2
DOI: 10.1111/j.1610-0387.2010.07304.x Akademie 301 © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2010/0804 JDDG | 4 ˙ 2010 (Band 8) Anamnese Eine 45-jährige Patientin bemerkte vor 3 Jahren am rechten Oberarm eine anfangs verrucöse, symptomlose gerötete Hautveränderung mit langsamer Größenzunahme. Bei gutem Allgemeinzustand bestand kein Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder Fie- ber. Es waren keine Vorerkrankungen bekannt. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich ein 8 7 cm großer, 3 cm erhabener gut verschieblicher, nicht druckdolenter, derber knotiger Tumor. Cervical links war ein nicht druckdolenter, verschieblicher Lymphknoten palpabel (Abbildung 1, 2). Diagnostik Lymphknotensonographie: cervical 16,5 5,8 15,9 mm großer, am ehesten reak- tiv veränderter Lymphknoten. Röntgen Thorax in 2 Ebenen: Altersentsprechender, regelrechter Herz-, Lungen- und Gefäßbefund. Oberbauchsonographie: unauffällig. Therapie und Verlauf Nach bioptischer Sicherung wurde der Tumor in Lokalanästhesie unter mikrographi- scher Schnittrandkontrolle excidiert und der Defekt nach Sicherstellung von Tumor- freiheit in den Excisionsrandabschnitten mittels Spalthauttransplantat verschlossen. Histologie: Hämatoxylin-Eosin Asymmetrische, ausgedehnte knotige Durchsetzung des gesamten oberen, mittleren und unteren Coriums sowie des subkutanen Fettgewebes durch dicht zusammengepackte storiform angeord- nete spindelzellige Verbände. Bei höherer Vergrößerung einige atypische Mitosen. Immunhistologische Zusatzuntersuchungen Anti-CD 34-Antikörper: Klon Q Bend 10 und my 10/HPCA-1 sehr starke Posi- tivität, negativ für Glattmuskel-Aktin und Faktor 13a. Diagnosequiz Erythematöser langsam wachsender knotiger Tumor Erythematous slowly growing nodular tumor Annette Römer, Alexander Enk, Wolfgang Hartschuh Hautklinik Universitätsklinikum Heidelberg Ihre Diagnose? . . . >>> Abbildung 1: Derber, knotiger Tumor am rechten Oberarm. Abbildung 2: Histopathologie: HE-Färbung mit storiform angeordneten spindelzelligen Verbänden.

Erythematöser langsam wachsender knotiger Tumor

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Erythematöser langsam wachsender knotiger Tumor

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2010.07304.x Akademie 301

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2010/0804 JDDG | 4˙2010 (Band 8)

AnamneseEine 45-jährige Patientin bemerkte vor 3 Jahren am rechten Oberarm eine anfangsverrucöse, symptomlose gerötete Hautveränderung mit langsamer Größenzunahme.Bei gutem Allgemeinzustand bestand kein Gewichtsverlust, Nachtschweiß oder Fie-ber. Es waren keine Vorerkrankungen bekannt. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich ein 8 � 7 cm großer, 3 cm erhabener gutverschieblicher, nicht druckdolenter, derber knotiger Tumor. Cervical links war einnicht druckdolenter, verschieblicher Lymphknoten palpabel (Abbildung 1, 2).

DiagnostikLymphknotensonographie: cervical 16,5 � 5,8 � 15,9 mm großer, am ehesten reak-tiv veränderter Lymphknoten. Röntgen Thorax in 2 Ebenen: Altersentsprechender, regelrechter Herz-, Lungen- undGefäßbefund. Oberbauchsonographie: unauffällig.

Therapie und VerlaufNach bioptischer Sicherung wurde der Tumor in Lokalanästhesie unter mikrographi-scher Schnittrandkontrolle excidiert und der Defekt nach Sicherstellung von Tumor-freiheit in den Excisionsrandabschnitten mittels Spalthauttransplantat verschlossen.

Histologie: Hämatoxylin-EosinAsymmetrische, ausgedehnte knotigeDurchsetzung des gesamten oberen,mittleren und unteren Coriums sowiedes subkutanen Fettgewebes durch dichtzusammengepackte storiform angeord-nete spindelzellige Verbände. Beihöherer Vergrößerung einige atypische Mitosen.

ImmunhistologischeZusatzuntersuchungen Anti-CD 34-Antikörper: Klon Q Bend10 und my 10/HPCA-1 sehr starke Posi-tivität, negativ für Glattmuskel-Aktinund Faktor 13a.

Diagnosequiz

Erythematöser langsam wachsender knotiger Tumor

Erythematous slowly growing nodular tumor

Annette Römer, Alexander Enk, Wolfgang HartschuhHautklinik Universitätsklinikum Heidelberg

Ihre Diagnose? . . . >>>

Abbildung 1: Derber, knotiger Tumor amrechten Oberarm.

Abbildung 2: Histopathologie: HE-Färbung mit storiform angeordneten spindelzelligen Verbänden.

Page 2: Erythematöser langsam wachsender knotiger Tumor

>>> Diagnose:Dermatofibrosarcoma protuberans

302 Akademie

JDDG | 4˙2010 (Band 8) © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2010/0804

DiskussionDas Dermatofibrosarcoma protuberansist das häufigste an der Haut auftretendelow-grade Sarkom, insgesamt jedoch einsehr seltener Tumor (unter 1 pro 100.000Einwohner/Jahr). Der aus Fibroblastenbestehende kutan-subkutane Bindege-webstumor neigt zu häufigen Lokalrezi-diven, metastasiert jedoch sehr selten indie locoregionären Lymphknoten oderLunge. Er entsteht bevorzugt im mittle-ren Lebensalter, jedoch sind Tumorenauch bei Kindern beschrieben [1]. DieInzidenz ist für Männer und Frauengleich hoch. Das klinische Erscheinungs-bild ist initial oft uncharakteristisch. An-fangs bilden sich häufig plaqueförmigeInfiltrate, im Verlauf hautfarbene bisbräunliche weiche bis derbe Knoten.Diese sind meist über Jahre asymptoma-tisch. Jahrzehntelange Verläufe bis zurDiagnosestellung sind nicht ungewöhn-lich. Prädilektionsstellen sind der Kör-perstamm, gehäuft prästernal, sowie dieproximalen Extremitäten [2, 3].Histologisch finden sich typische stori-forme bis wirbelig-fischzugartig ange-ordnete spindelförmige recht monomor-phe Tumorzellen mit vereinzeltenMitosen. Die Tumorinfiltration reichtmeist weit in das subkutane Fettgewebehinein und kann auch Muskulatur undKnochen erfassen. Die Therapie der Wahl ist die Operationmit mikrographischer Schnittrandkon-trolle. Die Rezidivraten können hiermitauf ca. 2 % gesenkt werden, im Vergleichzur konventionellen Excision mit 10–60 %-iger Rezidivrate. Alternativ ist eineRadiatio mit 50–70 Gy bei inoperablenoder metastasierten Tumoren möglich[7, 8, 9, 10].Die Tumornachsorge sollte in den ersten5 Jahren halbjährlich erfolgen um Lokal-rezidive und Lymphknotenmetastasenggf. frühzeitig zu erkennen.

Bisher sind keine exogenen Risikofakto-ren für die Entstehung des Dermatofi-brosarcoma protuberans bekannt. Eszeigten sich aber in molekularen Unter-suchungen gehäuft Translokationen desChromosoms 17 und 22 (17q22;22q13). Daraus resultiert eine Fusiondes PDGFß kodierenden Gens (zellulä-rer Wachstumsfaktor) mit einem Kolla-gen kodierenden Gen (COL1A1). Bin-det dieses an PDGFß-rezeptoren vonDermatofibrosarcomzellen führt dies zueiner autokrinen Wachstumsstimulationder Tumorzellen [3, 4, 5].Eine Unterbrechung dieses PDGFß in-duzierten Wachstumsstimulus ist unteranderem durch PDGFß-Rezeptor hem-mende orale Tyrosinkinaseinhibitorenwie Imatinib (Glivec®) möglich [6] undstellt einen interessanten neuartigenTherapieansatz dar. In Einzelfällen ließsich eine Tumorremission erzielen.Weitere Studien sind sicherlich erforder-lich, um den Wert dieser neuartigen Ty-rosinkinaseinhibitorbehandlung absch-ließend beurteilen zu können. <<<

KorrespondenzanschriftDr. med. Annette RömerHautklinik, Universität HeidelbergVoßstr. 2D-69115 HeidelbergTel.: +49-6221-56-7011Fax: +49-6221-56-5406E-Mail: [email protected]

Literatur1 Jafarian F, McCuaig C, Kokta V,

Laberge L, Ben Nejma B. Pediatr Der-matol. Dermatofibrosarcoma protuber-ans in childhood and adolescence: re-port of eight patients. 2008 May-Jun;25(3): 317–25.

2 Gloster HM Jr. Dermatofibrosarcomaprotuberans. J Am Acad Dermatol.1996 Sep; 35 (3 Pt 1):355-374; quiz375-6. Review. Erratum in: J Am AcadDermatol 1997 Apr; 36 (4): 526.

3 Ugurel S. Dermatofibrosarcoma protu-berans. Hautarzt. 2008 Nov; 59 (11):933–9; quiz 940.

4 Simon MP, Pedeutour F, Sirvent N,Grosgeorge J, Minoletti F, Coindre JM,Terrier-Lacombe MJ, Mandahl N, Craver RD, Blin N, Sozzi G, Turc-Carel C,O’Brien KP, Kedra D, Fransson I, Guilbaud C, Dumanski JP. Deregulationof the platelet-derived growth factor B-chain gene via fusion with collagengene COL1A1 in dermatofibrosarcomaprotuberans and giant-cell fibroblastoma.Nat Genet. 1997 Jan;15 (1): 95–8.

5 Sirvent N, Maire G, Pedeutour F. Genetics of dermatofibrosarcoma pro-tuberans family of tumors: from ringchromosomes to tyrosine kinase inhibi-tor treatment. Genes ChromosomesCancer. 2003 May;37 (1): 1–19.

6 Handolias D, McArthur GA.. Imatinibas effective therapy for dermatofibros-arcoma protuberans: proof of conceptof the autocrine hypothesis for cancer.Future Oncol. 2008 Apr; 4 (2): 211–7.

7 Paradisi A, Abeni D, Rusciani A, CignaE, Wolter M, Scuderi N, Rusciani L,Kaufmann R, Podda M. Dermatofi-brosarcoma protuberans: wide local ex-cision vs. Mohs micrographic surgery.Cancer Treat Rev. 2008 Dec; 34 (8):728–36. Epub 2008 Aug 5.

8 Suit H, Spiro I, Mankin HJ, Efird J,Rosenberg AE. Radiation in manage-ment of patients with dermatofibrosar-coma protuberans. J Clin Oncol. 1996Aug; 14 (8): 2365–9.

9 Lemm D, Mügge LO, Mentzel T,Höffken K. Current treatment optionsin dermatofibrosarcoma protuberans. JCancer Res Clin Oncol. May 2009.

10 Wacker J, Khan-Durani B, HartschuhW. Modified Mohs micrographic surgeryin the therapy of dermatofibrosarcomaprotuberans: analysis of 22 patients. AnnSurg Oncol. 2004 Apr; 11(4): 438–44.