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Erläuterungstext - Globale Nachbarn Aufgrund der vielzähligen weltweiten Konflikte ist 2014 zum allerersten Mal seit den schrecklichen Geschehnissen des Zwei- ten Weltkriegs die Zahl der Flüchtlinge, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen auf weltweit über 50 Millionen gestiegen. Auch die Stadt Stuttgart ist mit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen und den damit einhergehenden Begleitumständen konfron- tiert und muss dementsprechend agieren. Einem Flüchtling stehen derzeit laut Gesetz 4,5 Quadratmeter zur Verfügung. Für spärlichen, aber existenziellen Wohnraum ist also mit dieser Mindestverordnung gesorgt. Jedoch fehlen auch weiterhin Regelungen und Ansätze, um das übrige Woh- numfeld der Asylsuchenden klar zu definieren. Die Flüchtlinge sind in Deutschland mit zahlreichen Problemen konfrontiert. So stellt vor allem die Sprachbarriere oftmals ein großes Hindernis dar sowie das vollständige Arbeitsverbot während des ersten Jahres in Deutschland. Aber auch die Regelung des Nachrangigkeitsprinzips, die verordnete Residenzpflicht und das Ausbil- dungsverbot bilden nur schwerlich zu überwindende Hindernisse. In Konsequenz hiervon erwartet die Flüchtlinge in Deutsch- land oft nichts außer Monotonie, Diskriminierung, Hoffnungslosigkeit und Isolation, was auch zur Bildung von Parallelgesellschaften innerhalb der Stadtbevölkerung beiträgt. Vorrangige Ziele unserer Diplomarbeit sind die Verbesserung der Wohnsituation von Flüchtlingen, die Normalisierung ihrer Lebensumstände, Erleichterung des Arbeitszugangs und Verbesserung ihrer mangelhaften Integration in die Gesellschaft. Aus diesem Grund ist unser Neubau gezielt in das bisherige städtebauliche Umfeld eingegliedert. Das Grundstück unserer Diplomarbeit ist das Züblin-Areal im Stuttgarter Leonhardsviertel. Unser Konzept offeriert einen Wohnblock mit normalen Wohnungstypologien für Familien, Singles und Paare. In diesem Wohnblock ist das Asylwohnen integriert (nicht im ganzen Block, sondern integriert in den zur Webergasse gerichteten Teil). Im Erdgeschoss des Asylteils befinden sich die Werkstätten, in denen die Flüchtlinge Arbeit finden und auch grundständig ausgebildet werden können. Dem Asylkomplex gegenüberliegend befindet sich das Hostel-Kulturhaus. Eigentlich fungiert dieses Hostel als eine Art Mixtur zwischen einem klassischen Hostel und einem progressiven Kulturhaus. Die Begegnung der Akteure findet in unserem Konzept auf drei Ebenen statt: 1) Kontakt über den gemeinschaftlichen Hof 2) Begegnung auf dem offenen Straßenraum Dieser erfolgt über die Werkstätten oder in der Gasse. Auf diese Weise entsteht über die Nutzung der angebotenen Dienst- leistungen eine enge Verknüpfung mit der Nachbarschaft, was zu einer erhöhten Akzeptanz der Asylbewerber unter der ange- stammten Bevölkerung führt. 3) Begegnung in den Gemeinschaftsräumen Im Hostel-Kulturhaus gibt es Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Nutzung für Flüchtlinge, Hostelgäste und die Nachbar- schaft. Es kommt dort zu einem intensiven Austausch und zu alltäglichen Begegnungen dieser Personengruppen. N A C H B A R N G L O B A L E

Erläuterungstext - Globale Nachbarn G L O B ALE N · PDF fileSt dtebau Z blinareal - Bohnenviertel und Leonhardsviertel Finanzierung Drei Akteure: Investor - Tr ger - Stadt N Globale

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Page 1: Erläuterungstext - Globale Nachbarn G L O B ALE N · PDF fileSt dtebau Z blinareal - Bohnenviertel und Leonhardsviertel Finanzierung Drei Akteure: Investor - Tr ger - Stadt N Globale

Erläuterungstext - Globale Nachbarn

Aufgrund der vielzähligen weltweiten Konflikte ist 2014 zum allerersten Mal seit den schrecklichen Geschehnissen des Zwei-

ten Weltkriegs die Zahl der Flüchtlinge, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen auf weltweit über 50 Millionen gestiegen.

Auch die Stadt Stuttgart ist mit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen und den damit einhergehenden Begleitumständen konfron-

tiert und muss dementsprechend agieren.

Einem Flüchtling stehen derzeit laut Gesetz 4,5 Quadratmeter zur Verfügung. Für spärlichen, aber existenziellen Wohnraum

ist also mit dieser Mindestverordnung gesorgt. Jedoch fehlen auch weiterhin Regelungen und Ansätze, um das übrige Woh-

numfeld der Asylsuchenden klar zu definieren. Die Flüchtlinge sind in Deutschland mit zahlreichen Problemen konfrontiert. So

stellt vor allem die Sprachbarriere oftmals ein großes Hindernis dar sowie das vollständige Arbeitsverbot während des ersten

Jahres in Deutschland. Aber auch die Regelung des Nachrangigkeitsprinzips, die verordnete Residenzpflicht und das Ausbil-

dungsverbot bilden nur schwerlich zu überwindende Hindernisse. In Konsequenz hiervon erwartet die Flüchtlinge in Deutsch-

land oft nichts außer Monotonie, Diskriminierung, Hoffnungslosigkeit und Isolation, was auch zur Bildung von

Parallelgesellschaften innerhalb der Stadtbevölkerung beiträgt.

Vorrangige Ziele unserer Diplomarbeit sind die Verbesserung der Wohnsituation von Flüchtlingen, die Normalisierung ihrer

Lebensumstände, Erleichterung des Arbeitszugangs und Verbesserung ihrer mangelhaften Integration in die Gesellschaft. Aus

diesem Grund ist unser Neubau gezielt in das bisherige städtebauliche Umfeld eingegliedert.

Das Grundstück unserer Diplomarbeit ist das Züblin-Areal im Stuttgarter Leonhardsviertel. Unser Konzept offeriert einen

Wohnblock mit normalen Wohnungstypologien für Familien, Singles und Paare. In diesem Wohnblock ist das Asylwohnen

integriert (nicht im ganzen Block, sondern integriert in den zur Webergasse gerichteten Teil). Im Erdgeschoss des Asylteils

befinden sich die Werkstätten, in denen die Flüchtlinge Arbeit finden und auch grundständig ausgebildet werden können.

Dem Asylkomplex gegenüberliegend befindet sich das Hostel-Kulturhaus. Eigentlich fungiert dieses Hostel als eine Art Mixtur

zwischen einem klassischen Hostel und einem progressiven Kulturhaus.

Die Begegnung der Akteure findet in unserem Konzept auf drei Ebenen statt:

1) Kontakt über den gemeinschaftlichen Hof

2) Begegnung auf dem offenen Straßenraum

Dieser erfolgt über die Werkstätten oder in der Gasse. Auf diese Weise entsteht über die Nutzung der angebotenen Dienst-

leistungen eine enge Verknüpfung mit der Nachbarschaft, was zu einer erhöhten Akzeptanz der Asylbewerber unter der ange-

stammten Bevölkerung führt.

3) Begegnung in den Gemeinschaftsräumen

Im Hostel-Kulturhaus gibt es Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Nutzung für Flüchtlinge, Hostelgäste und die Nachbar-

schaft. Es kommt dort zu einem intensiven Austausch und zu alltäglichen Begegnungen dieser Personengruppen.

NA C H B A R N

G L O B A L E

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Vaihingen

Möhringen

Plieningen

Sillenbuch

Wangen

Hedelfingen

Untertürkheim

ObertürkheimOst

Mitte

Süd

WestBotnang

NordFeuerbach

Weilimdorf

Zuffenhausen

Stammheim

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Bad Cannstatt

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Birkach

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StuttgartNürnberg

München

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Köln

Hamburg

Berlin

Leipzig

Dresden

38,642,7

36,233,2

32,531,6

27,523,9

7,97,5

Willkommenskultur

“Jeder der in Stuttgart lebt, ist Stuttgarter”

Workshop

Wohnsituation - Arbeitssituation - Ausbildung - Integration

Globale Nachbarn Flüchtlinge in StuttgartNA C H B A R N

G L O B A L E

1

Die Stadt Stuttgart wird oftmals als „Vorzeigestadt in Sachen Integrationspolitik“ genannt.Das ist nicht verwunderlich wenn man in Betracht zieht, dass dort Menschen aus 170 Nationen leben und der Anteil an Migranten fast doppelt so hoch ist wie in der Hauptstadt Berlin.

Die progressive „Stuttgarter Willkommenskultur“ zeichnet sich auch im Umgang mit Flüchtlingen aus. So ist der Stadt sehr daran gelegen, die Flüchtlinge dezentral auf alle Stadt-bezirke zu verteilen, so dass jeder Stadttteil Verantwortung zeigen muss.Freie Träger wie zum Beispiel die Caritas oder auch die Arbeiterwohlfahrt ermöglichen hierbei eine adäquate und intensive Betreuung in den Unterkünften.&IM�2IYKV�RHYRKIR�ZSR�*P�GLXPMRKWLIMQIR�IRXWXILIR�LmY½K�WSKIRERRXI�*VIYRHIWOVIMWI���in denen sich Ehrenamtliche engagieren, um den Asylbewerbern eine möglichst schnelle Integration in der neuen Nachbarschaft zu ermöglichen.

Ein weiterer Pluspunkt der Willkommenskultur in der Landeshauptsadt sind die zusätzli-chen Sachleistungen, welche die Flüchtlinge jeden Monat zur Verfügung gestellt bekommen. In anderen deutschen Aufnahmestädten erhalten die Asylbewerber lediglich Lebensmittel-pakete.

„Einem Flüchtling stehen 4,5m2 Wohnraum zu einem Hund 10m2“

„Unzureichendes Sprachkursangebot in den Unterkünften“

„Das Arbeitsverbot ist sehr deprimierend“

„Nachrangingkeitsprinzip bei der Arbeitssuche“

„Arbeit ist wichtig für ein besseres Selbstwertgefühl, für die Schaffung von Identität und die Knüpfung von sozialen Kontakten“

„Potential in der handwerklichen Ausbildung, da keine erweiterten Sprachkenntnisse notwendig sind“

„Heterogenität als Potential nutzen (Kochkurse, Handwerkskurse)“

„Lokal handeln, global denken“Die erworbenen Kenntnisse können im Heimatland im Fall der Abschie-bung/Rückkehr angewendet werden (bessere Chancen im Heimatland, UYEPM½^MIVXI�%VFIMXWOVmJXI

Dezentrale

Unterbringung

Hausleitung &

Hausbetreuung

in einer Hand

Trägerschaft

Rückkehrberatung

Geld statt

Pakete

Freundeskreise

“Jeder, der in Stuttgart lebt,

ist Stuttgarter”

- unabhängig vom Pass oder Herkunft.

Kulturelle Unterschiede werden

respektiert, entscheidend ist jedoch das

eigene Engagement für das Allgemein-

wohl in der Stadt.

Willkommenskultur

In Stuttgart untergebrachte Flüchtlinge 2013

Vom Land Stuttgart zugewiesen 2013 Bereits aufgenommen 01/2014 - 05/2014

2012 - 2013

FlüchtlingeMigranten in Großstädten in % | 2011

Deutsche

Migranten

Flüchtlinge/Einwohner

Plan 2014

Einwohnerzahlen Stuttgart 2013

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Städtebau

Züblinareal - Bohnenviertel und Leonhardsviertel

Finanzierung

Drei Akteure: Investor - Träger - Stadt

Globale Nachbarn Städtebau NA C H B A R N

G L O B A L E

Unser Konzept offeriert einen Wohnblock

mit normalen Wohnungstypologien für

Familien, Singles und Paare. In diesem

Wohnblock ist das Asylwohnen integriert.

Durch die Fortführung der Webergasse

über das Grundstück werden das Leon-

hards-und Bohnenviertel wieder mitein-

ander verknüpft.

Um eine städtebaulich, klare Struktur zu

schaffen, werden die Achsen der Straßen-

kanten aufgenommen.

Investor Preiswertes Wohnen

Träger Neue und zentraleAsylunterkünfte

Stadt Kutur und Bildung

Wohnungsblock

Asylkomplex

Hostel

Aufnahme der Achsen Integration des Asylkomplex Fortführung der Webergasse

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Das Züblin-Areal

Das Züblin-Areal, unser Grundstück, liegt im südlichen Teil des Stadtbezirks Stuttgart Mit-te an der Grenze zwischen dem Leonhards- und dem Bohnenviertel. Hier treffen verschie-denste Stadtwelten und Milieus aufeinander. Das Parkhaus, das derzeit noch auf dem Areal steht, trennt die beiden Altstadtviertel von-einander.Spätestens 2023 soll dieses Parkhaus abgerissen und der Stadtraum neubeplant werden. Wir haben dieses Grundstück bewusst ausgewählt, da es einerseits zentral in der 7XEHX�PMIKX��EFIV�HIRRSGL��FIV�IMRIR�H}V¾MGLIR�YRH�LERH[IVOPMGLIR�'LEVEOXIV�ZIVJ�KX���Wir hoffen, dass die Flüchtlinge dort besonders gut in die Gemeinschaft des Stadtviertels eingebunden werden können.

Die Finanzierung

Auch die Finanzierung des Projekts ist selbstredend ein zentraler Aspekt. Träger des nor-malen Wohnblocks ist die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG).Als Finanzier des Asylkomplexes könnte beispielsweise die Caritas fungieren. Die anfal-lenden Kosten für die kulturellen Einrichtungen sowie für das Hostel könnte die Stadt Stuttgart übernehmen.

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Symbiose zwischen Asylunterkunft &

Hostel-Kulturhaus

Im Erdgeschoss des Asylkomplex befinden sich Werkstätten, in denen die Flüchtlinge arbeiten können.

Dem Asylkomplex gegenüberliegend steht das Hostel-Kulturhaus. In diesem befinden sich unter anderem auch die Seminarräume für den Sprachkursunterricht, ein Internet-café, ein Waschsalon und Gastronomie.

Durch die gemeinschaftliche Nutzung der gemeinsamen Einrichtungen, durch Flüchtlinge und Hostelgäste und Nachbarschaft kommt es zu einem intensiven Austausch und zu alltäglicher Begegnung der Personengruppen.

In den Seminarräumen können alle Interessierten an den von den Flüchtlingen gehaltenen kulturellen Veranstaltungen, wie Tanz-, Sprach- oder auch Kochkursen, teilnehmen.Auch auf diese Weise findet ein gegenseitiger Austausch statt und die Flüchtlinge können zudem noch ihre eigene Kultur präsentieren, was sowohl für sie als auch für die Zuhörer einen absoluten Gewinn darstellt.

Globale Nachbarn Werkstattgasse - ErdgeschosszoneNA C H B A R N

G L O B A L E

Fahrradwerkstatt Töpferei Floristik Nähwerkstatt Backmanufaktur

3 M 1:400

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Typlogie für Paare und WG Typlogie für Familien Notfallunterkünfte im DachgeschossGemeinschaftliche Nutzungen im

Hostel Kukturhaus

Globale Nachbarn Wohnungstypologien für Flüchtlinge NA C H B A R N

G L O B A L E

Für die Flüchtlinge werden folgende Wohnungstypologien angeboten: Einheiten für Fami-lien, Einheiten für Paare und Wohngemeinschaften für Alleinstehende. Bei den Typologi-en haben wir ein Tag-Nacht System entwickelt um den minimalen Platz bestmöglich auszunutzen.

Die Wohnungen werden auf einem erhöhten Podest betreten. In den privaten Schlafein-heiten können untertags die Betten unter das Podest geschoben werden und ein Schreib-tisch ausgeklappt werden. Im Wohnbereich der Paare und Wohngemeinschaften können am Tag die Klapptische zum Essen genutzt werden und abends kann man zum gemütli-chen Beisammensein Sessel und eine Couch unter dem Podest hervorholen.

Zudem werden im Dachgeschoss Einheiten als Notfallunterkünfte zurückgehalten. Denn die Stadt Stuttgart benötigt häufig oft sehr kurzfristig Unterkünfte für Flüchtlinge, die unmittelbar und unerwartet angekommen sind und kurzzeitig schnellstmöglich unterge-bracht werden müssen.

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