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Altenselbsthilfe, Senioren, Berlin, Ehrenamt, Engagement
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SOZIALWERK BERIN E.V. ALTENSELBSTHILFE- UND BERATUNGSZENTRUM
Käte-Tresenreuter-Haus
Humboldtstraße 12 14 193 Berlin Telefon: (030) 891 10 51 / 52 Fax: (030) 892 60 08 E-Mail: [email protected] www.sozialwerk-berlin.de
Geschäftsstelle: Ithweg 22 14 169 Berlin Fax: (030) 831 43 69
Postbank Berlin Konto-Nr. 33 77 17-102 (BLZ 100 100 10)
Bank für Sozialwirtschaft Konto-Nr. 31 771-00 (BLZ 100 205 00)
„Interessenvertretung älterer Menschen
im demografischen Wandel“
Europaseminar für Multiplikatoren der offenen Altenarbeit
vom 6. bis 8. Mai 2013 im Käte-Tresenreuter-Haus
Organisation und Leitung:
Margit Hankewitz, stellv. Vorsitzende des Sozialwerk Berlin e.V.
Peter Stawenow, Leiter des Kompetenzzentrums „Offene Altenarbeit“
Verantwortliche ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialwerk Berlin e.V.
Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V.
2
Herausgeber: Sozialwerk Berlin e.V.
Humboldtstraße 12, 14193 Berlin
2013
Verlag: Eigenverlag
Druck: Copy Shop, Ladenbergstraße
Redaktion/Textgestaltung: Jean Mangers, Eveline Harder, Christine Bökel-Striebeck
Bildnachweis: Béla János Bács
Alle Rechte vorbehalten
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Inhaltsverzeichnis
Impressum 2
Seminarprogramm 4
Begrüßung, Einleitung: Margit Hankewitz, stellv. Vorsitzende 6
Grußwort: Carsten Engelmann, Stadtrat für Soziales, Charl./Wilmersd. 7
Einführung in das Seminarthema: Peter Stawenow 9
Referat: Dr. Klaus Sack, Vorstandsmitglied Berliner Landesseniorenbeirat 9
Bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen stärken: Peter Stawenow 11
Referat: Dr. Hans-Ulrich Litzner, Leiter Arbeitsausschuss Wohnen im Alter 12
Mobilität im Alter und Verkehrspolitik: Peter Stawenow 20
Sport und Bewegung im Alter: Dr. Milena Slon & Christa Fischer 21
Begrüßungsabend 23
Referat: Dr. Maria Pawinska: Gesundheit älter werdender Menschen 24
Referat: Béla János Bács: Pflege im Alter 25
Fahrt zum Altenpflegezentrum „Erfülltes Leben“ 27
Rundfahrt durch Berlin „eine Stadt für alle Generationen“ 27
Altersarmut: Peter Stawenow 28
Referat: Gita Magonite: Lebenslanges Lernen 29
Referat: Irena Sagatiené/Vilhelmina Pundiené: Begegnungsstätten 30
Verhinderung von Altersdiskriminierungen: Peter Stawenow 32
Verbraucherschutz älterer Menschen: Peter Stawenow 33
Ältere Menschen - Teil der Familie: Peter Stawenow 34
Eindrücke und Bewertungen des Seminars; Teilnehmer 36
Schlussworte: Peter Stawenow & Margit Hankewitz 37
Abschlussveranstaltung 38
Materialien 38
Anhänge 39
Anhang 1: Deutschland: Dr. Klaus Sack 39
Estland: Dr. Aili Kogerman 45
Estland: Lea Viires 47
Lettland: Gita Magonite 50
Litauen: Irena Sagaitiené, Vilhelmina Pundiené 52
Polen: Dr. Maria Pawinska 56
Rumänien: Béla János Bács 62
Slowenien: Prof. Irena Levicnik 65
Tschechien: Prof. Dr. Jan Solich + Helena Schulze 74
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SOZIALWERK BERLIN E.V. ALTENSELBSTHILFE- UND BERATUNGSZENTRUM
KÄTE-TRESENREUTER-HAUS
Humboldtstraße 12 14 193 Berlin Telefon: (030) 891 10 51 / 52 Fax: (030) 892 60 08 E-Mail: [email protected] www.sozialwerk-berlin.de Geschäftsstelle: Ithweg 22 14 169 Berlin Fax: (030) 831 43 69
Postbank Berlin Konto-Nr. 33 77 17-102 (BLZ 100 100 10)
Bank für Sozialwirtschaft Konto-Nr. 31 771-00 (BLZ 100 205 00)
Europaseminar für Multiplikatoren der offenen Altenarbeit vom Montag, 06. bis Mittwoch, 08. Mai 2013 im Käte-Tresenreuter-Haus
Seminarthema: „Interessenvertretung älterer Menschen im demografischen Wandel“
Sonntag, 05. Mai Anreise der internationalen Teilnehmer
Montag, 06. Mai 09.30 – 10.30 Uhr Begrüßung der Seminarteilnehmer durch Margit Hankewitz, stellv. Vorsitzende Sozialwerk Berlin e.V.
Kurze Vorstellungsrunde der Seminarteilnehmer Grußwort: Carsten Engelmann - Stadtrat für Soziales Bezirksamt Charl. / Wilm.
10.30 – 10.45 Uhr Kaffeepause
10.45 – 11.30 Uhr Einführung in das Seminarthema durch Peter Stawenow Leiter des Kompetenzzentrums „Offene Altenarbeit“
11.30 – 12.30 Uhr Dr. Klaus Sack, Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats, Möglichkeiten sozialpolitischer Mitbestimmung älterer Menschen
12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen
13.30 – 14.30 Uhr Bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen stärken
14.30 – 15.30 Uhr Bezahlbares Wohnen und Wohnumfeld Dr. Hans-Ullrich Litzner – Leiter Arbeitsausschuss Wohnen im Alter
15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause
15.45 – 16.45 Uhr Mobilität im Alter und Verkehrspolitik
16.45 – 17.45 Uhr Sport und Bewegung älterer Menschen Ab 18.00 Uhr Begrüßungsabend und Abendessen
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Dienstag, 07. Mai
09.30 – 10.30 Uhr Gesundheit älter werdender Menschen
10.30 – 10.45 Uhr Kaffeepause
10.45 – 11.45 Uhr Pflege im Alter
11.45 Uhr Abfahrt nach Lichtenberg
12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen im Altenpflegezentrum „Erfülltes Leben“
13.30 – 14.30 Uhr Besichtigung der stationären Pflegeeinrichtung: Haus Abendsonne und der Tagespflegestätte
14.30 – 15.00 Uhr Kaffeepause
15.00 Uhr Exkursion: Eine Stadt für alle Generationen
18.30 Uhr Abendessen im Sozialwerk Berlin
Mittwoch, 08. Mai
09.30 – 10.30 Uhr Altersarmut
10.30 – 10.45 Uhr Kaffeepause
10.45 - 11.45 Uhr Sozialkulturelle Einrichtungen – Begegnungsstätten und Stadtteilzentren
11.45 - 12.45 Uhr Lebenslanges Lernen
12.45 – 13.30 Uhr Mittagspause
13.30 – 14.30 Uhr Verhinderung von Altersdiskriminierung
14.30 – 15.30 Uhr Verbraucherschutz älterer Menschen
15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause
15.45 – 16.45 Uhr Ältere Menschen – Teil der Familie
16.45 – 17.45 Uhr Auswertung des Seminars
Ab 18.00 Uhr Abendessen und Abschlussabend Zu allen Seminarteilen sind Aussprachen und Diskussionen vorgesehen.
Donnerstag, 09. Mai Abreise der internationalen Gäste
Organisation und Leitung des Seminars:
Margit Hankewitz, Peter Stawenow und ehrenamtliche Mitarbeiter des Sozialwerk Berlin e.V.
6
Begrüßung:
Margit Hankewitz, stellv. Vorsitzende des Sozialwerk Berlin e.V. begrüßte die
Seminarteilnehmer ganz herzlich zum Europaseminar. Sie freute sich sehr, dass
alle, und besonders die Freunde aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa, erschienen
sind. Es sind dies Vertreter aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien,
Slowenien und Tschechien, die zum Teil sehr weite Anreisen auf sich genommen
haben, um unter uns zu weilen. Unser Freund Jenö Üszögi-Bleyer aus Ungarn,
stellv. Vorsitzender unseres Freundeskreises, konnte krankheitshalber leider nicht
kommen, ist aber mit dem Herzen bei uns.
Frau Hankewitz freute sich aber nicht nur, weil alle gemeldeten Teilnehmer
anwesend waren, sondern besonders auch, weil Herr Carsten Engelmann, Stadtrat
für Soziales vom Bezirk Charlottenburg/Wilmersdorf, unter uns weilte. Er folgte
damit einer alten Tradition seines Vorgängers und jetzigen Abgeordneten, Herrn
Joachim Krüger, der uns auch immer die Ehre seiner Anwesenheit bei den
Seminaren gegeben hat.
A propos Traditionen! Jedes Seminar begann ja immer mit einem Spruch. Für
dieses Seminar lautete er: „Wir haben die Tradition im Herzen und die Zukunft
in der Hand.“ Dieser Spruch trifft wirklich auf diese schwierige Zeit des
Sozialwerks Berlin und des Wechsels zu, aber er betrifft auch jeden Einzelnen,
denn jeder möchte in seinem Land die Traditionen bewahren und in der Zukunft
weiter vorangehen.
Da wir die Tradition im Herzen haben, begannen wir mit einer Vorstellungsrunde
der diesjährigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie ergab die Anwesenheit von
dreißig Zuhörern und Mitwirkenden, darunter elf aus Mittel-, Ost- und
Südosteuropa und die übrigen aus dem Sozialwerk Berlin.
Margit Hankewitz nutzte die Gelegenheit, um ihre derzeitige Position darzulegen:
„Ich bin zurzeit diejenige, die die Verantwortung für den Verein als
stellvertretende Vorsitzende übernommen hat, nachdem meine Mutter verstorben
7
ist und mein Vater unfallbedingt auch gleich ausgefallen ist. Ich möchte mit all
Ihrer Hilfe versuchen, das Lebenswerk meiner Eltern fortzusetzen und zusätzlich
zu beleben. Ich betrachte das nicht nur als Verpflichtung, sondern auch als
Herausforderung, als wirklich inneres Bedürfnis. Die Arbeit mit und für ältere
Menschen ist für mich auch eine ganz wichtige Aufgabe geworden. Am Anfang
natürlich noch nicht so, weil meine Eltern das gemacht haben, dann aber habe ich
selber ein Schlüsselerlebnis gehabt, wie schnell das Leben zu Ende sein kann und
was man wirklich, um sein Leben zu bereichern, für andere tun kann. Ich denke, da
ist das hier ein sehr guter Platz, und so wie unsere Mitglieder das wollen, werde ich
den Vorsitz übernehmen und versuchen gemeinsam neue Wege zu finden, bei
Sachen, die dies erforderlich machen. Wir orientieren uns an den Bedürfnissen der
Menschen, die jetzt älter werden. Es gibt genug Schwierigkeiten und die
Bedürfnisse der älteren Menschen ändern sich ja auch. Wir versuchen, uns ihren
neuen Bedürfnissen anzupassen und mit innovativen Ideen die Seniorenarbeit in
Berlin fortzuführen.“
Herr Stadtrat Karsten Engelmann
bedankte sich für die Einladung und
beglückwünschte uns in seinem
Grußwort für die Wahl des diesjäh-
rigen Seminarthemas, ein ganz
spezifisches Thema, das besonders
auch den Bezirk Charlottenburg /
Wilmersdorf mit einem sehr hohen
Anteil an Menschen über 65 betrifft.
Er führte unter anderem aus, dass es
für ihn wichtig sei zu erfahren,
welche Bedürfnisse die älteren Men-
schen haben.
Der Bezirk weist noch drei Seniorenklubs auf, die sehr gut besucht sind, und er
wird noch ein bezirkliches Seniorenprogramm mit vielfältigen Angeboten
monatlich auflegen, die von Mitarbeitern seiner Dienststelle organisiert werden.
Der Redner weist in diesem Zusammenhang auf die absehbare Verringerung
des Personals im öffentlichen Dienst hin (von 200.000 nach der Wende auf
100.000 Personen). Die Aufgaben werden aber nicht weniger, sie werden nur
anders verteilt.
Die Arbeit für die älteren Menschen ist aber gesichert, sowohl finanziell als
auch personell, denn der politische Wille dazu ist vorhanden.
Herr Engelmann zeigte sich dankbar dafür, dass es Einrichtungen wie das
Sozialwerk Berlin gibt, die ein Großteil dieser Arbeit aus eigenem Antrieb machen
8
und ihn profitieren lassen von den Erfahrungen, die hier gesammelt werden, und
von den Ergebnissen, die diese Seminare erzielen.
Der Redner sieht im Ehrenamt ein wesentliches Kriterium und einen
wesentlichen Baustein für die Arbeit, die er macht, nämlich Menschen zu haben,
die ehrenamtlich tätig sind für den Bezirk, aus eigenem Antrieb oder, weil jemand
sie anspricht. Beispiel einer neugeschaffenen sinnvollen Arbeit: Einen Service
einrichten für Menschen, die sich nicht mehr aus den eigenen vier Wänden
bewegen können und die niemanden mehr haben, um bestimmte Erledigungen zu
tätigen, wie z.B. den Ausweis zu erneuern. Dieser vertrauensvolle Service wird
von pensionierten Beamten ehrenamtlich durchgeführt.
Der Bezirk wird in Zukunft mehr auf das ehrenamtliche Engagement zurück-
greifen müssen, z.B., was das Thema Grünflächenpflege anbelangt. Hier ist die
Bereitschaft groß. Zurzeit sind circa 500 Ehrenamtliche in Charlottenburg tätig.
Es gibt auch die Möglichkeit sich politisch in Gremien zu betätigen, die wir im
Bezirk und im Land haben, entsprechend dem Beteiligungsgesetz für die Arbeit
von Seniorinnen und Senioren. Danach werden regelmäßig die Seniorenvertre-
tungen in den Bezirken gewählt. Es gibt ein 17-köpfiges Gremium aus sehr
unterschiedlichen kulturellen Kreisen, an sich eine sehr gute Mischung wie im
Bezirk auch, wo etwa 116 Nationalitäten vertreten sind.
Diese Seniorenvertretung veranstaltet einmal im Jahr eine so genannte
Senioren- BVV, d.h. ein bezirkliches Parlament, wo Anträge gestellt, Anfragen
vorgebracht und Beschlüsse gefasst werden, die für das Bezirksamt zwar nicht
verbindlich sind, aber in die Richtung gehen, dass die Anfragen alle vom
Bezirksamt ordnungsgemäß beantwortet werden. Es geht dabei um Teilhabe und
Interessenvertretung.
Der Redner ging abschließend noch auf die ambulante Pflege ein. Im Bezirk
gibt es in diesem Bereich über 600 Anbieter von privaten Pflegediensten. Reichen
bei den zu Pflegenden die finanziellen Mittel nicht aus, tritt der Bezirk dafür ein,
dass die Betroffenen Grundsicherung und Hilfe zur Pflege bekommen. Dabei guckt
der Bezirk ganz genau hin, was den Umfang der Pflege betrifft, und er ist
manchmal ganz anderer Meinung als der private Pflegedienst. Die Pflege darf
nämlich nicht übertrieben werden, sondern sollte als aktivierende Unterstützung
fungieren. Im so genannten „Monitoring“, bei Befragungen in den Seniorenklubs
z.B. wird festgestellt, was der eigentliche Bedarf der älteren Menschen an der
Stelle ist. Hierbei ist das Sozialwerk Berlin sehr gut aufgestellt.
9
Einführung in das Seminarthema
Peter Stawenow, Projektleiter des
Kompetenzzentrums „Offene Alten-
arbeit“, stellte die Vorgehensweise
des von ihm moderierten Seminars
kurz vor.
Zu jedem Sachthema wird es drei
Teile geben:
Ein Einstiegsreferat, eine Diskussion
und eine Zusammenfassung.
Er richtete einleitend an die Semi-
narteilnehmer die Frage, welche
Erwartungen sie an das Seminar
knüpfen. Dazu gab es zehn Wort-
meldungen.
Es wurde vielfach der Wunsch geäußert nach einer stärkeren Beteiligung unserer
ausländischen Gäste, nach einer guten Zusammenarbeit der Organisationen, nach
Mitteilung von Erfahrungswissen, nach Gedankenaustausch und nach Anregungen
seitens der Teilnehmer für ihre künftige Altenarbeit.
Herr Stawenow schlussfolgerte, dass wir hier alle Lehrer sind, die ihr Wissen
weiter geben, dass wir aber auch alle Lernende sind, die zuhören wollen und die
zum Gedankenaustausch bereit sind. Die einzelnen Themenkomplexe unseres
Seminars orientieren sich an den vielfältigen Interessen der älteren Menschen. Man
muss bei der Interessenvertretung auch beachten, dass Interessen sich ändern
können.
Möglichkeiten sozialpolitischer Mitbestimmung älterer Menschen
Zu diesem Thema sprach Herr Dr.
Klaus Sack, Vorstandsmitglied des
Landeseniorenbeirats Berlin.
Zur Ausgangssituation machte er
statistische Angaben über die Ein-
wohnerzahl von Berlin und der
Bundesrepublik Deutschland (83
Millionen) sowie über den Anteil an
Senioren (17 Millionen) und den
Anteil an Migranten (900.000 in
Berlin; 16 Millionen in der BRD,
d.s. 19 % der Geamtbevölkerung;
davon hat jetzt bereits 1 Million das
Rentenalter erreicht. (Anhang 1)
10
In Berlin leben Menschen aus 189 Nationen über alle Altersgruppen hinweg. Heute
gibt es in Berlin 107.000 Pflegebedürftige, bis 2030 rechnet man mit einer Anzahl
von 170.000. Dies bedeutet riesige Probleme für den Bereich der Pflege und für
alle staatlichen Institutionen, die darin involviert sind.
Der Redner ging dann auf die Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Seniorenpolitik ein. Seniorenmitwirkung muss auch politisch gewollt sein. Der
wachsende Druck auf die politischen Akteure ist außerordentlich wichtig. Ohne
Druck gibt es keine Veränderung, das ist generell so. Er sprach über die 1999 vom
Senat beschlossenen „Leitlinien zur künftigen Seniorenpolitik“ in Berlin und über
das 2006 entstandene Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz, an denen der
Landesseniorenbeirat und die Landesseniorenvertretung entscheidend beteiligt
waren, und stellte dessen Ziele vor.
Das Berliner Seniorenmitwirkungsgesetz gilt für Personen ab 60 Jahren mit
Hauptwohnsitz in Berlin. Die Gremien für die ehrenamtliche Seniorenarbeit sind
durch das Seniorenmitwirkungsgesetz festgeschrieben. Der Redner erwähnte das
Procedere zur Wahl der 12 Bezirksseniorenvertretungen und deren Aufgaben
sowie die Zusammensetzung der Landesseniorenvertretung und dessen Zustän-
digkeiten. Was den Landesseniorenbeirat mit 7 Arbeitsgruppen in Berlin
anbelangt, so stellte der Redner dessen Zusammensetzung, Aufgaben und
Arbeitsgruppen sowie deren Arbeitsgrundlage, Teilnehmer und Themen vor.
Er schilderte die Aktivitäten von Seniorenvertretungen und vom Landessenioren-
beirat und berichtete über Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Verwirklichung
der Mitbestimmung. Herr Dr. Sack ging noch auf Probleme bei den zwei
bisherigen Wahlen zu den Seniorenvertretungen ein und gab abschließend einige
optimistische Sprüche zum Alter zum Besten.
Bei der anschließenden Diskussion gab es drei Wortmeldungen.
Prof. Dr. Jan Solich ist der Auffassung, dass man keine Politiker braucht, um die
Interessen der Senioren durchzusetzen, sondern eigene Organisationen. In
Tschechien gibt es 1,7 Millionen Rentner über 65 Jahre, davon sind 500.000
Senioren organisiert. Die Gipfelorganisation der Senioren ist eigentlich die größte
Partei Tschechiens.
Béla János Bács aus Rumänien zum Begriff „politisch gewollt“: Politik
funktioniere so, dass es eine Lobby geben müsse, mit der die Politiker rechnen
müssen.
Prof. Irena Levicnik aus Slowenien berichtete über die Seniorenpräsenz in ihrem
Land. Der Altenverband hat 240.000 Mitglieder, setzt sich aus 120 Vereinen
zusammen und ist in 123 Gemeinden präsent. Er hat eine Arbeitskommission, die
die Vorlagen für neue Gesetze studiert. Der Altenverband sammelte 5.000
Unterschriften zwecks Änderung des Wahlgesetzes. Er lädt ein zu Diskussionen
über sich ergebende Problematiken und organisiert jedes Jahr ein sehr gut
11
besuchtes Festival. Mitglieder haben 148 Besuche bei Abgeordneten in den
Wahlkreisen durchgeführt.
Peter Stawenow schlussfolgerte, dass ältere Menschen am besten wissen, was gut
für sie ist. Sie sollen ihre eigenen Interessen auch selber vertreten, z.B. durch
Sammeln von Unterschriften, Petitionen, Kontakte zu Abgeordneten,
Demonstrationen, Streik, Hausbesetzung, Mitarbeit in Gremien und Beiräten
(Mieterbeiräte, Kundenbeiräte, Heimbeiräte), kritische Begehungen. Es gibt
vielfältige Interessen, also gibt es auch vielfältige Formen und Orte, wo man
mitmachen kann. Wichtig ist dabei der territoriale Aspekt (Jeder Mensch, egal, wo
er ist, hat seine Bedürfnisse und hat das gleiche Recht auf ein lebenswürdiges
Leben.) sowie die Fachlichkeit (Man muss mit Sach- und Fachverstand seine
Interessen vertreten.). Zuletzt eine provokante Frage: Möchte der ältere Mensch
überhaupt seine Interessen vertreten? Darüber müssen wir nachdenken.
Das bürgerschaftliche Engagement älterer Menschen
stärken
Peter Stawenow richtete als Auftakt die Frage an die Teilnehmer, wie deren
Gedanken zu ehrenamtlichem Engagement sind, wie sie zum ehrenamtlichen
Engagement gekommen sind und warum sie das machen.
Zu diesem Themenkomplex gab es 16 Wortmeldungen, denen u.a. Folgendes zu
entnehmen war:
- Jeder muss sich Klarheit verschaffen über seine Motivation, ehrenamtlich
tätig zu sein, für sich selber – für andere.
- Vielfältige Begriffe für das Ehrenamt stehen im Raum; dabei spielen zwei
Dinge eine ganz wichtige Rolle: Ehrenamt ist freiwillig, man ist frei, es an-
zunehmen, aber auch frei damit aufzuhören. Es besteht die Gefahr, dass man
ausgebeutet wird oder sich selbst ausbeutet.
- Es gibt Einsatzmöglichkeiten für ehrenamtliche Tätigkeit in vielen
Bereichen.
- Jeder bringt sein Fach- und Sachwissen in sein Ehrenamt ein.
- Für bestimmte ehrenamtliche Aufgaben muss man eine Wissensvermittlung
und Informationen bekommen.
- Ehrenamtliche Arbeit ist nicht umsonst. Einerseits kostet die Tätigkeit etwas
(Fahrgeld, Telefonate usw.), andererseits bringt es auch etwas. Es steckt ein
Wert dahinter.
- Beim Ehrenamt soll man die Maxime von Frau Tresenreuter berücksichten:
Bitten – Danken – Anerkennen.
- Ehrenamtliche Arbeit bedeutet Arbeit (die Ehrenamtler haben ihren
Kalender voll), es steckt eine Leistung dahinter.
12
- Man muss Rahmenbedingungen schaffen, die die ehrenamtliche Arbeit
ermöglichen.
- Die Bürokratisierung der ehrenamtlichen Arbeit soll eingeschränkt werden,
sonst werden die Leute abgeschreckt.
- Man muss die Aufgaben klar beschreiben und die damit verbundene Zeit
vorgeben, wenn man Ehrenamtliche gewinnen will.
- In Berlin gibt es Freiwilligen-Agenturen, wo die Organisationen ihre
Bedarfe an Ehrenamtlichen anmelden und die Ehrenamtlichen ihre
Bereitschaft anbieten können.
- Partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Hauptamtlichen und Ehren-
amtlichen muss gewährleistet sein. Der Hauptamtliche ist der Ansprech-
partner und der Ehrenamtliche wirkt ergänzend. Es darf dabei keine Hierar-
chie entstehen.
- Ehrenamtliche engagieren sich oft projektbezogen.
Schlussfolgerung: Ohne ehrenamtliches Engagement wäre die Gesellschäft viel
ärmer und die Lebensqualität vieler älterer Menschen wäre viel schlechter.
Bezahlbares Wohnen und Wohnumfeld
Über dieses Thema referierte Dr. Hans-Ulrich Litzner, Sprecher des Ausschusses
„Wohnen im Alter“ des Sozialwerk Berlin e.V. anhand einer Powerpoint-
Präsentation.
13
Er führte aus, dass das Thema gegenwärtig sehr aktuell sei, da die Bürgerinnen und
Bürger in der Bundesrepublik Deutschland einen immer größer werdenden Anteil
ihres Einkommens für das Wohnen ausgeben müssten. Dieses Problem betrifft
insbesondere ältere Menschen.
Bild 2
Perspektivisch ist zu erwarten, dass das Problem sich verstärkt, da der Anteil der
älteren Menschen bis zum Jahre 2030 deutlich zunimmt (Bild 2).
In einer Bevölkerungsprognose für Berlin bis 2030 (Bild 4)
14
sowie im aktuellen Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030 (Bild 5) wird diese
Aussage quantifiziert: danach wird der Anteil der älteren Personen ab 65 Jahren an
der Gesamtbevölkerung bis zum Jahr 2030 von derzeit 19,0 % auf 22,8 % steigen.
Die Zahl der Hochbetagten (80 bis 95 Jahre) und der Langlebigen (über 95 Jahre)
wird bis zum Jahr 2030 um über 80 % steigen (Bild 7). Gleichzeitig nimmt der
Anteil der Pflegebedürftigen von derzeit rund 3% der Bevölkerung auf rund 5% zu.
15
Diese Zahlen führen zu der Frage, wo diese älteren Menschen in Zukunft leben
und wohnen werden. Repräsentative Umfragen haben ergeben, dass die
überwiegende Mehrheit der Befragten im gewohnten Umfeld („eigene 4 Wände“,
Bild 8) verbleiben und wohnen will.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen erstens genug bezahlbare Wohnungen
vorhanden sein, zweitens müssen sie im Hinblick auf die Bedürfnisse ältere
Menschen besondere Merkmale aufweisen (Bild 9).
16
Zum Stichwort „bezahlbar“ ist anzumerken, dass die realen Einkommen der
Seniorinnen und Senioren bis 2030 sinken werden (siehe die Prognosen des DIA
Deutsches Institut für Altersvorsorge in Bild 10).
Parallel hierzu steigen die Kaltmieten in allen Berliner Bezirken stetig an. Im Jahre
2011 betrug der Mittelwert der Kaltmiete in Berlin 6,59 Euro, was gegenüber 2010
17
einen Anstieg von 7,8% bedeutet (Bild 11). Seit 2011 sind die Mieten in allen
Berliner Bezirken weiter gestiegen, was zum einen dazu führt,
dass gerade für ältere Menschen der prozentuale Anteil für das Wohnen eine
kritische Marke erreicht (Bild 12) und die Gefahr einer Altersarmut wächst.
Die Politik hat diese Problematik erkannt und konkrete Maßnahmen ins Auge
gefasst, wodurch einerseits mehr Wohnraum geschaffen und andererseits der
Anstieg der Mieten gebremst werden soll (Bilder 13 bis 15).
18
Bild 15
Eine dieser Maßnahmen war die Auslobung eines genossenschaftlichen
Neubauwettbewerbs im Jahre 2012 (Bild 16), da besonders die großen, städtischen
Wohnungsgenossenschaften einen bedeutenden Einfluss auf den Wohnungsmarkt
haben.
19
Das Aufstellen politischer Programme zur Wohnungssituation bedeutet nicht
automatisch, dass die Probleme im vollen Umfang und kurzfristig gelöst werden
können. Die im Motto dieses Europaseminars angesprochene Interessenvertretung
älterer Menschen bedeutet hier also, dass sich das Sozialwerk Berlin e.V., seine
Interessenkreise (Ausschuss „Wohnen im Alter“) gemeinsam mit anderen Stellen
(Landesseniorenbeirat Berlin, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Bild 17) auf
diesem Gebiet engagieren. Nicht zuletzt deshalb steht die 39. Berliner
Seniorenwoche, die am 24. August 2013 beginnt, unter dem Motto „Bezahlbares
Wohnen“.
Die Ausführungen von Herrn Dr. Litzner führten zu einer breiten Aussprache, an
der sich insbesondere Frau Prof. Dr. Irena Levicnik (Slowenien), Frau Dr. Aili
Kogerman (Estland), Frau Gita Margonite (Lettland), Frau Dr. Maria Pawinska
(Polen) und Herr Prof. Dr. Jan Solich (Tschechische Republik) beteiligten. Sie
beschrieben die derzeitige Einkommens- und Mietsituation in den jeweiligen
Ländern, die der in Deutschland grundsätzlich ähnelt, jedoch mit der
Einschränkung, dass die zur Verfügung stehenden Einkommen deutlich niedriger
als in Deutschland sind. Andererseits gehört das Thema „bezahlbarer Wohnraum“
in den genannten Ländern zu den Schwerpunktthemen der Altenarbeit.
20
Mobilität im Alter und Verkehrspolitik
Peter Stawenow: Anläßlich der Diskussionen um das Stadtentwicklungskonzept
für Berlin standen auch Fragen des Verkehrs und der Mobilität im Raum. Der
Entwurf zu diesem Konzept wird in vielen Bevölkerungsgruppen diskutiert. Was
wünschen sich denn die älteren Menschen? Wie sieht es bei ihnen aus, was
Mobilität im Alter betrifft? Was hilft älteren Menschen mobil zu sein, oder was
hindert sie daran, Veränderungen herbeizuführen, dass diese Hürden abgebaut
werden. Das betrifft auch die Frage des öffentlichen Personennahverkehrs. In
Tschechien können alle Menschen über 70 Jahre die öffentlichen Verkehrsmittel
unentgeltlich benutzen.
Zu diesem Themenkomplex ergriffen sechs weitere Teilnehmer das Wort. Ihren
Beiträgen ist Folgendes zu entnehmen:
„Man muss überlegen, warum man Mobilität braucht und wofür man sie braucht.“
Wie Frau Professor Levicnik schon sagte: „Man braucht die Mobilität, um am
gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können, soziale Kontakte zu knüpfen, die
Selbstorganisation seines Lebens zu ermöglichen.“
Die Frage lautet auch: Mobilität wohin? In der Wohnung und aus der Wohnung.
Wohin will ich denn mobil werden? Zum Einkaufen, zum Arzt, zur Begegnungs-
stätte, zu Freunden, zum Amt oder einfach nur zum Spazierengehen.
Man muss überlegen: Was ist gut und was hindert uns? Unter den Dingen, die sich
verändern sollen, gab esviele gute Anregungen: Zum Beispiel sind die
Ampelphasen zu kurz, eine Sekundenanzeige, wie lang noch grün ist, wäre
sinnvoll, auf die Breite der Inseln in der Mitte der Straßenübergangswege achten
wegen der Rollstühle oder der Rollatoren. Die Fahrten der Busse sollten nicht an
der Stadtgrenze aufhören, sondern noch ein bisschen weitergehen. Es ist aber nicht
nur das Liniennetz, sondern auch die Taktzeiten müssen kürzer werden. Die
Fahrstühle und Rolltreppen im Zusammenwirken mit nachbarschaftlicher Hilfe
und Anpacken: Wir wollen wissen, wann die U-Bahnhöfe Fahrstühle und
Rolltreppen bekommen. Das zu erfahren, wäre gute Informationspolitik. Fahrstühle
und Rolltreppen sind nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für Menschen
mit Behinderungen, für junge Familien mit Kinderwagen und für Touristen
wichtig.
Weiter wurde auch die Frage der Begleitdienste, der Mobilitätshilfsdienste und der
Sicherheit angesprochen. Es ist auch nicht nur die Frage des öffentlichen Personen-
nahverkehrs, wie Bus, Tram, S- und U-Bahn, sondern auch die der Autos. Das hat
etwas mit Freiheit und Selbstbestimmung zu tun. Aber, kann ein 95jähriger noch
Auto fahren?
Weitere Überlegungen, die sich aus den Diskussionen ableiteten:
Wie lange dauert es, um irgendwohin und wieder zurückzukommen?
21
Gibt es unterwegs vielleicht Sitzgelegenheiten zum Ausruhen zwischendurch?
Reichen die Sitzplätze in den Buswartehäuschen?
Wie ist es um die öffentlichen Toiletten bestellt?
Eine letzte Sache zum Überlegen: Technik ist zwar Spitze, aber man muss damit
umgehen können. Ein negatives Beispiel sind die derzeitigen Fahrschein-
automaten. Wie nutzerfreundlich sind denn diese Geräte?
Andererseits muss man die Entwicklungen bedenken. Entwicklung bedeutet auch,
dass das Land Berlin viel Geld dazu gegeben hat das S-Bahnnetz auszubauen oder
Schülern Fahrpreisermäßigungen zu gewähren. Schaut man sich aber nun die
demografische Entwicklung an, sieht man, dass es immer weniger Kinder gibt und
das Land immer weniger Geld für die Subventionen von Schülertickets braucht.
Man kann also das frei gewordene Geld wieder anderweitig investieren.
Das sind aber alles Dinge, über die man in Ruhe nachdenken sollte. Auf den
Gebieten Mobilität und Personennahverkehr wird es in den nächsten Jahren
mächtige Veränderungen geben, weil die Menschen zwar immer älter, aber auch
immer rüstiger bleiben.
Sport und Bewegung älterer Menschen
Frau Dr. Milena Slon aus Warschau
hielt das Einführungsreferat. Sie
stellte die Ergebnisse einer Unter-
suchung über das Gleichgewicht vor,
die sie letztes Jahr an der
Warschauer Sportakademie gemacht
hat. Dabei ging es um die Frage, was
man machen könne, um das Gleich-
gewicht bei ganz alten Menschen zu
verbessern.
Die Rednerin beschrieb eine Metho-
de um das Gleichgewicht zu über-
prüfen. Diese wurde durchgeführt an
unterschiedlichen Gruppen, deren
Leistungen ansschließend verglichen
wurden.
Dabei kam es u. a. zu folgenden Erkenntnissen:
- Wichtig für die Wirbelsäule und das Gleichgewicht ist die Haltung.
- Von Bedeutung ist auch das Bewusstsein für die einzelnen Körperteile.
- Die Leute treffen sich, bilden ein Netzwerk, entwickeln Freundschaft, was
alles zur Motivation Sport zu treiben beiträgt.
- Wichtig beim Sport ist die Sicherheit. Man muss sich dabei wohl fühlen. Die
Rednerin rief zum Abschluss die Formel: 180 – Alter in Erinnerung. Diese
22
ergibt eine Zahl für die Pulsschläge, die beim Sport nicht überstiegen
werden sollten.
Zu dem Thema Sport und Bewegung äußerten sich anschliessend acht Zuhörer,
darunter Christa Fischer, die im Sozialwerk Berlin unter anderem den Interessen-
kreis Bewegungslehre leitet und auch Seminarteilnehmer zu einer sportlichen
Entspannung anregte.
Zusammenfassend sei bemerkt, dass ein jeder sich überall nach seinen
Möglichkeiten sportlich betätigen kann, besonders, wenn es unter einer
sachkundigen Anleitung geschieht. Das deckt sich auch mit dem, was Frau Dr.
Slon gesagt hat, nämlich, dass der in der Rehabilitation am besten dran ist, der eine
fachliche Unterstützung bekommt. Es ist auch deutlich geworden, wie wichtig eine
regelmäßige sportliche Betätigung ist. Auch macht ein gemeinsamer Sport in einer
Gruppe wegen der sozialen Kontakte mehr Freude.
Die Entwicklung hat in den letzten Jahren gezeigt, dass man nicht unbedingt
Mitglied in einem Sportclub sein muss, um sich irgendwo zu betätigen. Es gibt
viele Begegnungsstätten oder –zentren, die auch niederschwellige Angebote
unterbreiten, wie z.B. im Sozialwerk die Bewegungslehre, die Gymnastik, das
Schlösschenballett, Yoga und Wandern.
Die Angebote haben sich auch territorial verändert, man muss nicht weit fahren,
sondern die Möglichkeiten liegen in der Nähe. Auch die Angebotsvielfalt hat sich
entwickelt, ob z. B. Wandern oder Nordic Walking. Deshalb muss jeder für sich
herausfinden, was wichtig und möglich ist.
Es gab zu DDR-Zeiten einen Spruch: „Jeden Tag an jedem Ort eine Stunde
Sport“. Wichtig ist, dass man es freiwillig für seine Gesundheit tut, es sei denn
man hat ein gesundheitliches Handicap oder man muss eine ärztliche Verordnung
befolgen.
23
Begrüßungsabend
Peter Stawenow lud die Teilnehmer/innen nach dem Abendessen ins Schlösschen-
Café zu einem gemütlichen Begrüßungszusammensein ein, das von unserem
Hof-Akkordeonspieler Vladislav Urbanski untermalt wurde.
24
Dienstag, 7. Mai 2013
Margit Hankewitz begrüßte die Teilnehmer/innen zum zweiten Tag des Seminars,
dessen erster Teil, wie sie von verschiedenen Seiten gehört hat, sehr erfolgreich
war. Es war sehr interessant – wir haben vieles aus den Ländern gehört – und es
gab noch einen sehr harmonischen Ausklang im neu gestalteten Schlösschen-Café
aus.
Ein Spruch des Tages in Anlehnung an die gestrige Frage: „Ehrenamt, was
bekomme ich dafür?“, lautete: „Anderen ein Lächeln zu schenken, ist ein
Geschenk, das fast immer ankommt und zurückkommt.“
Zum ersten heutigen Thema „Gesundheit“ noch ein weiterer Vers: „Die
Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“ – Arthur
Schopenhauer.
Der Moderator Peter Stawenow schlug vor, die Teile „Gesundheit älter werdender
Menschen“ und „Pflege im Alter“ zusammen zu behandeln, da sie eng miteinander
verbunden sind.
Den Auftakt zum Thema
„Gesundheit älter werdender
Menschen“ machte Frau Dr. Maria
Pawinska mit ihrer 30 Bilder
umfassenden Powerpoint-Projek-
tion.
Einleitend stellte sie die These auf,
dass unsere Gesunheit mit dem Alter
schlechter wird und sie nannte dafür
zwei Faktoren: Die Genetik (75-80
%) und die Lebensweise (20-25%).
Die Störung der essenziellen Zellfunktionen führt unmittelbar zum Verlust der
Koordinierung der Organe des älter werdenden Körpers. Die Rednerin zählte dann
die aus den negativen zytologisch-biochemischen Prozessen resultierenden
Gewebeveränderungen und auftretenden Krankheiten auf.
Frau Dr. Pawinska stellte dann die Frage, ob es bei so vielen Ursachen in Folgen
überhaupt möglich ist, irgendwechen Einfluß auf unsere Gesundheit zu nehmen.
Die wichtigste Sache dabei ist das Wissen! Die Selbstkontrolle des Organismus
ist aber genau so wichtig wie die schnelle Reaktion auf festgestellte
Veränderungen oder Beschwerden. Leider lassen sich nicht alle Beschwerden mit
Medikamenten heilen. Zu ihnen gehören hauptsächlich Krankheiten des Knochen-
und Gelenksystems.
25
In solchen Fällen sollte man als Ergänzung eine Therapie mit physikalischer
Rehabilitation beginnen, die besonders von den älteren Personen bevorzugt wird,
aber auch zunehmend von jungen Leuten wahrgenommen wird. Heutzutage
gewinnen die Rehabilitationsprogramme in gut eingerichteten Praxen an
Bedeutung.
Die Rednerin präsentierte in mehreren Bildern die Räumlichkeiten und
Einrichtungen ihrer Arztpraxis in Warschau sowie ihre Familie, darunter auch
einige Ärzte. (Siehe Anhang Polen)
Frau Dr. Pawinska kam zum Schluss, dass sich unsere Gesundheit mit dem Alter
verschlechtert und wir ständige medizinische Betreuung (Ärzte, Pfleger Betreuer)
brauchen. Manchmal ist es nötig, das Zuhause aufzugeben und in eine
Alteneinrichtung zu wechseln, um gut und würdevoll den Rest der Lebenszeit
verbringen zu können. In Deutschland gibt es schon derartige Möglichkeiten, in
Polen gibt es leider viel zu wenig Alteneinrichtungen. Das bedeutet für uns noch
viel Arbeit, aber wir hoffen, dass wir es schaffen, denn in Polen wird die
Gesellschaft ebensobald sehr alt sein. Bedeutet das Alter oder Senilität selbst eine
Krankheit? Natürlich nicht, aber wir verlangen eine größere Zuwendung und Sorge
um eine gute Gesundheit.
Peter Stawenow bedankte sich bei Frau Dr. Pawinska, die in ihrem Vortrag die
Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ganz anschaulich dargestellt
hat. Diese lautet: „Gesundheit des Menschen ist ein Zustand des vollständigen
körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von
Krankheit und Gebrechen“.
Nun war Herr Béla János Bács aus Siebenbürgen/Rumänien an der Reihe, seinen
PP-Vortrag über „Pflege im Alter“ (siehe Anhang Rumänien) zu halten. Er stellte
einleitend fest, dass in Rumänien die Pflege älterer Menschen vorwiegend in der
eigenen Wohnung stattfindet und dort von Familien-mitgliedern und von
unausgebildeten, von der Familie bezahlten Helfern geleistet wird. Was die
öffentlichen Einrichtungen anbelangt, so gibt es regional ausgerichtete Alten- und
Pflegeheime mit ausgebildetem Personal. Es stehen aber zu wenig Plätze zur
Verfügung.
Der Redner ging dann auf die Situation in den Pflegeheimen ein, deren
Orientierungspunkte sich von der vorwiegend medizinisch-pflegerischen
Betreuung hin zur Programmgestaltung für die Bewohner verlagert. Er strich die
Bedeutung der Zusammenarbeit von Kirche und Behörden sowie der interna-
tionalen Kontakte hervor. Eine wichtige Rolle in der mobilen Pflege und
Betreuung spielt die Caritas (Grundpflege, Haushaltshilfe, Fachpflege, soziale und
medizinische Habilitations- und Rehabilitationsaktivitäten, Wohnungsanpassung,
ehrenamtliche Gruppen, Zusammenarbeit, materielle Hilfe) eine Rolle.
Abschließend schilderte Béla Bács die wichtigsten Aufgaben der Altenein-
richtungen der Caritas ein und forderte für unsere Gesellschaft im Wandel neue
Konzepte und eine neue Wertorientierung, wobei die Kirche und die
Zivilgesellschaft eine große Rolle spielen.
26
Nach diesem Vortrag hatte der Moderator Peter Stawenow den Eindruck, dass
beide Vorträge sich sehr gut ergänzten. Er eröffnete die Diskussion, an der 15
Zuhörer teilnahmen, und sagte einleitend, dass jeder Mensch, ob gesund oder
krank, ob jung oder alt, ob er ein ausländischer Bürger oder ein Deutscher ist, ein
Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat. Das gilt auch bei einem gesund-
heitlichen Handicap. Jeder hat das Recht, glücklich oder zumindest zufrieden zu
sein. Es kommt darauf an, wie die Gesellschaft sich dieser Frage stellt, wie man
ältere Menschen akzeptiert und wie man mit ihnen umgeht.
In Deutschland fragt man sich, wie man folgendes Problem lösen kann:
Die Zahl der älteren Menschen nimmt weiter zu, und viele werden immer
pflegebedürftiger. Man beachtet aber nicht, dass der Zustand der Pflegebedürf-
tigkeit weiter hinausgeschoben wird. Wer soll denn die Pflege machen? Es gibt
immer weniger junge Leute, wer soll das denn tun? Dann gab es die Idee,
Pflegefachkräfte aus anderen Ländern anzuwerben oder unsere älteren Menschen in
andere Länder, wie Spanien, die Türkei oder Thailand zu exportieren. Beides
funktioniert aber nicht. Man braucht einen dritten Weg, der da heißt: die Zukunft
generationsübergreifend gestalten.
Was haben die Menschen für Wünsche, wenn sie immer länger leben und dann aber
das Leben so langsam zu Ende geht? Sie möchten keine Schmerzen haben, sie
möchten nicht allein sein und sie möchten in einer Umgebung sein, die ihnen
vertraut und bekannt ist. Diese Überlegungen haben dazu geführt, immer wieder
Wege zu suchen, diese Wünsche auch zu erfüllen, d. h. palliative Medizin, um die
Schmerzen in den Griff zu bekommen, d. h. auch Sterbebegleitung oder
Hospizdienst. Bis es dann einmal soweit ist, versucht man solange wie möglich
gesund und fit zu sein und die Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Dies bedeutet
aber auch, dass das eine Aufgabe ist, die für viele Organisationen, Institutionen,
Verbände, Ärzte, Pflegekräfte, Familien, die Nachbarschaft, eine Herausforderung
darstellt und wo in Zukunft auch ein stärkerer Koordinationsbedarf besteht.
Pflegen ist ein ganz schwerer Beruf. Peter Stawenow zitierte einen provokativen
Ausspruch von Karl Lauterbach, Bundestagsabgeordneter und Gesundheits-
experte der SPD: „Es gibt keinen schnelleren Weg, pflegebedürftig zu werden als
selbst zu pflegen.“ Das bedeutet, dass diejenigen, die in der Pflege tätig sind, eine
körperlich und psychisch sehr schwere Aufgabe haben, wenn es z. B. um den
ambulanten Hospizdienst geht. Pflegen ist auch ein Dienst, der an Abenden, Sonn-
und Feiertagen und auch in Schichten stattfindet. Der Anerkennungsgrad des
Pflegeberufs ist in der Öffentlichkeit noch sehr niedrig. Es ist auch ein Beruf, der
sehr schlecht bezahlt ist. Die Pflegesparte ist auch mit viel Ehrenamtlichkeit
verbunden, denn die hauptamtlichen Pflegekräfte können in Zukunft nicht mehr
allein die ganzen Aufgaben bewältigen. Man muss sich in diesem Zusammenhang
auch fragen: Wo hört die Betreuung auf und wo fängt die Pflege an, um diese
Gratwanderung angemessen zu vollziehen. Weitere Fragepunkte waren: Was
können die älteren Menschen selber tun, um ihre Lebensweise zu gestalten. Was
soll man 10 Jahre vor dem Pflegefall tun? Welche Kontaktpersonen haben die
älteren Menschen?
27
Oftmals sind die Pflegekräfte oder die pflegenden Angehörigen die zweiten Opfer,
weil sie mit der Situation nicht fertig werden, entweder, weil das Wissen fehlt oder
weil der Pflegeprozess zu lange dauert und der Druck immer größer wird.
Prävention ist die beste Medizin. Man soll sich gedanklich auf Situationen
vorbereiten, sei es zum Beispiel durch eine Vorsorgevollmacht oder eine
Patientenverfügung. „Ich weiß, was ich möchte, und das möchte ich meinen
Angehörigen und den Ärzten kundtun, und dies dann schriftlich“. Man sollte auch
eine Sozialstation/Pflegestützpunkt, einen ambulanten Dienst, eine Pflegeeinrich-
tung in Betracht ziehen.
Wir haben mit unserem Projekt „Ältere Menschen ermitteln selbst die Situation in
Altenpflegeeinrichtungen“ sehr gut festgestellt, wie die Lage in den Einrichtungen
ist und dass es doch so manche Probleme gibt. Im Mittelpunkt soll immer das
selbstbestimmte Leben stehen. Die Rahmenbedingungen dafür sind zu schaffen.
Peter Stawenow leitete dann zum zweiten Teil des Seminartages über, nämlich die
Fahrt zum Altenpflegezentrum „Erfülltes Leben“ gGmbH und zum „Haus
Abendsonne“, mit dessen Tagespflegestätte „El Friede“. Bei ihrem Rundgang im
Haus „Abendsonne“, das 100 Bewohner beherbergt, denen 80 Mitarbeiter – wenn
auch nicht alle vollzeitig – zur Seite stehen, konnten die Seminarteilnehmer einen
Blick in ein Zimmer, ein Bad und den Friseursalon werfen und sie erfuhren, was
ein „Blister“ bedeutet, nämlich Medikamentenstellung durch die Apotheke und
Kontrolle durch das Personal. In der Tagespflegestätte „El Friede“ besichtigten die
Besucher den Ruheraum, die Bar mit dem Speisesaal und die sehr geräumige
Terrasse. Hier kostet der Aufenthalt 80,00 € pro Tag.
Diese beiden Einrichtungen hinterließen einen hervorragenden Eindruck.
Anschließend wurde die geplante Rundfahrt durch Berlin, „eine Stadt für alle
Generationen“, durchgeführt. Dabei hatten die ausländischen Teilnehmer auch die
Gelegenheit am Grab von Käte Tresenreuter, der Gründerin und Vorsitzenden des
Freundeskreises Mittel-, Ost- und Südosteuropa, gebührend Abschied zu nehmen.
Béla János Bács hielt eine rührende Ansprache, in der er sich für den beispiellosen
Einsatz der Verstorbenen zu Gunsten der älteren Menschen in Europa bedankte.
Die schlichte Feier am Grab endete mit dem Lied „Guten Abend, gute Nacht…“,
das immer zu den Tagesabschlüssen bei den Seminaren gesungen wurde.
28
Mittwoch, der 8. Mai 2013
Margit Hankewitz eröffnete am Mittwoch, dem 8. Mai 2013, den Seminartag, zu
dem die Teilnehmer/innen noch erstaunlich fit erschienen sind.
Der Tagesspruch lautete: „Fange nie an, aufzuhören – höre nie auf, anzufangen“.
Das ist typisch für die Arbeit, die uns hier vereint. Frau Hankewitz fügte einen
weiteren Spruch hinzu: „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu
werden“ – Mark Twain.
Peter Stawenow, Moderator, verwies noch einmal auf den gestrigen Besuch in
der Pflegeeinrichtung in Berlin-Lichtenberg und auf den Berliner Pflegeheimführer.
Als Einstieg in das Thema „Altersarmut“ stellte er die Fragen: Wie zeigt sich
Armut älterer Menschen?
Wie begegnet uns Armut im Alter?
Zu diesem Thema gab es 18 Wortmeldungen, die von Peter Stawenow sortiert
und zusammengefasst wiedergegeben wurden.
„Das erste, was ich Ihnen sagen möchte, dass Sie sehr gute Beobachter sind.
Viele sehen das nicht, was Sie gesehen haben. Das hat verschiedene Gründe,
entweder will man das nicht sehen, oder es geht einem so gut, dass man es
ignoriert. Es gibt auch Menschen, die aus Schamgefühl heraus versuchen ihre
Armut zu verbergen. Es ist ein dialektisches Gesetz, dass man immer von der
Erscheinung zum Wesen oder von der Erscheinung zur Ursache kommt.“
„Auf die Frage, was denn Armut ist, kann man auf die europäische Definition
verweisen, die besagt: Armut ist immer ein Defizit von oder zu etwas.
Es geht nicht nur um die finanzielle Armut, es geht auch um die Armut sozialer
Kontakte, die unterschiedliche Ursachen haben kann. Man kann auch von
Bildungsarmut sprechen, diese betrifft aber nicht nur ältere Menschen, sondern
auch junge.
Armut kann auch infrastrukturell bedingt sein. So gibt es z.B. in Berlin: Mangel
an Sitzgelegenheiten und an Toiletten, und auf dem Land: Mangel an
Einkaufsmöglichkeiten, guten Verkehrsanbindungen, Post- u. Sparkassenagen-
turen. Armut ist also immer auf etwas bezogen.
Wozu führt die Armut bei den Menschen: Einsamkeit, Isolation, Verlust des
Selbstbewusstseins, des Selbstwertgefühls, Zukunftsängste, Krankheit.
Man sagt: „Wer arm ist, stirbt eher.“ Es gibt ein weiteres Sprichwort: „Not
macht erfinderisch.“ Wie kann ich mit Armut klarkommen? Wie war die Situation
nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges? Die ältere Generation entwickelte
dadurch ganz andere Überlegungen, um ihrer damaligen Situation gerecht zu
werden.
Es müssen Bedingungen geschaffen werden, damit jeder Mensch ein
Mindestmaß des Standards erreicht, von dem, was wir als wichtig und notwendig
erachten.
29
Lebenslanges Lernen
Gita Magonite aus Lettland lieferte dazu den Einstieg (siehe Anhang Lettland).
Einleitend stellte sie die Frage, ob sich alle Anwesenden in einer anderen Sprache
begrüßen können und rief dazu auf, sich in ihrer jeweiligen Sprache „Guten Tag“
zu sagen und am Ende ihrer Ausführungen mit „Sehr gut und danke“ zu
verabschieden. Dann stellte die Rednerin fest, dass das Lernenkönnen die
wichtigste Fähigkeit des Menschen überhaupt ist. Das Anpassen an die Umgebung
ist auch ein Lernen, und es hat vielen Tierarten ermöglicht, zu überleben und sich
weiterzuentwickeln. Im Gegensatz zur Tierwelt verfügt die Menschheit über die
Sprache als Mittel zur Information und Kommunikation. Gita Magonite erwähnte
in diesem Zusammenhang die erstaunliche Entwicklung, die die Zivilisation
gemacht hat und vom Kleinkind bis hin zum lebenslangen Lernen bewirkt, dass die
Entwicklung mit der Verbesserung der menschlichen Persönlichkeit einhergeht. Sie
sprach dann die Notwendigkeit, Möglichkeiten und Vorteile der Weiterbildung an
und stellte die diesbezüglichen Angebote des lettischen Vereins RASA (Allianz der
aktiven Senioren Rigas) vor.
Nach diesem lockeren Einstieg stellte unser Moderator, Peter Stawenow, folgende
Fragen: Was sollen wir alles lernen? Wie lernen wir? Wäre es nicht besser,
Methoden zu lernen, wie man zu Informationen kommt und wie man Probleme löst,
denn je mehr man weiß, um so mehr neue Fragen stellen sich. Wie kann man mit
der immer schneller verlaufenden Entwicklung Schritt halten?
Zu diesem Fragenkomplex gab es 5 Wortmeldungen. In seiner Zusammenfassung
stellte Peter Stawenow heraus, dass wir deshalb lernen, um unser Leben gestalten
zu können, um bestimmte Interessen und unsere Neugier zu befriedigen, um
Fakten, Informationen und Zahlen zu erfassen und darüber hinaus uns Fähigkeiten
anzueignen, diese in Zusammenhänge zu setzen, nach Hintergründen und Ursachen
zu fragen, Folgerungen zu ziehen und Wissen sowie Fähigkeiten, die man schon
hatte, so lange es geht, zu erhalten. Das ist die Herausforderung aufgrund des
Immer-Älter-Werdens und der Demenzerkrankung. Man kann auch in die Situation
z. B. bei Schlaganfall kommen, vorher Gelerntes wieder neu lernen zu müssen.
Man muss lernen, wie man lernt. Man muss auch Werte, Überzeugungen und
Einstellungen, wie Höflichkeit, Freundlichkeit und z. B. Achtung vor dem Alter
oder Hilfe zur Selbsthilfe vermitteln.
Das Lernen ist auch keine Einbahnstraße, es ist generationsübergreifend: Ältere
Menschen geben ihre Erfahrungen an jüngere weiter und die wiederum ihr Wissen
und Methoden an die älteren. Hier ist nicht die Situation, in der es Schüler und
Lehrer gibt, sondern wir sind je nach Lage alle Lehrer oder alle Schüler. Wir lernen
voneinander und untereinander.
Es gibt auch immer einen Grund, warum man etwas lernen will oder muss, z. B.
Umschulung nach der Wende oder Kontakthalten mit der Entwicklung.
In diesem Zusammenhang geht es uns darum, anderen Menschen beim Lernen
beizustehen und umgekehrt selber zu lernen. Dazu braucht man Orte, wo man das
30
tun kann, man braucht die sozialen Kontakte, denn gemeinsames Lernen macht
mehr Freude.
Niemand darf von Entwicklung und Wissen abgekoppelt werden, denn Wissen ist
Macht. Man muss sich Schulung und Wissen leisten können. Deshalb sollte es Orte
geben, wo die Wissensvermittlung unentgeltlich erfolgt.
Sozialkulturelle Einrichtungen, Begegnungsstätten,
Stadtteilzentren
Peter Stawenow blickte noch einmal kurz zurück auf das Europa-Seminar im Mai
2012, in dem wir uns auf die Prinzipien, Kriterien und Inhalte der offenen
Altenarbeit verständigt haben. Dabei gibt es, was die Inhalte anbelangt, vier Säulen
(die vier B’s): Beratung, Betreuung, Begegnung und Bildung.
Zum Punkt Begegnungsstätten lieferten Irina Sagaitiené und Vilhelmina
Pundiené aus Litauen anhand einer Powerpoint-Darstellung den Einstieg (siehe
Anhang Litauen).
Sie brachten einleitend eine Statistik, die den Einfluss des demografischen Wandels
auf die Einwohner Litauens sowie deren Rentenniveau veranschaulicht. Dann
berichteten sie über das Leben der Senioren am Beispiel einerseits der
Landmannschaftsorganisation „Schwentschönija“ und andererseits des deutschen
Clubs LOTTE, der 1995 von der Germanistin der Universität Vilnius Frau Marija
Ciurliene gegründet wurde. Zum Schluss zeigte Irina Sagatiené einen kurzen
Filmausschnitt aus dem „Essen für Deutschland“, zu dem der Club LOTTE von der
Deutschen Botschaft im April 2013 eingeladen worden war.
Peter Stawenow erkundigte sich bei den einzelnen Ländervertretungen, was seit
dem letzten Treffen im Mai 2012 bei ihnen Neues geschaffen wurde.
Er wies darauf hin, dass sich im Sozialwerk Berlin nach dem Ableben der
Vorsitzenden Käte Tresenreuter schon manches geändert hat. Dazu hat Margit
Hankewitz gesagt: „Wir haben die Tradition im Herzen und die Zukunft in der
Hand“.
Sie gestalten in ihren Ländern auch die Zukunft in ihren Organisationen und Klubs.
Dabei werden sie und wir vor bestimmte Herausforderungen gestellt. Dazu haben
wir letztes Jahr schon gesagt: Wir orientieren unsere Arbeit immer an den
Bedürfnissen der älteren Menschen, das ist unser Ausgangspunkt. So wie sich die
Menschen oder die Bedürfnisse verändern, verändern sich auch unsere Angebote
und Unterstützungsleistungen.
Auf welche Veränderungen haben wir uns in unserer Arbeit einzustellen? „Die
Gedanken, die ich jetzt äußere, sollen nicht als Resignation verstanden werden oder
Pessimismus verbreiten, sondern zum Nachdenken anregen, wie wir uns auf diese
Entwicklungen einstellen können“. Eine Herausforderung haben wir in unseren
Gesprächen schon benannt: Es wird immer mehr Menschen geben, die immer noch
über mehr Nichtarbeitszeit verfügen werden, durch Arbeitszeitverkürzung,
31
Arbeitslosigkeit, aber auch durch die gestiegene Lebenserwartung. Was fangen wir
mit dieser Lebenszeit an?
Eine zweite Herausforderung ist: Die Freizeit auch der Menschen, die berufstätig
sind, lässt sich nicht mehr genau feststellen, weil wegen Überstunden, Arbeit in
Schichten, flexible Arbeitszeitgestaltungen, Zweit-Jobs man nicht mehr sagen
kann, dass die Berufstätigen und die Familien immer sonnabends, sonntags oder
werktags ab 16:00 Uhr Zeit haben. Die Freizeit verändert sich somit auch.
Dritter Punkt: Es wird so sein, dass die Menschen immer mehr Wünsche haben,
und erfüllte Wünsche rufen immer wieder neue Wünsche hervor. Das führt auf der
anderen Seite aber auch zur Verschuldung. Des Weiteren: Der Unterschied
zwischen Arm und Reich wird immer größer. Ergriffene Sparmaßnahmen der
Regierungen machen nicht vor dem Sozialbereich Halt.
- Die Menschen und besonders die älteren Menschen lassen ihre persönlichen
Freiheiten nicht einengen, sie möchten selbstbestimmt das tun, was sie für
notwendig und wichtig erachten. Das führt auch dazu, dass die älteren Menschen,
und nicht nur die, sich nicht mehr als Mitglieder in Organisationen oder Parteien
oder Kirchen einengen lassen.
- Dann stellen wir auch fest, dass bei den Menschen die Politikverdrossenheit
zunimmt und sie sich fragen: Kann ich überhaupt etwas ändern, macht das alles
überhaupt noch Sinn? Diese Entwicklung stellt man bei der schwächelnden
Beteiligung an Wahlen fest.
- Die Anzahl der Einzelhaushalte wird immer grösser, dies bringt
Vereinsamung und Isolation mit sich.
- Das Aufsichselbst-Fixiert-Sein, der Egoismus ist da und dem muss
entgegengewirkt werden.
- Es gibt aber auch gegenläufige Bemühungen, indem wir versuchen, mit
unseren Organisationen und Einrichtungen den oben genannten Entwicklungs-
tendenzen Rechnung zu tragen. Das bedeutet auch, wenn sich die Zeit nicht genau
fixieren lässt, dass wir als Sozialwerk Berlin von Anfang an unsere Einrichtung
täglich auch sonntags und an Feiertagen jeweils von 10:00 bis 18:00 Uhr geöffnet
haben und dass wir uns fragen, wie wir die zeitlichen und räumlichen Grenzen
sprengen können. Sollen wir die älteren Menschen zu uns herholen oder sollen wir
zu ihnen hingegen, so wie wir es mit dem Besuchsdienst machen? Auch der
Besuchsdienst wird sich verändern und weiterentwickeln, so gehen wir z.B. mit
unserem Schlösschen-Chor in Pflegeeinrichtungen.
Wenn es darum geht, finanzielle Grenzen zu sprengen – denn es gibt immer
weniger Geld für unsere Arbeit – muss man erfinderisch sein, wie man Geld
akquirieren kann (Basar, Kulturveranstaltungen, Modenschauen, Sponsering-
Möglichkeiten usw.). Man soll auch darüber nachdenken, wie man gesetzlich
vorgegebene Grenzen sprengt. Das ist uns in bestimmten Punkten schon gelungen
(Seniorenmitwirkungsgesetz; das Projekt „Ältere Menschen ermitteln selbst die
Situation in Pflegeeinrichtungen“ gab Anregungen zum Wohnteilhabegesetz). Uns
ist aber noch nicht gelungen, Grenzen zu sprengen, was die Zuwendung und
Abrechnung finanzieller Mittel betrifft. Da gibt es noch so viel Bürokratie, die man
vereinfachen könnte.
32
Wir haben auch über ideelle Grenzen gesprochen und versucht, sie abzubauen
(Vorbehalte zwischen Ost und West, zwischen den Nationalitäten, zwischen den
Migranten und den Deutschen). Es gibt auch Grenzen, die die Wertvorstellungen
betreffen: Weg vom Konsumrausch oder Egoismus oder Konkurrenzdenken hin zur
Gemeinschaft und Solidarität, Hilfe und Unterstützung untereinander. Das sind
Dinge, die wir mit unserem Sozialwerk und Sie mit Ihren Einrichtungen oder
anderen Organisationen, die ohne eine Einrichtung zu haben, dazu beitragen, das
Leben für die Menschen lebenswerter zu gestalten.
Das ist eine schwere Aufgabe, aber sie macht auch Freude. Wenn es gelingt, hier
weiter voranzukommen, dann haben wir für die älteren Menschen etwas Gutes
getan. Weil diese Räume, diese Klubs, diese Begegnungsstätten einen Rahmen
bilden für Sport, Gymnastik, Yoga, Sprachen, Handarbeit, Malen, Singen und die
Möglichkeit bieten, soziale Kontakte zu knüpfen und zu erhalten. Es kommt gar
nicht darauf an, warum man sich trifft, sondern es sind diese sozialen Kontakte, die
zeigen, dass man füreinander da ist, einander zuhört und aus dieser Praxis heraus,
Fragen und Probleme aufnimmt. Vor diesen Herausforderungen soll man nicht die
Augen verschließen, sondern sie mit viel Kraft und Elan angehen.
Herr Professor Dr. Jan Solich musste sich nun verabschieden. Er wies aber noch
darauf hin, dass wir bei dem Ganzen etwas vergessen haben, nämlich zu all dieser
Arbeit gehört noch die Liebe, die viele Facetten hat. „Schon durch eine
Streicheleinheit kann ein Mensch an Lebensqualität gewinnen“.
Unter Leitung von Frau Barbara Pudig stimmten die Seminarteilnehmer für die
Verabschiedung von Herrn Professor Solich aus der Tschechei den Kanon an: „Viel
Glück und viel Segen auf all deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn sei auch mit
dabei“.
„Verhinderung von Altersdiskriminierungen“
Zu Beginn stellte der Moderator Peter Stawenow die provozierende Frage, ob
es überhaupt eine Altersdiskriminierung, sprich Benachteiligung aufgrund des
Alters gibt. Es erhob sich ein Aufschrei unter den Teilnehmern, die mit einem
deutlichen „JA“ antworteten. Dann lieferten acht von ihnen eine Reihe
bezeichnender Beispiele: Einstellung des PCs auf eine größere Schrift, Ablehnung
einer etwas älteren Chefsekretärin, Diskriminierungen in der Familie
(Erbschaftsangelegenheiten, Übertragung von Bankvollmachten an die Kinder,
erhöhte Beiträge an die Versicherungen, Ablehnung von Krediten (dazu sind
Gesetzesänderungen erforderlich), wohlgemeinte Hilfestellungen falsch aufgefasst,
z. B. Anbieten eines Sitzplatzes in der S-Bahn, Problem trotz Qualifikation eine
Stellung in fortgeschrittenerem Alter zu bekommen, Verweigerung von
Operationen).
Nach diesen etwas kontrovers vorgetragenen und diskutierten Beispielen, kam
Peter Stawenow zu dem Schluss, dass Altersdiskriminierung immer dann gegeben
ist, wenn man eine Benachteiligung aufgrund seines Alters gegenüber den
Mitmenschen erleidet. „Es kommt auch darauf an, dieses Problem öffentlich zu
33
machen, die Felder, wo Altersdiskriminierung passiert, aufzuzeigen, denn sie
reduziert sich, wie wir gesehen haben, nicht nur auf einen Bereich.“
Es bedarf gesetzlicher Bestimmungen und Regelungen, um vonseiten des
Staates zu demonstrieren, dass im Sinne des Grundgesetzes alle Menschen gleich
sind. Dazu gibt es schon ein Gleichstellungsgesetz, das aber nur dann mit Leben
erfüllt werden kann, wenn alle sich daran halten und die Dinge, die nicht in
Ordnung sind, öffentlich machen. Darum haben wir vor drei Jahren Politiker
angesprochen, die im Berliner Abgeordnetenhaus eine Anfrage gestartet haben, um
zu erfah-ren, welche Gesetze und Bestimmungen es gibt, in denen Altersgrenzen
enthalten sind, die einer Altersdiskriminierung Vorschub leisten. Es war ganz
interesssant, was dabei herausgekommen ist. Da gibt es z. B. Festlegungen, dass
Personen über 70 Jahre nicht mehr als ehrenamtliche Schöffen arbeiten dürfen. Es
gab auch die Diskussion in Richtung Selbstbestimmung. Man muss immer beide
Seiten beachten, eines Menschen Wunsch respektieren und umgekehrt auch schon
eine einmal angebotene Hilfestellung annehmen. Es wurde auch die Frage aufge-
worfen, ob die Anwesenden dafür sind, dass ab 70 Jahre alle 5 Jahre eine
Fahrprüfung gemacht werden sollte. Dies war auch ein kontrovers diskutiertes
Thema: Altersdiskriminierung oder Verkehrssicherheit. Man sollte derartige
Vorschriften nicht an einer Altersgrenze festmachen. Jeder Mensch hat eine eigene
Entwicklung mitgemacht und hat einen eigenen Gesundheitszustand, man sollte
diese Angelegenheit individuell angehen.
Zum Thema Altersdiskriminierung abschließend zwei Sprüche:
„Junge Leute laufen schneller und ältere Leute wissen besser wohin.“
„Ein Alter im Sitzen sieht mehr als ein Junger im Stehen.“
Verbraucherschutz älterer Menschen
Peter Stawenow schlug als Einstieg vor, dieses Thema in zwei Teile zu
sortieren. Man sollte ältere Menschen schützen einerseits vor Haustürgeschäften,
Telefonwerbung, die in Telefonterror ausarten kann, aber auch vor Gesetzestexten
und Formulierungen, die keiner mehr verstehen kann, andererseits in der
Produktentwicklung vor Tendenzen alles kleiner (Mobilfunk) oder komplexer
(Fernbedienung) zu machen.
Dies führt dazu zu fragen: Was macht man im Sinne des Verbrauchers und des
Verbraucherschutzes an Produkten, die das Leben der älteren Menschen
erleichtern? Es gibt immer mehr Produkte und es wird immer komplizierter, das
Richtige zu finden. Dabei geht es nicht nur um technische Erzeugnisse, sondern
zum Beispiel auch um die Frage, wie man eine geeignete Pflegeeinrichtung
auswählt. Auch dort muss Hilfestellung und Unterstützung gegeben werden.
Was brauchen denn ältere Menschen? Es gab acht Wortmeldungen mit u. a.
folgenden Hinweisen:
- Einkaufswagen mit einer Lupe
- Große lesbare Schilder und Preisschilder
- Angaben, Gebrauchshinweise und Fachausdrücke auf Deutsch statt auf Englisch
Es gibt eine Broschüre, die von der BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der
Seniorenorganisationen) herausgegeben wurde und benutzerfreundliche Produkte
34
vorstellt, welche leicht bedienbar und generationengerecht sind (Mobilfunk,
Telefon, Aufnahme- und Abspielgeräte, Musikanlangen, Staubsauger, Dosenöffner,
Korkenzie-her). Darin werden auch Hinweise gegeben, z. B. auf welcher Basis
Mobilfunkverträge abgeschlossen und Bedienungsanleitungen vorgestellt werden.
Diese Broschüre wurde aus Sicht der älteren Menschen gemacht, die dazu ihre
Erfahrungen geschildert und eingebracht haben, dass ein bestimmtes Gerät die und
die Eigenschaften haben müsste. Nach langen Diskussionen über den erstgenannten
Teil gibt es jetzt eine Aufklärungsarbeit, was die Heimverträge anbelangt. Die
Verbraucherschutzzentrale hat hierüber Vorträge im Sozialwerk Berlin abgehalten.
Die Fraunhofer Gesellschaft hat Produkte vorgestellt und in einer Umfrage um die
Meinung der Zuhörer gebeten. Diese Anregungen wurden dann weitergegeben und
umgesetzt.
Die Firmen - wenn sie überleben wollen - sind gezwungen, lebenslang zu lernen
und ihre Produkte anzupassen, sonst werden diese einfach nicht mehr gekauft.
Nicht nur die Forschungsabteilungen allein machen das, sondern diese Produkte
werden verstärkt auch in Kommunikation mit den Menschen selber und in
Erprobung entwickelt. Man muss dabei darauf achten, seine Anregungen und
Wünsche richtig zu artikulieren und aufpassen, dass man nicht zu Versuchs-
kaninchen der Wirtschaft wird. Die Technik ersetzt nie den Menschen.
Ältere Menschen als Teil der Familie
Peter Stawenow: Es hat sich in den drei Arbeitstagen herauskristallisiert, dass es
Familientraditionen gibt und sich auch Traditionen in den einzelnen Ländern
herausgebildet haben. Es gibt auch objektive Entwicklungen, die in vielen Ländern
die gleichen sind. So nimmt die Zahl der Einpersonenhaushalte immer stärker zu, u.
a., weil die Kinder arbeitsbedingt weggezogen sind. Das andere ist aber auch, dass
aus der Situation und vielleicht aus der Not heraus mehrere Generationen in einer
Wohnung leben müssen. Es gibt also unterschiedliche Entwicklungstrends, über die
wir uns austauschen sollten bis hin zu der Feststellung, dass Diskriminierung in der
Familie stattfindet. Umgekehrt herrscht auch Solidarität in der Familie, wenn z. B.
Kinder die Eltern oder einen Elternteil finanziell unterstützen.
Nach diesem Einstieg gab es sieben Wortmeldungen. Das Schlüsselwort ist LIEBE.
Entscheidend ist, wie die Menschen miteinander umgehen, wie der ältere Mensch
in der Familie akzeptiert ist. Wenn das nicht stimmt, nützt auch das viele Geld oder
das eigene Zimmer nichts. Sich wohlfühlen ist das Entscheidende. Das kann man
aber nicht erzwingen, das müssen die Eltern den Kindern vorleben. Früher gab es
fast nur die zusammenfunktionierenden Großfamilien, heute bietet das Einzel-
wohnen eine Möglichkeit zur Bereicherung. Geht in der Familie etwas schief, dann
gibt es noch andere Gemeinschaften, in denen aus der Familie Ausgeschlossene ein
neues Leben anfangen können. Viele Eltern möchten gar nicht bei ihren Kindern
leben, wenn sie alt und gebrechlich werden und sie möchten nicht von ihnen betreut
werden müssen.
Es kommt auf die Definition an. Die Familie definiert sich nicht durch die
gemeinsame Wohnung, es geht um die Beziehungen und nicht um die geogra-
fischen Gegebenheiten. Es gibt ja Telefone, und man kann sich ein paar Mal im
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Jahr zu Familienfeiern treffen. Heute sind wir finanziell in der glücklichen Lage,
uns Einzelwohnungen leisten zu können. Man freut sich darauf, wenn die Kinder
kommen, freut sich aber auch, wenn sie wieder gehen.
Ob man in der Familie oder in einer anderen Gruppe oder in einer
Wohngemeinschaft (WG) lebt, entscheidend ist die Liebe zum Menschen, damit
die Gemeinschaft funktioniert. Wenn die Kinder sagen: „Wenn es euch einmal
schlecht geht, dann kommt ihr zu uns!“, soll man nicht sagen: „ Nein, niemals!“,
sondern sollte dankbar sein dafür, dass sie so denken, denn viele Kinder schieben
ihre Eltern ab und sind froh, wenn sie nicht mehr da sind. Die Nähe zu den
Personen ist wichtig. Wenn die Kinder berufstätig sind, dann haben sie abends
nicht mehr die Kraft, um sich noch um die Eltern zu kümmern, das hat nichts mit
Egoismus zu tun.
Peter Stawenow stellte zusammenfassend die Frage:
Was hat sich denn im Vergleich zu früher verändert?
- die Familiengrößen, heute gibt weniger Kinder
- die ökonomische Selbstständigkeit von Männer und Frauen
- die verstärkten Trennungstendenzen
- die größeren Entfernungen zwischen den Familienangehörigen
- die Schnelligkeit miteinander in Kontakt zu treten
- die vorherrschende Rolle des Familienoberhauptes
- die Lebenserwartung hat sich erweitert
- die Erwartungshaltung den Kindern gegenüber (nicht zur Last
fallen)
- das Entstehen von Ersatzfamilien (Interessengruppen, Vereine,
- Nachbarschaften)
Es gilt das Sprichwort: Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht.
Der Mensch ist ein in einer Gemeinschaft groß gewordenes soziales Wesen, das
immer wieder Kontakte braucht und sucht.
36
Eindrücke und Bewertungen
Peter Stawenow schlug vor, dabei zwei Dinge in Betracht zu ziehen:
Gibt es irgendetwas, was ich gern gesagt hätte, aber keine Chance hatte, es
vorzubringen? (Sollte es noch Anregungen geben, dann sollen sie benannt werden.)
Ist meine Erwartungshaltung an das Seminar erfüllt worden?
In ihrer Beurteilung stellten die Teilnehmer u. a. fest, dass dies eines der lebhaftes-
ten Seminare überhaupt war.
Des Weiteren kam es zu folgenden Stellungnahmen:
- Wir haben viel von unseren ausländischen Gästen erfahren.
- Diese haben sich schon im Vorfeld auf die einzelnen Themen vorbereitet.
- Die Rolle der Religion zur Frage der Altersarmut: Es gibt unterschiedliche
Positionen: Im Christentum werden Wohlstand und Reichtum gar nicht so viel
hofiert, es gilt, sich auf das Leben nach dem Tod vorzubereiten. Im Calvinismus,
aus der Schweiz, herrscht hingegen die Meinung vor, dass Armut eine Sünde ist.
Der berühmte Soziologe Max Weber hat daraus die Entwicklung des
Kapitalismus erklärt. Der Calvinismus war dessen Motivation und Antriebskraft.
In der Gnade Gottes stehen heißt, möglichst viele materielle Güter anzuhäufen.
- Man hat sich diesmal auf die vielen Themen vorbereitet, auch schriftlich. Das
war eine große Bereicherung. Die Erkenntnisse sind auch anderweitig
einsetztbar.
- Dieses Seminar wurde von einer neuen Mannschaft organisiert und es ist
rundherum gelungen. Jeder konnte sagen, was er wollte.
- Wie immer wurden wir im wunderschönen Monat Mai zum Seminar nach Berlin
eingeladen, dazu unser herzlicher Dank. Der Besuch der Altenpflegeeinrichtung
und der Abschied auf dem Friedhof von Frau Käte Tresenreuter waren sehr
beeindruckend.
- Die Vorträge waren sehr aussagekräftig und nützlich.
37
- Es sind große Änderungen eingetreten, die sich auch in der Neugestaltung des
Seminars widerspiegeln.
- Das Seminar war anders als letztes Jahr. Dieses Mal gab es lebensnahe Beispiele
wie der Besuch der Pflegeeinrichtung, Gedächtnistraining, Bewegungslehre und
bezahlbares Wohnen.
- Das Seminar hat uns sehr viel geholfen.
- Es sind neue Ideen zu uns gekommen. Die Menschen sind überall gleich und
haben überall die gleichen Probleme.
- Das Seminar bot den ausländischen Gästen die Gelegenheit, sich im Gebrauch
der deutschen Sprache zu üben.
- Das Ehepaar Tresenreuter wurde vermisst. Es war schön, neue Teilnehmer
kennenzulernen. Die Beiträge waren sehr gut. Vielen Dank in allen anwesenden
Sprachen.
- In unserem Sozialwerk Berlin, in unserem Altenselbsthilfe- und Beratungs-
zentrum sind alle Gegenstände der Diskussionen verwirklicht worden. Es hat uns
gefreut, diese Bestätigung zu erhalten, dass wir nicht nur die Tradition hier
pflegen, sondern auch in die Zukunft schauen. Wir bemühen uns immer, mit der
Zeit zu gehen und das wird auch von allen gutgeheißen.
In seinem Schlusswort führte Peter Stawenow aus: „Es hat große Freude bereitet,
die drei Tage auch inhaltlich mit Ihnen zu bestreiten, weil Sie langsam und laut
gesprochen haben, kurze verständliche Sätze gebildet haben. Ich möchte mich dafür
bedanken, dass Sie keine Angst hatten, das zu sagen, was sie denken und für die
Toleranz den anderen zuzuhören.
Wer logisch denkt und Liebe hat zu den Menschen, der kommt zu den gleichen
Erkenntnissen, die man überall verkünden und umsetzen kann. Wir geben uns gern
gegenseitig Tipps und Hinweise über das, worauf man aufpassen soll, um nicht die
Fehler, die andere gemacht haben, zu wiederholen.
Entscheidend ist immer die Überlegung, wenn wir etwas für die älteren Menschen
tun wollen, dann sollten und müssten wir wissen, was diese möchten. Das war auch
eines der Anliegen des Seminars.
Wir sind eine riesige Ersatzfamilie. In diesem Sinne vielen Dank dafür, dass Sie
hier mitgemacht haben, auch in der Vorbereitung. Es ist ein Gemeinschaftswerk.“
Margit Hankewitz sprach dann folgendes Schlusswort: „Zu allen Themen hätte
ich aus den Erfahrungen der letzten Monate viel sagen können. Was die
Erwartungen anbelangt, so muss ich sagen, wenn man ein so großes Vorbild wie
eine Käte Tresenreuter als Vorgängerin hat, dann muss man überlegen, wie dieses
Werk weitergeführt werden kann. Daher ist mir das mit der Tradition im Herzen
und der Zukunft in der Hand so wichtig.
Ich habe ein gutes Gefühl, was den Freundeskreis Mittel-, Ost- und Südosteuropa
betrifft, dass er weiter existiert, dass er immer mehr zusammenrückt und dass ein
guter Austausch der Länder untereinander erfolgt. Die Probleme mögen in den
einzelnen Ländern unterschiedlich sein, aber die menschlichen Gefühle, diese
Probleme anzugehen und das ehrenamtliche Engagement sie zu lösen, sind überall
gleich. Vielen Dank!“
38
Am Abend fand noch eine lustige Abschlussveranstaltung im Festsaal des Käte-
Tresenreuter-Hauses statt, bei der so mancher „Künstler“ auch aus unserem
Freundeskreis auftrat. Höhepunkt war die schon zur Tradition gewordenen
Darbietungen unseres Schlösschen-Chors.
Auftritt beim Abschiedsabend unseres Schlösschen-Chors unter Leitung von
Prof. Dr. Herbert Striebeck
Materialien:
Folgende Unterlagen wurden den Seminarteilnehmern zur Ansicht zur
Verfügung gestellt:
-Erfahrung für Berlin: Generation 60+ bestimmt mit! (Senatsverwaltung für
Integration, Arbeit und Soziales)
- Gesund älter werden (Publikation Nr. 36 der BAGSO)
- Berliner Zeitung vom 07.01.2013: „Alte im Abseits“ von Daniel
Baumann
Diese Materialien werden mit dem Bericht über das Europaseminar 2013
mitversandt.
39
Anhänge
Anhang 1
Vortrag Vortrag zum Thema:„Mitbestimmung von Senioren in Berlin“
1
Dr. Klaus Sack
Vorstandsmitglied im Landesseniorenbeirat Berlin
• Berlin: 3,54 Mill. Einwohner
863.500 über 60 Jahre 148.00 über 80 Jahre
BRD: ca. 83 Mill. Einwohner
• in der BRD leben ca. 17 Mill. Senioren
• bis 2030 Erhöhung der über 65-Jährigen
• Zahl der über 80-Jährigen verdoppelt sich
1. Ausgewählte statistische Angaben
2
• Migranten in Berlin = 900.000• Migranten in der BRD = 16 Millionen (19%)
ca. 1 Million im Rentenalter, Tendenz steigend• in den Bezirken Mitte und Kreuzberg-Friedrichshain
z.B. : 30% der Senioren mit Migrationshintergrund• in Berlin leben Menschen aus 189 Nationen – aus
140 Religionsgemeinschaften – verteilt auf alle Altersgruppen
• Ansteigen der Pflegebedürftigen von heute 107.000auf 170.000 bis zum Jahr 2030
• bis 2030: Berlin wächst um ca. 250.000 Bürger
Senioren und Migranten
3
40
• Zusammenhalt der Gesellschaft braucht Rahmenbedingungen
• Förderung von Eigeninitiative und Beteiligungsmöglichkeiten
• Unterstützung zivilgesellschaftlichen Engagements
• Verständnis von Seniorenpolitik als Generationenpolitik
2. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Seniorenpolitik
4
• Gesellschaftliche Akzeptenz für ein verändertes Altenbild im Sinne der Nutzung der Potenziale des Alters
• Seniorenmitwirkung muss politisch gewollt sein
• Seniorenvertretungen forderten seit langem ein Seniorengesetz
• 1999 beschließt der Senat „Leitlinien zur künftigen Seniorenpolitik“
5
• Wachsender Druck auf die politischen Akteure durch Seniorenorganisationen
• 2006 trat das erste „Seniorenmitwirkungsgesetz“ in Berlin in Kraft
• Ein Bundesseniorengesetz wurde von der Regierung abgelehnt.
6
• Förderung der aktiven Beteiligung am sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben
• Verbesserung der Beziehungen der Generationen – Nutzung der Erfahrungen der „Alten“
• Gewährleistung des Älterwerdens in Würde
• (Das Gesetz gilt für Personen ab 60 Jahren mit Hauptwohnsitz im Land Berlin)
3. Seniorenmitwirkungsgesetz3.1. Ziele des Gesetzes
7
Kandidaten aus:
Seniorenorganisationen Seniorenheime
Freizeitstätten- Vorstellung/Anhörung der Kandidaten
- 13 – 17 Mitglieder pro Bezirk (Berufung durch Bezirk) für 5 Jahre (entsprechend der Bezirksverordnetenversammlung)
- Tätigkeit ist ehrenamtlich
- Vorstand :1 Vorsitzender; 1 Stellvertreter;
1 Schriftführer; 1 Schatzmeister (Finanzen)
3.2. Bezirkliche Seniorenvertretungen Wahlprocedere
8
41
• Rederecht in den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung (kein Entscheidungsrecht)
• Vorschläge zu Maßnahmen der Bezirke
• Beratung und Unterstützung älterer Bürger
• breite Öffentlichkeitsarbeit
• Kontaktpflege zu Heimen, Freizeitstätten, Seniorenorganisationen
3.3 Aufgaben der bezirklichen Seniorenvertretungen
9
• Abhalten von Bürgersprechstunden
• jährlich 1 Arbeitsbericht an das Bezirksamt
• Unterstützung erhält die Seniorenvertretung durch das Bezirksamt mit:
Räumen
technischer Ausstattung
personeller Hilfe
10
• Mitglieder: Vorsitzende und Stellvertreter der Bezirksseniorenvertretungen (12 Bezirke in Berlin)
• Vorstand: Vorsitzender, Stellvertreter Schriftführer, Schatzmeister
• Aufgaben: Unterstützung der Seniorenarbeit auf Landesebene Mitarbeit im Bundesverband der LandesseniorenvertretungenMitwirkung der 12 Bezirksvorsitzenden im Landesseniorenbeirat Berlin (LSBB) jährlicher Tätigkeitsbericht an den Senat
3.4. Landesseniorenvertretung (LSV)
11
Zusammensetzung:
3.5. Landesseniorenbeirat (LSBB)
12 Vorsitzende der Bezirksseniorenvertretungen
12 Vertreter aus Seniorenorganisationen (Vorschlag aus Landesseniorenvertretung)
Vertreter aus Migrantenorganisationen
Vertreter aus der Senatsverwaltung Gesundheit und Soziales(werden nicht berufen)
12
• Beratung Senat und Abgeordnetenhaus (Parlament) zu seniorenpolitischen Fragen
• Abfordern von Informationen über geplante Vorhaben der Exekutive
• Beratungen finden alle 2 Monate statt
• Information der Öffentlichkeit incl. der Seniorenorganisationen zu aktuellen Themen, Rechtsvorschriften und deren Umsetzung.
3.6. Aufgaben des LSBB
13
42
• Durchführung von Fachtagungen
• Teilnahme der Mitglieder an Veranstaltungen anderer Organisationen und Gremien
• Erarbeitung eines Berichtes mit Ergebnissen und Problemstellungen an den Senat
Der LSBB wird durch den Senat bei der Arbeit unterstützt (Räume, techn. Ausstattung und Haushaltsmittel)
14
• AG „Pflege, Gesundheit u. Verbraucherschutz“
• AG „Migration“
• AG „Bauen, Wohnen und Umwelt“
• AG „ Ehrenamt und Selbsthilfe“
• AG „Alter und Armut“
• AG „Mobilität und Verkehr“
• AG „Öffentlichkeitsarbeit“
3.7. Arbeitsgruppen des LSBB
15
• Im Seniorenmitwirkungsgesetz ist die Bildung von AG`s nicht explizit ausgewiesen.
• Entstehung der AG`s aus praktischen Erfahrungen und Erkenntnissen bei der Aufbereitung von Problemen.
• Alle AG`s behandeln spezielle Themen und befassen sich mit seniorenrelevanten Themen.
• Die AG`s arbeiten selbstständig und ehrenamtlich.
Arbeitsgrundlage der AG`s des LSBB
16
• Mitglieder der bezirklichen Seniorenvertretungen
• Mitglieder des Landesseniorenbeirates
• fachkompetente externe Personen
• Leitung jeder Gruppe durch: ersten Sprecher;
durch zweiten Sprecher und einen Schriftführer
Teilnehmer der AG`s des LSBB
17
43
• kulturelle, wirtschaftliche und soziale Probleme der Stadt Berlin
• Standpunktbildung zu Gesetzesvorhaben
• Aufträge vom Landesseniorenbeirat
• regelmäßige Tagungen – alle 2 Monate (zeitlich vor den Beratungen des LSBB)
• Berichterstattung in den Beratungen des LSBB
Themen der AG`s des LSBB
18
• Mitarbeit in Heimbeiräten
• Unterstützung von Freizeiteinrichtungen im Kampf gegen Schließung – infolge Geldmangel
• Unterstützung für Einrichtungen von Obdachlosen
• Kampf um barrierefreie Zugänge zu öffentlichen Einrichtungen und öffentlichen Verkehrsmitteln
• Info-Stände auf Märkten
• Proteste gegen Mietwucher (Mieterbeirat Senioren)
• Workshops zur Öffentlichkeitsarbeit
4. Aktivitäten von Seniorenvertretungen
19
• Eintreten gegen Altersdiskriminierung (keine Kredite bei Banken, keine Versicherungen für ältere Bürger)
• Forderungen nach Sicherung der fachärztlichen Versorgung in Heimen
• für bezahlbaren Wohnraum – gegen Verdrängung• Proteste gegen Preiserhöhungen bei öffentlichen
Verkehrsmitteln• Teilnahme an der Seniorenwoche (1x im Jahr-
hier ca. 180 Infostände von Organisationen, Verbänden und Seniorenvertretungen)
5. Aktivitäten des Landesseniorenbeirates
20
• Seniorenparlament im Abgeordnetenhaus (1x im Jahr)
Motto:
„Senioren fragen – Senatoren und Parteien antworten“
• Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen sowie zu Perspektivmaterialien des Senats z. B.
: zum Integrationsgesetz
: zu den Leitlinien der Seniorenpolitik
: zum Bericht zur Lage älterer Bürger der Stadt Berlin
weitere Aktivitäten des LSBB
21
• Volle Durchsetzung der Mitbestimmung ist stets Kampf gegen Widerstände in der Verwaltung und in den Entscheidungsgremien (Parteien, Fachabteilungen, Parlament)
• Seniorenarbeit darf nicht auf ein Verwaltungsressort begrenzt sein, sie ist ressortübergreifend zu führen.
• Das Seniorenmitwirkungsgesetz trug zur Veränderung des Altenbildes in der Gesellschaft bei.
6. Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Verwirklichung der Mitbestimmung
22
44
• Senioren von heute wollen auch nach ihrem Arbeitsleben noch gesellschaftlich aktiv sein, sie wollen gefragt werden, wenn es um ihre Probleme geht.
• Sie wollen mitbestimmen und mitgestalten.• Das Gesetz führte auch in den Verwaltungen zu
veränderten Einstellungen zu Senioren und aktivierte bisher passive „Bürokraten“
• Insgesamt stellt das Gesetz eine politische Aufwertung des Engagements der Senioren dar und motiviert zu weiteren Aktivitäten.
23
• sehr geringe Wahlbeteiligung
• zu wenig Standorte im Bezirk als Wahllokal
• keine Briefwahl
• Keine Kopplung mit Bezirksparlamentswahlen
• Erkenntnisse:
: Kandidaten langfristig werben – bessere Vorbereitung auf die ehrenamtliche Arbeit
: fachliche Kompetenz bei den Kandidaten prüfen
: notwendige Mindeststandards prüfen (Fahrgelder, Arbeitsräume, Mitwirkung in den Ausschüssen)
7. Probleme der bisherigen 2 Wahlen zu den Seniorenvertretungen
24
• „Nicht das Alter ist das Problem – sondern unsere Einstellung dazu..“ (Cicero 1000 v. Chr.)
• Das Gesicht ist ein Abbild der Seele“ (Cicero)
• Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück, es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt. (L.A. Senaca; 65 nach Christi )
• „Alles was Spaß macht, hält jung“ (Curt Jürgens)
• „Menschen über 70 fühlen sich in der Regel durchschnittlich 13 Jahre jünger als ihrem Lebensalter entspricht“ (Wissenschaft)
Optimistische Sprüche zum Alter
25
Danke!
26
45
Mittel-, ost- und südosteuropäische Länder
1. Estland
Aili Kogerman
Estnische Seniorenunion
Einwohner 1,290 Millionen
30,1 % Pensionäre
280 000 Alterspensionierte
400 000 Kinder und Studenten
600 000 Arbeitnehmer (Arbeitende Leute)
Mittlere Lebensjahre
2000 2010 2015
M 65,18 70,62 72,5
F 76,00 80,52 82,52
Leute in Estland werden sehr schnell älter. In den letzten Jahren vergrösserte sich die Zahl der Leute 80+ um 6% in einen Jahr.
Gesunde Jahre: M 53,4, Frauen 57,7
Altersrenten sind sehr niedrig
Altensheime sind sehr teuer
17% der Familien müssen ältere Familien-mitglieder zu Hause betreuen
1994 30 Euro
2000 100 Euro
2005 166 Euro
2013 331 Euro
In Jahr 1990:
- Union der Estnischen Pensionierten
- Verbindung der Estnischen Pensionierten. Seit 1994 gehört die Union der Estnischen Pensionierten zur EURAG
Heute gibt es in Estland nur eine überest-nische Seniorenorganisation, die Union der Estnischen Seniorenverbindungen
In jedem Dorf haben wir kleine Senioren-organisationen. In Estland haben wir über 106 Tageszentren für ältere Leute.
Durch das Grundgesetz ist die Dummheit nicht verboten. Aber viele dumme Wähler sind sehr gefährlich. Es ist leicht sie zu manipulieren.
Die neuen Seniorenorganisationen waren organisiert. Die Frage war, was wir in diesen neuen Organisationen machen. Darüber waren viele Diskussionen innerhalb der Organisation.
Die Bildung der älteren Leute war organisiert in Form von Universitäten der Dritten Jugend beiden Organisationen und bei den Universitäten. Der erste Universität der Dritten Jugend bei derTallinnschen Technischen Universität in 1993 war und ist bisher sehr populär.
46
Es waren in den Neunziger Jahren unsinnige Zeiten.
Die Frage war, wer kommt bei den ersten demokratischen Wahlen an die Macht:
- neue progressive Leute mit Europaidee,
-oder alte sovjetische Aktivisten.
Schon damals waren die Rentner eine große Wählergruppe. Und mit den alten Leutenmanipulierten die Politiker schamlos.
Die Idee der Selbsthilfe hat Frau Käte Tresenreuter in Herbst 1993 bei ihrem ersten Besuch in Tallinn mitgebracht.
Selbsthilfe der älteren Leute war damals und ist bisher in Estland sehr populär.
Foto: Frau Käte Tresenreuter zu Besuch beimMinisterpräsidenten Mart Laar in 1999 in Tallinn
Aili Kogerman
Aili Kogerman (l.)
Lea Viires (r.)
47
Die offene Altenarbeit entwickelt sich weiter.
Die Mitglieder des Altenselbsthilfe- und Beratungsvereins in Tallinn streben
immer danach etwas Neues zum Thema offene Altenarbeit dazuzulernen.
Deswegen haben wir Kontakte mit verschiedenen staatlichen Organisationen,
Bürgerinitiativen und Hochschulen geknüpft und wir arbeiten zusammen mit
anderen Tageszentren Estlands. Sehr oft besuchen uns ausländische Delegationen
und Gruppen von Sozialarbeitern.
Unsere Tätigkeiten sind folgende:
Hilfe für andere
40 aktive Mitglieder des Altenselbsthilfe- und Beratungsvereins haben sich zu
einer Sozialgruppe zusammengeschlossen, um Menschen, die ohne Angehörige
sind und sich einsam fühlen, zu besuchen.
Zielgruppen für unsere Sozialgruppe sind:
1. Einzelne in Pflegeheimen in Krankenhäuser. Dort veranstalten wir
individuelle Besuche, organisieren Gesprächsstunden. Unsere Mitglieder
werden erwartet und sind sehr willkommen.
2. Einzelne zu Hause: Hauptsächlich individuelle Besuche.
3. Frühere Mitglieder des Vereins. Sie brauchen besondere Beachtung, sozial-
psychologischer Kontakt ist für sie sehr wichtig.
4. Die Klienten beim Projekt „Hospiz des Älteren - Ehrenamtliche zur
Unterstützung der letzten Lebensphase.“
5. Großeltern, die ihre Enkelkinder allein, das heißt ohne Eltern, erziehen.
(Eine führende Bank hat einen „Fonds für Großeltern“ gegründet.)
Unsere Motto lautet: Andere Menschen zu unterstützen, bedeutet auch sich selbst
zu helfen.
Sozial - kulturelle Veranstaltungen
Unser Verein veranstaltet viele Konzerte, bei denen Musikschüler, aber auch
professionelle Musiker und Laienkünstler auftreten. Diese Konzerte sind sehr
populär geworden und machen den Zuhörern viel Freude.
Vorlesungen und Treffen mit Schriftstellern und anderen berühmten Personen sind
besonders begehrt.
Ältere Menschen reisen auch gerne. Darum werden im Sommer viele
Tagesausflüge innerhalb Estlands organisiert.
Sehr beliebt sind unsere Garten- und Weihnachtsfeste, zu denen die Menschen, die
von unserer Sozialgruppe betreut werden, eingeladen sind. Fasching und Karneval
sind auch populär geworden.
Der Frauenchor „Großmutter“ hat es in Estland und in anderen Ländern (Finnland,
Russland, Deutschland) zur Berühmtheit gebracht.
Sehr aktiv ist unsere Seniorentanzgruppe, sie tritt sehr oft auf in Estland und in
anderen Ländern.
48
Koordinierungsstelle „Rund ums Alter“
Einige Mitglieder der Sozialgruppe (früher von Beruf Ärzte, Juristin, Psychologin)
beraten und unterstützen andere Mitglieder des Vereins in ihren alltäglichen
Problemen und Lebenssituationen. Sie haben miteinander sehr enge Kontakte.
Zur Beratungsstelle gehört auch ein Fond mit Büchern zum Thema Selbsthilfe und
öffentliche Altenarbeit.
Ein Mensch, auch im Alter, muss kompetent sein, dann hat er ein besseres
Selbstgefühl.
Zusammenarbeit mit jüngeren Generationen
Die Zusammenarbeit mit der Jugend steht auch im Mittelpunkt der Vereinstätig-
keiten.
Zukünftige Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter von der Hochschule in Tallinn
haben die Möglichkeit bei uns praktizieren. Die Mitglieder Vereins freuen sich
sehr mit die jungen Menschen zusammenzutreffen.
Besonders wichtig ist, dass die Praktikantinnen unsere Mitglieder im Umgang mit
dem Computer unterrichten.
Einige Praktikantinnen bleiben nach dem Ende des Praktikums als ehrenamtliche
Helfer bei uns - wir können Sie immer zu uns einladen, wenn wir ihre Hilfe
brauchen.
Arbeitsbereiche
Für alltägliche Tätigkeiten des Zentrums haben 200 aktive Mitglieder persönliche
Aufgaben, die sie freiwillig erfüllen.
Es gibt dafür folgende Bereiche:
Sozialgruppe
Café
Küche
Garten
Rezeption
Bibliothek
Pflege für die Vögel
Interessenkreise
Unser Verein umfasst bis zu 40 Interessenkreise. Diese sind z. B. Fremdsprachen-,
Gymnastik- und Handarbeitskreise. Es gibt auch Gesprächskreise: einen
Gesprächskreis nur für Frauen, einen für Mitglieder 80+ und einen
psychologischen Gesprächskreis.
Die Handarbeitskreise veranstalten regelmäßig Ausstellungen bis acht im Jahr.
Alle Kreise sind auch Freundschaftkreise, die zusammen alle Festtage, Geburtstage
u. s. w. feiern.
49
Alle Kreise werden ehrenamtlich geleitet und geführt.
Lebenslanges Lernen
Neues dazuzulernen ist die beste Aktivität für ältere Menschen. Durch
verschiedene Formen lebenslangen Lernens können ältere Menschen Kompetenzen
entwickeln. Das ergibt die Möglichkeit länger selbstständig zu sein.
Wenn ein Mensch weniger Altenhilfe und ärztliche Unterstützung braucht, dann ist
das ein wichtiger Beitrag für unsere Gesellschaft.
Internationale Kontakte
Von den Altersgenossen in anderen Ländern gibt es ein großes Interesse für
unseren Verein.
Delegationen von Sozialarbeitern besuchen unseren Verein sehr oft, um
Erfahrungen in der offenen Altenarbeit zu bekommen.
Auch Praktikanten aus anderen Ländern (Deutschland, Österreich) hospitieren bei
uns.
Im Großen und Ganzen
Wir müssen einen besonderen Dank aussprechen für das Sozialwerk Berlin e.V.,
denn am 19. April 1996 wurde nach dem Vorbild des Berliner Zentrums ein
„Selbsthilfe- und Beratungszentrum für ältere Menschen“ in Tallinn eröffnet. Wir
sind immer dem Vorbild des Berliner Zentrums gefolgt.
Ziel unserer Tätigkeiten ist es, das Leben der Mitglieder des Vereins werter zu
machen.
Unsere Tätigkeiten in der offenen Altenarbeit sind bekannt und wir können sagen,
dass der Altenselbsthilfe-und Beratungsverein in Tallinn zum methodischen
Vorbild für ganz Estland und andere Länder geworden ist.
Lea Viires Tallinn
50
2. Lettland: Lebenslanges Lernen
Gita Magonite
• Wir treffen uns jedes Jahr hier in Berlin.
Es sind Vertreter aus Litauen, Lettland,
Estland, Polen, Rumänien, Slowenien,
Tschechien und sogar aus Luxemburg
dabei. Aber, können wir uns auch in einer
andern Sprache begrüßen? Leider nein.
Und jetzt, weil wir das Thema „lebens-
langes Lernen“ haben, sollen wir das
endlich tun. „Guten Tag“ heißt auf
Lettisch „labdien“, auf Litauisch „gera
diena“, auf Estnischn „tere päevast“, auf
Polnisch „dzień dobry“, auf Ungarisch „jó
napot kívánok“, auf Slowenisch „dober
dan“, auf Tschechisch „dobrý den“ und auf
Luxemburgisch „gudde moien“.
• Als ich über das Thema „lebenslanges
Lernen“ nachgedacht habe, fiel mir ein,
dass eigentlich das Lernen die wichtigste
Fähigkeit überhaupt ist.
• Vor Millionen von Jahren auf der Erde gab
es verschiedene Tierarten, die sich an die
Umgebung angepasst haben. Das
„Anpassen“ ist auch ein Lernen, weil nur
der überlebt hat, wer den besseren ge-
sundheitlichen und geistigen Zustand
hatte. Mit der Zeit haben die Tierarten sich
so weit verbreitet, dass das Überleben
noch härter war und nur der Fitteste und
Klügste eine Chance gehabt hatte. Und
der, dessen Hirn mehr Informationen
speichern könnte, hat seine Gene weiter
vererbt und die Nachkommen hatten
dadurch die Möglichkeit sich weiter zu
entwickeln. Und so nahm eines Tages ein
Affe einen Stein in die Hand und hat eine
Nuss aufgeschlagen - er bekam etwas zu
essen und hatte etwas Neues gelernt. Das,
was wir jetzt Evolution nennen ist
eigentlich die Anpassungsfähigkeit oder,
anders gesagt, das Ergebnis lebenslangen
Lernens. Der Unterschied zwischen der
Tierwelt und den Menschen besteht darin,
dass wir die Sprache haben. Wir können
viel schneller die Informationen bekom-
men und weiter geben, dies nicht nur den
Kindern, sondern, mit Hilfe der tech-
nischen Mittel, auch der ganzen Welt.
• Vor vielen Jahrhunderten lernte unser
Urahne mit Feuer umzugehen und bekam
besseres Essen. Er nahm mehr wertvollere
Nahrungsmittel zu sich und sein Hirn hat
sich weiter entwickelt - er konnte wieder
etwas Neues lernen. Wenn wir nur
überlegen, welche Schritte die Zivilisation
in seiner Entwicklung gemacht hat – es ist
erstaunlich.
• Ein kleines Kind kommt auf die Welt und
lernt diese kennen. Das Hirn des Kindes ist
besonders lernfähig. Leider nimmt diese
Fähigkeit mit den Jahren ab. Schon mit 20
Jahren ist es schwieriger eine fremde
Sprache zu lernen, als mit 6. Aber ein
Mensch ist in der Lage sein ganzes Leben
etwas Neues zu lernen. Leider kann ihn
eine schwere Krankheit wie z.B. Schlag-
anfall treffen und dann muss er als
51
Erwachsener wieder das Sprechen und
Gehen lernen, und es funktioniert, weil
unser Hirn sehr flexibel ist.
• Lebenslanges Lernen ermöglicht die
Entwicklung und Verbesserung der
menschlichen Persönlichkeit. In Lettland,
genauso wie in den anderen Ländern auch,
gibt es heutzutage viele Möglichkeiten
sich weiter zu entwickeln. Dies wird
finanziell unterstützt durch die EU, den
Staat, die Gemeinden, den privaten Sektor
und durch viele formelle und informelle
Bildungs-Organisationen.
• In dem heutigen wettbewerbsorientierten
Arbeitsmarkt ist es, auch nach Berufs-oder
Hochschulbildung, erforderlich sich
weiterzubilden. Einige Hochschulen bie-
ten Programme für Leute, die ihre
professionelle Bildung weiterentwickeln
wollen. So wurde zum Beispiel in der
Lettischen Universität der Landwirtschaft
ein Zentrum für lebenslanges Lernen ge-
gründet, das regelmäßige Kurse anbietet.
Nach erfolgreichem Abschluss kann man
ein Zertifikat der Universität bekommen.
Das Studium muss man selber bezahlen.
• Auch im Verein RASA (Allianz der
aktiven Rigaer Senioren) wird aktiv ge-
lernt. Der Verein ist als informelle Aus-
bildungs-Organisation staatlich anerkannt.
Jeden Tag kommen ältere Menschen, weil
es Spaß macht, weil es sehr interessant ist
und weil man sich mit anderen Leuten
treffen kann. Jedes Mal lernen die Teil-
nehmer wieder etwas Neues, auch wenn
das nur ein Kochrezept ist. Zweimal in der
Woche kommen die Interessenten um
Englisch zu lernen, einmal in der Woche
Deutsch und einmal Französisch. Jeden
Tag beschäftigen die Senioren sich mit
PCs. Im Rahmen eines Projekts haben wir
zusätzlich noch 10 PCs bekommen, die
man nutzen kann. Aktiv arbeitet auch
Omas Kontaktbörse. Bevor die Oma zu
einer fremden Familie kommt, wird sie
von Professoren der Lettischen Universi-
tät ausgebildet und bekommt ein Zertifi-
kat. Das Lernen im Verein ist für dessen
Mitglieder sehr günstig. Die Interessenten
können sich alle Aktivitäten des Vereins
auf der Website www.biedribarasa.lv
anschauen.
• So, und jetzt kehren wir wieder zu unserer
Übung zurück. Wir werden das Seminar
am Ende bewerten müssen. Und auf die
Frage: „Wie hat Euch das Seminar
gefallen?“ werden wir antworten: „Sehr
gut“, was auf Lettisch „ļoti labi“ heißt, auf
Litauisch „labai gerai“, auf Estnisch
„hästi“, auf Polnisch „bardzo dobrze“, auf
Ungarisch „nagyon jól“, auf Slowenisch
„zelo dobro“, auf Tschechisch „velmi
dobře“ und auf Luxemburgisch „ganz
gudd“. Dann sagen wir den Organisatoren
dieses Seminars alle „danke“, auf Lettisch
„paldies“, auf Litauisch „ačiū“, auf Est-
nisch „aitäh“, auf Polnisch „dzię-kuję“, auf
Ungarisch „köszönöm“, auf Slowe-nisch
„hvala“, auf Tschechisch „dě-kuji“ und auf
Luxemburgisch „villmols merci“.
52
3. Litauen:
Vilhelmina Pundiené und Irena Sagaitiéné
Das Porträt der litauischen Senioren Berlin, 2013
Wegen des demographischen Wandels gibt es zurzeit in Litauen weniger
Menschen als vor 10 Jahren. Von über 3 Millionen leben dort jetzt nur noch 2 979
000 Einwohner. Die größte Ursache dafür ist die Emigration der jüngeren
Generation. Den Höhepunkt erreichte die Emigration 2010. Insgesamt etwa 700
000 Menschen haben das Land verlassen, und das ist ein großer Verlust.
53
Die Statistik sieht zurzeit so aus:
Rentnerzahl: 941 200
Rentenalter bei Frauen: 60 Jahre 4 Monate
Rentenalter bei Männern: 62 Jahre 8 Monate
Die durchschnittliche Lebensdauer beträgt:
Allgemein 74,9 Jahre
Männer 69,98
Frauen 80,1
Statistik über die Durchschnittsrenten:
Durchschnittsrente: 236 Euro
Durchschnittsrente der berufstätigen Rentner: 277
Durchschnittsrente bei Frauen: 219,3
Durchschnittsrente bei Männern: 272,1
Folgende Zusammenstellung zeigt die Prozentzahlen der Rentner, welche unter-
schiedliche Rentenbeträge bekommen.
12% der Rentner bekommen 190-200
8% : 290-320
6% : mehr als 350 Euro.
Die meisten litauischen Rentner bekommen eine Rente zwischen 200-300 Euro.
Das Leben der Senioren am Beispiel der Landsmannschaftsorganisation
„Schwentschönija“:
Ich, Vilhelmina Pundienė, bin Mitglied des Vorstands der Landsmannschafts-
organisation „Schwentschönija”. Sie wurde im Jahre 1991 gegründet, und seit
1999 ist sie Mitglied der EURAG-Sektion Litauen.
In Vilnius ist es üblich, dass Landsmannschaften aus verschiedenen Regionen von
Litauen sich in Vereinen, Klubs oder Unionen organisieren.
Zu dieser Organisation gehören Menschen der älteren Generation. Sie vereint
Auswanderer aus diesem Gebiet, ausgewandert aus verschiedenen Gründen, aber
meistens wegen Weiterbildung, Studium an den Universitäten und Hochschulen.
Natürlich kehrt man nach dem Hochschulabschluss nicht in sein Heimatdorf
zurück, aber die Sehnsucht nach seinen Bräuchen und Sitten, nach seinen
Landsmenschen bleibt.
Besonders, wenn man über 50 ist, kehrt man mit den Gedanken zur Jugend und
Kindheit zurück, man sucht nach seinen Landsmenschen, von denen man besser
verstanden wird, weil man aus einem Städtchen oder Dorf stammt, wo alles so
vertraut ist und wo man im engen Freundeskreis nicht nur erlebte Geschichte
veranschaulichen kann, sondern auch etwas Gutes für sein Geburtsstädtchen oder
Dorf machen kann. Darum fahren wir oft dorthin, treffen uns nicht nur mit den
älteren Menschen, sondern auch mit den Schülern, Jugendlichen, erzählen ihnen
54
über das Leben in der Vergangenheit, während der Okkupation, über Sitten und
Bräuche, Feste, Traditionen, über schwere, ehrliche Arbeit unserer Eltern und
Großeltern in der Landwirtschaft, den Fabriken und anderen Betrieben. Wir
glauben, dass dadurch den künftigen Generationen ein Stückchen Geschichte
erhalten bleibt.
Hauptziel dieser Organisation (dieses Klubs) ist, Menschen aus diesem Gebiet, die
sich für Litauen verdient gemacht haben, mit jungen Leuten bekanntzumachen.
Durch einen Artikel im Geschichts- oder Literaturbuch, durch Veröffentlichungen
ihrer Werke oder indem man ihnen einen Gedenkstein setzt, wie es z.B. der Fall
war, als man ein Denkmal in seinem Heimatdorf errichtete für Augustinas
Voldemaras, den ersten Premierminister unseres unabhängigen Staates in der
Zwischenkriegszeit (1918-1940). Natürlich ergeben sich daraus auch viele andere
Tätigkeiten.
Wir kommen zweimal im Monat zusammen, unterhalten uns über verschiedene
Fragen, feiern staatliche und kirchliche Feste, singen unsere beliebten Jugendlieder
und sprechen in unserem Dialekt. Wir haben auch Sänger, Dichter, einen Kompo-
nisten, gute Vorleser. Manchmal veranstalten wir Konzerte in Vilnius und auch in
den Heimatdörfern, machen Ausflüge sowohl in unserer Republik als auch im
Ausland.
Einige Mitglieder unseres Klubs sind Auswanderer nach Amerika. Von ihnen
bekommen wir jedes Jahr eine materielle Unterstützung. Es wird auch ein
Mitgliedsbeitrag gezahlt.
Mitglieder des Klubs leisten auch viel Selbsthilfe. Solche Tätigkeit hilft uns
interessant zu leben, nicht einsam zu sein und keine Einsamkeit zu fühlen.
Das Leben der Senioren am Beispiel des Klubs LOTTE
Der deutsche Klub LOTTE wurde 1995 von Frau Marija Čiurlienė, Germanistin an
der Vilnius Universität, gegründet. LOTTE ist ein Klub für Deutschsprechende.
Die Mitglieder des Klubs haben unterschiedliche Berufe, aber alle interessieren
sich für die deutsche Kultur und Geschichte, das Leben der Menschen und die
Traditionen. Sie wollen die deutsche Sprache nicht vergessen oder sie noch besser
erlernen. Hier werden deutsche Lieder gesungen, deutsch geredet und diskutiert.
Unsere Mitglieder umfassen alle Altersgruppen. Das Wichtigste ist – die Liebe zur
deutschen Sprache, zur deutschen Kultur. Nach vier Jahren trat der Klub der
internationalen Organisation EURAG (Bund der älteren Generation Europas) bei.
Hier spielte die deutsche Sprache eine wichtige Rolle. In den Kongressen und
internationalen Seminaren haben wir über die Probleme der älteren Generation
Europas diskutiert.
Im Rahmen unserer Freundschaft würdigte eine Delegation vom Sozialwerk Berlin
e.V., unter der Leitung von Frau Käte und Herr Harry Tresenreuter, unseren
deutschsprachigen Klub „LOTTE“ zum Anlass seiner 10. Jubiläumsfeier. Von
dieser Zeit haben wir die schönsten Erinnerungen an den Besuch bei uns in
Vilnius.
55
Der Klub LOTTE unternahm eine interessante Reise durch Hanse-Städte. Und
unterwegs besuchten wir unsere guten Freunde im Sozialwerk Berlin, heute Käte-
Tresenreuter-Haus. Alles ist hier durchdacht, alles für ältere Menschen vorgesehen.
Wir machten einen Spaziergang durch das Haus und bewunderten alle Räume.
Das ist ein kleines Seniorenparadies. Nachdem der Freundeskreis Mittel- und
Osteuropa 1996 in Budapest gegründet war, ist Litauen dessen Mitglied geworden.
Der Freundeskreis Mittel- und Osteuropa stand lange Jahre unter der Leitung von
Frau Käte Tresenreuter. Wir treffen uns nun schon viele Jahre zu Europaseminaren
im Käte- Tresenreuter-Haus.
Der deutsche Klub unterhält gute Beziehungen zu anderen Organisationen.
Oftmals haben wir auch Gäste aus deutschsprachigen Ländern.
In diesem Jahr haben zwei Deutsche unseren Klub besucht. Frau Helgard Steinert-
Schäfer arbeitet in der Vilnius Botschaft. Sie hat unserem Klub viele deutsche
Bücher geschenkt und auch Interessantes aus ihrer Lebenserfahrung erzählt. Herr
Berthold Schäfer hat uns immer freundlich bei der Fehlerkorrektur geholfen. Am
19. April 2013 wurde der Klub von der deutschen Botschaft zum „Essen für
Deutschland“ eingeladen. Das haben wir sehr lustig im litauischen Restaurant
„Neringa“ gefeiert, das in 60-er Jahren ein beliebter Ort unter Künstlern war und
seine Traditionen bis heute pflegt.
Jetzt möchte ich zum Abschluss einen kurzen Filmausschnitt von diesem
Festabend zeigen. Wo gute Laune, Witz und Bewegung, freundschaftliche
menschliche Beziehungen, gemeinsames Ziel herrschen, dort ist auch Glück und
Lebensfreude.
„Wenn Sie wollen, dass Ihnen das Leben zulächelt, müssen Sie ihm zuerst
selber Ihre gute Stimmung schenken.“ (B. Spinoza).
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4. Polen:
In einer Bildpräsentation setzte sich
Dr. Maria Pawinska mit der „Ge-
sundheit älter werdender Menschen“
auseinander.
Sie stellte als Beispiel ihr Ärztehaus
und ihre Rehabilitation in Warschau
vor. Nachdem sie ein erstes Haus
eröffnet hatte, ist jetzt eine Filiale
hinzugekommen, die eine Fläche
von 238 qm aufweist. Geplant ist
noch eine geriatrische Tagesstätte.
Gesundheit älter werdender Menschen
Unsere Gesundheit wird mit dem Alter schlechter. Ob sie sich mehr oder weniger
verschlechtert, hängt von vielen Bedingungen ab, wovon deren zwei von größter
Bedeutung sind: Der erste Faktor ist mit der Genetik verbunden, durch die die
Menschen für die Erscheinung von Erkrankungen oder auch für keine
prädisponiert werden. Die Genetik entscheidet von 75 bis 80% über unsere
Gesundheit.
Der zweite Faktor ist die Lebensweise, die Schonkost (gute oder schlechte),
Rauschgiftstoffe (Nikotin, Alkohol, Stimulanzien und Beruhigungsmittel/Sedativa,
Suchtmittel und andere), die ständig oder nur ab und zu eingenommen werden,
psycho-physische Aktivitäten (Fleiß/Tüchtigkeit, beruflicher Wetteifer, außer-
berufliche Interessen/Hobbys und verschiedene Sportformen) enthält.
Diese Aufzählung zeigt, wie viele Umstände auf unsere Gesundheit einen Einfluss
haben, aber außer der Genetik als dem führenden Faktor sind das immerhin noch
25 bis 30% unserer gesundheitlichen Verfassung.
In den Verälterungsprozessen werden die essentiellen Zellen der einzelnen Gewebe
beschädigt, was zu Störungen ihrer bisherigen Funktionen, und zuletzt zu ihrer
Apoptose führt. Die Störungen der Zellfunktionen sind unmittelbar mit dem
Verlust der Koordinierung der Organe des altwerdenden Organismus verknüpft.
Aus den negativen zytologisch-biochemischen Prozessen folgen zahlreiche
Gewebeveränderungen und auftretende Erkrankungen wie:
a) der Ausfall von etwa 50% des Nierenfiltrationsorgans (dies verlangt eine
Dosisanpassung der Arzneien bei den älteren Menschen – ihre Senkung gemäß
dem Körpergewicht und dem Alter des Patienten).
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b) die Atrophie der Gehirntätigkeit und des peripheren Nervensystems (Nerven);
was mit dem Verlust des momentanen Gedächtnisses, dem Demenzsyndrom und
der Alzheimerkrankheit verbunden ist.
c) die Leberstörung; hier sehr wichtig ist die Detoxikation (wegen der Umwelt-
verschmutzung, der Medikamente, der schlechten Essgewohnheiten und der
Esszutaten)
d) die Gewebeveränderungen (Arterien und Venen), die mit der Arteriosklerose
(zahlreiche Herz- und Kreislaufprobleme und Krankheiten) verbunden sind, und
die auch Einfluss auf die Gehirnfunktion und das periphere Nervensystem haben.
e) die Senkung der Funktion des Hormonalsystems: - der Hypophyse
- der Nebennieren
- der Schilddrüse
- der Hormone der Geschlechtsorgane (der weiblichen und männlichen) –
die Menopause mit dem Mangel an Östrogen und Progesteron – dem einzigen
weiblichen Hormon; und die Andropause bei Männern mit dem Mangel an
Testosteron und ähnlichen Hormonen)
f) die Atrophie der Knochenstruktur (Osteopenie und Osteoporose) und die
atrophische Veränderung, die unmittelbar für Gelenk- und Knochenkrankheiten
und unsere Bewegungsmöglichkeiten verantwortlich sind.
g) die Dysfunktion des Immunitätssystems – die Senkung der Unempfindlichkeit
gegenüber äußeren Entzündungsfaktoren. Das Wachstum der Autoimmunreaktion
(einer krankhaften Reaktion des Immunsystems gegenüber körpereigenem Gewebe
(wie Schilddrüse, Muskeln – darunter Herzmuskel, Haut).
h) die Hautälterungsprozesse (Atrophie der Epidermis und der Dermis/Haut, was
die Faltenentstehung verursacht) und Hautkrankheiten wie z.B. Hautkrebs, die
wegen der schädlichen Wirkung des Sonnenlichts/ultravioletten Lichts (UV)
zusammen mit der Umweltverschmutzung (Krebserregende Ursachen), sowie
chemische Substanzen, die unsere Haut austrocknen lassen und ihre weitere
Verschlechterung verursachen.
i) die Verschlechterung der Sinnesorgane (Gesichts-, Gehör-, Geruchs- und
Geschmackssinn)
Die obengenannten Faktoren wirken auf unsere Gesundheit ein oder verursachen
die Krankheiten.
Ist es überhaupt möglich, bei so vielen Ursachen und Folgen irgendwelchen
Einfluss auf unsere Gesundheit zu haben und sie zu verbessern oder zu
verschlechtern?
Ja. Ich finde, es ist möglich, sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite.
Die wichtigste Sache ist das Wissen.
58
Die Selbstkontrolle des Organismus ist aber genauso nötig wie auch die schnelle
Reaktion auf festgestellte Veränderungen oder Beschwerden.
Wenn es nötig ist, sollte man den Arzt aufsuchen. Nach der ärztlichen
Untersuchung wird der Arzt zusätzliche Blut- oder EKG-Untersuchungen
durchführen lassen (bei mir in der Praxis sind sie für ältere Menschen
obligatorisch), auch andere Untersuchungen wie USG, Echokardiogramm,
Doppleranalyse) und andere. Die RTG-, CT-, MRI- und PEC-Untersuchungen
werden in den Krankenhäusern gemacht.
Das Arztzimmer
In, w a z
Das Behandlungszimmer (USG)
u Störungen ihrer Leider lassen sich nicht alle Beschwerden wirksam mit Medikamenten heilen. Zu
diesen Beschwerden gehören hauptsächlich Krankheiten des Knochen - und
Gelenkensystems, die sich schwierig wirkungvoll heilen lassen. In solchen Fällen
sollte man als eine Ergänzung der Therapie mit physikalischer Rehabilitation
anfangen.
Diese Art der Therapie bevorzugen vor allem die älteren Personen, aber zur Zeit
brauchen sie ebenfalls immer mehr junge Leute. Heutzutage gewinnen die
Rehabilitationsprogramme in den gut eingerichteten Praxen an Bedeutung.
59
Einrichtungen der Rehabilitation
60
Die Rehabilitationsgeräte
Mit dem Alter verschlechtert sich unsere Gesundheit und wir können ständige
medizinische Betreuung (Ärzte, Pfleger oder Betreuer) brauchen. Manchmal ist es
nötig, das Zuhause zu wechseln und ins Seniorenheim umzuziehen, um für den
Rest des Lebens die Zeit gut und würdevoll zu verbringen.
In Deutschland gibt es schon solche Möglichkeiten. Bei uns, in Polen, sind zwar
auch welche Altenheime, aber leider nicht genügend viele. Das bedeutet für uns
noch viel Arbeit; wir hoffen aber, dass wir es schaffen werden. Die polnische
Gesellschaft wird ebenfalls bald sehr alt sein.
Zukunftspläne
Das Gebäude steht noch und ist benutzt, aber in der nahen Zukunft wird es
niedergerissen und statt dessen wird ein Seniorenheim gebaut werden.
61
Bedeuten das Alter oder die Senilität selbst eine Krankheit? Natürlich nicht,
aber sie verlangen größere Zuwendung, Sorge um gute Gesundheit.
Zum Schluss möchte ich Ihnen allen eine gute Gesundheit wünschen. Bleiben
Sie in der besten körperlichen Verfassung. Alles andere kann man kaufen!!!
Meine Familie (darunter mehrere Ärzte)
62
5. Rumänien:
Janos Béla Bacs
Pflege im Alter
Käte Tresenreuter-Haus, Berlin
BÁCS Béla János
Siebenbürgen, Rumänien
Pflege im Alter
Am meisten verbreitet:
Pflege in der eigenen Wohnung,
geleistet von Familienmitgliedern
oder
geleistet von unausgebildeten,
von der Familie bezahlten HelferInnen
Öffentliche Einrichtungen
• Pflegeheime und Altenheime
• Regional ausgerichtet
• Ausgebildetes Personal
• Es stehen aber zu wenig Plätze zur Verfügung.
Pflegeheime
• Entstanden durch EU Projekte
• Es werden dringend mehrere Plätze gebraucht
• Learning by doing
• Orientierungsschwerpunkte ändern sich
(früher vorwiegend medizinische Betreuung, jetzt immer mehr auch Programmgestaltung)
Pflegeheime
Mit Teilnehmern der SeelsorgerInnen Weiterbildung
Besuche,
gemeinsame Programme,
Feierlichkeiten
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Pflegeheime
• Alltag und Feiertag
• Bildende Kunst, Musik
und Soziales
Caritas und Gemeindeverwaltung
Die Bedeutung der internationalen Kontakte
Zusammenarbeit von Kirche und Behörden
Caritas: Mobile Pflege und Betreuung
• Grundpflege: Körperhygiene, Ankleiden, Ernährung, Flüssigkeitszufuhr, Unterstützung der Mobilisation und der Kommunikation;
• Haushaltshilfe beim Aufräumen, Kochen, Einkaufen, Begleitung in den öffentlichen Verkehrsmitteln, Mobilisation im Freien, Unterstützung bei den Freizeitaktivitäten;
• Fachpflege: Beobachtung des physischen Zustandes, krankenpflegerische Aktivitäten (Verabreichung von Spritzen, Anlegen von Verbänden, Setzen von Kathetern, Vorbeugung und Behandlung von Wundliegen, Vorbeugung von Kreislaufkomplikationen, hypostatischer Pneumonie, von bei Bewegungsmangel auftretenden chronischen Veränderungen des Knochen-und Muskelsystems usw.)
Mobile Pflege und Betreuung:
• Soziale und medizinische Habilitations-und Rehabilitationsaktivitäten: Ergotherapie, Physiotherapie, Psychopädagogik, Logopädie usw.
• Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse der betreuten Person;
Mobile Pflege und Betreuung:
• Organisation von ehrenamtlichen Gruppen: Einbeziehung von Schulen und Pfarren. Die Freiwilligen verfolgen das Geschehen in der Gemeinde, informieren uns über Pflegefälle und bieten zusätzliche Unterstützung an (Holzhacken, Aufräumen, usw.);
• Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen und Einrichtungen (Kirchen, Behörden, Schulen, NGOs) mit dem Zweck der Harmonisierung und Integration der Hilfsinitiativen für die Bedürftigen;
• Materielle Hilfe je nach Möglichkeiten.
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Altenheime
Die wichtigsten Aufgaben der Altenheime der Caritas:
• Den alten Menschen mit Liebe, Empathie und Professionalität zu helfen, um ihre alltäglichen Probleme zu lösen;
• Den MitarbeiterInnen zu helfen, damit sie die allein gebliebenen Menschen so annehmen können, wie sie sind;
• Den Heimbewohnern zu helfen, ihre Menschenwürde bis zuletzt zu bewahren;
• Den alten Menschen zu helfen, damit sie auch im hohen Alter aktiv bleiben können.
Gesellschaft im Wandel
• Neue Konzepte werden gebraucht
• Werteorientierung
• Rolle der Kirchen
• Rolle der Zivilgesellschaft
Generationsübergreifende
Mitgestaltung der Zukunft
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
65
6. Slowenien
Frau Prof. Irena Koželj Levičnik (r.) lieferte Beiträge zum den einzelnen
Themen:
I. «Möglichkeiten sozialpolitischer Mitbestimmung älterer Menschen«
Unsere Union mit 420 Vereinen und 240.000 Mitgliedern im ganzen Land
war in den letzten Jahren im Sinne des Titels aktiv sowohl auf dem
Staatsniveau, als auch auf den lokalen Ebenen.
1.) Staatsniveau:
In allen unseren Arbeitskommissionen haben wir die Materialien aus dem
Parlament studiert und den Abgeordneten und der Öffentlichkeit unsere
Meinungen übermittelt. Es waren Vorschläge für Änderungen einiger jetziger
Gesätze, die sehr wichtig sind für uns Ältere, und auch Vorschläge für neue
Gesetze. Im letzten Jahr haben wir uns auch mit den Abgeordneten aus allen
Parteien getroffen. Für eine Änderung des Wahlgesetzes (Referendum) haben
wir im ganzen Land über 5000 Unterschriften gesammelt und sie im
Parlament abgegeben.
Der zweite Dom unseres Parlaments organisiert jeden Monat Diskussionen
über wichtige Themen der Gesellschaft. Wir werden immer zu den
Diskussionen eingeladen und wir nehmen daran teil.
2.) Das Sammeln von Unterschriften für die Änderung des Wahlgesetzes
(Referendum) war eine schwere Aufgabe aber auch eine sehr gute Gelegenheit
unsere Vereine in dem Sinne zu animieren mehr auf der lokalen Ebene aktiv
zu werden (lokale Gemeinschaften, Gemeinden). Wir haben sie auch animiert
sich mit den Abgeordneten in ihren Wahlkreisen in Verbindung zu setzen und
sie zu besuchen. Wir haben 88 Abgeordnete, alle wurden besucht, einige auch
mehrmals (159 Besuche).
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3.) Für das Jahr 2013 – »Das Jahr der aktiven Bürgerschaft« haben wir schon das
Programm und den Arbeitsplan bestätigt (NGOs – ca. 40, Regierung,
Gewerkschaften, Fach – Universität usw.).
Am Internationalen Tag der älteren Leute werden wir auf unserem Festival für
die dritte Lebensperiode auf der Schlussveranstaltung das Projekt
beschließen.
II. Bezahlbares Wohnen und Wohnumfeld
Bezahlbares Wohnen Die Wohnung und alles, was mit der Wohnung verbunden ist, ist für uns
Ältere sehr wichtig: für unsere Zufriedenheit und unser Leben in Sicherheit.
Die Wohnungsumstände der älteren Leute sind in den diversen Ländern
verschieden. Der heutige Stand ist das Resultat der Geschichte, der Kultur, der
Sitten, der materiellen Zustände usw.).
Und wie ist es bei uns in Slowenien?
Zum besseren Verständnis möchte ich Ihnen einige Daten aus unserer
Untersuchung, die wir vor einigen Jahren durchgeführt haben, vorstellen:
A.) - 82% (Leute über 65 Jahre) haben eine Eigentumswohnung.
- 10% leben in bezahlbaren Mietwohnungen und
- 8% leben bei den Kindern oder in den Heimen.
B.) - 31% leben in einem 1-Personenhaushalt
- 44% leben in einem 2-Personenhaushalt
- 2% leben in einem Mehrpersonenhaushalt.
Wenn man diese Daten sieht, könnte man sagen: Es ist ja alles OK.
In Wahrheit gibt es aber auch viele Probleme.
1. Bezahlbare Wohnungen:
Wie sieht die Situation der Älteren aus, die eine bezahlbare Wohnung brauchen
oder in solcher Wohnung leben? Sie haben drei Möglichkeiten:
a.) Bezahlbare Wohnung der Rentenversicherung
In früheren Zeiten hat die Rentenversicherung aus den öffentlichen Geldern
Wohnungen für die Rentner gebaut oder gekauft. Und so hat sie einen Fond von
Mietwohnungen. Diese Wohnungen stehen nur Rentnern zur Verfügung.
Jedes Jahr gibt es eine öffentliche Ausschreibung mit den Kriterien und der Zahl
der Wohnungen, die zur Verfügung sind. Wenn die Kandidaten den Kriterien
entsprechen und es gibt genug freie Wohnungen, können sie ausgewählt werden.
Für die Festlegung der Höhe der Miete ist auch die finanzielle Lage der ausge-
wählten Kandidaten entscheidend.
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b.) Bezahlbahre Wohnungen der Gemeinden
Dieser Fond ist relativ groß. Diese Wohnungen sind in erster Linie den jungen
Familien gewidmet. In recht ernsten Fällen (Gesundheit, Invalidität, finanzielle
Lage), können auch andere Leute solche Wohnungen bekommen, natürlich auf
Basis der öffentlichen Ausschreibung.
c.) Dritte Möglichkeit: eine bezahlbare Wohnung bei privaten Eigentümern
Meistens sind die Mieten aber sehr hoch, und nur wenige ältere Leute können sich
so eine Wohnung leisten.
2.) Wohnen in Eigentumswohnungen:
Man könnte sagen, dass das eine günstige Lösung ist. Sie hat aber auch ihre
Schattenseiten.
Das Leben in den Häusern mit Eigentumswohnungen ist durch das Wohnungs-
gesetz geregelt. Das Haus muss einen Verwalter haben, alles muss auf der
Grundlage des Gesetzes und des Vertrages, den alle Eigentümer akzeptiert haben,
durchgeführt werden.
Da sich die meisten Kosten auf der Basis der Größe der Wohnungen und der Zahl
der Bewohner bilden, sind viele Eigentümer in Schwierigkeiten, besonders jetzt,
wo die Renten nicht mehr wachsen.
Was die Situation noch schwieriger macht, ist, dass der Wohnungsmarkt nicht
funktioniert und man nicht sagen kann »ich gehe raus«, »ich wechsle die
Wohnung«, weil man dabei zu viel verlieren würde.
Unsere Organisation hat sich in diesem Jahr entschieden, etwas zu tun um den
älteren Leuten zu helfen. Im Rahmen des EU Projektes-HELPS haben wir eine
Beratungsstelle eröffnet. Wir haben Fachleute eingeladen uns ehrenamtlich zu
helfen, Leute in Not zu beraten und die besten Lösungen für ihre Probleme zu
finden.
Begonnen haben wir in der Hauptstadt, jetzt breiten wir diese Tätigkeit auch auf
andere Städte aus.
Das Wohnumfeld:
Unser Institut für Gerontologie ist Mitglied eines UN-Projektes der WHO. Der
Titel des Projektes lautet: »Die altersfreundliche Stadt«.
Ziel des Projektes ist, zusammen mit den Bürgern (darauf liegt der Akzent) der
Stadt gute und schlechte Seiten der Einrichtungen, des Verkehrs, des kulturellen
Lebens, der Möglichkeiten für Geselligkeit usw. festzustellen und Vorschläge an
die Behörden zu übermitteln.
Die theoretischen Unterlagen entstanden im oben genannten Institut. Die Bürger in
den verschiedenen Teilen der Stadt bekamen ein Vademekum, wo auch Platz für
das Einschreiben von Bemerkungen und Vorschlägen ist.
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Bis jetzt hat es geklappt, viele Entdeckungen und Vorschläge haben wir schon
dem Bürgermeister und den entsprechenden Diensten übergeben, die Aktion geht
weiter.
III. Mobilität im Alter und Verkehrspolitik
Die Mobilität ist im Großen und Ganzen für uns ältere Menschen sehr wichtig. Sie
ermöglicht uns vieles, hat aber positive und negative Seiten.
1.) Positive Seiten:
- Selbstbesorgung von für das Leben wichtigen Artikeln, Materialien usw.
- Besuch kultureller und anderer Veranstaltungen
- Treffen mit Bekannten und Freunden
- Erledigung notwendiger Anliegen: Bank, Gesundheitszentrum, Gemeinde, usw.
und, was sehr wichtig ist,
- Bewegung als solche, die uns physische und psychische Kondition ermöglicht,
die für unsere Gesundheit entscheidend sind.
2.) Negative Seiten:
- Im alltäglichen Leben schlagen wir älteren Leute meistens dieselben Wege ein.
Und so kann es passieren, dass wir nicht aufmerksam genug sind und
eventuell Verkehrszeichen, oder Neuigkeiten usw. nicht bemerken. Das kann
gefährlich sein,
- wir begeben uns in den Verkehr, um irgendwo etwas zu erledigen: Markt, Bank,
usw. Wir sind konzentriert auf dieses Programm und wieder kann es passieren,
dass wir auf den Verkehr und das Geschehen um ihn herum nicht genug achten.
- In unseren Fußgängerzonen sind neue Teilnehmer hinzugekommen: Leute mit
Rollschuhen, mit Rollbrettern, Fahrrädern. Das kann gefährlich sein, wenn wir
nicht darauf vorbereitet sind.
Initiativen, die den älteren Leuten ermöglichen, länger und sicherer am Verkehr
teilzunehmen, sind in den verschiedenen Ländern unterschiedlich, sie sind auch
verschieden zwischen Stadt und Land.
Ich möchte Ihnen einige diesbezügliche Aktivitäten in unserer Stadt vorstellen:
1.) Vor einigen Jahren haben wir im Rahmen des Ausbildungsprojekts LENA auch
das Thema »Ältere Leute im Verkehr« behandelt. Zusammen mit Fachleuten aus
Verkehr, Psychologie, Verwaltung usw. haben wir ein Programm ausgearbeitet
und Seminare in den Vereinen durchgeführt. Das Ergebnis war auch ein Büchlein,
das die Vereine und andere Interessierte für diese Problematik bekommen haben.
2.) Alle älteren Leute können um einen günstigen Preis Monatskarten kaufen
(monatlich 20 €). Das ist besonders günstig, weil in diesem Jahr die Busstrecken
sehr in die Umgebung der Stadt verlängert wurden.
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3.) In der Innenstadt haben wir »Einen guten Freund« KAVALIR. Es geht um drei
kleine offene Autos (jedes hat 6 Plätze), die für die älteren Personen, Behinderte
und Mütter/Väter mit Kleinkindern kostenlos zur Verfügung stehen. Nach Wunsch
fahren sie die Leute z.B. zum Markt oder vom Markt zur Bank usw.
4.) Für die älteren Fahrer organisieren wir jedes Jahr im Rahmen unseres
alljährlichen »Festivals für die dritte Lebensperiode« Fahrproben mit dem Auto.
Die Fahrschulen spenden uns Probefahrten für ältere Personen, die das wünschen.
IV. Bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen stärken.
Das Thema wird von Jahr zu Jahr wichtiger. Dies bestätigt uns auch das
diesjährige EU-Thema „Aktive Bürgerschaft“. Für uns bedeutet das:
1.) die Aufforderung an alle Akteure in der Gesellschaft (NGOs, Wissenschaft,
Gewerkschaften, Jugend usw.) sich zu fragen: Haben die älteren Leute bis
jetzt genug Möglichkeiten gehabt über ihre Probleme zu reden, sie an die
richtigen Stellen zu übermitteln und besonders auch Antworten zu
bekommen.
2.) die Fortsetzung des EU-Projektes «Aktives Altern mit Akzent - Solidarität
zwischen Generationen«.
Im Rahmen des staatlichen Ausschusses haben wir unser eigenes Programm
bestätigt mit diesen Entschlüssen:
- einen Überblick über den Stand des bürgerlichen Engagements zu machen,
- auf allen Stufen der Gesellschaft sollen sich die Vereine, Bezirksunionen
entscheiden über den Inhalt ihrer Tätigkeiten (materielle Fragen, soziale Fragen,
das tägliche Leben der Mitglieder, usw.).
- man soll sich über alle ausgewählten Fragen mit allen Akteuren beraten (von
jung bis alt, von den NGOs bis zur Regierung usw., von der laiischen
Öffentlichkeit bis hin zur Wissenschaft usw.) und die Vorschläge den
entsprechenden Stellen übermitteln.
3.) Am Ende des Jahres werden wir am Internationalen Tag der älteren
Menschen (1. Oktober) im Rahmen unseres Festivals, das mit ca. 20.000
Besuchern und ca. 3000 aktiven Teilnehmern die größte öffentliche
Veranstaltung der älteren Leute in unserem Land ist, die „Abrechnung“
machen.
Das heißt:
- in 9 Gruppen werden wir Diskussionen über die Fragen des bürgerlichen
Engagements durchführen (auf welchen Gebieten was getan wurde, welche
Probleme sich dabei ergaben, welche Lösungen sich anboten, wie viele
70
Teilnehmer es waren? usw.)
- das Zusammenwirken von Jung und Alt zum Thema „Bürgerliches
Engagement“ beschließen und die Sieger ehren
- in einer großen Ausstellung die Gegenstände und Leistungen für ältere Leute
darstellen,
- und auf der offenen Szene den Vereinen und einzelnen jungen und älteren
Leuten die Möglichkeit bieten ihre kulturellen und anderen Tätigkeiten
darzustellen. Jedes Jahr bekommen alle Vereine, die Partner und die
Öffentlichkeit ein Büchlein mit allen Texten der Diskussionen und den
Namen der Laureaten in den verschiedenen Ausschreibungen.
V. Lebenslanges Lernen
Lebenslanges Lernen hat in unserem Land lange Tradition. Es hat begonnen auf
der theoretischen Ebene in der Philosophischen Fakultät, Abteilung Pädagogik, auf
der praktischen Ebene in den Gesundheitszentren.
Das Vereinsgesetz ist gesetzliche Grundlage für die Durchführung der Programme.
In den letzten 30-40 Jahren hat sich sehr vieles verändert:
1.) Die Motive/Ziele :
- von ersten sehr engen Zielen können wir heute neue Motive/Ziele kons-
tatieren
- neue Karieren beginnen
- Neues erlernen, weil früher nicht Zeit dazu war, weil sich auch die Umge-
bung sehr verändert, besonders in den technischen, finanziellen Bereichen
- sich in einen neuen Sozialkreis eingliedern, neue Bekannte, Freunde
finden.
2.) Im diesen Sinne haben sich die Inhalte der Programme sehr verbreitet.
3.) Die Zahl der Vereine, Organisationen hat sich sehr vergrößert.
4.) Verändert hat sich auch die Dauer der Programme (von einzelnen Vorträgen
bis zu ganzjährigen Programmen).
5.) Im Rahmen der ganzjährigen Programme möchte ich nur unsere Universität
für die dritte Lebensperiode erwähnen: sie ist in fast allen Städten (45) tätig, mit
über 100 verschiedenen Inhalten und ca. 40.000 Teilnehmern.
6.) Für unsere Organisation möchte ich einige Programme erwähnen:
a) nach den Wünschen der Mitglieder entscheiden sich die Vereine für ver-
schiedene Inhalte (ca. 1700 verschiedene Vorträge: (Gesundheit, nordisches
Gehen, Memory Training,) In unserer Hauptstadt hat die Gemeinde für 12.000
Teilnehmer das Seminar:« PS - erkennen und benützen« bezahlt.
b) Im vorigen und jetzigen Jahr haben wir wieder ca. 100 PS an Vereine
verteilt und sie belehrt sie zu nützen.
c) alle drei Monate haben wir für unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter im
Projekt »Ältere Leute für ältere Leute« eintägige Seminare durchgeführt.
71
7.) Die Teilnehmer bezahlen die Programme, besonders die jährlichen, allein.
In einigen Fällen bekommen die Vereine finanzielle Unterstützung von den
Gemeinden oder anderen Sponsoren.
8.) Probleme? Es geht nicht ohne Probleme:
a) Jetzt ist besonders aktuell die Diskussion um den Vorschlag der Strategie
»Ausbildung, Schulwesen« bis 2020 in der es nur um das Lernen, die
Ausbildung und Schulung für die Leute bis 65 Jahre geht. Das können wir nicht
akzeptieren, obwohl diese Tätigkeit in den NGOs und außerhalb des Schul-
systems durchgeführt wird.
b.) Die Zeiten sind schwer:
- manche ältere Leute können sich bezahlbares Lernen nicht mehr leisten,
- auch manche Fachleute können nicht mehr dauernd Vorträge und längere
Programme ehrenamtlich durchführen.
Wir hoffen auf bessere Zeiten!
VI. Pflege im Alter
Es ist halt so, dass wir älteren Leute verschiedene Formen der Pflege brauchen,
egal ob wir sie allein durchführen können oder ob sie uns andere Faktoren
anbieten sollen. Dies ist ganz bestimmt in verschiedenen Ländern verschieden.
Wie ist es bei uns?
1.) Zuerst einige Daten:
- 18% unserer Population sind Leute 65+ und diese Zahl wächst rapide,
- ca. 8o% der Leute 65+ leben in eigenen Haushalten,
- ca. 44% dieser Population hat nur einen Grundschulabschluss,.
- ein gewisser Prozentsatz lebt am Rand der finanziellen Möglichkeit.
2.) Bei der Durchführung der Pflege sind engagiert:
- Offene Institutionen und Institutionen in Partnerschaft: offenes und
privates Engagement
- NGOs
2/1: Offene Institutionen und Institutionen in Partnerschaft:
A.) Heime:
a) Status und Kapazität:
- offene: 13.797 Plätze in 56 offenen Institutionen in 82 Lokalitäten (Städte,
Land)
- Partnerschaft (offen – privat): 4.815 Plätze in 38 Institutionen in 38
Lokalitäten
- Bemerkung: in den Heimen für Behinderte gibt es auch einige Plätze für
Leute 65+.
b) Finanzierung :
- Ausbau und Investitionen sind aus den öffentlichen Mitteln finanziert oder
72
- in Partnerschaft mit privaten Trägern,
c.) Durchführung der Programme finanzieren:
- die gesundheitliche Versorgung finanziert die Gesundheitsversicherung ,
- allgemeine Versorgung bezahlen die Verbraucher allein wenn sie finanziell
dazu fähig sind. Wenn nicht, dann die Kinder und dann die Gemeinde.
B.) Ambulanzversorgung wird durchgeführt wie für alle anderen Leute. Ältere
Leute sollen auf Grund der Entscheidung des Hausarztes einmal im Jahr
besucht werden (Ambulanzschwestern).
C.) In den letzten Jahren haben wir die Pflege und Versorgung zuhause
entwickelt. In Ljubljana haben wir die Anstalt für Pflege und Versorgung.
Die Mitarbeiter pflegen ca. 400 Personen täglich: einmal oder dreimal.
Einen Drittel der Kosten bezahlt die Stadt. Jetzt entwickeln sich ähnliche
Anstalten in anderen Städten.
D.) DER ROTE KNOPF -
Das ist der Titel für das Telefon. Es ist nur ein Druck auf den Knopf nötig
und ist man in Verbindung mit der Rettungsperson. Einmal täglich wird man
nach Verabredung gerufen. Jetzt geht die Verbreitung langsam weiter.
Preis: pro Monat 23 E
2/2. NGOs:
Die Rolle ist indirekt: verschiedene NGOs helfen den älteren Leuten:
- mit Informationen, Anweisungen und in jetziger Zeit sehr viel mit der
materiellen Hilfe (RK, Karitas)
- mit verschiedenen Projekten, z.B. unser Verband führt das Projekt
»Ältere Leute für ältere Leute« durch, das Institut für Gerontologie führt
das Projekt der WHO » Den älteren Leuten freundliche Stadt« durch
usw.
3.)Probleme:
- in diesem Jahr ist ein unerwartetes Problem entstanden. Bis jetzt galt für
die Bezahlung der Kosten in den Heimen die finanzielle Lage der
Verbraucher. Wenn sie nicht fähig waren die Kosten zu bezahlen, waren die
Kinder oder die Gemeinden die Bezahler.
In diesem Jahr wurde aber das Kriterium für die Bezahlung der Kosten in den
Heimen auch auf das Vermögen (Wohnung, Grundstück, Renten usw.)
ausgedehnt. Die Einwohner könnten sich für die Hypothek auf das Vermögen
oder für den Verkauf entscheiden usw. Und so haben sich viele Einwohner in
den Heimen entschieden zurück nach Hause oder zu den Kindern zu gehen.
- das zweite große Problem ist die Tatsache, dass wir schon über fünf Jahre
auf ein neues Gesetz warten. Das Gesetz sollte die Problematik der
Langzeitpflege aufs Neue regulieren.
- wir würden uns eine bessere Zusammenarbeit und Koordination
zwischen den verschiedenen Ministerien wünschen.
73
Bemerkung: Die Daten und Standpunkte bekam ich vom Verband der
sozialen Institutionen und von einigen NGOs)
VII. » Sport und Bewegung älterer Menschen«
Bei der Vorbereitung auf die Diskussion zu diesem Thema habe ich die
meisten Schwierigkeiten gehabt.
Warum?
1.) Über die Sportaktivitäten der älteren Leuten als Einzelpersonen weiß ich
sehr wenig. Ich kenne nur die Praxis aus dem Haus, wo ich wohne (118
Wohnungen, die Hälfte sind Leute 65+), und aus der Umgebung, in der ich
schon 50 Jahre lebe. Nur einzelne Personen gehen regelmäßig jeden Tag
spazieren, oder führen jeden Tag Übungen durch oder fahren jeden Tag mit
dem Fahrrad. Es ist wahr, dass einige einen Garten oder ein Wochenendhaus
haben und dort aktiv sind. Leider gibt es in unserer Umgebung und auch in
anderen Stadtteilen keine Turnsäle und Programme für Leute 65+.
2.) Unsere Vereine organisieren einige Aktivitäten z.B.:
a) Übungen im Freien, sehr modern ist das nordische Gehen (3810
Teilnehmer), Touren in die Bergen - nicht zu hohen - (902 Teilnehmer). Es
gibt auch Fahrradtouren (1337 Teilnehmer.)
Das sind nur kleine Muster. Wir wissen, dass wir viel mehr tun müssen, um
die Leute 65+ zu überzeugen aktiver sein.
b.) Unser Verband hat auch ein Hotel, in dem unsere Mitglieder das ganze
Jahr ihren Urlaub verbringen können. Das heißt jedes Jahr ca. 25.000
Urlauber.
Auch für das Thema:
VIII. »Gesundheit älterer werdender Menschen«
habe ich Schwierigkeiten gehabt. Ich kann nur sagen, das wir und andere
NGOs und offene Dienste eine Menge an Informationsmaterialien
ausgegeben haben, dass wir in jeder Nummer unseres Informationsblattes
über die Gesundheitsfragen schreiben und dass die Vereine eine Menge
Vorträge mit medizinischem Inhalten organisiert haben.
Im vorigen Jahr haben verschiedene NGOs und offene Dienste an unsrem
Festival für die dritte Lebensperiode 32 Vorträge und Diskussionen in
verschiedenen Arbeitsgruppen organisiert.
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7. Tschechien:
Prof. Dr. Jan Solich
Praha – Hradec Králové
Berlin Mai 2013 Erinnerung an Frau Käte Tresenreuter
Prof. Dr. Jan Solich würdigte mit markanten Worten die Verdienste von Frau
Käte Tresenreuter was u. a. die Öffnung des Sozialwerks Berlin in Richtung
Mittel-, Ost- und Südosteuropa anbelangt.
Dann setze er sich mit der Frage:
Was gibt es Neues bei den Senioren Tschechiens? auseinander.
Dazu wurde Folgendes angesprochen:
1. Höhere Organisation im Rat der Senioren
(fast eine ½ Million Mitglieder von 1.700.000 Senioren)
2. Kampf um Valorisation der Renten
3. Soziale Wohnungen in Großstädten
4. Soziale Sicherheit / Kultur, Steuern, Bahn
und Verkehr, Klubleben, soziale Hilfe)
Der Rat der Senioren: Rolle und Aktivitäten:
- Sprecher der Senioren
- Wahlkonferenz am 17.5.2013
Gäste: der neue Präsident der Republik Tschechien, Gäste aus Politik, Gäste
von benachbarten Staaten
- Zeitung "Nase Doba"
- TV- u. Rundfunksendungen, Journalisten
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Statistisches 2013:
Zahl der Senioren ab 65 Jahren: 1.700.000
Davon: 58,6 % Frauen und 41,4 % Männer
Zuwachs jährlich: 40-60.000 Personen
Es sterben jährlich: 10-30.000 Personen (+ 0,6 %)
Rentner in der CZ:
2013: 2.341160 Personen
2003-2012: + 326.682 /W.B.1 019-771321
Altersrentner: 1.730500 - K. 614650
M.:46 % F.: 54 % - M.: 140/0 F.: 86
DR: 1 0880 Geh/R 1 OO/42,1
Renten:
Bis zu 8000 Rentnern: 320 Euro 7,8 %
Von 8OOO bis 13000 Rentner: 520 Euro 74,8 %
Von 13000-18000 Rentner: 720 Euro 16,9 %
Mehr: 0,5 %
1.1.2013 valor. 1/3 137 Kc (5,5E)
Lebensniveau – 5 % !!!!
Kampf der Senioren mit der Regierung in Tschechien In einer Petition verlangte man eine Inflationsrate und eine Gehaltserhöhung.
Des Weiteren stellte man fest, dass die geplante Reform der Regierung ernsthaft
den jetzt schon niedrigen Lebensstandard der Senioren bedroht, besonders denje-
nigen der Altrentner.
Einige Gedanken zu einer Petition von 2012:
l. Die Pensionen in CZ sind um 1/3 niedriger als in anderen Eu-Ländern.
2. Die Sozialsituation ist um 20 % niedriger als 1990.
3. Die Pensionen steigen viel langsamer als die Verdienste
(im Prinzip nur um 25 % gegen 100%).
4. Die Inflationsraten stiegen von Januar bis März um 3,5%, 3,7%, 3,8%.
5. Die Kaufkraft sank 2012 von Januar bis März um 4,9%, 5,2 %, 5,4 %.
• Das Einkommen der Senioren liegt um 500,-Kč niedriger.
• Die Hilfe der Regierung beträgt nur 156,-Kč.
• Die Valorisation der Pensionen soll nach dem Gesetz des Jahres 1995 erfolgen.
• Die Pensionen sollen so mindestens 45 % des Durchnittsgehaltes aufweisen.
• Alle sollen in den Pensionsfond einzahlen.
• Die Pensionsreform soll erst im Jahr 2016 stattfinden.
• Man verlangt soziale Wohnungen und finanzielle Hilfe.
• Der Rat der Senioren verlangt Objektivität und Verhandlungen.
• Die Senioren in den Straßen sind eine Schande.
• Die Senioren Tschechiens sind die ersten, die zum „Streik“ greifen müssen.
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