicher keine einfache. Es freut mich jedoch, dass der Ge-setzgeber davon ausgeht, dass die Bezirksgemeinschaften in der Lage sein werden, diesen schwierigen und kontrovers dis-kutierten Themenbereich im In-teresse der Bevölkerung des je-weiligen Gebietes zu behandeln und eine für alle Volksgruppen annehmbare Lösung zu finden. Ich bin mir sicher, dass es im Be-zirk Wipptal gelingen wird, Vor-schläge zu formulieren, die von allen bzw. von einem Großteil der Bevölkerung mitgetragen werden können.

Während die Benennung der Ortschaften wohl rasch über die Bühne gehen wird, wird es im Bereich der Mikrotoponomastik ungleich schwieriger werden:

Wie soll die Gebräuchlichkeit von Flurnamen in beiden Lan-dessprachen festgestellt wer-den?

Dazu kann ich zurzeit noch nichts sagen, da ich der Kom-mission nicht vorgreifen möch-te. Diese wird jedoch mit Sicher-heit eine Lösung finden, die von allen mitgetragen werden kann.

Wurden die Mitglieder der Kom-mission, die über die Gebräuch-lichkeit der einzelnen Bezeich-nungen zu befinden hat, bereits namhaft gemacht?

Die Kommission wurde noch nicht ernannt. Dies wird vor-aussichtlich in einer der nächs-ten Sitzungen des Bezirksrates erfolgen. Zunächst muss noch über die konkrete Vorgehens-weise bei der Besetzung der Kommission diskutiert werden.

Interview: bar

3 Fragen an Bezirkspräsident Armin Holzer

gierung nimmt die Sonderstellung der Autonomien nicht zur Kenntnis und hat absolut kein Gespür für die Minderheiten“, so Landeshaupt-mann Luis Durnwalder erzürnt. Die Landesregierung werde sich dieses Vorgehen nicht gefallen lassen und sich an alle, auch internationale Gremien wenden, wenn dies not-wendig sei. Inzwischen sollen die Bezirksgemeinschaften die Vorga-ben des Gesetzes umsetzen, noch bevor sich das Verfassungsgericht mit dem Rekurs der Regierung be-schäftige. bar

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20 erker dezember 12

Sterzing hat ein neues Tourismusentwicklungs-

konzept. Der Gemeinderat hat es Ende Oktober bei einer Gegenstimme von Verena Debiasi (Bürger-

forum) gutgeheißen: Es ersetzt jenes aus dem Jahr 1999 und bildet nun

die Grundlage für die Ausweisung neuer

Tourismuszonen.

Die „Alpinstadt“– als solche könn-te Sterzing laut Studie künftig am Markt beworben werden – braucht, will sie wieder mehr Gäste anziehen, mehr Qualitätsbetten im 4- und 5-Sterne-Bereich, eine Stär-kung und nähere Anbindung des Roßkopfs an die Stadt und eine au-ßergewöhnliche Veranstaltung, die

den Ort wieder mehr in den Mittel-punkt rückt. Dies in Kürze die zen-tralen Aussagen des neuen Touris-musentwicklungs-konzeptes, ent-worfen von Univer-sitätsprofessor Ha-rald Pechlaner und Michael Volgger.„Sterzing fehlt zur-zeit ein großer Rei-ßer, der Gäste an-zieht“, so Volgger. Die Stadt könne zwar in den vergangenen 20 Jah-ren – trotz des Wegfalls der EU-Binnengrenzen und des bis dahin boomenden Tagestourismus – auf eine beständige Entwicklung zu-rückblicken, die Nächtigungszah-len liegen aber im Vergleich zu den

Einwohnern weit unter dem Lan-desdurchschnitt.

Die gastgewerbli-chen Betriebe ha-ben seit dem Ende der 70er Jahre stark abgenommen. Von 91 im Jahr 1987 sanken die Beher-bergungsbetr ie -be auf 53 im Jahr

2010. Das bedeutet einen Rück-gang von rund 40 Prozent. Die gastgewerblichen Betriebe sind im selben Zeitraum von 39 auf 29 (-26 %) gesunken. Verringert hat sich in

den letzten 20 Jahren auch die Bet-tenanzahl (-5 %).Derzeit, so Volgger, stagniere die touristische Entwicklung der Stadt. Der Roßkopf schwächelt „in seiner derzeitigen Gestaltung“, überspitzt ausgedrückt, vor sich hin. Weitere zentrale Schwächen Ster-zings macht die Studie in der über-gemeindlichen Kooperation, im Beherbergungsangebot im qua-

litativ höheren Be-reich und im ab-nehmenden Shop-pingerlebnis aus.Als Optionen dar-aus, so Pechlaner,

sollte sich Sterzing als „Alpinstadt“ mit seinem besonderen „städti-schen Flair, genussvollen Flanieren und alpinen Ambiente“ am Markt anbieten und eine engere strategi-

Ein Resorthotel am Roßkopf als Attraktionspunkt?Sterzinger Gemeinderat genehmigt Tourismusleitbild

wirtschaft

Universitätsprofessor Harald Pechlaner: „Eine Neupositionierung Sterzings als Alpin-stadt samt Aufwertung des Ski- und Wander-gebietes am Roßkopf ist unentbehrlich.“

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aktuell

sche Verbindung mit dem Roßkopf anstreben. Andenken sollte man dabei auch eine Talabfahrt, die en-gere Zusammenarbeit mit Ladurns und ein Resorthotel am Berg. Von einer Verbindung der beiden Ski-gebiete über das Vallmingtal ist zwar nicht explizit die Rede, wohl aber wird man eine solche im Hin-terkopf gehabt haben. Da mittel-fristig, so heißt es in der Studie, „eine Erneuerung der Seilbahnan-lage ins Auge zu fassen ist, wäre

auch eine sanfte Neutrassierung eine Option, um die Talstation ur-banistisch noch näher an die Stadt heranzuführen“. An eine Talstation am Stadtplatz wird man dabei hof-fentlich nicht gedacht haben. Die Innenstadt selbst, so Volg-ger, könnte stärker als offenes Ein-kaufszentrum beworben werden. Auch als Stopp für Fahrradtouris-ten könnte sich Sterzing noch weit besser positionieren, an die Traditi-on von Trainingslagern für Fußball-

mannschaften könne man wieder anknüpfen.Im Zuge qualitätsorientierter Bet-tenentwicklung sollte man, so Volgger, auch die Diskussion über ein Resorthotel am Berg führen. Einem solchen Resort wird in der Studie breiter Raum gegeben. „Es kann zu einem Attraktionspunkt für Sterzing werden“, heißt es in der Studie.Für den Bau eines Hotels am Roß-kopf wurde bereits 2010 die aus elf

Gesellschaftern bestehende „Ross-kopf Mountain GmbH“ gegrün-det (Erker 5/2011). Diese strebt am Hang unterhalb des Sterzingerhau-ses den Bau eines Appartementho-tels mit 160 Betten an, der in Ster-zing zurzeit höchstzulässigen Bet-tenanzahl. Die Gesellschafter ha-ben sich nach Vorprojekten für je-nes des Brixner Architekten Ralf Dejaco entschieden. Ursprünglich sollte 2013 mit dem Bau begonnen werden. Nun zieht man, so Gesell-

Sterzinger Tourismusleitbild: Die Stadt braucht mehr Qualitätsbetten.

wirtschaft

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22 erker dezember 12

aktuell

schaftspräsident Helmut Messner, einen Baubeginn 2014 in Betracht.Angestrebt, so ist es im Leitbild festgeschrieben, „wird konkret die Ansiedlung von mehreren Leitbe-trieben mindestens im Vier-Ster-ne-Segment“. Dem entsprechend sollen neue Zonen nur noch „für die Realisierung von Betrieben mit mindestens drei Sternen ausge-wiesen werden“, was im Umkehr-schluss auch heißen könnte, dass

für andere Bauten künftig gar kei-ne Genehmigungen mehr erteilt werden könnten.Sterzing, so Pechlaner, sollte auch wieder versuchen, eine stärkere Führungsposition im regionalen Umfeld einzunehmen. Gegenüber den anderen Städten sollte man die alpine Positionierung besser hervorheben.Einfach wird das sicher nicht, denkt man nur an die Nachbarstadt

Brixen, die mit dem internationa-len Bergfestival IMS eine Veranstal-tung höchster Güte anbietet. Übri-gens möchte man auch in Brixen durch eine neue, vom Stadtkern startende Seilbahn auf die Plose den Berg näher an die Stadt her-anziehen. Neu ist das Konzept also nicht.In jedem Fall wäre es nun wichtig, so Pechlaner, eine breite Diskussi-on mit der Sterzinger Bevölkerung loszutreten, wie man den Berg nä-her an die Stadt heranholen kann. „Allerdings darf man nicht glau-ben, dass Sterzing in den nächsten Jahren die ganz großen Sprünge machen wird.“ Eine Repositionie-rung des Berges wäre aber sicher erstrebenswert.Sterzing hätte nämlich eigentlich „mit seiner gut erhaltenen mittel-alterlichen Altstadt, seiner ausge-sprochen günstigen Lage und Ver-kehrsanbindung, seiner teilweisen internationalen Bekanntheit, ei-nem reichen gastronomischen An-gebot und dem Roßkopf alle Vor-aussetzungen“ für einen erfolgrei-chen Ganzjahrestourismus.Verena Debiasi vom Bürgerforum

Hotelprojekt am Roßkopf: 2014 könnte mit dem Bau begonnen werden.

Wo steht Sterzing heute?

Nächtigungen 2010: 196.328 Ankünfte: 67.011 Tourismusintensität: Rang 61 der 116 Südtiroler Gemeinden

Beschäftigte im Gastgewerbe: 7,3 Prozent Beherbergungsbetriebe: 53

Gastgewerbliche Betriebe: 29 Bettenanzahl: 1.413 Davon Bettenanzahl in 4- oder 5-Sterne-Betrieben: 85Betriebsauslastung: 38,2 Prozent Deutsche Gäste: 40,5 Prozent

Italienische Gäste: 44,6 Prozent

bemängelte in der Diskussion die Stimmigkeit des Konzeptes und merkte an, dass man darüber im Gemeinderat bereits seit 20 Jahren diskutiere. Mit der nun vorliegen-den Studie werde lediglich unter-mauert, dass der Roßkopf für Ster-zing lebensnotwendig sei. Sie zei-ge aber nur einen Weg auf, „dieser ist aber nicht der einzig richtige für Sterzing“. Deshalb auch ihre Ge-genstimme.SVP-Rat Martin Alber konnte mit dem etwas schwammigen Begriff „Alpinstadt“ wenig anfangen. Zu-dem habe es sich die Gemeinde-verwaltung mit dem Roßkopf et-was zu leicht gemacht, „denn nur von privater Seite wird es nicht möglich sein, den Berg voranzu-bringen“.Und Vizebürgermeister Markus Larch befürchtet, dass der Hase einmal mehr im Pfeffer begraben liege, denn für eine erfolgreiche Fortschreibung des Tourismus in Sterzing müsste man zuerst einmal die Rivalität zwischen Kaufleuten und Wirten aus dem Weg räumen.

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wirtschaft

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erker dezember 12 23

Die Rosskopf-Gesellschaft braucht frisches Geld. Des-halb hat sie Ende Oktober eine Kapitalerhöhung um

zwei Millionen Euro beschlos-sen. Bis Mitte März soll nun

eine Entscheidung über den Bau der Talabfahrt fallen.

Seit längerem schon beabsichtigt man, durch eine Talabfahrt den Roßkopf als Skiberg attraktiver zu gestalten. Dafür hat die Neue Ross-kopf GmbH Ende Oktober eine Ka-pitalerhöhung von 450.000 auf 2,45 Millionen Euro beschlossen.Die rund 2,8 Kilometer lange Tal-abfahrt, so Gesellschaftspräsident Helmut Messner, koste samt Be-schneiung rund 2,2 Millionen Euro. Die jährlichen Betriebskosten lie-gen bei 136.000 Euro. Diese könn-ten durch eine dadurch erhoffte Frequenzsteigerung gedeckt wer-den. Deutliche Mehreinnahmen dürfe man sich dadurch allerdings nicht erwarten, wohl aber eine deutliche Attraktivitätssteigerung des Berges.

Die Trassierung plant man vom Be-reich der Talstation des Stockliftes entlang des Tschöfer Grabens bis zur Autobahn und von dort über ei-nen Skiweg weiter bis zur Talstati-on. Auch die Grundeigentümer, so Messner, hätten bereits „zu 99 Pro-zent“ ihr Einverständnis gegeben.Die Beschneiungsanlage und der Bau eines Speicherbeckens könnte durch den Bau einer Beregnungs-anlage am Berghang – sofern diese von den Bauern gewünscht ist – fi-nanziert werden. „Die Gesellschaft hat jedenfalls nicht das Geld, ein sol-ches Becken zu bauen.“ Findet man keinen geeigneten Standpunkt für ein Becken, müsste man Eisackwas-ser auf den Berg pumpen.Können die zwei Millionen Euro bis Mitte März aufgebracht werden, wird der Bau 2013 in die Wege ge-leitet und 2014 beendet. Und wie soll das gelingen? Messner rechnet hier in erster Linie mit der Bereit-schaft der Beherbergungsbetrie-be, die rund eine Million beisteu-ern sollten. Eine weitere Million versucht man von anderen Betrie-

ben zu erhalten. „Nur falls alle Wirt-schaftstreibenden von der Sinnhaf-tigkeit der Abfahrt überzeugt sind, wird die Realisierung gelingen.“Und die Gemeinde Sterzing, wird auch sie wieder ihren Teil beitra-gen? Davon könne derzeit nicht ausgegangen werden, so Messner, der klare Worte findet: „Die Gemein-de hat uns den Rücken gezeigt. Sie ist der Meinung, ihre Anteile ver-kaufen zu müssen, da das öffent-liche Interesse nicht gegeben sei.“ Dieser Auffassung haben sich auch die anderen an der Gesellschaft beteiligten Wipptaler Gemeinden und die Bezirksgemeinschaft an-geschlossen. Alle anderen an Ski-gesellschaften beteiligten Südtiro-ler Gemeinden – und das sind im-merhin 40 – halten bis heute ihre Beteiligungen – problemlos.„Es scheint, der Bürgermeister ist gerade dabei, eines von seinen Liebkindern Preis zu geben, näm-lich den Roßkopf“, so Messner.

BetriebsergebnisIm vergangenen Betriebsjahr hat

der Roßkopf 1,9 Millionen Euro umgesetzt, davon 480.000 Euro im Sommer und 1,4 Millionen Euro im Winter. Damit lagen die Einnah-men im vergangenen Winter um rund 100.000 Euro unter jenen des Vorjahres. Das Betriebsjahr schließt voraussichtlich mit einem Minus von rund 100.000 Euro.

Panorama-Lift2015 verfällt die Konzession für den Panorama-Lift. Für den Bau ei-nes neuen „Mittelliftes“, dessen Zu-stieg geringfügig verlegt werden soll, hat Landesrat Thomas Wid-mann bereits eine Finanzierung in Höhe von 75 Prozent in Aussicht gestellt. Eine entsprechende Bau-leitplanänderung liegt immer noch auf Eis, weil Helmut Erspamer, Prä-sident der Seilbahn Sterzing Ra-minges Roßkopf GmbH, seine Un-terschrift bisher verweigert hat, so Messner. Dies wohl auch deshalb, um eine Übernahme der Liftanla-gen zu erwirken.

lg

Roßkopf

Talabfahrt: Entscheidung fällt im MärzNeue Rosskopf GmbH beschließt Kapitalerhöhung

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24 erker dezember 12

aktuell

Bürgermeister-Stellvertreter Markus Larch – seines Zeichens auch Umweltreferent der Stadt – über die drastische Erhöhung

der Müllgebühren – die Ster-zinger müssen dafür jährlich

850.000 Euro bezahlen – und ei-nen noch immer fehlenden

Bezirksrecyclinghof.

Erker: Herr Larch, trennen Sie flei-ßig Ihren Müll?

Umweltreferent Markus Larch: Natürlich, ich trenne vorschrifts-mäßig; Restmüll gibt es bei mir sehr wenig. Wir ha-ben in Sterzing ein sehr gutes und bürgernahes Trennsystem: Fast alles ist in Straßensammlungen organisiert. Im kommen-den Jahr beginnen wir mit der Biomüllsammlung, dann haben wir alle Bereiche abgedeckt.

Die Müllgebühren sind heuer in Sterzing um rund 30 Prozent er-höht worden.

Nun, allein die Treibstoffprei-se sind um 23 Prozent gestiegen und die Entsorgung für gewisse Müllsorten hat sich verfünffacht. Allerdings könnten uns auch die Bürger helfen, die Gebühren nicht weiter ansteigen zu lassen. Wir haben in Sterzing nämlich das Problem, dass einige – nen-nen wir sie ruhig schwarze Schafe – ihren Müll nicht ordentlich tren-

nen bzw. getrennten Müll bzw. Wertstoffe verunreinigen. Die Kartonsammelstellen – Karton ist

ein Wertstoff, für den wir einen hohen Deckungsbeitrag bekom-men – mussten wir deshalb so-gar wieder entfernen. Auch sehr verunreinigte Wertstoffe in den Wertstoffinseln müssen immer wieder als Restmüll entsorgt wer-den. Das geht natürlich auf Kos-ten der Allgemeinheit, denn da-durch bekommen wir für die ge-trennten Wertstoffe, die wir ver-kaufen, weniger oder müssen für deren Entsorgung bezahlen. Eini-ge Bürger entsorgen ihren priva-

ten Müll sogar in öffentli-chen Abfalleimern.Die Entsorgungsgebüh-ren der Gemeinde, die den Bürgern zu 99 Prozent an-gelastet werden, steigen und somit natürlich auch

die Müllgebühren für jeden ein-zelnen.Mittlerweile kostet eine Entsor-

gungsfahrt nach Schabs über 180 Euro. Mit einem Bezirksrecycling-hof, den wir schon seit 2010 kon-kret anstreben, könnten wir die Kosten natürlich verringern und die Entsorgung auch ökologi-scher gestalten.

„Schwarze Schafe treiben Müllkosten in die Höhe“

„Ein Wipptaler Bezirksrecyclinghof scheitert bisher am Widerstand der

vier Nachbargemeinden.“

Umweltreferent Markus Larch: „Durch größere Müllvermeidung und saubere Trennung können Kosten gespart werden.“

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erker dezember 12 25

aktuell

Woran scheitert der Bezirksre-cyclinghof? Ein Areal neben der Autobahn an der Einfahrt zur Penserjochstraße hätte man ja bereits.

Richtig, der Standort ist zentral gelegen und als solcher ideal. Bis-

her ist der Recyclinghof aber am Widerstand der vier Nachbarge-meinden gescheitert. Zurückzu-führen ist das auch auf fälschliche Annahmen, dass künftig alles in Sterzing zentral verwaltet würde, was absolut nicht stimmt. Auch

die peripheren Sammelstellen, d. h. Recyclinghöfe in den Nach-bargemeinden, könnten allesamt bleiben.

Wie teuer wäre eine solche Anlage?Die Kosten belaufen sich laut Grundkonzept der Bezirksge-meinschaft Wipptal auf rund 3,1 Millionen Euro, wovon 70 Prozent das Land beisteuert. Gerade Ster-zing hat natürlich großes Inter-esse an der Realisierung, verfü-gen wir doch heute nur über eine Notlösung. Deshalb würden wir auch den Grund dafür kostenlos zur Verfügung stellen.

Noch einmal zurück zu den Müll-gebühren: Woran liegt es, dass die Müllentsorgung in Sterzing bezirksweit mit durchschnittlich 130 Euro pro Familie weitaus am höchsten ist?

Wir haben ein etwas kosteninten-siveres, aber auch besseres Ent-sorgungssystem, höhere Entlee-rungsfrequenzen als die umlie-genden Gemeinden sowie einige wenige Bürger, die leider durch

ihr Müllentsorgungsverhalten die Kosten in die Höhe treiben. Auch die neuen unterirdischen Wert-stoffglocken kosten natürlich, diese werden sich aber in Zukunft sicher auch rechnen. Wir müssen von unseren Bürgern 99 Prozent der anfallenden Gebühren ver-rechnen, die Nachbargemeinden scheinen dies wahrscheinlich noch nicht umgesetzt zu haben.Im Bezirk sind wir zwar mit den Gebühren am teuersten, landes-weit aber bestimmt nicht teurer als andere urbane Zentren.

Werden die Müllgebühren wei-ter steigen?

Wir versuchen kostensparend und effektiv zu arbeiten und die Müll-gebühren nicht weiter zu erhöhen. Dazu bedarf es allerdings auch der Mithilfe der Bürger. Grundsätz-lich wären natürlich eine größere Müllvermeidung und eine gründ-lichere Trennung wünschenswert. Manche Bürger achten vielleicht etwas zu wenig darauf – sinken werden die Müllgebühren aber si-cher nicht mehr, fürchte ich. lg

Kartonsammelstelle in Sterzing: mussten wie-

der geschlossen werden.

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26 erker dezember 12

franzensfeste

Auf der schwarzen Liste der italieni-schen Regierung steht Franzensfes-te schon. Auf nationaler Ebene wird darüber diskutiert, Gemeinden bis 1.000 Einwohner zusammenzule-gen. Mit den Provinzen hat Minis-terpräsident Mario Monti schon Beispiele gesetzt: Ab 2014 werden 35 Provinzen wie etwa Rovigo, Pa-dua und Treviso aufgelöst.Kleingemeinden wie Franzensfes-te könnte es bald ähnlich ergehen. Lebten in den 70er Jahren noch über 1.600 Einwohner in der süd-lichsten Gemeinde des Wipptales, sind es heute gerade einmal 987. Bis Monti mit dem Gemeindester-ben ernst macht, könnte es Fran-zensfeste noch auf 1.000 schaffen. Doch die Zeit drängt. Schon jetzt ist jedes Schuljahr eine Lotterie. In Mit-tewald besuchen derzeit zwölf Kin-der die Grundschule. Sinkt die Zahl drei Jahre in Folge unter elf, wird sie geschlossen. Die Bevölkerung wächst zwar, aber langsam. Warum das so ist, kann sich auch Bürgermeister Richard Amort nicht erklären. „Jede hal-be Stunde hält ein Bus oder Zug in Franzensfeste. Und günstig ist das Wohnen auch.“ Erst vor kurzem wurde in einer Zeitung eine Drei-zimmerwohnung im Eisenbahner-haus angeboten – für rund 80.000 Euro. „Ich weiß nicht, wie groß die Krise sein muss, dass endlich mehr Wohnungen gekauft werden.“ Doch auch wenn Franzensfeste mehr als 1.000 Einwohner hätte: Gelöst wäre damit nur ein Problem von vielen. Das beginnt bei der Ver-waltung, die keine ist, weil ihr das Wichtigste dazu fehlt: ein Gemein-desekretär. Drei Jahre lang borgte sich Franzensfeste einen von der Gemeinde Brenner, danach muss-te sie sich mit „Notlösungen“ be-gnügen. Seit sieben Jahren ist die Gemeindesekretärsstelle proviso-risch besetzt. Eine Vollzeitstelle ist finanziell nicht drin und wäre für Gemeinden unter 1.200 Einwoh-

nern auch nicht mehr vorgesehen. Die meisten Gemeinden „verleihen“ ihre Sekretäre nur ungern, auch wenn es „nur“ 1,5 Tage in der Woche sind. Ab März fehlt in Franzensfes-te wieder „der höchste Beamte der Gemeinde“, jemand, der an den Sit-zungen von Rat und Ausschuss teil-nimmt, das Personal leitet, Ämter und Dienste koordiniert, Beschlüs-se und Ausschreibungen vorberei-tet, Verträge beurkundet, sich um Enteignungsdekrete, Grundbuchs-anträge, Verordnungen kümmert ... Dass künftig aus Spargründen Dienste wie Stadtpolizei oder Bau-amt zusammengelegt werden, auch das ist so gut wie sicher. Einen Ge-meindetechniker „teilen“ sich Fran-zensfeste und Freienfeld bereits. Den wenigen Angestellten, dem Ausschuss und dem Rat bleibt heu-te schon nichts mehr anderes übrig, als sich „irgendwie durchzuwurs-teln“. Wie lange ihr das bei steigen-der Bürokratie und knappen finan-ziellen Mitteln gelingen wird, ist fraglich. An das Armsein hat sich Franzens-

feste schon vor Jahren zwangsläu-fig gewöhnen müssen. Bürgermeis-ter Amort graut davor, den Haushalt für das Jahr 2013 zu erstellen. „Wir wissen nicht, wo wir noch sparen sollen.“ Zu den meisten Abgaben ist die Gemeinde gesetzlich verpflich-tet wie Pflegegelder oder Tarife für Müll und Abwasser, die mindestens zu 90 Prozent gedeckt sein müssen, andernfalls winken Sanktionen. Da hilft auch die IMU nichts, die auf den ersten Blick leicht mehr ein-bringen würde als die bisherige Ge-meindeimmobiliensteuer ICI. Auch nicht die Pro-Kopf-Quote, die inzwi-schen nach Finanzkraft und Finanz-bedarf verteilt wird und einer be-sitzlosen Gemeinde wie Franzens-feste Vorteile verschaffen könnte. Da der Staat von der Provinz Geld verlangt und die Gemeinden indi-rekt belangt werden, stehen Fran-zensfeste heuer 78.000 Euro weni-ger zur Verfügung als 2011. Nächs-tes Jahr wird es noch weniger sein.„Wir werden wohl die Müllgebüh-ren um fünf bis sechs Prozent an-heben müssen“, befürchtet Amort.

Diese liegen wie die anderen Ge-meindegebühren derzeit noch weit unter dem Landesdurchschnitt.Unsicher ist auch, ob oder welche Investitionen in den nächsten Jah-ren getätigt werden können. Seit Jahren kämpft Franzensfeste um das alte rostbraune ANAS-Häus-chen, das es umbauen und nutzen möchte. 2008 sagte das Land Gelder zu, vier Jahre später strich sie diese wieder, aus Spargründen. Bei Inter-esse, hieß es, müsse die Gemeinde erneut ansuchen. Das tut sie auch, wenn sie nur an die Konzession der ANAS herankäme, auf die sie seit fünf Jahren wartet. Kontaktperso-nen wechseln wie das Wetter, Ant-worten brauchen über ein Jahr. Dies ist ein weiteres Problem, mit dem Franzensfeste zu kämpfen hat: Wie kaum eine andere Gemeinde führt sie so viele Papierkriege mit Staatsämtern, denen ein großer Teil des Gemeindegebietes gehört. So wird schon die Suche nach 100 m2 Grund für einen Recyclinghof oder einen Sportplatz zu einer Odyssee. An Kommunikationsschwierigkei-

Eine Gemeinde schafft sich abFranzensfeste hat vier Probleme: kaum Geld, kaum Personal, kaum Besitz und kaum Einwohner. Dieses gefährliche Quartett könnte ihr bald den Kopf kosten.

Bürgermeister Richard Amort: „Die gesamte Gemeindestruktur müsste neu überdacht werden.“

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ten wäre beinahe auch der Bau des Pendlerparkplatzes am Bahnhof ge-scheitert. Drei Jahre lang brauchte die Gemeinde, um überhaupt den richtigen Ansprechpartner bei der italienischen Eisenbahngesellschaft RFI zu finden und eine Konvention zu Papier zu bringen. Als sich die Ge-meinde nach einigen Monaten über den Stand der Dinge erkundigte, wusste beim RFI niemand, wovon sie sprach. Das Büro der Ansprech-person war aufgelöst worden, der Akt verschwunden. Nach drei Jah-ren erteilte die RFI dann doch die Konzession, um für EU-Gelder ansu-chen zu können. Franzensfeste war schon immer auf andere angewiesen, wenn es um In-vestitionen ging. Die 300.000 Euro im Haushalt verdampfen jedes Jahr in laufende Ausgaben wie Straßen-instandhaltungen und Abgaben für Kindergärten und Schulen. Glück im Unglück sind da die Umweltaus-gleichszahlungen der BBT-Gesell-schaft und der SE Hydropower. Ers-tere zahlt, damit sie in Franzensfeste den Brennerbasistunnel bauen darf, letztere, weil sie die Konzession für ein Kraftwerk in Brixen erhalten hat und den Stausee nutzen kann. Das Geld kann Franzensfeste gut brau-chen: um eine Lärmschutzwand in Mittewald zu erhalten, die rostigen Wasserleitungen zu erneuern, den Eisack zu renaturieren, Wege in-standzuhalten, eine Naherholungs-zone zu schaffen, Beleuchtungen zu erneuern und eine Photovoltaik-anlage zu bauen. Doch diese Finan-zierung ist nicht frei von Problemen. Die BBT-Gelder werden innerhalb 2025 investiert und die Auszahlung der SE-Hydropower – 160.000 Euro sind es jährlich für 30 Jahre – ist we-gen der SEL-Skandale ins Stocken geraten. Alle Wasserkonzessionen, in denen die SEL AG mitgemischt hat, sind in Frage gestellt. Damit auch die Umweltzahlungen an Franzensfeste. Gestoppt ist wegen der SEL-Affäre auch die Vergabe von Wasserkonzes-sionen, darunter auch zwei E-Werk-Projekte, um die sich die Gemeinde mit Partnern, aber auch zahlreiche Konkurrenten bemühen. Es wäre das erste E-Werk, an dem die Gemeinde beteiligt wäre.Eine Gemeinde wie Franzensfeste zu führen, sagt Amort, sei mehr als eine Herausforderung. Auch wegen der demographischen Struktur, die

sich in den vergangenen Jahrzehn-ten massiv verändert habe. „Eigent-lich“, sagt Amort, „wäre die ganze Gemeindestruktur zu überdenken.“ Aber das würde wieder Geld kosten und Geld ist bei öffentlichen Kör-perschaften keines mehr zu holen.Die meisten neuen Bürger, die in Franzensfeste leben, sind Men-schen mit Migrationshintergrund. Dies stellt die Gemeinde, wo inzwi-schen jeder Vierte aus dem Ausland stammt und insgesamt Einwohner aus 26 Nationen leben, vor weite-re, neue Probleme. Diese beginnen bei der Einhebung von Gebühren. Mahnschreiben werden ignoriert oder weder in deutscher noch in ita-lienischer Sprache verstanden, Säu-mige müssten auf der Straße mehr-mals angehalten werden, stunden-lange Diskussionen blieben erfolg-los. In Summe Geld, das am Monats-ende in der Kassa fehlt. Und Geduld, die bald an ihre Grenzen stößt.Franzensfeste brauche jemanden, der Säumigen bei Aufklärungsbe-darf einen Brief in deren Mutter-sprache verfasst, betont Amort. Doch wer soll die Übersetzer bezah-len? „Einerseits wird die Gemeinde mit Kompetenzen ausgestattet, an-dererseits wird alles getan, um sie abzuschaffen.“ Mit dem groß ange-kündigten Integrationsgesetz des Landes kann Amort wenig anfan-gen. Im Gesetzestext stehe vieles darüber, was Gemeinden tun müss-ten, sollten, dürften oder könnten. Doch das Land steuert keinen Cent dazu bei.„Wer weiß“, meint Amort, „vielleicht schaffen sich einige Gemeinden so-gar selber ab. Wer will unter die-sen Voraussetzungen noch ein Amt übernehmen?“ Mit den Vorausset-zungen spielt er auch auf die stei-gende Verantwortung der Bürger-meister an. Ob er bei den nächsten Wahlen wieder als Bürgermeister-kandidat antreten wird, weiß Amort nicht. Sein ernstes Gesicht lässt ver-muten, dass er es 2015 nicht mehr tun wird. Wird sich Franzensfeste bald auch einen Bürgermeister aus-leihen müssen? Für alles sei ein Bür-germeister zuständig, sagt Amort, ob es nun einen Schwertransport durch das Dorf gibt oder auf der Straße zwei Ratten gesichtet wer-den. Er zittere bei jedem Gewitter, ob Muren und Steine ins Tal don-nern. In Italien sind bekanntlich so-

gar Seismologen verurteilt worden, weil sie ein Erdbeben nicht richtig vorausgesagt haben. Laut Vorschlag des neuen Wahlge-setzes sollen die Gehälter der Bür-germeister, dessen Stellvertreters und der Referenten an die Regio-nalgehälter gekoppelt und ab Jän-ner gekürzt werden. Amort sagt, er habe im Ausschuss 17 Jahre lang zum Null-Tarif gearbeitet. Eine Ent-schädigung von monatlichen 200 Euro gab es dann von 2008 bis 2010. In Vereinen habe er immer gerne und unentgeltlich mitgearbeitet. Es habe ihn gefreut, etwas für die Ge-meinschaft zu tun. Das tue er auch heute als Bürgermeister. Er fragt sich aber: „Ist es die steigende Verant-wortung überhaupt noch wert?“ In den meisten Gemeinden ist ein Bür-germeisterjob heute schon ein Voll-zeitjob. Amort ist Bankangestellter, kommt jeden Tag in die Gemeinde und bleibt oft bis spätnachts. Ihm und dem Ausschuss drohen noch mehr Überstunden. Laut Wahlgesetz sollen bald auch die Gemeinderäte von 15 auf zehn und der Ausschuss von fünf auf drei gekürzt werden. „Dann müss-ten drei die Arbeit von fünf über-nehmen, wahrscheinlich auch noch für weniger Geld. Auf Dauer ist das nicht möglich.“Zumindest bis zur nächsten Legis-latur wollen Bürgermeister und Ge-meinderat weiterkämpfen, Präsenz zeigen, auch bei Veranstaltungen in benachbarten Gemeinden. Um zu demonstrieren, dass auch Franzens- feste zum Wipptal gehört. „Sonst wird man vergessen.“ So, wie es bei der Vorstellung des Projektes „STEP – Standort Entwicklungs-plan“ in Sterzing bereits geschehen ist. Business Location Südtirol (BLS) hatte alte Hallen und Magazine di-gital erfasst, um Wirtschaftstrei-benden die Ansiedelung im Wipp-tal schmackhaft zu machen. Sol-che Flächen gäbe es in Franzensfes-te zuhauf. Doch die STEP-Arbeits-gruppe aus Franzensfeste erschrak, als sie auf die Powerpoint-Präsen-tation blickte. Die eingeblendete Wipptal-Landkarte bestand aus den Gemeinden Brenner, Ratschings, Pfitsch, Sterzing, Freienfeld und ei-ner fetten Bezirksgrenze. Franzens-feste: verschwunden. Als hätte es diese Gemeinde nie gegeben.

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aktuell

Windparkgegner haben ihr Ziel erreicht: Das Verwal-tungsgericht hat den Be-schluss der Landesregie-

rung zur Genehmigung von 19 Windrädern am Brenner-

grenzkamm aufgehoben: we-gen Verletzung und falscher

Anwendung von Gesetzen, Verfahrensfehlern, wider-

sprüchlichen Verwaltungsak-ten, Befugnisüberschreitung und unzureichender Begrün-

dung. Ein bittererer Schlag für die Projektbetreiber.

Das Urteil ist 24 Seiten lang und kommt zum Schluss: „Den Rekur-sen ist stattzugeben.“ Unterschrie-ben von der Präsidentin und den drei Räten des Verwaltungsgerich-tes der Provinz Bozen. Die Rekur-se hatten die Gemeinde Gries am Brenner, der Österreichische Al-penverein (ÖAV) und die Umwelt-schutzorganisation WWF Italia ein-gebracht und richteten sich gegen die Autonome Provinz Bozen in Person des amtierenden Landes-hauptmannes, gegen die Gemein-de Brenner in Person des amtie-renden Bürgermeisters und gegen WPP UNO AG „in Person des ge-setzlichen Vertreters“, somit Anton Seeber, Präsident der Betreiberge-sellschaft.„Die Chancen stehen 70:30“, mein-te ein Rechtsanwalt im Oktober und lag mit seiner Vermutung rich-tig: Das Verwaltungsgericht gab den Rekursstellern in zehn Punk-ten Recht und hob den Genehmi-gungsbeschluss der Landesregie-rung auf. Dem Windpark am Sat-telberg in der Gemeinde Brenner ist vorerst der Wind aus den Segeln genommen.Im Urteil rekonstruiert das Gericht den Fall. Im Sommer 2010 hat-te das Unternehmen WPP UNO AG ein Projekt für den Bau von 22 Windkraftanlagen am Sattelberg

eingereicht. Die Gesellschaft be-steht aus dem Energieunterneh-men Etschwerke AG und der Leit-wind AG, Hersteller von Windkraft-anlagen in Sterzing. Wie später be-kannt werden sollte, ist auch eine private Gesellschaft namens Stein-alm GmbH beteiligt. Diese gehört zum Großteil einer Treuhandgesell-

schaft mit Sitz in Parma, nament-lich den drei erfolgreichen Wippta-ler Unternehmern Juliane Nußbau-mer Egartner, Kurt Brunner und Pe-ter Mader. Der Problematik sind sich die An-tragsteller von Anfang an bewusst. Ihr Projekt ist mit einem erhebli-chen finanziellen Aufwand verbun-den und ein Eingriff in eine teilwei-se unberührte Naturlandschaft. Für den Bau müssen Zufahrtsstraßen

ausgebaut bzw. neu errichtet, Sta-tionen für die Stromübergabe und eine Materialseilbahn für den Ma-terialtransport gebaut werden. Je-des Windrad hat eine Nabenhöhe von 60 Metern, jeder Rotor einen Durchmesser von 70 Metern – eine Gesamthöhe von rund 90 Metern. Ein Turm wiegt 52 Tonnen.

WPP wertet den Eingriff als „mit-telschwer“, dank der umweltscho-nenden Baumaßnahmen, neuen Technologien und Ausgleichsmaß-nahmen aber mit „nicht allzu nega-tiven“ Auswirkungen auf Mensch, Fauna, Flora und Umwelt. Immer-hin wird der Windpark erneuerba-re und saubere Energie für rund 30.000 Haushalte erzeugen. Dafür könne andernorts auf ein Kraft-werk mit fossilem Antrieb verzich-

tet werden. Ein Jahr später heißt eine Umwelt-Arbeitsgruppe das Projekt gut, mit dem Hinweis, dass die Unterlagen „trotz der aufgezeigten Mängel“ und der „teilweise vorliegenden Unwissenschaftlichkeit“ die wich-tigsten Elemente enthalten, um eine erste Begutachtung des Pro-

jektes durch den Umweltbeirat des Landes zu ermöglichen. Dieser allerdings sieht Feuer am Dach. Er stellt ein negatives Gut-achten aus (sieben Nein- und eine Jastimme). Selbiges gilt auch für ein zweites Windkraftprojekt mit neun Anlagen, das die Elektrizi-tätsgenossenschaft Pflersch am benachbarten Sandjoch betreiben will. Negativ sind auch 29 Stellung-nahmen und Gutachten von Be-

WindstilleWindpark Brenner: Beschluss der Landesregierung widerrufen

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Der Sattelberg am Brennergrenzkamm: „Idealer Standort für die Erzeugung von Windenergie?“

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hörden, Organisationen und Ver-bänden in Österreich und 14 in Ita-lien. Die Südtiroler Landesregierung drückt trotzdem ein Auge zu. Im Herbst 2011 genehmigt sie ein ge-meinsames Projekt von WPP, Stein-alm GmbH und Elektrizitätsgenos-senschaft mit 19 statt 22 Windrä-dern – und Auflagen wie: die Bau-phase müsse „ökologisch beglei-tet“ werden, die Sockel der Windrä-der seien zu begrünen, eine Radar-anlage mit Warnsystem zur Über-wachung des Vogelfluges müsse installiert, eine Informationsstelle

gebaut werden, Stromleitungen müssten unterirdisch verlegt wer-den.Der Nutzen des Projektes, findet die Landesregierung, sei eindeu-tig höher einzuschätzen als der be-grenzte ökologische Schaden. Der Sattelberg, wegen militärischer An-lagen und Lawinenverbauungen bereits „erschlossen und verbaut“, sei touristisch unbedeutend. Kei-ne nennenswerten oder signifikant negativen Auswirkungen auf die umliegenden Landschaftsschutz-gebiete, auf Flora und Fauna seien zu befürchten. Die Windverhältnis-

se – mindestens sieben Meter pro Sekunde – ideal. Folglich: Stromer-zeugung aus Windkraft sei an sich schon eine Maßnahme des Um-weltschutzes.Schon vor der Genehmigung des Windparks hatte Landeshaupt-mann Luis Durnwalder keinen Hehl daraus gemacht, dass er dem Pro-jekt nicht negativ gegenübersteht. Ein Windpark am Brenner könnte Teil des geplanten „Grünen Korri-dors“ werden, der helfen soll, bis 2030 auf Verkehrswegen 50 Pro-zent CO2 einzusparen. Die Eisen-bahn zwischen München und Ve-

„Haben den Sattelberg für uns und unsere Kinder gerettet“Peter Thaler vom AVS Gossensaß über wortkarge Reaktionen, fehlende Rechtsgrundlagen und die große Frage, wer am Sattelberg mitkassiert

Erker: Herr Thaler, ernten Sie zurzeit mehr Gratulationen oder böse Blicke? Peter Thaler: Beides ist der Fall, was auch verständlich ist. Gerichtsur-teile haben für die Verlierer immer einen bitteren Beigeschmack.

Immerhin haben Sie die Genehmigung eines 70-Millionen-Euro-Projektes mitversenkt. Ich habe mich nach fester innerer Überzeugung für den Erhalt der Naturlandschaft am Sattelberg stark gemacht und mit einer Grup-pe Gleichgesinnter gegen die Verwirklichung dieses Projektes ge-kämpft. Dass unsere Bedenken mehr als gerechtfertigt waren, müs-sen die Projektbetreiber zur Kenntnis nehmen. Genau betrachtet ha-ben wir nichts versenkt, sondern eine Hochgebirgslandschaft mit ih-rer Tierwelt für uns und unsere Kinder gerettet.

Wie ist die Stimmung in Pflersch? Die Elektrizitätsgenossen-schaft Pflersch hofft seit über zehn Jahren darauf, Windräder bauen zu dürfen.Der Verwaltungsausschuss ist wie gewohnt sehr wortkarg und hat bis heute keine Stellungnahme abge-geben. Bei der Bevölkerung ist das Thema Windpark in der Öffentlich-keit nie groß diskutiert worden, aus Angst, dass man sich irgendwelche Nachteile einfangen könnte.

Haben Sie jemals daran ge-zweifelt, dass der Rekurs abge-wiesen wird? Nach dem negativen UVP-Gutach-ten hätte die Landesregierung das Projekt stoppen und die Gemein-de Brenner aufgrund der Vereinba-rung in der abgeschlossenen Kon-vention vom Projekt aussteigen müssen. Weil die Landesregierung aber die Genehmigung ausstellte, war man gezwungen, beim Verwaltungsgericht zu rekurrieren. Die Aussichten auf Erfolg standen von Beginn an recht gut und daher war ich immer sehr zuversichtlich.

Sind mit dem Beschluss der Landesregierung auch die Ver-waltungsakte der Gemeinde Brenner hinfällig?Die Gemeinde Brenner wird sich überlegen müssen, wie sie hier wei-

termacht. Fakt ist, dass ihr nunmehr die Rechtsgrundlage fehlt. Wenn sie aber bis heute noch keine Baukonzession erteilt hat, dann nur, weil die Betreiberfirma nicht imstande war, die notwendigen Vor-aussetzungen dafür zu erfüllen.

WPP-Präsident Anton Seeber ist weiterhin davon überzeugt, dass Südtirol auf die Windenergie und deren Nutzung am Brenner nicht verzichten kann.Diese Argumentation hat das Gericht in Abwägung der Umweltaus-wirkungen und in Folge auch touristischer Auswirkungen klar wider-legt. Das Projekt trägt im besten Fall weniger als zwei Prozent zur Energiegewinnung Südtirols bei. Wesentlich mehr und ohne zusätz-liche Umweltbelastung könnte herausgeholt werden, wenn in die Ef-fizienzverbesserung der bestehenden Anlagen investiert wird. Hier geht es um ein Prestigeprojekt, das mit kräftiger Unterstützung der Landesregierung durchgedrückt werden sollte.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Windpark doch noch gebaut wird?Sehr gering. Das Urteil spricht eine deutliche Sprache und rehabilitiert den Umweltbeirat, der vergangenes Jahr von der Landesregierung und der Fir-ma Leitwind sehr gerügt wurde, voll und ganz. Darüber hinaus zeigt die Dis-kussion in Europa, dass der ungezügelte Ausbau der Windkraft zunehmend Pro-bleme schafft. Stichworte dazu: feh-lende Leitungskapazität, immens hohe Zahlungen an die Betreiber für das Ab-schalten, Strompreiserhöhungen durch die Förderung, welche die ärmeren Tei-le der Bevölkerung nicht mehr bezah-len können.

Sie sagen, beim Projekt Windpark gibt es noch immer offene Fragen. Sehr viele und man darf nur hoffen, dass alle beantwortet werden. Denn es wäre ein gutes Recht der Bürger zu wissen, wer am Sattel-berg mitkassieren würde. Hier fehlt eine lange Liste. Wie man bei den SEL-Geschichten gesehen hat, ist das „Versteckspiel“ hinter Treuhand-gesellschaften nicht akzeptabel. Die Investition in erneuerbare Ener-gie ist grundsätzlich nichts Schlechtes und daher braucht sich nie-mand zu verstecken.

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aktuell

rona wird bereits jetzt großteils mit Strom aus Wasserkraft betrie-ben. Der Windpark würde nicht nur Windenergie, sondern auch Was-serstoff produzieren – wertvoller Treibstoff für geplante Multiener-gytankstellen auf der Autobahn.Was die Landesregierung wenige

Monate später bei der Genehmi-gung des Windparks vergisst: Sie widerspricht einem Grundsatzbe-schluss, den sie ein halbes Jahr zu-vor gefasst hat. Damals hatte sie sich klar für ein „windkraftfreies Südtirol“ ausgesprochen, „da Wind-räder die großartige Landschaft zu

sehr in Mitleidenschaft ziehen“, und betonte extra: „Am Brenner darf nur dann ein Windpark ent-stehen, wenn das Projekt von al-len Instanzen positiv begutachtet wird.“ Das war aber, wie das nega-tive Gutachten des Umweltbeirates beweist, nicht der Fall.

Die Landesregierung „übersieht“ noch mehr. Zum Beispiel, als sie Monate zuvor per Verordnung Windkraftanlagen bis 2.600 m er-laubt: Laut Landesraumordnungs-gesetz stehen Gebiete über 1.600 m unter Landschaftsschutz. In die-ser Zone ist es untersagt, Windrä-

„Werden Berufung einlegen“ WPP-Präsident und Leitwind-Chef Anton Seeber über lebensnotwendige Windener-gie und den Willen zum Weiterkämpfen

Erker: Herr Seeber, war das Urteil ein Schock für Sie?Anton Seeber: Uns schockiert, wie man sich in der heutigen Zeit gegen erneuerbare Energie aussprechen kann, mit dem Argument: „Ja zur erneuerbaren Energie, aber nicht bei mir.“ Auch Südtirol kann nicht auf die Energie, die mit dem Wind-park Brenner erzeugt werden kann, verzichten. Das zeigt auch die Erfahrung der Energiegenossenschaft Pflersch, die im Winter oder bei Wasserknappheit teuren, meist aus fossi-len Quellen stammenden Strom zukaufen muss. Zudem sind auch die lokalen wirtschaftlichen Aspekte hervorzuheben. Mit dem Windpark wird nicht nur für die Gemeinde Brenner, sondern für das ganze Land eine wichtige Einnahmequelle geschaffen, etwa durch Konzessionszahlungen und Steuerab-gaben. In Zeiten knapper werdender öffentlicher Geldmittel ist dies von großer Bedeutung. Außerdem geht es um viele Arbeitsplätze im Wipptal, denn nur ein Unternehmen, das et-was produziert bzw. schafft, kann auch Menschen damit be-schäftigen.

Der Landesregierung sind bei der Beschlussfassung Fehler unterlaufen ... Aufgrund der idealen Windverhältnisse und bestehenden In-frastrukturen beschäftigt man sich am Brenner zu Recht seit rund zehn Jahren mit den Möglichkeiten zur Nutzung der Windenergie. Unser Projekt war und ist bis heute das erste, das soweit vorangetrieben werden konnte, dass es nun kurz vor seiner Realisierung steht. Dies stellte die Verwaltung vor neue Herausforderungen. Für manch technisches Detail gab es zum Zeitpunkt der Projekteinreichung keine klaren Vor-

gaben. Anders gesagt: Die heu-te geltenden Gesetze, welche die Beanspruchung von Landschaft zur Energiegewinnung regeln, berücksichtigen nicht die Nut-zung der Windkraft. So verändern Windkraftanlagen zum Beispiel zwangsläufig das Landschafts-bild. Aber Anlagen, die durch Nutzung des Windes Strom pro-duzieren, müssen dort errichtet werden, wo Wind weht, und kön-nen nicht hinter Bergen oder in Löchern versteckt werden.

Sie glauben weiterhin an das Projekt.Natürlich. Es bleibt ein sinnvolles nachhaltiges Projekt zur Ge-winnung von viel erneuerbarer Energie. Wer das anders sieht, sollte sich die Welt jenseits unserer Tiroler Landesgrenzen ge-nauer anschauen. Die Windkraft ist heute neben der Wasser-kraft die effizienteste Form von erneuerbarer Energiegewin-nung. Deshalb setzt die deutsche Regierung zusammen mit den Grünen, Greenpeace und WWF auf die Windkraft – ins-besondere auf Land – um die Energiewende herbeizuführen. Die Energiewende zum Schutz unseres Lebensraumes ist nur zu erreichen, wenn wir global denken und lokal handeln.

Sie wollen jetzt „alle notwendigen Schritte“ einleiten, um das Genehmigungsverfahren weiterzuführen.

Wir prüfen derzeit die Be-anstandungen des Ver-waltungsgerichtes und werden in zweiter Instanz beim Staatsrat in Berufung gehen.

Die Argumente des Verwaltungsgerichtes werden aber schwer zu widerlegen sein. Wer behauptet das? Wir glauben nicht, dass das Urteil den nationalen und

internationalen Richtlinien der Klimapolitik entspricht. Wer glaubt, dass allein mit Wasserkraft und Stromsparen eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes möglich ist, lebt noch immer auf der „Insel der Glückseligen“, die Südtirol nicht mehr ist und erst recht in Zukunft nicht mehr sein wird.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Wind-park doch noch gebaut werden kann?Das kann ich derzeit nicht genau sagen. Ich bin aber davon überzeugt, dass unsere Argumente für sich sprechen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis allen klar wird, dass wir ein Pro-jekt wie den „Windpark Brenner“ brauchen. Wie viele andere Menschen auch betrachte ich die Windenergie von heute als Fortschritt. Und Fortschritt kann man nicht aufhalten.

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der zu errichten. Und: Die Landes-regierung geht fälschlicherweise davon aus, dass sich der geplan-te Standort nicht in einem Land-schaftsschutzgebiet befindet. Der Windpark am Brenner würde auf 2.000 Metern Höhe liegen. Eine Ver-ordnung, heißt es folglich im Urteil, könne kein Gesetz abändern. Nächste Rüge: Die Landesregie-rung hat im Beschluss die auf ös-terreichischer Seite aufgeworfenen Umweltaspekte nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl das Projekt grenzüberschreitende Auswirkun-gen auf die Umwelt habe. Da das Landschaftsschutzgebiet Nößlach-Obernbergersee-Tribulaun unmit-telbar bis zur italienischen Grenze heraufreicht, könne man „von einer Beeinträchtigung ausgehen, zumal die Präsenz der Windkraftanlagen eine sichtbare Beeinträchtigung darstellen bzw. die Lärmauswirkun-gen auch in dieses Gebiet hineinrei-chen“, heißt es im Urteil. Ähnliches gilt auch für das drei Kilometer ent-fernte „Natura 2000“-Gebiet. „Die Auswirkungen auf die Umwelt des Projektes sind auf österreichischem Staatsgebiet offensichtlich gravie-render als auf Südtiroler Seite.“ Vor allem in den Schlussfolgerun-gen weicht der Beschluss der Lan-desregierung wesentlich vom Gut-achten des UVP-Beirates ab. Das ist gesetzlich erlaubt, muss aber plau-sibel und fachlich begründet sein. Im Anlassfall habe die Landesregie-rung jedoch nur ihre eigenen Fach-

kenntnisse bemüht, statt ihre Aus-führungen mit Hilfe zusätzlicher Fachgutachten zu begründen, fin-det das Verwaltungsgericht. Manche Aussagen seien „disku-tabel“, wie Windräder seien nicht hässlich, der Sattelberg sei auf-grund der Bunker- und Militäranla-gen sowieso nicht ökologisch wert-voll und attraktiv und Skitourenge-her seien eine höhere Belastung für das Wild als Windräder. Außerdem entkräften pauschale Erwägungen („Die Arbeiten müssen auf das nö-tige Maß beschränkt bleiben“, „Die Straßen sind sofort wiederzube-grünen“) die Argumente des Bei-rates nicht. Schlimmer noch: „Die Landesregierung tendiert dazu, die negativen Auswirkungen zu baga-tellisieren, um den Nutzen des Pro-jektes eindeutig höher als seinen begrenzten ökologischen Schaden einzustufen.“ Der Umweltbeirat hatte in seinem Gutachten auf „gravierende und nicht vertretbare“ Auswirkungen auf die Umwelt hingewiesen wie etwa durch den Aus- bzw. Neu-bau von Straßen, durch Erdbewe-gungsarbeiten von rund 65.000 Kubikmetern oder die Errichtung von vier bis sechs Meter hohen Stützmauern und etwa 300 talsei-tigen Pfahlgründungen. Für die Montage jedes Windrades muss eine insgesamt drei Hektar gro-ße Baustelle errichtet werden und für jede Anlage ein Betonfundamt von bis zu 300 m2. Ein Rückbau mit

Begrünung sei nur begrenzt und über lange Zeit möglich. Mehrere schutzbedürftige Feuchtgebiete würden zerstört, die vorgesehenen Maßnahmen zur Minimierung des Risikos, dass Vögel in die Windrä-der flattern und sterben, nicht ge-eignet.Der erreichbare Energieertrag von etwa 1,8 Prozent der Stromproduk-tion in Südtirol und die berechne-te CO2-Einsparung von 84.000 Ton-nen pro Jahr rechtfertigen keinen Windpark. Kurzum: „Der Alpen-raum ist für die Nutzung der Wind-energie nicht geeignet.“Der Rekurs, dem stattgegeben wurde, ist eine Premiere. Zum ers-ten Mal wurde ein solches grenz-überschreitendes Verfahren durch-geführt.Ein harter Schlag für die Projektbe-treiber, das Land und die Gemein-de Brenner, die das Urteil erst ein-mal verdauen müssen. „Die Ange-legenheit wird derzeit überprüft. Ich ersuche deshalb um Verständ-nis, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Antwort erteilen kann“, mein-te Landeshauptmann Luis Durn-walder dem Erker gegenüber. Abwartende Haltung auch bei Paul Röck, Chef der Elektrizitätsgenos-senschaft Pflersch. „Wir werden bei der Vollversammlung im April oder einer vorgezogenen außerordent-lichen Versammlung die weiteren Schritte besprechen.“ Enttäuscht ist Franz Kompatscher, Bürgermeister der Gemeinde Bren-

ner. „Der Gemeinde Brenner ent-steht ein großer sozialer und wirt-schaftlicher Schaden, wenn der Windpark nicht gebaut wird.“ Die Gemeinde wäre mit vier Pro-zent am Umsatz beteiligt. Mit die-sen Einnahmen, so Kompatscher, könnten die Bürger deutlich ent-lastet und der Steuerdruck gemin-dert werden. Der Windpark bräch-te wirtschaftliche Vorteile für die Mitglieder der Elektrizitätsgenos-senschaft Pflersch und neue quali-fizierte Arbeitsplätze.Entgegen der Meinung der Alpen-vereine und Naturschützer lasse sich im Brennergebiet nur schwer ein sanfter Tourismus ankurbeln, vor allem aufgrund der Verkehrs-belastungen, wie die Seitentäler des nördlichen Wipptales Obern-berg, Vals, Schmirn beweisen. Trotz Bemühungen entwickelt sich der Tourismus nicht bzw. stagniert. „Würden mit der gleichen Vehe-menz Belastungen wie der Verkehr auf Autobahn und Staatstraße, die Lärmbelästigung durch die Ei-senbahn und der Bau einer neuen Starkstromleitung über den Bren-ner angefeindet und bekämpft, wäre dies sehr begrüßenswert“, so Kompatscher.Auch er will abwarten, bis er das schriftliche Urteil in den Händen hält. Dass die Gemeinde aus den Verträgen aussteigen muss, glaubt er nicht. „Diese sind nur relevant, wenn der Windpark gebaut wer-den kann.“ rb

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politik

Krankheit schützt vor Krise nicht. Krankenhausbetten will der italie- nische Ministerpräsident Mario Monti entfernen lassen, Abteilun-gen schließen, Personal kürzen. Ein Domino-Effekt, der auch Re-gionen, Provinzen und Gemein-den zum Sparen zwingt. So wer-den dem Gesundheitswesen Südti-rol nächstes Jahr über 20 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt feh-len, samt entstehenden Mehrkos-ten fast doppelt so viel. „Um so viel Geld einzusparen, müssten wir die Spitäler von Innichen und Sterzing schließen“, sagte Generaldirek-tor des Sanitätsbetriebes Andreas Fabi jüngst, um den Südtirolern das Ausmaß der Dramatik bewusst zu machen. Eine Schließung, be-schwichtigt er dann, komme frei-lich nicht in Frage. Um die Kürzung von Betten wird Südtirol aber nicht herumkom-men. 300 müssen verschwinden. Egal wie. Wo wie viele Betten abgebaut wer-den, war bis Drucklegung des Er-ker noch geheim. An die 80 Reha-Betten sollen es jedenfalls sein, 32 davon in konventionierten Privat-kliniken. Umso erstaunlicher, dass am „Lan-deszentrum für Neurorehabilitati-on“ in Sterzing nicht gerüttelt wird. Im Landesraumprogramm vom Mai 2011 steht schwarz auf weiß, wie der vierte Stock des Kranken-hauses aussehen soll: Ein „hoch-qualifizierter Neurotherapiebe-reich“, mit Medizinlager, Zentra-le, Teeküche, Aufenthaltsraum mit Wohn- und Essbereich, Sekretariat, Besprechungsraum sowie ein Bad, ein „Ausgusszimmer“ entlang des Ganges, dazu ein weiteres speziell ausgestattetes Bad und ein behin-dertengerechtes WC. Der Therapie-bereich (Logopädie, Ergotherapie, Robotikraum, Ultraschalltherapie) kommt im Nordflügel unter.Ärzte, Pfleger und Therapeuten werden hier Patienten behandeln,

deren Gehirn, Rückenmark, Nerven und Muskeln durch einen Schlag-anfall oder Unfall schwerstbeschä-digt worden sind. Behandelt wer-den auch Patienten im Wachkoma. Zunächst entsteht eine Mini-Reha. Statt der im Landesraumprogramm vorgesehenen 23 Betten werden erst einmal 15 in die Zimmer ge-stellt und schrittweise auf maxi-mal 50 aufgestockt. Aber nur dann, wenn das Projekt erfolgreich ist. In-nerhalb wann, steht nicht fest.Im Wipptal ist die Freude groß, dass das Krankenhaus um einen Dienst aufgewertet wird. Das Bangen um die Existenz des peripheren Klein-krankenhauses dürfte damit ein Ende haben. Vorläufig jedenfalls.Außerhalb des Bezirkes hielt sich die Begeisterung von Anfang an in Grenzen. Vor allem Ärzte der Gewerkschaft ANAAO und der Pri-marvereinigung ANPO wetzten die Messer, als die Landesregierung vor einem Jahr „ausgerechnet Ster-zing“ zum Standort kürte: Stän-dig rede man von Einsparungen, so die Kritik, und plötzlich sei Geld für ein Landeszentrum da. Befürch-tet wurde, dass die bestehenden

Reha-Abteilungen an Bedeutung verlieren und die periphere Lage für den Patienten zu umständlich sei. Was nütze einem Malser eine Reha in Sterzing? Und: Könne eine Struktur, „von Null aus dem Boden gestampft“, einen hochwertigen Dienst anbieten? „Es war eben eine politische Ent-scheidung“, sagt Primar Dr. Andre-as Waldner von der Privatklinik „Vil-la Melitta“ in Bozen, der sich damit abgefunden hat, dass das Reha-Zentrum nicht in Bozen, sondern in Sterzing öffnet. Dr. Claudio Corradini, Primar der Reha-Abteilung am Krankenhaus Bruneck, steht der Reha positiv ge-genüber: „Das wichtigste ist, dass sie überhaupt gebaut wird und schnell in Betrieb gehen kann.“ An-dere wollten dem Erker gegenüber keine öffentliche Stellungnahme abgeben. Stimmen aus Reha-Kreisen sickern trotzdem durch. „Die Reha in Ster-zing wird halbleer bleiben“, ist zu hören. Manche wollen beobachtet haben, dass der Zustrom an italie-nischen Patienten – auf diese Kun-den setzt Sterzing – rückläufig sei.

„Weil es in Italien inzwischen ge-nauso gute Einrichtungen gibt.“Dr. Siegfried Gatscher, Direktor des Gesundheitsbezirkes Brixen, ist da anderer Meinung. Sterzing werde sehr wohl in der Lage sein, italieni-sche Patienten abzufangen. Dazu soll auch Professor Leopold Saltu-ari, ärztlicher Leiter der Neurologie des Landeskrankenhauses Hochzirl und eine Koryphäe auf seinem Ge-biet, beitragen, der die Reha wis-senschaftlich leiten wird. Primarin wird voraussichtlich Dr. Gertraud Gisser, derzeit Primarin der Reha am Krankenhaus in Brixen. Eine Konkurrenz zwischen Sterzing und Hochzirl sieht Gatscher nicht, schließlich arbeite man eng zusam-men. Nach Saltuaris Prognose sei das Patientenaufkommen so groß, dass Hochzirl überfordert wäre, al-les alleine zu bewältigen. Ob Saltuari definitiv nach Sterzing kommt, ist inzwischen nicht mehr so sicher. Wie die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete, verlangt die Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (TILAK) ein monatliches Ho-norar von 18.600 Euro, damit Sal-tuari die Reha maximal zwei halbe

Countdown für RehaIm Südtiroler Gesundheitswesen werden aller Voraussicht nach 80 Reha-Betten gestrichen. Nicht so am Krankenhaus Sterzing. Dort soll im Jänner ein kleines Landeszentrum für Neurorehabilitation öffnen.

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Das geplante Forschungszentrum am Krankenhaus Sterzing (im Bild): Im Wipptal begrüßt, außerhalb des Bezirkes kritisch beäugt

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Tage pro Woche als wissenschaftli-cher Leiter betreut. Ein Patzen Geld. Saltuari reagierte verschnupft auf diese Veröffentlichung, die offen-

sichtlich an seinem Ruf gekratzt hat, er deutete sogar an, das Inter-esse an der Sterzinger Reha zu ver-lieren.

Längst ist die Befürchtung laut ge-worden, dass nun wohl in anderen Rehas gekürzt werden muss, damit genug Geld für die Reha in Sterzing

Erker: Herr Landesrat, warum wird das Landeszentrum für Neurorehabilitation in Sterzing gebaut?Richard Theiner: Es ist ein Landeszentrum, vor allem aber ein For-schungszentrum. In Sterzing haben wir die notwendigen räumlichen Voraussetzungen dafür. Mit dem Zentrum können wir dem Klinik-standort Sterzing neue Impulse geben, die sich positiv auf den Bezirk Wipptal auswirken.

Es heißt, die Entscheidung war eine rein politische und keine fachliche. Die Neuroreha in Sterzing ist sowohl fachlich als auch politisch gut be-gründet.

Die Tiroler Landeskrankenanstalten TILAK GmbH verlangen monatlich 18.600 Euro, damit Leopold Saltuari für zwei halbe Tage pro Woche nach Sterzing kommt. Warum hat man nicht schon vor seiner Zusage über sein Gehalt verhandelt?Was kürzlich durch die Zeitungen geisterte, ist nicht die Gehaltsforde-rung von Leopold Saltuari, sondern das, was sich die TILAK, bei der er unter Vertrag steht, als Entgelt für die Freistel-lung in Sterzing vorstellt. Der Südtiroler Sa-nitätsbetrieb hat ein Gegenangebot gestellt und nun wird verhandelt. Ich bin zuversicht-lich, dass wir gemeinsam eine vernünftige Lö-sung finden.

Was, wenn man mit nicht überein-kommt? Gibt es Alternativen? Eigent-lich müsste die Stelle doch öffentlich ausgeschrieben werden.Alternativen gibt es immer, aber wir möch-ten an Professor Saltuari festhalten, ganz im Sinne einer regional ausgewogenen und nach vorne blickenden Gesundheitspolitik.

Aus der Reha soll ein Forschungszentrum entstehen. Wie groß sind die Chancen, den Titel IRCCS zu erreichen?Wir haben das Projekt im Gesundheitsministerium vorgestellt und ei-nen positiven Bescheid bekommen. Wir wollen die Kriterien des Mi-nisteriums erfüllen und haben somit eine reale Chance, unser Ziel zu erreichen.

Ist die Reha auf Dauer finanzierbar?Achtung! Wir sprechen hier nicht von der medizinischen Grundver-sorgung, sondern von einem Forschungszentrum. Die gesetzlich vor-gesehenen Gesundheitsleistungen müssen erbracht werden und sie müssen dauerhaft finanzierbar sein, das ist richtig. Das ist eine der größten Anstrengungen der Landesregierung seit Jahren, und Südti-rol geht diesen Weg mit Erfolg. Während in südlichen Regionen gro-ße Sanitätsbetriebe unter kommissarischer Verwaltung stehen, weil sie Defizite ohne Ende produzieren, bietet Südtirol eine hochwerti-ge und umfassende Gesundheitsversorgung in jedem Tal und jedem Bezirk und hat es erreicht, dass die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesund-heit sogar leicht rückläufig sind. Ein Forschungszentrum wie das der Neuroreha liegt außerhalb der gesetzlichen Betreuungsstandards, das

heißt, es muss die Kosten wieder hereinspielen durch Forschungsbei-träge der EU oder des Staates oder dadurch, dass sich Patienten von außerhalb behandeln lassen – oder es muss eine nachweislich positi-ve Wirkung im Bereich Ärztenachwuchs und Behandlungsqualität für Neuroreha-Patienten in Südtirol haben. Wir sind zuversichtlich, dass diese positiven Faktoren in angemessener Zeit die Investition recht-fertigen werden.

Im Gesundheitswesen müssen 80 Reha-Betten gekürzt wer-den. Welche Einrichtungen wird es treffen?Die Regierung Monti hat uns diese Vorschrift auferlegt und wir haben uns verpflichtet, innerhalb November (nach Drucklegung des Erker, Anm. d. Red.) einen Plan vorzulegen.

Was passiert mit Patienten, für die wegen der Kürzung kein Bett mehr zur Verfügung steht?Unsere Patienten werden immer versorgt. Stationäre Reha-Betten werden immer öfter durch ambulante Reha-Leistungen ersetzt, weil dies der medizinische Fortschritt möglich macht. Aber klar, Engpässe

sind nicht auszuschließen, weil wir alle in Süd-tirol die Suppe von Monti auslöffeln müssen.

Ab wann dürfen in Sterzing keine Krebs- operationen mehr durchgeführt wer-den? Liegt die chirurgische Abteilung so weit unter der Mindestanzahl an Ein-griffen?Aus heutiger Sicht sind die Fallzahlen leider unzureichend. In Zukunft können im Kran-kenhaus Sterzing höchstwahrscheinlich kei-ne Krebsoperationen mehr durchgeführt wer-den.

Auf welche Operationen werden sich dann größere Krankenhäuser spezialisieren?Ein internationales, hochkarätiges Fachgremium hat Vorschläge erar-beitet, unter welchen wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen onkologische Chirurgie vor Ort zertifiziert und damit zugelassen wer-den kann. Jede Abteilung in allen Krankenhäusern des Landes kann um die Zertifizierung ansuchen, sobald die Kriterien der Zertifizierung von der Landesregierung gutgeheißen worden sind. Das Verfahren sieht eine Selbsterklärung der Abteilung und eine technische Über-prüfung von außen vor. Erst danach wird feststehen, wo operiert wer-den kann und wo nicht.

Besteht die Gefahr, dass in Sterzing weitere Abteilungen bzw. Dienste gestrichen werden?Nach den Vorgaben der Regierung Monti müssen in Südtirol über 300 Krankenhausbetten abgebaut werden. Die hiesigen Ärztegewerk-schaften wollen, dass diese Kürzungen bei den Krankenhäusern der Grundversorgung in Sterzing, Schlanders und Innichen erfolgen. Das ist meiner Meinung nach der falsche Weg. Die kleineren Krankenhäu-ser müssen bleiben. Allerdings werden wir nach den Auflagen der rö-mischen Regierung in allen Spitälern des Landes Betten und Abteilun-gen reduzieren müssen, auch in Sterzing.

„Halten an Professor Saltuari fest“Im Gespräch mit Gesundheitslandesrat Richard Theiner

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aktuell

bleibt. Im Landeshaushalt 2013 sind 3,47 Millionen Euro für das Reha-Projekt vor-gesehen.Die Kosten für den Umbau der Sterzin-ger Reha werden auf 4,64 Millionen Euro geschätzt, Mehrwerststeuer und techni-sche Spesen inklusive. Ein Viertel der Ge-samtkosten entfallen auf die Bauarbei-ten – was in etwa so viel ausmacht wie die Kosten für die medizintechnischen Geräte (1,3 Millionen Euro). Die Führungskosten belaufen sich auf mehr als zwei Millionen Euro im Jahr. „Wir gehen davon aus, dass der Tages-satz den Großteil deckt“, so Gatscher. Der Tagessatz soll in Sterzing mit 800 Euro zweieinhalb Mal so hoch wie in ei-ner privaten Klinik in Südtirol sein. Gat-scher sagte im Oktober, der Tarif müsse noch genau festgelegt werden.Gesundheitslandesrat Richard Theiner meint: „Die Leistung im Reha-Zentrum wird sicher nicht teurer. Im Unterschied zu anderen Einrichtungen muss es aber kostendeckend arbeiten.“Am meisten spalten sich Meinungen, wenn es um den Schwerpunkt der Reha geht. Bis zum 31. Dezember 2014 soll sie ein „anerkanntes wissenschaftliches For-schungsinstitut IRCCS“ (istituto di ricer-ca cura di carattere scientifico) sein. Pati-enten werden also nicht nur behandelt, sondern vor allem für Forschungszwe-cke beobachtet. Der positive Nebenef-fekt: Ein solches Zentrum wäre dem rö-mischen Ministerium unterstellt und es gibt großzügige Förderungen aus dem Staatstopf. So war es zumindest bis Itali-ens Sparkrise. Rationalisierungen soll es bereits bei den ersten IRCCS-Kliniken in Italien geben, auch bei renommierten, weiß ein Reha-Arzt. Den Titel IRCCS muss sich die Reha erst verdienen, indem sie mindestens fünf Jahre intensive Forschungstätigkeit vor-weist. Zu diesem Zweck hat das Land 2009 die „Research Unit“, eine Gruppe zur klinischen Forschung im Neuroreha-Bereich, gegründet. Mitglieder sind die Primare der vier Reha-Abteilungen der Sanitätsbetriebe sowie die ärztlichen Leiter von „Villa Melitta“ in Bozen und Hochzirl. Zwar hätten einzelne wissen-schaftliche Arbeiten publiziert, als Grup-pe gebe es aber keine einzige, bestätigt ein Reha-Arzt. „Die Reha sollte das anbieten, was Südti-rol derzeit am nötigsten braucht“, meint Gertrud Calenzani, die sich landesweit für Schlaganfall- und Schädelhirntrau-ma-Patienten einsetzt und Selbsthilfe-gruppen aufbaut. Forschung und Wis-

senschaft seien wichtig. Als „Netzwerk Schlaganfall-Schädelhirntrauma Südti-rol“ kenne sie aber auch die Nöte der Be-troffenen und deren Familienangehöri-gen. Parallel müsse eine gut funktionie-rende Neuropsychologie mit landeswei-ten Angeboten und spezifisch ausge-bildeten Neuropsychologen ausgebaut werden. Patienten aus anderen Regio-nen herholen, um Betten zu füllen, wäre nicht sinnvoll, zumal sich die Patienten derzeit landesweit mit dem Angebot aus Brixen begnügen müssten.Im Landesraumprogramm steht ledig-lich, dass in der Reha „ein Zimmer für den Psychologen“ eingerichtet werde. Roland Keim aus Sterzing, Bezirksleiter des psychologischen Dienstes und Neu-ropsychologe, bestätigt, dass ein Be-schluss zwar eine Stelle beim Psycholo-gischen Dienst vorsehe. Wann oder ob diese dort effektiv mitarbeiten werde, sei ihm aber nicht bekannt. Dr. Gatscher sicherte hingegen zu, dass Neuropsy-chologie in der Reha eine bedeutende Rolle zukommen werde.Ein Zurück gibt es nicht mehr. Die Reha in Sterzing öffnet – auch wenn noch vie-les im Unklaren ist. Kurz vor Drucklegung wollte der Erker vom Gesundheitsbezirk Brixen Genaues wissen, in welchem Mo-nat die Reha öffnen wird, wie viele der 15 Betten bereits an Patienten vergeben sind, woher sie stammen, ob das Perso-nal schon gefunden sei, wer die Reha in Brixen übernehmen wird ... Die Antwort: Aufgrund der bestehenden Situation könne zur Zeit noch keine erschöpfende Antwort gegeben werden. Die organisa-torische Planung sei noch nicht so weit. Man hört, dass die Reha nicht wie ge-plant im Jänner, sondern im April öffnen wird. Bis dahin stellt sich in Südtirol eine ganz andere Frage: Wie wird sich die Kürzung von 80 Reha-Betten auf die Patienten auswirken? Ein Arzt wagt ein Szenario: „Wenn wir uns entscheiden müssen, ob wir einen 60- oder einen 80-Jährigen aufnehmen, werden wir zwangsläufig denjenigen nehmen, der die höhere Le-benserwartung hat. Die ersten, die auf der Strecke bleiben, sind also alte Men-schen. Eine ganze Generation, die Süd-tirols Wohlstand aufgebaut hat, wird durch die Finger schauen.“Was, wenn er Recht behält? Das Land je-denfalls will Montis geplante Kürzungen vor dem Verfassungsgericht anfechten.

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Keine Krebs-OP mehr in SterzingExistenz der Allgemeinchirurgie in Klein-krankenhäusern in Gefahr

Als wären Sparmaßnahmen nicht genug, will das Land die Tumorchirurgie zentralisieren: Krebsoperationen also nur mehr in bestimmten Krankenhäusern – hauptsächlich in Bozen und Meran – anbieten. Es gehe, so wird behauptet, um eine „Qualitätsverbesserung“ und eine „bestmögliche Behandlung von Tumorpatienten“.Ein Vorhaben mit Folgen. Denn damit dürften nur mehr solche chirurgische Abteilungen Tumoroperationen vor-nehmen, die eine jährliche Mindestmenge an solchen Eingriffen vorweisen können. Kurzum: es wäre das Aus für die Krebs-Operationen in den Krankenhäusern von Ster-zing, Schlanders, Innichen – teilweise auch in den Kran-kenhäusern von Brixen und Bruneck.Die Empörung bei den Primarärzten ist groß. „Den Patien-ten und Bürgern wird vorgegaukelt, dass sie in einem so genannten zertifizierten Zentrum besser betreut werden als in einem kleinem Krankenhaus, das auf die Bedürfnis-se der Patienten eingeht und in denen neben fachlicher Kompetenz auch eine besondere persönliche Zuwen-dung gegeben ist”, so Dr. Franz Ploner, ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing. Ein Zertifizierungsdiplom in der Hand zu haben, bedeute noch lange nicht, dass die er-brachte Arbeit wirklich besser gemacht wird als in einem nicht zertifizierten Zentrum. Es beschreibe nur einen Ar-beitsablauf mit hinterlegten Dokumenten, bewerte aber nicht die erbrachten Ergebnisse. Für Ploner ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Abtei-lung jahrzehntelang nachweislich mit gutem Erfolg er-brachte Eingriffe plötzlich einstellen muss, „ohne dass auch nur ansatzweise die Ergebnisse von der derzeitigen Führung des Südtiroler Sanitätsbetriebes überprüft wur-den“. Bis zum Beweis des Gegenteils behauptet er, „dass die im Krankenhaus Sterzing erzielten Resultate nach Tu-moroperationen denen in anderen Krankenhäusern – be-scheiden ausgedrückt – um nichts nachstehen“. Dies kön-ne er aus persönlicher Erfahrung im Vergleich zu seinen früheren Wirkungsstätten am Krankenhaus Brixen und an den Universitätskliniken Mainz und Ulm bestätigen. Ent-scheidend für das Erfolgsresultat des chirurgisch-onkolo-gischen Eingriffes sei die individuelle Kompetenz des Chi-rurgen, die weitgehend unabhängig von der Fallzahl sei.Bis jetzt gibt es noch keinen endgültigen Beschluss. Die letzte Endscheidung liegt bei der Landesregierung, die sich mit dem Projekt noch im Dezember befassen wird. Zittern in den Krankenhäusern. „Bleibt zu hoffen, dass endlich auch die politischen Vertreter der peripheren Be-zirke den Ernst der Lage erkennen und sich unmissver-ständlich und ohne Kompromisse für den Erhalt der Tu-morchirurgie auch in ihren Krankenhäusern einsetzen”, so Ploner. Ein Verbot der Tumoroperationen, darin sind sich ausnahmslos alle Abteilungsleiter von Sterzing, Schlan-ders und Innichen einig, sei „gleichzusetzen mit einem ra-piden Abbau der Allgemeinchirurgie in diesen Häusern“. In einem Schreiben an die Landesregierung sprechen sie sich klar gegen die von der Betriebsführung geplante Neuorganisation der Krebs-OP aus.

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umwelt

Die Eisriesen, die unsere Berge prägen, ziehen sich

unaufhaltsam weiter zurück. Die Hitze und ein schneear-

mer Winter haben auch im vergangenen Jahr den

Gletschern in den Alpen stark zugesetzt.

Das IPCC (International Panel for Climate Change) bezeichnet die Gletscher als Drei-Sterne-Indikato-ren, da sie deutlich und rasch auf das Klima reagieren und den Wan-del besonders deutlich machen. Tatsächlich konnte man mit freiem Auge beobachten, wie sich die Eis-riesen in den vergangenen Jahr-zehnten immer mehr zurückgezo-gen und von ihrer einstigen Pracht verloren haben.

Am Übeltalferner in Ridnaun wer-den vom Hydrographischen Amt und vom italienischen glaziolo-gischen Komitee seit 2001 so ge-nannte Massenbilanzmessungen durchgeführt, um den Gletscher-

schwund in den Stubaier Alpen zu dokumentieren und zu quan-tifizieren. Die endgültigen Ergeb-nisse des gerade abgeschlosse-

nen Untersuchungsjahres stehen zwar noch aus, dennoch dürfte der Gletscherhaushalt im vergange-nen Jahr im Mittel beinahe gleich-

viel an Eisfläche wie im Rekordjahr 2002/03 verloren haben. Dort, wo normalerweise kein Eis schmilzt, gab es in diesem Jahr einen Verlust

Schmelzendes EisDie Gletscher ziehen sich immer weiter zurück. Darunter auch der Übeltalferner in Ridnaun.

Der Übeltalferner am 5. September 2012

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alpen

Massenbilanz Die Massenbilanz eines Gletschers setzt sich aus dem Massengewinn durch Ablagerung von Schnee und dessen Umwandlung in Eis (Akkumulation) und aus dem Massenverlust durch das Schmelzen des Eises vor allem in tiefen Lagen (Ablation) zusammen. Übertrifft die Akkumulation während längerer Zeit die Ablation, stößt der Gletscher vor. Umgekehrt schwindet er mit gewisser Zeitverzögerung, wenn die Ablation über mehrere Jahre hinweg größer ist als die Akkumulation. Dies ist heute weltweit der Fall.

von 0,5 bis einem Meter; im Zun-genbereich sind sogar bis zu drei Meter Eis geschmolzen. Besonders auffallend sind die neuen markan-ten Felsvorsprünge im Einzugsge-

biet des Wilden Freigers und die Abtrennung des Eisplateaus am Sonklar vom restlichen Eiskörper durch den Einbruch des Eisfalles,

mit setzt sich die Serie der vielen war-men Sommer der letzten Jahre un-gehindert fort. Landesweit lagen die mittleren Temperaturen 1981 – 2010 etwa 1,5° C über dem Klimamittel der 30er Jahre. Wärmer als in diesem Sommer war es nur im Rekordsom-mer 2003, als das Thermometer um 1° C höher hinaufkletterte.Im Wipptal lagen zudem in diesem Sommer die Niederschlagsmen-gen weit über dem langjährigen Mittel. In Sterzing und Pfitsch gab es so viel Regen wie noch nie seit

mindestens 80 Jahren. Der durch-schnittliche Jahresniederschlag be-trägt in Sterzing 770 mm; allein in diesem Sommer sind hier 633 mm Regen gefallen. Und normalerwei-se fällt auch im Sommer in hohen Lagen hin und wieder ein bisschen Schnee mit Schutzwirkung für das Gletschereis. Dies war heuer erst im September der Fall – zu spät, um eine stark negative Massenbi-lanz zu verhindern.

Roberto Dinale

überdurchschnittlich warmer Som-mer folgte – in ganz Südtirol einer der wärmsten, die seit Beginn der Auf-zeichnungen festgestellt wurden. Da-

Am 29. August 2012 wurden am Übeltal-ferner umfangreiche Vermessungsarbeiten durchgeführt, um die Gletscherränder neu einzumessen und die Position der Messstan-gen am Gletscher zu aktualisieren. Durch den Vergleich mit den Vermessungen von 2005 und 2008 konnte eine Bewegungsgeschwin-digkeit des Haupteisstromes von etwa zehn Metern im Jahr berechnet werden.

Hitzealarm für Gletscher

Zu warm war der Sommer 2012 für die Gletscher in den Alpen. Die steigenden Temperaturen

– der diesjährige Sommer war der zweitwärmste in den vergangenen 200 Jahren – machten

den Eismassen richtig zu schaffen.Die Rekordtemperaturen und der Gefrierpunkt, der teils auf über 4.000 Meter kletterte, führ-

te zu einem weiteren starken Rückgang der Weißen Riesen: Mehr als zwei Meter Dicke hat-

ten Italiens Gletscher bereits Ende August verloren, so viel wie 2011 erst zu Ende des Som-

mers. Bis Ende September wurde der bisher stärkste Gletscherschwund von 2003 in Italien

noch übertroffen. Allein zwischen 1991 und 2003 sind die Gletscher um rund 20 Prozent zu-

rückgegangen.

Datenreihe von Winterakkumulation, Sommerablation sowie Jahresbilanz am Übeltalferner ab 2001/02. Die Daten von 2011/12 sind noch vorläufig.

der als Verbindung dieser beiden Gletscherteile diente.Gründe für den starken Gletscher-schwund war ein relativ schneear-mer Winter 2011/12, auf den ein

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wipptaler baubarometer

Ausbezahlte Beträge* für Wohngeld des WOBI

Insgesamt davon Ausländer

Brenner 100.000 53.000

Franzensfeste 114.000 72.000

Freienfeld 100.000 11.000

Pfitsch 128.000 48.000

Ratschings 55.000 7.000

Sterzing 528.000 172.000

Wipptal 1.025.000 363.000* alle Beträge in Euro

Markt- und Mietpreise etwas rückläufig Bautätigkeit im Bezirk geht deutlich zurück

Schenkt man der Publikation „Bautätigkeit und Immobilienmarkt in Südtirol 2011“ des Landesstatistikamtes ASTAT Glauben, lie-gen die Marktpreise für Wohnungen in sehr gutem Zustand im Wipptal zwischen 1.813 Euro je m2 in Franzensfeste und 3.320 Euro in den besten Lagen Sterzings. Die Realität spricht jedoch eine andere Sprache: Denn um 330.000 Euro ist in Sterzing schon lange

keine 100-Quadratmeter-Wohnung mehr zu haben.Dennoch: Der seit 2003 ansteigende Trend bei den Wohnungskosten scheint sich bis auf Südtirols touristische Hochburgen et-was einzubremsen. Zumindest offiziell sind die Marktpreise in zentraler Lage außer in der Gemeinde Pfitsch 2011 im Wipptal nir-gendwo angestiegen. In den anderen Ge-

Wipptal: 2011 ist der Wohnungsbau im Bezirk um rund ein Drittel eingebrochen.

Abgeholte Baugenehmigungen 2011Wohngebäude Wohnungen Nicht-Wohngebäude

Brenner 2 3 3Franzensfeste 1 - -Freienfeld 19 14 19Pfitsch 6 6 1Ratschings 24 46 10Sterzing 12 26 8Wipptal 64 95 41

Dass die Kauf- und Mietpreise in Südtirol – trotz anhaltender Krise – überaus hoch und teilweise kaum noch erschwinglich sind, ist nicht neu. 2011 sind sie im Wipptal aber erstmals seit vielen Jahren zumindest nicht weiter gestiegen, in peripheren Lagen sogar etwas gesunken. Einen drastischen Rückgang verzeichnete die Bautätigkeit im Bezirk.

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meinden blieben sie im Vergleich zum Vorjahr un-verändert, in Ratschings waren sie in Ortskernen sogar leicht rückläufig. In peripheren Lagen lagen sie allerorts etwas unter dem Vorjahresniveau.In Wolkenstein als teuerster Südtiroler Gemein-de lag der maximale offizielle Preis je Quadrat-meter bereits bei bis zu 10.275 Euro; für eine 100-Quadratmeter-Wohnung müsste man dort demnach auch schon mal über eine Million Euro hinblättern. Unter den 14 teuersten Gemeinden Südtirols sind sechs ladinische. Der höchste of-fizielle Mietpreis wurde in St. Ulrich mit über 3.300 Euro pro Monat für eine 100-Quadratme-ter-Wohnung festgestellt.In den Randgebieten aller Wipptaler Gemein-den sind auch die Mietpreise leicht zurückge-gangen, in Pfitsch auch in zentraler Lage. Am billigsten wohnte man im vergangenen Jahr mit monatlichen Mindestmietkosten von 458 Euro (100 m2) in Franzensfeste, am teuersten mit knapp 1.100 Euro (100 m2) in Sterzing.Nicht teurer geworden sind die Baugründe im

Bezirk. Die Grundstückspreise bewegten sich 2011 offiziell zwischen 120 Euro je m2 in peri-pheren Lagen Freienfelds und 455 Euro in Ster-zing. Dass in Sterzing für Baugründe aber be-

reits auch der doppelt so hohe Preis bezahlt werden musste, ist bekannt.

Baubranche in Krise

Das vergangene Jahr zeichnete sich lan-

desweit durch einen deutlichen Rückgang der Bautätigkeit, so-wohl bei den abgeholten Bau-genehmigungen als auch bei den Bauabschlüssen, aus. Die vorsichtige Erholung von 2010 setzte sich nicht fort.

Südtirols Mittelstand: Zu reich für den Sozialwohnbau, zu arm für einen Wohnungskauf

Im Wipptal wurden 2011 nur noch 95 Bauge-nehmigungen für Wohnungen eingeholt. Das entspricht einem Rückgang von mehr als einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Deutlich ein-

gebrochen ist auch die Zahl der Bau-abschlüsse, wo bei den Wohnungen ebenfalls ein Rückgang von 35 Pro-zent zu verzeichnen war. Besonders der Mittelstand hat derzeit erhebliche Schwierigkeiten, einen Wohnungskauf alleine zu schultern.Im vergangenen Jahr wurden im Wipptal 22 (-20) neue Wohngebäude, davon 14 allein in der Gemeinde Rat-schings, mit einer Kubatur von 33.394 m3 (-32.977 m3) fertig gestellt und 49

Erweiterungsbauten (11.480 m3) abgeschlos-sen. Insgesamt wurden so 93 neue Wohnungen (-50) geschaffen. 25 Bauabschlüsse (54.780 m3) und elf Erweiterungen (28.226 m3) gab es bei

neuen Nicht-Wohngebäuden. Im selben Zeitraum wurden im Wipptal 84 Wie-dergewinnungsarbeiten (-33) an bestehenden Gebäuden durchgeführt; 51 waren es allein in Sterzing.

Im Eigentum des Wohnbauförderungsinsti-tutes (WOBI) befinden sich derzeit im Wipptal 421 Wohnungen, davon sind 391 besetzt. Ins-gesamt wurden im vergangenen Jahr im Be-

zirk 1.025.000 Euro an Wohngeld ausbezahlt (143.000 Euro weniger als im Vorjahr), davon 347.000 Euro (35 %) an ausländische Bürger.

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wipptaler baubarometer

WipptalMarkt- und Mietwerte der Wohnungen in sehr gutem Zustand 2011

zentrale Lage periphere LageMarktwerte

KaufMarktwerte

MietenMarktwerte

KaufMarktwerte

MietenMin Max Min Max Min Max Min MaxBrenner 2.150 3.150 6,75 9,85 1.875 2.392 4,85 6,23Franzensfeste 2.150 2.800 6,75 8,80 1.813 2.225 4,58 5,63Freienfeld 2.000 2.825 6,25 8,85 1.883 2.279 4,98 6,02Pfitsch 2.256 3.063 7,08 9,69 1.875 2.250 4,73 5,70Ratschings 2.125 2.963 7,10 9,95 1.917 2.342 4,72 5,78Sterzing 2.380 3.320 7,76 10,86 2.108 2.675 5,20 6,58Werte in Euro je m2 laut handelsüblicher Messung

grau = gleich wie im Vorjahr, rot = teurer, grün = billiger

Bauabschlüsse 2011Wohngebäude Wohnungen Nicht-Wohngebäude

Brenner 1 2 4Franzensfeste 3 2 4Freienfeld 20 21 14Pfitsch 7 18 -Ratschings 36 46 5Sterzing 4 4 6Wipptal 71 93 33

Wohnungen im Eigentum des WOBI

davon besetzt

Brenner 90 76

Franzensfeste 44 44

Freienfeld 31 30

Pfitsch 39 36

Ratschings 26 24

Sterzing 191 181

Wipptal 421 391

Wert des Baugrundes 2011Zentren

und WohngebieteRandgebiete

Gewerbe-gebiete

Brenner 185 245 155 185 110 125Franzensfeste 190 255 125 190 115 125Freienfeld 210 270 120 210 105 160Pfitsch 205 290 145 205 130 165Ratschings 195 320 160 225 130 165Sterzing 350 455 225 350 105 185Werte in Euro/m2

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aktuell

Jedes Jahr verschwindet eines von zehn Unternehmen vom Markt – weil es aufgibt, Kon-

kurs anmeldet oder aufgekauft wird. Für Kurt Matzler gibt es nur

eine Möglichkeit, den beinhar-ten Wettbewerb, vor allem ge-

genüber Niedriglohnländern, zu überleben: Innovation. Produk-

te, Dienstleistungen und Techno-logien schneller und besser wei-terzuentwickeln als die Konkur-renz. Der gebürtige Sterzinger, u. a. Professor für Strategisches

Management an der Universität Innsbruck, Autor und Co-Autor

von Bestsellern, eröffnete im Ok-tober auf Einladung des Kiwanis

Club die 1. Wipptaler Zukunftsgespräche.

Studien bestätigen es: Innovation kann „Leben retten“. Nicht umsonst versuchen Top-Unternehmen, 75 bis 80 Prozent ihres Gesamtumsat-zes mit Produkten zu erwirtschaf-ten, die jünger sind als fünf Jahre. Eine gewaltige Herausforderung. Etwa 60 Prozent aller Projekte wer-den abgebrochen, noch bevor das Produkt überhaupt auf den Markt kommt. Nur eine von sieben Inno-

vationen bewährt sich effektiv er-folgreich. Trotzdem ist Innovation für Volkswirtschaften unerlässlich. Pro Jahr braucht es laut Kurt Matz-ler rund 2,5 Prozent Wachstum, um die Beschäftigung zu halten. Wachstum, das zum großen Teil aus Innovation stammt. „Wer glaubt, mit Preisanhebungen den Umsatz steigern zu können, ist ein Träumer“, sagen Top-Unter-nehmer. Nur Innovation sei in der

Lage, höhere Umsätze zu erzielen. Anders gesagt: Produkte mit Mehr-wert, für die der Kunde auch bereit ist, mehr zu zahlen. Umso kurioser, dass viele Unter-nehmen Innovation einfach ver-schlafen. Matzler und Clayton M. Christensen von der Harvard Busi-ness School haben die Industrie-geschichte des 20. Jahrhunderts bis ins Jahr 2012 untersucht und kamen zum Schluss: Marktführen-

de Unternehmen scheitern häufig, wenn es in ihrer Branche zu großen Umbrüchen kommt.So schaffte es kein einziger Segel-schiffhersteller, auf das Dampfschiff umzusteigen, dem letzten deut-schen Kamerahersteller Leica brach es fast das Genick, weil er den Trend zur Digitaltechnik unterschätzte.„Bestehendes weiterentwickeln und genau beobachten, was um einen herum passiert“, rät Matzler.

Innovativ sein oder sterbenWarum Unternehmen scheitern und was die Wipptaler daraus lernen können

Hat das Wipptal Kernkompetenzen oder hat es keine? Diese Frage schien die Zuhörer bei den 1. Wipptaler Zukunftsgesprächen am meisten zu beschäftigen.

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Trends, die sich Schritt für Schritt einschleichen, könnten irgend-wann zur großen Gefahr werden. Musik-Labels können ein Lied da-von singen. Ihre CDs sind längst von mp3-Downloads verdrängt worden. Kein einziges großes Mu-siklabel habe es geschafft, rechtzei-tig auf das Download-Geschäft um-zuspringen. Mit dem Kaffeesystem Nespresso ist dem Lebensmittelkonzern Nest-lè hingegen eines der erfolgreichs-ten Geschäftsmodelle der vergan-genen Jahre gelungen. Der Umsatz wird ausschließlich mit den Weg-werfkapseln gemacht (weltweit werden pro Minute 12.000 Nes-pressi getrunken). Um die Produk-tion und die Vermarktung der Kaf-feemaschinen kümmern sich Part-ner. Innovation heißt also auch Ko-operation – und Kernkompetenzen nutzen. Matzler rät: Erst die eigene Kernkompetenz herausfinden und dann den Markt suchen, auf dem diese ausgespielt werden können. Genauso wichtig: Mitarbeiter für die Idee begeistern, nach vorne schau-en, nie zurück, sich trauen, Fehler zu machen. Und: junge Köpfe. Top-Betriebe setzen bei wichtigen stra-tegischen Entscheidungen auf die „30-30-Regel“: 30 Prozent auf Mitar-beiter, die jünger sind als 30 Jahre – „weil sie noch keine Scheuklappen haben und sich trauen, nach links und rechts zu denken.“Geschäftsmodelle schön und gut. Doch wie können diese Beispiele auf das Wipptal übertragen wer-den? Welche Stärken heben den Bezirk von anderen ab und ver-schaffen einen Wettbewerbsvor-teil? Wohin möchten sich die Wipp-taler entwickeln? Solche Fragen stellte Matzler dem Publikum. Die Antworten drehten sich vor allem darum, ob das Wipptal nun Kern-kompetenzen hat oder nicht. „Das Wipptal ist nirgends hervorra-gend. Soll das Wipptal den Schwer-punkt auf Industrie oder Gastrono-mie legen? Ein klares Konzept fehlt noch“, so eine Wortmeldung.Jemand warf die Frage auf, ob der Bezirk weiterhin auf den Tourismus setzen soll. Ganz Südtirol investie-re in diesen Bereich und schimp-fe über das tiefpreisige Wipptal. „Muss sich das Wipptal im Hoch-

preissegment orientieren, wo es vielleicht nicht die nötigen Kompe-tenzen dazu hat?“Andere sahen Kernkompetenzen im Durchzugsverkehr („Sterzing ist aber noch nicht auf Gäste ein-gestellt, die länger Urlaub machen sollen“), in der Einkaufsstadt („Vie-lerorts wird das aufgebaut, was wir schon haben: Dörfer mit Ver-kaufskompetenz“), Ruhe, Bergland-schaft, Handwerk, Wege sowie Aus-hängeschilder wie die Firma Leit-ner, Turbinenbau Troyer oder der Sterzinger Milchhof. Politik und Wirtschaft müssten en-ger zusammenwachsen, regte je-mand an. Das Generationenprob-lem sei noch nicht gelöst. Viele hät-ten ihr Geschäft lieber an Ketten ab-gegeben, weil es so einfacher sei. Auch das Konkurrenzdenken kam zur Sprache. „Warum sollen wir ein-ander neidisch sein? Je mehr Betrie-be da sind, desto mehr Menschen ziehen wir an.“ Und Eigenitiative: „Erst selbst überlegen, was man in seinem Betrieb ändern kann.“Ein Zuhörer will in der „Landesmen-talität“ eine „gewisse Trägheit“ ent-deckt haben. „Wir müssen uns wie-der dem Wettbewerb stellen.“ Die anfängliche Aufbruchstimmung in der Regionalentwicklung sei leider wieder eingeschlafen. Lösungsvorschläge wollte Matzler keine geben. „Weil die Antworten von der Bevölkerung kommen müs-sen.“ Am Ende ließ er sich doch zu einem Kommentar hinreißen. Ster-zing, das habe er auf seinen Reisen gemerkt, habe eine entscheidende Stärke: seinen hohen Bekanntheits-grad. Von Sizilien bis Dänemark würden die meisten Menschen die Stadt kennen. Und: Weltmarktfüh-rer und andere Top-Unternehmen seien in Sterzing sesshaft. Stärken, derer man sich bewusst sein sollte. „Wir haben heute einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Zu-kunft getan“, meinte Peter Trenk-walder vom Kiwanis Club zum Schluss. „Wir reden miteinander.“ Zu diesem Miteinander-Reden wol-len die Zukunftsgespräche künftig einmal im Jahr anregen.

rb

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aktuell

„Sparen ja, aber am richtigen Ort“

„Spending Review“ in den Gemeinden und die Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Darum ging es im Oktober beim Aus-schusstreffen des SWR-Bezirkes Eisacktal/ Wipptal in Brixen.

Das Land wird den Gemeinden 2013 genauso viele Finanzmittel gewähren wie dieses Jahr. Diese Vorzugsspur hat in den Reihen

der Wirtschaft für Unmut gesorgt. Befürchtungen werden laut, dass die Ge-meinden den von allen Seiten geforderten Ein-sparungen nur zögerlich nachkommen bzw. nur dort sparen werden, wo es am einfachsten ist: bei den Investitionen. Die zahlreichen Dekrete der

Regierung Monti haben nämlich dazu geführt, dass die Gemein-den Südtirols Mindereinnahmen in Höhe von 66 Millionen Euro (-13 %) im Vergleich zum Jahr 2011 hinnehmen müssen.Bei den Investitionen einzusparen ist für den SWR-Bezirk Eisack-tal/ Wipptal der falsche Ansatz. „Die Gemeinden müssen not-wendige Investitionen in Strukturen und Einrichtungen wei-terführen. Ein Investitionsstopp würde vor allem in den ländli-chen Gebieten zu einem großen Umsatzeinbruch bei Handwer-kern und Dienstleistern führen“, so SWR-Bezirkspräsident Wer-ner Kusstatscher. Stattdessen müsse die Zusammenlegung von Diensten und Kompetenzen wie Bauhöfe, Bauämter, Gemein-depolizei, Gemeindesekretäre rasch in Angriff genommen wer-den. Laut Gemeindeverbandspräsident Arno Kompatscher sind alle Gemeinden unter 5.000 Einwohner per Gesetz verpflichtet, in-nerhalb 2014 mindestens drei bestehende Dienste mit einer an-deren Gemeinde zusammenzulegen. Der Gemeindenverband überlegt auch, wie es in Bayern bereits üblich ist, Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften zusammenzuschließen, ohne dass sie ihre politische Einheit aufgeben. Der SWR-Bezirk begrüßte dieses Vorhaben, sprach sich aber für die Reduzierung der Bürokratie, eine gemeindenübergreifende Zusammenarbeit bei der Projektierung von Strukturen, die För-derung der kleinen Kreisläufe und eine gerechte Verteilung von IMU, Gebühren und Tarifen zwischen Privaten und Wirtschaft aus.

Tourismusverband Eisacktal und Süd-tirol Marketing Gesellschaft (SMG) dis-kutierten vor kurzem beim Kommuni-kationstag in Brixen, wonach sich die Ferienregion im Winter ausrichten soll. Gemeinsam mit Touristikern, Politikern, Vertretern der Skigebiete und Skischu-len des Wipp- und Eisacktales besprach das SMG-Team, wie das Winterangebot der Ferienregion verbessert werden kann.Der Tourismusverband Eisacktal ver-folgt mit der Umsetzung seines Profils „Tal der Wege“ eine langfristige Stra-tegie. Eine Profilierung für den Win-

ter fehlt aber nach wie vor. Es brauche mehr Differenzierung, um sich auf dem Markt unterscheiden und sichtbar ma-chen zu können, so Josef Thaler, Präsi-dent des Tourismusverbandes Eisacktal.Der Fokus soll nun verstärkt auf die Pro-duktentwicklung gelegt werden. In ei-nem Workshop wurden Ideen gesam-melt. Nun sind die Akteure gefragt, An-gebote zu entwickeln und mitzuarbei-ten, um die konkreten Vorschläge pro-fessionell umzusetzen. Ziel der SMG-Kommunikationstage ist es, den Dialog mit den Partnern in der Destination zu stärken.

Offene Türen in GaststättenZum 50-Jahr-Jubiläum des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) lu-den im Herbst 50 Gast-betriebe zwischen Sul-den und Sexten zu ei-nem Tag der offenen Tür, dar-unter auch vier Betriebe im Wipptal. Bei Betriebsführungen konnten die Besucher einen Blick in Hotel-küchen, Wellness- und Beautyabtei-lungen, Rezeptionen und Speisesäle werfen und sich mit Gastwirten und

deren Mitarbeitern über die Arbeit im Gastgewerbe und den Urlauber von

heute unterhal-ten.Die 7.100 ge-werblichen Be-herbergungs-betriebe so-wie Speise- und Schankbetrie -be Südtirols si-

chern mehr als 25.000 Menschen ei-nen Arbeitsplatz. Im Bild Besucher im Hotel „Plunhof“ in Ridnaun.

(v. l.) Armin Holzer, Präsident der Bezirksge-meinschaft Wipptal, Josef Thaler, Präsident des Tourismusverbandes Eisacktal, SMG-Di-rektor Christoph Engl und Peter Gasser, Prä-sident der Bezirksgemeinschaft Eisacktal

Skigebiete brauchen klares Profil

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aktuell

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aktuell

Wie die Abwanderung in großen Teilen der Alpen gestoppt werden

kann, darüber haben Experten aus dem In- und Ausland auf dem Berg-festival IMS in Brixen diskutiert. Da-

bei wurde klar: Es braucht attrakti-ve Arbeitsplätze und funktio-

nierende Sozialstrukturen.

Während in den Ostalpen die Bevöl-kerung kontinuierlich abnimmt, ist in den Westalpen seit einigen Jah-ren eine wenn auch nur leichte Be-völkerungszunahme festzustellen. Das gilt auch für die Schweiz, die nur in einigen wenigen Randtälern und Gemeinden mit der Abwande-rung zu kämpfen hat. Ein Grund da-für liegt für Thomas Egger, Direktor

der schweizerischen Arbeitsgemein-schaft für die Berggebiete, in der Schaffung von attraktiven Arbeits-

plätzen. „Uns ist es gelungen, auch im ländlichen Raum Unternehmen, teilweise sogar aus Hightech-Bran-chen wie der Biomedizin, anzusie-deln. Das ist aber nur möglich, wenn eine funktionierende Verbindung zu den urbanen Zentren besteht.“ Zwar gebe es in der Schweiz auch Unter-nehmen, die sich auf 2.000 m Mee-reshöhe angesiedelt haben, diese seien aber die Ausnahme. Auch für Vittorio Forato vom Bergschuhher-steller AKU biete der ländliche Raum einen attraktiven Rahmen für viele Unternehmen, der besser kommu-niziert werden müsste. Zudem wür-de gerade die Krise den ländlichen Raum wieder attraktiv machen. Eine

Stärke seien zudem die im Vergleich zur Stadt niedrigeren Grundstücks-preise. Größere Probleme als mit der Ansiedelung von Unternehmen selbst gab es laut Egger bei der Su-

Attraktive Arbeitsplätze und funktionierende Sozialstrukturen stoppen Abwanderung

Abhauen aus den BergenDer schleichende Prozess der Abwanderung in vielen ländlichen Gebieten im Alpenraum hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Werner Bätzing, Alpenforscher an der Uni-versität Erlangen, hat aufgezeigt, dass sich zwar zwischen 1871 und 2000 in 56 Prozent der Alpengemeinden die Bevölkerung verdoppelt hat, aber gleichzeitig in den anderen 44 Pro-zent der Gemeinden die Einwohner um ein Viertel bis zur Hälfte abgenommen haben. Laut der Internationalen Alpenschutzkommission CIPRA befinden sich die Alpen in einem Teufelskreis. Der Bevölkerungszuwachs in den Alpen findet vor allem in den Zentren statt, während in peripheren Regionen die Abwanderung weiter fortschreitet. Dies beschleunigt dort auch die Überalterung. Wenn die Jugend nach ihrer Ausbildung wegbleibt, nimmt die Bevölkerung weiter ab, Infrastrukturen werden abgebaut und die Region wird noch weni-ger attraktiv.

Wipptal

Berufsauspendler (2007 - 2009)

Pfitsch 82,6 %Franzensfeste 78,1 %Brenner 76,8 %Ratschings 75,4 %Freienfeld 69,0 %Sterzing 46,2 %

In der Gemeinde Pfitsch ist vor allem das Hoch-tal von Abwanderung betroffen

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aktuellPfitsch

Über 80 ProzentBerufsauspendler

Im vergangenen Jahr hat die Landere-gierung für 22 Südtiroler Gemeinden, darunter auch für Pfitsch und Brenner, Studien in Auftrag gegeben, um eine Trendumkehr gegen die Abwanderung einzuleiten. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Helmuth Pinggera und Christoph Gufler sollte die Studie „Süd-tirol 2021“ vorantreiben und konkrete Maßnahmen ausarbeiten.Im vergangenen Jahrzehnt betrug der natürliche Bevölkerungszuwachs im Wipptal 2,5 Prozent; der Bevölkerungs-zuwachs durch Wanderung betrug im selben Zeitraum im Wipptal 3,9 Prozent. Insgesamt wurde ein Zuwachs von 6,4 Prozent verzeichnet, südtirolweit lag die-ser bei 7,7 Prozent.Die Gemeinden Sterzing und Ratschings weisen im vergangenen Jahrzehnt eine starke Bevölkerungsentwicklung auf, Franzensfeste und Freienfeld eine durch-schnittliche, Pfitsch und Brenner eine schwache. Die Studie machte in diesen beiden Gemeinden auch eine schwa-che Wirtschafts- und Sozialstruktur aus. Es fällt auf, dass die meisten sozioöko-nomisch schwachen Gemeinden an der Landesgrenze im Südwesten Südtirols und entlang des Alpenhauptkamms lie-gen.In der Gemeinde Pfitsch ist vor allem das Hochtal von Abwanderung betroffen, in der Gemeinde Brenner der ländliche Raum und der Grenzort selbst. Konkrete Maßnahmen gegen die Abwanderung zeigt die Studie für die beiden Gemein-den allerdings nicht auf.

che nach qualifizierten Mitarbeitern: „Wir hatten keine Schwierigkeiten, gut ausgebildete Fachkräfte zu fin-den. Das Problem waren viel mehr die Ehefrauen, die, wie sie sagten, nicht zwischen Kühen wohnen wol-len. Daher müssen wir viel stärker den Wert des ländlichen Raumes als Lebens- und Freizeitraum kommuni-zieren.“ Klar müsse auch sein, dass es im ländlichen Raum mehr kulturelle Angebote brauche. „Nur die schöne Natur ist zu wenig.“ Einig waren sich die Experten, dass attraktive Arbeits-plätze alleine nicht reichen. „Was wir brauchen, ist auch die passende Be-rufsausbildung vor Ort. Es macht we-nig Sinn, dass die Jugendlichen Be-rufe erlernen, die vor Ort nicht be-nötigt werden. Hier ist die Berufs-bildung gefordert, die richtigen Be-rufsbilder zu fördern. Denn wenn die Menschen im Ort bleiben können, ist auch weniger Zuwanderung von au-ßen nötig.“Dass Südtirol im ländlichen Raum er-folgreich ist, darauf haben Bauern-

„neuen“ Einwohner: Rentner, Krea- tive, die sich bewusst für ein Leben auf dem Land entscheiden, Saisonar-beiter, Rentner und Ausländer, meist Nicht-EU-Bürger. „Ein großer Teil der Bevölkerungszunahme in den West-alpen geht auf diese Gruppen zu-rück. Sie können helfen, den länd-lichen Raum lebenswert zu halten. Denn dafür braucht es Menschen.“ Dematteis wies darauf hin, dass dem Tourismus eine ganz zentrale Rolle zukomme. „Der Tourismus ist der Mo-tor des ländlichen Raumes, allerdings nicht mehr der traditionelle Touris-mus. Vielmehr müssten die Touristi-ker von heute auf die neuen Bedürf-nisse der Gäste eingehen. Wandern sowie Skifahren und Snowboarden alleine sind zu wenig. Auf diese neue Herausforderung muss der Touris-mus eine Antwort geben.“Fazit der Tagung: Der ländliche Raum hat Zukunft, sofern er seine Chan-cen nutzt und den Wert des „Landes“ besser kommuniziert.Der International Mountain Summit

gehört mittlerweile zu den renommiertesten Bergfestivals der Welt und hat Ende Okto-ber wieder Top-Berg-steiger wie Reinhold Messner, Edurne Pasa-ban, die Pou- und Fav-resse-Brüder sowie Ex-perten aus aller Welt nach Brixen gebracht.

Chiara Agreiter

bund-Direktor Siegfried Rinner und der Präsident des Gemeindenver-bandes Arno Kompatscher hinge-wiesen. „In der Landwirtschaft haben wir viele Angebote im Zu- und Ne-benerwerb, wie den Urlaub auf dem Bauernhof, die Direktvermarktung, Bauernmärkte, Schankbetriebe und in Kürze auch das bäuerliche Hand-werk. Diese ermöglichen den Bau-ern, auf dem Hof zu bleiben“, so Rin-ner. Kompatscher wies auf die Wich-tigkeit sozialer Einrichtungen für eine hohe Lebensqualität im ländlichen Raum hin, wie Kindergärten und Ta-gesmütter, Schulen, Musikschulen oder Vereine. Auch die Nahversor-gung, Dienste wie der Postdienst oder eine funktionierende ärztliche Versorgung seien wichtig. Daher machte sich Kompatscher auch für weitere finanzielle Unterstützungen des ländlichen Raumes stark. Verbes-serungspotential sah Kompatscher im Angebot schneller Internetverbin-dungen. Als Chance sahen Federica Corrado und Maurizio Dematteis die

Wipptal

Bevölkerungsentwicklung 2002 – 2009 Starker Bevölkerungszuwachs davon ZuwanderungRatschings 8,0 % 4,4 %Sterzing 7,6 % 5,9 % Durchschnittlicher Bevölkerungszuwachs davon ZuwanderungFranzensfeste 6,7 % 4,7 %Freienfeld 6,0 % 2,1% Schwacher Bevölkerungszuwachs davon ZuwanderungPfitsch 4,9 % 2,6 %Brenner 1,7 % 0,5 %

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aktuell

Erker: Herr Mair, wo möchten Sie Ihren Lebensabend verbringen, wenn Sie einmal alt sind?

Oswald Mair: Wahrscheinlich wie jeder andere Mensch auch: zu-hause, in meiner Familie und um-geben von lieben Menschen. Zum Glück und auch Dank der Errun-genschaften der modernen Me-dizin gelingt es immer mehr Men-schen, ein hohes Alter zu errei-chen und kleinere und größe-re körperliche Beschwerden gut in den Griff zu bekommen, auch wenn sie nicht unbedingt heilbar sind. Eine Herausforderung stellen demenzielle Erkrankungen dar, wobei diese rapide zunehmen.

Ein Altenheim ist und bleibt für viele Senioren die letzte Wahl. Ein älterer Herr verglich es einmal mit einem sterilen Wartezimmer auf den Tod.

Das kann ich verstehen. Die heute 70- bis 80-Jährigen sind vielleicht in den 60er oder 70er Jahren zum ersten Mal mit Seniorenwohnhei-men in Kontakt gekommen. In den vergangenen zwei Jahrzehn-ten hat sich aber vieles verändert. Die Altersheime oder Altenheime, einst Lazarette, Armen-, Siechen-

und Versorgungshäuser, sind mit den heutigen Seniorenwohnhei-men nicht mehr vergleichbar. 95 Prozent der Menschen gehen nicht gerne ins Heim. Viele sagen aber im Nachhinein: Wenn ich gewusst hätte, wie das Leben im Heim ist, hätte ich keine Angst haben müs-sen. Genauso ist es mit den Diens-ten. Wer sie kennen lernt, baut schnell Ängste ab und traut sich einen Schritt weiter, der Besuch ei-nes Tagespflegeheimes etwa wird zur gern genützten Abwechslung.

Sie sprechen bewusst von Senio-renwohnheimen. Der Verband der Altenheime hat sich vor einigen Jahren in Verband der Senioren-wohnheime umgetauft. Warum dieser Imagewechsel?

Der Name Altenheim ist nicht mehr zeitgemäß. Der Heimbe-wohner und das Wohnen und Le-ben im Heim sind in den Vorder-grund gerückt. An dieser Philo-sophie haben wir bereits vor der Umbenennung gearbeitet.

Sind herkömmliche Altenheime ein Auslaufmodell?

Das sind sie und müssen es auch

„Altenheime sind ein Auslaufmodell“

Der Südtiroler kann sich bis ins hohe Alter seiner Gesundheit erfreuen. Das hat eine wissenschaftliche Studie des Landes

ergeben: Zurzeit sind 3,3 Prozent der 74-Jährigen pflegebedürftig. Mit 79 Jahren sind es 6,6 Prozent, erst ab 85 Jahren ist dann aber

fast jeder Zweite pflegebedürftig. Die demografische Entwicklung zeigt auf, dass gerade der Anteil der Menschen 85+ um 300 bis 400

Prozent steigen wird. Das bedeutet, dass 2040 nicht mehr 15.000 (heutiger Stand), sondern 30.000 Menschen auf Pflege angewiesen sein werden. Eine Verdoppelung der Betten in den Seniorenwohn-

heimen Südtirols ist schon allein aus finanziellen Gründen nicht möglich. Auch können nicht doppelt so viele Menschen zuhause

bleiben, um ihre Angehörigen zu pflegen. Alternativen müssen ge-funden werden. Nur welche? Der Erker hat mit Oswald Mair, Direktor des Verbandes der Seniorenwohnheime Südtirols,

über die Zukunft der Altenpflege gesprochen.

Oswald Mair, 42, aus Mauls war acht Jahre lang Direktor des Bezirksalten-heimes Wipptal und ist seit 2007 Di-rektor des Verbandes der Senioren-wohnheime Südtirols.Der Verband zählt 63 Mitglieder, die insgesamt 77 Heime mit rund 4.100 Betten führen.

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aktuell

sein. Zurzeit leben in Südtirol 14.500 Menschen mit nachgewie-sener Pflegebedürftigkeit. Nach-dem in den Seniorenwohnheimen Südtirols nur 4.100 Betten zur Ver-fügung stehen, werden 10.000 Menschen zuhause und von An-gehörigen gepflegt. Die stationä-re Altenarbeit ist ein wichtiger Teil der Seniorenbetreuung, aber eben nur für eine bestimmte Zielgrup-pe die geeignete Betreuungs- und Wohnform. Es gibt Menschen, die zuhause, im Tagespflegeheim, im begleiteten und betreuten Woh-nen besser aufgehoben sind und zielgerechter betreut werden kön-nen. Wir müssen versuchen, für jeden einzelnen betreuten Men-schen und die Angehörigen ideale Dienstleistung anzubieten.

Eine große Herausforderung.Wir müssen uns neu ausrichten. Es geht nicht mehr darum, ein-fach nur mehr Betten zu bauen. In den vergangenen Jahren haben wir uns stark auf den Heimbewoh-ner fokussiert, um zu verstehen, was er braucht. Jetzt ist es wich-tig, Familien und pflegende An-gehörige mehr einzubinden. Sie brauchen Begleitung, Unterstüt-zung und Hilfe bei der Bürokratie und im Umgang mit Pflege. Vor allem das Einholen von Informa-tion wird oft zum Spießrutenlauf. Wer nach einem Schlaganfall aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist mit seiner Situation oft überfor-dert. Wie komme ich zum Haus-pflegedienst? Was ist ein Tages-pflegeheim? Wie funktioniert das mit dem Pflegegeld? Wer hilft mir beim Ausfüllen des Formulars? Wir sind deshalb dabei, in den Bezir-ken zentrale Informationsstellen aufzubauen. Auch die Dienstleistungsanbieter müssen noch enger zusammenar-beiten. Manche Dienste sind wie die Seniorenwohnheime ziemlich autonom entstanden und arbei-ten auch so. Eine zeitlang gab es auch noch nicht diesen finanziel-len Druck, um Einsparungspoten-tiale zu erkennen und zu suchen. Das ist heute anders.

Pflege ist teuer. Können sich Nor-malverdiener Pflege auf Dauer noch leisten?

Mit dieser Frage beschäftigt sich

zurzeit die ganze Welt. Dass die steigende Anzahl der alternden Bevölkerung mit der wirtschaftli-chen Situation nicht mehr überein-stimmt, ist ein anerkanntes Prob-lem. Andererseits darf deshalb kei-ne Neiddiskussion oder ein Krieg unter den Armen entstehen. Ge-sundheits- und Sozialwesen dür-fen sich nicht bekämpfen, nur um zwei Tropfen mehr auf die eige-ne Mühle ableiten zu können. Wir müssen aufhören, zwischen am-bulanten, teilstationären und sta-tionären Diensten zu konkurrieren, sondern vernetzt zusammenarbei-ten. Das ist die Grundvorausset-zung, um andere Schwierigkeiten überhaupt einigermaßen in den Griff zu bekommen. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir mit dem Thema „badante“ umgehen. Haushalts- und Pflegehilfen aus dem Osten sind verständlicherwei-se kritisch hinterfragt worden, weil es teilweise ein Schwarzmarkt ist und dadurch Heime oft damit kon-frontiert worden sind, wie teuer sie sind.

Ein Heimplatz kostet immerhin bis zu 3.300 Euro im Monat.

Das ist auf den ersten Blick sehr viel Geld. Leider sind vielfach Fehl-informationen und Halbwahrhei-ten im Umlauf. Die Heimkosten setzen sich aus dem Pflegegeld, einen Zusatzbetrag aus dem Pfle-gefond und dem Grundtarif zu-sammen. Der durchschnittliche Tarif zu Lasten der Heimbewohner und den zahlungspflichtigen An-gehörigen beläuft sich in Südtirol auf etwa 50 Euro pro Tag, also auf etwa 1.500 Euro im Monat. Soll-te dieser Tarif vom Heimbewoh-ner und den zahlungspflichtigen Angehörigen nicht zur Gänze be-zahlt werden können, greift das so genannte Harmonisierungsdekret und die Gemeinde mit Unterstüt-zungswohnsitz übernimmt die verbleibenden Kosten. Doch auch mit 1.500 Euro pro Monat ist eine Grenze erreicht, weitere Erhöhun-gen sind für die meisten Familien nicht zu bewältigen.

Auch die Pflege zuhause hat ihre Tücken. Wer seinen Beruf aufgibt, um seine Eltern zu pflegen, riskiert auch große Abstriche für die eige-ne Vorsorge, weil Versicherungs-

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jahre fehlen.Das stimmt. Die Pflege zuhause ist absolut unterstützenswert. Es gibt aber auch Grenzen. Pflege über Jahre ist nicht möglich, ohne selbst Gefahr zu laufen, gesund-heitliche Probleme zu bekommen oder große Abstriche bezüglich der eigenen Lebensqualität ma-chen zu müssen, schon gar nicht ohne Auszeiten. Wenn pfle-gende Angehörige überfor-dert sind, die Zeit für den Ehe-partner und die eigene Fami-lie fehlt, entstehen neue Prob-leme und der Gesellschaft ist nicht gedient. Wer aus dem Arbeitsle-ben aussteigt, nimmt nicht mehr an der Wertschöpfung der Gesell-schaft teil. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Seniorenwohnhei-me und andere Dienstleistungs-träger Pflegende unterstützen, nicht in soziale Armut zu geraten oder nicht selbst pflegebedürftig zu werden.

Alte Menschen sind ein Markt der Zukunft. Werden bald öffentliche und private Einrichtungen um sie als Kunden kämpfen?

Der alte Mensch ist ein großer Markt, der noch stark wachsen und zahlreiche Dienstleistungs-anbieter anziehen wird. Es ist ei-ner der wenigen Bereiche, der mit Sicherheit in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wachsen wird. Ob die Dienstleistungsträger eine private oder öffentliche Rechtsna-tur haben, ist für mich nicht die zentrale Frage. Ein gesunder Wett-bewerb im Sinne von Vergleichen, Entwickeln und Verbessern bringt Vorteile für alle. Es geht darum, das eigene Dienstleistungsange-

bot ständig zu hinterfragen und auf inhaltliche und wirtschaftliche Fragen gute Antworten geben zu können. Das Konkurrenzdenken muss der absoluten Bereitschaft weichen, im Netzwerk arbeiten zu wollen.Das System selbst darf aber nicht privatisiert werden. Sonst kön-nen sich bald nur noch Vermö-

gende eine angemessene Pflege leisten und das wäre – auch ange-sichts der sich verändernden Wirt-schaftslage – eine soziale Kata- strophe.

Viele Pflegestrukturen sind jetzt schon überfordert, weil es an qua-lifiziertem Personal mangelt.

Das Land hat in den vergangenen Jahren viel aufgeholt. Wir brau-chen aber in Zukunft sicher im-mer mehr fähige Menschen, müs-sen uns aber auch eingestehen, dass der Pflegeberuf nun einmal nicht jedermanns Sache ist. Mit neuen Ausbildungsmodellen wie berufsbegleitenden Lehrgängen, einer Oberschule mit Maturaab-schluss oder einer Lehrlingsaus-bildung für Sozialbetreuer und Pflegehelfer wird um Pflegeberufe geworben. Noch zu überlegen ist, wie wir diese Lehrlingsausbildung konkret umsetzen können.

Welche Modelle in Europa haben sich bereits erfolgreich bewährt und könnten auch in Südtirol Fuß fassen?

Genau das versucht derzeit ein

Arbeitsgremium, zusammenge-setzt aus den höchsten Entschei-dungsträgern des Landes, des Ge-sundheitswesens, der Gemeinden und der Bezirksgemeinschaften, mit dem Verband der Senioren-wohnheime herauszufinden. Mir persönlich imponiert ein Modell in Vorarlberg besonders. Seit den 80er Jahren haben ein Arzt und

ein Heimdirektor mühsam, aber mit Herzblut ein Dienstleistungs-netz aufgebaut. Ihr Ziel: alten Men-schen auf alle Fragen eine Ant-wort zu geben. Ambulante, statio- näre und teilstationäre Dienst-leistungen sind vernetzt. Neben der klassischen Hauspflege gibt es u. a. Bauernfamilien, die zwei bis drei Pflegebedürftige aufneh-men können, eine Wohngemein-schaft oder Tagespflegeangebote und alles bei ein und demselben Träger zusammengeführt. Ein Bei-spiel: Wenn ich dringend ein Bett in einem Heim brauche, aber kei-nes verfügbar ist, erhalte ich keine Absage, sondern Alternativen: ein Altenheim in der Nähe, Tagespfle-ge, eine Wohngemeinschaft oder bei einer Familie zuhause. Betrof-fene werden mit ihrem Problem nicht allein gelassen.

Seniorenbetreuung soll künftig also gemeinsam gestaltet werden.

Ja. Diese Idee müssen alle Dienst-leistungsträger – also Senioren-wohnheime, Gesundheitswesen, Gemeinden, Bezirksgemeinschaf-ten – finanziell und ideell mittra-

gen. Jetzt ist zu überlegen, wie wir das derzeitige System verändern müssen, um ein solches Netz zu ermöglichen. Über ein Projekt der Europaregion Trentino, Südtirol und Nordtirol wollen wir verste-hen, wo vernetztes Arbeiten gut funktioniert und warum. Es hat sich gezeigt, dass sich die Dienste besser vernetzen lassen, wenn der Leiter des Gesundheitssprengels mit dem Leiter des Sozialspren-gels gut zusammenarbeitet. Die Formel lautet: hohe Sozialkompe-tenz, gute Kommunikation, strate-gisches Denkvermögen sowie Ehr-lichkeit und Transparenz bezüg-lich der jeweiligen Zielsetzungen. Bieten zwei denselben Dienst an und einer der beiden kann es bes-ser, dann muss dieser den Dienst machen. Machen den Dienst bei-de gut, muss ihn derjenige über-nehmen, der ihn günstiger macht. Somit werden Kräfte frei für neue Wohn- und Betreuungsformen.

Sie sagen, das Wipptal hätte alle Voraussetzungen, als Pilotprojekt eine Vorreiterrolle für Südtirol zu übernehmen.

Es ist alles da, was es braucht: eine Trägerkörperschaft für die sozia-len Dienstleistungen und eine zentrale Anlaufstelle für Gesund-heitsleistungen. Kleine, territorial vernetzte Dienstleister, das ist die Zukunft. Schaffen wir das nicht, werden wir viele Herausforde-rungen nicht bewältigen können. Es geht darum, das Geld, das wir haben, besser einzusetzen. Wenn wir vernetzt arbeiten, können wir auch wirtschaftlicher arbeiten.

Interview: rb

„Wir müssen uns neu ausrichten. Es geht nicht mehr darum, einfach nur mehr Betten zu bauen.“

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Vor einem Jahr schien die unend-liche Geschichte des Neubaus von

Gesundheits- und Sozialspren-gel ein Ende gefunden zu haben, dann ging sie doch in eine weite-

re Runde. Nun sollen die Arbei-ten im Frühjahr beginnen. Der

Neubau am Bezirksaltenheim soll hingegen im Frühjahr

bezugsfertig sein.

Für die Genehmigung zum Bau ei-nes neuen Gesundheits- und Sozi-alsprengels hatte sich die Landes-regierung ganze 15 Jahre Zeit ge-lassen. Als alle Probleme aus dem Weg geräumt, die Standortfrage geklärt und die Preisvorstellungen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht waren, kam die nächste Hürde: Das Land wollte 2010 alle Zuweisungen für Projekte, die älter als fünf Jahre waren, streichen. Die Finanzierung für den zweistöcki-gen, 2,7 Millionen teuren Bau, den ein Technikerteam um Architekt Siegried Delueg 2008 neu geplant hat, steht mittlerweile. Derzeit wer-den die übertrieben niedrigen An-gebote bewertet. „Mit der Vergabe der Arbeiten ist gegen Ende des Jahres zu rechnen, sofern es kei-ne Rekurse gibt“, so Armin Holzer, Präsident der Bezirksgemeinschaft. Somit könnte mit dem Bau im Früh-jahr begonnen werden.Untergebracht werden sollen dort der Sozialsprengel, derzeit noch im Kondominium „Arcus“ an der Bren-nerstraße angesiedelt, und der Sa-

nitätssprengel, für den im Kran-kenhaus bzw. in einem Container eine Übergangslösung gefunden worden ist. Sie bieten Dienste wie Hauspflege, sozial-pädagogische Grundbetreuung, Bürgerservice, fi-nanzielle Sozialhilfe, Krebsvorsor-ge, Diätassistenz, Vorsorgemedizin und Hauskrankenpflege an. Inzwischen stehen die Arbeiten am Erweiterungsbau des Bezirksalten-heimes kurz vor dem Abschluss, wie Meinhard Hochwieser, General-sekretär der Bezirksgemeinschaft Wipptal bestätigt. Nachdem derzeit die Küche eingerichtet wird, soll die Einrichtung der übrigen Räumlich-keiten in den Wintermonaten ver-geben werden. Bis zum Frühjahr soll der Bau bezugsfertig sein.Anschließend wird die dritte Etage des Altbaus saniert, in den übrigen Stockwerken werden lediglich An-passungen an die Brandschutzbe-stimmungen vorgenommen.Obwohl das gesamte Gebäude ei-ner Sanierung bedürfe, musste das Vorhaben vorerst auf Eis gelegt werden, da das Land keine Finan-zierungszusage machen konnte. Die Gesamtkosten für Neubau und Sanierung belaufen sich auf rund neun Millionen Euro.Auch die Arbeiten an der Tages-pflegestätte, die zurzeit vergrö-ßert wird, sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie ab Anfang nächsten Jahres wieder genutzt werden kann.

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Sozialsprengel:Baubeginn im Frühjahr

Plan des neuen Sozial- und Gesundheitssprengels

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50 erker dezember 12

Annaund Simon

In Südtirol kommen jährlich mehr als 5.000 Kinder zur Welt. Im-mer breiter gefächert ist die Vielfalt der Na-men, die den neuen Erdenbürgern verlie-hen werden. Obwohl in den Melderegistern mehr als 20.000 ver-schiedene Vornamen vorkommen, kristalli-sieren sich doch 100 Namen als Spitzen-reiter heraus. Im Jahr 2011 hatten Anna und Simon die Nase vorn. Da Südtirol im Einflussbereich meh-rerer Kulturen liegt, ist die Namengebung fa-cettenreich.

Heller, freundlicher, mit großem Gar-ten und ausreichenden Parkplätzen. So zeigt sich die neue Kindertagesstät-te (KiTa) in der Gänsbacherstraße 46 in Sterzing. Seit acht Jahren führt die Bezirksge-meinschaft Wipptal im Auftrag der Wipptaler Gemeinden eine KiTa für Kinder bis zu 36 Monaten. Bis vor kur-zem war sie im Ansitz „Löwenegg“ un-tergebracht. Die KiTa hilft Eltern, Fami-lie und Beruf besser zu vereinen. Kin-derbetreuerinnen und die Sozialge-nossenschaft „Casa Bimbo-Tagesmut-ter“ betreuen und begleiten die Kinder sozialpädagogisch und professionell. Bezirksgemeinschaftspräsident Armin Holzer ist mit der neuen Struktur und dem zeitgemäßen Familienangebot zufrieden. „Wir führen als einzige Be-zirksgemeinschaft in Südtirol eine ge-meindenübergreifende Kindertages-stätte.“ Für Gemeinden würden sich die Führungs- und Verwaltungskosten

reduzieren, was letztlich der Gemein-schaft zugute komme. Die Kinder fühlen sich in der Einrich-

tung wohl. Zwischen Jänner und Au-gust haben 31 Kinder die KiTa Wipp-tal besucht, die meisten stammen aus dem Wipptaler Hauptort. In Ratschings soll bis Frühjahr eine ei-gene Kindertagesstätte errichtet wer-den. Der Gemeinderat hat vor kurzem die notwendige Änderung im Bauleit-plan vorgenommen, das entsprechen-

de Projekt liegt in der Baukommission bereits vor und wird demnächst ge-nehmigt.

Neben der Kindertagesstätte bieten auch Tagesmütter ihre Dienste an. Der-zeit gibt es jeweils eine in Wiesen, Gas-teig und Freienfeld und seit Herbst auch eine in Ratschings. Die Nachfrage nach Tagesmüttern ist groß. Zwei Frau-en aus Ratschings absolvieren derzeit eine entsprechende Ausbildung in der Fachschule Salern.

aktuell

Sterzing

KiTa umgezogen

(v. l.) Christina Tinkhauser, Direktorin der Sozialdienste Wipptal, KiTa-Leiterin Betti-na Siller, Bürgermeister Fritz Karl Messner, Vermieter Peter Baur, Stefania Badalot-ti, Präsidentin der Sozialgenossenschaft „Casa Bimbo-Tagesmutter“ und Bezirksge-meinschaftspräsident Armin Holzer

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erker dezember 12 51

Im vergangenen Schuljahr besuch-ten 643 Kinder im Wipptal einen Kindergarten. Diese wurden in 19 Kindergartenstellen und 33 Grup-pen betreut.

In den 114 Grundschulklassen im Bezirk lernten 1.063 Schüler, davon 125 ausländische Kinder (knapp 12 %). Nur acht Schüler schafften das

Wipptal

2.107 Schüler betreutKlassenziel nicht. 6,4 Prozent lie-ßen sich vom Religionsunterricht befreien.In den 35 Wipptaler Mittelschul-klassen drückten 638 Schüler die

S c h u l b a n k , davon 53 aus-l ä n d i s c h e r Herkunft (8,3 Prozent). 16 Schüler wur-den nicht versetzt. 16 Schüler blie-ben dem Re-ligionsunter-richt fern.An den bei-den Ober-schulen in

Sterzing bildeten sich 406 Schüler fort; drei von 72 Schülern wurden zur Abschlussprüfung nicht zuge-lassen.

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52 erker dezember 12

geschichte

Von Andreas Fischnaller

Montag, 18. September 1826, frühmorgens: Fei-erlich behäbig setzt sich ein Menschenzug vom Brixner Domplatz aus in Bewegung. Allen vor-an die städtische Obrigkeit, es folgt die hohe Richterschaft, zu beiden Seiten das Militär. Um-säumt von einer Menge Schaulustiger und ge-leitet vom „Armen-Sünder-Glöcklein“ schreitet

Simon Gschnell: Vom Leben undSterben eines unbußfertigen Mörders

Zum Autor

Andreas Fischnaller, 41, aus Brixen hat Deutsche Philo-logie, Geschich-te und Musik studiert und veröffentlichte Publikationen

in den Bereichen Historische Kri-minalitätsforschung, Sozial- und Kulturgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts. Sein Buch „Reue habe ich noch nie eine gehabt“, im Verlag Weger erschienen und im Buchhandel erhältlich, ana-lysiert packend, klar und präzise das kurze Leben und die Tatmotive des Mörders Simon Gschnell.

inmitten dieses Zuges ein 22-jähriger Bursche. Sein Name ist Simon Gschnell. Ihm verbleibt nur mehr eine knappe irdische Zeit, am Fuße des „Galgenbichls“ am nordwestlichen Eingang der Stadt wird er bereits vom Henker erwartet.Szenenwechsel: 21. Oktober 1803, Altenburg bei Kaltern: Als ältestes Kind der Bauersleute Balthasar Gschnell und Anna Thaler erblickt Si-mon das Licht der Welt. In einer Zeit heftiger politischer Wirren und ökonomischer Notlagen wächst der Junge gemeinsam mit drei Stiefbrü-dern aus der ersten Ehe des Vaters und sechs leiblichen Geschwistern auf.Die Auswirkungen der napoleonischen Krie-

ge, die Ernteausfälle und Teuerungen um die Jahr-hundertwende, die hek-tischen Reformen unter der bayerischen Regie-rung (ab 1806) und weite-re drückende wirtschaft-liche Maßnahmen unter dem Königreich Italien (ab 1810) erschweren das Le-ben der kleinbäuerlichen Bevölkerung. Die schwie-rigen, von täglichen Mü-hen und Sorgen geprägten Verhältnisse im Elternhaus bestimmen von Anfang an die glücklose Lebensge-

schichte des Simon Gschnell. Als Kind muss er den persönlichen und sozialen Abstieg seiner

Eltern miterleben. Die Mutter siecht in geistiger Umnachtung im Dorfspital dahin, der Vater, von Krankheit, Missernten und Schulden geplagt, verliert Haus und Hof. Auf Kosten des Armen-fonds wird Simon der Obhut mehrerer Schnei-dermeister anvertraut, bei denen er das Schnei-derhandwerk erlernen soll. Missliche Umstände und schlechte Behandlung in den Meisterhaus-halten bringen einen verhängnisvollen Kreislauf in Gang, der fünf Jahre hindurch andauern soll: Wiederholt läuft der mittlerweile 13-jährige Jun-ge seinen Meistern davon, wiederholt wird er steckbrieflich gesucht, aufgespürt und bestraft.

„Ein Mitglied der Sterzinger Komplizität“

Nach einem Diebstahl an seinem Mitgesellen im Mai 1820 und der anschließenden neuerli-chen Flucht aus dem Meisterhaus wandert Si-mon Gschnell über ein halbes Jahr lang bet-telnd und auf Mildtätigkeit angewiesen im Land umher. Auf einem seiner Streifzüge durch das obere Eisacktal lernt er eine Schar Gleichgesinn-ter kennen, die als sozial entwurzelte Personen ihr Dasein durch kleinere Eigentumsdelikte fris-ten und als die berüchtigte „Sterzinger Kompli-zität“ bekannt sind. Durch das Beispiel und un-ter der Anleitung dieser Gesellschaft vertauscht Gschnell alsbald den Bettelstab mit dem Brech-eisen und begeht allein oder mit seinen Kumpa-nen erste Einbrüche in Bauernhäuser.Die damals als gefährlich gebrandmarkten Ver-

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erker dezember 12 53

geschichte

brecher entpuppen sich bei näherer Betrachtung jedoch allesamt als verarmte sozia- le Außenseiter. Den Kern der „Sterzinger Komplizität“ bil-den vier Frauen und acht Männer, die mit Ausnahme Gschnells aus der Gegend von Sterzing stammen: das Schnei-derl oder der Kaltererbub Si-mon Gschnell, Kreszenz Inde-rist, genannt der König oder Maderbingitsch, die Larch-jaggelebuben Jakob Leitner, Johann Leitner und Joseph Leitner, die beiden Brunnen-macherbuben Joseph Haller und Anton Haller, der Fischer-seppl Joseph Grünbacher, die Fischermoidl, Fischeral-te oder Fischergroße Maria Grünbacher, der Pfeifenma-cherbub Joseph Reiserer, Ma-ria Beicktgartner, genannt Ka-sermoidl oder Kasergitsch, und die Moserschneckin oder Moserschnegga Kreszenz Fle-ckinger.

Das Durchschnittsalter der Mit-glieder dieser Bande betrug 23 Jahre. Fünf Gauner hatten das 20. Lebensjahr noch nicht erreicht, nur zwei Perso-nen waren älter als 30 Jahre. Alle Bandenmit-glieder entstammten ärmlichen Verhältnissen, entbehrten jeglichen Vermögens und waren mit einer Ausnahme unverheiratet. Dem eige-nen sozialen Abstieg war in den meisten Fällen der Verlust von Vater oder Mutter oder auch bei-der Elternteile vorausgegangen, das Betteln er-schien angesichts eines fehlenden erlernten Be-rufes als die einzige Möglichkeit, den Lebensun-terhalt zu sichern.Die gestohlenen Objekte, in erster Linie Nah-rungsmittel, Kleidung und Gebrauchsgegen-

stände, verweisen auf die Notlage der Täter. Entwendet wurden u. a. Kartoffeln, Butter, Eier, Schmalz, Mehl, Nüsse, Brot, Schuhe, wollene Strümpfe, Hüte, Hemden, Halsbänder, Schnupf-tücher, Uhren, Messer, Pfannen, Rosenkrän-ze, Decken und bäuerliche Gerätschaft. Geld erwies sich für die meisten Bandenmitglieder wohl mehr als zufällig entdecktes Diebesgut.Die erbeutete Kleidung war vielfach für den ei-genen Gebrauch bestimmt und wurde von den Dieben bis zu ihrer völligen Abnutzung getra-gen. Vom Verkauf der Alltagsgegenstände ver-sprachen sich die Gauner den größten Gewinn.

Verhaftung und Bestrafung

Am 21. Dezember 1820 wird Simon Gschnell schließlich festgenommen und nach einer 14 Monate währen-den gerichtlichen Untersuchung zu eineinhalb Jahren Haft im Innsbru-cker Strafarbeitshaus verurteilt.Für den damals 17-Jährigen erweist sich diese Zeit als verhängnisvoll und schicksalhaft. Die Arbeit und die auf-erlegte sittliche Erziehung, die den Lebensalltag der Arrestanten prä-gen, verfehlen ihr Ziel. Das vielge-priesene Besserungsprinzip der An-stalt ist angesichts der bisherigen, wenig glücklichen Lebensgeschich-te des Schneiderjungen zum Schei-tern verurteilt. Das Anstaltsleben und das vorgefundene Gaunermi-lieu verstärken vielmehr Gschnells Abneigung gegen die bürgerliche Gesellschaft und erweitern seinen kriminellen Erfahrungshorizont. Die Rückkehr in ein ehrbares Leben ist somit erschwert und der einmal eingeschlagene Weg scheint nun unabänderlich.

Der Auszug aus Kaltern und der Mord an Elisabeth Parrigger

Der eineinhalbjährigen Haft und dem geschei-terten Versuch einer Umerziehung folgt wieder das alte Bild: die mehrmalige Flucht aus dem Meisterhaus, Verhaftung und Strafe. Auf einer neuerlichen Wanderschaft kommt es schließ-lich im Mai 1825 zur Katastrophe: Auf seinem Marsch über den Jaufen – Gschnell war von Kal-tern ausgezogen, um in Innsbruck Arbeit zu su-chen – trifft der Schneiderjunge auf die 32-jäh-rige Elisabeth Parrigger aus Sterzing. Parrigger, eine arme Obsthändlerin, befindet sich mit zwei Freundinnen auf dem Heimweg. Trotz eines hef-

Von Joseph Mutschlechner angefertigtes Flugblatt mit einer Lithographie Simon Gschnells (1826)

[AHE; Foto: Leonhard Angerer]

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54 erker dezember 12

tigen Wortwechsels zwischen den beiden und der nachdrücklichen Warnungen ihrer Beglei-terinnen bleibt die Frau allein bei Gschnell im Jaufenwirtshaus zurück. Nach einer gemeinsa-men mittäglichen Zeche setzen die beiden jun-gen Leute am 27. Mai ihren Weg Richtung Ster-zing fort. Als sich Parrigger den sexuellen Avan-cen Gschnells widersetzt, eskaliert die Situation: Gschnell führt die Frau vom Weg ab, immer tie-fer in den Wald hinein. Nach einer Stunde, die für Parrigger von Todesangst und Schlägen ge-prägt ist, heißt sie der Schneiderjunge in einen Bach steigen. Dort steinigt er sie zu Tode.

Der Prozess und das Urteil

Nach einer zwei Wochen währenden Flucht über Innsbruck, Kufstein und weiter durch das Ziller-

tal wird Gschnell in Taufers erkannt, verhaftet und zur gerichtlichen Untersuchung nach Brixen abgeführt. Der Prozess, der nun beginnt, zählt hinsichtlich seines Auf-wandes und seiner Dauer zu den langwierigsten Verfah-

ren in jener Zeit. Die gerichtli-che Untersuchung wird einen Tag nach Gschnells Eintreffen

im Brixner Kriminalgericht, am 18. Juni 1825, eröffnet und am 10. März 1826 ge-schlossen, sie währt somit über neun Monate. In ins-

gesamt 51 Verhören stellt der mit dem Fall beauftragte Ak-tuar Michael Pat-scheider dem An-geklagten mehr

als 1.625 Fragen.Während des gesamten gerichtli-

chen Verfahrens erwies sich Simon Gschnell in den Augen Patscheiders als „unbußfertiger Bösewicht“, der den Verlauf des Prozesses geschickt zu lenken verstand und diesen wie-derholt in die Länge zog. Er war es, der während zahlreicher Verhöre die Fäden zog und das Verhörzimmer zur Bühne seiner bescheidenen Selbst-darstellung machte.Entscheidenden Einfluss auf das Urteil der Räte nahmen Gschnells religiöse Einstellung und sei-ne fehlende Einsicht. Wiederholt beteuerte der Angeklagte, keine Reue über seine Tat zu ver-spüren und eine solche auch niemals in seinem Leben gefühlt zu haben, „denn“, so Gschnell, „die Reue möge wohl etwa jenseits, wenn es ei-nen Gott und ewigen Richter gebe, etwas nüt-zen; hiernieden aber nütze sie mir nichts, weil

ich, da ich schon einmal im Strafhause gewesen, mich doch nicht gebessert, und die Moser Liesel ums Leben gebracht habe.“Am 9. März 1826 findet in Brixen das letzte Ver-hör Simon Gschnells statt. Am 21. April verhän-gen die Räte des Zivil- und Kriminalgerichts Bo-zen über den Angeklagten die Todesstrafe. Am 23. Mai wird diese vom Appellationsgericht Innsbruck, am 9. August vom Wiener Oberge-richt bestätigt, nachdem der Kaiser von einer Begnadigung Abstand genommen hat.Szenenwechsel: Am Morgen des 18. Septem-ber 1826, einem Montag, setzt sich der Hinrich-tungszug von der Fronfeste am Brixner Dom- platz aus in Bewegung. An der Seite von Pfarrer Franz Xaver Joseph Stadler wird Gschnell durch die Altstadt und weiter bis zum Galgenbühel

Zivil- und Kriminalgericht Bozen: Todesurteil gegen Simon Gschnell (21. April 1826)

[AHE; Foto: Jürgen Eheim]

Taufeintrag Simon Gschnells vom 21. Oktober 1803 mit dem Vermerk „Zu Brixen getödtet worden durch den Strang“[PfA Kaltern, Taufbuch Altenburg 1784–1923; Foto: A. Fischnaller]

geführt, der am nordwestlichen Eingang der Stadt, in der Nähe des heutigen Krankenhau-ses, lag. Vor den Augen des Gerichts und des versammelten Volkes besteigt Simon Gschnell gemeinsam mit dem Scharfrichter Johann Pe-ter Vollmar das Hochgericht. Kurze Zeit später wird er mit dem Strang „vom Leben zum Tode“ befördert.

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erker dezember 12 55

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Nach langjährigem erfolg-reichen Verkauf von Obst

und Gemüse in der Sterzinger Bahn-hofstraße hat Familie Marazzo die Geschäftstätigkeit beendet. So bot sich dem jungen Metzger Martin Plank die Möglicheit, eine Filiale in Sterzing zu erö�nen. Um den hohen hygienischen Standards gerecht zu werden, wurde das gesamte Lokal saniert und neu eingerichtet.

Der in Sterzing geborene Martin Plank hat 2008 seine erste Metzge-rei in Freienfeld erö�net und ist seit 2010 auch im Eurospin am Brenner mit einer Filiale präsent.

Nun gibt es MARTLS SPECK auch in Sterzing. Das neue Geschäfts- lokal be�ndet sich in der Bahnhof-straße 2 unweit des Untertor- bzw. Europaparkplatzes.

Auf insgesamt nur 50 qm verfügt die neue Metzgerei über einen kleinen, gleichzeit aber auch sehr übersicht-lichen und einladenden Verkaufs-bereich. Neben Fleisch- und Wurst-waren aus eigener Produktion �nden Sie hier auch erlesene Wei-ne, Brot und Gebäck, Teigwaren und viele andere Delikatessen.

Exklusiv bietet MARTLS SPECK außerdem Fleischprodukte von Wipplamb an, ein heimischer Ver-ein, der Lamm�eisch nach strengen Richtlinien produziert. Gemein-sames Ziel von Martin Plank und Wipplamb ist es, auch Rind- und Kalb�eisch zu produzieren.

MARTLS SPECK ist für Kunden, die qualitativ hochwertige Fleisch-und Wurstprodukte aus heimischer Tierhaltung genießen möchten, die richtige Adresse.

Martin Plank würde sich sehr freuen, auch Sie in seinem neu-en Geschäft begrüßen zu dürfen. Natürlich gibt es für treue Kunden auch heuer wieder ein kleines Weihnachtsgeschenk.

Die Metzgerei in Sprechenstein ist bis auf weiteres nur mehr vormit-tags geö�net.

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56 erker dezember 12

gesellschaft

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Hilfe für Pfitsch

Zwölf Etappen, 600 Kilometer, über 5.000 Besucher: Sechs Wochen lang war die Versicherungsgesellschaft ITAS mit ihrem Tour-Bus in Südtirol unterwegs, um den Austausch und den direkten Kontakt zur Bevölkerung zu pflegen. Höhepunkt der „Reise“ war der Stadtplatz von Sterzing, wo David Hofer vom Bäuerlichen Not-standsfonds ein Scheck in Höhe von 5.000 Euro über-reicht werden konnte. Das Geld soll den Opfern der Un-wetterkatastrophe in Pfitsch zugute kommen und ei-nen kleinen Beitrag zum Wiederaufbau leisten. Im Bild (v. l.) Walter Pichler (Präsident der ITAS-Agenten in Südtirol), Robert Arcolin (ITAS-Agent in Sterzing), Da-vid Hofer (Bäuerlicher Notstandsfonds), Alexander von Egen (Vorstandsmitglied der ITAS Leben AG), Johann Frei (Bürgermeister von Pfitsch) und Markus Larch (Vi-zebürgermeister von Sterzing)

Hilfe für Unwetteropfer41 Familien in Sterzing und Pfitsch hat der KVW durch seine Spendenaktion unterstützt. Weiteren Familien kann geholfen werden. Noch bis Jahresende können Spenden auf das Konto der Raiffeisenkasse Wipptal (IBAN IT22 R 08182 59110 000300042102) unter dem Kennwort „KVW Unwetterschäden Wipptal“ überwie-sen werden.

Frauenchor in Baden Württemberg

Kirchenchor Stilfes in Rom

Im Oktober unternahm der Kirchenchor Stilfes eine dreitägige Kulturreise in die Ewige Stadt. Auf der Fahrt nach Rom be-sichtigten die Sänger auch die umbrische Stadt Orvieto.Nach der Besichtigung des Vatikans sang der Chor auf dem Petersplatz einige Lieder. Anschließend lud Senator Manfred Pinzger zu einer Führung durch den römischen Se-nat. Tags darauf standen eine Panorama-

fahrt mit dem Bus und eine mehrstündige Stadtführung auf dem Programm. Am drit-ten Tag sang der Chor in der Kirche „San-ta Maria dell’Anima“ gemeinsam mit vier Bläsern die Messe „Missa Parochialis“ von Wolfram Menschick. Der Kirchenchor trug dabei die traditionelle Wipptaler Werktags-tracht, um der römischen Bevölkerung ne-ben der Kirchenmusik auch einen Einblick in die Südtiroler Tradition zu bieten.

Ein zweitägiger Ausflug führte den Frauen-chor Ratschings unlängst nach Obersulme-tingen in Baden Württemberg. Dort gestal-teten die Sängerinnen unter Chorleiterin Maria Brunner die Abendmesse mit. Gro-ßen Applaus ernteten sie für das anschlie-ßende gemeinsame Konzert mit dem Kir-

chenchor von Obersulmetingen.Am zweiten Tag besichtigte der Chor Ulm, die Stadt, in der Hans Multscher jahrelang wirkte. Besonders beeindruckt waren die Sängerin-nen vom Ulmer Münster mit seinem 161 m hohen Turm und der imposanten Orgel, vom Rathaus und vom Schiefen Haus.

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Wiesen

„Die letzte Sekunde deines Lebens“

Gasteig

„Die Schule brennt“

Preisspitzen in Ridnaun

Zum achten Mal veranstaltet die Knappenkapelle Ridnaun am 8. De-zember ein Offenes Preisspitzen (Blindwattn) im Vereinshaus von Rid-naun. Beginn ist um 10.00 Uhr. Das Nenngeld beträgt 20 Euro pro Per-son (Mittagessen inbegriffen). Anmeldungen werden unter der Rufnummer 340 3715429 (18.00 bis 20.00 Uhr) oder am 8. Dezember (9.00 bis 10.00 Uhr) mit einem Auf-preis von fünf Euro pro Spieler entgegengenommen. Es winken schö-ne Preise und a „morts Hetz“.

gesellschaft

Eine Woche lang war Jürgen Hilden-beutel heuer in Südtirol unterwegs, um Jugendliche und Erwachsene zu richtigem Verhalten im Straßen-verkehr zu sensibilisieren. In einer bewegenden Präsentation zeigte der deutsche Polizeikom-missar auch bei einem Vortrag in Wiesen auf, wie viele junge Men-

schen wegen Drogen, Alkohol und Raserei auf den Straßen ihr Leben lassen mussten. „Überlegt Euch gut, zu wem ihr ins Auto steigt“, warnte Hildenbeutel, der auch auf den versteckten Alkoholgehalt in Süßgetränken hinwies. Ein Alko-pop enthält bereits zwei Schnaps-gläser hochprozentigen Alkohol.

Was tun, wenn im Schul-keller Feuer ausgebrochen ist? Grundschul- und Kin-dergartenkinder in Gasteig übten im Oktober mit den Feuerwehrleuten vom Zug Gasteig der FF Ratschings den Ernstfall.Nach dem Feueralarm wur-de das Schulgebäude evakuiert. Im Kellergeschoss saßen aber noch eine Lehrperson mit den Schülern der vierten Klasse und zwei Schü-ler in den Toiletten fest. Mit Atem-schutzgeräten eilten die Wehrleute ins Gebäude und retteten sie unter tosendem Applaus.

Brenner

40-Jährige feiern

Runde Geburtstage müssen gefeiert werden. So machten sich im Herbst 16 Wanderlustige des Jahrganges 1972 aus der Gemeinde Brenner auf nach Villnöß. Nach einer Stärkung auf der Gampenalm ging es weiter zur Schlüterhütte. Einige bestiegen

den Zendleserkofel, andere bewie-sen beim Blindwatten ihr Talent. Am Abend stand das „Gassltörggelen“ in Klausen auf dem Programm, wo bei guter Stimmung bis in die Nacht hinein gefeiert und über alte Zeiten gelacht wurde.

Anschließend berichteten die Wehr-männer über richtiges Verhalten im Brandfall, beantworteten zahlrei-che Fragen, zeigten den Schülern das Feuerwehrauto und ließen das Signalhorn erklingen. Die Schüler dankten es mit einem Feuerwehr-rap und einem kleinen Geschenk.

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