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Erkneraner Hefte Nr - Carl Bechstein Gymnasium - Erkner...Panzerkorps und der SS-Division "Wiking", nur mit Mühe ausbrechen konnten. In den Tagen vor dem 8. März verschärft sich

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  • Erkneraner Hefte Nr.2

    Bernd Rühle

    Der 8. März 1944 - das Ende des alten Erkner

  • Quellennachweis: Laurenz Demps: Die Luftangriffe auf Berlin 1998 Die großen Luftschlachten des II. Weltkrieges o.D. Erinnerungen von Zeitzeugen Erkner1994 Färber: Der II. Weltkrieg in Bildern Stuttgart 1990 A. Girbig: Im Anflug auf die Reichshauptstadt o.D. Olaf Groehler: Zum Luftangriff auf Erkner am 8.März 1994 o.D. P. Young: Atlas zum II. Weltkrieg 1998 Impressum: Herausgeber: Heimatverein Erkner e.V. 2000 Text: Dr. Bernd Rühle Bildnachweis: Heimatkundliches Archiv Erkner, Bundesarchiv Layout, Satz und Druck: Testomat Druck GmbH 15345 Eggersdorf, Landhausstraße

  • Vorwort Mit dem sichtbar fortschreitenden Ausbau der Friedrichstraße und der angrenzenden Straßenzüge zu einem von pulsierendem Leben, Handel und Gewerbe erfüllten Zentrum unserer Heimatstadt Erkner reduziert sich, von jährlichen Gedenkminuten an den Denkmälern abgesehen, die Erinnerungen an die Katastrophe des 8.März 1994 auf diejenigen Einwohner, die das Grauen jenes Tages selber miterlebt haben. Aber auch die letzten Spuren der Tragödie verschwinden mehr und mehr aus dem Stadtbild und das ist gut so. Das vorliegende Heft 2 unserer Schriftreihe soll dazu beitragen, die Kenntnisse über das, was damals geschah, bei den älteren vielleicht ein wenig zu vertiefen und den Jüngeren dadurch die Schrecken des Krieges Bewusst zu machen. Dank sei denjenigen Zeitzeugen gesagt, die in ihren hier auszugsweise zitierten Erinnerungen ihr Erleben an die Nachwelt weitergegeben haben. Da auch die amtlichen und wissenschaftlichen Darstellungen oft voneinander abweichende Zahlen und Fakten enthalten und manches Detail überhaupt nicht erwähnt ist, nehmen wir ergänzende bzw. kritische Hinweise gerne entgegen. Herrn Heinz Schulz und Herrn Dr. Präkel sei für Durchsicht und wertvolle Ergänzungen gedankt, ebenso den Sponsoren und dem Landkreis Oder-Spree für ihre Unterstützung. Der Herausgeber

  • Am Ende des 19. Jahrhunderts war aus der bis dahin relativ lose verbundenen Gruppierungen verstreut zwischen Wäldern und Seen liegender Wohnplätze die Gemeinde Erknergeworden, die diesen Namen 1889 erhielt, und von der es einen zeitgenössischen Touristenführer hieß: "frische, reine Seeluft und würziger Kiefernduft sind die angenehmen Vorteile, die sich für Erkner aus seiner schönen Lage in Wasser- und Waldreicher Landschaft ergeben. Gestützt auf die Nähe Berlins auf die günstige Verkehrslage an Straße, Schiene und Wasserwegen siedelten sich zwar bedeutende Industriegebiete wie das Rügerswerk und später Bakelitefabrik an, aber der Ort wurde dennoch mehr und mehr zu einem "Umschlagsplatz" für die zunehmenden Touristenströme, die sich in die Erholungslandschaft östlich Berlins ergossen. Für ihr leibliches Wohl sorgten u.a. ca. 30 Gaststätten; viele Bootshäuser an Seen und Flüssen machten Erkner zu einem Eldorado des Wassersports. Viele Dampferlinien verbanden die Ausflugsorte miteinander. Freundliche Siedlungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen entstanden, in einer Vielzahl von Vereinen konzentrierte sich das gesellschaftliche Leben. Der 1933 fast 8000 zählende Ort war erfüllt von pulsierendem gewerblichem Leben, es lebte sich gut in der hübsch und verkehrsgünstig gelegenen Gemeinde, die sich stetigen inneren wie äußeren Wachstums erfreuten. Bekannte Persönlichkeiten wie Gerhart Hauptmann, Carl Bechstein und Albert Kiekebusch wählten Erkner zeitweise als Wohnsitz; die Einwohnerzahlen stiegen mit zunehmender Bebauung an, und im Laufe der Zeit nahm der Ort in mancher Hinsicht Städtischen Charakter an.

    Die Friedrichstraße in den 30er Jahren

  • Doch mit der Machtübernahme Hitlers 1933 wurde deutlich, wohin der Weg der neuen Machthaber führen würde. Das gesamte gesellschaftliche Leben wurde von nationalsozialistischem Gedankengut durchdrungen, Verfolgung von Juden und Andersdenkender lassen sich noch heute nachweisen. Die Kriegsvorbereitung wurde offenkundig; der Anschluss Erkners an die Autobahn am 6.Juni 1936 und die Produktionsaufnahme des neu errichteten Kugellagerwerkes 1938, das 1943 beispielsweise 44000 Kugellager täglich nahezu ausschließlich für militärische Zwecke herstellte, verliehen dem Ort, dessen Einwohnerzahl inzwischen auf über 9000 gestiegen war, eine wichtigen kriegswirtschaftlichen Stellenwert. Entsprechend wurden dann vor Kriegsbeginn bemerkenswerte kommunale Projekte wie zum Beispiel die Anlage einer größeren Siedlung in der Nähe des Karutzsees mit eigenem Bahnhof oder die Errichtung eines repräsentativen Neubau für die Theodor-Fontane-Schule nicht mehr verwirklicht. Die Bedeutung Erkners als Standort der Rüstungsproduktion Schon im ersten, vor allem aber währen des zweiten Weltkrieges war Erkner zum Standort kriegswichtiger Produktion geworden. Der Ort lag deshalb im Blickpunkt der alliierten Luftkriegsstrategie. Betrachtet man unter diesem Aspekt die einzelnen Betriebe, so ergibt sich folgendes Bild: Die 1861 gegründeten Rütgerswerke (Teerwerk) stellte bereits im I. Weltkrieg nach eigener Darstellung "Benzole für die Verkehrs- und Fliegertruppen, Heizöle, Schiffsanstriche und Naphaltin für die Marine, Toluol für die Sprengstoff-Fabriken..." usw. her.

    Das Kugellagerwerk ca. 1941

  • Diese Produktion wurde im Prinzip beibehalten. Das Werk bezeichnete sich 1942 als "ein OKW-Betrieb, ..... also in kriegswichtiger Bedeutung." 1943 betrug die Gesamtproduktion 8300 t monatlich, 1944 werden jährlich 56217 t spezieller Produkte hergestellt. Nach dem 8. März 1944 wird mit Hochdruck an der Beseitigung der Bombenschä den gearbeitet, und das Werk wird dabei sogar in die höchste Dringlichkeitsstufe (Zi., Wehrmachtsnr. SS4900) eingestuft, womit dei Bedeutung für die Rüstung unterstrichen wird. Die 1938 neu errichtete Bakelitefabrik konnte schon 1939 die Gesamtproduktion von Phenolharzen und Phenolharzpressmassen auf jährlich 13000 t steigern. Ein Großteil der Produktion wurde für Rüstungszwecke verwendet. Das 1938 als modernes Zweigwerk der Schweinfurter Kugellagerfabriken errichtete Kugellagerwerk galt den Alliierten neben Schweinfurt "als das wichtigste Kugellagerwerk der deutschen Rüstungsindustrie". In ihm waren 2000 Arbeiter und 140 Angestellte beschäftigt, und 1943 betrug die Produktion täglich 44000 Kugellager aller Größen für Flugzeuge, Panzer und Geschütze. Um deutlich zu machen, dass der Angriff auf Erkner ein Teil gesamten Luftkrieges im Jahr 1944 war, aber auch in einem Zeitpunkt erfolgte, an dem der Krieg für Nazideutschland praktisch schon verloren war, sei in den folgenden Abschnitten die militärische Gesamtlage noch einmal kurz skizziert. Der Krieg beginnt an einem Ausgangspunkt zurückzukehren - die militärische Lage an den wesentlichen Fronten im I. Quartal 1944 Nach dem Untergang der deutschen 6. Armee im Januar 1943 in Stalingrad und der faktische Niederlage der Wehrmacht nach der letzten Großoperation zur Begradigung des sogen. Kursker Bogens (Operation "Zitadelle") im Juli 1943 war die Initiative auf allen Kriegsschauplätzen entgültig an die sowjetischen, britischen und amerikanischen Streitkräfte übergegangen. Die Wehrmacht wurde zunehmend in die defensive gedrängt. Wie sah die Frontlage zwischen Januar und März 1944 im einzelnen aus? Im Nordabschnitt der Ostfront mussten die im Verband Heeresgruppe Nord eingesetzte 16. und 18. Armee die nahezu 900 Tage lang Leningrad (jetzt: St. Petersburg) eingeschlossen hatten, zwischen 19. Januar und 1. März 1944 dem starken Angriffsdruck von drei sowjetischen Fronten (Heeresgruppen) weichen und die Belagerung der Stadt aufgeben. Die Heeresgruppe Nord wurde auf die Linie von Narwa im Norden-Pleskau-Pustoschka im Süden zurückgedrängt und später bis zum Kriegsende auf der Halbinsel Kurland eingekesselt.

  • Im Bereich der Heeresgruppe Mitte wölbte sich zu Jahresbeginn die deutsche Front in einem Weiten Bogen um die Städte Witebsk, Mogilew und Bobruisk nach Osten, für dessen Verteidigung nur 40 Divisionen und als Reserve lediglich eine Panzerdivision sowie die Luftflotte 6 mit 829 Flugzeugen zu Verfügung standen. Viel zu wenig Kräfte, um wenig später der großen sowjetischen Sommeroffensive wiederstehen zu können, die am 22. Juni 1944 mit 126 Schützendivisionen, 6 Kavalleriedivisionen, 45 Panzerbrigaden und 16 mot. Brigadensowie 4500 Flugzeuge in diesen Frontabschnitt losbrach. Im Süden konzentrierten sich die Kämpfe im Bereich der Heeresgruppen A und Süd in der Ukraine auf den Kessel bei Tscherkassy, wo die eingeschlossenen deutschen Einheiten, das XI. Korps, Teile des 47. Panzerkorps und der SS-Division "Wiking", nur mit Mühe ausbrechen konnten. In den Tagen vor dem 8. März verschärft sich die Lage weiter: am 4. März beginnt die Frühjahrsoffensive der sowjetischen 1. ukrainischen Front, die die deutschen Linien durchbricht und bis Tarnopol durchstößt. Am 5. März greifen die Truppen der 2. ukrainischen Front die Deutsche 1. und 4. Panzerarmee an. Zwischen dem 5. und 10. März stehen die deutschen Truppen der Heeresgruppe Mitte in heftigen Abwehr- und Rückzugskämpfen westlich Smolensk und an Bug und Dnjestr.. Am 6. März greift die sowjetische 3. ukrainische Front auf einer Breite von 800 km die Heeresgruppe A an. Am 8. März meldet das OKW (Oberkommando Der Wehrmacht) schwere Abwehrkämpfe um Kretsch (Krim) sowie heftige Angriffe sowjetischer Verbände mit erheblichen Geländegewinnen in Raum Nowyi Bug und Nikolajew. Für den Bereich der Heeresgruppe Süd werden "planmäßige Absetzbewegungen" und "Zurücknahmen" der Frontlinien nach schweren sowjetischen Angriffen gemeldet. Das gleiche gilt für die Heeresgruppe Nord. Alle hier nur angedeuteten Schlachtfelder im Osten lagen also am 8. März bereits in bedrohlicher Nähe der deutschen Grenzen. Aus Italien wird für den 8. März heftige Kampftätigkeit an der sogen. "Gustavlinie" und dort besonders rund um das Kloster Monte Cassino berichtet. Zur selben Zeit greifen alliierte Luftstreitkräfte im besetzten Frankreich wichtige Punkte an, was offensichtlich der Vorbereitung der am 6. Juni 1944 erfolgten Invasion in der Normandie (D-Day) dient. Luftkrieg über Deutschland bis März 1944 Obwohl der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, Hermann Göring, zu Kriegsbeginn behauptet hatte, er wolle Meier heißen, wenn jemals ein feindliches Flugzeug das Reichsgebiet berühren sollte, erfolgt u.a. bereits in der Nacht vom 25. August 1940 ein erster britischer Bombenangriff auf

  • Berlin als Reaktion auf deutsche Luftangriffe auf die britischen Städte Birmingham, Kingston upon Hull und Coventry sowie London.

    Luftschutzübung hinter der Volksschule ca. 1942 Arthur Harris Die britischen Luftstreitkräfte (Royal Air Force / RAF) standen unter Leitung des "Bomber Command", dessen Chef ab 1942 Arthur Harris, später "Bomber-Harris" genannt, war, und dessen "Fighter-Command" (Jagdflugzeuge). Der RAF standen aber zunächst nur Flugzeuge mit relativ beschränkter Leistungsfähigkeit (Reichweite, Bombenlast, Bewaffnung) zur Verfügung (Bomber: Armstrong Withley, Vickers Wellington, Blenheim, Handlry Page Hampden; Jäger: Hawker Hurrikane u.a.). Erst mit der Einführung schwerer viermotorieger Langstreckenbomber wie z.B. der Avro Lancaster erhöhte sich die Schlagkraft der RAF. Immerhin flog die RAF bis Ende 1942 54 Angriffe gegen Berlin. Im späteren sogen. "Luftschlacht in Berlin", die vom November 1943 bis Ende März 1944 dauerte, flogen die Briten insges. 33 nächtliche Angriffe gegen Berlin, davon 16 Großangriffe

    mit 9111 Flugzeugen. In diese Zeit fällt auch ein erster gezielter Nachtangriff auf Erkner am 23./24. Dezember 1943, der allerdings nur geringe Sachschäden anrichtete. Ende März 1944 brach man die Aktion ab; die Verluste waren zu hoch, und die Moral der Bevölkerung wurde überschätzt, obwohl man von Angriffen gegen einzelne Ziele zu flächendeckenden Massenangriffen mit z.T. mehr als 1000 Bombern gegen andere deutsche Großstädte wie Köln und Hamburg übergegangen war.

    Im Luftschutzkeller des Hauses Buchhorster Straße 21b

  • Obwohl die deutsche Luftwaffe hervorragende Kampf- und Jagdflugzeuge besaß (He 111, Ju 87, Ju 88, Me 109, Me 110, FW 190 u.a.) und eine wirkungsvolle Luftabwehr aufgebaut hatte, konnten sie diesen Massenangriffen nicht mehr Einhalt gebieten. Diese Situation wurde immer gravierender, nachdem sich ab 1942/43 die USA aktiv in den Luftkrieg einschalteten. Arthur Harris sagte dazu auf Berlin bezogen: "Wir können Berlin von einem Ende bis zum anderen einäschern, wenn sich die US-Air-Force dem anschließt. Es wird uns 400-500 kosten. Es wird Deutschland den Krieg kosten." Die USA verlegten 1942 ihre 8. Luftflotte (8th US Air Force) auf Flugplätzen in Südengland, East Anglia und Midlands, zwischen den Städten Northampton, Peterborough und Cambridge sowie Norwich, Ipswich und Colchester. 1944 waren es allein in diesen Gebieten 73 Stützpunkte, auf denen die schweren viermotorigen Bomber vom Typ B-17 und B-24 sowie die Langstreckenbegleitjäger "Mustang", "Thunderbolt" und "Lightening" stationiert waren. Der Oberbefehlshaber der 8th Air Force war seit Anfang 1944 Lieutenant General James Doolittle; sein Hauptquartier befand sich in High Wycombe, circa 50km westlich Londons, in der Nähe des Hauptquartiers von Arthur Harris, des Chefs des alle Aktionen steuernden Britisch Bord Command. Die o.g. Flugzeuge der 8th Air Force waren in der Lage mit schweren Bombenbalsten über tausende Kilometer und in großen Höhen bis in die zentralen Teile Deutschlands und auch wieder zurück zu fliegen. Sie waren außerdem schwer bewaffnet und zur rundum Verteidigung eingerichtet (Fliegende Festung) und wurden von neu entwickelten Langstrecken-Jägern begleitet. Die 8th Air Force begann Anfang März 1944 mit schweren Tagesangriffen auf Berlin. Flugzeuge der 8th Air Force, die am Angriff auf Erkner beteiligt waren: B-17 Flying Fortress B-24 Consolidated Liberator Technische Daten: Technische Daten: Besatzung: 10 Mann Besatzung: 8-12 Mann Bewaffnung: 13 12,7 mm MGs Bewaffnung: 10 12,7 mm MGs Bombenlast: 7.389 kg Bombenlast: 3.992 kg Reichweite: 5.470 km Reichweite: 5.230 km

  • Der Angriff auf Erkner am 8. März 1944 In der Zeit vom 1. Januar zum 6. März 1944 verzeichnet ein anonymer Kalender aus Erkner für 1944 insgesamt 27 Eintragungen über Luftalarm und Luftangriffe, die der Schreiber vermerkt hat. Für den 8. März 1944 lautet die lakonische Notiz: „Erkner zerstört“ aber das Damoklesschwert der drohenden Katastrophe schwebte bereits am Montag dem, 6. März, über Erkner. Am frühen Morgen dieses Tages starten 810 schwere Bomber B-17 und B-24 der 1., 2. und 3. US-Bomberdivision von verschiedenen Flugplätzen in den Grafschaften Huntingdonshire, Northamptonshire, Cambridgeshire, Bedfordshire, Norfolk und Suffolk. Während die 2. und 3. Bomberdivisionen mit 243 bzw. 252 Maschinen das Flugzeugmotorenwerk in Genshagen und die Elektrogerätetefabriken in Kleinmachnow angreifen sollten, galt der geplante Angriff der 315 B-17 der 1. Bomberdivision unter dem Kommando von Brigadier General Robert Williams den Kugellagerwerken in Erkner. Kurz nach 13.00 Uhr drehten die B-17 der 1. Bomberdivision südlich von Berlin auf Nordostkurs ein, gerieten aber plötzlich über eine dichte Wolkendecke, so dass ein Angriff auf das ursprüngliche Ziel Erkner nicht mehr möglich war. Die abfliegenden Bomber warfen ihre Bomben relativ ziellos ab und gerieten zudem in das konzentrierte Abwehrfeuer der in und um Berlin, z.B. auch bei Gosen stehenden schweren 8,8 cm- und 12,8 cm-Flakbatterien. Durch Flak und Jäger wurden 69 Bomber und 11 „Mustang“-Jäger abgeschossen. Während für den 7. März 1944 in der Statistik kein Fliegeralarm kein Fliegeralarm für den Raum Berlin erwähnt wird, braut sich am Mittwoch, dem 8. März, das Unheil über Erkner zusammen. Es ist wie zum Hohn, ein milder, strahlender sonniger Tag mit wolkenlosem, blauem Himmel. Das Leben am Vormittag läuft in Erkner in gewohnter Weise ab. Doch gegen 12.20 Uhr erfolgt der Einflug „mehrere hundert Kampflugzeuge mit Begleitschutz über Amsterdam - Osnabrück – Hannover – Braunschweig – in den Raum Magdeburg und Weiterflug mit Südostkurs in den Raum Wittenberg und von dort in den Raum Frankfurt a.O. Angriff auf Berlin von Osten und Südosten her.“ Es waren 350 Bomber vom Typ B-17 und B-24, begleitet von ca. 170 Langstreckenjägern “Lightning“, „Taifun“ und „Mustang“. Die ersten Begleitjäger drehen um 12.35 Uhr ab, gehen zwischen Rheine und östlich Magdeburg auf Gegenkurs und werden durch weitere Jagdverbände abgelöst, die den Angriff auf Berlin mitfliegen. Im Raum Magdeburg wird der Bomberstrom durch deutsche Abfangjäger angegriffen. Es sind FW der 1., 2. und 3. Gruppen des Jagdgeschwaders 11 und Me 110 der dritten Gruppe des Zerstörergeschwaders 26.insgesamt wurden während des Angriffes sowie beim An- und Abflug 37 amerikanische

  • Bomber und 17 Jäger abgeschossen. Um 13.16 Uhr wird für den Raum Berlin Vorwarnung gegeben, um 13.23 Ur wird der 182. Fliegeralarm ausgelöst. Zu diesem Zeitpunkt fliegen die zum Verband gehörenden B-24 „Liberator“ über das Stadtgebiet hinweg, während der Hauptverband aus B-17 das Ziel anfliegt. In dem offiziellen Bericht dazu heißt es: „... der Anflug führte in einem weiten südlichen Bogen über die nähere und weitere Umgebung hinweg“. Augenzeugen berichten, dass die Bomberverbände, an langen Kondensstreifen gut zu erkennen, zunächst südlich an Erkner vorbeiflogen, dann drehten und von Osten her den Ort angriffen. Dazu heißt es in einem Bericht: „Die in drei Bomberdivisionen gestaffelten Verbände bombardierten Erkner zwischen 14.29 Uhr und 15.02 Uhr aus ... 6300 – 8800 Meter. Dran waren insgesamt 470 Bomber beteiligt, 320 B-17 und 150 B-24. Sie warfen 5724 100-lb Brandbomben und 92 500-lb Brandbomben über Erkner und Umgebung ab, insgesamt 291,5 Tonnen Spreng- und 609 Tonnen Brandmunition ab“. Die Spur der Verwüstung zieht sich, wie aus einer Karte von 1947 ersichtlich ist, exakt von Südosten nach Südwesten über das Stadtgebiet: Die Einschläge beginnen etwa auf der Linie Walter-Sawall- und Buchhorster Straße – Löcknitzbrücke und überziehen dann in breiter Front das Stadtgebiet bis zur nördlichen Grenze der Bahnhofsiedlung. Die Schäden werden unterschiedlich beurteilt. So heißt es z.B. in dem Bericht des OKW (Oberkommando der Wehrmacht); Abschnitt Luftlage Reich, vom 8.3.1944: „... zahlreiche Bomben fielen in den Müggelsee und Umgebung sowie auf Friedrichshagen und Grünau. Zahlreiche Spreng- und Brandbomben in Erkner im Kr. Niederbarnim. Dort Schwerpunkt mit schweren Schäden in Kugellagerfabrik, Bakelitwerk und Rütgerswerken. Außerdem Schäden am Bahnhof Erkner und viele Sprengbombentreffer auf Eisenbahnstrecken ...“.

    Von der totalen Vernichtung des Wohngebietes der Innenstadt Erkners kein Wort! Entgegen dieser Meldung hielten sich in den Betrieben in Grenzen, obwohl in der Zielplanung der USAAF im Gegensatz zur RAF anfangs nicht die Flächenbombardements, sondern die gezielte Ausschaltung von industriellen Schlüsselbetrieben in und um Berlin stand.

    Das brennende Erkner (Luftaufnahme vom 8.3.1944)

  • Soweit heute noch dokumentiert, hatte der Angriff in den großen Erkneraner Betrieben folgende Auswirkungen bzw. Schäden zur Folge: Hauptziel Kugellagerwerk: Das Werksgelände wurde von „nur“ 75 Sprengbomben und etwa ebensoviel Brandbomben getroffen, d.s. weniger als ein Prozent der insgesamt abgeworfenen Bombenlast. Vier Hallen wiesen Zerstörungen bzw. Beschädigung auf, die Totalverluste an Maschinen blieben gering, dennoch bezifferte man die Fliegerschäden insges. Auf 14 Mio. RM. Als Folge des Angriffs wurden eine halle und die Kellerräume verbunkert, die Produktion in Erdstollen in Rüdersdorf verlagert, während die Endmontage in einer ausgebauten Lagerhalle bei Beeskow stattfand und Teile des Stahlmagazins in den umliegenden Wäldern gelagert wurden.

    -Bakelite-Fabrik: In den noch vorhandenen Unterlagen wird davon gesprochen, dass das neue Werk in der Berliner Straße wie auch das alte Fabrikgelände in der Flakenstraße „stark in Mitleidenschaft gezogen worden seien, sodass in den folgenden Monaten wesentliche teile der Produktion nach München – Pasing und Dohna /Sachsen verlagert und mit ihnen auch die entspr. Facharbeiter und das Leitungspersonal umgesiedelt worden sind.“ -Rütgerswerke: Hier liegen relativ aussagefähige Unterlagen vor. Sie besagen: Es wurden 5 Lagertanks zerstört, 3 beschädigt, mehrere tausend Meter Rohrleitung zerstört. Die Naphthalinpresseanlage und die Reinnaphthalin-Anlage, der Anthrazenbetrieb, die Benzolmischanlage u.a.m. waren zerstört, ca. 50 Kesselwagen waren zerstört bzw. beschädigt, 100 sonstige Behälter waren zerstört. Die

    Produktion im Teerbetrieb, im Benzolbetrieb und im Phenolsäurebetrieb fiel bis Juni 1944 100%ig aus.

    Bombenschäden am Rütgerswerk

  • Dagegen waren die Zerstörungen im Ortszentrum nahezu total und auch in den Aussenbezirken des Ortes z.t. erheblich. Während im Zentrum, der Friedrichstraße, ganze 4 Häuser erhalten blieben gibt es in den übrigen Ortsteilen kaum eine Straße in der nicht wenigsten 1-2 Häuser betroffen wurden. Es wurden im gesamten Geimendegebiet lt. einer Aufstellung aus dem Jahr 1947: 413 Häuser, darunter sämtliche öffentliche Einrichtungen, völlig zerstört, 594 schwer bzw. leicht beschädigt, es waren zunächst 675 Häuser unbewohnbar. Die Verwaltungsstellen mussten provisorisch untergebracht werden: die Verwaltung selber in der Theodor-Fontane-Oberschule in der Adlerstrasse (heute Walter-Smolka-Strasse), die Kartenstelle in der Schulbaracke daneben, die Kasse in einem anderen Ausweichobjekt usw. hinzu kam: auch außerhalb des Ortszentrums waren Gaststätten, medizinische, kulturelle, schulische und sportliche Einrichtungen weitgehend zerstört oder schwer beschädigt worden.

    Friedrichstraße, am Rathaus, nach dem Angriff (Bundesarchiv, Sign. 93/108/3A)

    Friedrichstr., das zerstörte Rathaus

    Friedrichstraße, vor der Einmündung Seestr. (Bundesarchiv, Sign. 83/108/4A)

    Friedrichstraße, ehem. Gemeindeamt

  • Volksschule, heute Gymnasium

    Turnhalle der Volksschule

    Friedrichstraße, zwischen Einmündung Seestraße (von links) und Rathaus (ganz hinten rechts) Für die ausgebombten Familien sollten 600 Behelfsheime aus Holz errichtet werden, wobei die Soldaten einer in Erkner stationierten Wehrmachtseinheit tatkräftig mit halfen, obwohl sie selber während des Angriffs mehrere Tote zu verzeichnen hatten. Besonders tragisch und gravierend waren angesichts der kurzen Dauer des Angriffs die Todesopfer: Insgesamt wurden 229 Personen getötet, darunter 3 komplette Familien und 35 Kinder, 15 ausländische Zwangsarbeiter, 34 Besucher und 7 Soldaten. Sie alle starben in den Kellern und Privatbunkern ihrer Häuser und Grundstücke, wurden von den Trümmern erschlagen oder in den sogen. Splitterschutzgräben getroffen, wobei in den Splitterschutzgräben hinter dem Bahnhof 61, am früheren VdN-Denkmal an der Brücke 40, an der Volkshochschule (heute sowj. Ehrenmal) 6 Tote geborgen worden sein sollen. Oder sie verbrannten zumeist in dem

  • verheerenden Feuersturm, der, an einer riesigen Rauchsäule kilometerweit sichtbar, durch die Straßen raste und vielfach sogar das Eingreifen von Feuerwehren und anderen Hilfskräften unmöglich machte. Der Tag war zur Nacht geworden. Grauenvoller Ort einer unfassbaren Tragödie: im Keller des Gemeindeamtes( heute etwa Friedrichstraße 10-20) verbrannten ca. 20 Menschen bei lebendigen Leibe, weil die dort gelagerten Kohlen Feuer fingen und die Kellerfenster vergittert waren. Das Leben des Ortes schien nahezu ausgelöscht, die überlebenden wurden noch monatelang aus Gulaschkanonen der Wehrmacht z.B. auf dem Hof des Restaurants „Biberpelz“( heute Gerhart-Hauptmann-Museum) verpflegt.

    Gräberfeld mit Opfern des 8.3.1944 auf dem Friedhof Erkner (seit 1984 Gedenkstätte) „Wir schrien, weinten und beteten.“ -Augenzeugen des Infernos berichten Im Rahmen der Vorbereitungen zum 50. Jahrestag des 8. März 1944 im Jahre 1994 hatte auf einen entsprechenden Aufruf eine Reihe von Augenzeugen ihre Erinnerungen an diesen Tag zu Papier gebracht worden und eingesandt. Aus diesen Berichten sei hier auszugsweise und gekürzt zitiert: Der damalige Luftwaffenhelfer Gerhard Peuckert berichtet: Ich war zu jener Zeit als Luftwaffenhelfer auf Urlaub .... am 6.3. kamen wir nach Erkner, um in unserem Haus Drosselsteig 23 auch noch ein paar Urlaubstage zu machen. Als der Angriff am 8.3. begann, bin ich zuerst auf’s Dach gestiegen und konnte beobachten, wie die in Staffeln anfliegenden Bomber am Südrand von Erkner mit der Vernichtung begannen. Als Richtkanonier bei

  • der Flak konnte ich einschätzen, dass zuerst für uns keine Gefahr bestand. Als die nächsten Staffeln aber näher kamen, bin ich dann auch in unsren Luftschutzkeller gegangen. Meine Mutter hatte gerade die Frage meines kleinen Bruders, wie lange wir schon in unserem Haus wohnen beantwortet, da schlug eine Sprengbombe und zerriss das Haus bis auf die Grundmauern. Von den herabfallenden Trümmern wurden wir verschüttet und derart eingeklemmt, dass wir nicht einmal mehr einen Finger rühren konnten.“ Die damals 16jährige Ursula Dohrendorf erinnert sich: „Zunächst stand ich noch lässig draußen ... der Himmel war von einem kräftigen Blau .... bisher hatten wir die Kampfflugzeuge nie gesehen, immer nur gehört .... die silberne Bomber blinkten in der Sonne .... und dann geschah das unglaubliche: Es blitze in der Sonne, metallene Stücke lösten sich .... das waren die Bomben! Bald begann ein lautes Pfeifen und zischen, und ich rannte schnell die paar Treppenstufen hinunter in den Splittergraben .... es knallte und krachte unaufhörlich, und immer war dieses Pfeifen. Auch wankte die Erde, und deshalb legten wir uns hin.“ Frau Friedel Winter erlebte den Angriff im Keller der Sparkasse: „... lieber drängten wir uns ganz eng zusammen in den Tresorraum der Sparkasse, die ja ihre Geschäftsräume im Erdgeschoss unseres Hauses Friedrichstraße 73 hatten .... Mit einem Mal hob und senkte sich der Tresor (-raum) wie eine Kiste .... Wenn die Tresortür zuschlug, wären wir verloren: die vielen Menschen hätten sehr bald ersticken müssen. Ein lumpiges dickes Aktenpaket bremste Gott sei Dank die in Bewegung geratene Tür.“ Erich Ring, Erkner, berichtet: „Meine Frau ... erlebte den Bombenangriff ... (als Telefonistin) im Keller des Bechsteinhauses. Zugleich war der Keller auch als Luftschutzkeller für die Angestellten der Gemeindeverwaltung eingerichtet. Im Park ... befanden sich Splittergräben .... die Häuser rechts und links der Straße brannten .... weil ein Durchkommen auf der Straße nicht mehr möglich war, rannten die Frauen zum Ufer des Dämeritzsees. Durch die vielen Brände ... wurde es so heiß, dass man die Friedrichstraße nicht mehr betreten konnte. Auch die Rauchentwicklung wurde unerträglich. Es gelang den Frauen dann, ein Boot zu erwischen ... und sie landeten dann am Bootshaus Dochan in der Seestresse .... man ... rannte dann über die Wiesen ... bis zur Buchhorsterstraße .... irgendwann, nach Stunden ist sie dann zu Hause in der Wilhelmstraße 13/14 angekommen.“

  • Dr. Bernd Rühle, damals 12 Jahre erinnert sich: „Wir waren in unserem Luftschutzkeller im Gewobablock in der Buchhosrtersstraße 21b. Mitten in das unaufhörliche Pfeifen, Zischen, Rollen und Krachender Bomben peitschte plötzlich ein ohrenbetäubender Schlag; das durch eine Splitterschutzwand gesicherte Kellerfenster, eine Wolke aus Glas, Steinen und Sand stob in den Keller hinein, dieser schwankte wie ein Schiff bei hohem Wellengang. Ich lag auf dem Boden, hielt mit beiden Händen den Luftschutzhelm, den ich auf dem Kopf hatte, fest und schrie in wahnsinniger Angst.“ Frau Ursula Dohrendorf berichtet aber auch, wie andere, über die Katastrophe im Keller des damaligen Gemeindeamtes: „Es wurde immer heißer und rauchiger .... leider habe ich so gekeucht. Vielleicht hätte ich ja sonst aus dem Keller der Gemeinde die Schreie der hier eingeschlossenen Menschen gehört und hätte dann Hilfe für sie suchen können.“ Dazu noch einmal Frau Winter: „Nun rüttelten die ärmsten rasend vor Schmerz an den Stäben und brüllten: ,Sägt sie doch raus und brecht sie heraus, wir verbrennen ja am lebendigen Leibe!’“ Der Apotheker Max Seeger, der an der alten Löcknitz wohnte, erzählt: „Angst erfüllt keuchte ich über Nebenstraßen zur alten Löcknitz. Im Wald zahlreiche Bombentrichter; an einzelnen Bäumen loderten Flammen. Erleichtert sah ich, dass unser Haus noch stand. Fenster und Türen zerborsten, am Gartentor klafften zwei Bombentrichter, am Löcknitzufer ein weiterer. Drei Lauben von Wassersportlern waren in Gluthaufen verwandelt.“ Als 14Jähriger erlebte Dr. Wolfgang Wiedner im Keller des Einfamilienhauses in der Seestraße 6 eine furchtbare Tragödie: „Ein unheimliches Krachen ertönte in unserer Nähe .... Steine fielen, Holz zersplitterte .... Eine dichte Staubwolke kam uns aus dem Luftschutzkeller entgegen. Wir hasteten vorwärts ... Eine umgestürzte Mauer und andere Trümmerstücke versperrten uns den Weg. Meine Mutter rief nach unseren Verwandten, aber niemand meldetet sich .... Wir hatten uns wieder auf den Fußboden gelegt. ,Herrgott, steh’ uns bei’! – es sollten die letzten Worte meiner Mutter sein. Da! Ich sah eine gelbe Stichflamme und dann wurde es plötzlich dunkel um mich herum .... Ich musste dass Bewusstsein verloren haben .... Schwere Steine lagen auf meinen Gliedern. Ich konnte mich nicht bewegen .... unter der gleichen Kellerdeckenplatte, unter der auch meine Füße eingeklemmt waren, sah ich den Arm meiner Mutter. ...Eine wahnsinnige Angst packte mich, denn ich glaubte, meine letzte Stunde sei gekommen.“

  • Die „Barackenstadt“ zwischen 1944 und 1977 Die Zerstörung des Ortszentrums von Erkner war am 8. März 1944, wie erwähnt, nahezu total. Aus der schon genannten Aufstellung, wird ersichtlich, dass im ganzen Ort 413 Gebäude vernichtet waren, 127 schwer, 135 mittel und 332 leicht beschädigt waren. Demnach waren 675 Häuser zunächst unbewohnbar, d.h. ca. 1375 Wohnungen waren zerstört, also ca. 14.500 m2 Wohnfläche unbenutzbar. 205 Familien hatten keine eigene Wohnung mehr und mussten bei anderen Familien mit unterkommen oder sich in Ruinen eine notdürftige Bleibe schaffen. An einen Wiederaufbau war, vor allem auch angesichts der bedrohlich näherrückenden Katastrophe des Kriegsendes, zwischen März 1944 und April1945 überhaupt nicht zu denken. Das blieb auch in den ersten Nachkriegsjahren so, wenn

    Die Friedrichstraße nach 1945 auch schon 1947 hin und wieder das Wort vom Neuaufbau des Ortes in einigen Dokumenten auftauchte. Aber noch bis in die 50er Jahre blieben als Hauptprobleme die Sicherung, die Ingangsetzung der Betriebe und natürlich die Beseitigung der riesigen Trümmermassen. Hinzu kam der Befehl 209 der SMAD, dem zufolge alle noch brauchbaren Ziegelsteine zum Aufbau von Neubauernhäusern abtransportiert werden mussten. Als 1948 endlich die Enttrümmerung des Ortes „im großen Stil“ begann, wurden als Folge dieses Befehls 1.750.000 aus den Ruinen geborgenen Mauersteine nach umliegenden Dörfern Dahlwitz-Hoppergarten, Lichtenow, Schöneiche, Seeberg, Münchehofe, Rehfelde, Rüdersdorf, Trappenfelde, Vogelsdorf,

  • Zinndorf und Mehrow an einzelne Neubauern oder zur Verteilung an die dortigen VdgB-Stellen geschafft, was zu Protesten einzelner Hausbesitzer führte. . Das Wenige ,was blieb, nahm man zum Ausbessern und Ergänzen stehengebleiebener Mauerreste, und durch Aufsetzen eines flachen Pappdaches entstand der Typ eines barackenähnlichen Baues, der Erkner schließlich die mitleidig – spöttisch – resignierende Bezeichnung einer „Barackenstadt“ einbrachte. Dennoch konnte so manches öffentliche Gebäude wieder aufgebaut werden: das Rathaus, die Sparkasse, das Warmbad u.a. Erste Planungen und Projekte für einen generellen Wiederaufbau des Ortszentrums, wie etwa der Auftrag an den Hessenwinkler Architekten H. Larssen vom 8.7.1948 zur Erarbeitung eines entsprechenden Teilbebauungsplanes, konnten letztenendes nicht ausgeführt werden. Demgegenüber bemühten sich die Baufirmen Clemens, Bruchmann u.a. 1949 immer noch um die Beseitigung von 15000 m3 Schutt, mit dem z.B. die Teiche im Rathauspark und der Ahornallee 9-12 aufgefüllt wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten diese Firmen allein 1.75 Millionen Steinen aus 94 Ruinen lt. Befehl 209 geborgen. Zwar beschäftigte man sich s.Zt. „in Anwesenheit hoher Beamter der Landesregierung“ mit der konkreten Wiederaufbauplanung, wobei bereits über eine Umgehungsstraße und die Untertunnelung der Bahn diskutiert wurde. Jedoch erst 1951 waren alle nicht ausbaufähigen Ruinen abgeräumt und damit die Enttrümmerung Erkners im wesentlichen abgeschlossen. Zwar waren schon in den 50er, 60er und 70er Jahren an der Woltersdorfer Landstraße, in der Bahnhofsiedlung und an der Berliner Straße u.a. neue Wohnbauten errichtet worden, der Wiederaufbau selbst aber blieb zugunsten etwa der Kreis- und Bezirksstädte Fürstenwalde und Frankfurt / Oder Illusion, bis ab 1977 der Abriss der „Barackenstadt“ und der Neubau in Plattenbauweise begann. Erkner heute – das neue Gesichte der Stadt Wer heute, im Jahr 2000, durch das Zentrum Erkners geht, der meint das alles kaum wiederzuerkennen: Das Wort des Bürgermeisters, das 1992 gesprochen wurde: „Wir werden ..... Erkner zum blühen bringen“, ist es weitgehend Wirklichkeit geworden. Aus dem chaotischen Trümmerfeld des 8. März 1944, aus der öden Leere der Barackenstadt und dem gesichtslosen Grau der Plattenbauten ist nahezu wieder das geworden, was die Friedrichstraße einmal war: eine interessante, bunte, von emsigen Leben durchpulste Geschäftsstraße, die natürlich auch weiterhin ihr Gesicht ändern wird.

  • Und doch wird der Kundige, zumal wenn er das Inferno jenes Tages miterlebt hat, fast auf Schritt und Tritt daran erinnert. Der kleine Marktplatz gegenüber der Einmündung der Seestraße und die kleine Grünanlage rund um die Postsäule sind Flächen, auf denen einstmals Wohn- und Geschäftshäuser standen; das gleiche gilt für den provisorischen Parkplatz zwischen Sparkasse und Bahngleisen in der Beustraße sowie für den Abschnitt zwischen Sparkasse und Straßenbrücke. Aber auch auf dem Gebiet zwischen Carl-Bechstein-Weg und Rathaus stand ein Haus, und zwischen den Wohnblocks gegenüber der Postsäule, wo heute noch der Imbiss-Kiosk steht, gab es zu Zeiten der „Barackenstadt“ anstelle der zerstörten Geschäftshäuser zwei schäbige Behelfsheime, in denen mehrmals wechselnden Verkaufsstellen untergebracht waren. Und noch wartet die Fläche zwischen Bahnunterführung und Tankstelle mit ihren Mauerresten und Barackenrudimenten auf eine neue Bebauung da, wo bis zum 8. März 1944 freundliche Wohnhäuser die Bahnhofstraße säumten. Zwei Gedenkstätten mahnen Einwohner und Gäste der Stadt an das Geschehen am 8. März: der 1984 errichtete Gedenkstein auf dem Friedhof mit der Freifläche des ehemaligen Gräberfelds davor und das 1944 neugestaltete Ensemble der Erinnerungsstätte an der Neuzittauer Straße. Jährlich am 8. März finden an beiden Stätten Gedenkveranstaltungen statt.

    Gedenken am Gedenkstein auf dem Friedhof 1994

    Einweihung der Erinnerungsstätte an der Neuzittauer Straße 1994