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FARBE UND LACK // 05.2019 22 FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EASY-TO-CLEAN Es war einmal ein Fingerabdruck … FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EIN NEUES OBERFLÄCHENADDITIV, DAS AUF EINEM FLUOR- MODIFIZIERTEN ACRYLAT-BLOCKCOPOLYMER BASIERT, WIRD VORGESTELLT. ANHAND ANALYTISCHER METHODEN UND APPLIKATIONSTESTS WERDEN EINBLICKE IN DIE EFFIZIENTE UND WITTERUNGS- BESTÄNDIGE MODIFIZIERUNG VON LACKOBERFLÄCHEN SOWIE DAS FUNDAMENTALE WIRKUNGSPRINZIP DIESER FLUORMODIFIZIERTEN OBERFLÄCHENADDITIVE GEWÄHRT. DIESES ADDITIVKONZEPT BIETET VIELFÄLTIGEN EINSATZ IN VERSCHIEDENEN LÖSUNGSMITTELBASIERTEN FORMULIERUNGSSYSTEMEN. Quelle: Syda Productions – stock.adobe.com

Es war einmal ein Fingerabdruck · mer omniphob machen und eine Vernetzung des Polymers innerhalb der Bindemittelmatrix ermöglichen ... phobe Charakter des Lackfilms mit einem Additivzusatz

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FARBE UND LACK / / 05.2019

22 FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EASY-TO-CLEAN

Es war einmal ein Fingerabdruck …

FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EIN NEUES OBERFLÄCHENADDITIV, DAS AUF EINEM FLUOR­MODIFIZIERTEN ACRYLAT­BLOCKCOPOLYMER BASIERT, WIRD VORGESTELLT. ANHAND ANALYTISCHER

METHODEN UND APPLIKATIONSTESTS WERDEN EINBLICKE IN DIE EFFIZIENTE UND WITTERUNGS­BESTÄNDIGE MODIFIZIERUNG VON LACKOBERFLÄCHEN SOWIE DAS FUNDAMENTALE WIRKUNGSPRINZIP

DIESER FLUORMODIFIZIERTEN OBERFLÄCHENADDITIVE GEWÄHRT. DIESES ADDITIVKONZEPT BIETET VIELFÄLTIGEN EINSATZ IN VERSCHIEDENEN LÖSUNGSMITTELBASIERTEN FORMULIERUNGSSYSTEMEN.

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Ergebnisse auf einen Blick

– Es wurde ein neues Additiv zur dauerhaften Funktionalisierung von Lackoberflächen basierend auf fluormodifizierten Acrylat-Blockcopolymeren mit bindemittelreaktiven Gruppen entwickelt.

– Das sehr variable Additivkonzept erlaubt durch Anpassung der Po-larität den Einsatz in einer breiten Auswahl an lösemittelbasierten Lacksystemen.

– Die Blockstrukturen erlauben eine hydrophobe Modifizierung von Lackoberflächen mit sehr geringen Oberflächenenergien bereits bei geringen Additivmengen.

– Hohe Bewitterungsstabilität des Oberflächeneffektes: Beibehal-tung einer Oberflächenhydrophobizität während Schnellbewitte-rung auf einem höheren Niveau als vergleichbare Marktprodukte. Die definierte Selbstanordnung der Blockcopolymere in den Oberflächenschichten führt zu einem selbstheilenden Effekt der fluormodifizierten Lackoberflächen.

– Die hohe Wirksamkeit der fluormodifizierten Blockcopolymere hinsichtlich der Reinigungsfähigkeit der Lackoberflächen wurde exemplarisch an „Anti-Fingerprint”-Effekten demonstriert.

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FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EASY-TO-CLEAN 23

Ulrich Tritschler und Ralf Knischka, BASF SE

Glatte und homogene Lackoberflächen, insbesondere für hohe Quali-tätsstandards im Automobil- und Industriebereich, benötigen den Zu-satz kleiner Mengen an Verlaufs- und Netzmitteln. Die grundlegende Anforderung an diese Additive für eine optimale Substratbenetzung ist die effiziente Erniedrigung der Oberflächenspannung der flüssigen Lackformulierung. Wie in früheren Studien gezeigt, können maßge-schneiderte Acrylat-Blockcopolymere, die einen fluormodifizierten Block enthalten, auch schwierige Substrate wirkungsvoll benetzen und damit ermöglichen, dass auch in dünnen Schichten defektfrei la-ckiert werden kann [1, 2, 3].Zunehmend fokussiert sich die Lackindustrie jedoch auf zusätzliche Funktionalitäten der Beschichtung. In diesem Zusammenhang ist die Modifizierung von Lackoberflächen für eine reduzierte Anschmutznei-gung und verbesserte Reinigungsfähigkeit (easy-to-clean) von großem Interesse. Eine besondere Herausforderung stellt die dauerhafte und witterungsbeständige Modifizierung von Lackoberflächen dar [4].Das in diesem Artikel vorgestellte Konzept basiert auf fluormodifi-zierten Acrylat-Blockcopolymeren (F-BCPs). Das entwickelte F-BCP verfügt dabei über Fluor- und co-reaktive Einheiten, die das Poly-mer omniphob machen und eine Vernetzung des Polymers innerhalb der Bindemittelmatrix ermöglichen (Abb. 1). Eine hohe Wirksamkeit der Oberflächenmodifizierung wird durch das optimierte Design der F-BCPs erreicht. Die Blockstruktur sorgt für einen maximalen omni-phoben Oberflächeneffekt bei Einsatz von geringen Mengen an per-fluormodifizierten Bausteinen (C6 und kürzere Kettenlängen) [5]. Die Zahl der co-reaktiven Gruppen sowie deren Positionierung innerhalb der Polymerstruktur erlauben ein Vernetzen des Additivs mit dem Bindemittel und ermöglichen so eine verbesserte Beständigkeit der

Abb. 1 // Technologischer Ansatz: F-BCP-Design mit co-reakti-ven Einheiten X und Fluoreinheiten.

OberflächenaktivLack-& Lösungsmittel-spezifisch

Polarität/Löslichkeit/Vernetzbarkeit

Einheit ohne Funktionalität

Einheit mit Funktionalität

Einheit mit Fluor

X

Tab. 1 // Formulierungsdetails.

Stammlösung Härter

Rohmaterial Menge in % Rohmaterial Menge in %

„Joncryl” 507 41,4 „Basonat” HI 2000 64,0

„Basonol” HPE 1170 B 13,8 n-BuAc 15,0

„Efka” PX 4310 5,0 MPA 15,0

„Efka” SI 2040 0,2 BGA 6,0

n-BuAc 21,7 Total 100,0

Xylol 16,6

DBTL (1 % in BuAc) 1,3

Total 100,0

Oberflächeneffekte. Dieses Konzept ist vielseitig für verschiedenste Formulierungssysteme einsetzbar, da die entscheidenden Parameter, wie beispielsweise Molekulargewicht (MW) und Typ/Anzahl von co-reaktiven Einheiten und Fluoreinheiten, flexibel eingestellt werden kön-nen. Diese Parameter beeinflussen die Kompatibilität des Polymers innerhalb der Bindemittelmatrix, die Fähigkeit des Polymers mit dem Bindemittel zu reagieren sowie die Oberflächenaktivität und Immobi-lisierung.Für diese Studien wurden F-BCPs mit co-reaktiven OH-Gruppen einer 2K-PU-Standardformulierung zugesetzt. Die Additivmengen beziehen sich jeweils auf Feststoffgehalte. Nach Auftragung der Lackschicht können sich die F-BCPs in den obersten Schichten des Lackfilms über Selbstorganisation anordnen und werden durch die Vernetzung beim Einbrennen dort fixiert.

Vorteile von Blockcopolymeren

Drei verschiedene Copolymer-Typen mit ähnlicher Molmasse sowie Zahl an Fluoreinheiten und co-reaktiven OH-Gruppen wurden ausge-wählt, um die Vorteile der Blockstruktur in einem 2K-PU-System auf-zuzeigen (Abb. 2). Diese Polymere besitzen einen unterschiedlichen Aufbau der Polymerkette. Die F-BCPs wurden mit Nitroxyl-kontrollier-ter radikalischer Polymerisation (NMP), hergestellt [6, 7, 8]. In diesen Diblock-Strukturen sind die co-reaktiven Einheiten X sowie alle Fluor-einheiten blockweise getrennt eingebaut (CRP-Block, Abb. 2). Refe-

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Grenzfläche wurde mit ToF-SIMS untersucht. Fluorfragmente können mit dieser Methode eindeutig identifiziert werden und erlauben Rückschlüsse auf die Anwesenheit sowie re-lative Konzentration von F-BCPs im Lackfilm. Die Konzentration an Fluorfragmenten an der Oberfläche wird durch Kontrast wieder-gegeben (Abb. 3). Die dunkle Farbe in Abb. 3a weist auf eine Abwesenheit von Fluorfrag-menten im Referenzlack (ohne Additiv) hin. Je heller der Bildkontrast, desto höher die Inten-sität der Fluorionen. Dies stimmt mit dem zu beobachtenden, helleren Kontrast der Lack-filme mit einem Additivzusatz von 1 vs. 5 % überein (Abb. 3b, c). ToF-SIMS-Tiefenprofilierungen, bei denen schrittweise die Oberflächenschichten durch Sputtern abgetragen und analysiert werden, weisen darauf hin, dass eine große Fraktion des eingesetzten Oberflächenadditivs (1 und 5 % Additivmengen) in den obersten Ober-flächenschichten akkumuliert vorliegt. Für eine Additivmenge von 1 % wurde zusätzlich eine Region mit erhöhter Fluorkonzentration unterhalb der Oberfläche identifiziert. Die F-BCPs können in dieser Region akkumulie-ren, sobald die oberste Oberflächenschicht belegt ist. Bei einer weiteren Erhöhung der Additivmenge auf 5 % und Verwendung des gleichen F-BCP wird ein weiterer Intensitäts-peak detektiert. Dies deutet auf zwei Schich-ten mit erhöhter Fluorkonzentration unter der Oberfläche hin (Abb. 3b und c). Das Design dieser F-BCPs erlaubt somit eine sehr effi-ziente Positionierung der Additive Richtung Oberfläche. Die Migration scheint deutlich schneller abzulaufen als die Vernetzung (d. h. Immobilisierung) der co-reaktiven Poly-mereinheiten mit dem Bindemittel. Hierdurch können sich die F-BCPs vor Vernetzung am „richtigen Platz“ organisieren. Die Sputterrate ist ein materialspezifischer Parameter. Daher wurde eine Kalibrierung durch Korrelation von Sputterzyklen und Sputtertiefe durchgeführt. Die Sputtertiefe wurde mittels Weißlichtinter-ferometrie vermessen (Abb. 4). Die Sputter-rate in der mit Additiv angereicherten Region verläuft dabei mit 0,28 nm/s linear. Die in blau eingefärbte Region deutet die Oberflächenre-gion mit höchster Fluorkonzentration an, die sich bis zu ca. 30–50 nm unterhalb der Ober-fläche befindet.

Bewitterungsstabilität der Oberflächen-effekte

Die Bewitterungsstabilität des omniphoben Oberflächeneffekts von 2K-PU-Lackfilmen wurde mittels Schnellbewitterung (Standard SAE J 2527) untersucht. Der Wasserkontakt-winkel als Maß für die Hydrophobizität der Lackoberfläche wurde initial und nach unter-schiedlichen Bewitterungszeiten (500, 1000, 2000 h) gemessen (Abb. 5).

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Abb. 2 // Wasserkontaktwinkel der Lackoberfläche als Funktion der Oberflächenenergie bei Zusatz verschiedener Copolymer-Additive (1 und 5 %).

Abb. 3 // Repräsentative ToF-SIMS-Tiefenprofile von einer 2K-PU-Lackoberfläche.

Referenz ohne AdditivLack mit CRP-BlockLack mit CRP-statistischLack mit FRP-statistisch

renzcopolymere mit einer eher statistischen Verteilung von OH- und Fluoreinheiten wur-den entweder über freie radikalische Polyme-risation (FRP-statistisch, Abb. 2) oder über NMP (CRP-statistisch, Abb. 2) hergestellt. Der gewünschte hydrophobe Effekt, charak-terisiert durch niedrige Oberflächenenergie (< 20 mN/m), wurde durch eine optimierte Blockcopolymerstruktur erreicht. Die Ober-flächenhydrophobizität nimmt mit steigender Additivmenge zu (Abb. 2). Die hohe Oberflä-chenaktivität wurde auch bei deutlich niedri-gerer Additivdosierung erreicht (z.B. 0,5 %).Die verwendete Synthesemethode der kon-trollierten Polymerisation erlaubt, die Anzahl und Positionierung der co-reaktiven Gruppen und der Fluor-Einheiten sehr definiert zu va-

riieren. Der Fluoranteil des Polymers zeigte dabei keinen signifikanten Einfluss auf die an-fänglich gemessene Oberflächenenergie der Lackoberfläche.

Verfolgung der Blockcopolymere

Um das Wirkungsprinzip dieser neuen Ober-flächenadditive grundlegend zu verstehen, wurden additivierte 2K-PU-Lacke nach voll-ständiger Aushärtung mittels Rasterkraftmik-roskopie (AFM) und Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometrie (ToF-SIMS) untersucht. Eingesetzt wurden die Additive bis zu 5 %, um die Verteilung der F-BCPs mit verschiedenen Molmassen einfacher verfolgen zu können. Die Migration der Additive zur Lack/Luft-

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Abb. 4 // Bestimmung der materialspezifischen Sputterrate: Korrelation von Sputterzeit/-zyklen und Sputtertiefe.

nach ToF-SIMS

vorToF-SIMS

Substraktion

Sputtertiefe als Funktion der Sputterscans:

Anzahl Sputterscans

Sput

tert

iefe

[nm

]

Sektion / µm

60

65

70

75

80

85

90

95

100

105

110

0 500 1000 1500 2000

Kont

aktw

inke

l (H 20

)

Bewitterungszeit in h

— F-Blockcopolymer, kleines MW – 5 %

— F-Blockcopolymer hohes MW – 5 %

- - F-Blockcopolymer hohes MW – 1 %

— Kommerzieller Benchmark 1 – 5 %

— Referenz ohne Additiv

,

,

Abb. 5 // Wasserkontaktwinkel eines 2K-PU-Lackfilms (mit und ohne Additivzusatz) als Funktion der Bewitterungszeit (0, 500, 1000, 2000 h nach Standard SAE J 2527).

Die mit F-BCPs modifizierten Lackoberflä-chen zeigen eine signifikant höhere initiale Hydrophobizität im Vergleich zu den Refe-renzoberflächen ohne Additiv und mit einem kommerziellen silikonbasierten Additiv. Ein genauerer Blick auf die Oberflächen mit den F-BCPs zeigt, dass der initiale Kontaktwinkel mit Wasser hauptsächlich von der Zugabe-

menge der Additive abhängt, während der Effekt des Molekulargewichts gering ist. Ein Unterschied ergibt sich jedoch im Verlauf der Schnellbewitterung. Bei Bewitterung des Lackfilms mit einem Additivzusatz von 1 % sowie der kommerziellen silikonbasierten Re-ferenz bei 5 % findet sich ein nahezu linearer Abfall des Kontaktwinkels mit der Bewitte-

rungszeit (gepunktete rote und blaue Linie). Im Gegensatz dazu verhält sich der hydro-phobe Charakter des Lackfilms mit einem Additivzusatz von 5 % bei Schnellbewitterung unterschiedlich und hängt stark vom MW des F-BCP ab. Dies macht sich besonders stark ab einer Bewitterungszeit von 1000 h bemerkbar: Für F-BCPs mit höherem MW

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erklärt die gute Bewitterungsbeständigkeit des Hydrophobiereffektes der mit F-BCPs ad-ditivierten Lackoberflächen.

Anwendungstests für leicht zu reinigende Oberflächen

Der Begriff „leicht zu reinigende Oberflächen” wird für eine Vielzahl von Effekten in Indust-rie und Fachwelt verwendet, einige Beispiele sind unter anderem Anti-Graffiti und Anti-Eis-anhaftung. Ein weiterer Aspekt von leicht zu reinigenden Lackoberflächen ist beispielswei-se auch die Sichtbarkeit sowie Entfernbarkeit von Fingerabdrücken. Die Sichtbarkeit von Fingerabdrücken wur-de auf lackiertem Leneta Schwarz/Weiß Karton geprüft. Der Fingerabdruck wurde durch Pressen des Fingers auf den lackier-ten Leneta Karton für 1 min aufgebracht und anschließend mit Currypulver bestäubt, um ihn besser sichtbar zu machen (Abb. 7). Um einen vergleichbaren Fettfilm auf dem Test-finger über die Serie hinweg zu garantieren, wurden die Hände vor dem Abdruck anein-andergerieben. Die Fingerabdrücke wurden in einer Doppelbestimmung visuell bewertet von 5 (sehr gut, Abdruck nicht sichtbar) bis 1 (sehr schlecht, Abdruck stark sichtbar). Alle getesteten additivierten Lackfilme waren in der Lage, die Sichtbarkeit von Fingerab-drücken gegenüber dem nicht additivierten Lackfilm zu vermindern. Ein detaillierterer Blick auf die getesteten F-BCPs zeigt einen signifikanten Effekt des MW: Der Lackfilm mit der hochmolekularen Version des Additivs zeigte die stärkste Reduktion der Sichtbarkeit von Fingerabdrücken im Vergleich zum nicht additivierten Film. Um zu prüfen, wie einfach ein Fingerabdruck wieder entfernt werden kann, wurde ein modifizierter Test mittels eines Crockmeters verwendet. Wiederum ermöglichten alle additivierten Lackfilme ein erleichtertes Entfernen der Fingerabdrücke von den Oberflächen im Vergleich zum nicht additivierten Lackfilm. Ein detaillierterer Blick auf die F-BCP zeigt, dass der stärkste Effekt für den Lackfilm mit der hochmolekularen Additivvariante zu beobachten war. Der Ef-fekt war in diesem Fall vergleichbar mit der kommerziellen Referenz 1.

Experimentelles

Für die Herstellung der 2K–PU-Lackfilme wurden Stammlösung und Härter analog Tab. 1 im Gewichtsverhältnis 3 zu 1 gemischt. Der Lack wurde mittels Spiralrakel appliziert und nach einer Ablüftzeit von 10 min bei Raum-temperatur für 30 min bei 100 °C eingebrannt. Vor der Durchführung der Tests wurden die Lacke sieben Tage bei Raumtemperatur gela-gert. Für die durchgeführten Oberflächenun-tersuchungen mit Schnellbewitterung wurde

26 FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EASY-TO-CLEAN

Abb. 6 // (a) Typisches ToF-SIMS Tiefenprofil einer 2K–PU-Lackoberfläche während der Schnellbewitterung (2000 h nach Standard SAE J 2527). (b–e) Vergleichende AFM-Höhen-profile und Phasenbilder der Lackoberfläche.

Bewitterungseffekt

Tiefe in nm

(b) Höhenprofil Vor Bewitterung

(c) Phasenbild Vor Bewitterung

(d) Höhenprofil Nach Bewitterungszeit von 1000 h

(e) Phasenbild Nach Bewitterungszeit von 1000 h

Punk

t-zu

-Pun

kt N

orm

ieru

ng

Inte

nsitä

t in

coun

ts

und bei einer Einsatzmenge von 5 % bleibt die Hydrophobierung der Oberfläche bei der sehr langen Bewitterungszeit von 2000 h am besten erhalten.Für ein tieferes Verständnis des beobachte-ten Bewitterungsverhaltens, wurden beglei-tend ToF-SIMS-Untersuchungen durchge-führt. Messungen an einem 2K-PU-Lackfilm mit 1 % des höhermolekularen F-BCPs sind beispielhaft in Abb. 6a dargestellt. Zu allen Bewitterungszeiten wurde eine signifikante Additivkonzentration auf der Lackoberfläche detektiert, was den Erhalt des hydrophoben Oberflächencharakters erklärt. Das ToF-SIMS-Tiefenprofil ändert sich hingegen im Verlauf

der Bewitterung deutlich. Die Bereiche mit erhöhter Additivkonzentration, welche ur-sprünglich unterhalb der Oberfläche gefunden wurden, scheinen sich bei Bewitterung über 2000 h an die Oberfläche zu verschieben. Als Hauptgrund dafür wurde eine langsame Abwitterung der Oberfläche identifiziert. Dies geht aus AFM-Analysen hervor, die zu ver-schiedenen Bewitterungszeiten durchgeführt wurden (Abb. 6b–e). Nach Abwitterung der obersten Oberflächenschichten könnten hier-nach die akkumulierten und vor Bewitterung unterhalb der Oberfläche lokalisierten F-BCPs als ein „Depot“ fungieren, um die Hydrophobi-zität der Lackoberfläche beizubehalten. Dies

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FUNKTIONELLE BESCHICHTUNGEN // EASY-TO-CLEAN 27

Abb. 7 // Bewertung der initialen Sichtbarkeit eines aufgebrachten Fingerabdrucks, ein-schließlich Fotos von mit Currypulver angefärbten Fingerabdrücken von links nach rechts (sehr schlecht = 1, mittel = 3, gut = 4, sehr gut = 5).

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

BlankF -Blockcopolymer,mittleres MW

F-Blockcopolymer, hohesMW

Comm. 1Blank F-Blockcopolymer, mittleres MW

F-Blockcopolymer, hohes MW

Referenz 1

eine vergleichbare Formulierung mit einem Lichtschutzpaket aus 2 % „Tinuvin“ 292 und 1,5 % „Tinuvin“ 400 verwendet.

Danksagung

Isabell Herzog, Katja Gatting, Sascha Bechtel, Lorena Di Fede, Sabine Hirth, Svetlana Guri-yanova, Tobias R. Umbach, Guido Lupa, Ralf Sander, Lars Hoffmann, Andrea Schamp.

Literatur

[1] Thomson, M.; Knischka, R.: Farbe und Lack 2015,

121, 7, 32–36

[2] Thomson, M.; Knischka, R.; Auschra, C.; Achord, B.;

Martinez, E.: American Coating Conference Proceedings 2014

[3] Knischka, R.; Thomson, M.; Auschra, C.; Engelbrecht, L.;

Martinez, E.: American Coating Conference Proceedings 2012

[4] Patzelt, G.: Farbe & Lack Seminar – Funktionelle

Beschichtungen, 2017

[5] The European Commission, Establishing the ecological

criteria for the award of the EU ecolabel for indoor and

outdoor paints and varnishes, Commission decision of 28

May 2014 (C(2014 3429)

[6] Thomson, M.; Knischka, R.; Auschra, C.; Engelbrecht,

L.: WO2013/124421

[7] Hadjichristidis, N.; Pitsikalis, M.; Iatrou, H.: Synthesis

of Block Copolymers. Adv. Polym. Sci. 2005, 189, 1–124

[8] Qiu, J.; Charleux, B.; Matyiaszewski, K.: Prog. Polym.

Sci. 2001, 26, 2083–2134

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ZusatzfunktionalitätenINTERVIEW // ADDITIV WIRD ZUR OMNIPHOBEN

OBERFLÄCHENMODIFIZIERUNG EINGESETZT.

Wie schwierig ist es, das neue Additiv in bestehende Anwendungssysteme zu integrieren?In unseren Studien wurde das neue Oberflächenadditiv problemlos in gängige Lacksys-teme einformuliert, z.B. in 2K-PU-Systeme. Es wurde generell eine sehr gute Kompa-tibilität sowohl im Nasslack als auch in der Endbeschichtung gefunden, d.h. es treten keine Beeinträchtigungen, z.B. des Glanzgrades, auf. Mit recht geringen Einsatzmengen des Blockcopolymer-Additivs von wenigen Prozent kann eine sehr gute und dauerhafte Omniphobisierung der Lackoberfläche erreicht werden. Ansonsten muss der Formulierer keine großen Änderungen an der Basisformulierung vornehmen. Wie üblich beim Einsatz von hochwirksamen Oberflächenadditiven sollte trotzdem immer durch Vorversuche die Verträglichkeit des Additivs im gewählten Lacksystem sorgfältig überprüft werden.

Für welche Anwendungen ist das neue Oberflächenadditiv besonders geeignet?Dieses Oberflächenadditiv wurde primär für nicht-wässrige, lösungsmittelbasierte Lack-systeme entwickelt, z.B. für 2K-PU-Systeme oder Melamin-vernetzende Einbrennlacke. Es findet Anwendung für den Effekt der omniphoben Oberflächenmodifizierung, z. B. zur Erzeugung von schmutzabweisenden Lackoberflächen gegenüber polaren als auch unpo-laren Medien. Typische Einsatzgebiete sehen wir in Industrie- und Fahrzeuglacken für Zu-satzfunktionalitäten, wie z.B. für „Easy-to-Clean“- oder für „Anti-Fingerprint“- Eigenschaften. Weitere Einsatzgebiete sind denkbar und Gegenstand von laufenden Entwicklungsarbeiten in Zusammenarbeit mit Lackherstellern.

Bleiben die verbesserten Eigenschaften auch bei Langzeitanwendung erhalten?Die Langzeitbeständigkeit der Oberflächemodifizierung ist ein wichtiges Ziel dieser Neuentwicklung. Anhand von Schnellbewitterungstests konnte bestätigt werden, dass mit den Blockcopolymer-Additiven der gewünschte hydrophobisierende Effekt der Oberfläche sehr gut erhalten bleibt. Die Langzeitpersistenz der Oberflächenmodifizierung ist besser als alle von uns mitgetesteten Referenzsysteme.

// Kontakt: [email protected]

Das Interview führte Silke Karl.

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ULRICH

TRITSCHLER

BASF SE

RALF KNISCHKA

promovierte in Polymer-

chemie am Material-

forschungszentrum in

Freiburg. Von 2001 bis

2009 arbeitete er bei

Ciba Spezialitätenchemie

in verschiedenen lackrele-

vanten F&E-Funktionen. Seit 2009 verantwortet er in

der Produktentwicklung für Formulierungsadditive bei

BASF SE den Bereich Benetzungsmittel und Oberflä-

chenmodifizierung.

ULRICH TRITSCHLER

promovierte in Chemie an der Universität Konstanz.

Nach einem Forschungsaufenthalt als Humboldt-

Stipendiat an der Universität Bristol (UK), trat er 2016

in die Polymerforschung der BASF SE in Ludwigshafen

im Bereich Formulierungsadditive ein.

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