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Erlösmodelle im E-Publishing Wie sich Medien auf Tablets und Smartphones neu erfinden können Bearbeitet von Christian Meier, Kress 1. Auflage 2011. Taschenbuch. 100 S. Paperback ISBN 978 3 8424 0016 0 Format (B x L): 14 x 21 cm Weitere Fachgebiete > EDV, Informatik > EDV, Informatik: Allgemeines, Moderne Kommunikation > Moderne Komunikation, Ratgeber schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Erlösmodelle im E-Publishing

Wie sich Medien auf Tablets und Smartphones neu erfinden können

Bearbeitet vonChristian Meier, Kress

1. Auflage 2011. Taschenbuch. 100 S. PaperbackISBN 978 3 8424 0016 0

Format (B x L): 14 x 21 cm

Weitere Fachgebiete > EDV, Informatik > EDV, Informatik: Allgemeines, ModerneKommunikation > Moderne Komunikation, Ratgeber

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

als 8 Millionen Produkte.

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CHRISTIAN MEIER

Erlösmodelle im E-PublishingWie sich Medien auf Tablets und Smartphones neu erfinden können. Interviews, Analysen, Essays

kress Sonderprodukte/2010_kress_Buch_on_Demand/BoD_Ausgabe1 - Seite 124.01.2011 08:14

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© 2011 Haymarket Media GmbH, KRESS

Verlag:

tredition GmbH, Hamburg

Printed in Germany

ISBN: 978–3–8424–0016–0

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InhaltsverzeichnisZur Einführung 5

1 Digitale Innovation – ein AnfangApples iPad: Die Verlage sind am Zug 10

Lukas Kircher, Kircher Burkhardt: „Viel ausprobieren“ 14

Mark Rolston, frogdesign: „Mobile ist das neue Leben“ 18

2 Die Strategien der VerlageMedien-Apps: Eine Chance, nicht mehr 26

Axel Springer AG: Im iPad-Fieber 29

Moritz von Laffert, Condé Nast Deutschland: „Kulturelle Revolution“ 35

Jonas von Hedenberg, Bonnier Zeitschriften: „Versuch und Irrtum“ 41

Spiegel-Verlag: Die Pad-Men 45

Thomas Lindner, Gruner+Jahr: „Der Featuritis widerstehen“ 48

Tom Standage, The Economist: „Nicht mit Print verheiratet“ 52

TBWA Berlin Digital Arts: Die iPad Essentials 56

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis

3 Bezahlinhalte – jetzt oder nie?Janet Robinson, New York Times Co.: „Innovation ist unser Freund“ 60

Merrill Brown, Journalism Online: „Schnell handeln“ 66

Gabor Steingart, Verlagsgruppe Handelsblatt: Gegen die Umsonst-Kultur 70

4 Schöne neue VertriebsweltOnline-Kioske: Digitale Büdchen 74

Online-Kioske II: Keine Trampelpfade 78

5 Mobile Media in Marketing und WerbungWerbemittel App: Goldbären-Games 82

Marco Koeder, Cybermedia: „Wie die Lemminge“ 87

Mehrdad Piroozram, Widgetlabs: Eintrittskarte in Markenwelt 91

6 Der gläserne NutzerNutzerforschung: Zauberwort Mehrwert 96

Weiterführende Studien zu Apps, Tablets und Co. 99

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Zur Einführung

Auf die Stärken besinnenWohl kein anderes Thema hat die Medienwelt im Jahr 2010 derart elektri-siert wie die Entwicklung von Tablet-PCs und mobilen Applikationen für diese Geräte. Vor allem Verlage beschäftigen sich mit der Frage, wie sie ihre Inhalte auf neuen Wegen erfolgreich an Nutzerzielgruppen vermark-ten können. Im Unterschied zum „World Wide Web“, wo die Nutzer es nie gelernt haben, für Inhalte zu bezahlen (was einige kommerzielle Inhalte-produzenten seit einiger Zeit unter großen Anstrengungen nachträglich durchzusetzen versuchen), versprechen die relativ geschlossenen An-wendungen und die sich abzeichnenden Distributionsstrukturen bei iPad & Co. einen Durchbruch in Sachen Bezahlinhalte. So jedenfalls die Hoffnung der klassischen Medienunternehmen, deren Geschäfts- und Erlösmodelle im digitalen Zeitalter unter Druck stehen: Was am her-kömmlichen Computerbildschirm bislang als No-go galt – Medienange-bote gegen Bezahlung zu empfangen oder gar zu „abonnieren“ wie ein gedrucktes Magazin oder eine Zeitung – soll auf dem Tablet-Bildschirm Wirklichkeit werden.

Die Voraussetzungen scheinen, bei allen verbleibenden Unsicherhei-ten, gut. Die Prognosen für die erst beginnende massenmediale Verbrei-tung des iPads und seiner Nachahmer wurden binnen weniger Monate deutlich nach oben korrigiert. Der geschlossene Charakter der Applika-tionen auf diesen Geräten weist darauf hin, dass Nutzer (auf dem Sofa?) wahrscheinlich mehr Zeit mit Medienangeboten verbringen werden als im flüchtigen WWW. Werbung könnte in solchen Umfeldern intensiver wirken. Und bei E-Readern wurde bereits beobachtet, dass Menschen durchaus bereit sind, für gute Inhalte zu bezahlen.

Medienhäuser, zuletzt von der Doppelwirkung „Weltwirtschaftskrise plus Geschäftsmodell-Revolution“ gebeutelt, besinnen sich auf ihre Stär-ken. Die Macher geraten beinahe ins Schwärmen: „Wir haben im Netz zu früh gesagt, dass Google das Maß aller Dinge ist“, meint der Designer Lu-kas Kircher im Gespräch mit kress (Seite 14 dieses Sammelbandes): „Da-rum haben wir es dort mit gleichförmigen, usability-optimierten Textar-chiven zu tun. Alles ist der technischen Machbarkeit der Suchmaschinen unterworfen. Ein Device wie das iPad drängt sich geradezu auf, um Ge-schichten wieder blattmacherischer zu erzählen.“ Und Moritz von Laffert von Condé Nast frohlockt (Seite 35): „Große Printmarken können auf dem iPad ihre Strahlkraft noch besser ausspielen als im Internet. SEO (Search Engine Optimization, Anm. d. Red.) tritt wieder mehr in den Hinter-grund zugunsten eines Markenversprechens.“

Allerdings dürfe sich die Diskussion nicht darin erschöpfen, „wie man das angeknackste Geschäftsmodell wieder repariert“, meint Mark Rolston, Chefkreativer von frogdesign, mit Blick auf die Musikindustrie

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Zur Einführung

(Seite 18), die vom digitalen Zeitalter ähnlich überrumpelt wurde wie später die Verlage. Überhaupt empfiehlt es sich, bei aller Euphorie, et-was Wasser in den Wein zu gießen: Bislang wurden weder genug belast-bare Erkenntnisse zu den Nutzungsgewohnheiten hinsichtlich der neu-en Geräte gesammelt, noch besteht Klarheit über Preis- und Distributi-onsmodelle. Was bei Publikumsmedien noch machbar erscheint – ein paar Euro für eine Ausgabe am elektronischen Kiosk –, stellt die Produ-zenten von Fachinformation vor eine Herausforderung.

Der Mediendienst kress hat die Diskussion in der Branche zu diesen The-men intensiv begleitet. Eine Auswahl aktueller Beiträge haben wir in die-sem Band zusammengefasst; die meisten stammen aus der Feder von Christian Meier aus der kress-Hauptstadtredaktion. Meier sprach im Jahr 2010 für kress mit praktisch allen führenden Medienhäusern über ihre Strategien fürs iPad und für das, was danach kommen könnte. So ent-standen zahlreiche Artikel und Interviews, die verschiedene Aspekte von Produktkonzepten und Erlösmodellen beleuchten. Die Macher und Stra-tegen dahinter zielen auf einen Markt, der zwar nach wie vor in den Kin-derschuhen steckt, aber ein Massenmarkt zu werden verspricht.

Ob Springer oder Handelsblatt, ob Spiegel oder Condé Nast – Chefre-dakteure und Medienmanager werkeln eifrig an neuen Lösungen. Zeit-druck spielt dabei offenbar ebenso eine Rolle wie Erwartungshaltungen im eigenen Haus und intensive Beobachtung durch die Konkurrenz. Das Jahr 2010, für das so manches Medienhaus euphorisch seine ersten Apps avisiert hatte, war dabei wesentlich durch zwei Aspekte geprägt, die mit-einander zusammenhängen: die Suche nach dem „richtigen“ Produkt-konzept (Inhalt, Aufbereitung und Vermarktung medialer Inhalte) und Unsicherheiten hinsichtlich der Distributionsmöglichkeiten in der neu-en mobilen Tablet-Welt, vor allem durch Apples iTunes-Store. „Ob den Verlagen der Durchbruch für Bezahlinhalte gelingt, ist völlig offen“, no-tierte kress bereits im Februar: „Technologie diktiert den Inhalteprodu-zenten die Bedingungen.“ Die Diagnose: „Verlage spielen nun auf Fel-dern, deren Form und Belag sie sich nicht mehr aussuchen können.“

Seitdem dieser problematisierende Überblicksartikel, den wir an den Anfang der vorliegenden Textsammlung gestellt haben (Seite 10), er-schienen ist, hat sich in der Branche freilich einiges getan. Im zweiten Teil dieses Dossiers werfen wir einen Blick auf die Strategien einzelner Me-dienhäuser: Manager und Verantwortliche standen im Gespräch mit kress Rede und Antwort. Der dritte Teil konzentriert sich auf die Chan-cen, mit Inhalten Geld zu verdienen. Merrill Brown, der Chefstratege des US-Unternehmens Journalism Online erklärt, warum Strategien hinter Bezahlschranken differenziert geplant werden müssen. Unter der Über-schrift „Vertrieb“ werden im vierten Teil Versuche deutscher Verlage be-

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Zur Einführung

schrieben, ihre neuen Produkte angemessen zu distribuieren. Hierbei geht es um nichts Geringeres als die spannende Begegnung zweier Dis-tributions-Welten mit ganz eigenen Logiken: Deutsches Grosso trifft auf den internationalen Markt für Smartphones und Tablets.

Das fünfte Kapitel hat den Einsatz mobiler Applikationen für Marke-ting und Werbung zum Thema: Stephan Meixners Text „Von Goldbären-Games und Graffiti-Guides“ (erschienen im Frühjahr 2010) leitet dieses Kapitel ein; kress-Autor Torsten Zarges blickt dem Entwickler der Voda-fone-iPhone-App, Mehrdad Piroozram, über die Schulter; und der Mobi-le-Experte Marco Koeder konstatiert im Interview mit Blick auf Japan, die Zukunft sei „Werbung, die als Information daherkommt“.

Über das tatsächliche Nutzungsverhalten der mobilen Wundergeräte durch die Bevölkerung oder wenigstens jene Vorreiter, die schon ein iPad haben, ist in deutschen Fachmedien bislang wenig berichtet worden. Erste Studien und Untersuchungen liegen vor; Christian Meier hat für diesen Band eine Auswahl zusammengestellt und knapp kommentiert (Teil VI). Die Reihenfolge der Beiträge in der vorliegenden Textsamm-lung orientiert sich nicht an Erscheinungsdatum oder Aktualität, son-dern an den genannten inhaltlichen Aspekten. Dabei geben die deutlich mit Datum gekennzeichneten Beiträge jeweils den aktuellen Stand zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wieder. Auf diese Weise ist eine Zusam-menschau entstanden, die gegen Ende eines bewegten Jahres 2010 zwar nicht überall den „letzten Stand“ referiert, wohl aber eine Entwicklung skizziert – inklusive spannender Momentaufnahmen, die dazu geeignet sein mögen, einer euphorischen Diskussion um Neues, Mögliches und Machbares Konturen zu verleihen. Viele beschriebene Aspekte grund-sätzlicher Natur haben Bestand und werden die Medien- und Media-Branche in den kommenden Jahren weiterhin in Atem halten.

Alle in diesem Band versammelten Artikel und Interviews wurden im kressreport veröffentlicht, dem gedruckten Informationsdienst der Mar-ke kress (Chefredakteur: Eckhard Müller). Seit mehr als vier Jahrzehnten steht die Marke kress für aktuelle und investigative Berichterstattung über Medien und Media – ob gedruckt oder mit dem digitalen Fachinfor-mationsangebot unter kress.de, das Ende 2010 die Zahl von einer Million Besuchen pro Monat überschritten hat und zu den führenden Angeboten in seinem Bereich zählt. Abonnenten erhalten alle zwei Wochen die ge-druckte kress-Version mit vielen vertiefenden Hintergrundinformatio-nen und haben Vollzugriff auf das kress-Archiv seit 1966. Weitere Infor-mationen gibt es unter kress.de/abo.

Heidelberg/Berlin, im Dezember 2010Sebastian Vesper, Editorial Director, Haymarket Media

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KAPITEL 1

Digitale Innovation – ein AnfangMedien produzieren Inhalte – Texte, Bilder, Videos. Neue Kanäle stellen sie vor neue Herausforderungen. Wie können klassische Medienunternehmen innovative Wege in der digitalen Welt gehen?

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

APPLES IPAD (5. FEBRUAR)

Die Verlage sind am ZugOb den Verlegern der Durchbruch für Bezahlinhalte mit dem iPad gelingt, ist offen. Technologie diktiert die Bedingungen

L In der sogenannten normalen Welt ist es so: Hat ein Unternehmen Interesse an den Produkten eines anderen Unternehmens, weil sie

gut zu dem passen, was man selber gerade entwickelt, dann geht man zu der Firma und verhandelt. In der Apple-Welt läuft das anders. Dort ste-hen die Interessenten Schlange, um ein neues, zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal erhältliches Gerät mit Inhalten versorgen zu dürfen.

Große Erwartungen Verleger von Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt baggern seit Monaten nach Terminen, um mit Apple über das neue iPad zu spre-chen. Kein Printmedium kam ohne großen Artikel aus. Ein klarer Beleg dafür, welche Hoffnungen klassische Medienunternehmen und ihre Chefredakteure in das Gerät setzen. Denn für diejenigen Verlage, die hauptsächlich von Erlösen mit Printmedien leben, soll der iPad nichts weniger als das Tor zu digitalen Bezahlinhalten aufstoßen. Wie beim iPhone will die Branche massig Apps entwickeln, die gegen Bares das Lesen digitaler Versionen der Printtitel ermöglichen.

Die Vorstellung des Tablet-PCs stellt somit auch einen Paradigmen-wechsel dar. Es sind Technologieunternehmen, die den Medien künftig die Gefäße entwerfen, in die sie ihre Inhalte füllen können. Anders ge-sagt: Verlage spielen nun auf Feldern, deren Form und Belag sie sich nicht mehr aussuchen können.

Passen iPad und Inhalte überhaupt zusammen? Zumindest für einen Teil der deutschen Verlage scheint diese gravierende Veränderung zunächst sekundär zu sein. Entscheidender ist die Frage, ob das iPad und die Inhalte zusammenpassen. Bei Springer heißt es, das iPad erschließe ein „neues Format“. Daniel Puschmann, der stellvertretende Ge-schäftsleiter von Bauer Digital, sagt, das iPad könne zu einer „wesentlich at-traktiveren Plattform als die bisherigen Produkte“ werden. Mit den anderen Produkten meint Puschmann E-Reader wie die von Amazon oder Sony. Obwohl man sich bereits in Gesprächen mit Apple befinde, wolle man sich aber von „Euphorie und Hektik“ nicht überrollen lassen. Ähnlich äußert sich Frank-H. Häger, bei der Ganske Verlagsgruppe zuständig für elektro-nische Medien. Besonders in den Sparten Reise und Ratgeber eröffneten

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Apples i Pad – Die Verlage sind am Zug 5. Februar 2010

die Darstellungsmöglichkeiten des iPad mehr Spielräume. „Es würde mich nicht wundern, wenn Apple auch hier einen neuen Standard definiert.“

Doch „definiert“ ist das Stichwort. Denn was negativ ins Gewicht fällt, ist die Macht von Apple. Die Preisgestaltung für künftige Angebote kön-nen die Verlage nicht unabhängig vornehmen. Entsprechen die Inhalte einer App nicht den moralischen Vorstellungen des kalifornischen Un-ternehmens, kann die Anwendung auch mal für ein paar Wochen aus dem Angebot genommen werden. Der „stern“ musste das bei seiner App, auf der offenbar ein paar blanke Busen zu viel eingespeist waren, schmerzlich erfahren. Jegliche Informationen über die Käufer und Leser einer App verbleiben bei Apple, Amazon macht es genauso.

„Es muss sichergestellt sein, dass Apple keinerlei inhaltlichen Eingrif-fe vornehmen kann“, sagt Ulrich Hegge, Chef des Media Innovation Labs bei Burda. „Das wäre vollkommen inakzeptabel.“ Bei einer Kooperation müssten Erlöse „fair und transparent“ geteilt werden. Erlöse aus dem Verkauf von iPhone-Apps werden bisher im Verhältnis 30 % (Apple) zu 70 % (Produzenten) geteilt.

Medium der EntschleunigungWas Verlagen allerdings noch mehr zu denken geben könnte: Steve Jobs hat bei der Präsentation des iPad keine Infrastruktur für Zeitungen und Zeitschriften vorgestellt, in der die Medienunter nehmen ihre Inhalte ge-gen Bezahlung anbieten könnten. Für Musik, Videos (iTunes) und Bü-cher (iBookstore) gibt es solche Plattformen. „Mich hat das überrascht“, sagt Ulrich Hegge. „Darum hängen wir als Entwickler auch ein wenig in der Luft.“ Wie aus einzelnen Verlagen zu hören ist, stellt Apple Verlagen immerhin ein Software Developer Kit (SDK) zur Verfügung, mit dem sie Anwendungen programmieren und testen können. In den USA sollen der Verlag der „New York Times“ sowie die Medienkonzern Gannett („USA Today“) und Hearst iPad-Apps fertig entwickelt haben.

Nun zu den positiven Aspekten für die Verlage. Was Internet-Pioniere und Open-Source-Anhänger kritisieren – die Geschlossenheit des Apple-Systems und die Tatsache, dass das Gerät nicht multitasking-fähig ist – könnte für Inhalte anbieter zu einem großen Plus werden. Denn ihr Ziel muss es sein, Anwendungen zu entwickeln, die man wie eine multime-diale Zeitschrift anschaut und entdeckt. Hier einen Text größer ziehen, da ein Video anklicken, dort eine Animation oder ein Audio-File starten. Eine perfekte Tablet-Anwendung müsste die volle Aufmerksamkeit des Nutzers auf sich ziehen und eine Welt in sich dar stellen. Was im Übrigen auch ein gutes Argument für die werbungtreibende Industrie wäre, in solchen Umfeldern An zeigenkampagnen zu schalten. Wo das Internet flüchtig ist, wäre eine iPad-App ein Medium der Entschleunigung durch Ausschaltung anderer Einflüsse.

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

Völlig offen ist indes, ob die Verlage zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt genug Know-how haben, um solche Anwendungen zu entwickeln. „Wir müssen uns ganz ehrlich fragen, ob wir das Können und die Kenntnisse haben, richtig gute Produkte für digitale Lesegeräte anzubieten“, sagt Hegge. Während die Verlage bei Printmedien bewiesen hätten, dass sie Inhalte ansprechend verpacken und verkaufen können, stehe der Beweis in der digitalen Welt noch aus.

Digitale Inhalte werden sich künftig vermutlich stärker differenzieren. Eine Nachricht ist bereits heute eine Ware, die kostenlos im Internet ab-gerufen werden kann. Reportagen, exklusive Geschichten, vielleicht auch Meinungen und viele Multimedia-Elemente wandern hinter Be-zahlschranken oder gleich in Apps, die es nur gegen Geld und auf be-stimmten Endgeräten geben wird. Ginge diese Strategie auf, wäre aller-dings die Frage, was dann noch in die gedruckte Zeitung soll. Ist das klas-sische Geschäftsmodell aus Druck und Vertrieb von Inhalten plus Anzei-genverkauf noch zu retten?

„Printanzeigen haben im Marketing eine unersetzliche Funktion“, sagt Andreas Schilling, Chef des Burda Community Network. Eine Be-schleunigung der Abwanderung von Anzeigen ins Internet sei durch neue Endgeräte nicht zu erwarten. Beim Druckriesen Prinovis betont Sprecher Alexander Adler, gedruckte Medien werde es „immer“ geben. Substitutionseffekte durch neue Geräte seien bisher nicht absehbar. Auch Springer-Mann Christoph Keese mag noch nicht prognostizieren, ob Geräte wie das iPad Auflagenverluste der Printmedien beschleunigen:

Mehr als ein großes iPod Touch? Apples Tablet-Computer iPad weckt die Sehnsüchte der Medien, endlich im Internet Geld zu verdienen

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Apples i Pad – Die Verlage sind am Zug 5. Februar 2010

„Der Vertrieb gedruckter Medien muss sich in puncto Effizienz und Wirt-schaftlichkeit ebenso weiterentwickeln wie neue digitale Vertriebswege und Plattformen.“

Bleiben die Alternativen zum drohenden Oligopol der Plattform-An-bieter Apple, Amazon und Co. Bertelsmann und der konzerneigene Deutsche Pressevertrieb (DPV) entwickeln eine verlagsübergreifende Vermarktungsplattform für digitale Inhalte. Bewusst soll die Plattform ge-räteunabhängig funktionieren, sagt die Leiterin der DPV-Marktkommu-nikation, Suntka von Halen. Ziel sei, auf einer Website eine „breite Content- Mischung“ aller Kooperationspartner anzubieten. Welche Ver-lage mitmachen, will von Halen nicht sagen. Transparenz und Kontrolle über Inhalte und Kunden sind die Vorteile der DPV-Lösung. Ob diese, auch ohne schickes Gerät als Anreiz, allerdings eine überzeugende Ant-wort auf die Bedürfnisse der Leser findet, ist völlig offen.

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

L. KIRCHER, KIRCHERBURKHARDT (14. MAI)

„Viel ausprobieren“ Der Designer Lukas Kircher glaubt nicht an Faksimiles als Antwort der Verlage auf das iPad

L Lukas Kircher hat schon mal No-tizblöcke in der exakten Größes

eines iPads drucken lassen, inklusive gerundeter Ecken. Die hat der ge-schäftsführende Gesellschafter der Berliner Agentur KircherBurkhardt an seine Mitarbeiter verteilt, damit man sich das Format besser einprägen kann. Kircher arbeitet bereits für verschiede-ne Verlage an iPad-Konzepten, u.a. be-rät er die Axel Springer AG. Und auch für die Unternehmenskommuni kation sei das Apple-Gerät eine große Chan-ce. Was Verlage jetzt beachten müs-sen, sagt Kircher im Interview.kress: Was hat die Entwicklung einer iPad-App mit Innovation zu tun?

Lukas Kircher: Verlage haben einen riesigen Pool an Content. Den schmeißen sie auf einen Markt, auf dem Inhalte nun wirklich keine Man-gelware sind. Also muss man überlegen, wie man Einflugschneisen in seine Themen bekommt. Das ist das eigentlich Innovative. kress: Haben die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage das verstanden?Kircher: Deren größtes Thema ist gerade, wie sie Apple in den Griff be-kommen und wie sie kreative Usability rund um bestehende Inhalte ent-wickeln können, zum Beispiel lustige Blättereffekte. Aber das sind alles Infrastrukturdebatten. Die eigentliche Herausforderung ist, sich von dem Gedanken zu verabschieden, alle Inhalte in ein tolles neues Gerät stopfen zu wollen. Die Produktion von Faksimiles, also mehr oder weni-ger 1:1 Übertragungen bestehender Inhalte, ist aus meiner Sicht nichts für den Massenmarkt. kress: Wie sollen sich Verlage gegenüber Apple positionieren?Kircher: Es ist schon wichtig, Apple in Sachen Zensur und Monopolisie-rung des Vertriebswegs Paroli zu bieten. Aber ich erinnere daran, dass es schon einmal eine Phase gab, in der Zeitungsverlage gesagt haben: Das können wir besser. Das war vor 20, 30 Jahren. Es ging um Redaktionssys-

Rät zum Frühstückstisch-Test: Editorial Designer Lukas Kircher

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Lukas Kircher, KircherBurkhardt – „Viel ausprobieren“ 14. Mai 2010

teme. Eine Zeit lang ist es den Verlagen gelungen, integrierte Systeme zu schaffen, die besser als Standardlösungen waren. Doch die mussten ständig erweitert werden. Heute ist der Markt für Redaktionssysteme grandios zerfurcht von alten, proprietären Lösungen, die notdürftig ge-wartet herumlungern. Ein einziges Desaster. Die Industrie muss aufpas-sen, dass sie nicht nur über Distributionswege diskutiert. Der Kern von Innovationsarbeit in Verlagen ist das Produkt, nicht der Vertrieb.

„Als Bushaltestellenmedium zu schwer“kress: Wie geht es anders?Kircher: Einige Buchverlage haben das schon verstanden. Da gibt es zum Beispiel die App „The Elements“, in denen die chemischen Elemente nicht nur dargestellt werden, sondern der Nutzer kann sie auch drehen und untersuchen. In einem linearen Buch hätte ich niemals etwas über Kupfer gelesen, jetzt weiß ich alles darüber. Auch einigen Fachver lagen ist jetzt schon klar, dass sich die gedruckten Formate auf dem iPad vermi-schen. Wo genau ist der Unterschied zwischen einem kulinarischen Newsletter, einem kulinarischen Magazin und einem kulinarischem Fachbuch auf so einem Device? Dieser Debatte müssen sich Zeitungsver-lage jetzt auch stellen. Denke ich wieder stärker in Ausgaben, um mich vom Web zu differenzieren? Zerlege ich die Zeitung vielleicht in einzelne Funktionen? So entsteht inhaltliche Innovation. kress: Wie wichtig ist es zu wissen, in welchen Situationen das iPad ge-nutzt wird? Kircher: Extrem wichtig. Ein Bushaltestellenmedium ist es schon mal nicht, viel zu schwer. Aber es ist auch kein klassisches Second-Screen-Medium für die Couch oder das Bett. Ich verbeuge mich vor dem, der heute schon weiß, wie Tablet-PCs einmal genutzt werden. Denn ent-scheidend ist, wie Inhalte auf Nutzungssituationen hin erstellt werden. Das hat wiederum ganz starke Auswirkungen auf die Markenführung. kress: Werden alle nachrichtengetrie benen Medien, ähnlich wie bei Web-sites geschehen, auf dem iPad gleich aussehen? Kircher: Sie meinen, dass es quasi nur eine logische Übersetzung für das iPad gibt? Das glaube ich nicht. Der erste Schritt wäre für eine Zeitung, ei-nen PDF-Reader zu bauen. Der zweite, einen RSS-Feed mit „Feenstaub“ zu entwickeln, also veredelten Nachrichten. Im dritten Schritt kann man sich darauf konzentrieren, ganz andere Bedürfnisse der Leser zu befrie-digen. kress: Sollte jede Zeitung alle drei Schritte gehen? Kircher: Nicht unbedingt. Will man möglichst schnell am Markt sein, ja. Dann muss ich mit einer kastrierten Version rein in den Markt und dann nachhaken. Dann kann ich zum Beispiel, wie Wolfgang Fellner es bei sei-ner Zeitung „Österreich“ macht, das iPad für 199 Euro anbieten und dazu

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

ein Abo über zwei Jahre verkaufen. Für andere, vor allem nicht die ganz großen Marken, ist es eher sinnvoll, sich ausgeruht zu überlegen, was man den Lesern anbieten kann, das sie so heute nicht haben. Das wäre die Mehrwertstrategie. Was ich meinen Lesern dann anbiete, muss dop-pelt so gut sein wie die gedruckte Zeitung. Wenn ich am Frühstückstisch die gedruckte Ausgabe und das iPad nebeneinanderlege, muss die digita-le Version viel interessanter sein, um sich auch durchzusetzen. Denn die Leute lesen ja nicht weniger Zeitung, weil sie Papier nicht mögen. Die fühlen sich von den Inhalten überfordert oder haben schlicht keine Zeit mehr.

„Invest a little, learn a lot“kress: Wie komme ich auf diese einzigartigen neuen Inhalte?Kircher: Wir sagen immer – invest a little, learn a lot. Entwickeln Sie viele unterschiedliche Prototypen. Sie müssen selber ein Gefühl dafür entwi-ckeln können, ob eine Strategie auch wirklich beim Leser oder Anzeigen-kunden ankommt. Nehmen Sie beispielsweise die Wetterkarte, und bau-en Sie sie mit allen verfügbaren Daten für Ihre Region nach. Erschaffen Sie eine kleine Welt. Warum sollte man eine solche Anwendung dann nicht verkaufen können? kress: Und wie verkauft man Nachrichten auf dem iPad? Kircher: Darüber machen wir uns auch intensiv Gedanken. Wir entwi-ckeln Storytelling für das iPad. Wir nehmen dafür die Inhalte, die Verlage zu einem Thema haben, rühren sie neu zusammen und inszenieren sie. Im Internet haben multimediale Inhalte keine Benutzerführung. Für das iPad bauen wir wie früher Musterseiten kleine Apps, die zeigen, wie man eine Geschichte neu erzählen kann. Man kann zum Beispiel chronolo-gisch rangehen, Bilder nach einer Dramaturgie einbauen, Töne, Videos. Später kann man daraus Standardformate entwickeln, die in einem Re-daktionssystem zur Verfügung stehen. kress: Können Verlage mit dem Personal, das sie haben, das hinbekom-men?Kircher: No way (lacht). Verlage müssen einsehen, dass es ein Fehler war, visuelles Personal, also etwa Grafiker, zu killen. Und es rächt sich, dass sie die Blattmacher abgeschafft haben, weil sie die Redakteure die Seiten sel-ber bauen ließen. Jetzt gibt es nur noch wenig Leute, die Inhalte für ver-schiedene Medienformate orchestrieren können. Agenturen wie wir können diese Arbeit im Alltag aber nicht übernehmen. Wir sehen uns eher als Innovationslabor und Impulsgeber. kress: Wie können Verlage selber wieder zu Innovationslaboren werden?Kircher: Klassisches Management, das am grünen Tisch Ideen ausbrü-tet, ist ein Innovationskiller. Sie müssen viel ausprobieren. Sie müssen möglichst viele Leute im Haus mit den neuen Produkten in Berührung

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Lukas Kircher, KircherBurkhardt – „Viel ausprobieren“ 14. Mai 2010

bringen. Sie müssen Ideen visualisieren und dann zuspitzen, zuspitzen, zuspitzen.kress: Sollte nicht jeder Redakteur von seinem Arbeitgeber ein iPad oder ein vergleichbares Produkt bekommen?Kircher: Das wäre fantastisch. Es gibt ja eigentlich keine technische Re-volution, sondern eine kulturelle. Sie müssen die Leute mitnehmen. Ich fürchte nur, es wird laufen wie im Internet und einen Rückschlageffekt geben. Die Verlage werden zu schnell mit reinen Faksimiles in den Markt gehen. In der Hoffnung, dass sich das schon verkaufen wird und die An-zeigen nur so reinprasseln. Falls das dann nicht so kommt, werden die In-novationsfeinde den Ton angeben.kress: Welchen Einfluss werden Tablets auf die Entwicklung des Internet haben?Kircher: Ich habe eine stille Hoffnung. Wir haben im Netz zu früh gesagt, dass Google das Maß der Dinge ist. Darum haben wir es dort mit gleich-förmigen, usability-optimierten Textarchiven zu tun. Alles ist der techni-schen Machbarkeit und den Suchmachinen unterworfen. Ein Device wie das iPad drängt sich geradezu auf, um Geschichten wieder blattmacheri-scher zu erzählen. Ein Abstrahleffekt wäre für das Internet gut. kress: Es könnte aber auch sein, dass es im Netz bald inhaltsärmer zugeht, weil Tablets mehr Erlöse versprechen. Kircher: Ich fürchte, das ist eine legitime Sichtweise.

KIRCHERBURKHARDT

Geschichtenerzählerb KircherBurkhardt ist eine der führenden deutschen Medienagenturen für

Editorial Design und Corporate Publishingb Geschäftsführer sind Lukas Kircher, Rainer Burkhardt, Andreas Schulte, Frank

Kluge und Burkhard Tewinkel

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

M. ROLSTON, FROGDESIGN (6. AUGUST)

„Mobile ist das neue Leben“Mark Rolston, Chefkreativer von frogdesign, über Tablets, die Zukunft des Journalismus und die Magie der Daten

L Mark Rolston nennt sich und sei-ne Kollegen ungern Designer.

„Das wäre so, als ob man sich freiwillig in eine zu kleine Schachtel steckt“, sagt der Chefkreative von frogdesign. Die 1969 vom legendären Designer Hart-mut Esslinger im Schwarzwald ge-gründete Firma, heute mit Firmensitz in San Francisco, hat just ein Büro in München eröffnet. Rolston hat sich für sechs Wochen dort einquartiert und genießt es, seine Kunden in der Innen-stadt zu treffen. „Wir werden hier einen Fußabdruck hinterlassen“, verspricht er im Interview.kress: Frogdesign hat sein Deutschland-büro gerade nach München verlegt. Wa-rum dorthin?

Mark Rolston: Ursprünglich hatte frog seinen Sitz in Altensteig im Schwarzwald. Später zogen wir nach Herrenburg außerhalb von Stutt-gart. In solchen Regionen fehlt aber letztlich das kreative Talent. Wir ha-ben uns mehrere mögliche Standorte angeschaut: Düsseldorf/ Köln, Ber-lin und München. Schließlich haben wir uns für München entschieden. Es war eine knappe Entscheidung.kress: Ihre Firma berät Markenunternehmen. Welche Rolle spielen Me-dien in ihrer Kundenliste?Rolston: Wir beraten einige Medienunternehmen, z.B. Condé Nast oder MTV. Aber ehrlich gesagt ist das nicht unsere Hauptkundenbasis. Klassi-sche Medienunternehmen sind noch sehr auf die Erstellung und den Konsum von Inhalten konzentriert und weniger auf die Verbreitung von Medien. Wir sind vor allem auf solche Vertriebs-Innovationen aus. Wenn wir bessere Tablet-Computer entwickeln, werden die Medien davon auch profitieren.kress: Was gleich zur Frage führt: Sind Tablets wie das iPad gut für die Me-dienbranche?

Unabhängiger Beobachter: Mark Rolston, Chief Creative Officer von frogdesign in San Francisco

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Mark Rolston, frogdesign – „Mobile ist das neue Leben“ 6. August 2010

Rolston: Das iPad ist die Fortsetzung der Datenverarbeitung (im Origi-nal: „Computing“, die Red.), die vor 30 Jahren begann. Einerseits. Ande-rerseits bedeutet das iPad schon eine fundamentale Verschiebung, die Medien für sich nutzen müssen. Sie hätten diese Entwicklung übrigens schon lange vorhersehen können. Das Tablet ist die konsequente und einfachste Form des Computers, denn es gleicht einem Stück Papier.kress: Wie kann die Branche diese neue Geräteklasse für sich nutzen?Rolston: Erstmals können Menschen die Stärke eines Rechners auf eine super-lässige Art und Weise nutzen. Ich sehe das selber an mir. Du sitzt zu Hause mit dem Ding, und du befindest dich in einem aufgeschlossenen, wissbegierigem Modus. Was kann ich lesen? Du schaust nach etwas, was du lesen kannst – ganz so, wie du einen Fernseher anschaltest und nach einem Kanal suchst. Also anders als bei einem Computer, den du eigent-lich nur anschaltest, wenn du ein spezifisches Problem oder eine Aufga-be hast. Medienunternehmen müssen sich nun mit diesem Medium ver-traut machen, seine Sprache sprechen.

„Legt mehr Wert auf das Erlebnis“kress: Wie macht man das, die Sprache des Tablet sprechen lernen?Rolston: Zum einen müssen dazu die einzelnen Plattformen, die es ge-ben wird, auf einen gemeinsamen Standard gebracht werden, damit die Entwicklungskosten nicht zu hoch ausfallen. Das wird geschehen. Es wird dazu jeden Monat einfacher, ein digitales Magazin zu produzieren. Doch dann müssen Medien auch Risiken eingehen. Ob nun „Wired“ oder „Time“, alle experimentieren. Wir alle müssen zu leidenschaftlichen Stu-denten werden. Wenn neue Werkzeuge erfunden werden, sind die Ge-winner der Entwicklung immer diejenigen, die sich am meisten mit die-sem Werkzeug beschäftigen. Sie sortieren die guten Ideen von denen, die nicht funktionieren. Das ist eine alte Geschichte.kress: Wie können Medienunternehmen Innovation fördern?Rolston: Es gibt zwei Ansätze. Der eine ist, Informationen mehr Wert zu geben und sie über verschiedene Medien hinweg verfügbar zu machen. Apple hat nicht viel anders gemacht als andere Unternehmen, die auch Musik und Filme verkaufen wollten. Aber Apple hat diese Inhalte über ei-ne große Zahl von Punkten zugänglich gemacht. Zugang bekam einen positiven Wertbeitrag an sich. Medien können das ähnlich machen.kress: Und der zweite Ansatz?Rolston: Legt mehr Wert auf das Erlebnis selbst! Verbindet die Inhalte der Medien mit den Möglichkeiten, diese Inhalte darzustellen. Auf dem iPad sehen selbst gewöhnliche Websites viel schöner und wertvoller aus. Auch, weil man beim Lesen vielleicht gemütlicher sitzt als am Schreib-tisch. Das Gleiche gilt für Amazons Kindle. Zugangsmöglichkeiten zu In-halten und die Bereicherung des Erlebnisses, das Nutzer mit den Inhal-

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Kapitel 1 Digitale Innovation – ein Anfang

ten haben – damit brauchen Medienunternehmen Hilfestellungen.kress: Dazu braucht es mehr als Journalisten, oder?Rolston: Es werden mehr Teilnehmer am Tisch sitzen, ja. Nicht nur mehr Journalisten.kress: Medienunternehmen werden mehr Software-Spezialisten und Ent-wickler einstellen müssen.Rolston: Ja, auch wenn sie zunächst eine Ablenkung von der eigentlichen Arbeit der Journalisten darstellen sollten. Aber es ist so - Medienunter-nehmen müssen selbst zu einem Teil Software werden.kress: Sie haben in einer Rede im Frühjahr gesagt, dass Menschen sich auf dem Weg befänden, selber zu Computern zu werden. Können Sie das erklä-ren?Rolston: Gerne, es ist wirklich faszinierend. Der Umgang mit Computern ist seit jeher an eine Reihe von sinnlichen Aufforderungen (englisch: „af-fordances“, die Red.) gebunden. Das Nutzererlebnis wird von den Mitteln bestimmt, mit denen wir dieses Erlebnis herbeiführen. Mit anderen Wor-ten: Was wir mit dem Computer machen und wie wir ihn erleben, wird von unseren Fähigkeiten bestimmt, mit denen wie die Tastatur, die Maus, den Bildschirm bedienen. Die Inhalte, auch die von Medien, mit denen wir uns beschäftigen wollen, sind zunächst hinter diesen Steuerungsauf-forderungen versteckt. Um zu ihnen zu gelangen, muss man sich erst ein-mal durchkämpfen. Das Internet war dann schon mal eine große Hilfe. Der Anteil von Inhalten gegenüber Steuerungsaufforderungen ist viel größer geworden.kress: Aber man muss natürlich immer noch durch das Netz navigieren, mit Tastatur und Maus.Rolston: Ja. Wir beide führen gerade ein Gespräch. Kein Computer steht zwischen uns. Wenn einer von uns beiden jetzt einen Computer benut-zen wollte, müsste er aus der Jetzt-Situation heraustreten. Er würde zwi-schen tatsächlichem Leben und Computer-Leben wechseln. Denken Sie an ein Abendessen mit Freunden. Sie unterhalten sich über einen Schau-spieler. In welchen Filmen hat der noch mitgespielt? Alle versuchen, Ant-worten zu finden. Sie schauen unter dem Tisch auf ihrem Smartphone nach und sagen Ihren Freunden alle Filme. Dazu mussten Sie die Unter-haltung aber für eine Minute verlassen. Das Schöne am Smartphone ist, dass es solche Möglichkeiten zulässt, aber es ist immer noch ein anderer Modus, in dem wir uns bei der Benutzung befinden.kress: Das Ziel ist, dass es keinen anderen Modus mehr gibt?Rolston: Wir bewegen uns in eine Welt hinein, in der ein Austausch mit Computern viel mehr Teil des normalen Lebens wird. Ein Leben, das dem in den 1970er-Jahren ähnelt, als Computer noch keine Rolle für uns spielten. Die Magie der Datenverarbeitung wird sein, dass sie uns in dem Kontext, in dem wir uns gerade befinden, zugänglich ist. Das wird dazu

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Mark Rolston, frogdesign – „Mobile ist das neue Leben“ 6. August 2010

führen, das Menschen viel mehr Wissen miteinander teilen und eine Art gemeinsames Gehirn entwickeln.kress: Was bedeutet das für Medien?Rolston: Computer und deren Rechenleistung werden völlig in den Hin-tergrund treten. Medien werden interaktiv, dynamisch, multimedial, ab-fragbar – aber ohne Hürden zwischen Mensch und Maschine. Wir wer-den gar nicht über den Computer nachdenken, so wie wir heute nicht mehr über das Papier einer Tageszeitung nachdenken. Wir werden uns wieder vollkommen auf die Inhalte konzentrieren können. Der Zugang zu digitalen Medieninhalten ist noch vollkommen verheddert in anderen Dingen. Wie lange hält die Batterie? Hat das Smartphone UMTS oder nicht? Weiß ich, wie man eine Google-Suche erfolgreich durchführt?

„Die Medienbranche muß nach außen schauen“kress: Ist diese Entwicklung denn wirklich unausweichlich? So ein großes Geschäft sind mobile Medien ja eigentlich noch nicht, die Werbeumsätze sind bescheiden...Rolston: (atmet tief ein) Da bringen Sie zwei Gedanken durcheinander. Mobile ist das neue Leben für die Medien und für Computer. Es gibt kei-nen Unterschied zwischen der Entwicklung des Computers und der Zu-kunft der Datenverarbeitung sowie der Idee von Mobilität. An feste Orte gebundene Nutzungen von Rechnern werden weniger relevant werden. Dahin geht es darum auch für die Medienindustrie. Wenn nun die Wer-beumsätze ins Spiel kommen, dann hat das mit Menschen in der Bran-che zu tun, die unter Mobile zunächst kleine Telefone verstehen. Kleine Bildschirme und riesige Schwaden von Informationen lassen nun mal wenig Platz für Werbung. Medien müssen darum weiter daran arbeiten, dass Mobilität mehr und mehr eine hohe Wiedergabetreue von Inhalten bedeutet. Beim iPad können Sie sehen, in welche Richtung das geht. Das Mobiltelefon ist für das „Information snacking“ toll. Wenn Sie mehr Wie-dergabetreue brauchen, müssen Sie bessere Geräte entwickeln. Und wenn Sie eine höhere Wiedergabetreue erreicht haben, werden die Leute verstehen, warum sie dafür mehr bezahlen müssen – entweder, indem sie mehr Werbung auf das Gerät gespielt bekommen oder weil sie selber direkt für solche Inhalte bezahlen.kress: Glauben Sie denn, dass es der Medienindustrie gelingt, diesen Kurs einzuschlagen?Rolston: Die Medienbranche muss zunächst nach außen schauen. Sie muss Risiken eingehen, denn worauf will man noch warten, bis man um sein Überleben kämpft? Eine Garantie dafür, dass ihr Geschäftsmodell überlebt, gibt es nicht. Einige Unternehmen werden verschwinden. Der Optimist in mir sagt aber, dass guter Journalismus am Ende gewinnen wird. Ein Beispiel?

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