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Expediting als Ansatz zur Bewältigung der Lieferantenrisiken im deutschen Großanlagenbau Konzeptionelle Überlegung und empirische Ergebnisse Dissertation der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors (Dr. rer. pol.) vorgelegt von Herr Markus Talay aus Coburg

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung der Lieferantenrisiken im deutschen

Großanlagenbau Konzeptionelle Überlegung und empirische Ergebnisse

Dissertation der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften

der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors (Dr. rer. pol.)

vorgelegt von

Herr Markus Talay aus Coburg

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Als Dissertation genehmigt von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät dem

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: Promotionstermin: Vorsitzende/r des Promotionsorgans: Gutachter/in:

05.05.2015 12.05.2015 Prof. Dr. Nadine Gatzert Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt Prof. Dr. Freimut Bodendorf

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Vorwort

Die vorliegende Dissertationsschrift ist während meiner Tätigkeit als Expediter bei

einem Unternehmen des deutschen Großanlagenbau entstanden und der fehlenden

Information für die Lieferantenauftragsabwicklung von Unternehmen im deutschen

Großanlagenbau geschuldet. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2015 von der

Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät des Fachbereichs Wirtschafts-

wissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angenom-

men und konnte damit als externe Industriepromotion am Lehrstuhl Industrielles Ma-

nagement erfolgreich umgesetzt werden.

Mein besonderer Dank gilt hierbei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Kai-Ingo

Voigt, welcher sich nach einer kurzen Vorstellung des Themas bereit erklärt hatte,

die Betreuung des Promotionsvorhabens zu übernehmen. Herrn Prof. Dr. Freimut

Bodendorf danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens. Darüber hinaus gilt

mein Dank meinem Mentor, Freund und Arbeitskollegen Dr. Michael Krenz, welcher

mich über die gesamte Dauer der Promotion begleitet, unterstützt und gefördert hat.

Weiterhin bedanke ich mich bei Dr. Lothar Czaja für seine hilfreichen Diskussionen,

Kommentare und Hinweise zur Dissertation. Herrn Klaus Gottwald vom Verband

deutscher Maschinen- und Anlagenbau danke ich für die Bereitstellung umfassender

Informationen zum Thema Großanlagenbau. Den Teilnehmern der Studien zum

Thema Lieferantenrisiko im Großanlagenbau, Expediting im Großanlagenbau und

das Berufsbild des Expediting gilt ein weiterer Dank, da durch deren Teilnahme sie

wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Ich bedanke mich auch bei

meinen Arbeitskollegen, welche unbewusst durch tägliche Dialoge zum Thema Ex-

pediting an dieser Arbeit mitgewirkt haben. Zu guter Letzt gilt meine Anerkennung

meiner Lebensgefährtin Claudia für ihr unermüdliches Verständnis, den täglichen

Debatten, die Geduld und dem moralischen Beistand, wodurch sie mich schlussend-

lich zum Abschluss dieser Arbeit motiviert hat.

Herzlichen Dank allen!

Markus Talay

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IV

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... V!

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ IX!

Tabellenverzeichnis ................................................................................................ XII!

Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... XIII!

1.! Einleitung ........................................................................................................... 1!! Thematische Einführung ................................................................................. 1!1.1

! Zielsetzung ...................................................................................................... 3!1.2

! Methodische Vorgehensweise der Arbeit ........................................................ 4!1.3

2.! Industrie des Großanlagenbaus ...................................................................... 7!! Definition und Abgrenzung des Großanlagenbaus ......................................... 7!2.1

! Geschäftstyp Großanlagenbau ..................................................................... 10!2.2

! Aktivitätsfelder des Großanlagenbaus .......................................................... 12!2.3

! Charakteristika des deutschen Großanlagenbaus ........................................ 15!2.4

! Marktentwicklung im deutschen Großanlagenbau ........................................ 28!2.5

! Supply-Chain-Management, Beschaffungs- und Lieferantenmanagement im 2.6

deutschen Großanlagenbau .......................................................................... 37!

! Zwischenfazit ................................................................................................ 43!2.7

3.! Risikomanagement im Großanlagenbau ....................................................... 45!! Grundlagen des Risikomanagements ........................................................... 45!3.1

! Operative Risiken im Großanlagenbau ......................................................... 58!3.2

4.! Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken ................. 99!! Historie und Definition des Expediting .......................................................... 99!4.1

! Konzept des Expediting in der Anwendung im Großanlagenbau ................ 101!4.2

! Expediting als Erfolgsfaktor ......................................................................... 122!4.3

! Strategien und Weiterentwicklung des Expediting ...................................... 132!4.4

5.! Schlussbetrachtung ...................................................................................... 181!! Zusammenfassung ...................................................................................... 181!5.1

! Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ansatzpunkte für die weitere 5.2

Forschung ................................................................................................... 183!

Anhang A ................................................................................................................ 187!

Anhang B ................................................................................................................ 195!

Literaturverzeichnis ............................................................................................... 207!

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V

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsübersicht ....................................................................................................... IV!

Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... V!

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ IX!

Tabellenverzeichnis ................................................................................................ XII!

Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... XIII!

1.! Einleitung ........................................................................................................... 1!! Thematische Einführung ................................................................................. 1!1.1

! Zielsetzung ...................................................................................................... 3!1.2

! Methodische Vorgehensweise der Arbeit ........................................................ 4!1.3

2.! Industrie des Großanlagenbaus ...................................................................... 7!! Definition und Abgrenzung des Großanlagenbaus ......................................... 7!2.1

! Geschäftstyp Großanlagenbau ..................................................................... 10!2.2

! Aktivitätsfelder des Großanlagenbaus .......................................................... 12!2.3

! Charakteristika des deutschen Großanlagenbaus ........................................ 15!2.4

2.4.1! Komplexität ............................................................................................... 15!

2.4.2! Individuelle und langfristige Leistungserstellung ....................................... 18!

2.4.3! Dienstleistungsanteil ................................................................................. 19!

2.4.4! Diskontinuität des Auftragseingangs ......................................................... 20!

2.4.5! Auftragsvolumina ...................................................................................... 21!

2.4.6! Anbietergemeinschaften ........................................................................... 22!

2.4.7! Auftragsfinanzierung und Financial Engineering ...................................... 23!

2.4.8! Internationalität ......................................................................................... 24!

2.4.9! Projektabwicklung ..................................................................................... 25!

2.4.10! Marktstruktur ............................................................................................. 28!

! Marktentwicklung im deutschen Großanlagenbau ........................................ 28!2.5

2.5.1! Nachfrageentwicklung ............................................................................... 28!

2.5.2! Wettbewerbssituation ................................................................................ 31!

2.5.3! Mitarbeiter, Umsatz und proportionales Verhältnis ................................... 33!

2.5.4! Entwicklungsverlauf der Großprojekte ...................................................... 35!

! Supply-Chain-Management, Beschaffungs- und Lieferantenmanagement im 2.6

deutschen Großanlagenbau .......................................................................... 37!

2.6.1! Projektkosten ............................................................................................ 37!

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VI

2.6.2! Supply Chain Management, Beschaffungs- und Lieferantenmanagement

.................................................................................................................. 38!

2.6.3! Lieferanten des Großanlagenbaus ........................................................... 42!

! Zwischenfazit ................................................................................................ 43!2.7

3.! Risikomanagement im Großanlagenbau ....................................................... 45!! Grundlagen des Risikomanagements ........................................................... 45!3.1

3.1.1! Risiko ........................................................................................................ 45!

3.1.2! Risikoarten ................................................................................................ 47!

3.1.3! Risikomanagement ................................................................................... 48!

! Ziele und Aufgaben ................................................................................. 49!3.1.3.1

! Risikomanagementprozess .................................................................... 50!3.1.3.2

3.1.3.2.1! Risikoidentifikation ................................................................................ 51!

3.1.3.2.2! Risikobewertung ................................................................................... 52!

3.1.3.2.3! Risikosteuerung .................................................................................... 55!

3.1.3.2.4! Risikoüberwachung .............................................................................. 57!

! Operative Risiken im Großanlagenbau ......................................................... 58!3.2

3.2.1! Risiken in den einzelnen Projektphasen ................................................... 59!

3.2.2! Lieferantenrisiko ........................................................................................ 60!

! Bedeutung des Lieferantenrisikos in der Theorie ................................... 60!3.2.2.1

! Praktische Fundierung sowie Bedeutung des Lieferantenrisikos ........... 62!3.2.2.2

3.2.2.2.1! Komponenten des Lieferantenrisikos ................................................... 62!

3.2.2.2.2! Methodik der empirischen Studie zum Thema Lieferantenrisiken im

Großanlagenbau ................................................................................... 63!

3.2.2.2.3! Aufbau und Struktur des Fragebogens ................................................. 65!

3.2.2.2.4! Allgemeine Unternehmensangaben ..................................................... 66!

3.2.2.2.5! Merkmale und Rahmenbedingungen der betrachteten Projekte .......... 68!

3.2.2.2.6! Lieferantenrisikomanagement in der Praxis ......................................... 73!

3.2.2.2.7! Lieferantenrisiken im industriellen Anlagenbau .................................... 76!

3.2.3! Folgerungen aus der empirischen Studie Lieferantenrisiken im

Großanlagenbau ....................................................................................... 92!

! Zusammenfassung der Studie ................................................................ 92!3.2.3.1

! Wesentliche Ergebnisse der Studie ........................................................ 94!3.2.3.2

4.! Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken ................. 99!! Historie und Definition des Expediting .......................................................... 99!4.1

! Konzept des Expediting in der Anwendung im Großanlagenbau ................ 101!4.2

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VII

4.2.1! Kennzeichnung der qualitativ-empirischen Studie .................................. 101!

4.2.2! Ergebnisse der qualitativ-empirischen Studie ......................................... 102!

! Organisationsformen des Expediting .................................................... 103!4.2.2.1

4.2.2.1.1! Deskexpediting ................................................................................... 103!

4.2.2.1.2! Fremdexpediting ................................................................................. 103!

4.2.2.1.3! Expediting-Koordinator ....................................................................... 104!

4.2.2.1.4! Expediting-Intensivform ...................................................................... 106!

! Schnittstellen der einzelnen Organisationsformen ............................... 109!4.2.2.2

! Unterschiede in der Anwendung des Expediting .................................. 111!4.2.2.3

! Informationsmanagement und Reporting ............................................. 113!4.2.2.4

4.2.2.4.1! Informationsmanagement ................................................................... 113!

4.2.2.4.2! Reporting beim Expediting .................................................................. 115!

4.2.3! Expediting als Controllingfunktion ........................................................... 117!

! Controlling ............................................................................................. 117!4.2.3.1

! Expediting vs. Controlling ..................................................................... 118!4.2.3.2

4.2.4! Konzeptdarstellung im Überblick und Definition für das Expediting ........ 120!

! Expediting als Erfolgsfaktor ......................................................................... 122!4.3

4.3.1! Einfluss des Expediting auf die Beschaffungskosten .............................. 122!

! Beschaffungskosten – Total Cost of Ownership ................................... 122!4.3.1.1

! Expediting-Einfluss auf die Beschaffungskosten .................................. 123!4.3.1.2

4.3.1.2.1! Lieferantenauswahl ............................................................................. 124!

4.3.1.2.2! Vertragsgestaltung .............................................................................. 125!

4.3.1.2.3! Vorgaben zur Vertragsabwicklung nach Vertragsabschluss .............. 126!

4.3.1.2.4! Lieferantenauftragsabwicklungsdauer ................................................ 127!

4.3.1.2.5! Lieferantenauftragsabwicklungskosten ............................................... 128!

4.3.1.2.6! Nachtragsverhandlungen .................................................................... 128!

4.3.2! Einfluss des Expediting auf die Baustellenkosten ................................... 129!

4.3.3! Mögliche Einspar- und Beeinflussungspotenziale durch Expediting ....... 130!

! Strategien und Weiterentwicklung des Expediting ...................................... 132!4.4

4.4.1! Strategien zur Anwendung des Expediting ............................................. 132!

! Organisation – Integration von Expediting ............................................ 133!4.4.1.1

4.4.1.1.1! Einbindung von Expediting in das Unternehmen ................................ 133!

4.4.1.1.2! Fremdexpediting in der Organisation .................................................. 138!

4.4.1.1.3! Organisation der Mischform ................................................................ 139!

! Struktur des Expediting ......................................................................... 141!4.4.1.2

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VIII

4.4.1.2.1! Struktur bei der Anwendung von Fremdexpediting ............................ 141!

4.4.1.2.2! Struktur beim Eigenexpediting ............................................................ 142!

4.4.1.2.3! Struktur der Mischform ....................................................................... 152!

! Expediting-Prozesse ............................................................................. 152!4.4.1.3

4.4.1.3.1! Prozesslandschaft des Eigenexpediting ............................................. 153!

4.4.1.3.2! Prozesse des Fremdexpediting .......................................................... 155!

4.4.1.3.3! Prozesse der Mischform ..................................................................... 155!

! Lieferantenqualifikation ......................................................................... 156!4.4.1.4

4.4.1.4.1! Erfahrene, unerfahrene und ehemals erfahrene Lieferanten ............. 157!

4.4.1.4.2! Lieferantenqualifikation vs. Expediting ............................................... 158!

4.4.2! Selektive Strategien für spezielle Rahmenbedingungen ........................ 159!

! Geringe Abhängigkeit des Lieferanten vom eigenen Unternehmen ..... 159!4.4.2.1

! Notwendigkeit hoher Termintreue aufgrund von Projektvorgaben ....... 161!4.4.2.2

! Notwendigkeit hoher Kostentreue aufgrund der Projektsituation .......... 162!4.4.2.3

! Störfaktoren in der Abwicklung ............................................................. 163!4.4.2.4

4.4.2.4.1! Konjunktur als Störfaktor .................................................................... 163!

4.4.2.4.2! Externe Dritte, die Einfluss auf das Projekt ausüben können ............. 164!

4.4.2.4.3! Die wirtschaftliche Situation des Lieferanten ...................................... 165!

4.4.2.4.4! Know-how des Lieferanten ................................................................. 166!

4.4.2.4.5! Kulturumgebung des Lieferanten ........................................................ 167!

4.4.3! Weiterentwicklung des Expediting in Richtung eines nachhaltigen

Konzepts ................................................................................................. 169!

! Organisationale Anpassung .................................................................. 169!4.4.3.1

! Informationsmanagement ..................................................................... 171!4.4.3.2

! Personalqualifikation ............................................................................. 174!4.4.3.3

! Management ......................................................................................... 178!4.4.3.4

5.! Schlussbetrachtung ...................................................................................... 181!! Zusammenfassung ...................................................................................... 181!5.1

! Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ansatzpunkte für die weitere 5.2

Forschung ................................................................................................... 183!

Anhang A ................................................................................................................ 187!

Anhang B ................................................................................................................ 195!

Literaturverzeichnis ............................................................................................... 207!

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IX

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: Forschungsprozess und Aufbau der Arbeit ...................................... 5!

Abbildung 2-1: Überblick der verschiedenen Geschäftstypen. ............................... 12!

Abbildung 2-2: Phasenmodell im Großanlagenbau. ............................................... 12!

Abbildung 2-3: Vereinfachte schematische Darstellung einer

Anlagenproduktstruktur. ................................................................. 16!

Abbildung 2-4: Komplexitätskategorien für Systeme. ............................................. 16!

Abbildung 2-5: Leistungen im Großanlagenbau. .................................................... 17!

Abbildung 2-6: Darstellung von Großprojekten nach Wert und deren Anzahl. ....... 21!

Abbildung 2-7: Überblick über die Aktivitäten und Ergebnisse innerhalb der

Projektphasen. ............................................................................... 27!

Abbildung 2-8: Nachfrageentwicklung der Unternehmen im VDMA. ...................... 29!

Abbildung 2-9: Marktanteile im Großanlagenbau in den Jahren 2006 und 2012. .. 32!

Abbildung 2-10: Anzahl Mitarbeiter und Umsatzentwicklung pro Mitarbeiter seit

1990. .............................................................................................. 35!

Abbildung 2-11: Grafische Darstellung von Projektanzahl und Wertentwicklung der

einzelnen Projekte des GAB. ......................................................... 36!

Abbildung 2-12: Projektkostenanteile. ...................................................................... 38!

Abbildung 2-13: Zusammenhang zwischen Supply Chain Management,

Beschaffungs- und Lieferantenmanagement. ................................ 41!

Abbildung 3-1: Entscheidungssituationen: Unsicherheit, Risiko und Ungewissheit46!

Abbildung 3-2: Unternehmensrisikoarten.. ............................................................. 47!

Abbildung 3-3: Risikomanagementprozess. ........................................................... 50!

Abbildung 3-4: Darstellung einer Risk-Map. ........................................................... 55!

Abbildung 3-5: Formen der Risikohandhabung. ..................................................... 56!

Abbildung 3-6: Risiken während der Anlagenherstellung. ...................................... 60!

Abbildung 3-7: Den Hauptrisiken zugeordnete Beschaffungsrisiken. ..................... 61!

Abbildung 3-8: Kategorien des Lieferantenrisikos. ................................................. 63!

Abbildung 3-9: Branchenzugehörigkeit der befragten Unternehmen ..................... 67!

Abbildung 3-10: Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen ............................... 67!

Abbildung 3-11: Verteilung von Umsatzzahlen der teilnehmenden Unternehmen ... 68!

Abbildung 3-12: Durchschnittliches Projektvolumen der befragten Unternehmen ... 69!

Abbildung 3-13: Durchschnittliche Projektdauer der befragten Unternehmen ......... 70!

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X

Abbildung 3-14: Wertschöpfungstiefen der befragten Unternehmen ....................... 71!

Abbildung 3-15: Durchschnittliche Anzahl Lieferanten in einem Projekt .................. 71!

Abbildung 3-16: Verteilung der tatsächlichen Projektdauer in Relation zur vertraglich

vereinbarten Projektdauer .............................................................. 72!

Abbildung 3-17: Zusätzlicher Zeitaufwand in Relation zur vertraglich vereinbarten

Projektdauer bei Projekten mit Verzug ........................................... 72!

Abbildung 3-18: Ursachen für Terminverzug in Projekten ........................................ 73!

Abbildung 3-19: Verantwortliche Unternehmenseinheiten für das Lieferantenrisiko 74!

Abbildung 3-20: Bedeutung der Risikomanagementphasen in den Unternehmen ... 75!

Abbildung 3-21: Lieferantenrisikomanagement bei den befragten Unternehmen .... 76!

Abbildung 3-22: Relevanz der Risiken verursacht durch das Management ............. 78!

Abbildung 3-23: Planungsrisiken in der Lieferantenauftragsabwicklung .................. 79!

Abbildung 3-24: IT-Risiken während der Lieferantenauftragsabwicklung ................ 80!

Abbildung 3-25: Kommunikationsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

....................................................................................................... 81!

Abbildung 3-26: Verhaltensrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung ..... 82!

Abbildung 3-27: Produktionstechnische Risiken während der

Lieferantenauftragsabwicklung ....................................................... 83!

Abbildung 3-28: Produktionstechnische Risiken während der

Lieferantenauftragsabwicklung im Anlagenbau .............................. 84!

Abbildung 3-29: Qualitätsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung ........ 85!

Abbildung 3-30: F&E-Risiken bei der Lieferantenauftragsabwicklung im industriellen

Anlagenbau .................................................................................... 86!

Abbildung 3-31: Vertriebsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung ........ 87!

Abbildung 3-32: Die bedeutendsten Steuerungs- und Prozessrisiken mit Beurteilung

nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe. .................... 89!

Abbildung 3-33: Risk Map inklusive der bedeutendsten Risiken und der

Risikoschwelle ................................................................................ 89!

Abbildung 3-34: Die bedeutendsten Risiken und ihre mögliche Beeinflussbarkeit ... 90!

Abbildung 3-35: Prognoseentwicklung der bedeutendsten Lieferantenrisiken. ........ 91!

Abbildung 4-1: Struktur der Expediting-Organisation nach Expediting-Koordinator

..................................................................................................... 105!

Abbildung 4-3: Struktur der Expediting-Organisation nach der Expediting-

Intensivform .................................................................................. 107!

Abbildung 4-5: Expeditingaufwand der verschiedenen Varianten ........................ 112!

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XI

Abbildung 4-6: Expeditingaufgaben nach Expeditingform .................................... 112!

Abbildung 4-8: Berichtsarten inklusive Eigenschaften. ......................................... 116!

Abbildung 4-9: Beziehungen der einzelnen Managementarten. ........................... 121!

Abbildung 4-10: Unternehmensstruktur mit Einbindung des Expediting in die

Beschaffungsorganisation. ........................................................... 134!

Abbildung 4-11: Vor- und Nachteile der Zuordnung des Expediting in

Organisationseinheiten. ................................................................ 135!

Abbildung 4-12: Beispiel einer Schnittstellendefinition. .......................................... 143!

Abbildung 4-13: Geforderter Ausbildungsgrad des Expediters bei den befragten

Unternehmen. ............................................................................... 147!

Abbildung 4-14: Darstellung einer Prozesslandschaft für Eigenexpediting. ........... 155!

Abbildung 4-15: Darstellung der Prozesslandschaft für Fremdexpediting. ............. 155!

Abbildung 4-16: Beispiel für den Prozess der Mischform ....................................... 156!

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XII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-1: Einteilung der Segmente des deutschen Großanlagenbaus. ............. 10!

Tabelle 2-2: Anzahl und Größenverteilung der Großprojekte (monetäre

Betrachtung). ...................................................................................... 31!

Tabelle 3-1: Methoden zur Risikoidentifikation. ...................................................... 52!

Tabelle 3-2: Ausprägungen der Bewertungsskalen. ............................................... 66!

Tabelle 3-3: Zusammenfassung der wichtigsten Lieferantenrisiken ....................... 94!

Tabelle 3-4: Darstellung der Einflussnahme durch Koordination oder Kontrolle des

Lieferanten .......................................................................................... 95!

Tabelle 4-1: Skalierung der Komplexitätsgrade inklusive Zuordnung der

Expeditingform .................................................................................. 110!

Tabelle 4-2: Gegenüberstellung von Controlling und Expediting ......................... 119!

Tabelle 4-3: Einflussmöglichkeiten des Expediting auf die Projektkosten ............ 131!

Tabelle 4-4: Beispielhafte Darstellung einer Definition von Eigenexpediting und

Fremdexpediting ............................................................................... 140!

Tabelle 4-5: Funktionen eines Informationsmanagementsystems für das

Expediting. ........................................................................................ 173!

Tabelle 4-6: Anforderungsschwerpunkte Projektleiter vs. Expediting. ................. 177!

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XIII

Abkürzungsverzeichnis

AGAB Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau

BRM Business-Risk-Modell

bspw. beispielsweise

bzw. beziehungsweise

d. h. das heißt

EPC Engineering, Procurement and Construction

F&E Fertigung und Entwicklung

GAB Großanlagenbau

GP Großprojekt

GU Generalunternehmer

Hrsg. Herausgeber

i. d. R. in der Regel

IKS Internes Kontrollsystem

IWF Internationaler Währungsfonds

KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich

KVP Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

LCR Local-Content-Forderungen (Local-Content-Requirements)

MA Mitarbeiter

Mrd. Milliarden

PEM Project Expediting Manager

PPP Project Procurement Plan

o. V. ohne Verfasser

o. O. ohne Ort

SCM Supply-Chain-Management

sog. sogenannte

u. a. unter anderem

VDMA Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer

vs. versus

z. B. zum Beispiel

€ Euro

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1

Einleitung 1.

Thematische Einführung 1.1

In seiner Habilitationsschrift stellt Backhaus eine Fokussierung der betriebswirt-

schaftlichen Forschung auf die Industrie der Massen- und Seriengüter fest. In den

Hintergrund rückt dabei die Einzelfertigung, insbesondere die Errichtung von Groß-

anlagen und Systemen.1 Dabei lässt sich seit längerer Zeit als Folge der zunehmen-

den Bedeutung kundenindividueller Einzelfertigung die Ausweitung der projektorien-

tierten Leistungserstellung feststellen. 2 Kürzere Produktlebenszyklen, individuelle

Kundenbedürfnisse und die zunehmende Internationalisierung haben diese Entwick-

lung forciert.3 Eine starre, klassische Organisation ist den daraus resultierenden Her-

ausforderungen nicht gewachsen, und daher werden verschiedenste Formen der

Projektorganisation zur Bewältigung der Aufgaben genutzt.4 Bei der Mehrheit der

betroffenen Branchen findet somit eine Ergänzung der hierarchischen Organisation

durch Projektorganisationen statt, jedoch existieren auch Branchen, in denen die

Leistungserstellung in Projektform erfolgt. Zu diesen Branchen zählt der Großanla-

genbau (GAB).5

Staudinger stellt in seiner Untersuchung „Supply Management im industriellen Groß-

anlagenbau“ fest, dass zwar die Bedeutung der Projekttätigkeit enorm zugenommen

hat, die von Backhaus geschilderte unbefriedigende Situation jedoch fortbesteht bzw.

sich nur unwesentlich gebessert hat. Er verweist in diesem Kontext auf eine Besse-

rung der wissenschaftlichen Literatur im Bereich der Projektorientierung von Unter-

nehmen, aber gleichzeitig auch auf eine Vernachlässigung von Einkauf und Beschaf-

fung.6 Anfänglich unterschätzt, hat sich nach und nach die strategische Bedeutung

der Beschaffung gezeigt und damit die Forschung vorangetrieben.7 Die resultieren-

den Konzepte sind überwiegend für die Serienproduktion entwickelt worden und

1 Vgl. Backhaus, K. (1980): S. 1ff. 2 Vgl. Minzberg, H. (1983): S. 270; Midler, C. (1995): S. 363. 3 Vgl. Kotler, P.; Bliemel, F. (2001): S. XXXI. 4 Vgl. Whittington, R.; Pettigrew, A.; Peck, S.; Fenton, E.; Conyon, M. (1999): S. 583. 5 Vgl. Patzak, G.; Rattay, G. (2009): S. 575ff. 6 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 1. 7 Vgl. Kauffman, R. G. (2002): S. 46ff.

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2

können somit nur begrenzt auf die Einzelfertigung und damit auf den industriellen

Anlagenbau übertragen werden.8 Aus diesem Grund entwickelte Staudinger eine

Management-Konzeption für die Beschaffung von projektorientierten Unternehmen.9

Die Ausführungen Staudingers offenbaren eine ausführliche Gestaltung des Supply-

Managements in projektorientierten Unternehmen, jedoch wird hier eine Betrachtung

der Lieferantenrisiken und der Umgang mit diesen vermisst. Die durchschnittliche

Zulieferquote von ca. 75 %10 weist auf eine hohe Abhängigkeit des GAB von den Lie-

feranten hin. Allein die geringe Wertschöpfungstiefe von knapp 25 % deutet die Ver-

antwortung der Beschaffung an und deren Einfluss (Risiken) auf die Wettbewerbsfä-

higkeit der Großanlagenbauer.11 Wird eine Erhöhung des Gewinns um 10 % erwar-

tet, dann kann dies bei gleichem Umsatz und einer Reduzierung des Beschaffungs-

volumens von weniger als 3 % realisiert werden.12 Im Gegenzug können die Risiken

den Unternehmensgewinn erheblich schmälern, bei ihrem Eintritt zum Teil auch Ver-

lust generieren, wenn die daraus resultierenden Probleme beseitigt werden müs-

sen.13 Demnach ist den Lieferantenrisiken eine enorme Bedeutung im Projektablauf

zuzuschreiben. Im Gegensatz zu den Projektrisiken wurde bisher den Lieferantenri-

siken im industriellen Anlagenbau durch die wissenschaftliche Literatur kaum Auf-

merksamkeit zuteil. Vor diesem Hintergrund soll diese Arbeit die wissenschaftliche

Lücke der Lieferantenrisiken im Großanlagenbau schließen und darstellen, wie ein

verantwortungsvoller Umgang dieser Risiken mithilfe des Expediting vonstattenge-

hen kann. Da hierbei das Expediting eine operative Methode zur Bewältigung von

Risiken darstellt, wird auch der Fokus dieser Arbeit auf die operativen Lieferantenri-

siken gesetzt.

8 Vgl. Staiger, T. J. (1998): S. 25. 9 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 2. 10 Vgl. VDMA-AGAB (2013a). 11 Vgl. Weber H. E. (1986): S. 75. 12 Vgl. Eßig, M.; Hofmann, E.; Stöltze, W. (2013): S. 97. 13 Aktuelle Beispiele für Großprojekte mit einem erheblichen Terminverzug sowie immensen Mehrkosten (zum Teil höher als die

geplanten Aufwendungen zur Errichtung der Anlage) sind der Bau des Kernkraftwerkes Olkiluoto 3 in Finnland, der Bau des

Flughafen Berlin-Brandenburg, die Errichtung der Elbphilharmonie in Hamburg und der Bau des neuen Stuttgarter Hauptbahn-

hofes Stuttgart 21.

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Einleitung _________________________________________

3

Zielsetzung 1.2

Das vorrangige Ziel dieser Dissertation ist das Aufzeigen von Möglichkeiten zur Stär-

kung der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen GAB im internationalen Wettbewerb.

Diese Stärkung soll durch eine Erhöhung der Lieferzuverlässigkeit im Projekt erreicht

werden können. Für eine Erhöhung der Lieferzuverlässigkeit ist eine Voraussetzung

die Ermittlung der Lieferantenrisiken. Da hier der Fokus auf den operativen Lieferan-

tenrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung liegt, wird das Expediting als

Bewältigungsansatz gewählt. Hierfür ist eine Analyse der wissenschaftlichen For-

schung und der betrieblichen Praxis zum Expediting durchzuführen und eine An-

gleichung vorzunehmen. Abschließend soll die Umsetzung in die betriebliche Praxis

beschrieben werden. Aus dieser Zielsetzung heraus lassen sich mehrere Unterziele

ableiten, die in den nachfolgenden Leitfragen aufscheinen.

1. Welche Besonderheiten weist die Branche des Großanlagenbaus auf?

2. Welche Lieferantenrisiken gilt es während der Errichtung einer industriellen

Anlage zu bewältigen?

3. Was ist das Konzept des Expediting und wie ist der aktuelle Forschungsstand

zum Expediting?

4. Welche Bedeutung kann Expediting im Projektverlauf erlangen?

5. Welche Strategien können für eine Umsetzung und Einführung von Expediting

in der Praxis gewählt werden?

6. Welche Entwicklung für Expediting ist vorzusehen, damit es als nachhaltiges

Konzept zur Bewältigung von Lieferantenrisiken eingesetzt werden kann?

Während die ersten beiden Fragen die relevanten Kontextfaktoren umreißen, thema-

tisieren die drei darauffolgenden Fragen die noch wenig bekannte Methodik Expe-

diting zur Bewältigung von Lieferantenrisiken. Die beiden letzten Fragen hingegen

zielen auf die Anwendung und Entwicklung von Expediting in der betrieblichen Pra-

xis. Mit dieser Arbeit soll die Bekanntheit von Expediting gesteigert und zusätzlich

eine Handlungsempfehlung für die Anwendung in Unternehmen gegeben werden.

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Einleitung _________________________________________

4

Methodische Vorgehensweise der Arbeit 1.3

Für den Aufbau der Arbeit ist eine sukzessive Herangehensweise gewählt worden.

Dabei wird zunächst die Grundlage durch eine Analyse der Branche des industriellen

Anlagenbaus gelegt. Der Untersuchungsgegenstand wird definiert und eine Abgren-

zung zu vergleichbaren Branchen vollzogen. Zusätzlich wird der Geschäftstyp des

GAB diskutiert und dessen Aktivitätsfelder werden dargelegt. Ein weiterer Schritt hin

zur umfassenden Analyse ist die Darstellung der Branchencharakteristika, welche die

schwierigen Projektbedingungen der Branche widerspiegeln. Anschließend wird sich

mit der Marktentwicklung des deutschen Großanlagenbaus auseinandergesetzt. So

wird ein detaillierter Einblick in die Wettbewerbssituation der Branche erreicht und es

werden mögliche Ursachen für die aktuelle Situation der Anlagenhersteller aufge-

zeigt. Schließlich wird der Einfluss von Lieferanten und deren Leistung auf den Pro-

jektverlauf dargestellt und das Lieferantenrisiko hervorgehoben.

Als Ergebnis der vorangegangenen Betrachtung ergibt sich eine notwendige Aus-

einandersetzung mit den Risiken und dem Risikomanagement im GAB. Aufgrund der

Projektorientierung der Branche liegt hierbei der Fokus auf den operativen Projektri-

siken während der Anlagenerrichtung. Aufbauend auf der Studie von Voigt,14 bei der

das Lieferantenrisiko als bedeutendstes Risiko ermittelt worden ist, wird dieses im

Detail analysiert. Beginnend mit einer Literaturstudie werden die Komponenten des

Lieferantenrisikos herausgearbeitet. Mit dem Fokus auf den operativen Risiken des

Lieferantenrisikos wird anschließend eine empirische Studie zum Thema Lieferanten-

risiko im industriellen Anlagenbau durchgeführt und die Ergebnisse werden vorge-

stellt. Für eine bessere Übersicht werden die zwanzig bedeutendsten Risiken her-

ausgefiltert und in eine zweidimensionale Darstellung übertragen. Die Risiken, wel-

che dabei die Risikoschwelle überschreiten, werden im Anschluss auf Steuerung und

Kontrolle analysiert.

Als Schlussfolgerung der Studie Lieferantenrisiken im GAB ergibt sich die Notwen-

digkeit des Expediting, das entsprechend in Kapitel 4 in den Fokus rückt. In den ers-

ten beiden Abschnitten wird das Expediting theoretisch fundiert und mittels prakti-

14 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 130.

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scher Erkenntnisse abgegrenzt. Dabei werden unterschiedliche Anwendungsmodelle

vorgestellt und die Besonderheiten der einzelnen Modelle ausgeführt. Um bestehen-

de Gemeinsamkeiten hervorzuheben, wird das Expediting zusätzlich einer verglei-

chenden Betrachtung mit anderen Fachbereichen unterzogen. Anschließend wird

das Konzept des Expediting zusammengefasst und eine Definition entwickelt. Im da-

rauf folgenden Abschnitt werden die positiven und negativen Auswirkungen des Ex-

pediting auf die Beschaffungs- und Baustellenkosten diskutiert und sein Nutzen wird

aufgezeigt. Abschließend wird in diesem Kapitel eine Handlungsempfehlung gege-

ben, bei der verschiedene Strategien zur Anwendung des Expediting vorgestellt und

spezielle Rahmenbedingungen der Lieferantenauftragsabwicklung diskutiert werden.

Zudem wird eine spezielle Weiterentwicklung hinsichtlich einer nachhaltigen Entwick-

lung des Expediting erörtert. Die Ausführungen schließen im letzten Kapitel mit einer

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse. Nachfolgende Abbildung 1-1 skiz-

ziert die Vorgehensweise sowie den sich daraus ergebenden strukturellen Aufbau

der Arbeit.

Abbildung 1-1: Forschungsprozess und Aufbau der Arbeit

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Industrie des Großanlagenbaus 2.

Definition und Abgrenzung des Großanlagenbaus 2.1

Der industrielle Großanlagenbau ist ein Teilbereich der Industriebranche Maschinen-

und Anlagenbau mit einer strategischen Schlüsselstellung in der industriellen Infra-

struktur eines Landes.15 Mit Ausnahme der Einigkeit über das Investitionsgut mit den

dafür typischen Merkmalen existiert in der Wissenschaft keine allgemein verbindliche

Definition für eine Großanlage.16 Um eine eindeutige Differenzierung des industriel-

len Großanlagenbaus zum klassischen Maschinen- und Anlagenbau zu leisten, ist es

notwendig, die jeweils unterschiedlichen Merkmale darzulegen. Darauf Bezug neh-

mend hat die Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (AGAB) eine Begriffsbestim-

mung vorgenommen, welche sich in der Literatur weitestgehend durchgesetzt hat.17

Nach der Definition der AGAB entsprechen Unternehmen einem Großanlagenbauer,

wenn diese durch die Kenntnis eines verfahrenstechnischen Prozesses mindestens

einmal pro Jahr eine Anlage für Kunden mit einem Wert von mindestens 25 Mio. Eu-

ro errichten.18 Damit unterscheidet sich der Großanlagenbau vom klassischen Ma-

schinen- und Anlagenbau in erster Linie durch die Auftrags- bzw. Projektgröße. Ein

Prozessablauf, der verschiedene miteinander verbundene Prozessschritte umfasst,

wird in einer Großanlage durch die Kombination und Integration verschiedener Liefe-

rungen und Leistungen zu einem funktionsfähigen System (Industrieanlage) zusam-

mengeführt. Der Großanlagenbau bietet im Wesentlichen Dokumentation und Schu-

lung, Finanzierung, Herstellung und weltweiten Einkauf, Inbetriebnahme, Instandhal-

tung, Konstruktion, Lieferung, Montage sowie Planung der Anlage.19 Eine Erweite-

rung erfährt das Projekt durch die Forderung des Kunden, die Anlage durch den An-

lagenlieferanten befristet oder unbefristet zu betreiben20 oder Miteigentümer21 der

15 Vgl. Voigt, K. I. (2010): S. 21. 16 Vgl. Petersen, J. (2004): S. 162. 17 Aus dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) heraus hat sich im Jahre 1969 die Arbeitsgemeinschaft

Großanlagenbau (AGAB) gegründet. Die AGAB ist eine Gemeinschaft bestehend aus 37 zumeist namhaften Unternehmen aus

dem deutschsprachigen Raum (u. a. Linde AG, Siemens AG). Mit einem Auftragseingang von ca. 25 Mrd. € erreicht die Bran-

che einen Weltmarktanteil von ca. 17 %. 18 Vgl. VDMA-AGAB (2013a). 19 Vgl. VDMA-AGAB (2013a). 20 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 329. 21 Vgl. z. B. Hinze (1998).

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Anlage zu bleiben. Im Gegensatz zur klassischen Herstellung und Lieferung einzel-

ner Komponenten im Maschinen- und Anlagenbau ist es die Aufgabe des Großanla-

genbauers, eine funktionsfähige Anlage mit einem hohen Anteil an Verfahrenstechnik

und Engineering inklusive begleitender Dienstleistungen bereitzustellen.22 Eine wei-

tere objektbezogene Sichtweise differenziert den Maschinen- und Anlagenbau vom

Großanlagenbau. Der Maschinen- und Anlagenbau integriert einzelne Komponenten

zu Funktionseinheiten, während der GAB Funktionseinheiten zu komplexen Syste-

men kombiniert.23

Die Betriebswirtschaft verfolgt für die Definition des GAB unterschiedliche Ansätze.

Bretschneider definiert den GAB als die Gesamtheit der Aktivitäten, die zur Errich-

tung einer Großanlage notwendigen Lieferungen und Leistungen durch einzelne oder

mehrere Unternehmen durchgeführt werden. Dabei können die Aktivitäten die Projek-

takquisition sowie die Vertragserfüllung hinsichtlich der Projektrealisierung und des

Anlagenbetriebs betreffen.24 Deppenmeier et al. beschreiben hingegen eine Großan-

lage als ein geschlossenes Angebot von einem oder mehreren Anbietern. Deren Fä-

higkeit ist die Kombination mehrerer Anlagen und verschiedenster Dienstleistungen,

die den komplexen Kundenbedarf befriedigen.25

Aus produktionstheoretischer Sicht sind Anlagen technologische Leistungspotenzia-

le, die einer Unternehmung Nutzleistung im Rahmen der Wertschöpfung bereitstellen

und längerfristig zur Verfügung stehen.26 Eine technische Definition einer Großanla-

ge beschreibt diese als „eine Kombination von einzelnen in ihrer Funktion meist selb-

ständigen Bauelementen, wie Maschinen, Apparate, elektrische Antriebe, Steuerun-

gen und deren verbindende Elemente, wie Rohrleitungen, elektrische Verbindungs-

leitungen, dazugehörige Transportanlagen, oft auch eine Mehrzahl von Baugruppen,

die aufgrund eines vorher festgelegten Verfahrens mechanischer oder chemisch-

metallurgischer Art ausgewählt und zu einem Projekt zusammengefasst werden, das

22 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 11; Ilgen, A. (2001): S. 78. 23 Vgl. Deppenmeier et al. (1975): S. 758. 24 Vgl. Bretschneider, K. (1980): S. 6. 25 Vgl. Deppenmeier et al. (1975): S. 759. 26 Vgl. Becker, W. (1996): S. 36.

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nach seiner Verwirklichung in der Lage ist, ein bestimmtes Zwischen- oder Endpro-

dukt in wirtschaftlicher Form herzustellen“.27

Die verschiedenen Definitionen ergeben drei charakteristische Dimensionen des

GAB:

• Produktbezogene Dimension

• Dienstleistungs-Dimension

• Steuerungs- und Koordinations-Dimension

Die produktbezogene Dimension stellt den Austauschprozess dar und umfasst das

Produkt. Die Dienstleistungs-Dimension ist ein Teil des Austauschprozesses und be-

zieht sich auf das Produkt, wie z. B. die Finanzierung und Instandhaltung. Die Steue-

rungs- und Koordinations-Dimension erfasst den Austauschprozess selbst und reicht

vom Know-how der Systemintegration bis zur Konsortialführung.28

Der Großanlagenbau wird nach dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in folgende

vier Sektoren unterteilt:

• Anlagen der Grundstoffindustrie

• Anlagen der Verarbeitungsindustrie

• Anlagen der chemischen und petrochemischen Industrie

• Infrastruktureinrichtungen29

Demgegenüber unterteilt die AGAB den deutschen GAB in zwölf Anlagenarten, die in

Tabelle 2-1 nach der Kategorisierung des VDI aufgeführt werden.30

27 Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 16. 28 Vgl. Deppenmeier et al. (1975): S. 759. 29 Vgl. VDI (1991): S. 61ff. 30 Vgl. VDMA-AGAB (2011).

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10

Anlagen der Grundstoffindustrie

Anlagen der Verarbeitungs-industrie

Anlagen der chemischen und petrochemischen Industrie Infrastruktureinrichtungen

• Hütten und Walzwerke • Anlagen zur Rohstoffge-

winnung und -aufbereitung • Gaserzeugungsanlagen • Bau- und Baustoffanlagen

• Anlagen zur Holzbearbei-tung

• Papier- und Zellstoffanla-gen

• Anlagen der Nahrungsmit-telindustrie

• Chemische Anlagen • Luft- und Gasverflüssi-

gungsanalagen

• Kraftwerke • Anlagen zur Wasser- und

Abwasserreinigung

• Elektrotechnische Ausrüstungen

Tabelle 2-1: Einteilung der Segmente des deutschen Großanlagenbaus. Quelle: in Anlehnung an VDI (1991): S. 61ff.; VDMA-AGAB (2011).

Obwohl Bauleistungen bei der Erstellung von Großanlagen enthalten sind, grenzt

das Merkmal des verfahrenstechnischen Prozesscharakters den GAB von der Bau-

industrie ab. Die Projektabwicklung beider Branchen ist ähnlich, jedoch sind die

technischen Unterschiede deutlich erkennbar.31 Auch Voigt erkennt Ähnlichkeiten zur

Bauwirtschaft, jedoch weist er zusätzlich auf Analogien zum Schiffbau (im Speziellen

zum See- und Marineschiffbau), zum Bereich Schienenfahrzeugbau und Bahntechnik

sowie zur Luft- und Raumfahrtbranche hin.32

Aufbauend auf den dargelegten Definitionsansätzen wird im Rahmen dieser Arbeit

eine Großanlage definiert als ein durch Kombination und Integration von Komponen-

ten und Teilanlagen erstelltes Investitionsgut mit einem Mindestwert von 25 Mio. €

zur Verwirklichung eines verfahrenstechnischen Prozessablaufs. Charakteristisch für

die Leistungserstellung sind ein hoher Dienstleistungsanteil und die Erfordernis um-

fassender Managementkompetenzen.

Geschäftstyp Großanlagenbau 2.2

Nach Petersen sind die Geschäftsmodelle der Anlagenanbieter nicht homogen, ein

einheitlicher Geschäftstyp Großanlagenbau ist somit nicht erkennbar.33 Nach Back-

haus und Voeth zählt das Anlagengeschäft zu den Geschäften mit Ex-post-

Unsicherheit. Bei diesen Verträgen haben beide Vertragspartner die Möglichkeit, ei-

31 Vgl. Petersen, J. (2004): S. 163. 32 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 28ff. 33 Vgl. Petersen, J. (2004): S. 163ff.

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ne Situation für sich auszunutzen.34 Diese Abhängigkeit wird als Quasirente bezeich-

net.35 Sie wird allgemein definiert als „Einkommensüberschuss eines spezifischen

Faktors über die Entlohnung, die in der nächsten Verwendung erzielt werden könnte,

also über die Opportunitätskosten hinaus“.36

Im Gegensatz zum klassischen Anlagengeschäft besteht zwischen Kunde und An-

bieter beim Bau von Großanlagen eine Abhängigkeit.37 Durch einen Lösungsvor-

schlag, der spezifisch auf Ausschreibungsunterlagen des Kunden ausgerichtet ist,

investiert ein Anbieter von Kraftwerken in der Angebotsphase spezifisch.38 In diesem

Fall ist der Anbieter vom Kunden durch dessen nicht spezifische Ausschreibung ab-

hängig. Wird ein Vertrag abgeschlossen und die Leistungserstellung erbracht, so

dass der Nachfrager eine Investition (Service, Zulieferung) tätigen will, wird sich die-

ser durch die zeitlich nachgelagerte Kaufentscheidung in ein Abhängigkeitsverhältnis

begeben.39 Geht man von einem opportunistischen Verhalten beider Vertragspartei-

en aus, dann kann sowohl der Nachfrager die Investitionen des Anbieters durch sei-

ne Monopolstellung als auch der Anbieter den Nachfrager bei einer zeitlich nachge-

lagerten Investition ausnutzen.40 Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick

über die Abgrenzung der Geschäftstypen.

34 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 199ff. 35 Vgl. Klein, B.; Crawford, R. G.; Alchian, A. A. (1978): S. 298. 36 Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 200. 37 Vgl. Köhl, T. (2000): S. 138. 38 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 205. 39 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 205. 40 Vgl. Sandstede, C.; Engelhardt, W. H.; Rese, M. (2010): S. 17ff.

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12

Abbildung 2-1: Überblick der verschiedenen Geschäftstypen. Quelle: Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 206.

Aktivitätsfelder des Großanlagenbaus 2.3

Die Literatur weist in der Abfolge der Aktivitätsfelder des GAB und ihrer Bezeichnun-

gen geringfügige Unterschiede auf; bezüglich des Leistungsumfanges sind es ver-

gleichbare Modelle.41 Alle Aktivitäten vom Konzept bis zum Betrieb der Anlage las-

sen sich in die sechs Phasen des Lebensphasenkonzepts einteilen (vgl. Abbildung

2-2). Jede Phase umfasst eine Abfolge von Teilaufgaben, die sich zeitlich über-

schneiden können.

Abbildung 2-2: Phasenmodell im Großanlagenbau. Quelle: in Anlehnung an Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 43f.; Schlüter, V.; Hoff, D. (2003): S. 497; Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 216ff.

41 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 43f.; Schlüter, V.; Hoff, D. (2003): S. 497; Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008):

S. 216ff.

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Gutmannsthal-Krizanits definiert in der Phase der Konzeptentwicklung die Arbeits-

schwerpunkte aufseiten des Nachfragers. Der Anlagenbauer selbst wird versuchen,

die Anforderungen des potenziellen Kunden zu eruieren und seine Projektideen in

das Konzept einzubringen.42 In der Konzeptphase sind die wesentlichen Bestandteile

die Erstellung des Lastenheftes, die Festlegung der Zielgrößen und der Projektorga-

nisation sowie die Analyse aller relevanten Randbedingungen.43 Zudem werden mit-

hilfe von Machbarkeitsstudien kurz- bis langfristige Konsequenzen im Falle der Um-

setzung des Projektes erörtert.44 Weiterhin werden diese Machbarkeitsstudien für

Investitionsentscheidungen und für die Ausarbeitung von Finanzierungskonzepten

herangezogen. Diese enge Verknüpfung zwischen technischen und finanzwirtschaft-

lichen Planungsüberlegungen wird als „Financial Engineering“ bezeichnet.45

Der Gesamtentwurf für die Industrieanlage der Projektabwicklung wird in der Phase

des Basic Engineering (Entwurfsplanung) erarbeitet. Der Auftraggeber präzisiert in

dieser Phase seine Anforderungen an die Anlage.46 Dem Anbieter ermöglicht diese

Situation, Einfluss auf den Kunden zu nehmen und seine Merkmale in die Anforde-

rungen der Anlage einzubringen. Damit wird eine Abgrenzung zu anderen Herstellern

erreicht und eine frühe Bindung des Auftraggebers erzielt.47 Ein Pflichtenheft (Anbie-

ter) wird auf Grundlage des Lastenheftes (Anfrager) erstellt und überreicht.48 Darauf

aufbauend können „Investitionsentscheidungen fundiert vorbereitet, Genehmigungs-

planungen behördengerecht durchgeführt und die Fach- bzw. Ausführungsplanungen

begonnen werden“.49

In der Phase des Detail Engineering (Ausführungsplanung) werden ausführliche

Spezifikationen für die Anlage und für die notwendigen Lieferungen und Leistungen

erstellt.50 Diese Spezifikationen sind eine Voraussetzung zur Realisierung der Anla-

ge, zu deren Inbetriebnahme und zum Dauerbetrieb.51 Der Großanlagenbauer er- 42 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 86ff. 43 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 216. 44 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 89. 45 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 44. 46 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 218. 47 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 332. 48 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 92. 49 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 218. 50 Vgl. Krolle, S.; Sommerkamp, J.-D. (2010): S.39. 51 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 227.

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bringt Leistungen zur Detaillierung der Systeme und der Anlagendimension sowie zur

Beschaffung von Maschinen, Systemen und Material und den zugehörigen Doku-

mentationen, um die Anlage errichten zu können.52 Spätestens in dieser Phase ist

der Anlagenhersteller voll verantwortlich.53

Ein großer Teil der Wertschöpfung findet im Großanlagenbau am Ort des späteren

Einsatzes statt.54 Die Kosten der Arbeiten in der Bau- und Montagephase können

mehr als 50 Prozent des Auftragswertes betragen.55 Durch die Internationalität der

Aufträge sind in besonderem Maße die „Rechts-, Schnittstellen, Verständigungs- und

Mentalitätsprobleme“ zu berücksichtigen, welche in der Abwicklung auftreten kön-

nen.56 Aufgrund der zu erwartenden hohen Kosten ist ein reibungsloser Baufortschritt

von größter Wichtigkeit. Dazu bedarf es einer exakten Terminabstimmung von zu

liefernden Komponenten und Werkzeugen sowie auf der Baustelle einzusetzendem

Personal.57

Nach Fertigstellung der Anlage beginnt die Phase der Inbetriebsetzung. In dieser

Phase werden Testläufe durchgeführt, und bei Erreichen der vereinbarten Leistungs-

daten wird die Anlage vom Kunden abgenommen. Zusätzlich wird das Personal ge-

schult und der Betrieb optimiert.58 Sind die letzten Mängel behoben sowie der Probe-

lauf und der Leistungstest der Anlage erfolgreich bestanden, wird diese an den Be-

treiber übergeben und die Gewährleistungsphase beginnt. Entsteht während dieser

Betriebsphase ein Mangel, muss der Anlagenbauer diesen Mangel unentgeltlich be-

heben. Nach Auslauf der Gewährleistungsphase gilt das Projekt als beendet, sofern

keine weiterlaufenden Vereinbarungen getroffen worden sind.59

52 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 43. 53 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 227. 54 Vgl. VDMA-AGAB (2011): S. 35. 55 Vgl. VDMA-AGAB (2011): S. 31. 56 Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 6. 57 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 118ff. 58 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 43. 59 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 128ff.

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Charakteristika des deutschen Großanlagenbaus 2.4

Auf Basis der zuvor dargelegten Definition des GAB (siehe Kapitel 2.1) lassen sich

mehrere signifikante Merkmale benennen. Im Folgenden werden deshalb die zentra-

len Charakteristika des industriellen Anlagenbaus diskutiert. Diese grenzen insbe-

sondere die Branche vom allgemeinen Maschinen- und Anlagenbau ab und begrün-

den die besondere Risikoexposition des Großanlagenbaus.60 Des Weiteren werden

die in der Literatur ausführlich beschriebenen, aber nicht einheitlich definierten Cha-

rakteristika nochmals erörtert.

2.4.1 Komplexität

Die Gründe für die Komplexität einer Großanlage sind nach Voigt die „hohe techni-

sche Komplexität, die Strukturtiefe und -breite der Anlage, der Baustellenfertigung

[...], aber auch die Vielfalt der Aufgaben und Schnittstellen im Anlagenprojekt“.61 Die

daraus resultierenden Probleme sind vielfältig. Sie können technischer (z. B. Verfah-

rensprobleme), wirtschaftlicher (z. B. Finanzierungsprobleme), organisatorischer

(z. B. Probleme bei Anbietergemeinschaften) sowie rechtlicher Art (z. B. Probleme

mit der lokalen Gesetzgebung) sein.62 Die technische Komplexität mit der „Vielzahl

von verschiedenartigen Teilsystemen, Baugruppen und Einzelteilen“63 ergibt sich aus

der Strukturtiefe (Anzahl der Gliederungsebenen) und der Strukturbreite (Zusam-

menwirken verschiedener Teilsysteme auf der Gliederungsebene).64 Abbildung 2-3

illustriert eine vereinfachte Darstellung einer Anlagenproduktstruktur. Abbildung 2-4

gibt eine mögliche Einstufung in verschiedene Komplexitätsstufen wieder. Werden

die vorangegangenen Definitionen mit den Komplexitätsstufen verglichen, so ist eine

industrielle Anlage als ein äußerst komplexes System zu deklarieren.

60 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 21. 61 Voigt, K.-I. (2010): S. 28. 62 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 24. 63 Staudinger, M. (2007): S. 68. 64 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 5.

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Abbildung 2-3: Vereinfachte schematische Darstellung einer Anlagenproduktstruktur. Quelle: in Anlehnung an Staiger T. J. (1998): S. 18; Staudinger, M. (2007): S. 69.

Abbildung 2-4: Komplexitätskategorien für Systeme. Quelle: in Anlehnung an Schoene-berg, K.-P. (2014): S. 15.

Der Anlagenhersteller muss die Wirkung der einzelnen Systeme verstehen, um diese

zu kombinieren und sie zu einer funktionsfähigen Gesamtanlage vereinen zu kön-

nen.65 Neue Technologien können dabei die Reputation des Herstellers auf dem

Markt steigern und helfen, potenzielle Kunden zu gewinnen.66

65 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 70. 66 Vgl. Backhaus, K. (2007): S. 331; Simon, W. (1977): S. 106.

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Ein weiteres Merkmal der Komplexität ist die große Bandbreite des angebotenen

Leistungsumfangs. Dieser kann sich von der Ingenieursdienstleistung bis hin zur

schlüsselfertigen Anlage erstrecken, zum Teil ist auch der Betrieb einer Anlage Teil

des Leistungsumfanges.67 Darüber hinaus werden zu den Kernleistungen (Planung,

Konstruktion, Beschaffung, Fertigung, Montage und Inbetriebnahme) noch zusätzli-

che Leistungen wie z. B. die Bereitstellung der Finanzierung gefordert.68 Als Bedin-

gung zur Abwicklung eines Projektes werden ausgereifte Managementkompetenzen

der Anlagenhersteller vorausgesetzt.69 Beherrscht der Hersteller die Management-

kompetenzen, so kann der Kunde mit einer hohen Lieferzuverlässigkeit kalkulieren.

Die richtige Umsetzung des Projektmanagements hilft, den Überblick über ein kom-

plexes Projekt zu bewahren und die vielen an dem Projekt beteiligten Personen zu

koordinieren.70 Abbildung 2-5 stellt die Leistungen und Kompetenzen für den Bau

einer Anlage dar.

Abbildung 2-5: Leistungen im Großanlagenbau. Quelle: in Anlehnung an Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 8; Schiller, T. (2000): S. 10; VDMA-AGAB (2013a).

Zusätzlicher Komplexitätstreiber sind zum einen die vielen involvierten Parteien wäh-

rend des Baus einer Anlage. In der Projektabwicklung können neben dem Kunden

und dem Anlagenhersteller Konsortialpartner, Lieferanten, Consultants und staatliche

Stellen oder Beauftragte beteiligt sein.71 Zum anderen sind dynamische Umweltein-

flüsse ausschlaggebend, welche einen Einfluss auf die Spezifikationen einer Großan-

67 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 4. 68 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 8; Schiller, T. (2000): S. 10; VDMA-AGAB (2013a). 69 Vgl. VDMA-AGAB (2013a). 70 Vgl. Litke, H.-D.; Kunow, I.; Schulz-Wimmer, H. (2012): S. 9f. 71 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 4ff.

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lage ausüben können.72 Vorschriften können sich noch während der Projektlaufzeit

ändern, die den Anlagenhersteller zwingen, seine technischen Spezifikationen zu

überarbeiten und hinsichtlich der neuen Anforderungen anzupassen. Diese hohe

Komplexität erfordert ein Fachwissen, das die gesamte Vielfalt der technologischen,

abwicklungsbezogenen und kaufmännischen Anforderungen abdeckt.73

2.4.2 Individuelle und langfristige Leistungserstellung

Eine Großanlage ist ein Produkt, das speziell auf die Anforderungen des Kunden

ausgerichtet ist.74 Die durch einen Großanlagenbauer zu erstellenden Anlagen sind

jedoch in ihrer Funktion ähnlich und basieren auf bereits vorhandenen verfahrens-

bzw. betriebstechnischen Konzepten des Herstellers.75 Allerdings kann der Anlagen-

hersteller nur eingeschränkt auf seine Konzepte zurückgreifen, da er jede einzelne

Anlage auf die Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse des Kunden bzw. des Be-

treibers sowie sonstiger beteiligter Parteien anpassen muss.76 Dementsprechend

sind die Projekte des GAB „dem Wesen nach als Einzelfertigung einzustufen“.77 Zu-

sätzlich sind aufgrund von Kundenforderungen und der allgemeinen technischen

Entwicklung Großanlagenbauer gezwungen, ihre bereits vorhandenen verfahrens-

und betriebstechnischen Konzepte beständig anzupassen.78 Bis zur Vertragsunter-

schrift sind die Kunden bestrebt, ihre Forderungen und Wünsche gegenüber dem

Großanlagenbauer durchzusetzen, weshalb dem Anlagenhersteller der Beginn der

Leistungserstellung erst nach Auftragserhalt möglich ist.79

Ein besonderes Merkmal für den GAB ist die Langfristigkeit der Anlagenherstellung.

Die durchschnittliche Projektlaufzeit beträgt zwischen zwei und drei Jahren, wobei

die Projekte eine Spanne von einigen Monaten bis zu mehreren Jahren erreichen

können. 80 Ausschlaggebend für die lange Laufzeit der Projekte sind jahrelange

72 Vgl. Weber, K. H.; Schüßler, M. (2008): S. 4. 73 Vgl. Meuser, S. (1997): S. 18. 74 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 24; Staudinger, M. (2007): S. 70. 75 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 9. 76 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 7. 77 Voigt, K.-I. (2010): S. 24. 78 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 9; Voigt, K.-I. (2010): S. 24. 79 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 325; Voigt, K.-I. (2010): S. 24f.; Staudinger, M. (2007): S. 70. 80 Voigt, K.-I. (2010): S. 25; VDMA-AGAB (2013a).

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Akquisitionsbemühungen und langandauernde Entscheidungsprozesse.81 Die Dauer

der Errichtung ist damit eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale.82

2.4.3 Dienstleistungsanteil

Die Erstellung von Großanlagen wird aus der Kombination von zu liefernden Produk-

ten (Systeme, Komponenten, Teile) und der Dienstleistung realisiert.83 Diese Leis-

tung wird von Backhaus und Voeth als Hard- und Softwarebündel charakterisiert,

welches auf jeden Kunden spezifisch ausgerichtet wird.84 Voigt prognostiziert für die

Branche „eine zunehmende Erhöhung des Dienstleistungsanteils“.85 Denn die bishe-

rigen Anforderungen an die Dienstleistungsprogramme reichen nicht mehr aus, um

den Kunden zufriedenzustellen. Die Werkzeuge zur Abwicklung von Projekten (Pro-

jektmanagement, Controlling, Finanzierung, Schnittstellenkoordination) werden des-

halb verfeinert und der Leistungsumfang, besonders der After-Sales-Markt (Service,

Instandhaltung, Vermarktungshilfe, Schulung), wird erweitert.86 Der hohe Stellenwert

dieser Leistungen resultiert aus dem Know-how-Gefälle zwischen Kunde und Anla-

genhersteller, wobei das defizitäre Know-how sich überwiegend auf Kunden aus

Entwicklungsländern bezieht.87 Für einen Ausgleich des Know-how-Defizits werden

von den Kunden folgende zusätzliche Forderungen zu den Standarddienstleistungen

erhoben:

• Know-how-Verträge

• Kooperation mit inländischen Unternehmen

• Marketing-Konzepte für das Endprodukt

• Übernahme von Absatzgarantien

• Durchführung von Machbarkeitsstudien

• Unterstützung bei der Erstellung des Lasten- und Pflichtenhefts88

81 Vgl. Petersen, J. (2004): S. 165f. 82 Vgl. Voigt, K.-I. (1998): S. 80. 83 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 84 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 325. 85 Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 86 Vgl. Seggy, U. (2009): S. 2f.; Voigt, K.-I. (2010): S. 27; Gottwald, K. (2011): S. 2. 87 Vgl. Weiber, R. (1985): S. 59; Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 88 Vgl. Weiber, R. (1985): S. 15ff.

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Außerdem hält die Dienstleistung bei einer Angebotsvielfalt großes Potenzial bereit,

sich von anderen Marktteilnehmern zu differenzieren und sich einen Wettbewerbs-

vorteil zu verschaffen.89

2.4.4 Diskontinuität des Auftragseingangs

Die Diskontinuität des Auftragseingangs beeinflusst die Unternehmen des GAB und

verhindert eine kontinuierliche Unternehmensentwicklung.90 Die Ursachen für die

Schwankungen resultieren aus der hohen Wertigkeit der Anlagen, der Sprunghaf-

tigkeit technologischer Entwicklungen, der unsteten Gesetzgebung und der finanziel-

len und wirtschaftspolitischen Bedingungen in den Abnehmerländern.91 Diese Fakto-

ren erschweren eine Prognose zukünftiger Entwicklungen erheblich.92 Außerdem

wird durch die Komplexität der jeweiligen Anlage und die Langfristigkeit der Erstel-

lung eine Bindung von hochqualifizierten Fachkräften über einen langen Zeitraum

notwendig, und durch die Kombination von Prognose (Bereitstellung von Ressourcen

für potenzielle Projekte) und Ist-Situation (Bindung von Ressourcen durch Projekt-

verzögerungen) wird eine gleichmäßige Kapazitätsauslastung erschwert. Ist das Un-

ternehmen ausgelastet, werden Aufträge abgelehnt. Fehlen jedoch Folgeaufträge, so

kommt es zu Überkapazitäten.93 Aufgrund der schwankenden Auftragslage ist es den

Unternehmen des GAB kaum möglich, ihr Personal quantitativ und qualitativ der ak-

tuellen Auftragslage anzugleichen. Unternehmen des GAB beschäftigen überwie-

gend qualifiziertes Personal, welches allerdings aufgrund des allgemeinen Fachkräf-

temangels nur unzureichend zur Verfügung steht. Deshalb sind Anlagenhersteller bei

Beschäftigungsschwankungen nur bedingt anpassungsfähig.94

89 Vgl. Meffert, H. (2009): S. 7. 90 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 13. 91 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 9f.; Voigt, K.-I. (2010): S. 25. 92 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 74. 93 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 25. 94 Vgl. Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 9f.

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2.4.5 Auftragsvolumina

Nach einer Statistik des VDMA erreichen 10 % aller Großanlagen (Anlagen mit ei-

nem Wert von über 125 Millionen Euro) nahezu 40 % des Gesamtauftragsvolumens

im GAB (siehe Abbildung 2-6).95 Die hohe Wertigkeit der Anlagen, welche durchaus

auch die 1-Milliarde-Euro-Grenze überschreiten kann, bildet ein weiteres wichtiges

Merkmal dieser Branche. Dieser Wert wird z. B. beim Bau von Kernkraftwerken deut-

lich überschritten und auch beim Bau von Gaserzeugungsanlagen erreicht. Unterläuft

bei dieser Größenordnung eine Fehlkalkulation von 5 – 10 %, können auch große

Unternehmen mitunter in finanzielle Bedrängnis geraten.96 Dabei ist es durchaus üb-

lich, dass die Auftragsvolumina einzelner Projekte einen hohen Anteil am Jahresum-

satz ausmachen.97 Voigt weist zusätzlich darauf hin, dass „eine Übersteigung des

Jahresumsatzes des Auftragnehmers durch den Auftragswert keine Seltenheit ist“.98

Abbildung 2-6 gibt einen Überblick über die Anzahl der Projekte nach Projektvolumen

und Projektanzahl.

Abbildung 2-6: Darstellung von Großprojekten nach Wert und Anzahl. Quelle: in An-lehnung an VDMA-AGAB (2013): S. 21.

95 VDMA-AGAB (2013): S. 21. 96 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 371. 97 Vgl. Gleich, R.; Müller, M.; Kämmler, A.; Staudinger, M. (2005): S. 183. 98 Voigt, K.-I. (2010): S. 25; Höffken, E.; Schweitzer, M. (1991): S. 9.

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2.4.6 Anbietergemeinschaften

Im industriellen Anlagenbau können verschiedene Formen von Anbietergemeinschaf-

ten identifiziert werden.99 Anbietermodelle, die im GAB auftreten, sind u. a. die Gene-

ralunternehmerschaft, das offene und das stille Konsortium sowie Partnerschaften

und Joint Ventures.100 Die Bildung von Anbietergemeinschaften wird im Großanla-

genbau durch spezifische Merkmale der Branche in besonderem Maße forciert.101

Gründe hierfür sind:

• eine Risikominimierung,

• mangelndes Know-how eines einzelnen Anbieters,

• mögliche Spezialisierung,

• die Finanzierungs- und Kreditversicherungsmöglichkeiten,

• Local-Content-Forderungen des Kunden,

• Forderungen des Kunden zur Einbindung von bestimmten Lieferanten,

• Bewältigung von Kapazitätsengpässen,

• Bindung potenzieller Wettbewerber sowie

• Erfahrungsaustausch und Zugang von bestimmten Kontakten.

Die Kunden nutzen das verfügbare weltweite Angebot von Anlagenherstellern, um

bestimmte Forderungen durchzusetzen. Insbesondere zeigt sich dies in Lump-Sum-

Turn-Key Verträgen mit dem Anlagenhersteller als Generalunternehmer (GU), wenn

dieser eine funktionsfähige Anlage zu einem festen oder maximalen Preis errichten

muss.102 Dabei ergeben sich zusätzliche Risiken103 für den GU im Hinblick auf:

• Preis- und Kursschwankungen, falls der GU einen Festpreis in fremder Wäh-

rung kontrahiert, dieser aber mit seinen Lieferanten einen Gleitpreis in Euro

vereinbart.

99 Vgl. Hahn, D.; Lassmann, G. (1993): S. 210; Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 100 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 351; Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 101 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 351; Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 55ff.; VDI (1991a): S. 1; Voigt, K.-I.

(2010): S. 27. 102 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 103 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 352.

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• Zahlungsbedingungen, falls unterschiedliche Vereinbarungen zwischen Kunde

und GU sowie zwischen GU und Lieferant vereinbart worden sind. In dieser

Situation ist der GU gezwungen, eine Zwischenfinanzierung zu organisieren.

• Haftungsbedingungen, wenn Leistungsmängel vom Unterlieferanten zu erheb-

lichen Vertragsfolgen aus dem Kundenvertrag führen.

• Gewährleistungsfristen, wenn die Gewährleistungsfristen für die Gesamtanla-

ge später beginnen (nach der Übergabe) als die für Teilleistungen der Unter-

lieferanten.

2.4.7 Auftragsfinanzierung und Financial Engineering

Aufgrund hoher Auftragswerte und der langfristigen Leistungserstellung erwarten

Kunden verschiedenste Finanzierungskonzepte, die es erlauben, die notwendige Fi-

nanzierung aus dem laufenden Betrieb der Anlage zu erhalten.104 Damit wird die Fi-

nanzierung mit einem hohen Stellenwert bemessen.105 Eine auf den Kunden maßge-

schneiderte Finanzierung wird im industriellen Anlagengeschäft als „Financial Engi-

neering“ bezeichnet.106 Zur Finanzierung einer Großanlage stehen dem Anlagenher-

steller überwiegend die drei klassischen Finanzierungsarten Lieferantenkredit, Be-

stellerkredit und Forfaitierung zur Verfügung,107 wobei der Bestellerkredit aufgrund

seiner offensichtlichen Vorteile (nach Auslieferung erhält der Anlagenhersteller seine

Forderung von der Bank, womit das Kreditverhältnis nur noch zwischen Kunde und

Bank besteht) sich zunehmend durchsetzt.108 Neben den klassischen Finanzierungs-

konzepten existieren zudem Sonderformen der Auftragsfinanzierung, welche dem

Anlagenhersteller bei Überschreitung des Kreditrahmens die Finanzierung ermögli-

chen.109 Dabei handelt es sich um die Finanzierungskonzepte Leasing, Kompensati-

onsgeschäft, Projektfinanzierung, Build-Operate-Transfer Modell, Kofinanzierung und

Mischfinanzierung.110 Finanzierungskonzepte werden insbesondere von den Schwel-

len- und Entwicklungsländern gewünscht, weshalb der Exportfinanzierung im GAB

104 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 130f.; Voigt, K.-I. (2010): S. 27. 105 Vgl. Voigt, H. (1989): S. 37. 106 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 376. 107 Vgl. Kuttner, K. (1995): S. 2f. 108 Vgl. Stocker, K. (2006): S. 78. 109 Vgl. Stocker, K. (2006): S. 86. 110 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 390ff.; Klöpper, M. (1990): S. 84ff.; .Stocker, K. (2006): S. 86ff.

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eine besondere Bedeutung zukommt. Staatliche Exportkreditversicherungen haben

dabei einen normierenden Einfluss auf die Finanzierungsbedingungen, denen sich in

der Praxis mit Rücksicht auf die Risikoabwälzung kaum ein Anlagenhersteller wider-

setzt.111 Das hohe Kreditausfallrisiko belastet die Finanzierung der industriellen Anla-

gen, und diese kann ohne eine geeignete Versicherung i. d. R. nicht umgesetzt wer-

den.112

2.4.8 Internationalität

Die Anbieter von Großanlagen sind mit einer aktuellen Exportquote von 80 % über-

wiegend international tätig. Dieser Wert ist von durchschnittlich 60 % in den Achtzi-

ger- und Neunzigerjahren seit dem Jahr 2000 auf den heutigen Wert angestiegen.113

Die Internationalität gilt sowohl für den Absatz- als auch den Beschaffungsmarkt. Im

Gegensatz zum Absatzmarkt beträgt die Beschaffungsquote bei den grenzüber-

schreitenden Lieferungen und Leistungen aus Deutschland 58 %.114 Der anfangs

über mehrere Jahre konstante Spitzenwert von 79 % Zulieferungen deutschen Ur-

sprungs konnte nicht mehr gehalten werden.115 Die Branche des GAB ist aufgrund

der hohen Anlagenlaufzeiten durch eine regional versetzte Schwankungsbreite der

Auftragslage gekennzeichnet,116 und sie ist dadurch gezwungen, ihre Geschäfte in-

ternational auszurichten. 117 Local-Content-Forderungen (LCR) verstärken diesen

Trend, indem der Anlagenhersteller einen bestimmten Anteil der Zulieferungen sowie

Bau- und Montagetätigkeiten an regional ansässige Unternehmen vergeben muss.118

Aus dem LCR resultieren Risiken (Probleme hinsichtlich der Qualität, der Transakti-

onskosten und des Know-how-Abflusses), welche der Anlagenhersteller in sein Anla-

genkonzept integrieren muss.119

111 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 133. 112 Vgl. Peterson, J. (2004): S. 177. 113 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 19. 114 Vgl. VDMA-AGAB (2012): S. 21; Gleich, R.; Müller, M.; Kämmler, A.; Staudinger, M. (2005): S. 183. 115 Vgl. VDMA-AGAB (1995): S. 10. 116 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 25; Krolle, S.; Sommerkamp, J.-D. (2010): S. 43. 117 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 13. 118 Vgl. Weiber, R. (1985): S. 24. 119 Vgl. Voigt, H. (1989): S. 32.

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2.4.9 Projektabwicklung

Der Projektablauf im GAB besteht aus den Phasen Voranfrage, Angebot, Verhand-

lung, Abwicklung und Betrieb.120 Dabei ist eine enge Interaktion zwischen den Pro-

jektbeteiligten in allen Phasen vorzufinden.121 In der Voranfragephase sind überwie-

gend Aktivitäten durch den Kunden umzusetzen.122 So werden vom Kunden Vor- und

Machbarkeitsstudien durchgeführt, um auf Grundlage dieser Informationen eine In-

vestitionsentscheidung zu treffen.123 Die Studien dienen dazu, eine Grobplanung der

Industrieanlage zu erstellen und darauf aufbauend die Ausschreibungsunterlagen zu

formulieren.124 Aufgrund der hohen Kosten – bis zu 1,5 % des Auftragswertes – und

der fehlenden Fachkompetenz des Kunden werden diese Tätigkeiten zunehmend auf

den Anlagenhersteller übertragen.125

Charakteristisch in der Angebotsphase ist der Zeitdruck für den Anlagenhersteller.126

Um ein Angebot abgeben zu können, müssen Unterlagen zum Unternehmensprofil,

Referenzlisten, eine Zusicherung des Local-Content-Anteils und ein Lösungsentwurf

vorgelegt werden.127 Der Angebotsaufwand erreicht nicht selten 5 % des Auftrags-

wertes. Dieser setzt sich zusammen aus Akquisitionskosten, Projektierungskosten,

und Kosten der Angebotsorganisation.128 Durch die geringe Auftragseintrittswahr-

scheinlichkeit von durchschnittlich 5-10 % wird der Angebotsabgabe ein besonderer

Stellenwert beigemessen.129

Die Verhandlungsphase beginnt der Kunde mit der Prüfung der Angebote aus der

Vorauswahl (Short List) auf Projekteignung und Durchführbarkeit. In dieser Phase

haben die Anlagenhersteller noch einmal die Möglichkeit, durch Konditionsänderun-

gen zugunsten des Kunden eine Differenzierung von den übrigen Wettbewerbern zu

120 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 330; Plinke, W. (1998): S. 122. 121 Vgl. Specht, G. (2004): S. 847. 122 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 86. 123 Vgl. Sandstede, C.; Engelhardt, W. H.; Rese, M. (2010): S. 10. 124 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 90f.; Voigt, K.-I. (2010): S. 26. 125 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 26. 126 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 94. 127 Vgl. VDI (1991a): S. 15. 128 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 126. 129 Vgl. Yang, J.; Mattfeld, D. C. (2007): S. 143.

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erreichen.130 Mit den ausgewählten Unternehmen werden Vertragsverhandlungen

durchgeführt, in denen die Leistungsbestandteile präzisiert und ggf. geändert wer-

den. Zusätzlich werden Preise und leistungsergänzende Faktoren (z. B. Garantien

und Gewährleistungen) sowie Konsequenzen aus Abwicklungsproblemen und Ver-

tragsabweichungen diskutiert und schriftlich fixiert. 131 Aufgrund langer Verhand-

lungsperioden (mitunter mehrere Monate) wird von beiden Seiten eine Absichtserklä-

rung (Letter of Intent) unterschrieben und die Verhältnisse (z. B. Einigung auf noch

zu klärende Punkte) werden definiert. Diese Absichtserklärung stellt jedoch keine

Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages dar.132

In der Abwicklungsphase wird die Anlage realisiert. Um eine möglichst hohe Kunden-

zufriedenheit während dieser Zeit zu erreichen, muss Kundenpersonal geschult und

müssen insbesondere Liefertermine und Leistungsversprechen eingehalten und Än-

derungswünsche, soweit möglich, berücksichtigt werden.133 Notwendig für diese Zie-

lerreichung ist die Installation eines Projektmanagements.134 Im Rahmen der Projekt-

steuerung und -kontrolle wird der Projektfortschritt fortlaufend auf Leistungs-, Termin-

und Kostenziele hin kontrolliert. Auf diese Weise können korrektive Maßnahmen, so-

bald eine Abweichung vom geplanten Projektfortschritt festgestellt wird, eingeleitet

werden.135 Aufgrund der hohen Anzahl von Projektbeteiligten ist das Informations-

management innerhalb des Projektes von hoher Bedeutung. Die relevanten Informa-

tionen müssen alle Projektbeteiligten rechtzeitig und in der benötigten Qualität errei-

chen, und es dürfen hier keine Verluste aufgrund von Schnittstellenproblemen ent-

stehen.136 Zu dieser Phase gehören generell alle Bau- und Montagearbeiten, Sicher-

heits- und Funktionsprüfungen der Baustelle sowie die Inbetriebnahme mit Schulung

des Kundenpersonals.137

130 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 100ff. 131 Vgl. Hahn, D.; Lassmann, G. (1993): S. 212; Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 406; Sandstede, C.; Engelhardt, W. H.;

Rese, M. (2010): S. 14. 132 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 103f. 133 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 415. 134 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 122. 135 Vgl. Gutmannsthal-Krizanits, H. (1994): S. 109ff. 136 Vgl. VDI (1991a): S. 176. 137 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 331; Schiller, T. (2000): S. 20; Weber, K. H. (2006): S. 11.

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Während der Betriebsphase erwarten die Kunden ein umfangreiches Serviceangebot

des Anlagenherstellers. Wichtige Bestandteile des After-Sales-Service sind Hotlines,

Wirtschaftlichkeitsanalysen, Dokumentationen, Garantien, Gewährleistungserweite-

rungen, Teleservice und Ersatzteilverkauf.138 Aufgrund der hohen technischen Kom-

plexität der Anlagen wird der Anlagenhersteller für Instandhaltungs- und Modernisie-

rungsarbeiten beauftragt und aus Mangel an Know-how zudem häufig aufgefordert,

bei der Vermarktung der Erzeugnisse zu unterstützen.139 Bei Turn-Key-Verträgen140

überträgt der Kunde Verantwortung und Risiken, indem Dienstleistungen vom Anbie-

ter in Anspruch genommen werden. In einigen Fällen wird der Anlagenhersteller

nach Übergabe der Anlage Betreiber oder Miteigentümer.141

Abbildung 2-7 gibt einen Überblick der Tätigkeiten von Anlagenhersteller und Kunde

in den verschiedenen Projektphasen.

Abbildung 2-7: Überblick über die Aktivitäten und Ergebnisse innerhalb der Projektphasen. Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 329ff.; Hahn, D.; Lassmann, G. (1993): S. 212; Meuser, S. (1997): S. 26; Sandstede, C.; Engelhardt, W. H.; Rese, M. (2010): S. 13f.

138 Vgl. Schuh, G.; Georgi, L. (2008): S. 81. 139 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 21f. 140 Beim Turn-Key-Vertrag verpflichtet sich der Anlagenhersteller eine funktionstüchtige (schlüsselfertige) Anlage für einen Pauschal- bzw. Festpreis (Lump-Sum) zu errichten. Vgl. Weber, K. H. (2006): S. 127; Dünnweber, I. (1984): S. 9. 141 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S.329.

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2.4.10 Marktstruktur

Die Branche des GAB ist durch eine hohe Markttransparenz gekennzeichnet. Gleich

benennt als Grund hierfür die hohe Spezifität der Leistungen und die hohe Wertigkeit

der Aufträge, weshalb die Anzahl der Anbieter und Nachfrager begrenzt ist.142 Voigt

bescheinigt der Branche eine besondere Know-how-Intensität mit hochspezialisierten

Unternehmen, die den Eintritt neuer Marktteilnehmer erschwert.143 Eine Ursache für

die Markttransparenz wird auch in dem engen Informationsaustausch zwischen den

im GAB beteiligten Marktakteuren gesehen.144 Zusätzlich wird diese Transparenz

durch den in einigen Sparten weltweit vorhandenen kleinen Anbieterkreis von nicht

mehr als fünf bis zehn Unternehmen gefördert.145 Diese Transparenz wird durch die

Nachfrager begünstigt, indem sie öffentliche Ausschreibungen tätigen, um weltweit

potenzielle Lieferanten erreichen zu können.146 Die Marktstruktur kann aufgrund die-

ser Bedingungen als bilaterales Oligopol beschrieben werden.147

Marktentwicklung im deutschen Großanlagenbau148 2.5

2.5.1 Nachfrageentwicklung

Abbildung 2-8 gibt einen Überblick über die Nachfrageentwicklung im deutschen

GAB. Die inländische Nachfrage stagniert seit vielen Jahren im Vergleich zur Aus-

landsnachfrage, welche in den Boom-Jahren 2003 bis 2007 hohe Zuwächse ver-

zeichnen konnte.

142 Vgl. Gleich, R.; Müller, M.; Kämmler, A.; Staudinger, M. (2005): S. 183. 143 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 24. 144 Vgl. Schiller, T. (2000): S. 13. 145 Vgl. Peterson, J. (2004): S. 165. 146 Vgl. Backhaus, K.; Voeth, M. (2007): S. 331. 147 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 24. 148 Bei der Analyse der Marktentwicklung spielen makro- und mikroökonomische Faktoren sowie die Nachfrage- und Wettbe-

werbssituation in der Branche eine wichtige Rolle. Aufgrund fehlender statistischer Informationen werden für diese Analyse und

innerhalb des Kapitels Zahlen und Fakten aus den Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (AGAB) vom

Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) herangezogen

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29

Abbildung 2-8: Nachfrageentwicklung der Unternehmen im VDMA. Quelle: in Anlehnung an VDMA-AGAB (2014): S. 76; VDMA-AGAB (2001): S. 32; VDMA-AGAB (1991): S. 29.

Bei der Betrachtung eines längeren Zeitraums entsteht ein weitgehend geglättetes

Gesamtbild des Auftragseingangs (siehe Abbildung 2-8 – Trendlinie für den Gesamt-

auftragseingang). Der einzelne Anlagenbauer ist jedoch tendenziell einer Schwan-

kungsbreite ausgesetzt. Grund hierfür ist die jeweilige regionale Nachfragesituation,

die nicht das gesamte Angebot des Großanlagenbaus betrifft, sondern nur einzelne

Bereiche. Dieses Merkmal wird in der Literatur als sog. „Wanderzirkus-Effekt“ be-

zeichnet.149 So konnte der deutsche GAB im Jahr 2009 z. B. 97 % mehr Aufträge aus

dem Nahen und Mittleren Osten akquirieren, während im selben Jahr die Aus-

landsaufträge insgesamt um 35 % zurückgingen.150 Dementsprechend sind die Ur-

sachen einer gesteigerten oder verminderten Nachfrage vielfältig und meist nur von

temporärer Natur.151

In Phasen der wirtschaftlichen Erholung halten sich die Kunden mit Investitionen in

industrielle Anlagen eher zurück. Somit partizipiert der GAB i. d. R. zeitlich verzögert

an wirtschaftlichen Aufschwüngen. 152 Obwohl der Internationale Währungsfonds

(IWF) seit 2009 einen weltweiten Aufschwung dokumentiert und weiterhin prognosti-

ziert, ist es bis heute dem deutschen GAB nicht gelungen, an diesem zu partizipie-

149 Vgl. Krolle, S.; Sommerkamp, J.-D. (2010): S. 43. 150 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 22. 151 Vgl. Krolle, S.; Sommerkamp, J.-D. (2010): S. 42. 152 Vgl. VDMA-AGAB (2011): S. 16.

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Auf

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30

ren.153 Die Mitglieder des AGAB erwarten für das Jahr 2014 eine Stagnation auf Vor-

jahresniveau und gehen erst ab 2015 von einem spürbaren Wachstum aus.154

Die stagnierende Inlandsnachfrage lässt eine Sättigung von Anlagen für die Grund-

stoffindustrien, Chemieanlagen, Anlagen für die Energieerzeugung (fossile Energien)

sowie sonstige Anlagen vermuten. Allein die Nachfrage nach Windkraftanlagen zur

Erzeugung erneuerbarer Energie konnte sich dem Trend mit einem Anteil von 60 %

der Auftragseingänge für Energieerzeugungsanlagen entgegenstellen.155 Investitio-

nen in den klassischen Kraftwerksbau werden aufgrund der Planungsunsicherheit

und der Kritik am Neubau von Kohlekraftwerken verschoben bzw. gestrichen.156 Des

Weiteren verlieren Großprojekte (GP) in Deutschland immer mehr an Bedeutung.

Dies belegt die seit zwei Jahren sinkende Anzahl von GP, welche im Jahr 2013 nur

noch 16 GP (23 GP vor zwei Jahren) betrug.157

Das Auslandsgeschäft nimmt heute knapp 80 % des Auftragseingangs ein. Dabei

waren die größten Abnehmer im Jahr 2013 die USA (12 %), China (11 %), Indien

(8 %), Saudi-Arabien (6 %) und Russland (6 %). Die USA verdanken hier als einziges

hochentwickeltes Land ihren Spitzenplatz überwiegend dem intensiven Abbau der

Schiefergasvorkommen im eigenen Land. Dominiert wird diese Rangliste weiterhin

durch die BRIC-Staaten mit einem Anteil von 27 % sowie durch Länder mit hohen

Rohstoffvorkommen mit einem Anteil von 11 % (z. B. Saudi-Arabien).158 Dabei wur-

den Kraftwerke mit 37 %, verfahrenstechnische Chemieanlagen mit 20 % und Hüt-

ten- und Walzwerke mit 14 % als industrielle Anlagen am stärksten nachgefragt.159

Im Jahr 2013 ist es den Unternehmen des deutschen Großanlagenbaus seit 2004

erstmals nicht gelungen, Großprojekte mit einem sog. Megavolumen160 zu akquirie-

ren. Das Auftragseingangsvolumen konnte dennoch im Vergleich zum Vorjahr ge-

steigert werden. Dabei ist der sprunghafte Anstieg von Projekten mit einem Auftrags-

153 Vgl. IWF (2013): S. 15. 154 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 5. 155 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 17. 156 Vgl. VDMA-AGAB (2009): S. 14; VDMA-AGAB (2014): S. 17. 157 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 17. 158 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 19ff. 159 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 23. 160 Als Megavolumen werden Projekte bezeichnet, die ein Auftragsvolumen von über 500 Mio. € erreichen.

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volumen zwischen 125 Mio. € und 500 Mio. € hervorzuheben. Die Steigerung dieser

Projekte um mehr als 100 % ermöglicht es der Branche, den Auftragseingang vom

Vorjahr zu übertreffen (siehe Tabelle 2-2).161

Jahr 2009 2010 2011 2012 2013

GP > 500 Mio. € 2 1 2 2 0 125 Mio. € < GP < 500 Mio. € 17 20 15 11 25 50 Mio. € < GP < 125 Mio. € 51 48 47 46 40 25 Mio. € < GP < 50 Mio. € 56 77 78 69 64

Gesamt 126 146 142 128 129 Tabelle 2-2: Anzahl und Größenverteilung der Großprojekte (monetäre Betrachtung). Quelle: in An-lehnung an VDMA-AGAB (2014): S. 22.

2.5.2 Wettbewerbssituation

Die weltweite Marktverteilung wurde erstmals im Jahre 2003 ausgewiesen. Bis zum

Jahr 2008 hatte der GAB dem VDMA zufolge einen konstanten Weltmarktanteil von

20 %, welcher in 2012 aber nur noch 17 % betrug. Mit diesem Wert kann sich der

deutsche GAB weiterhin auf Position 2 hinter den USA behaupten.162 Besonders die

asiatische Konkurrenz konnte ihren Weltmarktanteil steigern, China und Südkorea

diesen in den letzten Jahren sogar mehr als verdoppeln (sie teilen sich in 2012 ein

Viertel des Weltmarktes).163 Dies zeigt deutlich, dass die noch vor einiger Zeit stabi-

len Marktanteile des deutschen GAB insbesondere durch asiatische Anbieter stark

bedroht sind (siehe Abbildung 2-9).

161 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 22. 162 Vgl. VDMA-AGAB (2013a). 163 Vgl. VDMA-AGAB (2013): S. 37.

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Abbildung 2-9: Marktanteile im Großanlagenbau in den Jahren 2006 und 2012. Quelle: in Anlehnung an VDMA-AGAB (2013): S. 37.

Den südkoreanischen Großanlagenbauern gelang es insbesondere durch erfolgreich

abgeschlossene Bau- und Montageprojekte, Vertrauen bei den Kunden aufzubauen.

Die Kernkompetenz dieser Unternehmen liegt in der Montage- und Inbetriebsetzung,

was Kosteneinsparungen in Höhe von 25 % ermöglicht.164 Südkoreanische Anlagen-

hersteller bieten Anlagen mit einfacher und robuster Technologie an,165 wobei sie

aufgrund von Defiziten in der Verfahrenstechnik noch immer auf die Zusammenarbeit

mit Unternehmen aus anderen Industrieländern angewiesen sind.166 Chinesische

Anlagenhersteller betreiben hingegen einen offensiven Wettbewerb und sind bereit,

umfangreiche Projektrisiken einzugehen. Durch Subventionen ermöglicht der chine-

sische Staat die Anlagenerrichtung zwischen 25 – 50 % unterhalb des deutschen

Preisniveaus.167 Die geringe Innovationskraft der chinesischen Anbieter hindert sie

nicht daran, den technologischen Rückstand aufzuholen. Aufgrund der schwachen

Anlageneffizienz bedienen sie überwiegend finanzschwache Kunden, wobei immer

mehr schlüsselfertige Anlagen errichtet werden.168 Diesen Ausführungen zufolge hat

sich das Verhalten der Nachfrageseite verändert. Im Fokus steht nicht mehr der lang-

fristige Nutzen der Anlage, sondern deren kurzzeitige Amortisation.

164 Vgl. Gottwald, K. (2010): S. 2. 165 Vgl. Gottwald, K. (2011): S. 2. 166 Vgl. Gottwald, K. (2010): S. 2. 167 Vgl. Gottwald, K. (2008): S 3ff. 168 Vgl. Geipel-Kern, A. (2011): S. 1; Gottwald, K. (2011): S. 2.

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33

Laut einer Umfrage unter Entscheidungsträgern der Branche verspüren die Unter-

nehmen des GAB in Deutschland einen erheblichen Wettbewerbsdruck durch Unter-

nehmen aus China gefolgt von Unternehmen aus Westeuropa und Südkorea. Eine

neuere Studie aus 2013 zeigt jedoch eine leichte Abschwächung des Wettbewerbs-

drucks auf die deutschen Anlagenhersteller. Dies ist auf die aktuellen Abwicklungs-

probleme der südkoreanischen Anlagenbauer am Persischen Golf zurückzuführen.

Ihre preisaggressiven Angebote werden nun von den Kunden intensiv geprüft, was

oftmals einen Zuschlag für deutsche Anlagenhersteller zur Folge hat.169

2.5.3 Mitarbeiter, Umsatz und proportionales Verhältnis

Abbildung 2-10 stellt die Entwicklung der Mitarbeiterzahlen sowie den erwirtschafte-

ten Umsatz pro Mitarbeiter (MA) in den Unternehmen des deutschen GAB dar. Die

höchste Beschäftigtenzahl erreichte der GAB im Jahr 1993 mit rund 87.000 MA. Dies

kann darauf zurückgeführt werden, dass der GAB in den Jahren nach der deutschen

Wiedervereinigung viele qualifizierte Fachkräfte aus den Kapazitäten der ehemaligen

DDR hinzugewann. Gleichzeitig wurde die ehemalige Industrie der DDR in die beste-

henden westdeutschen Konzerne integriert.170 Danach verzeichnete der GAB bis

zum Jahr 2005 einen nahezu konstanten Abbau von MA, anschließend stiegen die

Beschäftigtenzahlen bis zum Jahr 2010 wieder. Mit einem Spitzenwert an Auftrags-

eingängen von knapp 33 Mrd. € im Jahr 2008 konnte der GAB die Jahre nach der

Wirtschaftskrise sogar ohne nennenswerten Personalabbau überbrücken.171

Im Vergleich dazu hat sich der erzielte Umsatz in der Branche des deutschen GAB

gegensätzlich entwickelt. Seit 2003 erwirtschafteten die deutschen Anlagenhersteller

ein nahezu kontinuierliches Wachstum von 5 %.172 Bei der Betrachtung über einen

längeren Zeitraum (seit den Achtzigerjahren) ist wiederum ein geglättetes Gesamtbild

ähnlich dem des Auftragseingangs zu erkennen. Zusätzlich werden für die vorliegen-

de Studie die Beschäftigtenzahlen und der Umsatz ins Verhältnis gesetzt und mitei-

nander verglichen (siehe Abbildung 2-10).

169 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 41ff.; VDMA-AGAB (2013): S. 36ff. 170 Vgl. VDMA-AGAB (1993): S. 6. 171 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 10. 172 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 16.

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34

Als Ergebnis wird dem heutigen Mitarbeiter eine deutlich höhere Produktivität

(210 %) gegenüber dem Mitarbeiter aus dem Jahr 1991 bescheinigt. Dies hat ver-

schiedene Gründe:

• In der Mitarbeiterstatistik sind Zeitarbeiter (ca. 9 % der Belegschaft), welche

den Unternehmen Flexibilität gewährleisten, nicht berücksichtigt.173

• Der inflationäre Wertverfall eines Projekts wird in den Auftragseingangszahlen

nicht ausgewiesen.

• Die Einführung und Anwendung von neuen Informations- und Kommunikati-

onstechnologien führte zur verbesserten Verarbeitung und Verbreitung von In-

formationen.174

• Durch die Erhöhung des Ingenieuranteils wird die Effektivität des Projektma-

nagements gesteigert.175

Dies berücksichtigend kann dennoch insgesamt von einer höheren Belastung des

heutigen Mitarbeiters ausgegangen werden. Demnach ist nicht nur die subjektive,

sondern auch die objektive Arbeitsbelastung gestiegen (siehe Abbildung 2-10). Zum

jetzigen Zeitpunkt der Untersuchung sind die Ursachen, weshalb der deutsche Groß-

anlagenbau gezwungen war, seine Mitarbeiterzahlen zu reduzieren, nicht ersichtlich.

Deshalb wird im Folgenden der Betrachtungsrahmen der Branche erweitert und die

Projektentwicklung über zwei Dekaden hinweg analysiert.

173 Vgl. VDMA-AGAB (2012): S. 12. 174 Vgl. Kleinaltenkamp, M.; Plinke, W.; Jacob, F.; Söllner, A. (2006): S. 103. 175 Vgl. VDMA-AGAB (2012): S. 13.

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35

Abbildung 2-10: Anzahl Mitarbeiter und Umsatzentwicklung pro Mitarbeiter seit 1990. Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an VDMA-AGAB (1991 – 2014).

2.5.4 Entwicklungsverlauf der Großprojekte

Mithilfe der aufgestellten Definition für Rahmenbedingungen eines Großprojektes

(siehe Kapitel 2.1) können in dieser Studie Großprojekte identifiziert und kann deren

Anzahl dargestellt werden. Abbildung 2-11 176 zeigt die Entwicklung akquirierter

Großaufträge der letzten zwei Jahrzehnte. 2013 sind im Vergleich zum Jahr 1991

zweieinhalb Mal so viele Aufträge in Bearbeitung und müssen abgewickelt werden.177

Obwohl im Jahr 2003 die Definition einer Großanlage geändert wurde, ist ein über-

proportionaler Anstieg an Projekten zwischen den Jahren 2004 und 2008 zu ver-

zeichnen. Des Weiteren sind in den Jahren 1999 und 2009 signifikante Veränderun-

gen zu erkennen. Im Jahr 1999178 sind Aufträge durch den Einfluss der Asienkrise in

den Jahren 1997 und 1998 verschoben worden, und im Jahr 2009179 ist ein erneuter

Rückgang aufgrund fehlender Investitionen in der Wirtschaftskrise zu registrieren. 176 Bei dieser Darstellung muss ein besonderer Aspekt berücksichtigt werden: Im Jahr 2003 hat die AGAB die Definition einer

Großanlage geändert und den zeitgemäßen Gegebenheiten angepasst. Die heutige Definition eines Großprojektes durch sei-

nen Wert von mindestens 25 M€ unterscheidet sich von der ursprünglichen Definition vor 2003 nur im veranschlagten Wert. Der

Wert eines Großprojektes vor 2003 wurde mit mindestens 12,5 M€ beziffert. Dies ist auch der Grund, warum im Jahr 2003 ein

außerordentlicher Rückgang an Großanlagenabwicklungen zu verzeichnen war. Viele Aufträge, welche einen Wert von 12,5 –

25 M€ hatten, galten ab dem Jahr 2003 nicht mehr als Großanlagenprojekte. 177 Vgl. VDMA-AGAB (1991 – 2014). 178 Vgl. VDMA-AGAB (1999): S. 5. 179 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 11.

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Für diese Studie wurden der durchschnittliche Auftragswert der akquirierten Projekte

sowie der jeweilige inflationsbereinigte Wert180 ermittelt (siehe Abbildung 2-11). Als

Ergebnis können zwei wesentliche Merkmale für Projekte der deutschen Anlagen-

hersteller festgehalten werden:

1. Der durchschnittliche Auftragswert einer industriellen Anlage ist in den Jahren

bis 2003 kontinuierlich gesunken. Nach Anpassung der Definition für eine

Großanlage ergibt sich für das Preisniveau ein weitgehend geglättetes Bild

zwischen den Jahren 2003 und 2013.

2. Inflationsbereinigt zeigt sich jedoch ein stetig reduzierter Wertanteil eines

durchschnittlichen Großprojektes. Auch in Zeiten großer Nachfrage konnten

die Anlagenhersteller die Preise ihrer Anlagen nicht erhöhen. Allerdings konn-

ten nach Meinung des Autors die Zulieferer Marktpreisanpassungen gegen-

über den Anlagenherstellern durchsetzen. Demnach kann davon ausgegan-

gen werden, dass diese einen direkten Einfluss auf die Margen in Projekten

ausüben.

Abbildung 2-11: Grafische Darstellung von Projektanzahl und Wertentwicklung der einzelnen Projekte des GAB. Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an VDMA-AGAB (1991 – 2014).

180 Vgl. Destatis (2014).

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Auftragswert je Großprojekt Auftragswert je Großprojekt Inflationsbereinigt Anzahl Projekte

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Aufgrund des in diesem Abschnitt identifizierten Einflusses von Lieferanten auf die

Projekte wird im nachfolgenden Kapitel der Anteil der Beschaffungskosten in einem

Projekt aufgezeigt und anschließend werden das Supply-Chain-Management, das

Beschaffungs- und das Lieferantenmanagement im Großanlagenbau erörtert.

Supply-Chain-Management, Beschaffungs- und Lieferan-2.6

tenmanagement im deutschen Großanlagenbau

2.6.1 Projektkosten

Die Branche des GAB ist größtenteils eine projektorientierte Industrie, die aus drei

Bereichen besteht oder bestehen kann: Planung (Engineering), Beschaffung (Procu-

rement) sowie Bau und Montage (Construction). Projekte im GAB reichen von Pla-

nungsleistungen über Komponenten- und Systemlieferungen bis hin zur Errichtung

einer schlüsselfertigen Anlage. Letzteres wird auch als sog. EPC-Projekt (Enginee-

ring, Project and Construction) bezeichnet.181 Die Projektkosten einer Anlage können

auf diese drei Bereiche aufgeteilt werden. Abbildung 2-12 stellt die Projektkostenan-

teile grafisch dar. Das Engineering hat dabei mit 10 – 15 % den geringsten Anteil an

den Projektkosten. Die Beschaffungskosten machen demgegenüber 45 – 60 % der

Projektkosten aus.182 Aufgrund des internationalen Wettbewerbs und des hohen

Preisdrucks sehen sich die Anlagenhersteller gezwungen, nach Möglichkeiten zur

Kostenreduktion für Angebot und Errichtung einer industriellen Anlage zu suchen.

Angesichts der hohen Beschaffungskosten erkennen die Anbieter in diesem Bereich

das größte Einsparpotenzial.183

Bestärkt in ihrer Überzeugung werden die Anbieter durch die hohe Zulieferquote in

einem Projekt. Der Zulieferanteil des GAB wird vom VDMA mit ca. 75 % angege-

ben.184 Der überwiegende Anteil an Lieferungen auf die Baustelle wird somit durch

181 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 23. 182 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 35 183 Vgl. VDMA-AGAB (2013): S. 40; VDMA-AGAB (2012): S. 21; VDMA-AGAB (2011): S. 35. 184 Vgl. VDMA-AGAB (2013a).

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Zulieferer der Branche des GAB durchgeführt. Dementsprechend ist der deutsche

GAB in einem hohen Maße von der Lieferantenqualität und -funktionalität abhängig.

Eine funktionierende Lieferantenbasis kann durch eine qualitativ hochwertige und

pünktliche Lieferung sowie durch Kostentreue einen erheblichen positiven Einfluss

auf das Projektergebnis ausüben. Eine geringer qualifizierte Lieferantenbasis hat

somit ein deutlich höheres Potenzial, einen negativen Einfluss auf das Projektergeb-

nis auszuüben.

Abbildung 2-12: Projektkostenanteile. Quelle: in Anlehnung an VDMA-AGAB (2010): S. 35.

2.6.2 Supply Chain Management, Beschaffungs- und Lieferanten-management

Angesichts der kontroversen Diskussionen über die Begriffe Supply Chain Manage-

ment (SCM), Beschaffungs- und Lieferantenmanagement werden in diesem Kapitel

verschiedene Definitionen erörtert und auf ihrer Grundlage Arbeitsdefinitionen für die

weitere Ausführung dieser Arbeit erstellt. Zudem wird der Zusammenhang der ver-

schiedenen Begriffe aufgezeigt sowie die Relevanz für diese Arbeit verdeutlicht.

Supply Chain Management

Die verschiedenen Definitionen des SCM beinhalten allesamt fünf charakteristische

Merkmale:185 185 Weber, J.; Dehler, M.; Wertz, B. (2000): S. 264.

Engineering 10-15%

Procurement 45-60%

Construction 30-40%

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• Planung, Steuerung und Überwachung aller unternehmensweiten Aktivitä-

ten,186

• Erfüllung der Anforderungen und Wünsche des Kunden187 und damit Abkehr

von der Push-Strategie,188

• Weg von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Übergabe des Produktes an den

Endkunden,189

• SCM umfasst alle Material-, Informations-, Dienstleistungs- sowie Finanzflüs-

se,190

• Umsetzung von SCM erzeugt mittels kooperativer Zusammenarbeit sogenann-

te Win-Win-Situationen.191

Die genannten Merkmale finden sich auch in der Definition von Melzer-Ridinger wie-

der: „Supply Chain Management hat die Aufgabe, den physischen Material- und Wa-

renfluss innerhalb und zwischen Unternehmen und die zugehörigen dispositiven und

administrativen Prozesse so zu gestalten und zu betreiben, dass eine fehlerfreie, stö-

rungsrobuste, schnelle und wirtschaftliche Versorgung des Endkunden gewährleistet

ist.“192 Noch genauer definiert Hahn das SCM als „die Planung, Steuerung und Kon-

trolle des gesamten Material- und Dienstleistungsflusses, einschließlich der damit

verbundenen Informations- und Geldflüsse innerhalb eines Netzwerkes von Unter-

nehmungen und deren Bereichen [zu verstehen], die im Rahmen von aufeinander

folgenden Stufen der Wertschöpfungskette an der Entwicklung, Erstellung und Ver-

wertung von Sachgütern und/oder Dienstleistungen partnerschaftlich zusammenar-

beiten, um Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen zu erreichen“.193

Beschaffungsmanagement

Soll eine Definition für das Beschaffungsmanagement aufgestellt werden, so ist es

zuvor unabdingbar, den Begriff Beschaffung näher zu beleuchten. An dieser Stelle

186 Vgl. Bremer, W. (2002): S. 3; Corsten, H.; Gössinger, R. (2001): S. 97. 187 Vgl. Corsten, D.; Gabriel, C. (2004): S. 8; Göpfert, I. (2004): S. 32. 188 Vgl. Sydow, J. (2002): S. 9. 189 Vgl. Hahn, D. (2000): S. 12. 190 Vgl. Göpfert, I. (2004): S. 32, Bremer, W. (2002): S. 3. 191 Vgl. Corsten, H.; Gössinger, R. (2001): S. 97; Bremer, W. (2002): S. 3. 192 Melzer-Ridinger, R. (2007): S. 3. 193 Hahn, D. (2000): S. 12.

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kann die Definition von Arnold verwendet werden, welcher die Beschaffung be-

schreibt als „sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogene Tätigkeiten, die da-

rauf ausgerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst herge-

stellten Objekte verfügbar zu machen“.194, 195 Demnach übernimmt die Beschaffung

die Versorgung der Unternehmenseinheiten, damit diese ihre Aufgaben reibungslos

ausführen können.196 Die notwendigen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse

sind somit Teil des Beschaffungsmanagements, um der Unternehmung die benötig-

ten Dienstleistungen, Produkte oder Waren bereitstellen zu können.197 Des Weiteren

wird das Beschaffungsmanagement in ein operatives und ein strategisches Beschaf-

fungsmanagement unterschieden.198 Als operativ werden alle notwendigen Handlun-

gen zur Erhaltung des Materialflusses in den Unternehmenseinheiten199 und als stra-

tegisch alle Aktivitäten zur Erzeugung eines wirtschaftlichen Vorteils gegenüber Kon-

kurrenten200 verstanden.

Lieferantenmanagement

Die betriebswirtschaftliche Literatur diskutiert den Begriff „Lieferantenmanagement“

sehr intensiv, die vielen Beiträge fassen ihn unterschiedlich weit und erzielen somit

keine einheitliche Definition.201 Das Lieferantenmanagement wird überwiegend als

Teilbereich des Beschaffungsmanagements verstanden.202 Die in der Literatur ver-

wendeten Begriffsbestimmungen reichen vom „schlichten Schlagwort bis hin zu um-

fassenden Managementkonzepten“.203 So versteht Werner das Lieferantenmanage-

ment als Ausführung von „sämtlichen Aktivitäten der Lieferantenauswahl, der Liefe-

rantenentwicklung und der Lieferantenintegration“.204 Diese Ansicht wird auch von

Wagner vertreten.205 Holtmann grenzt das Lieferantenmanagement weiter ein und 194 Arnold, U. (1997): S. 3. 195 Eine ähnliche Definition für die Beschaffung gibt Lutz Kaufmann in seinem Buch Internationales Beschaffungsmanagement.

Gestaltung strategischer Gesamtsysteme und Management einzelner Transaktionen. 196 Vgl. Large, R. (2009): S. 2. 197 Vgl. Kaufmann, L. (2001): S. 39f.; Large, R. (2009): S. 24f. 198 Vgl. Large, R. (2009): S. 27ff.; Wagner, S. M. (2002): S. 7; Kaufmann, L. (2001), S. 42. 199 Vgl. Wagner, S. M. (2002): S. 7. 200 Vgl. Wagner, S. M. (2002): S. 8ff.; Large, R. (2009): S. 31ff. 201 Vgl. Janker, C. G. (2004): S. 32. 202 Vgl. Hofbauer, G.; Mashhour, T.; Fischer, M. (2009): S. 23. 203 Janker, C. G. (2004): S. 32. 204 Werner, H. (2013): S. 21f. 205 Vgl. Wagner, S. M. (2002): S. 11.

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zählt es zu den „ersten Gliedern in der Logistikkette“,206 wobei er mit dieser Definition

eine Optimierung der Lieferantenanzahl einhergehend mit erhöhter Effektivität und

Kostenreduktion verfolgt.207 Wagner bezeichnet diese Definition als Management der

Lieferantenbasis.208 Czaja versteht das Lieferantenmanagement als Prozess, „der,

angefangen bei der Lieferantenidentifikation und -eingrenzung, die Lieferantenbewer-

tung und -auswahl, das Lieferantencontrolling, die Lieferantenentwicklung und

-integration und die Beendigung der Lieferantenbeziehung mit einschließt“.209 Auf-

grund ihrer Präzision wird die Definition von Czaja für die vorliegende Arbeit als

Grundlage für den Begriff Lieferantenmanagement verwendet.

Abbildung 2-13 stellt die Beziehungen der drei Management Ansätze dar. Dabei sol-

len hier nur grundsätzliche Zusammenhänge mit dem Fokus auf das Lieferantenma-

nagement dargestellt werden. Aufgrund des hohen negativen Potenzials von Liefe-

ranten in einem Projekt stellen diese ein Problem bei der Errichtung einer industriel-

len Anlage dar. Deshalb wird im folgenden Kapitel auf die Lieferanten und das zuge-

hörige Lieferantenmanagement im Großanlagenbau fokussiert.

Abbildung 2-13: Zusammenhang zwischen Supply Chain Management, Beschaffungs- und Lieferan-tenmanagement. Quelle: in Anlehnung an Janker, C. G. (2004): S. 23; Melzer-Ridinger, R. (2008): S. 17; Röderstein, R. (2009): S. 23.

206 Holtmann, J. (1997): S. 46. 207 Vgl. Holtmann, J. (1997): S. 46ff. 208 Vgl. Wagner, S. M. (2001): S. 91. 209 Czaja, L. (2009): S. 24.

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2.6.3 Lieferanten des Großanlagenbaus

Die im VDMA organisierten Unternehmen des Großanlagenbaus haben im Jahr 2013

knapp 21 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet.210 Wird davon eine vorsichtig kalku-

lierte Umsatzrendite von 10 %211 abgezogen, so können die fiktiven Projektkosten

der Anlagenhersteller geschätzt werden. Somit hatten die Großanlagenbauer Pro-

jektkosten in Höhe von knapp 19 Milliarden Euro. Die Beschaffungskosten (45 –

60 % der Projektkosten) für die Errichtung dieser Anlagen betrugen demnach zwi-

schen 8,6 und 11,4 Milliarden Euro.212 Diese Tatsache unterstützt die Aussage von

Eßig, Hofmann und Stölze. Werden die Beschaffungskosten um 1 – 3 % reduziert, so

kann der Gewinn um 10 % gesteigert werden.213 Dieses enorme Potenzial wurde

auch von den Anlagenherstellern erkannt und genutzt, um ihre Marktanteile auf dem

Weltmarkt zu sichern bzw. zu steigern.214

Voigt definiert in einer Studie aus dem Jahr 2007, in der acht Unternehmen aus dem

deutschen GAB nach ihren Hauptrisiken im Projekt befragt wurden, einen Teil des

Beschaffungsrisikos als Hauptrisiko. Die Studie weist erstmals eindeutig das Liefe-

rantenrisiko als bedeutendstes Risiko in einem Projekt aus.215 In Anbetracht dieser

Einschätzung der befragten Unternehmen und des hohen Zulieferanteils von ca.

75 % übt dieses Risiko einen bedeutenden Einfluss auf das Projektgeschehen und

den Projekterfolg aus. Um diesem Risiko zu begegnen, wird das Steuern und Über-

wachen von Lieferanten sowie ein stringentes Risiko- und Claimmanagement bei

Lieferantenprojekten mittels der besonderen Lieferantenauftragsabwicklung Expe-

diting durchgeführt.216

210 Vgl. VDMA-AGAB (2014): S. 77. 211 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 83 und S. 101. Es wird bei zwei Unternehmen die Marge angegeben, wobei bei einem die Ziel-

marge von 10 – 13 % mit knapp 8 % deutlich unterschritten wurde und diese bei dem anderen Unternehmen mit nur 2 % ange-

geben ist. Zur genaueren Kalkulation wurde ein Sicherheitsaufschlag gewählt und ein Mittelwert gebildet. Das Ergebnis ent-

spricht einem Wert von 10 %. 212 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 35. 213 Vgl. Eßig, M.; Hofmann, E; Stöltze, W. (2013): S. 97. 214 Vgl. VDMA-AGAB (2013): S. 40; VDMA-AGAB (2012): S. 21; VDMA-AGAB (2011): S. 35. 215 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 130. 216 Vgl. VDMA-AGAB (2010): S. 35.

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Zwischenfazit 2.7

In diesem Kapitel wurde der Untersuchungsgegenstand Großanlagenbau vorgestellt

und analysiert. Dabei ist eine wesentliche Feststellung die Abhängigkeit der Anla-

genhersteller von den Lieferanten des GAB. Der deutsche GAB greift dabei auf eine

bestehende Lieferantenbasis zurück. Die vorhandenen Lieferanten sind gleichzeitig

Zulieferer der Branche des Maschinen- und Anlagenbaus. Der Maschinen- und Anla-

genbau ist in Deutschland der drittgrößte Industriezweig, der durch sein Auftragsvo-

lumen einen gewichtigen Einfluss auf die Lieferanten ausüben kann.217 Aufgrund der

schwankenden Auftragseingänge in Kombination mit langen Projektlaufzeiten und

einer überwiegenden Einzelfertigung können die Anlagenhersteller zwar eine Bin-

dung zu ihren Lieferanten aufbauen, jedoch mit Nachteilen gegenüber anderen In-

dustriezweigen. Es entsteht eine einseitige Abhängigkeit des Anlagenherstellers.

Durch den hohen Zulieferanteil von bis zu 75 % an einem Projekt sind die Lieferan-

ten maßgeblich an dem Projektergebnis beteiligt. Auch wenn jeder einzelne Zulie-

ferer nur einen marginalen Einfluss ausüben kann, ergibt die Summe aller Zuliefer-

ungen einen nicht vernachlässigbaren Beitrag. Zusätzlich werden die Lieferanten mit

ihrem zu liefernden Anteil als wichtigster Parameter eines erfolgreichen Abschlusses

eines Projektes klassifiziert. Dementsprechend konzentriert sich derzeit die Branche

des GAB auf die direkte Beziehung zwischen Abnehmer und Lieferanten, auf das

Lieferantenmanagement und den sogenannten Upstream-Teil der Wertschöpfungs-

kette.218 Das Lieferantenmanagement beschreibt das Verhältnis zu bereits beste-

henden sowie möglichen zukünftigen Lieferanten. Ziel ist es hier, ein partnerschaftli-

ches Verhältnis zu den Lieferanten herzustellen, um in kooperativer Zusammenarbeit

deren Know-how und Potenzial in die eigene Wertschöpfung einzubringen.219 Die mit

dem Lieferantenmanagement erhoffte Kostenreduzierung im Unternehmen sowie

eine generelle Verbesserung der Lieferbereitschaft können allerdings nur durch eine

störungsfreie und reibungslose Abwicklung erreicht werden.220 Störungen, die auf

den Prozess einwirken und einen negativen Ablauf zur Folge haben, werden durch

217 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 21. 218 Vgl. Wagner, S. M. (2001): S. 85f. 219 Vgl. Hinds, A. (1998): S. 4. 220 Vgl. Czaja, L. (2009): S. 77.

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deren vorhersagbaren bzw. unvorhersehbaren Eintritt als Risiken interpretiert.221

Welche Risiken in der Lieferantenauftragsabwicklung auftreten können und wie der

Risikomanagement-Ansatz gehandhabt wird, wird Grundlage des nächsten Kapitels

sein.

221 Vgl. Jakoby, W. (2013): S. 202.

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Risikomanagement im Großanlagenbau 3.

Grundlagen des Risikomanagements 3.1

Der Ursprung des neuzeitlich wissenschaftlich fundierten Risikomanagements liegt in

der Versicherungsbranche der USA. Ende der Vierzigerjahre lag der Fokus haupt-

sächlich auf dem Schutz der Vermögenswerte eines Unternehmens vor unerwarteten

Störungen. Dabei wurden nur die reinen, nicht aber die spekulativen Risiken berück-

sichtigt.222 Mit der Zeit wurden die Funktionen Risikoanalyse und Risikobewältigung

zusätzlich zu der Risikoübertragung angewendet. Fokussiert wurde aber noch immer

auf die reinen Risiken. Erst durch die Erweiterung des Betrachtungsfeldes um die

spekulativen Risiken entwickelte sich das Risikomanagement.223

Aufgrund stetig steigender Versicherungsprämien wurden die Unternehmen gezwun-

gen die Risikoübernahme zu prüfen, und einhergehend mit dieser Entwicklung wur-

den neue Sicherheitseinrichtungen innerhalb des Unternehmens installiert.224 Der

Begriff des Risikomanagements wurde dabei ohne einen wissenschaftlichen Hinter-

grund von der US-amerikanischen Industrie entwickelt und fand seit den Siebziger-

jahren auch in Europa Verwendung.225

3.1.1 Risiko

Der Risikobegriff wird in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedlich aufgefasst

und unterliegt somit keiner einheitlichen Definition.226 Auch die Herkunft des Begriffes

„Risiko“ ist nicht vollends gesichert, mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich je-

doch um eine Ableitung des lateinischen Wortes „risicare“ („etwas wagen“).227 Risiko

wird heutzutage häufig mit potenziellen Schäden bzw. möglichen Verlusten einer

222 Vgl. Mikus, B. (2001): S. 10. 223 Vgl. Martin, T.; Bär, T. (2002): S. 82f. 224 Vgl. Neubürger, K. W. (1989): S. 36f. 225 Vgl. Karten, W. (1993): S. 3825. 226 Vgl. Wolke, T. (2008): S. 1. 227 Vgl. Kalwait, R. (2008): S. 24; Voigt, K.-I. (2010): S. 2.

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Vermögensposition ohne die Gegenüberstellung möglicher Gewinne assoziiert.228

Demnach entspricht Risiko der „Gefahr einer Fehlentscheidung mit der Folge eines

Schadens“.229 Die Bezeichnungen Verlust und Schaden beinhalten nicht nur eine

monetäre Dimension, sondern beschreiben generell die Abweichung von gesetzten

Unternehmenszielen (z. B. Markt-, Qualitäts- oder soziale Ziele).230 Folglich muss die

Definition des Risikobegriffs um den Zukunftsbezug von Entscheidungen erweitert

werden. Dabei wird das Risiko weiterhin als Gefahr einer Fehlentscheidung interpre-

tiert.231 In diesem Zusammenhang ist eine Abgrenzung zwischen Risiko und Unge-

wissheit vorzunehmen. Einem Risiko kann eine Eintrittswahrscheinlichkeit zugewie-

sen, der Ungewissheit hingegen kann aufgrund fehlender Information keine Eintritts-

wahrscheinlichkeit zugewiesen werden.232 In der nachfolgenden Abbildung sind die

Zusammenhänge grafisch dargestellt.

Abbildung 3-1: Entscheidungssituationen: Unsicherheit, Risiko und Ungewissheit. Quelle: Schneck, O. (2010): S. 24.

Ein moderner Ansatz versteht Risiko als mögliches positives oder negatives Ereignis.

Risiko ist somit nicht mehr nur eine Gefahr für das Unternehmen, sondern kann auch

als Chance begriffen werden.233 Das in diesem Zusammenhang als Chance be-

zeichnete Ereignis besteht nur bei sogenannten spekulativen Risiken.234 Spekulative

Risiken enthalten mögliche Verluste, aber auch potenzielle Gewinne, welche entge-

gen den reinen Risiken nicht versicherbar sind.235 Zusammenfassend kann die Defi-

228 Vgl. Wolke, T. (2008): S. 1. 229 Mag, W. (1988): S. 480. 230 Vgl. Christ, F. (1990): S. 48. 231 Vgl. Schneck, O. (2010): S. 22ff.; Imboden, C. (1983): S. 45ff. 232 Vgl. Schneck, O. (2010): S. 23. 233 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 2f.; Schneck, O. (2010): S. 22f.; Mikus, B. (2001): S. 5ff. 234 vgl. Wild, J. (1971): S. 684. 235 Vgl. Hoffmann, K. (1985): S. 11.

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nition des US-amerikanischen „Project Management Institute“ als Arbeitsdefinition

herangezogen werden: Das Projektrisiko wird als „ein noch nicht eingetretenes Er-

eignis, welches einen positiven oder negativen Einfluss auf das Erreichen der Pro-

jektziele hat“, definiert.236 Dabei kann für den Begriff Projektziele analog Unterneh-

mensziele und für Projektrisiko der Begriff Risiko verwendet werden.237

3.1.2 Risikoarten

In der Literatur existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Gliederungssystematiken für

Risikoarten.238 So gliedert Ebert die Risiken in technische Risiken, Implementierungs-

risiken, wirtschaftliche Risiken, industrielle Risiken und Geschäftsrisiken, wobei sich

diese wiederum in operative und strategische Risiken unterteilen lassen.239 Rieke

hingegen unterscheidet zwischen Managementrisiken, leistungswirtschaftlichen Risi-

ken, Betriebsrisiken, finanzwirtschaftlichen Risiken, rechtlichen Risiken, Marktrisiken

und Kreditrisiken, wobei je nach Branche die Kategorisierung anzupassen sei.240 Ei-

ne weitere Differenzierung bieten Wolke und Schneck, indem sie die Risikoarten auf

betriebswirtschaftlicher Ebene in finanzwirtschaftliche und leistungswirtschaftliche

Risiken einteilen.241 Nachfolgende Abbildung 3-2 gibt die Gliederung nach Wolke und

Schneck wieder.

Abbildung 3-2: Unternehmensrisikoarten. Quelle: in Anlehnung an Wolke, T. (2007): S. 7.

236 Harrant, H.; Hemmrich, A. (2004): S. 8. 237 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 3. 238 Vgl. Pfohl, H.-C. (2002): S. 10ff.; Wolke, T. (2007): S. 6. 239 Vgl. Ebert, C. (2006): S. 17f. 240 Vgl. Rieke, T. (2009): S. 35ff. 241 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 99; Schneck, O. (2010): S. 57f.

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Die zuvor genannten Systematisierungsansätze bilden nur einen Teil der in der Lite-

ratur entwickelten Ansätze. Aufgrund ihrer hohen Anzahl ist eine Abgrenzung der

verschiedenen Risikoarten nur bedingt möglich.242 Deshalb ist für die Wahl der Sys-

tematisierung die Fragestellung (Zielsetzung des Risikomanagements) entschei-

dend.243 Mithilfe der hier vorgestellten Systematiken soll nur ein erster Überblick ge-

geben werden, welcher im Folgenden als Grundlage für das Risikomanagement

dient.

3.1.3 Risikomanagement

Wie der Risikobegriff wird auch die Definition des Risikomanagements in der wirt-

schaftswissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert. Wolke beschreibt z. B. das

Risikomanagement als Messung und Steuerung aller betriebswirtschaftlichen Risi-

ken, die unternehmensweit entstehen können.244 Nach Wildemann sei das Risiko-

management „als systematische Folge von Aktivitäten im Unternehmen im Umgang

mit Risiken zu verstehen; es unterstützt das Erreichen der Unternehmensziele“.245

Voigt bezeichnet das Risikomanagement wiederum als systematisches Vorgehen zur

Identifizierung, Bewertung, Aggregation, Steuerung und Überwachung von Risiken,

welche die Unternehmenserwartungen gefährden können.246 Seine detaillierte Defini-

tion wird hier als Arbeitsdefinition für die weitere Untersuchung verwendet.

Es gibt drei verschiedene Formen, Risikomanagement in Unternehmen zu integrie-

ren. Die erste Form bildet ein dezentrales Risikomanagement, bei dem das Risiko-

management von jedem Unternehmensbereich eigenverantwortlich betrieben wird.

Die zweite Form wird als zentrales Risikomanagement bezeichnet. Bei dieser Orga-

nisationsstruktur werden sämtliche Aufgaben des Risikomanagements durch die

zentrale Einheit übernommen. Die dritte Form des Risikomanagements ist eine

Mischform. Hier erfüllen die dezentralen Einheiten die Aufgaben des Risikomanage-

ments bis zu einem bestimmten Maße selbst, zudem werden sie durch eine zentrale

242 Vgl. Pfohl, H.-C. (2002): S. 13. 243 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 6. 244 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 2. 245 Wildemann, H. (2006): S. 29. 246 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 6

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Einheit unterstützt und koordiniert. Schneck führt aus, dass die Mischform die meist-

verbreitete Anwendung des Risikomanagements in einer Organisation darstellt.247

Ziele und Aufgaben 3.1.3.1

Bei der Definition des Hauptzieles des Risikomanagements sind sich die Autoren

nahezu einig. Es besteht grundsätzlich darin, „die Risiken frühzeitig zu erkennen, zu

beurteilen, zu steuern und zu überwachen“,248 um die Projekt- bzw. Unternehmens-

ziele nicht zu gefährden.249 Dabei sollen Risiken kontrolliert und nicht vermieden

werden.250 Als weitere Ziele werden in der Literatur auch die Minimierung der Risiko-

kosten,251 die Erfüllung gesetzlicher und organisatorischer Anforderungen252 sowie

die Sicherung des Erfolgspotenzials253 genannt. Diese können als nachgelagerte

Ziele bezeichnet werden. Für diese Arbeit wird das zuvor genannte Hauptziel als Ar-

beitsdefinition verwendet. Risiken sollen identifiziert, beurteilt, gesteuert und über-

wacht werden, um die Unternehmensziele nicht zu gefährden.

Demnach besteht die Aufgabe des Risikomanagements darin, die Gefahr durch den

Einsatz von geeigneten Maßnahmen gezielt zu minimieren.254 Um die Aufgaben zu

erfüllen und die Maßnahmen festlegen zu können, ist auf operativer Ebene die Um-

setzung des Risikomanagementprozesses notwendig, welcher im nachfolgenden

Kapitel erläutert wird.255

247 Vgl. Schneck, O. (2010): S. 81ff. 248 Diederichs, M. (2012): S. 11. 249 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 11; Romeike, F. (2005): S. 24; Ebert, C. (2006): S. 6; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 20;

Voigt, K.-I. (2010): S. 6f. 250 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 11; Ebert, C. (2006): S. 6. 251 Vgl. Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 20. 252 Vgl. Lammers, F. (2005): S. 40. 253 Vgl. Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 150. 254 Vgl. Rieke, T. (2009): S. 42; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 21. 255 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 10; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 21; Rieke, T. (2009): S. 42; Diederichs, M. (2012): S. 13;

Wolke, T. (2007): S. 3f.

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Risikomanagementprozess 3.1.3.2

Der Risikomanagementprozess wird in der Literatur unterschiedlich dargestellt. Auch

wenn das Prozessschema durch die Autoren verschieden abgebildet wird, so können

doch alle Ablaufdiagramme für das operative Risikomanagement auf ein Modell mit

den vier Phasen

• Risikoidentifikation,

• Risikobewertung,

• Risikosteuerung und

• Risikoüberwachung

zurückgeführt werden (siehe Abbildung 3-3).256 Die einzelnen aufeinanderfolgenden

Prozessphasen ermöglichen eine systematische Vorgehensweise in der Risikohand-

habung.257 Als zusätzliche Komponente wird die Risikokommunikation genannt, wel-

che eine phasenübergreifende Funktion im Risikomanagementprozess erfüllt.258 In

der Literatur findet sich auch ein Phasenablauf allein mit den drei Prozessschritten

Risikoidentifikation, Risikoanalyse und -bewertung sowie Risikobewältigung,259 der

jedoch aufgrund einer fehlenden Kontrolle der Risikosituationen unvollständig ist.260

Abbildung 3-3: Risikomanagementprozess. Quelle: in Anlehnung an Voigt, K.-I. (2010): S. 10.

256 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 13f.; Voigt, K.-I. (2010): S. 10; Rieke, T. (2009): S. 43f.; Wolke, T. (2007): S. 4; Mikus, B.

(2001): S. 13. 257 Vgl. Mikus, B. (1998): S. 176ff. 258 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 10; Diederichs, M. (2012): S. 50. 259 Vgl. Fasse, F.-W. (1995): S. 79. 260 Vgl. Caja, L. (2009): S. 89.

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3.1.3.2.1 Risikoidentifikation

Der erste und zugleich wichtigste Schritt im Risikomanagementprozess ist die Risi-

koidentifikation.261 Diese beinhaltet die bewusste Suche nach Risiken.262 Es werden

die Risiken zur weiteren Betrachtung den anderen Phasen vorgegeben und somit

wird eine Informationsgrundlage für zu treffende Entscheidungen gelegt.263 Das Ziel

ist demnach das „rechtzeitige, regelmäßige, schnelle, vollständige und wirtschaftliche

Erfassen aller Risiken im Unternehmen, die Einfluss auf die wesentlichen Unterneh-

mensziele haben“.264 Insbesondere bei veränderter Risikosituation ist das Risikoma-

nagement erheblich von der Reaktionsgeschwindigkeit abhängig, d. h. von der Fä-

higkeit, aufkommende Risiken frühzeitig zu erfassen und die entsprechenden Maß-

nahmen umzusetzen.265 Dafür ist ein vollumfänglich zu betreibendes Risikomanage-

ment notwendig, welches sich jedoch als schwierig erweist (nämlich zeitnah auf die

veränderte Risikosituation zu reagieren) und damit die Gefahr der ineffizienten Nut-

zung (durch Fehlinterpretation der Risikosituation) birgt.266

Die identifizierten Risiken bzw. Risikobereiche werden als Ergebnis der Risikoidenti-

fikation in einem Risikokatalog dokumentiert. Dieser Risikokatalog, analog auch Risi-

koinventar genannt, ist die Grundlage der Risikoanalyse. Dabei ist die Dokumentati-

on des Risikokataloges von großer Bedeutung.267 Die Methoden zur Identifizierung

von Risiken und zur Erstellung des Risikokataloges sind vielfältig und werden in Un-

ternehmen häufig kombiniert.268 Nachfolgend sind einige der in der Literatur genann-

ten Methoden zur Risikoidentifikation aufgeführt. Die Darstellung erhebt keinen An-

spruch auf Vollständigkeit, sondern gibt nur einen groben Überblick.

261 Vgl. Füser, K.; Gleißner, W.; Meier, G. (1999): S. 754; Voigt, K.-I. (2010): S. 11 262 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 54. 263 Vgl. Füser, K.; Gleißner, W.; Meier, G. (1999): S. 754; Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 165; Mikus, B. (2001): S. 14. 264 Voigt, K.-I. (2010): S. 11. Vgl. auch Wildemann, H. (2006): S. 54; Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 165; Füser, K.; Gleiß-

ner, W.; Meier, G. (1999): S. 754; Diederichs, M. (2012): S. 50f.; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 22. 265 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 51; Fasse, F.-W. (1995): S. 79. 266 Vgl. Tümpen, M. M. (1987): S. 143. 267 Vgl. Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 179. 268 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 11; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 24; Ebert, C. (2006): S. 19.

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Voigt Diederichs sowie Wolf & Runzheimer

Junginger Romeike

• Basismethoden • Methoden zur un-

systematischen Er-fassung

• Methoden zur sys-tematischen Erfas-sung

• Progressive Me-thoden

• Retrograde Metho-den

• Bottom-Up • Top-Down

• Kollektionsverfahren • Suchverfahren

Die Bezeichnungen für die Methoden sind von den einzelnen Autoren zwar unter-

schiedlich gewählt, sie haben jedoch dieselbe Bedeutung. So definieren z. B. Die-

derichs sowie Wolf und Runzheimer die Methoden als progressive und retrograde

Methoden und Junginger als Bottom-up- bzw. Top-down-Methoden.269 Deswegen

werden die Instrumente zur Risikoidentifikation vorgestellt, aber nicht explizit der Me-

thode zugeordnet. Als Instrumente können Brainstorming, Brainwriting (635), Befra-

gung, Checklisten, Szenario-Technik, Fehlerbaumanalyse, Frühwarnsysteme, Do-

kumentationsanalysen und Besichtigungsanalysen verwendet werden.270 Die Kombi-

nation der verschiedenen Techniken zur Identifikation von Risiken in der betriebli-

chen Praxis trägt dazu bei, dass die durchgeführte Risikoidentifikation möglichst um-

fassende Ergebnisse zeitigt.271 Somit können die Vor- und Nachteile der Herange-

hensweise ausgeglichen und möglichst vollständige Informationen gewonnen wer-

den,272 welche die Grundlage für den nächsten Prozessschritt darstellen.273

3.1.3.2.2 Risikobewertung

Die Bewertung der Risiken bildet die zweite Phase des Risikomanagementprozes-

ses. Dabei ist eine vollständige Isolation zwischen Risikobewertung und Risikoidenti-

fikation aufgrund der impliziten Bewertung im vorangegangenen Teilprozess nicht

möglich. In der Praxis wird deshalb die Risikoidentifikation oftmals zusammen mit der

269 Vgl. Rieke, T. (2009): S. 47. 270 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 11ff.; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 25ff.; Ebert, C. (2006): S. 19ff.; Rieke, T. (2009): S. 49f.;

Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 174ff.; Ziegenbein, A. (2007): S. 51f. 271 Vgl. Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 174; Ebert, C. (2006): S. 21; Mikus, B. (2001): S. 21. 272 Vgl. Eberle, A. O. (2005): S. 49f. 273 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 13.

Tabelle 3-1: Methoden zur Risikoidentifikation. Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Voigt, K.-I. (2010): S. 11ff.; Diederichs, M. (2012): S. 53; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 23; Jun-ginger, M. (2005): S. 190; Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 174.

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Risikobewertung zur Risikoanalyse kombiniert. 274 Während der Risikobewertung

werden unternehmensinterne wie -externe Risikopotenziale mit Auswirkungen auf die

unternehmerischen Strategien und Ziele analysiert, bewertet und klassifiziert.275 Die

Gesamtrisikoposition, auch als Risk Exposure bezeichnet, ist die Kombination aller

Einzelrisiken im Unternehmen. Dieser Teil der Risikobewertung – bei dem die Risi-

ken auf kompensatorische bzw. kumulative Effekte hin betrachtet werden – wird als

Risikoaggregation bezeichnet.276

Um entsprechende Steuerungsmaßnahmen einleiten zu können, werden die in der

Phase der Risikoidentifikation erkannten Risiken nun näher untersucht und bewer-

tet.277 Hierzu werden die Auswirkungen des Risikos durch eine Multiplikation der Kri-

terien Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Eintrittshäufigkeit und potenzielle Schadens-

höhe quantifiziert.278 Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Kriterien in wechselsei-

tigen Beziehungen zueinander stehen und so beispielsweise ein hohes Schadens-

ausmaß durch eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit relativiert wird.279

Bei der Eintrittswahrscheinlichkeit eines risikoauslösenden Faktors handelt es sich

um die Vorhersehbarkeit, wann das identifizierte Risiko tatsächlich in der Realität

wirksam wird. Durch die Abschätzung des Auftretens risikoauslösender Faktoren soll

der Grad der Unsicherheit verringert werden.280 Die Eintrittswahrscheinlichkeit kann

dabei sowohl objektiv als auch subjektiv ermittelt werden. Kann auf objektive Daten

(z. B. Statistiken, Erhebungen) nicht zurückgegriffen werden, so ist die subjektive

Bewertung auf Grundlage von Expertenbefragungen möglich.281 Da es in der Praxis

häufig aufgrund fehlender Informationen schwierig ist, die Wahrscheinlichkeiten zu

ermitteln, werden Schadensverteilungen als Entscheidungsgrundlage verwendet.

Diese greifen vornehmlich auf die Eintrittswahrscheinlichkeit der Risikowirkung und

nicht des eigentlichen Risikos zurück.282 Dabei tritt typischerweise eine geringe Aus-

274 Vgl. Eberle, A. O. (2005): S. 50; Gleißner, W. (2001): S. 5. 275 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 55; Voigt, K.-I. (2010): S. 14. 276 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 15. 277 Vgl. Romeike, F.; Finke, R. B. (2003): S. 183; Eberle, A. O. (2005): S. 50; Ziegenbein, A. (2007): S. 53. 278 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 14; Ebert, C. (2006): S. 34; Diederichs, M. (2012): S. 89. 279 Vgl. Fürer, G. (1990): S. 66; Diederichs, M. (2012): S. 95. 280 Vgl. Mikus, B. (1998): S. 209. 281 Vgl. Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 34. 282 Vgl. Mikus, B. (1998): S. 209f.

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

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wirkung mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich höher auf als eine hohe Auswirkung

mit niedriger Wahrscheinlichkeit.283

Die Schadenshöhe bzw. Tragweite bewirkt eine Reduktion des Unternehmenswertes

bzw. des Eigenkapitals.284 Dabei stellt die Tragweite den Grad der Zielabweichung

bei Risikoeintritt dar, der bei negativer Ausprägung als Schaden bezeichnet wird.285

Der Schadenshöhe ist gegenüber der Eintrittswahrscheinlichkeit mehr Bedeutung

beizumessen. Grund hierfür ist im Falle einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit und

hohen Schadenshöhe die mögliche enorme Auswirkung auf das Unternehmen. Im

entgegengesetzten Fall sind zwar die Unternehmensziele betroffen, jedoch wird die-

ses Risiko keine Auswirkung auf den Bestand des Unternehmens haben.286

Nachdem diese beiden Komponenten nun zueinander in Beziehung gesetzt worden

sind, können die Risiken in eine sogenannte Risk-Map übertragen werden (siehe

Abbildung 3-4). Wird zusätzlich eine Risikoschwelle festgelegt, so signalisiert die La-

ge in der Risk-Map die Bedeutung des Risikos hinsichtlich der festzusetzenden

Steuerungs- und Gegenmaßnahmen.287 In diesem Beispiel muss demnach dem Ri-

siko (1) die größte Aufmerksamkeit zuteilwerden. Anschließend muss das Risiko (4)

auch mit Steuerungs- und Gegenmaßnahmen belegt werden. Die Risiken (2), (3) und

(5) sind aufgrund ihrer Lage in der Risk-Map zuvorderst zu beobachten. Aufgrund

einer möglichen Veränderung der Risikolage ist die Bewertung regelmäßig zu wie-

derholen, um bei Bedarf die Klassifizierung und Steuerung der Risiken frühzeitig an-

passen zu können.288

283 Vgl. Imboden, C. (1983): S. 109. 284 Vgl. Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 34. 285 Vgl. Imboden, C. (1983): S. 42f.; Girmscheid, K. (2001): S. 291; Strohmeier, G. (2007): S. 34. 286 Vgl. Karten, W. (1993): S. 3831; Neubürger, K. W. (1989): S. 29; Fürer, G. (1990): S. 66. 287 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 93. 288 Vgl. Girmscheid, K. (2001): S. 291.

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Abbildung 3-4: Darstellung einer Risk-Map. Quelle: in Anlehnung an Die-derichs, M. (2012): S. 93.

Die Risk-Map ist nur eine Möglichkeit aus der Vielzahl der Methoden, eine Risikobe-

wertung darzustellen. Bezüglich anderer Möglichkeiten sei hier auf die weiterführen-

de Literatur von z. B. Wolf und Runzheimer, Schmitz und Wehrheim oder Diederichs

verwiesen.289 Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Instrumente zur Risiko-

bewertung nur unterstützenden Charakter haben und ihre richtige Anwendung in der

Verantwortung des Nutzers liegt.290 Nach erfolgter Risikobewertung bildet die Risi-

kosteuerung den nächsten Teilschritt des Risikomanagementprozesses.

3.1.3.2.3 Risikosteuerung

Die Ergebnisse der Risikoidentifikation und Risikoanalyse in konkrete Steuerungs-

maßnahmen zur Risikohandhabung umzusetzen, ist Aufgabe der Risikosteuerung.

Ziel ist hier eine positive Beeinflussung der Risikopositionen sowie des Ertrags im

Unternehmen.291 Dabei ist es notwendig, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen

Chancen und Risiken sowie den Steuerungskosten und -nutzen zu erreichen.292 In

dieser Phase werden sämtliche Risiken oberhalb der Risikoschwelle mit zielgerichte-

ten Steuerungsmaßnahmen behandelt.293 Zur Auswahl der Gegenmaßnahmen sind

zwei Aspekte zu beachten: Die bedeutendsten Risiken sollen prioritär angegangen

289 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 87-122; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 33-41; Schmitz, T; Wehrheim, M. (2006): S. 82-94. 290 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 123. 291 Vgl. Eberle, A. O. (2005): S. 52; Gutmansthal-Kritzanitis, H. (1994): S. 467; Eller, R; Deutsch, H.-P. (1998): S. 255. 292 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 75; Voigt, K.-I. (2010): S. 15. 293 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 58; Ziegenbein, A. (2007): S. 59.

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werden und die jeweilige Maßnahme soll dem gewählten Risiko entsprechen.294 Die

zahlreichen risikopolitischen Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündel lassen sich in

verschiedene Kriterien einteilen. Eine in der Literatur häufig vorgenommene Eintei-

lung unterscheidet zwischen ursachenorientierten und wirkungsorientierten Maß-

nahmen.295 Ursachenorientierte Maßnahmen streben die Eliminierung des Risikour-

sprungs an und wenden damit eine mögliche Abweichung ab. Wirkungsorientierte

Maßnahmen minimieren den Schaden, der bei Eintritt eines Risikos folgt.296 Die Be-

ziehung zwischen beiden Maßnahmenkategorien kann Abbildung 3-5 entnommen

werden.

Abbildung 3-5: Formen der Risikohandhabung. Quelle: in Anlehnung an Kühlmann, K. (1996): S. 9.

Die Risikovermeidung stellt die Extremform aller Maßnahmen dar.297 Zu beachten ist

hier, dass eine Vermeidung aller Risiken wirtschaftlich nicht sinnvoll ist und dem Un-

ternehmen somit Chancen auf einen möglichen Gewinn – aufgrund des fehlenden

Wagnisses – verwehrt.298 Die zweite Stufe der Maßnahmen ist die Risikoverminde-

rung. Diese soll zum einen durch Schadenverhütung eine Reduzierung der Eintritts-

wahrscheinlichkeit bewirken und zum anderen bei eingetretenem Schaden dessen 294 Vgl. Ziegenbein, A. (2007): S. 118f. 295 Vgl. Fasse, F.-W. (1995): S. 85ff.; Kupsch, P. (1975): S. 154; Philipp, F. (1967): S. 72f.; Mag, W. (1988): S. 491; Voigt, K.-I.

(2010): S. 15. 296 Vgl. Götze, U; Mikus, B. (2007): S. 46. 297 Vgl. Czaja, L. (2009): S. 95. 298 Vgl. Schmitz, T; Wehrheim, M. (2006): S. 95.

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Begrenzung ermöglichen.299 Die nächste Maßnahme ist die Risikobegrenzung, wel-

che sich in die Bereiche Risikostreuung und Risikoüberwälzung aufteilt.300 Bei der

Risikostreuung, auch als Risikodiversifikation bezeichnet, wird eine Reduzierung des

Gesamtrisikos angestrebt. Dabei werden Einzelrisiken, die nicht miteinander korrelie-

ren, durch Streuung und systematische Kombination zu einem reduzierten Gesamtri-

siko zusammengefasst.301 Hingegen werden bei der Risikoüberwälzung, auch als

Risikotransfer bezeichnet, die Risiken auf andere Unternehmen oder Märkte verla-

gert.302 In der vierten Stufe der Risikohandhabung (Selbsttragen der Risiken) geht

das Unternehmen bewusst Wagnisse ein.303 Hier müssen ausreichend Rücklagen

gebildet sowie Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, damit bei Risikoeintritt

darauf zurückgegriffen werden kann.304 Die letzte Stufe der Risikohandhabung betrifft

die nicht tragbaren Risiken, welche eine Bedrohung des Unternehmens darstellen

können und auf Versicherungen zu übertragen sind.305 Nachdem im Teilprozess der

Risikosteuerung ein Maßnahmenkatalog für die identifizierten Risiken definiert wor-

den ist, soll im letzten Abschnitt des Risikomanagementprozesses die Risikoüberwa-

chung in den Vordergrund der Analyse treten.

3.1.3.2.4 Risikoüberwachung

In der abschließenden Phase des Risikomanagementprozesses erfolgt die Risiko-

überwachung. Diese umfasst die Überwachung und Berichterstattung der Risiken.306

Dabei werden sowohl die definierten Gegenmaßnahmen als auch die Zielerreichung

überprüft.307 Ziele dieser Phase sind das Aussprechen frühzeitiger Warnungen durch

regelmäßige Kontrolle sowie die Prüfung der umgesetzten Gegenmaßnahmen auf

ihre Wirksamkeit.308 Dabei ist der Wirksamkeit die größte Aufmerksamkeit zu wid-

men.309 Die Aufgaben der Risikoüberwachung lassen sich vom betriebswirtschaft- 299 Vgl. Haller, M. (1986): S. 31. 300 Vgl. Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 45. 301 Vgl. Schmitz, T; Wehrheim, M. (2006): S. 101. 302 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 16. 303 Vgl. Fasse, F.-W. (1995): S. 90. 304 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 127. 305 Vgl. Brühwiler, B. (1983): S. 90. 306 Vgl. Schierenbeck, H; Lister, M. (2002): S. 370. 307 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 59ff.; Eberle, A. O. (2005): S. 53. 308 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 16. 309 Vgl. Horvàth, P; Gleich, R. (2000): S. 108.

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lichen Controlling ableiten, diese bestehen in der Koordination, Kontrolle und Be-

richterstattung.310 Die Koordination soll in den verschiedenen Unternehmenseinhei-

ten ein gleiches Verständnis für die Risiken erzeugen und sicherstellen.311 Die Kon-

trolle hingegen überprüft kontinuierlich die Aktivitäten des risikopolitischen Entschei-

dungsprozesses, die bei Bedarf angepasst und ggf. durch weitere Gegenmaßnah-

men ergänzt werden müssen.312 Im Rahmen der Berichterstattung, auch als Report-

ing bezeichnet, werden alle Informationen aus dem Risikomanagementprozess zu-

sammengetragen und an die Verantwortlichen zur Aufgabenerfüllung weitergelei-

tet.313 Zugleich mit der Berichterstattung wird die Risikokommunikation, die die vier

Prozessschritte des Risikomanagements miteinander verbindet, abgedeckt.314

Der Prozess des Risikomanagements ist als kontinuierlicher Vorgang parallel zu an-

deren Unternehmensprozessen zu betrachten.315 Aufgrund von stetigen Verände-

rungen des Umfelds sind diese Phasen regelmäßig zu durchlaufen und in einen kon-

tinuierlichen Prozess einzubinden.316 Das heißt: Der Risikomanagementprozess ist in

regelmäßigen Abständen zu wiederholen und die Prozessschritte Identifikation, Be-

wertung, Steuerung und Überwachung sind ständig auf Aktualität hin zu überprüfen.

Operative Risiken im Großanlagenbau 3.2

Aufgrund der Besonderheiten des Großanlagenbaus, welche im zweiten Kapitel aus-

führlich erläutert wurden, ergeben sich bei den Projekten der Branche spezifische

Risiken. Dabei kommt den Projektrisiken durch ihre direkte Wirkung auf das Projekt-

ergebnis eine besondere Bedeutung zu.317 Im Folgenden werden aufgrund der ope-

rativen Ausrichtung dieser Arbeit die in den einzelnen Projektphasen auftretenden

operativen Projektrisiken dargelegt.

310 Vgl. Henke, M. (2009): S. 119; Wolke, T. (2007): S. 235. 311 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 236. 312 Vgl. Girmscheid, K. (2001): S. 292. 313 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 16; Wolf, K.; Runzheimer, B. (1999): S. 53. 314 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 163. 315 Vgl. Wolke, T. (2007): S. 3f. 316 Vgl. Diederichs, M. (2012): S. 49. 317 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 36.

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3.2.1 Risiken in den einzelnen Projektphasen

In der Vor-Projektphase wird das Gesamtprojekt kalkuliert und das Gesamtrisiko in

einer Übersicht dargestellt. Als Grundlage für die Entscheidung zur Weiterführung

des Projektes wird eine Machbarkeitsanalyse durchgeführt, die auch eine Risiko-

übersicht beinhaltet. Werden in dieser Phase die Risiken zu hoch bewertet, wird das

Projekt nicht weiter realisiert und somit wird eine mögliche Unternehmenschance ver-

tan. Werden die Risiken jedoch zu niedrig angesetzt und das Projekt fortgesetzt, so

ist ein späteres Scheitern des Projekts mit dem Verlust der geleisteten Aufwendun-

gen wahrscheinlich.318 Bedingt durch die zeitaufwändige und kostenintensive Ange-

botserstellungsphase ergeben sich für den potenziellen Auftragnehmer hohe Kosten,

insbesondere Aufwendungen für das Basic Design, um überhaupt ein Angebot ab-

geben zu können. Aufgrund einer geringen Auftragsrealisierung von nur 5 – 20 %

aller Angebotsabgaben können die entstandenen Aufwendungen in der Mehrzahl der

Fälle den Kunden nicht verursachungsgerecht berechnet werden.319 Dabei wird in

dieser Phase ein intensives Risikomanagement für die qualifizierte Angebotsabgabe

betrieben und somit werden die Risiken im kommenden Projekt identifiziert und be-

wertet. Nach Abgabe des Angebotes ist der Anlagenhersteller daran gebunden und

kann es nicht mehr oder nur unwesentlich nachbessern. Somit ergibt sich für den

Großanlagenbauer ein signifikantes Angebotsrisiko.320 Im direkten Zusammenhang

mit dem Angebotsrisiko steht das Kalkulationsrisiko, welches mit Abgabe des Ange-

bots wesentliche Fehleinschätzungen (z. B. Engineering-Stunden, Lieferpreise) bein-

halten kann.321 Während der Verhandlungsphase findet eine Aktualisierung der iden-

tifizierten Risiken zur Vorbereitung auf die Vertragsunterzeichnung statt. Die Risiken

werden übernommen und das Unternehmen haftet nun dafür (Haftungsrisiko).322 In

der Planungs- und Errichtungsphase entsteht durch die technische Komplexität der

Anlagen und die Kombination verschiedenster technischer Systeme ein hohes tech-

nisches Risiko. Hierbei besteht die besondere Herausforderung darin, den aktuellen

Stand der Technik im Projekt umzusetzen.323 Zusätzlich zu diesem Risiko sind in die-

318 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 42. 319 Vgl. Schweitzer, M. (2003): S. 524; Voigt, K.-I. (2010): S. 42. 320 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 42. 321 Vgl. Funk, J.; Laßmann, G. (1986): S. 25. 322 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 42f. 323 Vgl. Schmelcher, M. (2000): S. 527.

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ser Phase die Risikobereiche Leistungsumfang, Technologie, Fertigung, Montage,

Termine, Zulieferung, Kosten sowie Personal zu berücksichtigen.324 Die Betriebs-

phase hingegen weist zwei wesentliche Risiken auf. Zum einen das Übergaberisiko

mit den Bereichen Inbetriebnahme und Übergabe der Anlage. Zum anderen das Ge-

währleistungsrisiko, welches die zum Teil langjährige Garantieperiode mit potenziell

hohen Kundenforderungen abdeckt.325 Abbildung 3-6 stellt die Risiken in den einzel-

nen Projektphasen dar.

Abbildung 3-6: Risiken während der Anlagenherstellung. Quelle: in Anlehnung an Voigt, K.-I. (2010): S. 44.

3.2.2 Lieferantenrisiko

Bedeutung des Lieferantenrisikos in der Theorie 3.2.2.1

Aufgrund der hohen Zulieferquote in der Branche des deutschen GAB hängt der Pro-

jektverlauf maßgeblich von der Lieferantenperformance des Unternehmens ab (siehe

Kapitel 2). Somit haben die Lieferantenrisiken eine hohe Priorität bei der Projektreali-

sierung. Diese Risiken beschreibt Wildemann als Teil der Beschaffungsrisiken, wel-

che er in die drei Hauptrisiken Lieferanten-, Bedarfs- und Marktrisiken unterteilt.326

324 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 42. 325 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 43. 326 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 122ff.

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Wie in Abbildung 3-7 verdeutlicht, können die in der Literatur beschriebenen Risiken

diesen Hauptrisiken zugeordnet werden.327

Abbildung 3-7: Den Hauptrisiken zugeordnete Beschaffungsrisiken. Quelle: in Anleh-nung an Wildemann, H. (2006): S. 123.

Bereits 2006 erkannte Wildemann, dass neben den Preis- und Qualitätsrisiken eben-

so die Insolvenzrisiken, Abhängigkeitsrisiken sowie Leistungsfähigkeits- und Wachs-

tumsrisiken immer weiter an Bedeutung gewinnen.328 Die Studie bezieht sich aller-

dings auf kleine und mittelständische Unternehmen,329 weshalb sie aufgrund der un-

terschiedlichen Branchenspezifika nicht auf den industriellen Anlagenbau übertragen

werden kann. Voigt hingegen veröffentlichte eine Studie, in der er Hersteller der

Branche des Großanlagenbaus befragte. Ziel dieser Studie war es, die bedeu-

tendsten Risiken im Großanlagenbau zu erfassen. Das Lieferantenrisiko kristallisierte

sich als das Risiko mit dem aktuell größten Gefährdungspotenzial im industriellen

Anlagenbau heraus.330 Aufbauend auf der Veröffentlichung von Voigt wird im Fol-

genden eine im Rahmen dieser Dissertation erstellte Studie zum Lieferantenrisiko

vorgestellt. Ziel dieser Studie ist es, das im Großanlagenbau bestehende Lieferan-

tenrisiko zu validieren und die daraus resultierenden operativen Risikofelder zu ana-

lysieren.

327 Vgl. Rogler, S. (2002): S. 37. 328 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 126. 329 Vgl. Wildemann, H. (2006): S. 10. 330 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 130.

Lieferantenrisiken

Insolvenzrisiken

Vertragsrisiken

Qualitätsrisiken

Abhängigkeitsrisiken

Übernahmerisiken

Risiken aus Know-how Verlust durch Outsourcing

Leistungsfähigkeitsrisiken

Wachstums- und Finanzrisiken

Flexibilitätsrisiken

Ressourcenrisiken

Bedarfsrisiken

Produkt-/Haftungsrisiken

Liefer- und logistische Risiken Lager- und Bestandsrisiken Prozess- und Schnittstellenrisiken

Versorgungsrisiken

Technische Risiken

Komplexitätsrisiken

Marktrisiken

Kapazitätsrisiken

Länderrisiken

Standortrisiken

Preisrisiken

Währungsrisiken

Risiken aus Local Content und Marktanforderungen

Konjunkturrisiken

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Praktische Fundierung sowie Bedeutung des Lieferantenrisikos 3.2.2.2

3.2.2.2.1 Komponenten des Lieferantenrisikos

Die Bestandteile des Lieferantenrisikos können nach Christopher/Peck grundsätzlich

in Versorgungsrisiken, Prozessrisiken, Steuerungsrisiken, Nachfragerisiken sowie

Umfeldrisiken kategorisiert werden.331 Den Versorgungsrisiken werden in diesem

Zusammenhang die logistischen Risiken und die Lagerrisiken, welche zu einem Ter-

minverzug führen können, zugeordnet.332 Bei den Prozessrisiken handelt es sich um

mögliche Störungen oder Unterbrechungen im betrieblichen Leistungserstellungs-

prozess.333 Diese Risiken können einen unmittelbaren Einfluss auf die nachfolgen-

den Unternehmen in der Supply Chain ausüben.334 Steuerungsrisiken hingegen be-

ziehen sich auf Prämissen, Systeme sowie verwendete Verfahren und Methoden zur

Lenkung der Abläufe in Unternehmen.335 Diese sind nicht ausschließlich unterneh-

mensintern zu verstehen, denn unternehmensextern treten sie in Form von Informa-

tions- und IT-Risiken sowie als Kooperationsrisiken zwischen Unternehmen auf. Ma-

nagementfehler sind dabei nicht die einzigen Auslöser für Steuerungsrisiken, dies

können auch falsche oder starre Entscheidungsvorgaben innerhalb der Unternehmen

sein.336 Nachfragerisiken stellen Gefahrenpotenziale dar, die unternehmensextern

von Kundenseite auf das Unternehmen einwirken.337 Diese beziehen sich demnach

aus Unternehmenssicht auf alle nachgelagerten Prozesse. Als Umfeldrisiken werden

alle Risiken bezeichnet, die durch das Unternehmen selbst nicht beeinflusst werden

können. Kategorisiert werden diese in sozio-politische, ökonomische, technologische

und ökologische Risiken. Sozio-politische Risiken können dabei in Form von Streiks,

Bürgerkriegen, Ölkrisen und terroristischen Anschlägen auftreten.338 Abbildung 3-8

zeigt das Lieferantenrisiko und dessen Kategorien mit der Zuordnung ausgewählter

Risiken.

331 Vgl. Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 4ff. 332 Vgl. Rogler, S. (2002): S. 88ff. 333 Vgl. Kersten, W.; Held, T.; Meyer, C. M.; Hohrath, P. (2007): S. 1172. 334 Vgl. Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 4f. 335 Vgl. Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 5. 336 Vgl. Kersten, W.; Held, T.; Meyer, C. M.; Hohrath, P. (2007): S. 1172. 337 Vgl. Svensson, G. (2002): S. 113; Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 5. 338 Vgl. Peck, H. (2005): S. 223; Jüttner, U. (2005): S. 122; Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 4; Kersten, W.; Schröder, K.;

Hohrath, P.; Späth, H. (2006): S. 236.

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Abbildung 3-8: Kategorien des Lieferantenrisikos. Quelle: in Anlehnung an Kersten, W.; Held, T.; Meyer, C. M.; Hohrath, P. (2007): S. 1172; Svensson, G. (2002): S. 113; Christopher, M.; Peck, H. (2004): S. 4ff; Hornung, K.; Reichmann, T.; Diederichs, M. (1999): S. 320; Jüttner, U. (2005): S. 122.

Aufgrund der Schwerpunktsetzung dieser Arbeit wird im weiteren Verlauf der prakti-

schen Fundierung näher auf die Kategorien Prozessrisiken und Steuerungsrisiken,

also die direkten Lieferantenrisiken, eingegangen. Im industriellen Anlagenbau kön-

nen Versorgungsrisiken als indirekte Lieferantenrisiken deklariert werden, da diese

nicht durch Ausfall der Lieferantenleistung an sich entstehen, sondern durch den

Ausfall Dritter, wie z. B. Speditionen, die einen Transportauftrag entgegengenommen

haben, diesen aber nicht vereinbarungsgemäß ausführen können. Nachfragerisiken

hingegen können nur vom Kunden beeinflusst werden, weshalb auch diese im weite-

ren Verlauf der Arbeit durch den Fokus auf die Lieferantenkoordination nicht weiter

berücksichtigt werden. Dasselbe gilt für die Umfeldrisiken, die durch keine der beiden

Vertragsparteien gesteuert werden können und deshalb in der folgenden Studie auch

nicht weiter untersucht werden.

3.2.2.2.2 Methodik der empirischen Studie zum Thema Lieferantenrisiken im Großanlagenbau

Zur Evaluierung der Lieferantenrisiken wurde im Rahmen dieser Arbeit eine empiri-

sche Studie in der Branche des industriellen Anlagenbaus durchgeführt. Die Ziele der

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

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Befragung waren der Erhalt von Informationen über das Lieferantenrisikomanage-

ment im Großanlagenbau sowie über die Methoden zur Identifikation von Lieferan-

tenrisiken und die Ermittlung von Prozessrisiken sowie von Steuerungsrisiken inklu-

sive Kooperationsrisiken. Für diese Studie ist eine standardisierte schriftliche Befra-

gung gewählt worden, die sich insbesondere dann eignet, wenn

• ein hohes Interesse seitens der Probanden erwartet werden kann,

• eine homogene Zielgruppe erreicht wird,

• eine systematische Fragebogengestaltung gelingt sowie

• eine hohe Anzahl an Probanden erreicht werden soll.339

Im nächsten Schritt galt es, die häufig geringe Rücklaufquote bei schriftlichen Befra-

gungen positiv zu beeinflussen.340 Dabei ist die gestaltete Online-Befragung in Kom-

bination mit der Zurverfügungstellung der Studie auf großes Interesse gestoßen und

hat maßgeblich zur Erhöhung der Rücklaufquote beigetragen. Zusätzlich bietet diese

Form der Befragung den Vorteil der örtlichen und zeitlichen Unabhängigkeit sowie

der direkten und zeitsparenden Auswertung.341 Die Gestaltung des Fragebogens er-

folgte dabei in mehreren Prozessschritten.342 Im ersten Schritt erfolgte eine umfas-

sende Literaturanalyse, bei der die Grundlagen zu den Lieferantenrisiken festgehal-

ten wurden und ein erster Fragebogen erstellt wurde. Daraufhin wurde dieser Frage-

bogen durch zwei Experten getestet. Dieser ausführliche Pre-Test diente dazu, In-

konsistenzen, missverständliche Formulierungen sowie logische Fehler aufzu-

decken343 und eine endgültige Version des Fragebogens zu erstellen. Dieser finale

Fragebogen kann Anhang A entnommen werden. Anschließend wurde im letzten

Prozessschritt der Fragebogen den Teilnehmern von Juni bis August 2011 zur Verfü-

gung gestellt.

Zur Identifizierung der Teilnehmer wurde zunächst ein Anforderungsprofil erstellt. Die

notwendigen Auswahlkriterien zur Teilnahme an der Umfrage waren

339 Vgl. Berekoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P. (1993): S. 107. 340 Vgl. Meffert, H. (1992): S. 202. 341 Vgl. Konrad, K. (2010): S. 53ff. 342 Vgl. Kinnear, T.; Taylor, J. (1991): S. 352. 343 Vgl. Kinnear, T.; Taylor, J. (1991): S. 352f.

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

65

• eine leitende Position in Großanlagenbauprojekten oder

• langjährige Erfahrung in der Terminverfolgung von Großanlagenprojekten oder

• größtmögliche Erfahrung im Hinblick auf das Lieferanten- und Risikomanage-

ment im Großanlagenbau.

Im Rahmen der Umfrage wurden auf Basis dieses Anforderungsprofils 312 Personen

identifiziert und angeschrieben. 42 Personen nahmen schließlich an der Befragung

teil, was einer Rücklaufquote von 13,5 % entspricht.

3.2.2.2.3 Aufbau und Struktur des Fragebogens

Der Online-Fragebogen beinhaltet vier Abschnitte: allgemeine Unternehmensanga-

ben, Angaben zu den Projekten, Identifikation und Bewertung der Lieferantenrisiken

sowie Eckdaten zum Lieferantenrisikomanagement im Unternehmen. Um einen

Überblick über die teilnehmenden Personen zu erhalten, werden zunächst allgemei-

ne Unternehmensangaben abgefragt. Diese Eisbrecherfragen sollen die Befragten in

die Befragung einführen, sie beinhalten die Branchenzugehörigkeit, die Mitarbeiter-

zahl, den Lieferantentyp sowie die Umsatzangaben. Des Weiteren werden die Teil-

nehmer gebeten Großprojekte, an denen sie maßgeblich beteiligt waren oder sind,

genauer zu charakterisieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den negativ verlaufe-

nen Projekten. So werden die Art der Messung des Projekterfolgs, durchschnittliche

Projektdauer und -volumen, Wertschöpfungstiefe, Lieferantenanzahl, prozentualer

Lieferverzug sowie der Anteil der Projekte mit Terminverzögerungen abgefragt. Der

Hauptteil der Online-Untersuchung beinhaltet Angaben zu aufgetretenen Lieferanten-

risiken in Projekten des Großanlagenbaus. Dabei werden die Befragten darauf hin-

gewiesen, insbesondere auch diejenigen Projekte in ihre Antworten einzubeziehen,

deren Abwicklung mit erheblichen Problemen behaftet war (u. a. im Hinblick auf Ter-

minverzögerungen). Grundlage der Abfrage ist ein im Vorfeld erstellter umfangreicher

Risikokatalog, welcher potenzielle Einzelrisiken aus den jeweiligen Risikokategorien

beinhaltet. Hierbei sollen die Einzelrisiken im Hinblick auf ihre Eintrittswahrschein-

lichkeit, das Ausmaß auf den Terminverzug und ihre Beeinflussbarkeit sowie die zu-

künftige Entwicklung der Risiken bewertet werden.

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

66

Dabei kommen fünfstufige Skalen zum Einsatz, deren Ausprägungen Tabelle 3-2

entnommen werden können. Die Skalen werden mit Werten von 1 bis 5 belegt, um

den mathematischen Voraussetzungen einer Intervallskala zu genügen. Die Befrag-

ten werden durch diese Vorgehensweise die Abstände zwischen den Abstufungen

als gleich groß wahrnehmen. Somit können die Ergebnisse als metrische Daten ein-

gestuft werden, womit zusätzlich die Berechnung von arithmetischen Mittelwerten

ermöglicht wird.344

Bewertung Eintritts-wahrscheinlichkeit

Ausmaß des Terminverzugs Beeinflussbarkeit Zukünftige Ent-

wicklungen

1 gering nicht beeinflussbar negativ

2 eher gering eher nicht beeinflussbar eher negativ

3 durchschnittlich bedingt beeinflussbar gleich bleibend

4 eher hoch eher beeinflussbar eher positiv

5 hoch beeinflussbar positiv

Tabelle 3-2: Ausprägungen der Bewertungsskalen. Quelle: in Anlehnung an Berekoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P. (2006): S. 73ff.

3.2.2.2.4 Allgemeine Unternehmensangaben

Wie bereits in Kapitel 3.2.2.2.2 erläutert, wurden Personen aus unterschiedlichen

Bereichen des Großanlagenbaus sowie verwandten Branchen befragt. Den größten

Anteil stellt dabei die Branche der Energiewirtschaft bzw. des Kraftwerksbaus mit

52,3 % dar. Es folgen Unternehmen aus dem Chemieanlagenbau mit 14,3 %. Eben-

falls 14,3 % beträgt der Anteil der Unternehmen, die sich dem allgemeinen Großan-

lagenbau zurechnen lassen. Diese stellen Komponenten, Module und Systeme her,

die in verschiedenste Großanlagen integriert werden können. 11,9 % der Befragten

sind im Hoch- und Tiefbau tätig. Dem Schiffbau sind zwei Personen (4,8 %) und der

Bahntechnik eine Person (2,4 %) zuzuordnen (siehe Abbildung 3-9).

344 Vgl. Berekoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P. (2006): S. 73ff.

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67

Abbildung 3-9: Branchenzugehörigkeit der befragten Unternehmen

Die Mitarbeiterzahlen der teilnehmenden Unternehmen zeigen ein heterogenes Feld.

So beträgt der Anteil von Unternehmen mit 1.001 bis 5.000 Mitarbeitern ein Drittel

aller befragten Unternehmen (33,3 %). Jedoch haben sich auch kleine und mittel-

ständische Großanlagenbauer an der Umfrage beteiligt, deren Mitarbeiterzahl gerin-

ger ist als 500 (35,7 %). Bei den Teilnehmern mit einer Mitarbeiterzahl von weniger

als 100 kann davon ausgegangen werden, dass diese als Dienstleister in einem

Großprojekt von Anlagenherstellern beschäftigt sind oder waren. Darüber hinaus

nahmen auch Probanden aus sieben Großunternehmen mit 5.000 und mehr Arbeit-

nehmern teil (entspricht einem Anteil von 16,7 %). Abbildung 3-10 verdeutlicht diese

Verteilung.

Abbildung 3-10: Mitarbeiterzahlen der befragten Unternehmen

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Bei den Umsatzzahlen des Jahres 2010 ergibt sich – äquivalent zu den Mitarbeiter-

zahlen – eine große Spannweite. Lediglich 7,3 % der befragten Unternehmen gaben

hier einen Umsatz bis 50 Mio. EUR an, was im Hinblick auf die im Großanlagenbau

üblichen Auftragsvolumina nicht überraschend ist. Der größte Anteil der befragten

Unternehmen (19,0 %) erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von

1.000 Mio. bis 5.000 Mio. EUR. 16,7 % der Befragten verzichteten auf eine Angabe

des Unternehmensumsatzes. Einen Überblick über die Umsatzverteilung gibt Abbil-

dung 3-11.

Abbildung 3-11: Verteilung von Umsatzzahlen der teilnehmenden Unternehmen

3.2.2.2.5 Merkmale und Rahmenbedingungen der betrachteten Projekte

Die Teilnehmer sollten sich im Rahmen der Umfrage besonders auf die negativ ver-

laufenen Projekte fokussieren. Damit im weiteren Verlauf Rückschlüsse auf die Hin-

tergründe der Lieferantenrisiken gezogen werden können, sind im Vorfeld die Befrag-

ten gebeten worden, die verschiedenen Projekte zu charakterisieren. Betrachtet man

die Angaben zu den durchschnittlichen Projektvolumina, so ist mit 40,8 % ein Groß-

teil der Befragten in Projekte der Größenordnung 100 Millionen Euro und kleiner in-

volviert bzw. involviert gewesen. Großanlagen mit einem Wert von über 1 Milliarde

Euro nannten nur 9,6 % aller Befragten. Das Gros der Projekte hat einen Auftrags-

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wert zwischen 101 und 500 Mio. EUR (26,8 %). Die von den Teilnehmern angegebe-

nen Projektvolumina sind in Abbildung 3-12 veranschaulicht.

Abbildung 3-12: Durchschnittliches Projektvolumen der befragten Unternehmen

Während die durchschnittlichen Projektvolumina eine mitunter große Spannweite

aufweisen, zeigt sich bezüglich der Projektdauer im Großanlagenbau ein anderes

Bild. So dauert die Hälfte der Projekte im Durchschnitt 2 bis 3 Jahre. Nur ein Befrag-

ter (2,4 %) gab eine Projektdauer von 0 bis 1 Jahr an. Bei der Analyse der einzelnen

Ergebnisse wird deutlich, dass die Abwicklung von Projekten im Kraftwerksbau

ebenso wie bei der Bahntechnik eine verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch nimmt –

verglichen bspw. mit dem Chemieanlagenbau. So wird von den Befragten für 19 %

der Projekte eine Projektdauer von vier Jahren und länger angegeben. Abbildung

3-13 zeigt die Verteilung hinsichtlich der Projektdauer der befragten Unternehmen.

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Abbildung 3-13: Durchschnittliche Projektdauer der befragten Unternehmen

Werden die Aussagen der Probanden hinsichtlich der Wertschöpfungstiefe ihrer Un-

ternehmen sowie der Lieferantenanzahl im Rahmen ihrer Projekte betrachtet, so wird

die Abhängigkeit der Anlagenhersteller von den Lieferanten und deren Performance

in einem Projekt deutlich. So beträgt die Wertschöpfungstiefe bei 59,6 % aller Unter-

nehmen 50 % und weniger (siehe Abbildung 3-14). Über ein Viertel der beteiligten

Großanlagenbauer geben sogar Wertschöpfungstiefen unter 25 % an. Lässt man die

Befragten außer Acht, die hierzu keine Angaben machen konnten oder wollten

(31 %), so steigt dieser Anteil auf 41 %. Ein Hauptgrund hierfür sind die zum Teil

komplexen, spezialisierten Systeme, Komponenten und Module, die in die Großanla-

gen integriert werden müssen und aufgrund mangelnder Expertise bzw. Kapazitäten

nicht kosteneffizient von den Anlagenherstellern selbst erbracht werden können.345

345 Vgl. Staudinger, M. (2007): S. 50.

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Abbildung 3-14: Wertschöpfungstiefen der befragten Unternehmen

Im Hinblick auf die durchschnittliche Lieferantenzahl in einem Projekt wird deutlich,

welchen Stellenwert das Lieferantenmanagement bei der Errichtung einer indus-

triellen Anlage hat. Abbildung 3-15 gibt die Befragungsergebnisse wieder. So gibt

knapp ein Drittel aller Befragten 100 und mehr Lieferanten an, die in einem Projekt

involviert sind bzw. Teile, Baugruppen oder Systeme liefern. Lediglich zwei Befragte

(4,8 %) haben innerhalb eines Projektes weniger als 10 Lieferanten zu betreuen.

Abbildung 3-15: Durchschnittliche Anzahl von Lieferanten in einem Projekt

Abschließend zu diesem Themenkomplex wurden die Unternehmen bezüglich Ter-

minproblemen in ihren Projekten befragt. Die Hälfte der Befragten gab an, bei weni-

ger als 20 % aller Anlagengeschäfte Terminüberschreitungen zu haben. Jedoch wird

auch deutlich, dass Terminverzögerungen bei einer Vielzahl von Projekten eine zen-

trale Rolle spielen. Denn über ein Viertel der Befragten gab bei mehr als 40 % der

Projekte ein maßgebliches Überschreiten des vertraglich vereinbarten Liefertermins

an. Die konkrete Verteilung der Angaben stellt Abbildung 3-16 dar.

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Abbildung 3-16: Verteilung der tatsächlichen Projektdauer in Relation zur vertraglich vereinbarten Projektdauer

Betrachtet man nun das Ausmaß der Terminüberschreitungen gemessen an der ver-

einbarten Gesamtprojektdauer, so bewegen sich lediglich 31 % aller Projekte in ei-

nem Bereich der Terminüberschreitung von 1 bis 5 %. Das Ausmaß des Terminver-

zugs nimmt danach zwar relativ gesehen ab, jedoch überschreiten 9,5 % aller prob-

lembehafteten Projekte die ursprünglich anvisierte Projektdauer um mehr als 50 %.

Wird dabei eine durchschnittliche Projektdauer von 2 bis 3 Jahren zugrunde gelegt,

so beträgt der Verzug mitunter 1 bis 2 Jahre, was im Regelfall mit empfindlichen Ver-

tragsstrafen bis hin zum Abbruch des Projektes verbunden sein kann. Abbildung

3-17 gibt einen Überblick über das Ausmaß des Terminverzugs bei negativ verlaufe-

nen Projekten.

Abbildung 3-17: Zusätzlicher Zeitaufwand in Relation zur vertraglich vereinbarten Projektdauer bei Projekten mit Verzug

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Schlussendlich wurden die Probanden gebeten, Ursachenquellen für Terminverzüge

zu benennen. Um das Ergebnis nicht zu verzerren, waren hier Mehrfachnennungen

möglich. So gaben jeweils 52,4 % aller Unternehmen an, die Ursachen beim Kunden

bzw. im eigenen Unternehmen identifiziert zu haben (siehe Abbildung 3-18). Als dritte

zentrale Ursache für Terminüberschreitungen wurden Probleme mit externen Liefe-

ranten angegeben (40,5 %). Dies verdeutlicht nochmals die Relevanz einer umfas-

senden Behandlung von Lieferantenrisiken.

Abbildung 3-18: Ursachen für Terminverzug in Projekten

3.2.2.2.6 Lieferantenrisikomanagement in der Praxis

Zu Beginn eines Projektes gilt es, das Lieferantenrisikomanagement in die Projekt-

organisation zu integrieren. Dabei ist zu beachten, dass die Zuordnung zu einer be-

stimmten Organisationseinheit den weiteren Managementprozess der Lieferantenri-

siken beeinflusst. Die Perspektive und somit die Subjektivität im Hinblick auf Identifi-

kation, Bewertung und Steuerung von Einzelrisiken ist in einem hohen Maße von den

Zielen und dem Kenntnisstand des jeweiligen Bereichs abhängig. So haben bei-

spielsweise aus der Perspektive der Logistik die jeweiligen Risiken einen jeweils an-

deren Stellenwert als aus der Perspektive der Beschaffungsorganisation. Zudem wird

dem Lieferantenrisikomanagement durch seine Einordnung in die Organisations-

struktur eine gewisse Bedeutung beigemessen. Ist beispielsweise die Projektleitung

für das Lieferantenrisikomanagement verantwortlich, so wird diesem implizit ein grö-

ßerer Stellenwert beigemessen als bei dessen Zuweisung zu einer untergeordneten

Abteilung.

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Betrachtet man nun die Angaben der Befragten, so zeigt sich, dass nahezu die Hälfte

(44,2 %) aller Unternehmen die Beschaffung als verantwortliche Organisationseinheit

einsetzen. 23,1 % der befragten Großanlagenbauer gaben an, die Verantwortung an

die Logistik bzw. das Supply Chain Management für den angemessenen Umgang mit

Lieferantenrisiken übertragen zu haben. Lediglich 15,3 % der Unternehmen unter-

stellen das Lieferantenrisikomanagement höheren Organisationsebenen, also bspw.

der Projektleitung oder einer Stabsstelle der Geschäftsleitung. Weitere 13,5 % führen

und steuern das Lieferantenrisiko durch eine besondere Lieferantenauftragsabwick-

lung, das Expediting. Abbildung 3-19 zeigt die Verteilung der genannten Organisati-

onseinheiten.

Abbildung 3-19: Verantwortliche Unternehmenseinheiten für das Lieferantenrisiko

In einem weiteren Schritt wurden die Unternehmen befragt, mit welcher Intensität die

vier Risikomanagementphasen im Vergleich zueinander betrieben werden. Hierbei

wird eine fünfstufige Skala von 1 (geringe Intensität) bis 5 (hohe Intensität) zugrunde

gelegt. Es zeigt sich, dass der Risikobewertung und -analyse mit einem Mittelwert

von 3,11 sowie der Risikoidentifikation (3,09) die größte Bedeutung beigemessen

wird. Wie bereits im ersten Teil dieser Arbeit dargelegt, stellen diese beiden Phasen

die Grundlage für sämtliche Risikobetrachtungen dar. Die Bedeutung der einzelnen

Managementphasen unterscheidet sich nach Ansicht der Probanden nur geringfügig.

So werden die Risikokontrolle und die Risikosteuerung im Mittel mit 2,95 bzw. 2,89

bewertet. Insgesamt ist hier jedoch eine große Spannweite der Ergebnisse zu erken-

nen, wird also dem Lieferantenrisikomanagement von Unternehmen zu Unternehmen

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

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eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen. Der Studie zufolge betrachtet noch

immer ein signifikanter Anteil von Unternehmen (27,8 %) das Lieferantenrisiko mit

minderer Priorität. Die Verteilung der einzelnen Angaben zeigt Abbildung 3-20.

Abbildung 3-20: Bedeutung der Risikomanagementphasen in den Unternehmen

Abschließend wurden die Befragten gebeten, zu zentralen Aussagen bezüglich des

Lieferantenrisikomanagements Stellung zu beziehen (von 1: „trifft überhaupt nicht zu“

bis 5: „trifft voll und ganz zu“). Im Hinblick auf das Lieferantenumfeld im Großanla-

genbau geben lediglich 6 % der Befragten an, sich eher nicht in einem Verkäufer-

markt zu bewegen. Hingegen ist der Großteil (48,5 %) der Befragten der Meinung,

sich in einem Verkäufermarkt zu befinden. Der Grund für diese Einschätzung ist die

Beziehung zwischen Kunde und Lieferant, die im Regelfall durch keine langfristigen

und umfangreichen Aufträge gekennzeichnet ist. Vielmehr bietet der GAB einmalige

und aufwandsintensive Aufträge mit einem hohen Spezialisierungsgrad.346 Dieser

Aufwand führt bei Lieferanten dazu, die Aufträge mit einer geringen Priorität zu bele-

gen, womit die Verhandlungsmacht der Anlagenhersteller verringert wird.

In Bezug auf eine zukünftige Schwächung der Lieferantenstruktur sehen die befrag-

ten Unternehmen keine großen Probleme. So nehmen hierzu 51,4 % der Befragten

eine ausgeglichene Haltung an, im Mittel wird dies durch einen Wert von 2,91 bestä-

tigt. Danach befragt, ob sie der Aussage zustimmen, dass die Bedeutung von Liefe-

rantenrisiken in Zukunft steigen wird, sind sich die Befragten weitgehend einig: So

stimmen 78,4 % eher bzw. voll und ganz dieser Aussage zu (Mittelwert 4,03). Ursa-

chen hierfür sind zuvorderst die hohe technische und organisatorische Komplexität

346 Vgl. Backhaus, K. (2003): S. 481.

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76

(und somit die Anforderungen an die Lieferanten), die Internationalisierung und der

Preisdruck im Großanlagenbau, welche zukünftig noch weiter zunehmen werden.

Im Hinblick auf die Organisation des Lieferantenrisikomanagements zeigt sich bei

den befragten Unternehmen ein uneinheitliches Bild. Lediglich 37,1 % der Unter-

nehmen verfügen über ein organisatorisch eigenständiges Lieferantenrisikoma-

nagement. In 48,6 % der Unternehmen ist dies jedoch eher nicht bzw. nicht der Fall

(Mittelwert 2,97). Auch bei der interdisziplinären Zusammensetzung des Lieferanten-

risikomanagements liegt bei einem Mittelwert von 3,09 eine große Spannweite der

Ergebnisse vor. Keine interdisziplinäre Zusammensetzung weisen 40,0 % der Unter-

nehmen auf, wohingegen 42,9 % der Unternehmen das Lieferantenrisikomanage-

ment von Mitarbeitern verschiedener Fachbereiche verantworten lassen. Die These

der minderen Priorität des Lieferantenrisikos wird somit insgesamt bekräftigt. Abbil-

dung 3-21 gibt die Befragungsergebnisse wieder.

Abbildung 3-21: Lieferantenrisikomanagement bei den befragten Unternehmen

3.2.2.2.7 Lieferantenrisiken im industriellen Anlagenbau

Die in diesem Kapitel vorgestellten Risiken beziehen sich auf die in Kapitel 3.2.2.2.1

definierten und eingegrenzten Komponenten des Lieferantenrisikos. Die Studie über

Lieferantenrisiken in Unternehmen des Großanlagenbaus setzt dabei den Fokus auf

die zwei während der Lieferantenauftragsabwicklung beeinflussbaren Bereiche des

Lieferantenrisikos: die Steuerungs- und Prozessrisiken.

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Risikomanagement im Großanlagenbau _________________________________________

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Steuerungsrisiken

Die Steuerungsrisiken beziehen sich auf die in Unternehmen definierten Abläufe,

Systeme, Prämissen und Entscheidungsregeln. Sie beinhalten die Managementrisi-

ken, Planungsrisiken, IT-Risiken sowie Kooperationsrisiken.

Managementrisiken können aufgrund strategischer Entscheidungen der Unterneh-

mensführung des Lieferanten oder der Gestaltung der Entscheidungsprozesse zu

Gefahrenpotenzialen führen. Die größte Relevanz wird dabei der Prioritätsproblema-

tik mit 47,6 % eingeräumt. Diese tritt insbesondere dann auf, wenn die Kundenauf-

träge aus Sicht der Lieferanten nur eine geringe Bedeutung haben. Insofern andere

Kunden eine höhere Priorität genießen, besteht die Gefahr, seitens der Lieferanten

Aufträge verzögert abzuwickeln oder gar abzulehnen. Folgen sind im extremsten Fall

ein Baustopp oder ein Produktionsstillstand. Darüber hinaus kommt auch der Insol-

venz von Lieferanten mit 45,2 % eine hohe Bedeutung zu, die zwar einer geringen

Wahrscheinlichkeit unterliegt, im Eintrittsfall jedoch aufgrund von Liefereinschrän-

kungen zu erheblichen Terminproblemen führen kann.347 Im Hinblick auf die Ausge-

staltung der Entscheidungsprozesse bei Lieferanten werden darüber hinaus fehlende

Kontrollmechanismen (40,5:%) sowie eine bürokratische Aufbauorganisation

(33,3 %) als Risikopotenziale für Terminverzüge genannt. Während fehlende

Kontrollmechanismen zur Folge haben, etwaige Problemfälle nicht oder erst zu spät

zu identifizieren, kann eine bürokratische Aufbauorganisation zu einer ineffizienten

und verzögerten Auftragsabwicklung führen. Hingegen wird das Risiko einer Produk-

tionsverlagerung (23,8 %) von den Befragten als geringeres Risiko eingeschätzt.

Demnach ist die Produktionsverlagerung einer Fertigungsstätte durch das beauf-

tragte Unternehmen zwar vorhanden, aber gering graduiert. Risiken durch unzu-

reichende Investitionen (16,7 %), durch die notwendige Einhaltung von gesetzlichen

Vorschriften (14,3 %) sowie durch Änderung des Unternehmensleitbildes (4,8 %) er-

achten die Befragten gleichfalls als gering. Überraschenderweise wird das Risiko für

eine bewusste Auftragsbeeinflussung nicht genannt. Die Befragten sind der Meinung,

dass Konkurrenten aus der Branche keinerlei Einfluss zum Nachteil des Anlagenher-

stellers ausüben (können). Abbildung 3-22 gibt die gewählten Managementrisiken in

der Lieferantenauftragsabwicklung wieder. 347 Vgl. Gabath, C. (2010): S. 44.

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Abbildung 3-22: Relevanz der Risiken verursacht durch das Management

Die Gruppe der Planungsrisiken umfasst alle Risiken, die im Einsatz der betrieblichen

Planungsinstrumente zu Störungen in der Auftragsabwicklung führen können. Darun-

ter fällt die Verwendung ungeeigneter Planungsinstrumente ebenso wie deren unzu-

reichende Umsetzung. So werden von 61,9 % der Befragten mangelhaft implemen-

tierte Mechanismen zur Terminüberwachung als wichtigstes Risikopotenzial in der

Planung und Abwicklung von Aufträgen genannt. Große Bedeutung kommt auch

einer fehlerhaften Kapazitäts- und Auftragsplanung mit 45,2 % zu. Weitere häufig

genannte Risiken sind die mangelhafte Durchführung der Bedarfsplanung (26,2 %)

sowie eine unzureichende Personaleinsatzplanung (23,8 %), wie Abbildung 3-23 zu

entnehmen ist. Während im Rahmen der Bedarfsplanung die Verfügbarkeit der not-

wendigen materiellen Ressourcen im Vordergrund steht, gilt dies bei der Personal-

einsatzplanung für personelle Ressourcen. Im Falle eines Risikoeintritts haben beide

Risiken einen Produktionsstillstand und somit Auftragsverzögerungen zur Folge.

Überraschend ist die nur als gering eingestufte Bedeutung des menschlichen Versa-

gens (9,5 %). Dies lässt darauf schließen, dass weniger eine mangelnde Qualifikati-

on bzw. mangelnde Kompetenz der Mitarbeiter einen negativen Einfluss auf die Pla-

nung von Aufträgen hat, sondern vielmehr die hierfür zur Verfügung stehenden Pla-

nungsinstrumente sowie eine mögliche bewusste Täuschung des Kunden in der Pro-

jektplanung.

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Abbildung 3-23: Planungsrisiken in der Lieferantenauftragsabwicklung

Eine insgesamt eher geringe Relevanz bei der Abwicklung von Lieferantenaufträgen

im Großanlagenbau haben die an den Schnittstellen auftretenden IT-Risiken. Am

häufigsten werden in dieser Kategorie noch Kompatibilitätsrisiken genannt (21,4 %),

was sowohl Software als auch Hardware betreffen kann. Insbesondere im internatio-

nalen Umfeld ist das Thema Kompatibilität aufgrund der Verwendung unterschiedli-

cher Programme nach wie vor von Bedeutung. Auch die mangelnde Aufbereitung

aktueller, aussagekräftiger Daten seitens der Lieferanten sehen immerhin 19 % der

Experten als problematisch an. Dies kann zum einen auf die vom Lieferanten ver-

wendete Software zurückgeführt werden und zum anderen der fehlenden konsis-

tenten und regelmäßigen Aktualisierung der Daten durch das verantwortliche Perso-

nal geschuldet sein.348 Die Risiken Datenverlust, IT-Sicherheit, Systemverfügbarkeit

sowie IT-Outsourcing werden im Hinblick auf Terminverzögerungen als weniger rele-

vant angesehen, sie werden nur von jeweils 4,8 % der Befragten genannt (siehe Ab-

bildung 3-24).

348 Vgl. Werners, B.; Klempt, P. (2007): S. 290.

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Abbildung 3-24: IT-Risiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

In Anbetracht der ausgeprägten internationalen Geschäftstätigkeit des Großanlagen-

baus wird den Kooperationsrisiken bei der Sicherstellung einer reibungslosen Auf-

tragsabwicklung eine immer bedeutendere Rolle zugeschrieben. Die resultierenden

Herausforderungen zeigen sich an den Schnittstellen zwischen Kunde und Lieferant

und betreffen sämtliche Prozessabschnitte im Zuge der Auftragsabwicklung, begin-

nend beim Bestellvorgang bis hin zur Auslieferung und Montage der Produkte.349 Die

wesentlichen Ursachen für eingetretene Kooperationsrisiken sind dabei Kommunika-

tionsschwierigkeiten, fehlendes Vertrauen und das Verhalten der Vertragspartner.350

Daher wird nun im weiteren Verlauf der Untersuchung auf die Kommunikations-

risiken, die Verhaltensrisiken und die Koordinationsrisiken eingegangen.

Kommunikationsrisiken treten bei jeder Abwicklung von Aufträgen auf. So messen

die Befragten dem Konfliktverhalten als Risikoquelle mit 38,1 % die größte Bedeu-

tung zu. Dieses äußert sich bei auftretenden Störfällen und wirkt sich besonders auf

die Lösungsfindung und Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern aus. Dabei

kann ein aggressives und unkooperatives Konfliktverhalten erhebliche Auswirkungen

zeitigen und mitunter zur Eskalation führen.351 In einem engen Zusammenhang mit

der Konfliktbereitschaft stehen auch ein unzureichendes Kommunikationsverhalten

(33,3 %) sowie eine mangelnde Kommunikationsbereitschaft (26,2 %), die sich bspw.

in einem geringen Entgegenkommen bei der Erteilung von Auskünften widerspiegelt.

Darüber hinaus nennen jeweils 31,0 % der Befragten sprachliche Barrieren und kul-

349 Vgl. Kersten, W.; Schröder, K.; Hohrath, P.; Späth, H. (2006): S. 237. 350 Vgl. Steven, M.; Pollmeier, I. (2007): S. 278f.; Voss, S.; Pahl, J.; Schwarze, S. (2009): S. 61. 351 Vgl. Hotwagner, B. (2008): S. 25.

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81

turelle Differenzen als Risikoquellen für Verzögerungen bei der Abwicklung von Liefe-

rantenaufträgen (siehe Abbildung 3-25).

Abbildung 3-25: Kommunikationsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

Neben der Kommunikation hat auch das Verhalten der Mitarbeiter einen Einfluss auf

eine reibungslose Abwicklung. So stellen 35,7 % der Experten fest, dass Lieferanten

Änderungswünschen oftmals wenig offen gegenüberstehen und somit durch Ver-

nachlässigung der Auftrag verzögert wird. Auch ein opportunistisches Verhalten ein-

zelner Akteure, welches in einer mangelnden Zielkongruenz zwischen Personen,

Fachbereichen oder Kunden und Lieferanten begründet ist,352 kommt in 33,3 % der

befragten Unternehmen häufig zum Tragen. Das opportunistische Verhalten kann

dabei verschiedene Ausprägungen annehmen. Ein Beispiel hierfür ist das kurzfristige

Verschieben eines Fertigungsauftrags, um etwa vermeintlich wichtigere Aufträge be-

arbeiten zu können. Der vorsätzlichen Täuschung durch Lieferanten messen lediglich

2,4 % der Befragten (ähnlich wie bei den Managementrisiken) eine Bedeutung zu.

Abbildung 3-26 gibt Aufschluss über die Relevanz der Verhaltensrisiken.

352 Vgl. Hotwagner, B. (2008): S. 25.

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Abbildung 3-26: Verhaltensrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

Prozessrisiken

Den Prozessen der Lieferanten kommt im Rahmen der Leistungserstellung eine be-

deutende Rolle zu, da hier eine Vielzahl potenzieller Störfaktoren für die Auftragsab-

wicklung vorliegen. Neben typischen Produktionsrisiken wie z. B. Qualitätsproblemen

kann es aufgrund fehlerhafter oder ineffizienter Abläufe im Betrieb oder in der Ent-

wicklung auch zu Terminverzögerungen kommen.

Im Hinblick auf die Baustellenfertigung in Großprojekten und die damit notwendige

Integration zahlreicher Teilsysteme in eine Anlage sind produktionstechnische Risi-

ken eine Gefahrenquelle, die enormen Einfluss auf den Projektterminplan ausüben

kann. Auch wenn den Lieferanten zugeschrieben wird, dass diese ihr Handwerk be-

herrschen, stellen nach Ansicht der Befragten Montageprobleme bei Lieferanten

(42,9 %) ein erhebliches Störungspotenzial dar. 40,5 % bescheinigen den Lieferan-

ten darüber hinaus eine mangelnde Prozessbeherrschung. Aufgrund dieser fehlen-

den Qualifikation können Terminvorgaben nicht eingehalten und kann eine Projekt-

planung nicht verlässlich gestaltet werden. Die spezifischen und komplexen Anforde-

rungen der Branche stehen in einem engen Zusammenhang mit individuellen verfah-

renstechnischen Risiken, die von 31,0 % der Befragten als bedeutsam angesehen

werden. Ebenfalls 31,0 % bemängeln, dass bei Lieferanten nur eine geringe Pro-

zessflexibilität bei nachträglichen Änderungswünschen besteht. Zieht man in Be-

tracht, dass die Prioritätspolitik der Lieferanten eher zu Ungunsten des Anlagenher-

stellers ausfällt, ist die geringe Prozessflexibilität hingegen nicht weiter überraschend.

Eine eher unbedeutende Rolle spielen Störungsanfälligkeit und Verschleiß der Ma-

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schinen (2,4 %) sowie langfristige Maschinenausfälle (4,8 %), wie Abbildung 3-27

verdeutlicht. Demnach kann in den meisten Fällen eine Unabhängigkeit der Branche

gegenüber den Maschinenparks der Lieferanten angenommen werden, nicht jedoch

gegenüber deren Fachkräften.

Abbildung 3-27: Produktionstechnische Risiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

Im Hinblick auf die Produktionsorganisation stehen darüber hinaus lediglich drei Risi-

ken im Vordergrund. Besonders hervorgehoben wird dabei die mangelhafte Koordi-

nation zwischen Lieferanten und externen Dienstleistern („verlängerte Werkbank“).

Diese wird von 61,9 % der Befragten als bedeutendes Risikopotenzial genannt. Zu-

rückzuführen ist dieses Risiko hauptsächlich auf die Beauftragung von Sub-

Lieferanten mit geringen Produktkenntnissen und geringem Prozess-Know-how so-

wie der zu geringen Auftragsverfolgung mangels Kapazitäten durch den Auftrag-

geber. Aber auch ein unzureichendes Eigencontrolling des Lieferanten birgt laut

59,5 % der befragten Unternehmen ein großes Störungspotenzial. Aufgrund des feh-

lenden Controlling werden notwendige Aktionen zu spät ausgeführt, in der Folge ge-

fährden sie das Projekt oder führen zu Verzug. Als drittes Störpotenzial führen die

Befragten die mangelhafte Dokumentation (45,2 %) an. Besonders im Anlagenbau

kann eine ungenügende Dokumentation schon vor Fertigungsbeginn einen Einfluss

auf den Projektverlauf ausüben. Im Anlagenbau ist es üblich, die Dokumentation vor

der Fertigung zu prüfen und freizugeben. Ist diese jedoch ungenügend vorbereitet,

muss der Anlagenhersteller den Lieferanten darauf hinweisen und die Aktualisierung

einfordern. Die bereits bei den produktionstechnischen Risiken festgestellte Unab-

hängigkeit von Maschinen und Werkzeugen setzt sich bei den produktionsorganisa-

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torischen Risiken fort. Durchlaufzeitschwankungen (9,5 %), Instandhaltungsrisiken

(7,1 %) und Rüstzeiten (0 %) spielen auch in diesem Fall keine oder nur eine sehr

untergeordnete Rolle (siehe Abbildung 3-28).

Abbildung 3-28: Produktionstechnische Risiken während der Lieferantenauftragsabwicklung im Anla-genbau

Die Befragten wurden auch zu den Qualitätsrisiken während der Lieferantenauf-

tragsabwicklung im industriellen Anlagenbau befragt. Hier gibt die Hälfte aller Befrag-

ten eine Anlieferung von Produkten mit nicht vereinbarter Qualität als Risikofaktor an.

Bei einer Qualitätsprüfung nach Anlieferung wird der Mangel erst auf der Baustelle

festgestellt. Hierbei ist das Risiko, diesen Mangel dann unmittelbar vor der Montage

zu entdecken, erheblich, da eine Einlagerung in Originalverpackung die besten Vo-

raussetzungen bietet. In besonderen Fällen wird eine Abnahme im Herstellerwerk

durchgeführt, sodass die hergestellte Qualität geprüft und zur Lieferung freigegeben

werden kann. Diese Vorgehensweise ist jedoch sehr zeit- und kostenintensiv und

wird nur in besonderen Bereichen, z. B. der Nuklearbranche, verfolgt. Darüber hinaus

geben 31,0 % der Experten an, bei ihren Lieferanten eine mangelnde Qualitätsbe-

herrschung vorzufinden. Dies zieht u.-a. hohe Nacharbeitsquoten und Qualitäts-

schwankungen nach sich und stellt somit ein Gefahrenpotenzial für die Lieferanten-

auftragsabwicklung dar. 28,6 % aller Unternehmen stellen zudem mangelnde Quali-

tätssicherungsprozesse bei ihren Lieferanten fest, welche sich bspw. in Form unge-

nügender Qualitätsdokumentation äußern kann. Abbildung 3-29 stellt die Qualitätsri-

siken dar.

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Abbildung 3-29: Qualitätsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

Die Forschung und Entwicklung (F&E) ist aus terminlicher Sicht insbesondere in der

Frühphase, aber auch während der Abwicklung des Lieferantenauftrags von Bedeu-

tung. Sie ist dabei hauptsächlich bei Aufträgen spezifischer Produkte involviert, die

eigens für die industrielle Anlage angepasst und konstruiert werden müssen. Hierbei

sehen 47,6 % der befragten Unternehmen das größte Risiko in der geringen Verfüg-

barkeit qualifizierten Personals. Jedoch auch die mangelhafte Ausführung der tech-

nischen Dokumentation (35,7 %) kann z. B. bei Genehmigungsverfahren im Hinblick

auf sicherheitsrelevante Komponenten zu Verzögerungen führen. Bezüglich ge-

wünschter Änderungen (31,0 %) zeigen die Lieferanten in der F&E genauso wie in

der Produktion wenig Bereitschaft. Ausgehend von der Situation, einen Auftrag nach

Lieferanten-Know-how und Preis-Leistungs-Verhältnis zu vergeben, ist es überra-

schend, dass 26,2 % der Befragten ein Risiko durch Konstruktionsfehler oder durch

ungenügendes Produkt-Know-how des Lieferanten fürchten. Ähnliches gilt auch für

die Ausführbarkeit einer Konstruktion (16,7 %). Abbildung 3-30 gibt einen Überblick

über die zentralen F&E-Risiken.

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Abbildung 3-30: F&E-Risiken bei der Lieferantenauftragsabwicklung im industriellen Anlagenbau

Die Qualität der Vertriebsprozesse ist an der Schnittstelle zwischen den Vertrags-

partnern besonders wichtig. Im Hinblick auf potenzielle Terminrisiken im Rahmen der

Vertriebstätigkeit der Lieferanten wird der mangelhaften bzw. fehlenden Bereit-

stellung notwendiger Dokumentationen mit 35,7 % sowie einer geringen Infor-

mationsqualität (31,0 %) die größte Bedeutung beigemessen. Unterlagen und Infor-

mationen, die den Auftrag betreffen, sind unternehmensintern rechtzeitig und in der

richtigen Qualität zur Verfügung zu stellen. Werden diese nicht weitergegeben, kön-

nen auch die Anforderungen nicht eingehalten werden. Direkte Folge sind Verzöge-

rungen – und das nur aufgrund fehlender Informationen. Weiterhin wird abermals die

mangelnde Flexibilität der Lieferanten bei Änderungen (26,2 %) als eines der größten

Risiken genannt. Demnach sind die Lieferanten in allen Prozessebenen bei Ände-

rungen skeptisch gegenüber dem Kunden. Zudem messen 26,2 % der befragten Un-

ternehmen auch den erhöhten und/oder schwankenden Durchlaufzeiten von Bestel-

lungen eine gewisse Bedeutung bei. Dies kongruiert mit der hohen Relevanz der Pri-

oritätsproblematik bei den Managementrisiken. Der ineffizienten und zeitaufwändigen

Reklamationsbearbeitung (11,9 %) sowie der Gefahr einer mangelhaften Service-

Performance (9,5 %) werden hingegen untergeordnete Rollen zugeschrieben. Abbil-

dung 3-31 stellt die Vertriebsrisiken grafisch dar.

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Abbildung 3-31: Vertriebsrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung

Bewertung der identifizierten Risiken nach deren Eintrittswahrscheinlichkeit und mög-

licher Schadenshöhe

Nachdem die während der Lieferantenauftragsabwicklung auftretenden Risiken nun

identifiziert sind, ist der nächste Schritt, diese hinsichtlich ihrer Eintrittswahrschein-

lichkeit und möglicher Schadenshöhe zu bewerten. Bei der Befragung wurden die

Teilnehmer direkt nach der Risikoidentifikation dazu aufgefordert, diese Bewertung

durchzuführen. Die nachfolgende Darstellung zeigt die jeweils zehn bedeutendsten

Steuerungs- und Prozessrisiken mit der Beurteilung nach Eintrittswahrscheinlichkeit

und möglicher Schadenshöhe. Dabei sind die Risiken nach der gewählten Häufigkeit

während der Identifikationsphase absteigend sortiert worden (siehe Abbildung 3-32).

Mithilfe dieser Darstellung ist es nicht möglich, die Bedeutung der einzelnen Risiken

aufzuzeigen. Deshalb werden aufgrund der fehlenden Übersichtlichkeit hinsichtlich

Lage und Bedeutung der einzelnen Risiken für die Lieferantenauftragsabwicklung

diese zusätzlich noch in einer Risk Map dargestellt (Abbildung 3-33).

Mithilfe dieser zweidimensionalen Darstellung können die einzelnen Risiken klassifi-

ziert, priorisiert und mit Gegenmaßnahmen belegt werden. Es ist auf den ersten Blick

festzustellen, welche Risiken unterhalb der Risikoschwelle liegen und zur Beobach-

tung ausgelegt werden können. Diese sind dann in regelmäßigen Abständen auf ihre

Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe zu prüfen und gegebenenfalls in ihrer

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Lage zu verändern. Verändert sich die Risikosituation zu irgendeinem Zeitpunkt zu

Ungunsten des Projektes, dann sind Maßnahmen zur Eindämmung oder Vermeidung

einzuleiten. Zwar befinden sich weitere Risiken oberhalb der Risikoschwelle, jedoch

immer noch in einer Beobachtungszone. Diese Risiken werden berücksichtigt, müs-

sen aber nicht bearbeitet werden. Im weiteren Projektverlauf sind die möglichen

Störpotenziale wie die vorangegangenen Risiken kritisch zu beobachten. Ähnlich

kann mit dem einzelnen Risiko, welches zwar mit einem möglichen hohen Schaden

eintreten kann, jedoch eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist, umgegangen

werden. Demnach wird das Risiko der Lieferanteninsolvenz dieselbe Behandlung

erfahren wie die zuvor klassifizierten Risiken. Schlussendlich bleiben die Risiken mit

einem erhöhten Gefährdungspotenzial übrig. In der vorliegenden Studie für die ope-

rativen Hauptrisiken während der Lieferantenauftragsabwicklung erreichen diese ei-

ne zentrale Lage in der Risk Map. Aufgrund der Konzentration auf die je zehn bedeu-

tendsten Prozess- und Steuerungsrisiken ist es nicht überraschend, dass 70 % der

zuvor ausgewählten Risiken ein erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweisen.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird allein auf die in der Risk Map als kritisch klassi-

fizierten Risiken eingegangen. Jedes einzelne Risiko für sich hat das Potenzial, das

Lieferantenprojekt – und somit auch das eigentliche Projekt – zu gefährden. Die Risi-

ken sind nun mit geeigneten Maßnahmen zu belegen, damit ihr Risikopotenzial redu-

ziert werden kann. Bevor Aktionen festgelegt und umgesetzt werden, ist es von Vor-

teil, die Beeinflussbarkeit sowie Prognose jedes einzelnen Risikos zu ermitteln. Auf-

grund dieser Informationen können anschließend mögliche Aktionen gezielt jedem

Risiko zugeordnet werden, die auch langfristig positive Ergebnisse erwarten lassen.

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Abbildung 3-32: Die bedeutendsten Steuerungs- und Prozessrisiken mit Beurteilung nach Eintritts-wahrscheinlichkeit und Schadenshöhe

Abbildung 3-33: Risk Map inklusive der bedeutendsten Risiken und der Risikoschwelle

Risikoschwelle

Eintrittswahrscheinlichkeit

Risikoschwelle

Scha

dens

höhe

R

isik

osch

wel

le

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Beeinflussbarkeit und zukünftige Entwicklung der identifizierten Risiken

Im Anschluss an die Identifikation und Bewertung der Risiken während der Lieferan-

tenauftragsabwicklung wurden die Befragten gebeten, die Beeinflussbarkeit und zu-

künftige Entwicklung dieser Risiken einzuschätzen: Mit einem Mittelwert von 3,17 für

die bedeutendsten Risiken in der Lieferantenauftragsabwicklung ist die Tendenz hin-

sichtlich der Beeinflussbarkeit des Risikos positiv. Lediglich bei einem Risiko, dem

opportunistischen Verhalten der Lieferanten (2,36), sehen die Befragten wenig Ein-

flussmöglichkeiten. Das Risiko ist dem oberen Management geschuldet, womit auch

die Bewertung mit der geringen Beeinflussbarkeit nicht überraschend ist. Hingegen

sind die Befragten insbesondere bei der mangelnden Auftragsdurchführung und

-überwachung (4,14), der fehlenden Kontrollmechanismen (3,71) und der Lieferung

nicht vereinbarter Qualität (3,63) der Überzeugung, diese Risiken im Laufe der Liefe-

rantenauftragsabwicklung für das Projekt positiv beeinflussen zu können. Abbildung

3-34 gibt die Befragungsergebnisse wieder.

Abbildung 3-34: Die bedeutendsten Risiken und ihre mögliche Beeinflussbarkeit

Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der identifizierten Risiken prognostizierten

die Befragten jedoch eine generelle Verschlechterung der Situation während der

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Lieferantenauftragsabwicklung. Bei den bedeutendsten Risiken erreicht die Ein-

schätzung einen Mittelwert von 2,82. Ausgeweitet auf alle abgefragten Risiken wird

sogar ein Mittelwert von nur 2,70 erreicht. Demnach werden sich zukünftig die Liefe-

ranten auf die wichtigsten Risiken während der Auftragsabwicklung fokussieren. Bei

zwei der bedeutendsten Risiken, der Koordination von externen Dienstleistern (3,10)

und der fehlenden Kontrollmechanismen (3,08), gehen die Befragten von einer ge-

ringen möglichen Verbesserung der Situation aus. Beim überwiegenden Anteil hin-

gegen wird eine geringe bis deutliche Verschlechterung der Situation erwartet. Der

Abbildung 3-35 können die Prognosen für die bedeutendsten Risiken der Lieferan-

tenauftragsabwicklung entnommen werden.

Abbildung 3-35: Prognoseentwicklung der bedeutendsten Lieferantenrisiken

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3.2.3 Folgerungen aus der empirischen Studie „Lieferantenrisiken im Großanlagenbau“

Zusammenfassung der Studie 3.2.3.1

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich einige Risiken aufgrund verschiedener

Aspekte als besonders relevant erweisen. Ausgehend von den Bewertungen der Be-

fragten sollen in diesem Abschnitt die wichtigsten Lieferantenrisiken noch einmal kurz

zusammengefasst werden. Tabelle 3-3 gibt Aufschluss über die in der empirischen

Untersuchung betrachteten Aspekte dieser Risiken. In dieser Tabelle sind die Risiken

zur besseren Übersicht ihrer Häufigkeit nach absteigend sortiert. Die Sortierung soll

aber keine Aussage darüber treffen, in welcher Rangfolge die Risiken stehen. Es ist

in jedem Fall eine breite Streuung der Risiken in allen Risikogruppen festzustellen, so

dass keine der Risikogruppen vernachlässigt bzw. ausgeschlossen werden kann.

Einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit (3,55) sowie einem hohen Verzugspotenzial

(3,68) unterliegen die implementierten Mechanismen zur Terminüberwachung im

Rahmen des internen Kontrollsystems der Lieferanten. Störpotenziale können

dadurch nicht rechtzeitig und nicht umfassend identifiziert werden. Folglich kommt es

zu verspäteten Steuerungsmaßnahmen, die eine verzögerte Auftragsabwicklung

nach sich ziehen.353 So bezeichnet ein Großteil der Befragten (61,9 %) dieses Risiko

als besonders relevant, wenn auch unter Umständen beeinflussbar (3,15).

Mit gleicher Relevanz bewertet (61,9 %), jedoch mit etwas geringerer Eintrittswahr-

scheinlichkeit sowie Schadenshöhe (jeweils 3,36) eingeschätzt, wird das Risiko der

Koordination externer Dienstleister. Dieses Risiko weist im Gegensatz zum vorange-

gangenen zumindest eine positive zukünftige Prognose auf (3,10) und kann nach

Meinung der Befragten eher durch den Kunden beeinflusst (3,41) werden. Demnach

besteht die Möglichkeit, die Sub-Lieferanten durch Einflussnahme auf den Lieferan-

ten besser zu koordinieren und somit den Materialfluss zu sichern.

353 Vgl. Kopsidis, R. M. (2002): S. 110.

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Im Produktionsbereich haben insbesondere Montageprobleme, die mangelnde Pro-

zessbeherrschung und eine unzureichende Auftragsdurchführung bzw. -über-

wachung den größten Einfluss auf Terminverzögerungen. Bedingt durch die im

Großanlagenbau übliche Baustellenfertigung können Probleme bei der Endmontage

zu erheblichen Verzügen bis hin zum Produktionsstillstand führen. Dabei bestehen

durchaus Optionen, präventiv einzugreifen, z. B. mithilfe umfangreicher Qualitätskon-

trollen. Mit dieser Aktion kann auch das Risiko Lieferung nicht vereinbarter Qualität

abgedeckt werden. Dieses Beispiel zeigt, dass die Risiken nicht unabhängig von-

einander betrachtet werden dürfen. Auch im Hinblick auf die Auftragsdurchführung

bzw. -überwachung bestehen verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme. Ab-

hängig von der Bedeutung des Auftrags kann bspw. ein Auftragsverantwortlicher im

Rahmen der Fertigung des Lieferanten für die frühzeitige Identifizierung und Beseiti-

gung von Störpotenzialen eingesetzt werden.354

Im Rahmen der Entwicklungstätigkeit der Lieferanten, die bei Aufträgen für spezifi-

sche Systeme und Komponenten des Großanlagenbaus erforderlich ist, kommt der

geringen Verfügbarkeit qualifizierten Personals die größte Bedeutung zu. Dies ist vor

allem auf die spezifischen Anforderungen der Branche, wie sie in Kapitel 2 beschrie-

ben sind, zurückzuführen.

Die Prioritätsproblematik, das opportunistische Verhalten, das Konfliktverhalten, die

mangelnde Flexibilität bei Änderungen sowie hinsichtlich der Änderungsbereitschaft

von Akteuren der Lieferanten basieren auf unterschiedlichen Zielsetzungen von Auf-

traggeber und -nehmer.355 Diese Risiken treten nach Meinung der Befragten häufig

auf und können in der Regel auch nicht bzw. nur unwesentlich beeinflusst werden.

Dabei ist zu beachten, dass bei Management-, Kooperations- und Verhaltensrisiken

in der Regel die Machtverhältnisse zwischen den Lieferanten und dem Anlagenher-

steller ausschlaggebend sind.

Bei den wichtigsten Planungsrisiken machen die Befragten eine deutliche Unter-

scheidung zwischen den Risiken. Bei der Kapazitäts- und Auftragsplanung prognos-

tizieren sie eine negative Entwicklung (2,64) und gehen von einer bedingten Ein-

354 Vgl. Pinnells, J. R.; Pinnells, E. (2007): S. 34f. 355 Vgl. Hotwagner, B. (2008): S. 25.

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flussmöglichkeit (3,00) aus. Hingegen werden die fehlenden Kontrollmechanismen in

der zukünftigen Entwicklung (3,08) eher positiv sowie die mögliche Einflussnahme

(3,71) positiv eingeschätzt. Demnach werden in Zukunft die Lieferanten zusätzliche

Kontrollmechanismen aufgrund von Kundeninterventionen installieren.

Rel. Hfk. Risikogruppe EWS Ausmaß Prognose Beeinfl.

Mechanismen zur Terminüberwa-chung 61,9% Management 3,56 3,68 2,83 3,15

Koordination von externen Dienst-leistern 61,9% Produktion 3,36 3,36 3,10 3,41

Mangelnde Auftragsdurchführung und -überwachung 59,5% Produktion 3,55 3,73 2,95 4,14

Lieferung nicht vereinbarter Quali-tät 50,0% Qualität 3,32 3,31 2,88 3,63

Verfügbarkeit qualifizierten Perso-nals 47,6% F&E 3,75 3,61 2,31 2,83

Prioritätsproblematik 47,6% Management 3,17 3,50 2,63 2,89

Kapazitäts- und Auftragsplanung 45,2% Planung 3,47 3,47 2,64 3,00

Montageprobleme 42,9% Produktion 3,44 3,72 2,82 3,33

Mangelnde Prozessbeherrschung 40,5% Produktion 3,07 3,43 2,67 3,36

Fehlende Kontrollmechanismen 40,5% Planung 3,57 3,57 3,08 3,71

Konfliktverhalten der Lieferanten 38,1% Kommunikation 3,31 3,31 2,92 3,00

Änderungsbereitschaft 35,7% Verhalten 3,25 3,17 3,00 2,70

Opportunistisches Verhalten 33,3% Verhalten 3,73 3,33 2,70 2,36

Mangelnde Flexibilität bei Ände-rungen 31,0% Produktion 3,33 3,50 3,00 2,92

Legende:

Rel. Hfk. Relative Häufigkeit

EWS Eintrittswahrscheinlichkeit

Beeinfl. Beeinflussbarkeit

Prognose

• Gegenwärtige Situation verschlechtert sich zukünftig

• Gegenwärtige Situation bleibt bestehen

• Gegenwärtige Situation verbessert sich zukünftig

Beeinflussbarkeit • Das Risiko ist nach Meinung der Befragten eher nicht be-

einflussbar

• Das Risiko ist nach Meinung der Befragten nur bedingt be-

einflussbar

• Das Risiko ist nach Meinung der Befragten mindestens ge-

ring beeinflussbar

Tabelle 3-3: Zusammenfassung der wichtigsten Lieferantenrisiken

Wesentliche Ergebnisse der Studie 3.2.3.2

Im Hinblick auf das Lieferantenrisikomanagement im Großanlagenbau lassen sich

aus den Ergebnissen der empirischen Studie zentrale Erkenntnisse ableiten. So stellt

Tabelle 3-4 dar, durch welche relativ einfachen Methoden das jeweilige Risiko ver-

mindert bzw. vermieden werden kann. Dabei ist lediglich ein Risiko auf diese Weise

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nicht steuer- und kontrollierbar. Das Risiko der Verfügbarkeit qualifizierten Personals

ist stetig gegeben und in jeder Risikobetrachtung für ein Lieferantenprojekt zu be-

rücksichtigen. Ist dieses Risiko während der Risikobetrachtung relevant, so sind ge-

eignete Maßnahmen, z. B. Schulungen oder Support, zu besprechen und umzuset-

zen. Hingegen ist es bei den identifizierten wichtigsten Lieferantenrisiken durch eine

verbesserte Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Anlagenhersteller möglich, die

Störpotenziale in einem Lieferantenprojekt zu reduzieren.

Möglichkeit zur Beeinflussung des

Risikos durch

Koordination Kontrolle

Mechanismen zur Terminüberwachung -- ja

Koordination von externen Dienstleistern ja bedingt

Mangelnde Auftragsdurchführung und -überwachung ja ja

Lieferung nicht vereinbarter Qualität bedingt ja

Verfügbarkeit qualifizierten Personals -- --

Prioritätsproblematik ja ja

Kapazitäts- und Auftragsplanung ja bedingt

Montageprobleme ja ja

Mangelnde Prozessbeherrschung bedingt ja

Fehlende Kontrollmechanismen -- ja

Konfliktverhalten der Lieferanten ja --

Änderungsbereitschaft ja --

Opportunistisches Verhalten ja --

Mangelnde Flexibilität bei Änderungen ja --

Tabelle 3-4: Darstellung der Einflussnahme durch Koordination oder Kontrolle des Lieferanten

Der Anlagenhersteller kann durch Kontrolle des Lieferanten die

• fehlenden Mechanismen zur Terminüberwachung,

• mangelnde Auftragsüberwachung,

• Lieferungen nicht vereinbarter Qualität,

• Prioritätsproblematiken,

• Montageprobleme,

• mangelnde Prozessbeherrschung sowie

• fehlende Kontrollmechanismen

ausgleichen. Dabei ist in regelmäßigen Abständen der Projektstatus vom oder beim

Lieferanten abzufragen und zu prüfen. Durch diese Vorgehensweise wird der Liefe-

rant gezwungen, ein Eigencontrolling durchzuführen und den Projektstatus zu kom-

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munizieren. Zudem kann der Anlagenhersteller durch die Koordination des Lieferan-

ten

• die Koordination externer Dienstleister durch den Lieferanten intensivieren,

• die mangelnde Auftragsdurchführung verbessern,

• die Priorisierungsproblematik steuern,

• die Kapazitäts- und Auftragsplanung abstimmen,

• die Montageprobleme prüfen,

• das Konfliktverhalten des Lieferanten reduzieren,

• die Änderungsbereitschaft und die Flexibilität bei Änderungen erhöhen sowie

• das opportunistische Verhalten auf ein Minimum begrenzen.

Der industrielle Anlagenbau ist in einer schwierigen Situation, auf die nachhaltig

reagiert werden muss. Wie im zweiten Kapitel dargestellt, ist die Branche einem ho-

hen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Die internationale Konkurrenz betreibt einen of-

fensiven Wettbewerb und geht dabei bewusst Projektrisiken ein, um eine Anlage er-

richten zu können. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch deutsche Großanla-

genbauer gezwungen sind, immer größere Risiken einzugehen. Dabei können diese

Risiken einen negativen oder positiven Einfluss auf den Erfolg eines Projektes und –

angesichts der Projektgröße – auch auf das Unternehmen haben. Wie im Kapitel Lie-

ferantenrisikomanagement in der Praxis dargestellt sind sich 78,4 % der befragten

Unternehmen einig, dass die Bedeutung der Lieferantenrisiken zukünftig noch stei-

gen wird. Der Anlagenhersteller wird dadurch gezwungen, diese Risiken durch ein

Risikomanagement abzusichern. Demnach wird das Risikomanagement noch weiter

an Bedeutung gewinnen.

Die Eindämmung der Lieferantenrisiken auf ein für den Anlagenhersteller erträgliches

Maß kann den vorangegangenen Ausführungen nach durch eine kontrollierende und

koordinative Organisationseinheit erreicht werden. Diese Organisationseinheit wird

Expediting genannt. Daher wird im nächsten Kapitel detailliert auf das Expediting

eingegangen. Es wird eine umfangreiche Literaturanalyse durchgeführt und eine De-

finition für das Expediting aufgestellt. Anschließend werden verschieden Organisati-

onsmodelle diskutiert und deren Vor- und Nachteile aufgezeigt. Schließlich wird eine

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Handlungsempfehlung für eine langfristige positive Entwicklung in der Lieferanten-

auftragsabwicklung ausgearbeitet.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferanten-4.risiken

Historie und Definition des Expediting 4.1

Das Expediting lässt sich allein mittels Literaturrecherche nicht eindeutig definieren,

sondern es muss aus der Praxis abgeleitet werden. Ähnlich wie der „Manager“ weist

es keine allgemeingültige Definition auf, zudem handelt es sich beispielsweise auch

nicht um eine nach DIN-Norm abgegrenzte Tätigkeit. Dieser Umstand ist u. a. auf die

unterschiedlichen Wirtschaftskulturen und auf Sprachbarrieren zurückzuführen. Im

englischsprachigen Raum bedeutet „to expedite“ übersetzt beschleunigen, fördern,

umgehend ausführen, vorantreiben. Expediting kann aber auch meinen: „zu Fuß aus

dem Unternehmen herausgehen (lateinisch: ex = heraus, pedes = Füße)“.

Die Funktion des Expediters wird traditionell mit der des klassischen Terminjägers

gleichgesetzt. 1956 definierte Bell in seinem Beitrag zum „Handbook of Industrial

Engineering and Management“ den Expediter: „In einigen Unternehmen ist es gängi-

ge Praxis, Personen zu beschäftigen, die den Arbeitsfortschritt verfolgen und diesen

berichten. Diese Personen heißen Expediter oder Stock Chaser.“356 Melzer-Ridinger

interpretiert das Expediting ähnlich: „Terminüberwachung (Ausdruck aus dem Pro-

jektgeschäft); Expediting soll sicherstellen, dass der Lieferant qualitäts- und termin-

gerecht liefert. Der Expediting-Mitarbeiter verfolgt und dokumentiert die Arbeit des

Lieferanten. Zu diesem Zweck fordert er regelmäßig Reports vom Lieferanten über

Meilenstein-Erreichung und besucht gegebenenfalls den Lieferanten vor Ort, um sei-

ne Angaben zu prüfen.“357 Bei dieser Definition erweitert Melzer-Ridinger das Expe-

diting um die Komponente der Übernahme der Verantwortung für das zu beschaffen-

de Objekt.

Expeditingdienstleister integrieren zudem die Durchführung von Abnahmen in das

Tätigkeitsfeld.358 Somit ergibt sich hiernach folgendes Tätigkeitsprofil:

356 Vgl. Bell, L. F. (1956): S. 502. 357 Melzer-Ridinger, R. (2007): S. 252f. 358 Vgl. Babel, F. (2009).

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• Terminüberwachung und/oder Beschleunigung von Bestellungen bei den Lie-

feranten,

• durchgehende Betreuung der Aufträge von der Bestellung bis zum Versand,

• regelmäßige und schnelle Berichterstattung über den Stand der Auftragsbear-

beitung,

• zum Teil Unterbreitung von Lösungsvorschlägen bei festgestellten Termin-

oder Qualitätsabweichungen,

• Wahrnehmung von Kontrollschritten/Abnahmen,

• Beschaffung von technischer Dokumentation und Qualitätsdokumentation.

Bei dieser Auffassung des Expediting wird das Tätigkeitsfeld mit den Elementen der

Qualitätskontrolle, Prozessanalyse, Koordination sowie des Abwicklungsmana-gements verknüpft.

Ein weiterer weltweit operierender Dienstleister verfolgt einen komplexeren und eher

systemorientierten Ansatz für die Definition des Expediting. „[...] Expediting erfordert

eine detaillierte und quantifizierte Analyse der Ursachen und Wirkungen des Kriti-

schen Pfades während der Entstehung eines bestimmten Gutes, von der Bestellung

bis zur Auslieferung. Dazu gehören: Auftragsstatus, Bestandsaufnahme der Lagergü-

ter, Design-Überprüfungen, Fortschritte bei der Herstellung, Prüfung, Verpackung,

Versand und Lieferung [...]“.359 Die AGAB hingegen umschreibt das Expediting kurz

mit den Worten „Lieferantenüberwachung und -steuerung“.360 Baily et al. hingegen

sehen im Expediting die Verantwortung der Lieferterminsicherung sowie der Umset-

zung eines proaktiven Vertragsmanagements.361 In dieser Definition wird das Expe-

diting zwar erstmals in einen Zusammenhang mit dem Risikomanagement gestellt,

jedoch nachfolgend nicht weiter ausgeführt.

Es konnten hier verschiedene Definitionen des Expediting aus wissenschaftlicher

Literatur und Dienstleistungsbranche miteinander verglichen werden. Dabei ist fest-

zustellen, dass zwar das Tätigkeitsfeld des Expediters variiert, nicht jedoch die Ziel-

setzung. Somit kann für das Expediting zusammenfassend die Zieldefinition festge-

359Vgl. BV (2010): S. 1. 360 VDMA-AGAB (2011): S. 35. 361 Vgl. Baily, P.; Farmer, D.; Crocker, B.; Jessop, D.; Jones, D. (2008): S. 193.

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legt werden, das bestellte Produkt zur richtigen Zeit, zu den vereinbarten Kos-

ten, in der vereinbarten Qualität und in der vereinbarten Menge zu garantieren.

Aufgrund der bis zu diesem Zeitpunkt fehlenden umfassenden Definition für Expe-

diting wird nachfolgend die Sichtweise der Expediting anwendenden Industrie aufge-

zeigt. Die praktische Anwendung soll als Benchmark für die theoretische Darstellung

dienen und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, eine umfassende Definition für das

Expediting herzuleiten. Deshalb werden im anschließenden Kapitel die Informationen

zum Thema Expediting im Großanlagenbau analysiert, so dass schließlich eine Defi-

nition für das Expediting im industriellen Anlagenbau aufgestellt werden kann.

Konzept des Expediting in der Anwendung im Großanla-4.2

genbau

4.2.1 Kennzeichnung der qualitativ-empirischen Studie

Im Rahmen dieser Arbeit wurden zur Evaluierung des Expediting qualitativ-

empirische Studien in der Branche des industriellen Anlagenbaus durchgeführt. Es

wurden Gruppendiskussionen durch den Lehrstuhl für industrielles Management der

Universität Erlangen-Nürnberg und durch den VDMA abgehalten. Ziele waren dabei

die Aggregation von umfassenden Informationen über das Thema Expediting sowie

die Forcierung des Informationsaustausches bezüglich seiner Anwendung. Insge-

samt nahmen acht Unternehmen aus dem deutschen Großanlagenbau teil, zum Teil

waren die Experten der Unternehmen in beiden Diskussionsrunden anwesend. Die

Unternehmen stammen aus den Bereichen des Kraftwerksbaus, der chemischen und

petrochemischen Anlagenherstellung sowie der Herstellung von Walzwerken.

Aufgrund fehlender Primärdaten ist für diese Studie das qualitative Verfahren der

Gruppendiskussion gewählt worden.362 Diese Methode ist vor allem dann anzu-

wenden, wenn der Thematik eine grundlegende Orientierung fehlt.363 Tatsächlich ist

362 Vgl. Kaya, M. (2009): S. 49f. 363 Vgl. Schirmer, D. (2009): S. 198.

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das Thema Expediting im Großanlagenbau bisher nur unzureichend behandelt wor-

den. Die Gruppendiskussion als qualitative Methode zur Ermittlung von Informatio-

nen ist eine Sonderform der Befragung364 mit einem geringen Strukturierungsgrad.365

Als Voraussetzung für eine erfolgversprechende Diskussion gilt es, eine homogene

Realgruppe zu finden,366 was durch die teilnehmenden Experten aus den Expediting

anwendenden Unternehmen auch realisiert werden konnte. Die angewendete Me-

thode erlaubt durch die Interaktion der Teilnehmer, Informationen über die Anwen-

dung des Expediting in den Unternehmen zu sammeln und diese bei Bedarf gezielt

zu hinterfragen.367

4.2.2 Ergebnisse der qualitativ-empirischen Studie

Im Folgenden werden die Erkenntnisse aus den Gruppendiskussionen wiedergege-

ben. Es konnte festgestellt werden, dass sich diverse Varianten des Expediting in der

Praxis durchgesetzt haben. Folgende Anwendungen368 können unterschieden wer-

den:

• Deskexpediting

• Fremdexpediting (Expediting durch einen Dienstleister)

• Expediting-Koordinator

• Expediting-Intensivform

Nachfolgend wird auf die verschiedenen Organisationsformen eingegangen, es wer-

den die Schnittstellen des Expediting beleuchtet sowie die Unterschiede der einzel-

nen Anwendungen herausgearbeitet. Zudem wird das angewendete Informations-

management beschrieben.

364 Vgl. Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E. (2005): S. 386. 365 Vgl. Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E. (2005): S. 323. 366 Vgl. Schirmer, D. (2009): S. 198. 367 Vgl. Schirmer, D. (2009): S. 219. 368 Bemerkung: Die einzelnen Bezeichnungen der Expediting-Variationen sind durch den Autor festgelegt. Eine Harmonisierung

der Definitionen in der Literatur hat bis zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden.

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Organisationsformen des Expediting 4.2.2.1

4.2.2.1.1 Deskexpediting

Das Deskexpediting wird in den meisten Fällen dem Einkauf zugeordnet. Diese Vari-

ante des Expediting stellt einen Teilbereich des Einkaufs innerhalb der Beschaffung

dar. Dem Deskexpediting obliegt die Aufgabe, den aktuellen Status telefonisch bei

Lieferanten zu erfragen und mögliche Risiken zu erkennen. Bei eingetretenen sowie

nicht eingetretenen, aber absehbaren Vertragsabweichungen durch die Lieferanten

wird für weitere Aktionen das entsprechende Thema an den Einkauf weitergeleitet.

Alle vertragsrelevanten Themen werden vom Einkauf übernommen und gesteuert.

Mit dieser Festlegung behält der Einkauf die Vertragsverantwortung auch nach Ver-

tragsabschluss.

4.2.2.1.2 Fremdexpediting

Die Einsatzvarianten des Fremdexpediting im Unternehmen sind vielfältig, es bietet

dem Unternehmen die Möglichkeit, jede Expediting-Variante einsetzen zu können.

Nach Auswahl einer Expeditingform muss lediglich das Tätigkeitsfeld abgesteckt und

dem Dienstleister übertragen werden. Mit dieser Variante ist das Unternehmen flexi-

bel und kann das Expediting für jeden Lieferantenauftrag neu definieren.

Bei genauer Betrachtung kann das Fremdexpediting wie eine interne Organisation

eingesetzt werden, jedoch wird es innerhalb des Unternehmens auf Widerstand sto-

ßen. Dem Dienstleister wird wenig Akzeptanz entgegengebracht, was zu geringer

Effektivität bei der Ausführung von Aufgaben führt. Gegenüber dem Lieferanten hin-

gegen kann der Dienstleister sein volles Potenzial ausschöpfen und umsetzen. Für

diesen ist der Dienstleister der Beauftragte des Kunden und somit auch gleichzeitig

der Kunde des Lieferanten.

Wie im vorangegangenen Absatz erläutert, muss das Unternehmen eine grundle-

gende Entscheidung in Bezug auf das Einsatzfeld des Fremdexpediting treffen. Hier-

bei sind zwei Varianten möglich:

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1. Expediting nach innen und nach außen gerichtet

2. Expediting nur nach außen gerichtet

Das Tätigkeitsfeld des Expediters kann auf Basis dieser Entscheidung festgelegt

werden. Für das Festlegen der Tätigkeiten ist die Integration einer fremden Organi-

sation in das Unternehmen zu berücksichtigen. Diese Organisation verfügt im Ver-

gleich zu einer eigenen Organisationseinheit über weniger Know-how. Daher kann

das Fremdexpediting nicht die gleiche Effektivität und Leistung wie das Eigenexpe-

diting erreichen. Deshalb wird im weiteren Verlauf der Untersuchung bei der Nen-

nung von Fremdexpediting immer von einem Expediting nach außen ausgegangen.

Wie zuvor erwähnt muss bei der Anwendung von Fremdexpediting mit dem Dienst-

leister das Tätigkeitsfeld abgesprochen werden. Der Liefer- und Leistungsumfang

kann je nach Dienstleister von Statusabfragen über Inspektionen und Abnahmen bis

hin zur kompletten Vertragsabwicklung reichen. Die Aufgabendefinition ist abhängig

von den Faktoren

• Lokalität (Entfernung),

• Kultur (Sprache),

• Kritikalität (Termin) und

• Kosten (Pönale),

welche auf die Lieferantenauftragsabwicklung Einfluss nehmen können.

4.2.2.1.3 Expediting-Koordinator

Die Organisationsform des Expediting-Koordinators ist zumeist als eine eigene Ex-

pediting-Abteilung der Beschaffungsorganisation zugeordnet. In diesem Fall ist das

Expediting eine Parallelorganisation zum Einkauf. Die Besonderheiten der Struktur

des Expediting-Koordinators sind je nach Ausführung folgende unterschiedliche Qua-

lifikationsrichtungen:

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• Leiter Expediting

• Expediting-Koordinator

• Expediter

• Inspektor

• Deskexpediter

Bei dieser Organisationsform greifen die Expediting-Koordinatoren auf einen Pool

von Fachkräften aus Deskexpeditern, Expeditern und Inspektoren zurück. Je nach

Unternehmensphilosophie können Expediter auch gleichzeitig Inspektoren sein. In

diesen Fällen wird das Expediting üblicherweise mit einer Inspektion verbunden. Ab-

bildung 4-1 stellt eine entsprechende Organisation dar.

Abbildung 4-1: Struktur der Expediting-Organisation nach Expediting-Koordinator

Die Aufgabe des Expediting-Koordinators besteht zunächst darin, eine Einschätzung

zu geben, welcher Expeditingaufwand pro vergebenen Auftrag bei einem Lieferanten

angesetzt werden muss. Dieser Aufwand wird mithilfe eines sogenannten Project

Procurement Plan369 (PPP) geschätzt. Der PPP beinhaltet eine Auflistung aller zum

Projekt benötigten Teile oder Systeme. Des Weiteren obliegt dem Expediting-

Koordinator die Entscheidung, ob von Beginn an Desk- oder Fieldexpediting einge-

setzt wird. Die Entscheidung ist abhängig von

369 Bemerkung: Project Procurement Plan ist eine Art Stückliste für das Projekt, wobei sich die Stückliste nicht auf die Teileebe-

ne bezieht, sondern auf Komponenten oder gar Systeme.

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• der Kritikalität der Komponente oder des Auftrags,

• der Komplexität der Komponente oder des Auftrags,

• der Erfahrung des Lieferanten in der entsprechenden Projektabwicklung und

• der entsprechenden Schadenshöhe bei Verzug.

Bei Einsatz einer der Varianten Desk- oder Fieldexpediting370 wird immer der Status

mittels der erstellten Protokolle durch den Expediting-Koordinator abgefragt und be-

urteilt. Je nach aktueller Situation wird entschieden, welche dieser beiden Varianten

für die nachfolgende Zeit weitergeführt wird. Zusätzlich entscheidet und koordiniert

der Expediting-Koordinator den Einsatz der Inspektoren im Projektverlauf. Somit ist

die zentrale Person in dieser Organisation der die Auftragskoordination überneh-

mende Koordinator.

4.2.2.1.4 Expediting-Intensivform

Die Expediting-Intensivform stellt die aufwendigste Form der Auftragsabwicklung mit

Lieferanten dar. Diese Organisationsform wird als eigenständige Abteilung des Be-

schaffungsbereiches und als parallele Organisation zum Einkauf implementiert. Ihre

Besonderheit ist ihr Tätigkeitsfeld: Es werden alle anfallenden Tätigkeiten während

der Lieferantenauftragsabwicklung durch das Expediting ausgeführt und koordiniert.

Aus diesem Grund wird der Expediter als Single-Entry-Point in der Lieferantenauf-

tragsabwicklung definiert. Diese sichert dem Expediter jedwede Kommunikation mit

dem Lieferanten. Der Expediter muss über jede Kommunikation, die von den Fach-

abteilungen mit dem Lieferanten ohne Anwesenheit des Expediting stattgefunden

hat, ausnahmslos informiert werden. Abbildung 4-2 verdeutlicht den Verantwortungs-

bereich der einzelnen Kommunikationspartner.

370 Bemerkung: Fieldexpediting ist eine Auftragsüberwachung am Herstellungsort oder am Ort des Geschehens.

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Des Weiteren wird jeder Auftrag nur einem Expediter zugeordnet, so dass dieser die

Lieferantenauftragsabwicklung von der Bestellung bis zur Auslieferung alleine be-

treuen kann. In dieser Expediting-Organisation gibt es folgende Akteure:

• Leiter Expediting

• Projekt Expediting Manager (PEM)

• Gruppenleiter

• Expediter

Eine entsprechende Organisationsform ist in Abbildung 4-3 dargestellt.

Abbildung 4-3: Struktur der Expediting-Organisation nach der Expe-diting-Intensivform

PEM bezeichnet die verantwortliche Person für ein bestimmtes Projekt. Der PEM ist

dafür verantwortlich, dass Informationen vom und zum Projekt weitergegeben wer-

Abbildung 4-2: Kommunikationsstruktur bei der Definition als Single-Entry-Point

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den. Er nimmt eine fachliche Führung gegenüber dem Expediter ein und unterstützt

das Expeditingteam in projektspezifischen Fragen. Weiterhin ist er in der Projektlei-

tung die Vertretung und Stimme des Expeditingteams. Ihm obliegt es auch, auf Basis

eines PPP das notwendige Budget mit der Projektleitung auszuhandeln. Das Budget

wird wie zuvor beim Expediting-Koordinator beschrieben kalkuliert und bestimmt.

Der Gruppenleiter übernimmt die fachliche und disziplinarische Führung gegenüber

dem Expediter. Er unterstützt den Expediter in der aktiven und passiven Abwick-

lungsphase. Er leitet und führt den Expediter in schwierigen, unternehmenskritischen

Abwicklungszyklen. Der Gruppenleiter kann auch die Funktion des PEM oder des

Expediters ausfüllen.

Der Expediter ist demgegenüber verantwortlich für die Abwicklung eines Auftrages.

Besonders hervorzuheben ist dabei die Schnittstelle des Expediters zum Lieferanten.

Diese wird als Single-Entry-Point definiert, d. h., jeder Schriftverkehr per E-Mail oder

per Brief sowie jede Kommunikation zwischen Lieferant und Unternehmen wird über

diese Person geführt, sobald das Expediting den Auftrag übernommen hat. Die Ver-

antwortlichkeit beinhaltet als ersten Schritt eine Risikoanalyse, welche mit Unterstüt-

zung von erfahrenen Expeditern sowie dem Gruppenleiter und dem PEM erstellt

wird. Des Weiteren obliegt dem Expediter die Aufgabe, die ermittelten Risiken regel-

mäßig zu überprüfen sowie die Vertragserfüllungskontrolle durchzuführen. Letztere

wird mittels Besprechungen beim Lieferanten kontinuierlich abgeglichen. Dabei wird

in diesem Fall keine Unterscheidung zwischen Desk- und Fieldexpediting getätigt.

Der Expediter entscheidet selbst bzw. zum Teil auch in Abstimmung mit dem PEM

oder dem Vorgesetzten, welche Form angewendet wird und notwendig ist. Bei einge-

tretenen oder absehbar eintretenden Vertragsabweichungen obliegt ihm die Aufgabe,

den Lieferanten auf (mögliche) vertragliche Überschreitungen hinzuweisen. Seine

Aufgabe ist es zudem, zusammen mit den Lieferanten und den Fachabteilungen Lö-

sungsmöglichkeiten zu erarbeiten, um die vereinbarten Vertragsbedingungen einzu-

halten. Des Weiteren wird vom Expediter erwartet, dass er die Übersicht und den

Fluss der Vorprüfunterlagen371 sowie der Herstellerunterlagen372 kontrolliert und ge-

371 Bemerkung: Als Vorprüfunterlagen werden im Großanlagenbau Dokumente bezeichnet, die vor Beginn der Fertigung vom

Kunden bzw. zum Teil auch vom Endkunden freigegeben werden müssen.

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gebenenfalls steuert. Diese Kontroll- und Steuerungsfunktion gilt nicht nur für den

Lieferanten, sondern auch für das eigene Unternehmen. Nachdem die Organisati-

onsformen des Expediting definiert worden sind, werden nun die Schnittstellen der

unterschiedlichen Variationen beschrieben.

Schnittstellen der einzelnen Organisationsformen 4.2.2.2

Die Schnittstellen des Expediting sollen Aufschluss über die komplexe Tätigkeit ge-

ben. Abbildung 4-4 gibt einen Überblick, welche Schnittstellen die verschiedenen

Expeditingvarianten aufweisen. Der Abbildung kann entnommen werden, dass für

zwei Varianten des Expediting besonders viele Schnittstellen mit externen und inter-

nen Organisationseinheiten bestehen. Die anderen zwei Varianten haben eine über-

schaubare Anzahl an Kontaktpersonen, so dass hier weniger Kommunikations-

schwierigkeiten entstehen können und somit ein geringeres Kommunikationsrisiko

vorliegt. Diese Schnittstellendarstellung zeigt zudem den Komplexitätsgrad der ein-

zelnen Expeditingvarianten an.

372 Bemerkung: Als Herstellerunterlagen werden im Großanlagenbau Dokumente bezeichnet, die den Fertigungsprozess doku-

mentieren und protokollieren. Zweck dieser Dokumente ist die Gewährleistung der zuvor genehmigten Vorprüfunterlagen sowie

die Nachvollziehbarkeit der einzelnen Fertigungsschritte.

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Abbildung 4-4: Schnittstellen des Expediting nach Expeditingform

Hierzu kann eine Skala erstellt werden, die den Komplexitätsgrad bemisst. Diese

Skala wird in die Stufen 1, 2 und 3 unterteilt – wobei Stufe 1 eine geringe Komplexität

aufzeigt und Stufe 3 eine hohe Komplexität. Die Skaleneinteilung entspricht nachfol-

gender Tabelle 4-1, bei der die Expeditingvarianten bereits zugeordnet sind.

Kategorie Komplexitätsgrad Expediting

1 wenig komplex Deskexpediting

2 komplex Fremdexpediting

Expediting-Koordinator

3 hoch komplex Expediting-Intensivform

Tabelle 4-1: Skalierung der Komplexitätsgrade inklusive Zuordnung der Expeditingform

Der Schnittstellendarstellung der einzelnen Expeditingvarianten zufolge müsste ne-

ben der Variante Deskexpediting eigentlich auch die Expediting-Dienstleistung in Ka-

tegorie 1 (wenig komplex) eingestuft werden. Der in der Tabelle dargestellte Kom-

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plexitätsgrad der Variante Deskexpediting ist jedoch zutreffend, da in diesem Fall das

Expediting lediglich zur Informationsbeschaffung dient. Bei einer Notwendigkeit wer-

den sämtliche folgenden Schritte an den Einkauf übergeben, der im Anschluss daran

weitere Maßnahmen einleitet. Demgegenüber bietet die Variante der Expediting-

Dienstleistung weitere Möglichkeiten: Je nach Beauftragung des Expediting-

Dienstleisters umfasst dessen Aufgabe die Informationsbeschaffung, die Kontrolle

des Qualitätszustandes und der Terminsicherung bis hin zur Erarbeitung von Lö-

sungsmöglichkeiten zur Terminsicherung. Aufgrund dieses Aufgabenbereichs, der

noch beliebig erweitert werden kann, wird diese Variante des Expediting in die Kate-

gorie 2 (komplex) eingestuft. Ebenfalls der Kategorie 2 kann das System des Expe-

diting-Koordinators zugeordnet werden. Diese Anwendung erhält den erhöhten Kom-

plexitätsstatus aufgrund ihrer erhöhten Schnittstellenanzahl während der Projektab-

wicklung gegenüber den zuvor genannten Expeditingvarianten. Der Kategorie 3

(hoch komplex) wird die Variante Expediting-Intensivform zugeordnet. Diese Variante

ist durch die höchste Anzahl an Schnittstellen und durch ihre Koordinations- und Si-

cherungsfunktion für alle Bereiche einem erhöhten Kommunikationsrisiko ausgesetzt.

Deshalb wird sie der Kategorie 3 „hoch komplex“ zugeordnet. Nach der Definition der

verschiedenen Organisationsformen und der Identifizierung ihrer Schnittstellen wer-

den im folgenden Kapitel die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Expeditingva-

riationen herausgearbeitet.

Unterschiede in der Anwendung des Expediting 4.2.2.3

Die wesentlichen Unterschiede in der Anwendung und Umsetzung des Expediting in

Unternehmen können durch die zwei Eigenschaften Aufwand und Aufgabendefinition

beschrieben werden. Bezüglich des Aufwandes ist eine Steigerung vom Deskexpe-

diting über das Fremdexpediting und den Expediting-Koordinator bis zur Expediting-

Intensivform festzustellen (siehe Abbildung 4-5). Hinsichtlich der Differenzierung

durch die Aufgabendefinition des Expediting ist zu beachten, dass die Organisations-

struktur des Expediting dem Aufgabenprofil angepasst ist. Abbildung 4-6 zeigt die

Aufgaben zugeordnet nach den verschiedenen Formen des Expediting.

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Abbildung 4-5: Expeditingaufwand der verschiedenen Varianten

Abbildung 4-6: Expeditingaufgaben nach Expeditingform

Demnach sind die wesentlichen Unterschiede der verschiedenen Expeditingformen

die Intensität der Ausführung des Expediting sowie die unterschiedlich weit gefasste

Aufgabendefinition. Diese beiden zentralen Eigenschaften bewirken bei den Unter-

nehmen eine Variation von Expeditinganwendungen in der Praxis. Es ist zudem da-

von auszugehen, dass diese Eigenschaften in einem direkten Abhängigkeitsver-

hältnis stehen. Wird die Intensität des Expediting reduziert, so wird damit eine Ein-

schränkung der Aufgaben erreicht. Weiterhin ist eine Erhöhung der Intensität des

Expediting ohne eine sinnvolle Erweiterung der Aufgabendefinition nicht möglich.

Daher kann auch die jeweils angewendete Expeditingform jederzeit in eine der ande-

ren Expeditingformen überführt werden. Hierzu sind bei einer Intensivierung die not-

Deskexpediting!

Informationsbeschaffung!per!Telefon!

Risiko:,!bzw.!Problemmeldung!

Fremdexpediting!

Informationsbeschaffung!per!Telefon!

Risiko:!bzw.!Problemmeldung!

Lieferantenkoordination!

Expediting:Koordinator!

Informationsbeschaffung!per!Telefon!

Informationsbeschaffung!durch!Besuch!

Risiko:,!bzw.!Problemmeldung!

Inspektorenkoordination!

Lieferantenkoordination!

Steuerung!der!Expediter!

Expediting:Intensivform!

Informationsbeschaffung!per!Telefon!

Informationsbeschaffung!durch!Besuch!

Risiko:,!bzw.!Problemmeldung!

Koordination!der!Problemlösung!

Inspektorenkoordination!

Aktives!Vertragsmanagement!

Lieferantenkoordination!

Expeditereigenverantwortung!

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wendigen Voraussetzungen sicherzustellen und bei einer Aufgabenreduzierung die

bisher ausgeführten Tätigkeiten durch andere Fachbereiche auszuführen.

Das Expediting in der Praxis ist nun in seiner Organisationsform, in den unterschied-

lichen Schnittstellen und in der differenzierten Anwendung beschrieben worden. Auf-

grund des hohen Kommunikations- und Koordinationsaufwandes und des damit ein-

hergehenden hohen Informationsbedarfes innerhalb eines Lieferantenprojektes wird

im folgenden Kapitel auf die Informations- und Kommunikationsstruktur des Expe-

diting eingegangen.

Informationsmanagement und Reporting 4.2.2.4

4.2.2.4.1 Informationsmanagement

Informationsmanagement wird als ein Teilbereich der Unternehmensführung, welcher

den bestmöglichen Einsatz der Ressource Information gewährleisten soll, definiert.373

Nach Stahlknecht und Hasenkamp hat es die Aufgabe, die erhaltene Information zu

sichern und bereitzustellen.374 Diese Definition kann aufgrund eben dieser Aufgabe

des Expediting, Informationen zu beschaffen und bereitzustellen, somit für den Liefe-

rantenauftragsabwicklungsprozess verwendet werden.

Eine Information durchläuft verschiedene Schritte, bis sie den richtigen Verwender

erreicht. Die Kombination dieser Schritte in der richtigen Reihenfolge ergibt den In-

formationsverarbeitungsprozess (Abbildung 4-7). Zu Beginn dieses Prozesses steht

immer die Beschaffung der Information, welche verarbeitet und weitergegeben wer-

den muss.375

373 Vgl. Krcmar, H. (2011): Einleitung. 374 Vgl. Stahlknecht, P.; Hasenkamp, U. (2005): S. 437. 375 Vgl. Gerrig, R. J.; Zimbardo, P. G.; Graf, R. (Hrsg.) (2004): S. 298.

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In der Literatur gibt es unterschiedliche Auslegungen des Begriffes Information.376

Bezogen auf die Betriebswirtschaftslehre wird Information jedoch eindeutig als

zweckbezogenes Wissen definiert.377 Dies bedeutet, dass Information wiederum auf-

gespalten wird in nützliche Information und überflüssige Information. Zusammenfas-

send kann zweckbezogenes Wissen als nützliche Information definiert werden, wel-

che die Grundlage für eine zu fällende Entscheidung darstellt.378

Der Begriff Management wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Die wissenschaftliche

Literatur spricht dem Begriff einerseits eine funktionale und andererseits eine institu-

tionelle Dimension zu. Der institutionellen Dimension werden alle Personen zuge-

schrieben, die als Entscheidungsträger (leitende Angestellte) im Unternehmen fun-

gieren.379 Als funktionale Dimension umfasst das Management alle Aufgaben und

Prozesse innerhalb sowie außerhalb des Unternehmens.380

Für das Informationsmanagement ergeben sich aus den zuvor erläuterten Begriffen

„Information“ und „Management“ folgende Schlussfolgerungen:

• Nützliche Information muss weitergeleitet werden.

• Entscheidungen werden vom Management auf Grundlage dieser Information

getroffen.

Nach Heinrich ist es das Ziel des Informationsmanagements, „die Erreichung der

strategischen Unternehmensziele durch Schaffung und Aufrechterhaltung einer ge-

eigneten Informationsinfrastruktur in Unternehmenserfolg umzusetzen“.381 Erfolg ist 376 Vgl. Krcmar, H. (2011): S. 3. 377 Vgl. Wittmann, W. (1959): S. 14. 378 Vgl. Krcmar, H. (2011): S. 4f. 379 Vgl. Schierenbeck, H. (2002): S. 95. 380 Vgl. Krcmar, H. (2011): S. 7; Schierenbeck, H. (2002): S .95. 381 Heinrich, L. J. (2002): S. 21ff.

Informations-beschaffung

Informations-verarbeitung

Informations-weitergabe

Verwendung / Entscheidung

Abbildung 4-7: Informationsverarbeitungsprozess. Quelle: in An-lehnung an Gerrig, R. J.; Zimbardo, P. G.; Graf, R. (2004): S. 298.

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dann erreicht, wenn mit den gegebenen Kosten der Informationsinfrastruktur der er-

wirtschaftete Ertrag maximal ist.

Das Verarbeiten und Weitergeben dieser Information kann mittels jeglicher Informa-

tions- und Kommunikationssysteme durchgeführt werden. Diese Anwendungssyste-

me können und sollen zur Lösung von auftretenden Problemen genutzt werden.

Wichtig bei der Anwendung von Informations- und Kommunikationssystemen ist

demnach die Weitergabe der Information durch das Expediting in unveränderter

Form – sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch der Aussage. Eine Veränderung

kann zu falschen Schlüssen führen und somit auch zu falschen Entscheidungen,

welche sich negativ auf das Unternehmensergebnis auswirken können. Die Informa-

tionsvermittlung wird mithilfe einer Reportingstruktur innerhalb der Unternehmen wei-

tergegeben, weshalb auch im folgenden Kapitel das Reporting in der Anwendung

beim Expediting besprochen wird.

4.2.2.4.2 Reporting beim Expediting

Reporting in der Theorie

Reporting wird von Gleich, Horvat und Michel mit dem Wort Berichtswesen gleichge-

setzt.382 Die Berichterstattung wiederum soll je nach Bedarf schriftlich oder mündlich

erfolgen. Diese Berichte sollen die Zielerreichung, die Zielabweichung, die Gründe

für eine Zielabweichung sowie mögliche Korrekturmaßnahmen beinhalten.383

Jung analysiert die verschiedenen Definitionen des Berichtswesens von Blohm, Zie-

genbein und Horvath und hebt dabei ebenso wie Preißler384 die Basis des Berichts-

wesens hervor. Gleichfalls stellt Jung fest, dass sich die verschiedenen Definitionen

nur in ihrem Umfang und ihrer Erläuterungstiefe unterscheiden. Das Berichtswesen

basiert seiner Meinung nach auf der Sammlung und Weiterleitung von Information

mit dem Ziel, die vorgegebenen Unternehmensziele auch in schwierigen Situationen

382 Vgl. Gleich, R; Horvat, P; Michel, U. (2008): S. 18. 383 Vgl. Kyrer, A. (2001): S. 61. 384 Vgl. Preißler, P. R. (2007): S. 128.

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durch Vorlagen von Entscheidungsgrundlagen zu erreichen.385 Dies entspricht der im

vorigen Kapitel getroffenen Aussage bezüglich des Informationsmanagements. Es

haben sich maßgeblich drei Arten von Berichten im Planungs- und Kontrollprozess

durchgesetzt.386 Gemäß den Autoren Preißler, Fischer/Möller/Schultze, Jung und

Horvath handelt es sich dabei um den Standard-, den Abweichungs- und den Be-

darfsbericht (siehe Abbildung 4-8).387

Abbildung 4-8: Berichtsarten inklusive Eigenschaften. Quelle: in Anlehnung an Fischer, T. M.; Möller, K.; Schultze, W. (2012): S. 97.

Reporting in der Praxis

Während der Gruppendiskussionen sagten drei Unternehmen aus, dass sie keine

Reportingtätigkeiten in ihre Prozesslandschaft integriert haben. Für eines der drei

Unternehmen war das Expediting erst kürzlich eingeführt worden, es war aber noch

nicht ausreichend umgesetzt. Bei den beiden anderen Unternehmen sah man bis-

lang keinen Reportingbedarf. Bei allen weiteren teilnehmenden Unternehmen handelt

es sich bei dem Reporting um ein Standardreporting mit geringen Einflüssen des Be-

darfsreporting. Diese Art von Reporting wird zumeist auf Office basierten Program-

men erstellt und durch die neuen Kommunikationsmedien verteilt. Des Weiteren wei-

385 Vgl. Jung, H. (2007): S. 141. 386 Vgl. Fischer, T. M.; Möller, K.; Schultze, W. (2012): S. 96. 387 Vgl. Fischer, T. M.; Möller, K.; Schultze, W. (2012): S. 96; Jung, H. (2007): S. 142; Preißler, P. R. (2007): S. 129; Horvath, P.

(2011): S. 535f.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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tet sich bei einem Unternehmen das Reporting in bestimmten Fällen zu einem Be-

darfsreporting aus, das zusätzlich detaillierte Meetings beinhaltet, um das zuvor er-

stellte Reporting zu besprechen und die weitere Vorgehensweise festzulegen. Dies

geschieht in der Regel immer dann, wenn die verschiedenen in Verzug geratenen

Lieferantenaufträge den Projekterfolg gefährden.

Zusammenfassend ist eine noch nicht ausgereifte Struktur des Berichtswesens bei

allen teilnehmenden Unternehmen festzustellen. Ein weiteres Indiz für eine noch

nicht abgeschlossene Entwicklung der Berichtsstruktur ist die Berichtserstellung mit-

hilfe Office basierter Programme, welche zum Teil standardisiert sind, aber aufgrund

fehlender Automatismen eine hohe Anfälligkeit für Täuschungen aufweisen. Zusätz-

lich konnte bisher keines der Unternehmen Frühwarnindikatoren identifizieren, um

hierauf eine Berichts- und Steuerungsstruktur aufzubauen.

Vor dem Hintergrund der hier betrachteten Berichtsfunktion des Expediting und der

daraus resultierenden Steuerungsfunktion erscheint es zu diesem Zeitpunkt sinnvoll,

noch vor Definitionsfestlegung eine weitere Eigenschaft des Expediting zu berück-

sichtigen. Das Steuern ist ein Teil des Controlling, weshalb auch die These Expe-

diting gleich Controlling aufgestellt werden kann. Deshalb wird im nachfolgenden Ka-

pitel ein Vergleich zwischen Expediting und Controlling durchgeführt, damit anschlie-

ßend eine endgültige Definition für das Expediting festgelegt werden kann.

4.2.3 Expediting als Controllingfunktion

Controlling 4.2.3.1

Controlling wird oftmals fälschlicherweise mit dem deutschen Wort „Kontrolle“ über-

setzt.388 Controlling ist jedoch eine Ableitung des englischen „to control“, was über-

setzt „regeln, beherrschen und steuern“ bedeutet.389 Klenger beschreibt den Begriff

Controlling als Unterstützung zur Steuerung von Unternehmensprozessen.390 Con-

388 Vgl. Horvath, P. (2011): S. 16. 389 Vgl. Jung, H. (2007): S. 4. 390 Vgl. Klenger, F. (2000): S. 30.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

118

trolling befasst sich also mit Gegenwart und Zukunft, Kontrolle hingegen führt einen

Soll-Ist-Vergleich durch und fokussiert somit nur auf die Vergangenheit. Controlling

ist demnach ein Steuerungsinstrument, welches durch zielgerichtete Informationser-

arbeitung und -verarbeitung die unternehmerischen Entscheidungs- und Steue-

rungsprozesse fördert.391 Jung zufolge ist bzw. beinhaltet Controlling:392

• ein funktionsübergreifendes Steuerungsinstrument

• permanente SOLL-IST-Vergleiche

• Informationserarbeitung und -verarbeitung

• ein Führungsinstrument

• durch Selbstkontrolle Zielerreichung realisieren

Expediting vs. Controlling 4.2.3.2

Die verschiedenen Formen des Expediting besetzen auch unterschiedliche Tätig-

keitsfelder. Für diese vorliegende Untersuchung stehen die Tätigkeiten der intensivs-

ten Form des Expediting im Fokus, da diese weitestgehend alle Tätigkeiten der an-

deren Formen einschließen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass während des

Projektverlaufs die Expeditingform verändert werden kann und damit jederzeit alle

Funktionen ausgeführt werden können. Entsprechend umfassen die Kerntätigkeiten

des Expediting:

• SOLL-IST-Vergleich der aktuellen Situation

• Anwendung von Risikomanagement

• Aggregieren und Verteilen von Informationen

• Steuerung des Informationsflusses

• Auftragsabschlussbewertung

• Erfahrungsrückfluss aus vergangenen und laufenden Projekten

• Koordination und Steuerung verschiedenster Unternehmenseinheiten

• Koordination und Steuerung des Lieferanten

• Forcierung von zu treffenden Entscheidungen

391 Vgl. Preißler, P. R. (2013): S. 2. 392 Vgl. Jung, H. (2007): S. 7.

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• Vertreten von Unternehmensinteressen

• Prüfen und Durchsetzen von Vertragsinhalten

Um das Expediting als Controlling-Funktion darstellen zu können, ist zunächst ein

Vergleich beider Funktionen notwendig. Mittels einer Gegenüberstellung ihrer einzel-

nen Tätigkeiten soll festgestellt werden, ob das Expediting als Bestandteil des Con-

trolling verstanden werden kann. Dabei kann eine direkte und eindeutige Zuordnung

der Tätigkeiten des Expediting zu denen des Controlling jedoch nicht unbedingt vor-

genommen werden, vielmehr kann eine Expediting-Tätigkeit zum Teil mehreren Con-

trolling-Tätigkeiten zugeordnet werden. Eine entsprechende Gliederung ist in Tabelle

4-2 dargestellt.

Controlling Expediting Check

Funktionsübergreifendes Steuerungsinstrument - Koordination und Steuerung verschiedenster Unternehmens-einheiten

- Koordination und Steuerung des Lieferanten

- Steuerung des Informationsflusses

- Erfahrungsrückfluss aus vergangenen und laufenden Projekten

Permanente SOLL-IST-Vergleiche - SOLL-IST-Vergleich der aktuellen Situation

- Prüfen und Durchsetzen von Vertragsinhalten

- Anwendung von Risikomanagement

Informationserarbeitung und -verarbeitung - Aggregieren und Verteilen von Informationen

- Erfahrungsrückfluss aus vergangenen und laufenden Projekten ✓

Führungsinstrument - Vertreten von Unternehmensinteressen

- Forcierung von zu treffenden Entscheidungen

- Erfahrungsrückfluss aus vergangenen und laufenden Projekten

Durch Selbstkontrolle Zielerreichung realisieren - Anwendung von Risikomanagement

- Auftragsabschlussbewertung ✓

Tabelle 4-2: Gegenüberstellung von Controlling und Expediting

Wie Tabelle 4-2 zu entnehmen ist, können die Tätigkeiten beider Funktionen einan-

der gleichgesetzt werden. Zusammengefasst kann das Expediting alle Kernfunktio-

nen des Controlling erfüllen und somit als eine zusätzliche Controlling-Funktion in-

nerhalb des Unternehmens angesehen werden.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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4.2.4 Konzeptdarstellung im Überblick und Definition für das Ex-pediting

Obwohl in Deutschland nur wenig über das Expediting bekannt ist, hat es sich in der

Branche des GAB bereits etabliert. Es haben sich dabei in der Praxis vollkommen

unterschiedliche Formen entwickelt und durchgesetzt. Von einer einfachen Form des

Expediting über dessen Ausgliederung zu einem Dienstleister bis hin zur komplexen

Lieferantenauftragsabwicklung sind verschiedenste Ausprägungen in Unternehmen

nachzuweisen. Im einfachsten Fall wird die notwendige Information vom Arbeitsplatz

aus per Telefon eingeholt und weitergegeben. Sobald zusätzliche Themen zu bear-

beiten sind, werden diese von der übergeordneten Abteilung, dem Einkauf, über-

nommen und dabei durch das Expediting unterstützt. Bei der extremsten Form des

Expediting wird die Information auf verschiedensten Wegen eingeholt – beispielswei-

se durch regelmäßige Besprechungen vor Ort oder auch durch fernmündliche Kom-

munikation. Die Besuchsintervalle sind abhängig vom Status der Bestellung und der

Performance des Lieferanten. Bei dieser Variante hat der Expediter die Entschei-

dungsbefugnis über die Art und Weise der Informationsbeschaffung und die Verant-

wortung über den platzierten und zu verfolgenden Auftrag.

Aufgrund der unterschiedlichen Varianten bestehen innerhalb und außerhalb des

Unternehmens gravierende Unterschiede in Bezug auf die Ebenen der Kommunika-

tion. Dabei gilt: Je mehr Schnittstellen das Expediting aufweist, desto höher sind der

Koordinationsaufwand sowie die Komplexität der Abwicklung. Das Informationsma-

nagement ist dabei für alle Expeditingvarianten ein essenzielles Werkzeug, die be-

schaffte Information an die Informationsempfänger zu übertragen. Für alle gilt als

Voraussetzung die richtige Übermittlung der Information an die Empfänger, damit

richtige Aktionen festgelegt und umgesetzt werden können. Durch die bereits aufge-

zeigte Ähnlichkeit der Eigenschaften des Controlling und des Expediting lässt sich

letzteres zudem als zusätzliche Controlling-Einheit im Unternehmen definieren.

Die bisher gesammelten Informationen können nun in eine Definition des Expediting

einfließen. Diese muss der Vielfältigkeit der Aufgaben gerecht werden und eine not-

wendige Flexibilität gewährleisten. Für das Expediting kann somit folgende Definition

festgelegt werden: Expediting ist eine Methode zur Sicherung der Liefertermintreue.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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Ziel ist die Auslieferung zur vereinbarten Zeit, in der vereinbarten Qualität, zu den

vereinbarten Kosten und an den vereinbarten Ort. Es ist Teil des Risikomanage-

mentprozesses und kann als angewandtes Risikomanagement verstanden werden.

Dabei findet das Expediting in der Praxis verschiedene Ausprägungsformen, begin-

nend bei einer reinen Terminverfolgung bis hin zur komplexen Lieferantenauftrags-

koordination. Abbildung 4-9 stellt die Beziehungen von Projektmanagement, Risiko-

management und Expediting dar. Dabei wendet das Projektmanagement in der Or-

ganisation das Risikomanagement an (siehe Kapitel 3). Das Risikomanagement wie-

derum kann das Expediting als Werkzeug und Methode zur Risikobewältigung an-

wenden. Durch das Expediting wird die Lieferantenauftragsabwicklung kontrolliert

und gesteuert. Dabei werden die Umsetzung der bestehenden Risikomaßnahmen

auf ihre Wirksamkeit und der Lieferantenauftragsabwicklungsprozess kontinuierlich

auf neue Risiken hin geprüft. Werden neue Risiken identifiziert, sind neue Maßnah-

men zur Risikobewältigung festzusetzen. Läuft der Prozess jedoch wie vorgesehen

und greifen alle vereinbarten Maßnahmen, kann auch eine höhere Liefertermintreue

erwartet werden.

Abbildung 4-9: Beziehungen der einzelnen Managementarten

Im Anschluss an die Konzeptdarstellung sowie die Definition des Expediting wird nun

der mögliche positive Nutzen des Expediting für das Unternehmen herausgearbeitet.

Es wird dabei der Expeditingeinfluss auf die Beschaffungskosten und Baustellenkos-

ten betrachtet, um anschließend die möglichen Einsparpotenziale durch Expediting

hervorzuheben.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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Expediting als Erfolgsfaktor 4.3

4.3.1 Einfluss des Expediting auf die Beschaffungskosten

Die Durchführung des Expediting hat Auswirkungen auf die Beschaffungskosten.

Nachfolgend wird analysiert, welchen Einfluss das Expediting direkt auf die einzelnen

Prozessschritte während der Beschaffung und damit auch indirekt auf die Beschaf-

fungskosten ausüben kann. Für die angestrebte detaillierte Analyse ist es zuvor al-

lerdings erforderlich, die Beschaffungskosten zu definieren, um im Anschluss daran

auf die einzelnen Prozessschritte eingehen zu können.

Beschaffungskosten – Total Cost of Ownership 4.3.1.1

Damit der Einfluss des Expediting auf die Beschaffungskosten eingeschätzt und dis-

kutiert werden kann, muss zunächst eine Definition für die Beschaffungskosten im

GAB aufgestellt werden. Die Beschaffungskosten – in der Literatur mit dem Begriff

Total Cost of Ownership (TCO) umschrieben – weisen keine allgemeingültige Defini-

tion auf. Krischun beschreibt in seinem Buch „Total Cost of Ownership“ Herkunft und

Historie des TCO-Ansatzes. Hiernach stammen die meisten diesbezüglichen Be-

griffsdefinitionen aus der IT-Branche.393 Der deutsche GAB liefert jedoch keine Grundlage für einen Vergleich mit der IT-

Branche, deshalb können die bestehenden Definitionen nicht verwendet werden, und

es muss stattdessen ein anderer Ansatz gewählt werden. Für den GAB und somit

auch für diese Arbeit, welche die Lieferantenauftragsabwicklung in den Fokus stellt,

werden die TCO mithilfe des Ansatzes von Ellram definiert. Für Ellram sind alle anfal-

lenden Kosten im eigenen Unternehmen, die in einen Zusammenhang mit einer

Lieferantenbestellung (inklusive der Kosten für die Bestellung) gebracht werden kön-

nen, als TCO zu definieren.394

393 Vgl. Krischun, S. (2010): S. 11ff. 394 Vgl. Ellram, L. (2002): S. 661.

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Zur Ermittlung der gesamten Beschaffungskosten für Unternehmen des deutschen

GAB können die nachfolgenden Kosten die Grundlage bilden:

• Erstellung eines Pflichten- und Lastenheftes

• Suche und Auswahl eines geeigneten Lieferanten

• Kontrolle und Steuerung des Lieferanten

• Unterstützung des Lieferanten

• Prüfung der Dokumentation

• Ablage der Dokumentation

• Prüfung der Fertigung

• Versand auf die Baustelle

• Restabwicklung

• Projektmanagement

Somit können die Total Cost of Ownership des Großanlagenbaus folgendermaßen

definiert werden:

Die TCO sind Kosten, die ab der Festlegung zur Beschaffung eines bestimmten Bau-

teils bis hin zur Auslieferung aller dafür vorgesehenen Komponenten (inklusive ge-

eigneter Dokumentation) auf die Baustelle oder zum endgültigen Bestimmungsort

entstehen. Zu den Kosten für die Hauptkomponente müssen die Kosten für die

Restabwicklung hinzugerechnet werden. Mit der Restabwicklung werden in diesem

Zusammenhang alle Aktionen verstanden, die zur Übergabe des Auftrages an den

Kunden notwendig sind, z. B. Lagerung bis zur Übergabe, Wartung bis zur Überga-

be, Reklamationen, Installation usw.

Expediting-Einfluss auf die Beschaffungskosten 4.3.1.2

Nachdem die TCO-Definition für den GAB festgelegt ist, wird der Einfluss des Expe-

diting auf die Beschaffungskosten bestimmt. Aufgrund der breit gefächerten Definiti-

onsmöglichkeiten der Aufgaben des Expediting wird eine Einflussnahme auf folgende

Themenbereiche erkannt:

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• Lieferantenauswahl

• Vertragsgestaltung

• Vorgaben zur Vertragsabwicklung nach Vertragsabschluss

• Abwicklungsdauer

• Abwicklungskosten

• Nachtragsverhandlungen

Alle hier angegebenen Themen sind Teil der Lieferantenauftragsabwicklung, wobei

eine mögliche direkte positive Einflussnahmen abhängig ist

• von der Art des Expediting,

• vom Startzeitpunkt des Expediting,

• von der Intensität des Expediting und

• von der Erfahrung des Expediting.

4.3.1.2.1 Lieferantenauswahl

Erfahrungen und Kenntnisse aus vergangenen Abwicklungsprojekten – falls der Lie-

ferant zuvor für ein Projekt beauftragt und Expediting für die Lieferantenauftragsab-

wicklung eingesetzt worden ist – können vom Expediting mit dem Einkauf geteilt

werden. Je nach Angebotsabgabe des Lieferanten bei einer Anfrage durch den Ein-

kauf wird eine zusätzliche Beurteilung durch das Expediting erfolgen. Hierbei können

Faktoren wie

• Zuverlässigkeit der Terminangaben,

• Einhaltung von mündlichen Absprachen,

• Qualität der Erzeugnisse,

• Qualität der Dokumente,

• Projektverhalten,

• Kontaktverhalten,

• Verhalten bei Änderungen,

• Kundenzufriedenheit,

• Betreuungsaufwand Technik,

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

125

• Betreuungsaufwand Qualität,

• Betreuungsaufwand Expediting

betrachtet und bewertet werden. Diese Sichtweise hilft, die tatsächlichen Beschaf-

fungskosten (TCO) abzuschätzen, und erlaubt es, Lieferanten auszuwählen, die zu-

vor ein höheres Angebot abgegeben, jedoch in der Gesamtbetrachtung eine bessere

Beurteilung erfahren haben. Hierbei ist nicht der Einkaufspreis ausschlaggebend,

sondern es sind die Kosten nach dem TCO-Ansatz, die durch einen bestimmten Ri-

sikoaufschlag bzw. -abschlag aufgrund der zusätzlichen Informationen durch das

Expediting ermittelt werden.

Ein weiterer positiver Effekt ist eine sukzessive Qualifizierung der Lieferantenbasis.

Langfristig betrachtet werden zukünftig Lieferanten ausgewählt, die für das Projekt

ein vorteilhaftes Ergebnis versprechen. Durch den TCO-Ansatz werden Risiken er-

mittelt und bewertet und wird der Risikomanagementprozess zugleich berücksichtigt

und angewendet.

4.3.1.2.2 Vertragsgestaltung

Die Vertragsgestaltung ist die Grundlage einer erfolgreichen Lieferantenauftragsab-

wicklung. Im Vertrag können alle notwendigen Bedingungen und Forderungen fest-

gehalten werden, die von beiden Vertragsparteien akzeptiert sind. Werden einseitige

Forderungen entgegen dem Bedenken des Vertragspartners durchgesetzt, werden

aller Voraussicht nach diese Forderungen nicht zur vollen Zufriedenheit umgesetzt.

Das Expediting kann für die Vertragsgestaltung Informationen zu verschiedenen Be-

reichen bieten. Informationen wie

• Zuverlässigkeit des Lieferanten,

• Vertragstermine,

• Abwicklungsdauer,

• Zahlungsmeilensteine,

• Vertragsstrafen

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können genutzt werden, um für die Projektabwicklung sinnvolle und realistische Ver-

träge zu gestalten. Die daraus resultierende Vertragsgestaltung mit einer maximalen

Hebelwirkung gegenüber dem Lieferanten kann langfristig betrachtet einen positiven

Effekt sowohl für das eigene Unternehmen als auch für den Lieferanten zeitigen. Ver-

träge mit realistischen Bedingungen geben dem Lieferanten die Möglichkeit, seine

Kapazitäten richtig einzuteilen und den Vertrag durch seine internen Prozesse best-

möglich durchzuschleusen. Für das eigene Unternehmen entsteht nur auf den ersten

Blick ein Nachteil, da Lieferzeiten womöglich ausgedehnt und die Vertragswerte er-

höht werden. Auf den zweiten Blick entstehen jedoch folgende Vorteile:

• Realistische Vertragsplanung

• Deutlich geringere Eintrittswahrscheinlichkeit von Verzug

• Deutlich geringere Eintrittswahrscheinlichkeit von Mehrkosten

• Projekte können Kosten besser abschätzen

• Projekte können Termine besser abschätzen

• Projektrisiken werden deutlich reduziert

4.3.1.2.3 Vorgaben zur Vertragsabwicklung nach Vertragsabschluss

Nachdem der Vertrag in beiderseitigem Einverständnis durch Unterzeichnung abge-

schlossen worden ist, ist dieser wirksam und die Lieferantenauftragsabwicklung kann

beginnen. Zu Anfang sind allerdings nicht unbedingt alle Modalitäten eindeutig. Des-

halb ist es zunächst unabdingbar, alle Rahmenbedingungen innerhalb des eigenen

Unternehmens für das Projekt zu diskutieren und festzulegen. Im Anschluss daran

müssen diese Bedingungen dem Lieferanten erläutert werden und nachfolgend muss

über aufkommende Fragen und Bedenken bilateral diskutiert werden.

Es werden Situationen auftreten, bei denen Lieferanten die Spezifikationen zum Pro-

jekt nicht detailliert nachvollziehen können. In einer Veranstaltung zu Beginn der Lie-

ferantenauftragsabwicklung werden den Lieferanten daher alle Spezifikationen zu-

sätzlich erläutert und es wird auf Besonderheiten hingewiesen. In dieser Phase ha-

ben die Lieferanten bereits ihre Planung und Vorgehensweise entwickelt, jedoch

kann zu diesem frühen Zeitpunkt noch auf mögliche Risiken verwiesen und können

Maßnahmen für ihre Abwendung eingeleitet werden.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

127

Beispielsweise können deutliche Unterschiede zwischen zwei Aufträgen bestehen,

die für die gleiche Komponente bei demselben Lieferanten platziert werden, wenn

sich zwischenzeitlich die Rahmenbedingungen geändert haben. Diese Informationen

müssen mit dem Lieferanten nochmals besprochen und im Detail diskutiert werden,

um ihre Berücksichtigung im weiteren Projektverlauf sicherzustellen. Aufgabe des

Expediting ist es, die Fachabteilungen dabei zu unterstützen, diese Informationen an

den Lieferanten weiterzugeben. Beispiele für Rahmenbedingungen, die sich ändern

können, sind:

• Prozessvorgaben

• Vorlagen

• Richtlinien

• Schnittstellen

• Fehlermeldungen

• Projektvorgaben

4.3.1.2.4 Lieferantenauftragsabwicklungsdauer

Mithilfe von Erfahrungen und Kenntnissen aus vorangegangenen Lieferantenprojek-

ten mit gleichen oder ähnlichen Komponenten kann das Expediting die Lieferanten-

auftragsabwicklungsdauer maßgeblich beeinflussen.

Die Dauer zu beeinflussen bedeutet, den vertraglich vorgegebenen Zeitrahmen ein-

zuhalten bzw. zu verkürzen. Dies wird nur eintreten, wenn alle Eventualitäten be-

rücksichtigt und Risiken erkannt und bewertet werden. Durch den Erfahrungsrück-

fluss aus vergangenen Abwicklungsprojekten können in der Vergangenheit eingetre-

tene Risiken im laufenden Projekt berücksichtigt, erkannt und gebannt werden. Die

direkte Folge dieses Know-how-Übertrages ist eine Lieferantenauftragsabwicklung

mit reduzierten Störfällen und erhöhter Liefertermintreue.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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4.3.1.2.5 Lieferantenauftragsabwicklungskosten

Das Einhalten der Vereinbarungen hat für beide Seiten Vorteile. Der Lieferant kann

sein Projekt fristgerecht und planmäßig ausführen und erlebt dadurch eine zufrieden-

stellende Projektabwicklung. Diese Zufriedenheit überträgt sich anschließend auf

zukünftige Projekte und wirkt sich positiv auf Preis, Qualität und Termin aus.

Durch den Einsatz des Expediting können Kosten für die Lieferantenauftragsabwick-

lung unternehmensweit reduziert werden. Effizienz und Effektivität aktueller Projekte

werden durch die Erfahrung des Expediting aus vergangenen Lieferantenauftrags-

abwicklungen gesteigert. Diese Spezialistenrolle des Expediting führt zu einer Redu-

zierung des Abwicklungsaufwandes für andere Fachbereiche, die sich dann wiede-

rum auf ihre eigentlichen Tätigkeiten konzentrieren können. Direkte Folge ist eine

Effektivitätssteigerung aller Fachbereiche, die sich letztlich positiv auf die Unterneh-

mensziele auswirkt.

4.3.1.2.6 Nachtragsverhandlungen

Ein Projekt insbesondere im deutschen GAB ist komplex und in seiner Abwicklung

kompliziert. Deshalb treten während der verschiedenen Projektphasen Situationen

auf, die die Zulieferer zu ihrem Vorteil auszunutzen versuchen. In solchen Fällen ist

es Aufgabe des Expediting, den Zulieferer auf seine rechtlichen Verpflichtungen hin-

zuweisen und die Interessen des Unternehmens zu vertreten.

Kommt es zu keiner Einigung, werden beide Parteien sich zu einer Nachtragsver-

handlung treffen. Bei diesem Treffen wird das Expediting den Projektverlauf detailliert

darstellen. Wenn das Expediting zuvor richtig ausgeführt worden ist, wird diese Dar-

stellung die Versäumnisse oder den tatsächlichen zusätzlichen Aufwand des Liefe-

ranten im Projektverlauf aufzeigen. Auf Grundlage beider Ausführungen wird dann

eine Einigung angestrebt.

Die vorangegangene Beschreibung zeigt lediglich den Einfluss des Expediting bei

Forderungen durch den Lieferanten. Wie in den Kapiteln zuvor ausgeführt, können

Lieferanten in Bezug auf Termin, Kosten und Qualität Abweichungen während des

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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Projektverlaufs erzeugen. Es ist Aufgabe des Expediting, den Lieferanten darauf hin-

zuweisen und ihm die Möglichkeit zu geben, die Abweichungen zu beseitigen. Kön-

nen diese Abweichungen nicht beseitigt werden, wird das Expediting dem Lieferan-

ten eine Vertragsverletzung vorwerfen. Der Nachweis für die Vertragsverletzung wird

durch die Dokumentation der Besprechungsprotokolle sowie der verschiedenen Be-

nachrichtigungen erbracht.

Die erläuterte Vorgehensweise bietet dem Unternehmen die Möglichkeit, Forderun-

gen an den Lieferanten zu stellen. Können die Versäumnisse des Lieferanten nach-

gewiesen werden, so kann das Unternehmen die vertraglich fixierten Strafen einfor-

dern. Resultiert für das eigene Unternehmen ein Schaden, kann ein Anspruch auf

Schadenersatz erhoben werden. In beiden Fällen wird als Voraussetzung der ein-

deutige Beweis für die Nachlässigkeit verlangt, welche durch das Expediting doku-

mentiert wird.

4.3.2 Einfluss des Expediting auf die Baustellenkosten

Die Baustellenkosten sind bei einem Großprojekt der zweitgrößte Kostentreiber. Sie

tragen mit einem Anteil von 30 – 45 Prozent der Gesamtkosten eines Projektes we-

sentlich zum Projekterfolg bei395 – aber auch nur dann, wenn die Ausführung den

tatsächlich geplanten Kosten entspricht. Ein Faktor zur Sicherung der geplanten Kos-

ten ist eine störungsfreie Baustellenplanung. Das Expediting bietet folgende Unter-

stützung für die Baustellenplanung und die Gewährleistung eines störungsfreien Ab-

laufes:

• Kontrolle und Steuerung der Zulieferungen

• Minderung und Steuerung des Lieferterminverzugs

• Optimierte Gestaltung der Terminplanung und -steuerung der Baustelle

• Reduzierung des Baustellenrisikos hinsichtlich eines Baustellenstopps

! Reduzierung des Vertragsstrafenrisikos

395 Vgl. VDMA-AGAB (2012): S. 9

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

130

Mit seiner Aufgabe, Lieferungen zur richtigen Zeit, zu den richtigen Kosten, in der

richtigen Qualität und an den richtigen Ort auszuliefern, erfüllt das Expediting den

erstgenannten Punkt in vollem Maße. Die Kontrolle und Steuerung der Zulieferungen

ist das wichtigste Kriterium für die Baustelle. Durch eine zuverlässige Anlieferung

können Planung und Steuerung der Baustelle störungsfrei gestaltet werden. Diese

sichere Disposition reduziert das Baustellenrisiko durch ein Ausbleiben von Störun-

gen sowie das Vertragsstrafenrisiko durch das Einhalten der vertraglichen Meilen-

steine.

Wird eine Lieferung doch verspätet auf die Baustelle gesendet, so ist es die Aufgabe

des Expediting, die Baustelle frühzeitig über diese Verspätung zu informieren und

sofort einen neuen, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Liefertermin zu

nennen. Durch diese frühzeitige Information und Absprache hat die Baustellenpla-

nung die Möglichkeit, eine Umgestaltung der bisherigen Planung vorzunehmen und

den Verzug zu kompensieren. Allein vor diesem Hintergrund erbringt das Expediting

der Baustelle bereits einen hohen Mehrwert.

Zudem kann das Expediting die Baustelle von einer Lieferung informieren, die ver-

spätet geliefert wird und bei der die Baustelle zu dem Schluss kommt, dass die Aus-

wirkungen dieser verspäteten Lieferung zu erheblichen Mehrkosten (in Form von

Vertragsstrafen oder zusätzlichen Kosten durch Umgestaltung/neue Planung) führen

werden. Im vorliegenden Fall wird ein Maßnahmenpaket zur Einhaltung des Termins

vorgeschlagen und diskutiert. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass Beschleu-

nigungsmaßnahmen getroffen werden, die zusätzliche Kosten verursachen, welche

jedoch weitaus geringer ausfallen als die erwarteten Mehrkosten auf der Baustelle.

Diese Vorgehensweise rechtfertigt es demzufolge, weiteres Geld zu investieren, um

an anderer Stelle höhere Kosten zu vermeiden.

4.3.3 Mögliche Einspar- und Beeinflussungspotenziale durch Ex-pediting

Wie in den vorangegangenen Abschnitten bereits erläutert, können die TCO durch

das Expediting maßgeblich beeinflusst werden. In Tabelle 4-3 beinhaltet eine detail-

lierte Analyse der Eigenschaften und Methoden, mit denen das Expediting seinen

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Einfluss geltend machen kann. In dieser Tabelle werden den einzelnen Projektkosten

die Methoden des Expediting gegenübergestellt und der mögliche Einfluss wird fest-

gehalten. Kann das Expediting einen Einfluss auf die jeweiligen Kosten ausüben, so

ist dies mit einem Haken (✔) gekennzeichnet, wenn nicht, so ist dies mit einem X (✗)

dokumentiert.

Einfluss des Expediting durch

Vertragsge-staltung

Zeit Qualität Steuerung Kontrolle Änderungs-manage-

ment

Nachvoll-ziehbar-

keit

Proj

ektk

oste

n

TCO ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Finanzierung ✗ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Abwicklungs- kosten ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Engineering- kosten ✗ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✗

Baustellenkosten ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Inspektionskosten ✗ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✗

Versandkosten ✔ ✗ ✔ ✔ ✔ ✗ ✗

Komponenten- bestellkosten ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Vertragsstrafen ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔

Tabelle 4-3: Einflussmöglichkeiten des Expediting auf die Projektkosten

Wie der Tabelle entnommen werden kann, hat das Expediting ein hohes Beeinflus-

sungspotenzial auf die gesamten Projektkosten bzw. auf die einzelnen im Projektver-

lauf entstehenden Kosten. Mithilfe der verschiedenen Eigenschaften des Expediting

und dessen Einflussmöglichkeiten auf die Kosten kann ein positiver Projektverlauf

erzielt werden. Voraussetzung für ein erfolgreiches Kostenmanagement mithilfe des

Expediting ist jedoch eine exakte und kontinuierliche Verfolgung der Projekte durch

das Expediting. Eine Unterbrechung oder gar verspätete Einführung des Expediting

bietet ein geringeres Potenzial. Geschehnisse außerhalb der Expeditingkontrolle

können zwar nachträglich noch beeinflusst, aber nicht mehr vermieden werden. Ziel

des Expediting ist es, Risiken zu vermeiden und potenzielle Probleme noch vor ihrem

Auftreten zu beseitigen. Dieser Umstand birgt das größte Potenzial, zusätzliche Kos-

ten zu vermeiden oder sogar eingeplante Kosten einzusparen.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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Nachdem das Expediting eine Beschreibung erfahren hat, eine Definition für das Ex-

pediting aufgestellt worden ist sowie die Einflussmöglichkeiten und Einsparpotenziale

durch Expediting diskutiert worden sind, werden im Anschluss mögliche Strategien

für die Umsetzung von Expediting diskutiert. Zudem wird ein Ausblick auf eine mögli-

che Weiterentwicklung des Expediting gegeben.

Strategien und Weiterentwicklung des Expediting 4.4

4.4.1 Strategien zur Anwendung des Expediting

Eine Veränderung der Organisation hat immer das Ziel, die Effizienz zu erhöhen so-

wie die Abläufe zu verbessern.396 Das Expediting wird zumeist in bestehende Orga-

nisationen integriert und erzeugt dadurch eine Veränderung bzw. einen Wandel.

Wandel wiederum generiert Widerstand und Konflikte durch die betroffenen Organi-

sationseinheiten. Deshalb ist es bei der strategischen Umsetzung des Expediting

Aufgabe des Konfliktmanagements, Konfliktprävention und Konfliktentschärfung wäh-

rend der Veränderungsprozesse zu betreiben.397 Damit Konflikte erst gar nicht ent-

stehen und der Widerstand so gering wie möglich ausfällt, ist eine behutsame Ent-

wicklung und Abstimmung der zu verändernden Prozesse erforderlich. Erst nach Zu-

stimmung aller betroffenen Organisationseinheiten kann der veränderte Prozess im-

plementiert und kommuniziert werden.398 Das Expediting kann aufgrund der unter-

schiedlichen Tätigkeits- und Aufgabendefinitionen einer erhöhten Schnittstellenanz-

ahl ausgesetzt sein. Diese hohe Interaktion mit anderen Prozessteilnehmern weist

auf eine enorme gegenseitige Abhängigkeit hin, welche die Notwendigkeit der Ab-

stimmung offenbart.399 Bei der Einführung von Expediting in eine bestehende Orga-

nisation wird ausdrücklich empfohlen, in der Fachliteratur zu Organisation, Organisa-

tionsentwicklung und Change Management nachzuschlagen.

396 Vgl. Kern, H. (1997): S. 383. 397 Vgl. Wagner, A.-S. (2014): S. 50; Schanz, G. (1994): S. 387ff. 398 Vgl. Exeler, S.; Wilms, S. (2003): S. 47ff. 399 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 9.

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In diesem Kapitel werden Vorschläge diskutiert, wie das Expediting in die Organisati-

on des Unternehmens eingebunden werden kann. Dabei werden verschiedene Mo-

delle besprochen und die resultierenden Vor- und Nachteile aufgezeigt. Des Wei-

teren werden für die Einbindung des Expediting bzw. der einzelnen Expeditingvarian-

ten mögliche Strukturdefinitionen und Prozessvorschläge gegeben. Im Anschluss

daran wird eine Kategorisierung der Lieferanten im industriellen Anlagenbau vorge-

nommen, um die Basis für die Expeditingintensität festlegen zu können.

Organisation – Integration von Expediting 4.4.1.1

Bei einer Organisation handelt es sich um Interaktionssysteme, die über einen länge-

ren Zeitraum existieren und sich der Mittel Arbeitsteilung und Koordination bedienen,

um definierte Ziele zu erreichen.400 Die Organisation ist ein Werkzeug zur Reduktion

von Komplexität in Unternehmen.401 Im Folgenden wird daher die Implementierung

des Expediting in das Unternehmen dargestellt und zudem werden unterschiedliche

Organisationsmöglichkeiten diskutiert.

4.4.1.1.1 Einbindung von Expediting in das Unternehmen

Das Expediting im Unternehmen kann verschiedenen Einheiten zugeordnet werden.

Grundvoraussetzung für die Eingliederung der Expeditingfunktion ist die Bildung ei-

ner eigenständigen Einheit/Abteilung, welche den einzelnen Organisationen zuge-

wiesen werden kann. Je nach Aufstellung kann das Expediting den Organisationen

Projekt, Engineering oder Beschaffung zugeordnet werden. In Fällen, in denen sich

das Expediting noch in der Aufbauphase befindet und als eigenständige Abteilung

noch nicht funktionstüchtig ist, besteht auch die Möglichkeit, es anderen Einheiten

wie z. B. dem Einkauf zuzuordnen. Ein entsprechendes Unternehmen, welches das

Expediting integrieren will, könnte ein Organigramm wie in Abbildung 4-10 aufwei-

sen. In diesem Beispiel wird das Expediting als parallele Abteilung zum Einkauf in die

Beschaffungsorganisation eingegliedert.

400 Vgl. Voigt, K.-I. (1993): S. 27; Schanz, G. (1994): S. 6. 401 Vgl. Glasl, F.; Lievegoed, B. (2014): S. 8.

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Abbildung 4-10: Unternehmensstruktur mit Einbindung des Ex-pediting in die Beschaffungsorganisation

Die zuvor dargestellte Organisation dient als Beispiel und ist dem jeweiligen Unter-

nehmen und dessen speziellen Bedürfnissen anzugleichen. Demzufolge ist es

gleichfalls möglich, das Expediting als eigenständige Abteilung in die Projektorgani-

sation oder das Engineering zu integrieren. Die Einbindung in die einzelnen Organi-

sationen bietet Vor- und Nachteile, welche in Abbildung 4-11 aufgeführt sind.

Wie der Auflistung zu entnehmen ist, können sich die Vor- und Nachteile jeder Vari-

ante auf die Organisation und das Projektgeschehen auswirken. Deshalb ist hier

stets zu berücksichtigen, welche Eigenschaften jede Variante aufweist. In jedem Fall

sind zuvor die negativen Eigenschaften detailliert zu diskutieren, damit diese im Pro-

jektgeschehen nicht auftreten oder abgestellt werden können. Werden sie nicht be-

rücksichtigt, kann dies zu Schnittstellenproblemen und Konflikten innerhalb des Un-

ternehmens führen, welche die Projektabwicklung negativ beeinflussen können.402

402 Vgl. Exeler, S.; Wilms, S. (2003): S. 47ff.

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Abbildung 4-11: Vor- und Nachteile der Zuordnung des Expediting in Organisationseinheiten

Expediting in der Beschaffung

Expediting in der Beschaffungsorganisation birgt für das Unternehmen Risiken im

Hinblick auf eine erhöhte Schnittstellenkommunikation. Diese Kommunikation zwi-

schen den verschiedenen Organisationseinheiten sicherzustellen, ist für die Abwick-

lungsorganisation der Schlüssel zum Erfolg.403 Ein mögliches Misstrauen zwischen

den verschiedenen Organisationseinheiten kann dabei nur unter hohem Aufwand

beseitigt werden. Des Weiteren wird durch das Expediting die Engineering-

Kommunikation zum Lieferanten erschwert. Aus der Sichtweise des Engineering hin-

dert dieser Umstand es daran, den notwendigen Know-how-Übertrag vom Lieferan-

ten zum Unternehmen sicherzustellen.404 Durch die Ausgliederung der mehrheitli-

chen Lieferantenbesuche in das Expediting hat das Engineering nur eingeschränkt

Möglichkeiten, das Wissen der Lieferanten durch Besprechungen zu überführen.

Diese Situation hat gleichfalls die Unzufriedenheit des Engineering zur Folge und

kann so eine schwierige Schnittstellenkommunikation nach sich ziehen.

Die Eingliederung des Expediting in das Procurement hat den Vorteil, ein ganzheitli-

ches Lieferantenmanagement aufbauen zu können. Insbesondere im Hinblick auf 403 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 4f. 404 Vgl. Bichler, K.; Krohn, R.; Riedel, G.; Schöppach, F. (2010): S. 44.

Beschaffung

•  Vorteile •  Nähe zum Contract- and

Claimmanagement •  Nähe zum Purchasing •  Aufbau eines Supply-Chain-

Managements •  Projektübergreifender

Erfahrungsaustausch •  Erhöhtes Interesse Probleme in

der Abwicklung aufzudecken

•  Nachteile •  Abkapselung des Engineering •  Organisationshindernisse durch

erhöhten Schnittstellenaufwand

Projekt

• Vorteile •  Nähe zum Kunden •  Starke projektorientierte

Abwicklung •  Bessere und schnellere

Kommunikation mit der Projektleitung

•  Schnelle Entscheidungsfindung •  Erhöhtes Interesse Probleme in

der Abwicklung aufzudecken •  Intensiveres

Risikomanagement

• Nachteile •  Abkapselung des Engineering •  Reine Projektorentierung •  Vernachlässigung des Supply-

Chain-Managements

Engineering

• Vorteile •  Schnelle Kommunikation mit

Lieferanten •  Projektübergreifender

Erfahrungsaustausch •  Zusätzlicher Aufbau von

Abwicklungs Know-How •  Auftretende Probleme können

schnell und unbürokratisch beseitigt werden

• Nachteile •  Möglichkeit der Täuschung •  Geringes Interesse an

Reporting •  Vernachlässigung des Supply-

Chain-Managements

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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zukünftige Projekte kann eine valide Lieferantenbasis entscheidend sein. Dabei wer-

den Lieferanten als gleichwertige Partner angesehen, die den Prozess entscheidend

prägen können.405 Als gleichwertige Partner akzeptiert und in die Supply Chain inte-

griert agieren die Lieferanten im Sinne des Unternehmens und mindern somit das

Risiko des Ausfalls. Das Lieferantenrisiko – das zuvor als eines der bedeutendsten

Projektrisiken definiert wurde – kann durch eine erfolgreiche Integration nahezu eli-

miniert werden. Die Reduzierung des Lieferantenrisikos auf ein Minimum bringt dem

Unternehmen Vorteile gegenüber anderen Unternehmen. Diese Wettbewerbsvorteile

können sich in einer schnelleren Abwicklung, einer besseren Qualität und/oder einer

günstigeren Bauweise zeigen.

Die Zuordnung des Expediting in die Beschaffungsorganisation hat noch einen posi-

tiven Nebeneffekt. Durch seine Unabhängigkeit von den weiteren beteiligten Projekt-

organisationen bietet das Expediting die Möglichkeit, ein autonomes Berichtswesen

zu erstellen. Unbelastet und unabhängig von anderen Fachbereichen kann es somit

die tatsächliche Situation des Projektes widerspiegeln. Eine realistische Situations-

darstellung – ob beispielsweise Probleme durch den Lieferanten oder durch interne

Einheiten verursacht werden – ist zudem die Grundlage für richtige Entscheidungen

der Projektverantwortlichen. Des Weiteren betreibt das Expediting zusätzlich ein un-

abhängiges Risikomanagement und benennt Gegenmaßnahmen. Da Risiken auch

internen Ursprungs sein können, werden diese nicht vernachlässigt oder aufgescho-

ben, sondern nachvollziehbar dargestellt. Dieser Umstand bietet der Projektleitung

die Möglichkeit, rechtzeitig in das Projektgeschehen einzugreifen.

Expediting in der Projektorganisation

Bei der Einbindung des Expediting in die Projektorganisation hat das Engineering

gleichfalls einen geringen Zugang zum Lieferanten. Durch die Nähe des Expediting

zu der Projektleitung besteht die Gefahr, das Engineering durch kurze Wege zu

übergehen. Es können Entscheidungen getroffen werden, die nicht mit der Vorge-

hensweise des Engineering übereinstimmen. Zusätzlich besteht das Risiko, das En-

gineering in technischen Belangen – aufgrund der besonderen Kommunikation zwi-

405 Vgl. Melzer-Ridinger, R. (2007): S. 41.

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schen den beiden Einheiten Projekt und Expediting – zu überstimmen bzw. nicht

richtig wahrzunehmen. Ein weiteres Risiko der Einordnung des Expediting in die Pro-

jektorganisation besteht in der Durchsetzung einer rein projektorientierten Sichtweise

der Lieferantenauftragsabwicklung. Ziele werden nicht unternehmens-, sondern pro-

jektorientiert definiert, weshalb das Expediting auch nur die Projektinteressen vertre-

ten wird. Folge dieser Entwicklung ist die Vernachlässigung oder Verhinderung des

aufgebauten Lieferantenmanagements. Zukünftige Projekte können dadurch keinen

Vorteil aus vergangenen Lieferantenauftragsabwicklungen ziehen und werden dem-

zufolge dem gleichen oder sogar einem höheren Risiko ausgesetzt sein.406

Die Eingliederung des Expediting in die Projektorganisation bietet andererseits die

Möglichkeit, die ohnehin schon partnerschaftliche Kommunikation beider Einheiten

noch weiter zu intensivieren. Das fortwährende Miteinander fördert den Informations-

austausch und somit die Risikoidentifikation, -bewertung, -vermeidung und die Prob-

lembeseitigung. Die Nähe der beiden Einheiten zueinander erlaubt es, ein ganzheitli-

ches Risikomanagement aufzubauen, das in der Projektabwicklung die entscheiden-

den Phasen sichert und so das Projekt erfolgreich steuert. Durch die hochfrequente

Kommunikation beider Bereiche können Entscheidungen in Situationen getroffen

werden, die ohne eine solche Konstellation ansonsten aufgrund eines mangelnden

Vertrauens der verschiedenen Organisationen untereinander407 erst nach mehreren

Diskussionsrunden und über einen längeren Zeitraum gefällt werden. Durch das Zu-

sammenführen beider Bereiche wird das Misstrauen überwunden und die Zusam-

menarbeit verbessert. Auswirkungen hat dies insbesondere auf den Abwicklungspro-

zess in einem Projekt. Schnelle, positive Entscheidungen führen zu einer erfolgrei-

chen Problembewältigung, die das Projektrisiko deutlich reduziert.

Expediting beim Engineering

Die Zuordnung des Expediting in das Engineering birgt das Risiko der Vernachlässi-

gung des nachhaltigen und strategischen Lieferantenmanagements. Das Expediting

innerhalb der Engineering-Organisation wird hierauf keine Rücksicht nehmen und

406 Die teilnehmenden Unternehmen der vorangegangenen Studie prognostizieren dem Lieferantenrisiko eine negative zukünfti-

ge Entwicklung, weshalb auch zukünftige Projekte bei gleichen Voraussetzungen höheren Risiken ausgesetzt sind. 407 Vgl. Kalt, M. (2010): S. 235.

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überwiegend die Interessen der eigenen Organisation vertreten.408 Eine vertragsori-

entierte Abwicklung wird in diesem Fall einer technisch orientierten weichen, welche

mit hoher Wahrscheinlichkeit in Lieferverzug und zusätzliche Kosten mündet. Die

eintretenden Risiken, die in einem hohen Maße der eigenen Organisation zugespro-

chen werden können, lassen auch gleichzeitig das Interesse an der Implementation

eines Berichtswesens mindern. Aufgrund der erwarteten Zuweisung aktueller Prob-

leme an die eigene Organisation ist eine Nachvollziehbarkeit und Kontrolle oftmals

nicht gewünscht. In diesen Fällen besteht das eigene Interesse darin, viele der be-

stehenden Probleme sowie ausstehenden Risiken bei einem erzwungenen Berichts-

wesen nicht zu benennen oder aufzuschieben und dieses somit bewusst zu täu-

schen. Bemerkt wird diese Täuschung erst dann, wenn Verzug und zusätzliche Kos-

ten nicht mehr zu vermeiden sind.

Der Vorteil des dem Engineering beigeordneten Expediting besteht in den kurzen

Kommunikationswegen zu den Lieferanten, die in der Folge frühzeitige Problemlö-

sungen erwarten lassen. Eine solche Problemlösung – vor allem in Abstimmung mit

den Verantwortlichen – hat gegenüber einer späten Klärung den Vorteil der höheren

Wahrscheinlichkeit der Sicherung von Termin und Kosten. Des Weiteren bietet der

ständige Kommunikationsaustausch mit dem Lieferanten die Möglichkeit, das interne

Know-how zu verbessern und für zukünftige Projekte anzuwenden. Denn die vielen

Besprechungen zu den jeweiligen Projekten ermöglichen es Unternehmen des GAB,

das über Jahrzehnte aufgebaute Wissen der Lieferanten für sich nutzbar zu machen

und innerhalb kürzester Zeit ins eigene Unternehmen zu transferieren.409 Diese Vari-

ante bietet den Vorteil, das erworbene Know-how bei neu zu platzierenden Lieferan-

tenaufträgen anzuwenden und weiterzugeben. Durch diese Vorgehensweise kann

der Aufwand während der Lieferantenauftragsabwicklung durch ein proaktives Risi-

komanagement reduziert werden.

4.4.1.1.2 Fremdexpediting in der Organisation

Als Fremdexpediting wird im weiteren Verlauf die Vergabe eines Lieferantenauftrags

zur Lieferantenauftragsabwicklung an den Expediting-Dienstleister verstanden. Dabei 408 Vgl. hierzu auch S. 73 in Kapitel 3.2.2.2.5 – Ursachenquellen für Terminverzüge. 409 Vgl. Bichler, K.; Krohn, R.; Riedel, G.; Schöppach, F. (2010): S. 44.

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erfüllt der Dienstleister seine Aufgabe selbstständig und vollkommen autonom. Wird

im Laufe der Lieferantenauftragsabwicklung ein Kontakt zu einer internen Organisa-

tion notwendig, so wird dieser an einer im Vertrag zwischen Unternehmen und

Dienstleister definierten Schnittstelle realisiert. Die entsprechende Person leitet das

Anliegen des Dienstleisters an die verantwortlichen Stellen zur Bearbeitung im Un-

ternehmen weiter. Demnach erhält der Dienstleister einen direkten Ansprechpartner

innerhalb des Unternehmens.

Auf die Organisationsstruktur im Unternehmen hat diese Art von Expediting keinen

Einfluss. Abhängig von der gewählten Form des Expediting wird eine Schnittstelle

zwischen dem eigenen Unternehmen und dem Dienstleister definiert und in der Or-

ganisationsstruktur festgehalten. Beispielsweise kann eine Anforderung an das Ex-

pediting nicht nur die Lieferantenauftragsabwicklung betreffen, sondern auch die

Übernahme von Inspektions- und Abnahmezwecken beinhalten. Für diese spezielle

Ausführung des Expediting kann die Zuordnung der Dienstleistung in die eigene

Qualitätssicherung in Betracht gezogen werden. Dies ist jedoch je nach Unterneh-

mensphilosophie und -kultur zu entscheiden und anzupassen.

4.4.1.1.3 Organisation der Mischform

Bei der Mischform des Expediting werden verschiedene Expeditinganwendungen

eingesetzt, es sind im Kontext ihrer Einführung verschiedene Grundsätze aufzustel-

len und Bereiche abzustecken. Einerseits muss das Expediting in die Organisation

implementiert werden, andererseits muss die Rolle des Expediting-Dienstleisters in

der gesamten Lieferantenauftragsabwicklung definiert und müssen die Grenzen der

Zusammenarbeit abgesteckt werden. Somit sind folgende Fragen bei dem Aufbau

einer Mischform zu beantworten:

• Was wird von der Dienstleistung Expediting verlangt?

• Welche Unterschiede zwischen einem eigenen Expediting und dem Expe-

diting als Dienstleistung sind zu erwarten?

Hierzu kann eine Tabelle mit den Aufgaben des Expediting erstellt werden, in der die

verschiedenen Tätigkeiten aufgelistet sind und die Zuordnung des gewünschten Ex-

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pediting definiert ist. Abgebildet werden soll demzufolge eine aus Sicht des Unter-

nehmens sinnvolle Aufgabenverteilung bzw. -aufteilung zwischen Unternehmen und

Dienstleister. Die beispielhafte Tabelle 4-4 verdeutlicht die jeweiligen Möglichkeiten

des Expediting im Unternehmen sowie als Dienstleistung. Obwohl die Dienstleister

im Vergleich zum eigenen Expediting einen geringeren Beitrag leisten können, kann

es durchaus eine Option für das Unternehmen sein, diese in der Lieferantenauf-

tragsabwicklung einzusetzen. In Spitzenzeiten oder bei der Abwicklung von außer-

gewöhnlichen Aufträgen können die Dienstleister eine Entlastung des Unternehmens

und der eigenen Mitarbeiter bewirken.

In außergewöhnlichen Situationen und Konstellationen – wenn z. B. eine Expediting-

abteilung in Europa besteht, jedoch der Lieferant in Asien angesiedelt ist – kann

durch den Einbezug ortsansässiger Dienstleister zur Ausführung des Expediting eher

eine lückenlose Lieferantenauftragsabwicklung gesichert werden. Wie Tabelle 4-4

entnommen werden kann, wird für einen entsprechenden Fall nicht das komplette

Expediting erwartet. Die auszuführenden Aufgaben können vor Beginn der Tätigkei-

ten detailliert mit dem Dienstleister besprochen werden, damit dieser die Anforderun-

gen des Unternehmens vollumfänglich erfüllen kann.

Eigenexpediting Fremdexpediting

Dokumentenverfolgung X -

Lieferantenunterstützung X -

Claimmanagement X -

Auftragsverfolgung beim Lieferanten X X

Verfolgung von Problemen und Lösungswegen X -

Risikomanagement X -

Auftragskoordination und Steuerung in Richtung Lieferant X X

Berichtswesen mit der Projektleitung X -

Auftragskoordination und Steuerung intern X -

Expediting und Inspektion in einer Person - X

Steuerung von Inspektoren X -

Tabelle 4-4: Beispielhafte Darstellung einer Definition von Eigenexpediting und Fremdexpediting

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Den vorangegangenen Ausführungen zufolge ist es also möglich, je nach Expe-

ditinganwendung diese in die verschiedenen Organisationen des Unternehmens ein-

zubetten. Dabei sind bei jeder Variante Vor- und Nachteile zu berücksichtigen und in

die Entscheidung einzubeziehen. Ist eine Entscheidung gefällt, sind im Anschluss

weitere Vorbereitungen zu treffen, um das Expediting in die Organisation zu imple-

mentieren. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Abteilungsstruktur des

Expediting.

Struktur des Expediting 4.4.1.2

4.4.1.2.1 Struktur bei der Anwendung von Fremdexpediting

Die Herausbildung einer besonderen Struktur ist im Fall der Dienstleistung nicht not-

wendig. Die Schnittstellendefinitionen sind eindeutig und vor allem minimal gehalten.

Für den externen Dienstleister gibt es mit dem Auftraggeber oder einer im Vertrag

benannten Person immer nur einen direkten Ansprechpartner. Bei der Anwendung

von externem Expediting wird in einem Vertragsverhältnis der Leistungsumfang ge-

nau beschrieben und vertraglich festgehalten. Diese Vertragsgrundlage dient als

Matrix für die Vertragserfüllung.

Hingegen muss beim Auftraggeber, also dem Informationsempfänger im Unterneh-

men, genau definiert werden, welche Funktion dieser im Unternehmen zu überneh-

men hat. Denn nur so können die entsprechenden Informationen an die richtigen

Stellen im Unternehmen weitergeleitet und nötigenfalls die richtigen Entscheidungen

herbeigeführt werden. Zusätzlich ist zu definieren, wie das Vertragsmanagement in-

nerhalb des Unternehmens umgesetzt wird. In diesem Fall sind zwei Vertragspartei-

en mit dem Unternehmen verbunden: zum einen der Dienstleister im Auftrag des Un-

ternehmens und zum anderen der Lieferant als Komponentenhersteller. Beide Ver-

tragsparteien benötigen Kontrolle und Steuerung. Es ist zu klären, welche Rolle der

Dienstleister gegenüber dem Lieferanten einnimmt und welche Partei die Verantwor-

tung für eine vertragsgerechte Lieferung zu tragen hat.

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4.4.1.2.2 Struktur beim Eigenexpediting

Die Grundlage eines funktionierenden Unternehmens sind Strukturen, die den Hand-

lungsrahmen der einzelnen Einheiten und Personen vorgeben und begrenzen. Diese

Voraussetzungen geben den MA den notwendigen Freiraum, sich zu entfalten und

ihr Know-how in die Praxis umzusetzen. Im Folgenden werden Voraussetzungen als

Basis für eine funktionierende Expeditingeinheit beschrieben.

Schnittstellendefinition – Abgrenzung zu anderen Fachbereichen

Eine der ersten Aktionen bei der Integration einer neuen Organisation ist eine exakte

Definition der Schnittstellen im Unternehmen. Schnittstellen entstehen durch Arbeits-

teilung, welche eine Folge der Produktivitätssteigerung in Unternehmen ist und eine

Konzentration auf bestimmte Arbeitsgebiete erzeugt.410 Die Schnittstellendefinition

erlaubt es der Organisation, die Teilaufgaben wieder zu einer Gesamtaufgabe zu-

sammenzufügen.411 Die Konfliktträchtigkeit der Arbeitsteilung wird damit vermindert

und das Kommunikationsrisiko im Unternehmen reduziert.412

Weiterhin ist es erforderlich, innerhalb der verschiedenen Organisationen die zu leis-

tenden Aufgaben zu definieren und zu kommunizieren.413 Ohne eine entsprechende,

den verschiedenen Organisationen vorgestellte und abgestimmte Aufgabendefinition

können durch Überschneidungen Konflikte entstehen und werden Hindernisse im

Projektablauf erzeugt. Mögliche Folgen können dann sein:

• Konflikte zwischen den Abteilungen, weil Probleme den anderen Abteilungen

zugeordnet werden;

• Demotivation der Mitarbeiter, weil ein hoher Aufwand für eine Deeskalation

von konfliktträchtigen Situationen aufgebracht wird;

• Notwendigkeit eines erhöhten Kommunikationsaufwandes, damit alle Beteilig-

te das Gefühl des Miteinanders entwickeln können.

410 Vgl. Brockhoff, K. (1994): S. 4. 411 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 4f. 412 Vgl. Voigt, K.-I. (1993): S. 8. 413 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 11.

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Abbildung 4-12 zeigt ein Beispiel einer Schnittstellen- und Aufgabendefinition. In der

Waagerechten (ovale Form) sind alle Schnittstelleninhaber aufgeführt. In der Senk-

rechten (rechteckige Form) sind alle Prozessschritte definiert. Dieses Beispiel veran-

schaulicht einen Ausschnitt mit drei Schritten aus dem gesamten Prozess. Für jeden

einzelnen Prozessschritt sind ein Verantwortlicher sowie die unterstützenden Partei-

en benannt. Der Status jeder einzelnen Partei wird in jedem Prozessschritt dokumen-

tiert und definiert. Diese Schnittstellendefinition legt eindeutig fest, welche Partei die

Führung im Ablauf übernimmt und welche Parteien unterstützend tätig sind.

Abbildung 4-12: Beispiel einer Schnittstellendefinition

Die Schnittstellendefinition ist der erste Schritt zur Modellierung einer Struktur für das

Expediting. Die Abstimmung mit und Abgrenzung von den betroffenen Organisatio-

nen im Unternehmen schränkt die Tätigkeiten des Expediting auf ein bestimmtes

Aufgabenspektrum ein. Auf dieser Grundlage können nun die notwendigen Aufgaben

und Tätigkeiten innerhalb der Expediting-Organisation fixiert werden.

Gestaltung der Expediting-Organisation

Für die Steuerung und Koordination eines Lieferantenauftrages durch das Expediting

sind Definitionen für die Einführung in die Organisation des Unternehmens festzu-

schreiben. Hierfür sind Merkmale identifiziert worden, die im weiteren Verlauf disku-

tiert und beispielhaft definiert werden. Dabei handelt es sich um:

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• Aufgabenerfüllungsrahmen

• Anforderungs- und Stellenprofil für das Expediting

• Reporting- /Berichtsstruktur

• Infrastruktur

• Innere Organisation

• Eskalationskultur

Aufgabenerfüllungsrahmen

Die definierten Kriterien des Expediting für die Aufgabenerfüllung stellen die Aus-

gangsposition für die Lieferantenauftragsabwicklung dar. Für jedes Lieferantenpro-

jekt, sofern dieses als risikoreich klassifiziert ist, wird das Expediting als Abwick-

lungseinheit eingesetzt. Kann ein genauer Startzeitpunkt des Expediting definiert

werden, so kann auch dessen rechtzeitige Einbindung in den Bestellprozess gewähr-

leistet werden. Es folgen einige Definitionen für die Einbindung des Expediting in den

Lieferantenauftragsabwicklungsprozess:

• Der Einsatz des Expediting beginnt ab dem Zeitpunkt der Auftragsplatzierung

beim Lieferanten.

• Das Expediting wird ab dem Zeitpunkt der finalen Lieferantenauswahl in das

Auswahlkomitee einbezogen.

• Das Expediting wird ab der ersten Lieferantenanfrage einbezogen, um den Er-

fahrungsrückfluss aus vorhergehenden Projekten zu nutzen.

Des Weiteren ist der Abschluss des Expeditingeinsatzes zu definieren. Ziel ist hierbei

eine genaue Beschreibung der Übergabe vom Expediting zur Projektleitung. Es fol-

gen einige Beispiele für eine Abschlussdefinition:

• Der Übergang vom Expediting zur Projektleitung kann durchgeführt werden,

sobald das bestellte Produkt ausgeliefert ist.

• Der Übergang vom Expediting zur Projektleitung kann durchgeführt werden,

sobald die Gewährleistungsphase eingetreten ist.

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• Der Übergang vom Expediting zur Projektleitung kann durchgeführt werden,

sobald

o das bestellte Produkt ausgeliefert,

o die dazugehörige Dokumentation abgeschlossen ist und

o alle entsprechenden Zahlungsmeilensteine erreicht und freigegeben

sind.

Die Definitionen für die Aufgabenerfüllung sind in jedem Fall den Anforderungen des

Unternehmens anzupassen. Zu beachten ist: Je genauer die Abgrenzung definiert

werden kann, umso einfacher kann der Übergabezeitpunkt terminlich abgestimmt

werden. Zu berücksichtigen sind zudem die Prozesse des Unternehmens und die

Auswahl der Kriterien für eine Definition.

Anforderungs- und Stellenprofil für das Expediting

Für die Übernahme der Funktion des Expediters während der Lieferantenauftrags-

abwicklung sind spezielle Kompetenzen notwendig. Kompetenzen werden dabei als

personenbezogene Fähigkeiten definiert,414 die den Kompetenzträger in die Lage

versetzen, eine Aufgabe eigenständig zu erfüllen.415 Personenbezogene Kompeten-

zen wie Wissen, Einstellungen, Werte und Methoden bestimmen in Kombination die

berufliche Handlungsfähigkeit.416 Die zur Erfüllung einer Aufgabe benötigten Kompe-

tenzen werden im Anforderungsprofil, auch als Stellenprofil bezeichnet, zusammen-

gefasst.417 Es kann als Instrument des Personalmanagements oder als ein Bestand-

teil von Stellenbeschreibungen verstanden werden.418 Dabei liefert das Profil eine

kurze Beschreibung der notwendigen Anforderungen, die ein Stelleninhaber erfüllen

muss.419

Stellenbeschreibungen hingegen umfassen formale Stellenmerkmale wie Organisati-

onseingliederung, Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibung, Schnittstellendefinition zu

414 Vgl. Bouncken, R. B. (2000): S. 871. 415 Vgl. Hilebrand, M. (2006): S. 17. 416 Vgl. Gillen, J. (2003): S. 5. 417 Vgl. Röder, A.; Grass, M. (2009): S. 54; Ulmer, G. (2001): S. 61. 418 Vgl. Dincher, R. (2007): S. 15; Röder, A.; Grass, M. (2009): S. 51. 419 Vgl. Ulmer, G. (2001): S. 61.

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anderen Organisationen und die Beschreibung von Anforderungen.420 Sie dienen

dem Unternehmen zur effektiven Gestaltung von Personaleinsatz, Gehaltsbestim-

mungen und Personalführung421 und bieten dabei vielfältige Einsatzmöglichkeiten,422

wie z. B.

• bezüglich der Grundlage der Gehaltsstruktur,

• bezüglich der Klärung der Schnittstellen,

• bezüglich eines besseren Verständnisses der Mitarbeiter für ihre Aufgaben,

• als Instrument für die Organisationsentwicklung,

• als Werkzeug zur Leistungsbeurteilung,

• bezüglich der Einweisung und Einführung neuer Mitarbeiter,

• als Grundlage für die Personalplanung,

• bezüglich des Ausbildungs- und Anforderungsprofils.

Der Expediter muss einen gewissen Grad an Bildung, speziellen Kompetenzen und

Qualifikationen vorweisen, um die Aufgaben während der Lieferantenauftragsabwick-

lung erfüllen zu können. In den Stellenbeschreibungen für das Expediting sind die

unterschiedlichen Expeditingformen zu berücksichtigen. Für das Deskexpediting ist

demnach ein anderes Anforderungs- und Tätigkeitsprofil vorzusehen als für das In-

tensivexpediting. Zu diesem Thema kann auf die zwischen Januar und Juni 2012

durchgeführte quantitative Studie „Das Berufsbild des Expediter im deutschen GAB.

Eine empirische Analyse“ rekurriert werden. Ziel dieser Studie war es, das Anforde-

rungsprofil eines Expediters für den deutschen GAB zu identifizieren und zu analy-

sieren. Dabei wurden 24 Probanden aus dem deutschen GAB kontaktiert und gebe-

ten, einen Online-Fragebogen auszufüllen. 13 Probanden füllten den Bogen vollstän-

dig aus, was einer Rücklaufquote von 54 Prozent entspricht.423 Die gewählte Metho-

dik zur Erstellung und Durchführung dieser Befragung ist ähnlich wie bei der voran-

gegangenen Befragung und basiert auf den in den Kapiteln 3.2.2.2.2 und 3.2.2.2.3

beschriebenen Grundlagen.

420 Vgl. Dincher, R. (2007): S. 16. 421 Vgl. Ulmer, G. (2001): S. 20. 422 Vgl. Berenson, C.; Ruhnke, H. O. (1977): S. 22. 423 Der Fragebogen zur Online-Studie „Das Berufsbild des Expediter im deutschen GAB. Eine empirische Analyse“ ist im An-

hang dokumentiert.

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Die Befragung aus 2012 konnte mit einem eindeutigen Resultat abgeschlossen wer-

den: Als Anforderung für einen Expediter ist ein Studium mit vorangegangener Aus-

bildung von Vorteil. 62 Prozent der Befragten gaben Studium und Ausbildung als er-

wünschten Bildungsstand eines Expediters an. 23 Prozent der Befragten äußerten

hingegen, dass es ihnen egal sei, welchen Bildungsstand der Expediter aufweise,

und 15 Prozent genügte es, wenn dieser zuvor eine berufliche Ausbildung absolviert

hat (siehe Abbildung 4-13). Aus dieser Studie geht jedoch nicht hervor, welche Ex-

peditingvariation in den Unternehmen angewendet wird, und daher können diesbe-

züglich auch keine Schlüsse auf die jeweilige Expeditingform gezogen werden. Auf-

grund der vielfältigen und unterschiedlichen Anforderungen der teilnehmenden Un-

ternehmen, kann aus dieser Studie kein generelles Anforderungsprofil für das Expe-

diting definiert werden. In jedem Unternehmen ist es durch besondere Projekteigen-

schaften notwendig, das Anforderungsprofil immer neu festzulegen und in die Stel-

lenbeschreibung zu integrieren. Demnach kann auch aktuell kein schulisches Ausbil-

dungsprogramm die Anforderungen erfüllen. Daher erarbeiten die Anlagenhersteller

für das Expediting eigene Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen und bilden

ihre Expediter auf dieser Grundlage selbst aus. Alternativ besteht die Möglichkeit,

ausgebildete Ressourcen extern zu in der Regel hohen Preisen einzukaufen.

Abbildung 4-13: Geforderter Ausbildungsgrad des Expediters bei den befrag-ten Unternehmen

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Reporting-/Berichtsstruktur

Für eine sinnvolle und erfolgreiche Kommunikation innerhalb des Unternehmens ist

eine geeignete Reporting- bzw. Berichtsstruktur aufzubauen. Dabei ist es von Vorteil,

die mit Informationen zu versorgenden Organisationen in die kreative Phase einzu-

beziehen. Die grundlegenden Inhalte424 wie Zielerreichung, Zielabweichung, Gründe

der Zielabweichung und vorgesehene Korrekturmaßnahmen werden jedoch nicht

angetastet. Mit dieser Vorgehensweise können zusätzlich geforderte Informationen

vom Informationsempfänger berücksichtigt und kann gleichzeitig die Definition des

Berichtszeitraumes festgelegt werden. Letztere gibt die Rahmenbedingungen für den

Aufbau einer vernünftigen Berichtsstruktur vor. Ziel hierbei ist

• so viel Information wie möglich (notwendige Information)

• in einem übersichtlichen Umfang

• innerhalb kürzester Zeit und

• regelmäßig

durch den Expediter darzustellen. Eine „Informationsflut“ wird durch diese Struktur

vermieden und stattdessen eine für den Unternehmenserfolg notwendige Informa-

tionsinfrastruktur425 erzeugt. Der Expediter in seiner zentralen Funktion als Informati-

onsgeber und Berichtsersteller wird somit die notwendige und sinnvolle Information

komprimiert an die Berichtsempfänger weiterleiten.

Infrastruktur

Mit Infrastruktur sind in diesem Kontext die Wirkungsbereiche des Expediting inner-

halb der Büroorganisation gemeint. Verschiedene Faktoren sind dabei für eine erfolg-

reiche Abwicklung zu berücksichtigen:

• Anzahl der Schnittstellen zum Expediting

• Abgrenzung der Tätigkeit des Expediting (Mobilität)

424 Vgl. Kyrer, A. (2001): S. 61. 425 Heinrich, L. J. (2002): S. 21ff.

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o Flexibilität

o Mobile Erreichbarkeit

o Problemkoordination

Werden diese Faktoren berücksichtigt, kann eine Organisation der Infrastruktur erfol-

gen. Eine sukzessive Herangehensweise an die verschiedenen Faktoren schafft da-

bei die besten Voraussetzungen zum Aufbau einer neuen Abteilung. Die systemati-

sche Auseinandersetzung mit der Frage der möglichen Schnittstellen wird der pla-

nenden Person helfen, die bestmögliche Lage für die neue Organisation zu identifi-

zieren. Je mehr Schnittstellen zu bedienen sind, desto mehr kurze Wege zu anderen

Projektteilnehmern werden gefordert und desto wichtiger ist eine zentrale Positionie-

rung der Abteilung. Durch eine potenziell hohe Kommunikationsfrequenz werden ei-

ne verbesserte Lieferantenauftragsabwicklung und gleichzeitig eine verbesserte

Problemkoordination erreicht.

Die Stellenbeschreibung gibt Aufschluss darüber, welche Ausrüstung der Expediter

für eine erfolgreiche Lieferantenauftragsabwicklung benötigt. Wird das Expediting als

Deskexpediting ausgeführt, so ist als Voraussetzung eine entsprechende Telefonan-

lage bereitzustellen. Zusätzlich ist mindestens ein fester Computer-Arbeitsplatz mit

der gängigen Software einzurichten. Ist diese vorhanden, kann der Expediter sich auf

die fernmündliche Kommunikation konzentrieren und die Aufgabe sorgfältig ausfüh-

ren. Hingegen ist die Tätigkeit des Intensivexpediting komplexer und bedingt weitere

Voraussetzungen. Insbesondere die Möglichkeit ständiger Mobilität muss hier be-

rücksichtigt werden. Mobile Telefone für eine kontinuierliche Erreichbarkeit sowie ein

mobiler Computer oder Tablets sind Grundvoraussetzungen zur Ausführung der Auf-

gaben. Die mobilen Technologien ermöglichen die Erstellung der Besuchsberichte

noch vor Ort. Gleichfalls kann der Expediter von außerhalb des Unternehmens auf

seine E-Mails, Datenbanken und Dateien zugreifen. So ist eine schnelle Reaktion auf

Anfragen stets gewährleistet.

Innere Organisation

Wichtig für die Gestaltung des neuen Fachbereichs Expediting ist seine Anordnung

innerhalb der inneren Organisation. Hierzu existieren verschiedene Ansätze. Für das

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Deskexpediting ist beispielsweise eine andere Organisation vorzusehen als für das

System des Expediting-Koordinators. Wiederum ist die Organisation anders, wenn

die Form des Intensivexpediting gewählt wird. Die innere Organisation ist abhängig

von

• der gewählten Expeditingform sowie

• den Rahmenbedingungen des Unternehmens.

Mit der Festlegung der Leistungskonfiguration durch die gewählte Expeditingvariation

steht die Leitungskonfiguration, also die Hierarchiegestaltung, noch aus.426 Bei der

Gestaltung der Abteilung sind Informationsnähe, Koordination, Motivationswirkung,

Kontrollierbarkeit und Ressourceneinsatz zu berücksichtigen. Jedoch existiert kein

Konzept, welches alle Aspekte gleichermaßen einbezieht.427 Die Zuständigkeiten

stellen die Rahmenbedingungen für den Expediter dar, welcher bei absehbaren

Überschreitungen die nächste Hierarchiestufe einbinden kann. Sind diese Zuständig-

keiten nicht eindeutig definiert, werden MA dem Risiko der Grenzüberschreitung

ausgesetzt. Ohne die Grenzen zu kennen, können sie diese deutlich überschreiten.

Im entgegengesetzten Fall besteht das Risiko, nicht einmal in die Nähe der Grenzen

zu gelangen und somit das Potenzial des Expediting nicht auszuschöpfen. Dies kann

eintreten, wenn MA sehr vorsichtig und unsicher bei der Ausführung ihrer Aufgaben

sind. Bei beiden Varianten schaden sie unwissentlich dem Unternehmen.

Eskalationsstufen

Eskalationsstufen sind Abgrenzungen für einen Expediter zur Einbindung von Vorge-

setzten. Kann ein Problem durch den Expediter nicht gelöst werden, wird für eine

schnelle Lösung der Vorgesetzte eingebunden. Eine Definition von Eskalationsstufen

dieser Art dient der rechtzeitigen Erkennung von Risiken bzw. der raschen Behebung

unlängst aufgetretener Probleme. Die Eskalationsstufen ermöglichen somit eine zu-

sätzliche Risikokontrolle während der Lieferantenauftragsabwicklung und bieten den

Beteiligten die Rahmenbedingungen zur Einbindung der Hierarchie. Ein Definitions-

426 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 254ff. 427 Vgl. Laux, H.; Liermann, F. (2005): S. 285ff.

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beispiel für Eskalationsstufen innerhalb einer Organisation kann wie folgt beschrie-

ben werden:

1. Eskalationsstufe – Übergabe an den Vorgesetzten

Ist ein Risiko erkannt, das innerhalb der nächsten sechs Wochen nur schwer zu ban-

nen und die Auslieferung dadurch gefährdet ist, so muss der Vorgesetzte umgehend

darüber informiert werden. Es obliegt seiner Verantwortung, den Expediter zu unter-

stützen, damit entsprechende Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt werden kön-

nen.

2. Eskalationsstufe – Übergabe an die nächsthöhere Instanz

Wird das Risiko aus der 1. Eskalationsstufe nach Übergabe nicht innerhalb der ers-

ten zwei Wochen gebannt, muss die nächsthöhere Instanz informiert werden. Diese

wird mit dem Expediter und dessen Vorgesetzten entsprechende Maßnahmen fest-

legen, einleiten und umsetzen. Die Verantwortung für Umsetzung, Kontrolle und

Steuerung trägt die ranghöchste Instanz.

3. Eskalationsstufe – Übergabe an das Management

Wird das Risiko in der 2. Eskalationsstufe innerhalb der weiteren zwei Wochen nicht

gebannt, muss das Management involviert werden. Das Management muss gemein-

sam mit den bisherigen Projektbeteiligten Maßnahmen erarbeiten und deren Umset-

zung kontrollieren. Es obliegt dem Management, die Steuerung der Gegenmaßnah-

men durchzuführen und diese auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Der Aktionsplan zur Abwendung von Risiken und Problemen ist Teil des Risikoma-

nagements. Mit der Einbindung der hierarchischen Strukturen wird mit jeder zusätzli-

chen Stufe das Risiko oder das Problem als eine größere Gefahr für das Projekt ein-

gestuft (kontinuierliche Bewertung der identifizierten Risiken). Durch eine exakte Be-

schreibung der Eskalationsstufen ist die Verantwortung im gesamten Kreislauf ein-

deutig definiert und der Projektverlauf kann durch eine Prioritätenanpassung recht-

zeitig gesteuert und gesichert werden.

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4.4.1.2.3 Struktur der Mischform

Wie bei der Organisation sind auch bei den Strukturen der Mischform die Eigen-

schaften des Eigenexpediting sowie des Fremdexpediting zu integrieren. Diese

Kombination erfordert eine genaue Abgrenzung sowie Definition des Zusammen-

spiels beider Einheiten. Wichtig ist hier die richtige Verarbeitung der Erkenntnisse

aus dem Fremdexpediting, welche im Anschluss durch das Eigenexpediting verarbei-

tet und kommuniziert werden. Nur so können die Projektverantwortlichen rechtzeitig

über den aktuellen Status des Lieferantenprojektes informiert und können bei Bedarf

notwendige Maßnahmen definiert und umgesetzt werden. Schließlich sichern zeitna-

he Entscheidungen den Auslieferungs- und Projekttermin.

Nachdem nun Organisation und Struktur einer Expediting-Organisation dargestellt

und diskutiert worden sind, soll als dritte und letzte Komponente die Prozessdefi-

nition für die Lieferantenauftragsabwicklung im Fokus stehen. Nachstehend werden

verschiedene Prozesse, die während der Lieferantenauftragsabwicklung notwendig

werden können, aufgezeigt.

Expediting-Prozesse 4.4.1.3

Eine Kette aus zusammenhängenden Aktivitäten wird als Prozess verstanden. Die-

ser kann unternehmensübergreifender, abteilungsübergreifender oder personenbe-

zogener Natur sein.428 Mit zunehmender Spezialisierung entstehen immer mehr In-

terdependenzen, welche die Notwendigkeit einer Abstimmung hervorrufen.429 Des-

halb sind bei neuen Prozessen die Schritte Prozessentwicklung, -abstimmung und

-integration ihrer Reihenfolge nach umzusetzen.430 Im Folgenden wird auf die Pro-

zesse innerhalb der Expediting-Organisation eingegangen, die nach abschließender

Prozessgestaltung mit den tangierenden Organisationen abzusprechen sind.

428 Vgl. Feldbrügge, R.; Brecht-Hadraschek, B. (2008): S. 15f. 429 Vgl. Ringlstetter, M. J. (1997): S. 9. 430 Vgl. Exeler, S.; Wilms, S. (2003): S. 47.

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4.4.1.3.1 Prozesslandschaft des Eigenexpediting

Die Prozesslandschaft ist abhängig von der gewählten Expeditingvariante. Je nach

gewählter Variante wird die Prozessdarstellung weitreichend oder weniger weitrei-

chend ausfallen. Für die Darstellung der Prozesse des Eigenexpediting wird die Va-

riante der Expediting-Intensivform gewählt. Diese Variante vereint sämtliche Prozes-

se, die auch in den beiden anderen Varianten vorkommen. Dabei kann der Expe-

ditingprozess in folgende verschiedene Teilprozesse aufgegliedert werden:

• Abwicklungsprozess

• Controllingprozess

• Reportingprozess

• Claimprozess

Controlling-, Reporting- und Claimprozess stellen Nebenprozesse dar, die dem ei-

gentlichen Hauptprozess der Abwicklung zugeordnet werden können. Dieser ist ohne

die Nebenprozesse nicht vollständig. Die Kombination aus den verschiedenen Pro-

zessen beschreibt die Aufgaben des Expediting. Das Verfahren, den Expeditingpro-

zess in seine Bestandteile aufzugliedern, wird durch eine bessere Abbildung und Ab-

stimmung der Expeditingstruktur begründet. Eine gut angepasste Organisation im

Unternehmen vermeidet dabei Schnittstellenprobleme, die ansonsten der Lieferan-

tenauftragsabwicklung hinderlich sein könnten.

Der Abwicklungsprozess

Der Abwicklungsprozess beschreibt die Umsetzung der Lieferantenauftragsabwick-

lung und definiert dabei die Kernfunktionen des Expediting, also dessen steuernde

und koordinierende Funktion im Hauptprozess. Die Prozessgestaltung ist unterneh-

mensabhängig und kann beliebig definiert, erweitert und angepasst werden. Somit

kann der Abwicklungsprozess – abhängig von der Wahl der Expeditingform – der

Prozesslandschaft des Unternehmens angeglichen werden. Um diesen Prozess her-

um werden anschließend die Nebenprozesse angeordnet, wodurch das Expediting in

seiner Gesamtheit abgebildet wird.

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Der Controllingprozess

Beim Controllingprozess handelt es sich um einen Nebenprozess, der das Vertrags-

management regelt. Dabei werden die Vertragsdaten kontinuierlich mit dem aktuellen

Auftragsstatus verglichen und im Falle von Abweichungen Maßnahmen festgelegt

und umgesetzt. Da hier die Rahmenbedingungen einem ständigen Abgleich unterlie-

gen und somit der Gesamtprozess eine Steuerung erfährt, wird dieser Teilbereich als

Controllingprozess bezeichnet.

Der Reportingprozess

Der Reportingprozess hat als Aufgabe die Beschreibung und Festlegung der Re-

portingstruktur. Dabei vermeiden feste Vorgaben einen überhöhten Aufwand des Be-

richtswesens. Zudem hat das regelmäßige Reporting eine zusätzliche Controlling-

funktion, indem die Reportempfänger den kontinuierlichen Fortschritt prüfen und die

Ersteller einem Eigencontrolling ausgesetzt sind. Die regelmäßige Informationsabga-

be erfordert vom Expediter, immer einen Vergleich zwischen dem Ist- und dem Soll-

zustand darzustellen und diese Information den entsprechenden Stellen zukommen

zu lassen.

Der Claimprozess

Während der Projektabwicklung kann es zu nicht erwünschten und zusätzliche Kos-

ten verursachenden Abweichungen kommen. Der Claimprozess ermöglicht es dem

Unternehmen, das zusätzlich investierte und entrichtete Kapital vom Lieferanten oder

dem Kunden einzufordern. Werden Vertragsabweichungen während der Lieferanten-

auftragsabwicklung erkannt, wird der Vertragspartner über die Abweichung informiert

und ihm wird gleichzeitig eine Forderung für den zusätzlichen Aufwand vorgelegt.

Die beschriebenen Prozesse sind unabhängig von der Art der angewendeten Expe-

ditingform durchzuführen. Jede Anwendungsform benötigt jedoch eine Darstellung

und Definition der entsprechenden Prozesse. Alle Varianten des Expediting werden

diese Prozesse in den verschiedenen Phasen der Abwicklung anwenden müssen.

Deshalb ist es eine Voraussetzung, diese Prozesse zu definieren und an das Unter-

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nehmen anzupassen. In Abbildung 4-14 sind die zuvor beschriebenen Prozesse des

Expediting in einer beispielhaften Prozessbeschreibung dargestellt.

Abbildung 4-14: Darstellung einer Prozesslandschaft für Eigenexpediting

4.4.1.3.2 Prozesse des Fremdexpediting

Die Prozessbeschreibung bezüglich der Beauftragung von Expediting-Dienstleistern

wird in drei Teilprozesse aufgegliedert. Im ersten Teilprozess wird ein Vertrag mit

dem Dienstleister abgeschlossen, in dem der Liefer- und Leistungsumfang beschrie-

ben ist. Im zweiten Teilprozess, welcher auch den Hauptprozess abbildet, wird der

Transfer der Information vom Dienstleister zum Kunden sowie die Informationsvertei-

lung innerhalb des Unternehmens dargestellt. Der dritte Teilprozess beschreibt den

Umgang mit dem Vertragsmanagement und dessen Umsetzung in der Organisation

sowie die Befugnisse des Dienstleisters. Abbildung 4-15 veranschaulicht die zuvor

beschriebene Prozessdefinition für Fremdexpediting.

Abbildung 4-15: Darstellung der Prozesslandschaft für Fremdexpediting

4.4.1.3.3 Prozesse der Mischform

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Bei der Expediting-Mischform sind die Prozesse der eigenständigen Expeditingfor-

men zu berücksichtigen und zusammenzuführen. Dabei wird es jedoch nicht möglich

sein, die vorangegangenen Prozessstrukturen ohne Veränderungen zu übernehmen.

Die Kombination beider Formen erfordert wesentliche Anpassungen, damit ein stö-

rungsfreier Prozessablauf gewährleistet werden kann. Zusätzlich wird ein weiterer

Teilprozess integriert werden müssen, der die gewählte Expeditingform kontinuierlich

auf Zielerreichung prüft und kritisch hinterfragt. Wird somit eine Entscheidung hin-

sichtlich des Expediting gefällt, kann diese z. B. aufgrund einer Kritikalität oder Priori-

tät der Komponente/des Bauteils oder aufgrund der aktuellen Lieferantensituation

widerrufen werden. Die regelmäßige Prüfung der Lieferantenauftragsabwicklung er-

laubt dadurch eine Strategieanpassung gegenüber planerischen Abweichungen. Ab-

bildung 4-16 stellt eine Prozessbeschreibung für die Mischform dar.

Abbildung 4-16: Beispiel für den Prozess der Mischform

Mit der Prozessbeschreibung für die Mischform kann das Thema der organisatio-

nalen Einbindung des Expediting abgeschlossen werden. Für die Auswahl des Ex-

pediting besteht jedoch noch ein weiterer Aspekt, der einer näheren Betrachtung un-

terzogen werden sollte: die Lieferantenqualifikation.

Lieferantenqualifikation 4.4.1.4

Wird die Strategie des Expediting ausgewählt, so sind auch Qualifikation und Erfah-

rung der Lieferanten zu analysieren. Mithilfe dieser Analyse kann das Expediting

strategisch ausgerichtet und das bestmögliche Ergebnis während der Lieferantenauf-

tragsabwicklung erwartet werden. Im Gegensatz zur Serienfertigung bietet die Litera-

tur keine Informationen hinsichtlich einer Klassifizierung der Lieferanten für Einzelfer-

tigung, wie dies überwiegend im industriellen Anlagenbau der Fall ist. Daher wird hier

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eine Klassifizierung der Lieferanten im GAB in erfahrene, unerfahrene und ehemals

erfahrene Lieferanten vorgenommen und der daraus resultierende Einfluss für das

Expediting diskutiert.

4.4.1.4.1 Erfahrene, unerfahrene und ehemals erfahrene Lieferanten

Erfahrene Lieferanten können als optimale Ausgangssituation definiert werden. Die-

se haben in jüngster Vergangenheit Verträge mit den Unternehmen aus dem deut-

schen GAB abgewickelt, sie haben Erfahrungen sammeln können und sind qualifi-

ziert. Für neue Aufträge können die Lieferanten ihr erworbenes Wissen in der Ange-

bots- und Abwicklungsphase anwenden. Während der Angebotsphase sind Abwei-

chungen gegenüber ähnlichen früheren Projekten durch den Auftraggeber zu kom-

munizieren. Dies soll eine qualifizierte Angebotsabgabe durch den Lieferanten

sicherstellen.

Unerfahrene Lieferanten können zweifellos als die risikointensivste Ausgangs-

situation definiert werden. Lieferanten, die noch nie zuvor mit einem Unternehmen

aus dem deutschen GAB zusammengearbeitet haben, können die Vorgehensweise

der Branche des GAB nicht nachvollziehen. Entsprechend besteht ein hohes Maß an

Abwicklungsrisiken, die während der verschiedenen Projektphasen auftreten können.

Lieferanten, die frühere Erfahrungen mit der Abwicklung von Aufträgen aus dem

GAB vorweisen können, könnten diese für aktuelle Aufträge verwenden. Dabei wür-

den sie die Risiken in der Abwicklung richtig zu erkennen und zu bewerten sowie mit

wirkungsvollen Gegenmaßnahmen zu belegen glauben. Dies ist jedoch möglicher-

weise ein Trugschluss. Denn Erfahrung kann aufgebaut werden, wenn in der Ver-

gangenheit ein kontinuierlicher Bestand an Aufträgen aus der Branche des deut-

schen GAB vorhanden war. Wird diese Kontinuität jedoch unterbrochen, so wird –

beispielsweise durch die Versetzung von MA in andere Fertigungsbereiche oder

durch ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen – das aufgebaute Know-how wieder

verloren. Somit können ehemals erfahrene Lieferanten ähnlich wie Lieferanten ohne

Erfahrung klassifiziert werden. Auch hier ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein erhebli-

ches Maß an Abwicklungsrisiken vorhanden, welche in den verschiedenen Pro-

jektphasen eintreten können.

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4.4.1.4.2 Lieferantenqualifikation vs. Expediting

Qualifizierte, erfahrene Lieferanten sind mit der Abwicklung von Aufträgen aus der

Branche des GAB vertraut. Für diese ist in der Lieferantenauftragsabwicklung eine

optimale Kommunikation zwischen Lieferant und Unternehmen zu gewährleisten.

Dieser Ausgangssituation entsprechend kann das Expediting strategisch ausgerich-

tet werden, d. h., die gewählte Expeditingvariante wird für eine regelmäßige Kontrolle

mit minimaler Steuerung des Prozesses eingesetzt. In diesem Fall wird eine geringe

Notwendigkeit des Eingriffes durch Expediting angenommen. Wird aber im Laufe der

Lieferantenauftragsabwicklung eine negative Abweichung zu den Planwerten festge-

stellt, ist eine Überprüfung des Expediting notwendig und gegebenenfalls eine Ände-

rung in der Lieferantenauftragsabwicklung zu vollziehen. Diese Vorgehensweise er-

laubt es, eine vorangegangene Fehlinterpretation noch während des Lieferantenpro-

jektes zu korrigieren.

Ein Lieferantenprojekt mit unerfahrenen Lieferanten ist eine doppelte Herausforde-

rung für das Risikomanagement: Denn der Lieferant ist nicht nur unerfahren, sondern

dem Auftraggeber zudem nicht selten unbekannt. Demnach hat der Auftraggeber

keine Erfahrung damit, wie der Lieferant während der Projektlaufzeit agiert und rea-

giert. Daher wird sicherlich ein Expediting mit einem hohen Kommunikations- und

Koordinationsaufwand gefordert, das aber abhängig bleibt von der gewählten Expe-

ditingvariante. Auch für diesen Fall gilt eine kontinuierliche Überprüfung des Expe-

ditingeinsatzes, die in einer notwendigen Anpassung der Lieferantenauftragsabwick-

lung münden kann.

Bei ehemals erfahrenen Lieferanten gilt es, diese einer genauen Überprüfung zu un-

terziehen. Dabei ist die Qualifikation des Lieferanten hinsichtlich MA und Know-how-

Übertrag in Erfahrung zu bringen. Der Grad der Erfahrung des Lieferanten ist die

Grundlage für die Entscheidung über den Grad des Expediting. Wird nachgewiesen,

dass keine Erfahrung im Unternehmen mehr ausgewiesen werden kann, so wird das

Expediting wie im vorangegangenen Absatz beschrieben eingesetzt. Kann Erfahrung

nachgewiesen werden, so wird das entsprechende Unternehmen wie ein qualifizier-

ter Lieferant mit der Einschränkung einer erhöhten Risikoanfälligkeit behandelt.

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Die Kategorisierung der Lieferanten ist der notwendige letzte Schritt zur Integration

des Expediting in eine Organisation. In diesem Kapitel wurde somit analysiert, wel-

che Rahmenbedingungen das Unternehmen für die Implementierung von Expediting

in die Organisation bereitzustellen hat. Im folgenden Kapitel werden besondere Be-

dingungen während der Lieferantenauftragsabwicklung skizziert und diesbezüglich

angemessene selektive Strategien diskutiert.

4.4.2 Selektive Strategien für spezielle Rahmenbedingungen

Spezielle Rahmenbedingungen stellen in der Abwicklung Problemsituationen dar, die

ein negatives Projektergebnis erwarten lassen. Im weiteren Verlauf wird deshalb auf

diese Rahmenbedingungen eingegangen und es werden verschiedene Strategien

zur Bewältigung damit verbundener Risiken diskutiert. Spezielle Rahmenbedingun-

gen können sein:

• Geringe Abhängigkeit des Lieferanten vom eigenen Unternehmen

• Notwendigkeit hoher Termintreue aufgrund der Projektvorgaben

• Notwendigkeit hoher Kostentreue aufgrund der Projektvorgaben

• Störfaktoren im Abwicklungsprozess

• Kulturumgebung des Lieferanten

Geringe Abhängigkeit des Lieferanten vom eigenen Unterneh-4.4.2.1

men

Wie in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben, bedient sich die Branche des

GAB der Zulieferer aus dem Maschinen- und Anlagenbau. Durch das große Auf-

tragsvolumen des Maschinen- und Anlagenbaus erreichen die Aufträge des GAB nur

einen geringen Umsatzanteil bei den Lieferanten. Dieser Umstand vermeidet eine

Abhängigkeit der Lieferanten von den Unternehmen des GAB und hat zur Folge,

dass letztere in Problemsituationen nur einen geringen bzw. keinen Einfluss auf den

Lieferanten ausüben können.

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Die Herausforderung in der Lieferantenauftragsabwicklung ist die Gewährleistung

einer nahezu störungsfreien Projektabwicklung für den Lieferanten. Diese Ausgangs-

situation erfordert ein intensives Expediting, das die Kontrolle, Steuerung und Koor-

dination übernehmen kann. Der erhöhte Aufwand für das Expediting kann nachfol-

gende Risiken beherrschen oder bestehende Probleme lösen helfen:

• Vernachlässigung des Auftrages durch den Lieferanten

• Verzugsvermeidung durch rechtzeitige Risiko- und Problemerkennung im Fer-

tigungsprozess

• Vermeidung und Kontrolle von zusätzlichen Kosten

• Unterstützung und Koordination des Lieferanten für eine vertragskonforme

Abwicklung

• Frühzeitige Erkennung von Vertragsabweichungen und Rückführung zu den

Vertragsvereinbarungen

Ziel dieser Vorgehensweise ist eine reibungslose Abwicklung des Projektes. So wer-

den die Rahmenbedingungen des gemeinsam abgeschlossenen Vertrages eingehal-

ten und ein zusätzlicher Aufwand wird vermieden. Die positiven Folgen dieser Vor-

gehensweise sind:

• Rechtzeitiger Projektabschluss

• Minimaler Projektaufwand für den Lieferanten

• Geringe bis keine Kostensteigerungen für zukünftige Projekte

• Überschaubarer Zusatzaufwand für das eigene Unternehmen

Die Beziehung zwischen Kunde und Lieferant wird durch das entstandene partner-

schaftliche Verhältnis verbessert. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine langfristige

Bindung zwischen beiden Parteien knüpfen und der Grundstein für ein SCM legen.

Beide Geschäftspartner erfahren durch die erfolgreiche Projektabwicklung ein positi-

ves kommerzielles Ergebnis, das bei weiterer Zusammenarbeit auf partnerschaftli-

cher Basis ausgebaut werden kann.

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Notwendigkeit hoher Termintreue aufgrund von Projektvor-4.4.2.2

gaben

Aus unterschiedlichen Gründen können Projektvorgaben die unbedingte Einhaltung

von Terminen erfordern. Die Folgen eines Verzuges könnten nicht mehr aufgefangen

werden und würden das Projektergebnis negativ beeinflussen, z. B. durch eine

Schadenersatzforderung des Kunden. Daher sollen nachfolgend verschiedene Mög-

lichkeiten vorgestellt werden, die eine Verzögerung oder Verschiebung vermeiden

können.

Das Expediting beraumt noch vor dem Kick-off-Meeting mit dem Lieferanten eine

Veranstaltung mit den Projektbeteiligten innerhalb des Unternehmens an. Das Er-

gebnis dieser Veranstaltung ist ein detaillierter Maßnahmenplan im Notfall. Wichtig

ist in dieser Situation die Zustimmung aller Projektbeteiligten für diesen Maßnah-

menplan. Insbesondere das Einverständnis der Projektleitung ist aufgrund ihrer

Budgethoheit eine Grundvoraussetzung für einen erfolgversprechenden Aktionsplan.

In Situationen, die nicht mehr durch konventionelle Maßnahmen gelöst werden kön-

nen, kann der vorbereitete Maßnahmenplan eine schnelle Lösung herbeiführen.

Notwendige Kapazitäten und Kapital sind bei der Erarbeitung bereits diskutiert und

verabschiedet worden und können so bei Bedarf abgerufen und schnellstmöglich

bereitgestellt werden.

Treten während der Abwicklung Unregelmäßigkeiten oder Abweichungen auf, be-

steht die Möglichkeit, auf den Maßnahmenplan zurückzugreifen. Kann der Zeitplan

durch Aktionen des Lieferanten eingehalten werden, so wird bevorzugt auf solche

Aktionen zurückgegriffen – vor allem wenn sie für das eigene Unternehmen kosten-

neutral ausfallen. Werden die zusätzlichen Aufwendungen an das eigene Unterneh-

men weitergereicht, so wird eine zeitnahe Entscheidung durch die Projektleitung

notwendig. In jedem Fall ist eine schnelle und sichere Umsetzung der Aktionen ge-

fordert, die durch ein aktives Risikomanagement vorbereitet und beobachtet werden

muss.

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Notwendigkeit hoher Kostentreue aufgrund der Projektsituation 4.4.2.3

Neben einer möglichen Notwendigkeit hoher Termintreue kann auch die Forderung

nach hoher Kostentreue durch die Projektleitung bestehen. In diesem Fall sind Vor-

kehrungen für Ausweichmöglichkeiten zu treffen, welche bei drohenden zusätzlichen

Kosten gewählt werden können. Ein Beispiel für eine Ausweichmöglichkeit ist eine

potenzielle Verschiebung des Auslieferungstermins um einen bestimmten, noch ak-

zeptablen Zeitraum.

Zu Beginn des Projektes werden allen Mitwirkenden die notwendigen Informationen

und Rahmenbedingungen sowie das vorhandene Budget mitgeteilt. Auf Grundlage

dieser Informationen wird das Expediting seine Strategie für die Lieferantenauftrags-

abwicklung festlegen. Die Vorgehensweise bei der Abwicklung wird sein:

• Ständige Prüfung des Liefer- und Leistungsumfanges " kontinuierliche Über-

prüfung von Forderungen der eigenen Fachabteilungen

• Kontinuierlicher Soll-Ist-Vergleich von Vertragsdaten und der Projektsituation

• Workshop mit Lieferanten hinsichtlich potenzieller Einsparmaßnahmen

• Projektvoraussetzungen vor Beginn definieren

Diese genannten Aktionen sind die eigentlichen Tätigkeiten des Expediting und soll-

ten als keine besonderen Aktionen dargestellt werden. Jedoch ist in dem vorliegen-

den Fall die notwendige Intensität der Ausführung zu beachten. Diese wird im Ver-

gleich zu einer Standardabwicklung einen deutlich höheren Aufwand zeitigen.

Besonders durch das intensivierte Controlling des Expediting in Bezug auf den Lie-

fer- und Leistungsumfang ermöglicht diese Vorgehensweise der Projektleitung eine

frühzeitige Einflussnahme auf bestimmte Situationen. So werden die Forderungen

der Fachabteilungen mit den vertraglich dokumentierten Spezifikationen abgeglichen.

Wird dabei eine Abweichung festgestellt, kann frühzeitig eingegriffen werden und der

Projektverlauf wird nicht gestört. Zusätzlich wird das Expediting zusammen mit dem

Lieferanten potenzielle Einsparmaßnahmen erarbeiten und festsetzen, die im Verlauf

des Projektes umgesetzt werden können. Durch diese Vorgehensweise können nicht

vermeidbare Mehrkosten mit den zuvor besprochenen Einsparmaßnahmen verrech-

net werden.

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Störfaktoren in der Abwicklung 4.4.2.4

Ein nachhaltiges Konzept des Expediting bedingt auch die Berücksichtigung der

Störfaktoren in der Lieferantenauftragsabwicklung. Mögliche Störfaktoren in der Ab-

wicklung können sein:

• die Konjunktur,

• externe Dritte, die Einfluss auf das Projekt ausüben können,

• die wirtschaftliche Situation des Lieferanten,

• das Know-how des Lieferanten.

4.4.2.4.1 Konjunktur als Störfaktor

Die Konjunktur selbst wird nicht als Störfaktor gesehen. Jedoch ist sie Auslöser für

Faktoren, die den Lieferanten dazu verleiten, den Projektverlauf zu blockieren, zu

behindern oder zu vernachlässigen. Bestimmte Eigenschaften der einzelnen Kon-

junkturphasen üben einen Einfluss auf die Lieferanten aus. Dies kann sich negativ

auf die Aufträge aus dem GAB auswirken. Denn die Komplexität der Aufträge aus

dem industriellen Anlagenbau belastet neben der allgemeinwirtschaftlichen Lage den

Lieferanten zusätzlich. Die Auswirkungen auf die Motivation der MA des Lieferanten

sind negativ und zeigen sich durch eine Abwehrhaltung gegenüber dem Kunden aus

dem GAB.

Projektkontrolle und -steuerung sind Aufgaben des Expediting. Das rechtzeitige Er-

kennen von Risiken und das Einleiten von entsprechenden Maßnahmen sowie eine

ständige Kommunikation mit dem Lieferanten werden der Demotivation vorbeugen.

Es wird ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Lieferant und Kunde aufgebaut,

das eine zufriedenstellende und qualitativ hochwertige Projektabwicklung ermöglicht.

Aufbauend auf dieser Grundlage kann eine langfristige Bindung mit dem Unterneh-

men angestrebt und ein ganzheitliches Lieferantenmanagement aufgebaut werden.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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4.4.2.4.2 Externe Dritte, die Einfluss auf das Projekt ausüben können

Als externe Dritte werden Unternehmen oder Personen bezeichnet, die durch ihren

Einfluss auf den Lieferanten das eigene Projekt fördern und gleichzeitig Projekte von

anderen Kunden in der Priorität verdrängen. Beispielsweise wird ein Auftrag bei ei-

nem Lieferanten platziert, bei dem parallel ein weiterer Auftrag von einem anderen

Kunden eingeht. Der Auftrag des anderen Kunden ist durch die geringe Vertragslauf-

zeit und eine kurzfristige Umsatzbuchung deutlich lukrativer. Beide Aufträge parallel

zu bearbeiten, ist aufgrund fehlender Ressourcen nicht möglich.

Dieser Situation sehen sich viele Großanlagenbauer gegenüber. Durch die komplexe

Auftragsabwicklung im GAB sind die Lieferanten oftmals mit den Anforderungen des

Kunden überfordert und zögern bewusst notwendige Tätigkeiten hinaus. Erkennt der

Kunde die Situation, hat das Unternehmen die Möglichkeit, das Expediting zu inten-

sivieren, indem es zum einen den Aufwand der Abwicklung erhöht und zum anderen

das Claimmanagement aktiv betreibt. Diese Vorgehensweise hat folgende Vorteile:

• Die Intensivierung der Auftragsabwicklung reduziert das Risiko eines Verzu-

ges und somit das Verdrängen des eigenen Auftrages durch den Lieferanten.

• Ein aktives Claimmanagement erlaubt es, die zusätzlichen Kosten, welche

durch das intensive Expediting auftreten, vom Lieferanten einzufordern. Die

zusätzlichen Aufwendungen zur Sicherung des Termins sind außergewöhnli-

che Belastungen, die bei einem normalen Projektverlauf nicht aufgetreten wä-

ren.

Die zuvor genannten Aktionen werden zwar in einigen Fällen, nicht jedoch in jedem

Fall hilfreich sein. Für besondere Fälle kann das Expediting nochmals intensiviert

und somit als Resident Expediting ausgeführt werden. Beim Resident Expediting wird

der MA als ständiger Begleiter des Lieferanten vor Ort eingesetzt. Dabei führt der

zugeteilte Expediter die gleichen Tätigkeiten aus, als wenn er in regelmäßigen Ab-

ständen vor Ort wäre. Durch die zusätzliche ständige Präsenz hat der Resident Ex-

pediter die Möglichkeit, den Lieferanten jederzeit zu unterstützen, zu kontrollieren

und zu steuern. Vorteile des Resident Expediting sind:

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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• Frühzeitige Risikoerkennung durch ständige Präsenz

• Sofortige Einleitung von Aktionen zur Bekämpfung von Risiken und Proble-

men

• Sprachrohr des Unternehmens beim Lieferanten

• Bessere Kontrolle und Steuerung des Lieferanten

• Deutlich höhere Wahrscheinlichkeit zur Einhaltung des Liefertermins

4.4.2.4.3 Die wirtschaftliche Situation des Lieferanten

Die prekäre wirtschaftliche Situation von Lieferanten kann einen weiteren Störfaktor

in der Lieferantenauftragsabwicklung darstellen. Die Banken werden aufgrund des

hohen Ausfallrisikos die Finanzierung nicht mehr unterstützen und dem Lieferant

droht in der Folge die Insolvenz. Ein Auftraggeber, der laufende Aufträge bei diesem

Lieferanten hat, wird versuchen, diese schnellstmöglich abzuschließen, oder er wird

sich für eine andere Lösung (z. B. einen anderen Lieferanten) entscheiden. Es kön-

nen verschiedene Ansätze gewählt werden, um der prekären Situation des Lieferan-

ten zu begegnen:

1. Aufkaufen des insolventen Unternehmens und sein Betreiben, bis die eigenen

Aufträge abgeschlossen sind. Danach kann die Insolvenz weitergeführt wer-

den.

2. Die platzierten Aufträge bei dem insolventen Unternehmen abziehen und bei

einem anderen Lieferanten bestellen. Dabei sind die Vertragskonditionen zu

berücksichtigen.

3. Den Lieferanten dabei unterstützen, den Auftrag noch vor der Insolvenz ab-

zuschließen.

Im Hinblick auf das übergeordnete Thema „Expediting im Großanlagenbau“ wird im

weiteren Verlauf nur auf die dritte Möglichkeit, die Unterstützung des Lieferanten,

eingegangen. Dies macht allerdings eine Koordination und Steuerung durch das Ex-

pediting notwendig. Dabei wird es nicht ausreichen, das Expediting nur beim Liefe-

ranten zu implementieren. Stattdessen ist auch eine Ausweitung auf die verschiede-

nen Fachabteilungen unausweichlich. Daher ist vorab mit allen Projektbeteiligten ei-

ne Analyse der auszuführenden Tätigkeiten durchzuführen und der Umfang zu defi-

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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nieren. Ziel ist ein schnellstmöglicher Abschluss des Lieferantenauftrages mit den

zuvor festgelegten Maßnahmen, welche durch das Expediting gesteuert und koordi-

niert werden.

4.4.2.4.4 Know-how des Lieferanten

Unternehmen sind aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation und der Konjunkturein-

flüsse gezwungen, MA freizustellen und auch wieder einzustellen. In den Freistel-

lungszeiträumen müssen nicht nur unerfahrene, sondern auch erfahrene MA den

Betrieb verlassen. Kommt es zu Einstellungen, so sind erfahrene und qualifizierte

Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt in der Regel schwer zu finden. In der Folge werden

weniger qualifizierte MA angestellt, die notwendige Einarbeitung wird aufgrund der

hohen Auslastung vernachlässigt und der MA wird nicht für die entsprechende Funk-

tion qualifiziert. Aufgrund erfolgreich abgeschlossener Aufträge in der Vergangenheit

wird sodann dieser Lieferant ausgewählt, einen neuen Auftrag aus dem GAB auszu-

führen. Zwar war in der Vergangenheit die notwendige Qualifikation zur Abwicklung

eines Auftrages vorhanden, jedoch ist dieses Know-how in der Gegenwart nicht mehr

verfügbar. Eine ähnliche Situation kann bei Lieferanten auftreten, die keine Erfahrung

und kein Know-how in der Branche des GAB vorweisen können und den tatsächli-

chen Projektaufwand in der Angebots- und Projektphase unterschätzen.

Sind bei den Lieferanten die zuvor genannten Anzeichen vorhanden, kann von einer

Überforderung während der Auftragsabwicklung ausgegangen werden. Folgen einer

Überforderung können sein:

• Verzögerung des Auftrages

• Koordinationslosigkeit

• Probleme bei der Erstellung von Dokumenten

• Fertigungsabweichungen

Werden solche Symptome während der Lieferantenauftragsabwicklung erkannt, be-

stehen verschiedene Möglichkeiten, diesen mithilfe des Expediting zu begegnen und

das Projekt wieder planmäßig zu steuern. Möglichkeiten des Expediting können sein:

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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• Expeditingaufwand intensivieren

• Resident Expediting ausführen

• Aktionen vergleichbar mit denen eines insolventen Lieferanten durchführen

Besteht das Potenzial einer langfristigen Bindung mit dem Lieferanten, kann durch

die Intensivierung des Expediting oder durch Ausführung von Resident Expediting

der Lieferant aufgebaut und qualifiziert werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht

die Auswahl dieses Zulieferers für zukünftige Aufträge und lässt sodann eine verein-

fachte Lieferantenauftragsabwicklung erwarten. Ist eine langfristige Bindung mit dem

Lieferanten nicht vorstellbar, kann der Auftrag mit beiden Varianten so schnell wie

möglich zu einem Abschluss geführt werden.

Wird jedoch die dritte Variante ausgewählt, so wird in jedem Fall davon ausgegan-

gen, den Lieferanten zukünftig nicht mehr zu beauftragen. Tritt diese Situation ein, so

ist ein schnellstmöglicher Abschluss und somit eine Begrenzung des zu investieren-

den Aufwandes zu empfehlen. Bei frühzeitiger Identifizierung des Problems ist zu

bedenken, ob ein Wechsel des Lieferanten einen Vorteil generieren könnte.

4.4.2.4.5 Kulturumgebung des Lieferanten

Eine weitere besondere Situation für das Unternehmen ergibt sich aus der Kulturum-

gebung des Lieferanten. Die Zusammenarbeit verschiedener Kulturen und deren je-

weils ungewohnte Handlungsweisen können unerwartete Probleme zeitigen. Prob-

leme entstehen aber auch ohne bewusste Einwirkung der anderen Kultur. Ursachen

können sein:

• Sprachbarrieren

• Unterschiedliches Verständnis von Projektabwicklung

• Unternehmenskultur

• Fehlerkultur

• Divergierende Prozesse

Bei Treffen von Unternehmensvertretern aus verschiedenen Ländern hat das „Risiko

Sprache“ einen bedeutenden Einfluss auf den Projektverlauf. In der Branche des

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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deutschen GAB ist die Vertragssprache überwiegend Englisch und die Kommuni-

kation bei Kontakt bzw. einem Treffen verläuft zu einem hohen Anteil in einer Fremd-

sprache für die Teilnehmer. Dabei entstehen Missverständnisse und Probleme über-

wiegend durch eine falsche Auslegung der Aussagen des Projektpartners.

Das Verständnis bezüglich der Projektabwicklung ist ein weiteres Risiko bei der Zu-

sammenarbeit unterschiedlicher Kulturen. Die verschiedenen Definitionen der Projek-

tabwicklung führen zu ungleichen Erwartungen, welche wiederum zu Missverständ-

nissen und Problemen in der Abwicklung führen können. Beispielsweise erwartet der

eine Projektpartner eine sofortige Ausführung einer besprochenen Aktion, während

beim anderen Projektpartner die Ausführung der Aktion nachrangig behandelt wird.

Die Risiken Unternehmenskultur, Fehlerkultur und Prozesse können einer gemein-

samen Betrachtung unterzogen werden. Diese Risiken sind eng verbunden mit den

Umgangsformen im Unternehmen. Gehört es zur Unternehmenskultur, die Prozesse

zu definieren und zu leben, wird auch eine offene Fehlerkultur vorherrschen. Werden

jedoch die Prozesse nur aus Anlass eines Audits definiert, wird mit einer hohen

Wahrscheinlichkeit keine offene Fehlerkultur akzeptiert werden. Die Folge ist eine

Problemidentifikation zu einem späten und ungünstigen Zeitpunkt während der Liefe-

rantenauftragsabwicklung. Diese Probleme sind eingetretene Risiken, die in der An-

fangsphase durch das Fehlen einer offenen Fehlerkultur nicht berücksichtigt und be-

wertet werden konnten.

In all diesen Fällen kann das Expediting eine bedeutende Rolle im Projektgeschehen

einnehmen. Das Expediting hat dabei die Aufgabe, die Kompatibilität der unter-

schiedlichen Projektsichtweisen und somit die Ausführung des Projektes zu den ei-

genen Anforderungen zu gewährleisten. Es wird die Barrieren überwinden, eine ein-

heitliche Projektabwicklung und ein einheitliches Projektverständnis erzeugen und

allen Projektbeteiligten das Gefühl einer kooperativen Abwicklung vermitteln. Durch

die Qualifikation des Expediters in Kommunikationstechniken kann der Gedanke von

Gemeinschaft und Kooperation gefördert werden. Die Anforderungen an den Expedi-

ter im Einsatz mit Projektpartnern aus anderen Kulturen müssen jedoch für ein posi-

tives Ergebnis noch weiter gefasst werden:

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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• Gute bis sehr gute englische Sprachkenntnisse

• Vorteilhaft sind zudem lokale Sprachkenntnisse

• Erfahrung in interkultureller Kommunikation

• Know-how bezüglich der technischen Anforderungen

• Wissen in Bezug auf lokale Umgangsformen

Sind diese Voraussetzungen als Qualifikation des Expediting gegeben, so kann mit

einer hohen Wahrscheinlichkeit eine positive Lieferantenauftragsabwicklung erwartet

werden. Im Hinblick auf die vorangegangenen Strategien stellt sich nun die Frage,

wie eine zukünftige Entwicklung des Expediting aussehen kann. Das nachfolgende

Kapitel thematisiert daher u. a. eine mögliche Weiterentwicklung der Expediting-

Organisation. Angestrebt wird dabei eine nachhaltige Wirkung auf den Prozess des

Expediting und die zugehörigen Schnittstellen. Ziel soll es schließlich sein, zukünftige

Projektabläufe noch besser und genauer zu steuern, um einen Vorteil auf dem welt-

weit hart umkämpften Markt des industriellen Anlagenbaus zu generieren.

4.4.3 Weiterentwicklung des Expediting in Richtung eines nachhal-tigen Konzepts

Eine nachhaltige Entwicklung wird als eine Veränderung mit einer über einen länge-

ren Zeitraum positiv anhaltenden Wirkung verstanden. Um diesen Effekt im Rahmen

des Expediting erzeugen zu können, werden im Folgenden Methoden, Möglichkeiten

und Werkzeuge vorgestellt. Dabei wird eine verbesserte Nachhaltigkeit durch Ein-

flussnahme in den Bereichen Organisation, Informationsmanagement, Personalquali-

fikation und Management erwartet und erhofft.

Organisationale Anpassung 4.4.3.1

Die Expediting-Organisation ist eine Institution zur Bekämpfung und Beherrschung

von Risiken und Problemen während der Lieferantenauftragsabwicklung. Eine Auf-

gabe stellt das Visualisieren und Kommunizieren der jeweiligen Sachlage an die Pro-

jektbeteiligten und Projektverantwortlichen dar. Expediting dient daher als zusätzli-

ches Controlling für Projektverantwortliche im Unternehmen. Mit dem erklärten Ziel,

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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Entscheidungsfindungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzustoßen, sichert das

Expediting den weiteren Projektverlauf und das Projektergebnis. Nachfolgend wird

deshalb eine Methode vorgestellt, wie die Lieferantenauftragsabwicklung durch eine

Teamentwicklungsmaßnahme verbessert werden kann.

Ein Team kann sowohl eine exzellente als auch eine unterdurchschnittliche Leistung

abliefern. Der Leistungsunterschied kann also enorm sein,431 und eine gut funktionie-

rende Teamarbeit ist demnach nicht unbedingt zu erwarten. Zur Erzielung über-

durchschnittlicher bzw. exzellenter Leistungen muss ein Team daher gefördert wer-

den.432 Ein Team kann als Gruppe von Personen definiert werden, die sich bei zu

erledigenden Aufgaben gegenseitig unterstützen, um das gemeinsame Ziel zu errei-

chen.433 Die Akzeptanz von Teammitgliedern ist jedoch in einem hohen Maße von

der persönlichen Entwicklungsfähigkeit abhängig. In einem Team herrschen unbe-

wusste Prozesse vor (Werte, Normen und Regeln), die nur durch eine Selbstreflexion

erkannt werden können. Dieser Lernprozess kann jedoch während der Ausführung

der Aufgabe aufgrund der Fokussierung auf das Projekt nicht stattfinden. Um den

Lernprozess zu fördern und zu steigern, gibt es daher eine Vielzahl an Maßnahmen

zur Teamentwicklung.434 So haben sich als Teamentwicklungsmaßnahmen der Be-

ziehungs-, der Zielsetzungs-, der Rollenklärungs-, der Problemlöse-, der Erlebnis-

und der Systemansatz bewährt (wobei diese nicht unabhängig voneinander betrach-

tet werden dürfen).435

Eine Lieferantenauftragsabwicklung wird immer durch ein Team betreut. Dieses wird

durch Personen der Organisationen Engineering, Qualitätssicherung, Projektleitung,

Einkauf und Expediting besetzt. In seltenen Fällen bzw. bei kleineren Projekten kann

eine Person auch zwei oder drei Organisationen vertreten, in der überwiegenden

Mehrheit und vor allem bei größeren Projekten wird jedoch ein Team mit Personen

aus allen Organisation zusammengestellt. Deren Aufgabe ist die Betreuung des Pro-

jektes mit dem Ziel, dieses zu den vereinbarten Kosten, in der vereinbarten Qualität

und in der vereinbarten Zeit auszuführen. Das Teamverhalten kann dabei entschei- 431 Vgl. Katzenbach, J. R.; Smith, D. K. (2003): S.118. 432 Vgl. Gergs, H.-J.; Mosner, M. (2006): S. 91. 433 Vgl. Schiersmann, C.; Thiel, H.-U. (2014): S. 251. 434 Vgl. Bohinc, T. (2006): S. 110. 435 Vgl. Schiersmann, C.; Thiel, H.-U. (2014): S. 255. Eine detaillierte Ausführung der Teamentwicklungsmaßnahmen siehe

S. 257-312.

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dend auf den Projektverlauf einwirken. Vor diesem Hintergrund sind Teamentwick-

lungsmaßnahmen geeignete Werkzeuge, um die Teamperformance zu steigern. Die-

se optimierte Performance zeigt sich schließlich in einer planmäßigen bzw. vorzeiti-

gen Fertigstellung des Projektes. Dabei ist es nicht wesentlich, ob das Team für eine

kurze oder eine lange Projektdauer zusammengestellt wird. Ist es ein kleines Projekt,

so kann das Team für ein weiteres Projekt in derselben Konstellation wieder zusam-

menkommen. Betrifft es hingegen ein Projekt mit einer langen Laufzeit, so sollte das

Teamverhalten baldmöglichst gefördert werden, um die Teamperformance von Be-

ginn an auf einem hohen Niveau zu halten.

Unterstützung erfährt das Team durch die Anwendung von Kommunikations- und

Informationstechnologien. Dabei nimmt das Informationsmanagement einen bedeu-

tenden Teil in der Gesamtkommunikation des Teams ein. Folgend wird ein sinnvolles

Informationsmanagementsystem für das Expediting in der Lieferantenauftragsab-

wicklung dargestellt. Dieses soll dem Expediting erlauben, den Projektverlauf konti-

nuierlich zu prüfen und zu steuern. Zudem soll es eine aktive Funktion in der Liefe-

rantenauftragsabwicklung einnehmen.

Informationsmanagement 4.4.3.2

Ein optimal gestaltetes Informationsmanagement für die Lieferantenauftragsabwick-

lung übernimmt sowohl eine passive als auch eine aktive Funktion. Bei der passiven

Funktion wird durch Aufforderung eines Benutzers eine Information abgerufen, bei

der aktiven Funktion werden die eingegebenen Informationen durch das System ver-

arbeitet und an die Nutzer weitergegeben.436 Dabei wird der Lebenszyklus für die

Information in die Phasen Beschaffung, Strukturierung und Speicherung, Verwaltung,

Nutzung und Veredelung, Verteilung und Entsorgung unterteilt.437 Das Expediting

beansprucht dabei alle Phasen, die im Lebenszyklus der Information vorkommen.

Aufgrund der Verwendung dieser Information zur Projektplanung und -kontrolle wer-

den entsprechende Informationsmanagementsysteme auch als Planungs- und

Kontrollsysteme bezeichnet.438 So werden diese Systeme folgerichtig vom Expediting 436 Vgl. Bodendorf, F. (2006): S. 5; Krcmar, H. (2010): S. 86. 437 Vgl. Bodendorf, F. (2006): S. 2ff. 438 Vgl. Mertens, P.; Meier, M. C. (2009): S. 1.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

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auch zur Steuerung der Lieferantenauftragsabwicklung verwendet. Dabei bedarf es

eines Systems, welches die Information in der richtigen Weise verarbeitet sowie in

präziser Form an die Informationsempfänger weiterleitet. Ein solches System muss

hinsichtlich Handhabung und Darstellung eine möglichst unkomplizierte Struktur auf-

weisen. Folgend wird die Grundlage einer optimierten Lieferantenauftragsabwicklung

für das Expediting dargestellt und der Fokus auf die Beschaffung gesetzt, angren-

zende Bereiche (z. B. das Engineering) sollen hier nicht berücksichtigt werden.

Für eine prozesskonforme Darstellung des Expediting in einem Planungs- und

Kontrollsystem sind Informationen zu Vertragsmanagement, Dokumentationsma-

nagement, Fertigungssteuerung und Terminkontrolle, Berichtswesen und Auftrags-

abschluss zu dokumentieren. Dabei sind alle Attribute miteinander verknüpft und er-

geben somit eine virtuelle Darstellung der Lieferantenauftragsabwicklung. Mittels der

passiven und aktiven Funktionen werden die Expediter während der Lieferantenauf-

tragsabwicklung durch das System unterstützt und erreichen dadurch eine höhere

Leistungsperformance. Durch die passiven Funktionen (z. B. Berichtswesen) können

jederzeit Informationen (z. B. Auftragsstatus) einzelner oder mehrerer Lieferanten-

projekte abgerufen und verteilt werden. Durch aktive Funktionen (z. B. Terminerinne-

rungen) können die Expediter auf kommende Ereignisse hingewiesen werden. So

können sie nach Validierung der Hinweise Maßnahmen zur Terminsicherung einlei-

ten. Analog kann dieses System auch für Frühwarnindikatoren verwendet werden.

Diese sind im Unternehmens- und Arbeitsumfeld zu identifizieren und zu definieren.

Einen weiteren bedeutenden Abschnitt stellt das Wissensmanagement dar. Dadurch

wird ein Wissens- und Erfahrungsübergang von der aktuellen Lieferantenauftrags-

abwicklung für zukünftige Lieferantenprojekte gewährleistet.439 Tabelle 4-5 gibt Attri-

bute für ein Planungs- und Kontrollsystem vor, in dem gleichzeitig auch Frühwarn-

indikatoren identifiziert sind.

439 Vgl. Bodendorf, F. (2006): S. 133.

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Attribut Information Passive Funktion

Aktive Funktion

Geeignet als Frühwarn-indikator

Vertragsmanagement Zahlungsmeilensteine X Lasten- und Pflichtenheft X Rahmenbedingungen für Verzug X Schriftliche Kommunikation X Dokumentation von Folgeverträgen X Vertragsterminplan X X X

Dokumentationsma-nagement

Darstellung der Dokumentationsstruktur X Kontrolle der Dokumentationslieferung X X Rückverfolgbarkeit der Dokumentenhistorie X

Berichtswesen Auswertungen grafisch/tabellarisch X X X Benchmark von unterschiedlichen Projekten X Kontinuierliche Aufwandsmessung X X Risikomeldung X X Regelmäßiges Berichtswesen X X

Fertigungssteuerung und Terminkontrolle

Abgleich Vertrags- und Baustellenterminplan X X Definition zusätzlicher Termine (z. B. Abnahmen) X X Aktualisierung von Terminen X X Erinnerungsfunktion X X

Auftragsabschluss Prüfung des Liefer- und Leistungsumfangs X Dokumentation offener Punkte X Wissensmanagement durchführen X

Tabelle 4-5: Funktionen eines Informationsmanagementsystems für das Expediting

Zusätzlich zu dem beschriebenen System ist es von Vorteil, wenn dem Expediter den

entsprechenden Projektvorgaben anpassbare Vorlagen zur Verfügung gestellt wer-

den, mit deren Hilfe er die wichtigsten Informationen abfragen und notieren kann.

Vorlagen bzw. unterstützende Formulare zur Herangehensweise in einem Projekt

können beispielsweise für folgende Aufgaben erarbeitet werden:

• Diskussionspunkte, die in den verschiedenen Besprechungen behandelt wer-

den sollen

• Protokollvorlage für Besprechungen

• Hinweisblätter über Baugruppen der verschiedenen Komponenten

• Zusammenfassung der wichtigsten Projektanforderungen

• Herangehensweise bei Risikoanalysen

• Vorlagen für Mahn- und Verzugsschreiben

• Herangehensweise bei Claims gegen Lieferanten

• Vorgaben für die Dokumentation von Abweichungen

Für den Aufbau eines entsprechenden Systems ist eine leichte Bedienbarkeit zu be-

rücksichtigen. Schnittstellen des Planungs- und Kontrollsystems sollen es erlauben,

durch die gängigen Office-Programme die Informationen in das System zu übertra-

gen. Diese werden noch am Ort der Informationssammlung durch den Expediter do-

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kumentiert und mittels mobiler Kommunikationssysteme eingespielt. Dadurch wird

eine sofortige Aktualisierung des Systems gewährleistet, welches anschließend den

Soll-Ist-Abgleich anstößt und somit eine zeitnahe Prüfung des Lieferantenprojektes

garantiert.

Die Anwendung bzw. der Umgang mit dem Informationsmanagementsystem und

somit die kontinuierliche Pflege sind Grundvoraussetzungen für den Erfolg. Werden

dem System ungenügende Informationen (Daten) übergeben, so können auch von

diesem keine verlässlichen Daten (Reporting und Erinnerungs- bzw. Warnmeldun-

gen) erwartet werden. Deshalb bedingen qualitativ hochwertige Ergebnisse und

Auswertungen qualitativ hochwertige Informationen. Diese sind Aufgabe des Expe-

diting, weshalb auch der Personalqualifikation eine hohe Bedeutsamkeit zugeschrie-

ben wird. Im folgenden Abschnitt wird daher ein Qualifikationsmodell für ein höher-

wertiges Expediting vorgestellt.

Personalqualifikation 4.4.3.3

Die Personalqualifikation bietet dem Unternehmen die Chance, das Expediting auf

einem sehr hohen Niveau umzusetzen. Wie in den vorangegangenen Kapiteln be-

reits ausgeführt, wird der Qualifikation des Expediters eine Schlüsselrolle in der

Lieferantenauftragsabwicklung zugeschrieben. Je besser die Qualifikation der Auf-

gabe des Expediting angeglichen ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, Risiken

frühzeitig zu erkennen und mit Gegenmaßnahmen belegen zu können.

Beim Deskexpediting wird die Expediter-Tätigkeit vom Arbeitsplatz aus durchgeführt.

Lieferanten werden per Telefon über Status, Fortschritt und den weiteren Ablauf des

Auftrages befragt und die Informationen werden komprimiert intern weitergeleitet. Für

die Ausführung der Tätigkeiten – insbesondere hinsichtlich der Beurteilung der Aus-

sagen des Lieferanten – ist spezielles Wissen und Erfahrung notwendig. Eine abge-

schlossene Ausbildung in einem technischen Fachbereich ist aufgrund der aus-

schließlichen Kommunikation mit Fachpersonal von Vorteil. Bei den Gesprächen mit

Lieferanten wird der Expediter mit Detailwissen konfrontiert, nimmt dieses auf und

gibt es weiter. Zusätzlich zur technischen Ausbildung sind fundierte Kenntnisse im

Umgang mit fernmündlicher Kommunikation eine weitere Voraussetzung, die den

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Expediter in die Lage versetzen sollen, detaillierte Informationen über den Vertrags-

status zu erlangen. Als selbstverständlich vorausgesetzt werden Kenntnisse im Um-

gang mit den Office-Anwendungen sowie ausreichende Kenntnisse der englischen

Sprache.

Die zuvor genannten Qualifikationen stellen die Mindestanforderung für die Lieferan-

tenauftragsabwicklung per fernmündliche Kommunikation dar. Für eine genauere

Bewertung der Lieferanten-Aussagen und eine langfristig positive Entwicklung des

Expediting können zusätzlich vertiefende Kenntnisse und Befähigungen durch aus-

gerichtete Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen erworben werden. Folgend

sind einige Beispiele möglicher Qualifizierungsmaßnahmen aufgelistet:

• Fortbildungen bezüglich Detailwissen von Komponenten

• Fortbildung in der Fertigungstechnik

• Fortbildung in der Materialwirtschaft

• Fortbildung in der Anwendung von psychologischen Erkenntnissen bei fern-

mündlicher Kommunikation

Das Ziel ist eine möglichst genaue Analyse der Lieferantenaussagen per Telefon, um

eine entsprechend exakte Berichterstattung durchführen zu können. Die so gewon-

nenen Informationen können anschließend in Maßnahmen umgesetzt werden. Je

besser die Berichte sind, desto zielgenauer können Maßnahmen zur Sicherung der

Auslieferungstermine definiert werden.

Die beiden Varianten Expediting-Koordinator und Expediting-Intensivform erheben im

Vergleich zum Deskexpediting höhere Ansprüche an die Qualifikation des Expedi-

ters. Zur Erreichung einer langfristig positiven Lieferantenauftragsabwicklung ist

nachfolgend ein Programm für die Ausbildung des Expediters aufgeführt. Dieses

Programm baut auf einem abgeschlossenen technischen Studium auf und beinhaltet

folgende Entwicklungsstufen sowie Fortbildungen:

• Spezielles Traineeprogramm für Expediter

o nach der Einstellung im Unternehmen zu Beginn zwei Jahre Aufenthalt

im Engineering,

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o anschließend zwei Jahre Aufenthalt in der Qualitätssicherung,

o nach Abschluss dieser Zeit Heranführung innerhalb eines Jahres an

das Expediting unter Anwendung des Mentoring-Modells.

• Fortbildung der Expediter

o im Rahmen des Projektmanagements,

o in psychologischer Kommunikation,

o in der Anwendung des Claimmanagements,

o in der Umsetzung des Vertragsmanagements,

o in Konfliktmanagement,

o in „Führen ohne Macht“.

Grundlage für die Ausübung der Tätigkeit als Expediter ist eine abgeschlossene

technische Hochschulausbildung, die durch einen zweijährigen Aufenthalt im unter-

nehmenseigenen Engineering gefestigt und vertieft wird. In dieser Phase erlernt der

Expediter in Ausbildung die verschiedenen Normen sowie den Umgang mit diesen.

Er vertieft seine Kenntnisse bezüglich der Maschinen und des Materials, aus dem

diese Maschinen gebaut werden. Zur Erlangung eines breiten technischen Basiswis-

sens wird der Expediter in Ausbildung in dieser Phase so viele Gewerke wie möglich

durchlaufen. Im Anschluss an die technische Phase durchläuft der Expediter in Aus-

bildung die Qualitätssicherung. In dieser Zeit hat er die Möglichkeit, die Umsetzung

des zuvor Spezifizierten zu prüfen und eventuell zu verbessern. Diese Phase lädt

den Expediter dazu ein, seine theoretisch erworbenen Kenntnisse beim Engineering

nun in der Praxis zu überprüfen. Während und nach der Fertigung prüft er als Inspek-

tor, ob die Umsetzung tatsächlich den Anforderungen entspricht, und dokumentiert

hiernach das Ergebnis. Ist die Ausbildung in den Fachabteilungen abgeschlossen,

beginnt die eigentliche Expediting-Ausbildung. Unter Anwendung des Mentoring-

Modells wird der Expediter in Ausbildung in die Arbeit des Expediting eingeführt. Die-

ser Teil der Ausbildung soll innerhalb eines weiteren Jahres abgeschlossen sein und

wird über die gesamte Dauer durch einen Mentor als ständigen Ansprechpartner be-

gleitet. Erst im Anschluss daran beginnt die Befähigung des Expediters für eine

Lieferantenauftragsabwicklung auf hohem Niveau. Betrachtet man nun das Qualifika-

tionsprofil des Expediting und vergleicht es mit dem eines Projektleiters, so stimmen

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viele Merkmale überein. Tabelle 4-6 stellt die Anforderungsschwerpunkte für einen

Projektleiter440 dar und vergleicht diese mit den Tätigkeiten des Expediting.

Anforderungsschwerpunkte eines Projektleiters Tätigkeit im Anforderungsprofil für das Expediting

Projektdefinition und Abgrenzungstätigkeiten nein

Teamentwicklung und Führung nein

Planung und Organisation ja (Terminplanung und Organisation)

Risikoabschätzung ja

Kalkulation und Wirtschaftlichkeitsberechnung partiell (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung)

Vertragsgestaltung und Claimmanagement ja

Kommunikation und Informationsfluss steuern ja

Entscheidungen systematisch fällen partiell (Prioritäten festlegen)

Steuerungstätigkeiten ja

Konflikt- und Moderationstätigkeiten ja

Marketingtätigkeiten nein

Abschluss- und Evaluierungstätigkeiten ja

Tabelle 4-6: Anforderungsschwerpunkte Projektleiter vs. Expediting

Wie zuvor erwähnt stimmen viele Tätigkeiten miteinander überein. Bei drei der ge-

nannten Tätigkeiten hat jedoch das Expediting keine Schnittmenge mit der Projektlei-

tung. Dies betrifft

• die Projektdefinition und Abgrenzungstätigkeiten, welche nur die Projektleitung

festlegen kann,

• die Teamentwicklung und Führung, welche als Managementaufgabe definiert

ist und

• die Marketingtätigkeiten, die insbesondere bei Kundenkontakt entstehen.

Hingegen sind bei der Risikoabschätzung, Planung und Organisation, Vertragsge-

staltung und Claimmanagement, Kommunikation und Informationsfluss, Steue-

rungstätigkeiten, Konflikt- und Moderationsfähigkeit sowie Abschluss- und Evaluie-

rungstätigkeiten eindeutige Schnittmengen gegeben. All die genannten Tätigkeiten

sind auch Teil der Lieferantenauftragsabwicklung und wurden bereits in den voran-

gegangenen Kapiteln beschrieben. Dagegen sind die Kalkulation und Wirtschaftlich-

keitsberechnung sowie die systematische Entscheidungsfällung nur partiell auch 440 Vgl. Patzak, G.; Rattay, G. (2009): S. 178.

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

178

dem Expediting zuzuordnen. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird angestellt,

wenn Maßnahmen zur Risikovermeidung oder Problembeseitigung diskutiert werden.

Die Entscheidung wird dabei mit Unterstützung des Expediting durch die Projektlei-

tung gefällt, weshalb auch diese Tätigkeit partiell dem Expediting zugeordnet wird.

Aufgrund der Ähnlichkeiten des Qualifikationsprofils für Projektleitung und Expediting

können alternativ Absolventen mit einem Studium des Projektmanagements einge-

setzt werden. Hierbei ist jedoch der Aspekt Erfahrung zu berücksichtigen. Lebens-

und Berufserfahrung können im Studium nicht erworben werden und sind deshalb

bei der Auswahl geeigneter Kandidaten einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund ist

bei der Einstellung von Absolventen eine Einführung ins Berufsleben (z. B. im Rah-

men eines erweiterten Mentoring-Modells) vorzusehen. Im Anschluss an die Einfüh-

rung ist die Fortbildung zu durchlaufen. Verläuft die Ausbildung nach den vorge-

schlagenen Programmen, so kann zukünftig ein positives Ergebnis in Bezug auf die

Lieferantenauftragsabwicklung erwartet werden. Erworbenes Wissen und wertvolle

Erfahrungen aus der Ausbildung versetzen den Expediter in die Lage, Risiken früh-

zeitig zu erkennen und mit den richtigen Gegenmaßnahmen zu belegen. Je mehr

Know-how der Expediter in der Lieferantenauftragsabwicklung vorweisen kann, umso

höher ist die Eintrittswahrscheinlichkeit des geplanten Liefertermins, der schließlich

von der Erkennung und Abwendung von Lieferantenrisiken abhängt. Während der

Lieferantenauftragsabwicklung werden mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Situatio-

nen auftreten, die nicht durch die jeweiligen Sachbearbeiter gelöst werden können.

Dann ist es aber Aufgabe des Managements, einzugreifen und die Klärung der miss-

lichen Lage zu beaufsichtigen. Somit werden nachfolgend Managementaktivitäten

zur Unterstützung und Festigung des Expediting-Prozesses diskutiert.

Management 4.4.3.4

Das Management hat durch eine strikte Ausführung von Aktivitäten verschiedene

Einflusspotenziale auf das Expediting. Für diese Arbeit sind dabei speziell die Mitar-

beitermotivation, das Informationsmanagement und die Personalqualifikation identifi-

ziert worden. Während der Lieferantenauftragsabwicklung

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Expediting als Ansatz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken _________________________________________

179

• werden häufig überraschende Schwierigkeiten auftreten,

• wird hoher Zeitdruck bestehen und

• entstehen Widerstände innerhalb sowie außerhalb der Organisation, die auf

die psychische und physische Verfassung des Mitarbeiters einwirken.441

Eine wesentliche Aufgabe des Managements ist es somit, die Mitarbeitermotivation

auf einem hohen Niveau zu erhalten, um einem möglichen Leistungseinbruch entge-

genzuwirken.442 Des Weiteren hat das Management ein hohes Einflusspotenzial auf

das Informationsmanagement. Mittels einer regelmäßigen Kontroll- und Steuerungs-

funktion besteht die Möglichkeit, die Datenkonsistenz des Systems zu kontrollieren

und ggf. zu korrigieren. Mit dieser Vorgehensweise wird eine hohe Qualität der In-

formations- und Datenausgabe aus dem System gewährleistet. Schließlich hat das

Management einen bedeutenden Einfluss auf die Personalqualifikation. Ändern sich

Rahmenbedingungen oder Anforderungen, so ist das Qualifikationsprofil eines Expe-

diters anzupassen und sind umgehend Maßnahmen zur Angleichung der Personal-

qualifikation vorzunehmen. Durch diese Maßnahmen wird die Personalqualifikation

den Tätigkeitsanforderungen angeglichen und wird eine frühzeitige Risikoidentifikati-

on sichergestellt. Somit kann das Management eine nachhaltige Entwicklung des

Expediting fördern und forcieren, indem die Aufgaben des Managements zuverlässig

ausgeführt werden.443

441 Vgl. Patzak, G.; Rattay, G. (2009): S. 179. 442 Vgl. Laufer, H. (2013): S. 7. 443 Vgl. Weatherly, J. N. (2009): S. 1f.

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181

Schlussbetrachtung 5.

Zusammenfassung 5.1

Die zentrale Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war eine Handlungsempfehlung zur

Einführung und Umsetzung des Expediting als Ansatz zur Bewältigung und Beherr-

schung von Lieferantenrisiken im deutschen Großanlagenbau. Für eine präzise De-

finition der übergeordneten Zielsetzung sowie zur Strukturierung des Forschungspro-

zesses wurden zu Beginn der Untersuchung sechs Leitfragen formuliert. Die ab-

schließenden Ausführungen beziehen sich daher auf diese Leitfragen, um die im

Verlauf dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse darzulegen.

Im Fokus der ersten Frage standen die Besonderheiten, welche die Geschäftstätig-

keit des industriellen Anlagenbau prägen. Hier wurde demzufolge der Untersu-

chungsgegenstand definiert und abgegrenzt. Der Geschäftstyp, die Aktivitätsfelder

und die Charakteristika des GAB wurden ausführlich diskutiert. Zusätzlich wurde die

Marktentwicklung im deutschen GAB analysiert. Dabei konnten folgende wesentliche

Ergebnisse ermittelt werden:

- Der deutsche GAB konnte über die letzten beiden Dekaden ein kontinuierli-

ches Nachfragewachstum erzielen.

- Seit einiger Zeit hat sich die Konkurrenzsituation insbesondere durch asiati-

sche Anbieter auf dem Markt verschärft.

- Die Produktivität eines Mitarbeiters ist in den letzten beiden Dekaden enorm

gestiegen.

- Ein kontinuierlicher Wertverfall (inflationsbereinigter durchschnittlicher Pro-

jektwert) von Großprojekten konnte nicht aufgehalten werden.

- Im Gegenzug zum Wertverfall der Projekte konnte eine Preisreduktion bei Zu-

lieferern nicht erfolgreich umgesetzt werden.

Im Anschluss daran zielte der weitere Verlauf der Untersuchung auf die Ermittlung

der Lieferantenrisiken im deutschen GAB (zweite Leitfrage). Hierzu wurden zunächst

die Grundlagen des Risikomanagements eruiert, um anschließend den Fokus auf die

operativen Risiken zu setzen. In der Studie von Voigt hat sich dabei das Lieferanten-

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Zusammenfassung _________________________________________

182

risiko als Hauptrisiko während der Projektabwicklung herauskristallisiert.444 Daher

wurden folgend eine detaillierte Analyse des Lieferantenrisikos sowie eine ausführli-

che Studie zum Thema Lieferantenrisiken im Großanlagenbau durchgeführt. Diese

konnten weiterführende Erkenntnisse liefern. So zeigte sich insbesondere, dass die

Anlagenhersteller durch zusätzliche Koordination und Steuerung von Lieferanten die

Störpotenziale bei der Lieferantenauftragsabwicklung deutlich reduzieren bzw. ver-

meiden können.

Leitfrage 3 zielte auf das Konzept sowie den Forschungsstand des zur Bewältigung

von Lieferantenrisiken eingesetzten Expediting. Hierzu wurde eine eingehende Lite-

raturanalyse durchgeführt und dabei festgestellt, dass zwar Expediting in der wissen-

schaftlichen Literatur erwähnt wird, aber eine ausführliche Beschäftigung mit dem

Thema nicht stattfindet. Für die Definitionsbildung wurde deshalb eine qualitative

empirische Studie mit Unternehmen des deutschen GAB, welche Expediting zur Lie-

ferantenauftragsabwicklung einsetzen, durchgeführt. Als wichtigste Erkenntnis konn-

ten hier die verschiedenen in der Praxis angewandten Formen des Expediting (Des-

kexpediting, Fremdexpediting, Expediting-Koordinator und Expediting-Intensivform)

identifiziert werden. Zusätzlich konnte ein Abgleich der Expediting Tätigkeiten mit

den in der Literatur für das Controlling definierten Tätigkeiten eine Schnittmenge auf-

zeigen, sodass als Schlussfolgerung das Expediting als zusätzliche Controlling-

Funktion im Unternehmen angesehen werden kann. Auf dieser Grundlage konnte

folgende Definition für das Expediting aufgestellt werden: Expediting ist eine Metho-

de zur Sicherung der Liefertermintreue. Ziel ist die Auslieferung zur vereinbarten Zeit,

in der vereinbarten Qualität, zu den vereinbarten Kosten und an den vereinbarten

Ort. Es ist Teil des Risikomanagementprozesses und kann als angewandtes Risiko-

management verstanden werden. Dabei findet das Expediting in der Praxis verschie-

dene Ausprägungsformen, beginnend bei einer reinen Terminverfolgung bis hin zur

komplexen Lieferantenauftragskoordination.

Mithilfe der vierten Leitfrage sollte der Nutzen des Expediting im Projektverlauf ana-

lysiert werden. Hierfür wurde eine TCO-Betrachtung mit einer vorangegangenen

TCO-Definition durchgeführt. Der Einfluss des Expediting auf die Beschaffungs- so-

wie die Baustellenkosten wurde herausgearbeitet und erörtert. Zusätzlich wurde das

444 Vgl. Voigt, K.-I. (2010): S. 130.

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Zusammenfassung _________________________________________

183

Einsparpotenzial des Expediting hinsichtlich der Projektkosten identifiziert und in ei-

ner Tabelle dargestellt.

Die fünfte Leitfrage forderte eine Handlungsempfehlung für die Einführung und Um-

setzung von Expediting in ein Unternehmen. Hierfür wurden in Kapitel 4.4.1 ver-

schiedene Strategien vorgestellt und deren Vor- und Nachteile diskutiert. Dabei

konnten die unterschiedlichen Modelle zur Organisationsgestaltung, die verschiede-

nen Prozess- und Strukturdefinitionen für die einzelnen Expeditingvarianten sowie

die situationsbedingte Lieferantenqualifikation für eine Expediting-Aufwands-

abschätzung dargestellt werden. Für eine bessere Gestaltung und Einführung einer

Expediting-Organisation wurden anschließend verschiedene Strategien unter spezi-

ellen Rahmenbedingungen des GAB diskutiert (Kapitel 4.4.2).

Schließlich sollte mithilfe der sechsten Leitfrage die Möglichkeit einer langfristig posi-

tiven Entwicklung des Expediting diskutiert werden. In diesem Kontext wurden ver-

schiedene Möglichkeiten (Methoden, Werkzeuge, Personalqualifikation und Verhal-

tensweisen) erörtert, welche die Anwendung des Expediting weiter forcieren können

(Kapitel 4.4.3). Das Ergebnis: Ein Expediter-Ausbildungsprogramm soll die notwen-

dige Personalqualifikation gewährleisten, ein zusätzliches Informationsmanagement

kann die Lieferantenauftragsabwicklung unterstützen, eine Maßnahme zur Tea-

mentwicklung fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl und führt zu einer Effektivi-

täts- und Effizienzsteigerung und das Management kann mit der Aufgabe von Koor-

dination, Steuerung und Führung einen wesentlichen Einfluss auf die Expediting-

Qualität ausüben.

Kritische Würdigung der Ergebnisse und Ansatzpunkte für 5.2

die weitere Forschung

In diesem letzten Abschnitt sind die zuvor gewonnenen und im vorherigen Unterkapi-

tel zusammengefassten Ergebnisse zu relativieren. In der vorliegenden Arbeit wurde

eine Handlungsempfehlung zur Einführung und Umsetzung von Expediting als An-

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Zusammenfassung _________________________________________

184

satz zur Bewältigung von Lieferantenrisiken im deutschen Großanlagenbau gegeben.

Dabei baut die Empfehlung auf die zuvor identifizierten Lücken in Forschung und

Praxis auf. Die gewonnenen Erkenntnisse werden deshalb hinsichtlich ihres Beitra-

ges zu Forschung und Praxis bewertet, ihre Verallgemeinerbarkeit wird verdeutlicht

und anhand bestehender Limitationen werden weitere Forschungsansatzmöglichkei-

ten aufgezeigt.

Eine Einschränkung der Untersuchungsergebnisse besteht darin, dass ausschließ-

lich Unternehmen der Branche des deutschen industriellen Anlagenbaus berücksich-

tigt wurden. Dementsprechend können die gewonnenen Ergebnisse auch nur unter

Vorbehalt verallgemeinert und auf projektorientierte Unternehmen aus artverwandten

Branchen übertragen werden. Demnach bleibt die Frage der Übertragbarkeit auf art-

verwandte Branchen mit projektorientierten Unternehmen offen.

Zudem wurde diese Arbeit auf den deutschen GAB begrenzt. Jedoch könnten ange-

sichts der internationalen Geschäftstätigkeit des GAB die gewonnenen Erkenntnisse

auch auf den gesamten Großanlagenbau übertragen werden. Denkbar wäre daher

eine Analyse von GAB-Unternehmen aus dem Ausland und deren Umsetzung des

Expediting. Die Betrachtung der Unterschiede in der Anwendung unter Berücksichti-

gung der unterschiedlichen Rahmenbedingungen (z. B. kulturelle Umgebung) ver-

spricht einigen Nutzen für die Praxis. Zum einen kann die Anwendung in Deutsch-

land durch eine Erweiterung der Methodenkenntnis verbessert werden, zum anderen

kann der deutsche GAB durch das Wissen über die Vorgehensweise der Partner die

Lieferantenauftragsabwicklung mit ausländischen Unternehmen verbessern.

Des Weiteren wurden die Lieferantenrisiken im deutschen GAB ausführlich analysiert

und zudem wurde ein Ansatz zur Kontrolle und Steuerung – auch im Sinne einer Ge-

genmaßnahme – entwickelt. Während der Konzeptentwicklung wurde jedoch die

Entwicklung von Frühwarnindikatoren nur geringfügig berücksichtigt, weshalb auch

eine interessante Erweiterung demnach eine Adaption von analysierten Frühwarn-

indikatoren in das Expeditingkonzept darstellt.

Schlussendlich wurde in dieser Arbeit das potenzielle Kosten-Nutzen-Verhältnis von

Expediting dargestellt. Die wesentliche Feststellung ist dabei, dass Expediting einen

bedeutenden Einfluss auf die TCO und damit auch auf die gesamten Projektkosten

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Zusammenfassung _________________________________________

185

ausüben kann. Angesichts der branchenweiten Betrachtung wurde bewusst auf eine

detaillierte Analyse von Kosten und Nutzen verzichtet. Daher sind weitere interessan-

te Erkenntnisse durch einen fallstudienbasierten Einzelfokus mit einer Tiefenanalyse

einzelner Unternehmen durchaus zu erwarten.

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Anhang A Operative Risiken bei der Abwicklung von Lieferantenaufträgen – eine empiri-sche Analyse im deutschen Großanlagenbau

Anschreiben

Sehr geehrte/r Frau/Herr ...,

im Rahmen eines Forschungsprojekts am Lehrstuhl für Industriebetriebslehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg befasse ich mich mit den Themen Lieferantenma-nagement, Risikomanagement und Projektabwicklung im Großanlagenbau. Hierbei untersuche ich insbesondere die Ursachen und Anzeichen für Verzögerungen in der Projektabwicklung sowie die sich daraus ergebenden Lieferverzüge für Kunden mit den entsprechenden Konse-quenzen.

Zielsetzung: Ziel des Forschungsprojektes ist es herauszufinden, welche zentralen Lieferan-tenrisiken im Großanlagenbau vorherrschen und wie diese möglichst frühzeitig erkannt und mittels geeigneter Gegenmaßnahmen abgewendet bzw. minimiert werden können.

Ihr Nutzen: Nach Abschluss der Studie (Dezember 2011) erhalten Sie auf Wunsch eine aus-führliche Zusammenfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse der Studie, sodass auch Sie und Ihr Unternehmen einen Einblick in den Umgang mit Liefer- Termin-Risiken anderer Unter-nehmen Ihrer Branche bekommen und somit persönlich von diesem Forschungsprojekt profi-tieren können.

Mein Anliegen: Im Rahmen der branchenweiten Untersuchung konnte ich Sie als Experten identifizieren. Ich möchte Sie daher bitten, an der Umfrage zum Thema Lieferantenrisikoma-nagement im Großanlagenbau teilzunehmen (siehe nachfolgender Link) und mich im Rahmen dieses spannenden Projektes zu unterstützen. Die Online-Umfrage nimmt dabei etwa 20-25 Minuten in Anspruch. Selbstverständlich werden dabei Ihre sämtlichen Angaben streng ver-traulich und anonym behandelt und dienen rein zu Forschungszwecken!

Link zur Umfrage: - http://www.... -

Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung!

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

188

Einführung

Wie viele Mitarbeiter sind aktuell in Ihrem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich tätig? ! 1 bis 50 ! 51 bis 100 ! 101 bis 500 ! 501 bis 1.000 ! 1.001 bis 5.000 ! 5.001 bis 10.000 ! über 10.000 ! keine Angabe Wie hoch war in etwa der Umsatz Ihres Unternehmens bzw. Geschäftsbereich im vergangenen Ge-schäftsjahr? ! 0 bis 10 Mio. EUR ! 10,1 bis 50 Mio. EUR ! 50,1 bis 100 Mio. EUR ! 101 bis 500 Mio. EUR ! 501 bis 1.000 Mio. EUR ! 1.001 bis 5.000 Mio. EUR ! über 5.000 Mio. EUR ! keine Angabe Zu welcher Branche gehört Ihr Unternehmen? ! Energiewirtschaft und Kraftwerksbau ! Luft- und Raumfahrt ! Hoch- und Tiefbau ! Chemieanlagenbau ! Bahntechnik ! Schiffbau ! Sonstige: _______________________ ! keine Angabe Wie lange dauert ein durchschnittliches Anlagenprojekt in Jahren? ! 0 bis 1 ! 1 bis 2 ! 2 bis 3 ! 3 bis 4 ! länger als 4 ! keine Angabe Wie hoch ist das durchschnittliche Projektvolumen (in Mio. €)?

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Anhang A: Operative Risiken bei der Abwicklung von Lieferantenaufträgen __________________________________

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! 0 bis 5 ! 6 bis 10 ! 10 bis 50 ! 51 bis 100 ! 101 bis 500 ! 501 bis 1.000 ! 1.001 bis 2.000 ! größer als 2000 ! keine Angabe Wie hoch ist die Wertschöpfungstiefe (in %) Ihres Unternehmens bzw. Geschäftsbereichs in einem durchschnittlichen Projekt? ! 0 bis 25 ! 26 bis 50 ! 51 bis 75 ! 76 bis 100 ! keine Angabe Wie viele Lieferanten sind in einem durchschnittlichen Projekt beteiligt? ! 0 bis 10 ! 11 bis 50 ! 51 bis 100 ! 101 bis 250 ! 251 bis 500 ! 501 bis 1.000 ! über 1.000 ! keine Angabe Wie hoch ist der Anteil (in %) Ihrer Projekte mit Lieferverzug? ! 0 bis 20 ! 21 bis 40 ! 41 bis 60 ! 61 bis 80 ! 81 bis 100 ! keine Angabe Falls zutreffend, wie hoch war der durchschnittliche Terminverzug (in %) bei den betrachteten Projek-ten, gemessen an der durchschnittlichen Projektdauer? ! keine Angabe ! 1 bis 5 ! 6 bis 10 ! 11 bis 25 ! 26 bis 50 ! größer als 50 Wer trug maßgeblich Schuld an dem Verzug? ! Kunde ! eigenes Unternehmen

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

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! Lieferanten ! keine Angabe ! Sonstige: __________________ Welcher Fachbereich ist für das Management von Lieferantenrisiken in Ihrem Unternehmen bzw. Ge-schäftsbereich zuständig? ! Logistik ! Beschaffung ! Stabstelle der Geschäftsleitung ! Task Force / Expediting ! Sonstige: _________________ ! keine konkrete Zuordnung ! keine Angabe Mit welcher Intensität werden die einzelnen Stufen des Lieferantenrisikomanagements in Ihrem Unter-nehmen bzw. Geschäftsbereich betrieben? gering eher gering durch-

schnittlich eher hoch hoch keine Angabe

Risikoidentifikation / -analyse ! ! ! ! ! !

Risikobewertung ! ! ! ! ! !

Risikosteuerung ! ! ! ! ! !

Risikokontrolle ! ! ! ! ! !

Welche Steuerungs- und Planungsrisiken bei Ihren Lieferanten haben die größte Bedeutung im Hin-blick auf Terminprobleme in Ihrem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich? Managementrisiken ! Insolvenz eines Lieferanten ! Unzureichende Investitionspolitik (Bsp. Schwächung der Kapazitäten) ! Produktionsverlagerung ! Änderung der strategischen Ausrichtung ! Prioritätsprobleme ! Bürokratische Aufbauorganisation / Entscheidungsprozesse ! Fehlende Kontrollmechanismen ! Verzögerungen aufgrund von Sabotage ! Mangelnde Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (Normen) ! Stabstelle der Geschäftsleitung ! Task Force / Expediting ! Sonstige: _________________ IT-Risiken ! Kompatibilitätsrisiken ! Geringe Systemverfügbarkeit ! Datenverlust / IT-Sicherheit ! Aktualität und Qualität von Daten ! Berechtigungs- und Zugriffsrisiken ! Probleme mit IT-Dienstleistern ! Komplexität des Datenmanagements ! Sonstige: _____________________ Planungsrisiken ! Mangelhafte Mechanismen zur Terminüberwachung ! Kapazitäts- und Auftragsplanung ! Produktionsprogrammplanung ! Bedarfsplanung ! Bestandsplanung (Sicherheitsbestände)

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Anhang A: Operative Risiken bei der Abwicklung von Lieferantenaufträgen __________________________________

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! Losoptimierung und Lieferfrequenzplanung ! Qualität der rollierenden Planung ! Einsatz ungeeigneter Planungsmethoden ! Fehlplanung aufgrund menschlichen Versagens ! Personaleinsatzplanung ! Sonstige: ______________________________ Welche Prozessrisiken bei Ihren Lieferanten haben die größte Bedeutung im Hinblick auf Terminprob-leme in Ihrem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich? F&E Risiken ! Fehlendes Produkt-Know-how / mangelnde Erfahrung ! Verfügbarkeit qualifizierten Personals ! Konstruktionsfehler ! Mangelnde Flexibilität bei Änderungen ! Entwicklungszeitschwankungen ! Ineffiziente Entwicklungsprozesse ! Ausführung technischer Dokumentation ! Mangelhafte techn. Ausrüstung ! Technische Machbarkeit / Komplexitätsprobleme ! Sonstige: _______________________________ Vertriebsrisiken ! Durchlaufzeit von Bestellungen ! Fehler bei der Bestellabwicklung ! Geringe Informationsqualität ! Fehlende oder mangelhafte Dokumentation ! Ineffiziente und bürokratische Reklamationsbearbeitung ! Mangelnde Flexibilität bei Änderungen ! Auftragsstornierung ! Rückrufaktionen ! Mangelhafte und zeitaufwändige Serviceperformance ! Sonstige: ________________________________ Sonstige Prozessrisiken ! Unzureichende Materialbereitstellung (Kanban / innerbetrieblicher Transport) ! Ersatzteilmanagement ! Zerstörung von Kapazitäten aufgrund außergewöhnlicher Einflüsse (Brände) ! Mangelnde Arbeitssicherheit Welche Produktionsrisiken bei Ihren Lieferanten haben die größte Bedeutung im Hinblick auf Termin-probleme in Ihrem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich? Organisatorische Risiken ! Durchlaufzeitschwankungen ! Erhöhte und schwankende Rüstzeiten ! Mangelhafte Auftragsüberwachung / -durchführung ! Mangelhafte Dokumentation ! Instandhaltungsrisiken ! Koordination mit externen Dienstleistern ! Sonstige: _________________________ Technische Risiken ! Langfristige Maschinenausfälle ! Hohe Störungsanfälligkeit des Maschinenparks ! Hoher Maschinen- / Werkzeugverschleiß ! Mangelndes Fertigungs-Know-how ! Mangelnde Prozessbeherrschung ! Produktionsanlaufprobleme (neuartige Technologien) ! Individuelle verfahrenstechnische Risiken

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

192

! Mangelnde Prozessflexibilität bei Änderungen ! Montageprobleme ! Sonstige: _________________________ Qualitätsrisiken ! Signifikante Qualitätsschwankungen ! Lieferung von Produkten nicht vereinbarter Qualität ! Mangelnde Qualitätsbeherrschung ! Mangelhafte Qualitätssicherungsprozesse ! Mangelhafte Vorqualität (Materialfehler) ! Sonstige: __________________________ Welche Kooperationsrisiken bei Ihren Lieferanten haben die größte Bedeutung im Hinblick auf Ter-minprobleme in Ihrem Unternehmen bzw. Geschäftsbereich? Kommunikationsrisiken ! Kulturelle Differenzen ! Sprachliche Barrieren ! Kommunikationsverhalten ! Unzureichende Kommunikationsbereitschaft ! Sonstige: ___________________________ Verhaltensrisiken ! Mangelnde Flexibilität bei Änderungen ! Mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit ! Mangelndes Vertrauen in Partner ! Opportunistisches Verhalten aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen ! Sabotage / Täuschung ! Sonstige: ____________________________ Bitte beurteilen Sie die zuvor ausgewählten Risiken hinsichtlich der vorliegenden Kriterien:

Eintrittswahrschein-lichkeit

Auswirkungen auf Terminverzug Beeinflussbarkeit

Zukünftige Ent-wicklung des

Risikos A keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe B keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe C keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe keine Angabe

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Anhang A: Operative Risiken bei der Abwicklung von Lieferantenaufträgen __________________________________

193

Bitte kreuzen Sie an, inwiefern Sie den folgenden Aussagen zum Lieferantenrisikomanagement zu-stimmen.

keine Angabe

trifft über-haupt

nicht zu trifft eher nicht zu neutral trifft eher

zu trifft voll und ganz

zu Mein Unternehmen verfügt über ein organisatorisch eigenständiges Lieferantenrisikomanagement.

! ! ! ! ! !

Das Lieferantenrisikomanagement wird personell interdisziplinär zu-sammengesetzt.

! ! ! ! ! !

Bei wichtigen Kundenaufträgen wird stets ein eigenes Projektrisikoma-nagement durchgeführt.

! ! ! ! ! !

In der zukünftigen Entwicklung ist eine Schwächung der Lieferanten-struktur zu erwarten.

! ! ! ! ! !

Die Bedeutung der Lieferantenrisiken wird in Zukunft noch weiter steigen. ! ! ! ! ! !

Der Wettbewerb um Fertigungskapa-zitäten wird mittelfristig zunehmen. ! ! ! ! ! !

Die Beschaffung befindet sich ver-stärkt in einem Verkäufermarkt. ! ! ! ! ! !

Die Beschaffung befindet sich ver-stärkt in einem Käufermarkt. ! ! ! ! ! !

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Anhang B Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau. Eine empirische Analyse.

Anschreiben

Herzlich willkommen zur Befragung über die Anforderungen eines Expediters im Groß-anlagenbau!

Im Rahmen eines Forschungsprojekts am Lehrstuhl für Industriebetriebslehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg befasse ich mich mit den Themen Lieferantenma-nagement, Risikomanagement und Projektabwicklung im Großanlagenbau. Hierbei wird das von Unternehmen geforderte Anforderungsprofil des Berufsbildes "Expediter" untersucht. Ihre Meinung als Experte ist wichtig um ein hochwertiges Profil erstellen zu können. Zielsetzung: Ziel des Forschungsprojektes ist es herauszufinden, welches Anforderungsprofil für das Berufsbild “Expediter“ benötigt wird.

Ihr Nutzen: Nach Abschluss der Studie erhalten Sie auf Wunsch eine ausführliche Zusam-menfassung der Ergebnisse und Erkenntnisse der Studie, sodass auch Sie und Ihr Unterneh-men einen Einblick über das im Großanlagenbau vorherrschende Berufsbild des “Expediter“.

Mein Anliegen: Im Rahmen der branchenweiten Untersuchung konnte ich Sie als Experten identifizieren. Ich möchte Sie daher bitten, an der Umfrage zum Thema Anforderungen eines Expediters im Großanlagenbau teilzunehmen (siehe nachfolgender Link). Die Online-Umfrage nimmt dabei etwa 20 Minuten in Anspruch. Selbstverständlich werden dabei Ihre sämtlichen Angaben streng vertraulich und anonym behandelt und dienen rein zu Forschungszwecken!

Link zur Umfrage: - http://www.... -

Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung!

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

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Einführung Welche Funktion haben Sie im Unternehmen? Beispiel: Projektleitung, Qualitätskontrolle, Vertrieb …………………………….. Wie wird Ihre Position laut Stellenbeschreibung genannt? Beispiel: Project Manager, Procurement Manager, Terminüberwacher ……………………………… Bitte geben Sie an, in welchen Branchen Sie über wie viel Berufserfahrung (in Jahren) verfügen. Beispiel: Automobilindustrie 0,5 Jahre, Großanlagenbau 6 Jahre …………………………….. In welchem Jahr sind Sie geboren? …………………………….. Sind Sie männlich oder weiblich? ! Männlich ! Weiblich Formale Anforderungen Denken Sie, dass Sie aufgrund Ihres Geschlechts Vorteile in der Ausübung Ihrer Position/ Funktion haben? Falls ja, wie groß ist der Vorteil? (Beispielsweise sind Männer bei hoher physischer Belastung meist im Vorteil, dagegen sind Frauen oftmals einfühlsamer, was bei interkulturellen Verhandlungen eventuell von Vorteil sein kann) ! Kein Vorteil ! Sehr groß ! Groß ! Mittel ! Gering ! Sehr gering Welcher Bildungsstand sollte bei einem Expediter idealerweise vorhanden sein? ! Studium ! Berufliche Ausbildung ! Studium und Ausbildung ! Duales Studium ! Egal An welcher Art von Hochschule soll das Studium absolviert werden? (Mehrfachauswahl möglich) ! Universität ! Fachhochschule ! Berufsakademie ! Egal Welche Studienrichtung passt zum Aufgabenprofil des Expediters? (Mehrfachauswahl möglich)

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau __________________________________

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! Wirtschaftlich ! technisch ! andere Ausrichtung/en: …………………………. Würde sich aus Ihrer Sicht ein interdisziplinäres Studium in besonderem Maße eigenen, z.B. Mechat-ronik, Wirtschaftsingenieurwesen, technische BWL? ! Ja ! Nein Welche/r der folgenden Studiengänge würde aus Ihrer Sicht auch zum Aufgabenprofil des Expediters passen? (Bitte wählen Sie die 3 aus Ihrer Sicht geeignetsten Studiengänge aus, die am besten auf den Beruf des Expediters vorbereiten.) ! Betriebswirtschaftslehre ! Internationale Wirtschaft ! Logistik und Transportwesen ! Management ! Rechtswissenschaften ! Volkswirtschaftslehre ! Wirtschaftsinformatik ! Wirtschaftswissenschaften ! Bauingenieurwesen ! Biotechnologie und Bioingenieurwesen ! Chemieingenieurswesen ! Elektrotechnik ! Energietechnik (Zusammenfassung aus Elektrotechnik, Verfahrenstechnik, Werkstoffwissen-

schaften und Maschinenbau) ! Feinwerk- und Mikrotechnik ! Luft- und Raumfahrttechnik ! Maschinenbau ! Optische Technologien ! Produktionstechnik ( Prozesstechnik, Fertigungstechnik) ! Seefahrt & Schiffstechnik ! Technischer Umweltschutz ! Verfahrenstechnik ! Versorgungstechnik ! Werkstoffwissenschaften ! Sonstige:……………………………………. Welche Art von Studium ist Mindestanforderung? ! Bachelor – rein universitär ! Bachelor – berufsbegleitend ! Master/Diplom – rein universitär ! Master/ Diplom - berufsbegleitend ! MBA – rein universitär ! MBA - berufsbegleitend ! Promotion ! egal Welche der folgenden Ausbildungen würde aus Ihrer Sicht zum Aufgabenprofil des Expediters pas-sen? (Bitte nennen Sie die 3 aus Ihrer Sicht am besten geeignetsten Ausbildungen)

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

198

! Anlagenmechaniker/ Anlagenmechanikerin ! Bürokaufmann/ Bürokauffrau ! Elektronike/in (luftfahrttechnische Systeme, Maschinen und Antriebstechnik) ! Fertigungsmechaniker/ Fertigungsmechanikerin ! Industriekaufmann/ Industriekauffrau ! Industriemechaniker/ Industriemechanikerin ! Konstruktionsmechaniker/ Konstruktionsmechanikerin ! Mechatroniker/ Mechatronikerin ! Produktionstechnologe/ Produktionstechnologin ! Sonstige:………………………………… Sollte nach der Berufsausbildung eine Weiterqualifizierung erfolgt sein? (Mehrfachauswahl möglich) ! Ja – berufsbegleitend ! Ja – nicht berufsbegleitend ! Nein ! Egal An welcher Institution? (Mehrfachauswahl möglich) ! Universität ! Fachhochschule ! VWA (Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie) ! IHK (Industrie- und Handelskammer) ! Berufsakademie ! Sonstige: ………………………………….

Die folgenden Fächer stellen eine Auswahl von wesentlichen Fächern eines ingenieurswissenschaftli-chen Studiums des Maschinenwesens sowie angrenzender Disziplinen dar. Bitte bewerten Sie an-hand der vorgegebenen Skala, wie gut diese Themenfelder bei Antritt des Berufes Expediter be-herrscht werden sollen. Unter "Sonstige" können Sie, falls notwendig, vorerst den Wissensstand an-geben. Auf der nächsten Seite haben Sie dann die Möglichkeit die sonstigen Fächer zu benennen. Die Bewertungsskala ist wie folgt definiert: keine Kenntnisse - 0 Lerneinheiten; Basiskenntnisse - 1-2 Lerneinheiten/ Vermittlung grundlegender Kenntnisse; Erweiterte Kenntnisse - mehrere Lerneinheiten/ Schwerpunkt; Expertenkenntnisse - mehrere Lerneinheiten UND vertiefende Seminare und Arbeiten/ Vertiefung.

Keine Kenntnis-se

Basiskenntnisse Erweiterte Kenntnisse

Experten-kenntnisse

Automatisierungstechnik ! ! ! !

Elektrotechnik ! ! ! !

Erkenntnis- und Problemlö-sungsmethoden

! ! ! !

Informatik ! ! ! !

Konstruktion und Maschinene-lemente

! ! ! !

Kunststofftechnik ! ! ! !

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau __________________________________

199

Messtechnik ! ! ! !

Produktionstechnik und indust-rielle Herstellungsverfahren

! ! ! !

Strömungsmechanik ! ! ! !

Systematische Produktionsent-wicklung

! ! ! !

Systemtechnik und Regelungs-technik

! ! ! !

Technische Darstellungslehre ! ! ! !

Technische Mechanik ! ! ! !

Technologie und Innovations-management, F&E-Management

! ! ! !

Thermodynamik ! ! ! !

Werkstofftechnologie (Metalle und Kunststoffe)

! ! ! !

Beschaffungsmanagement ! ! ! !

Betriebswirtschaft ! ! ! !

Kostenrechnung und Control-ling

! ! ! !

Logistik (Lagerbewirtschaftung, Supply Chain Management)

! ! ! !

Personalmanagement und -führung

! ! ! !

Privat- und Handels- und Ver-tragsrecht

! ! ! !

Produkt- und Absatzmanage-ment

! ! ! !

Produktionsmanagement (Pro-duktionsplanung und -steuerung)

! ! ! !

Projektmanagement ! ! ! !

Qualitätsmanagement ! ! ! !

Rechnungswesen ! ! ! !

Risikomanagement ! ! ! !

Sonstige:……………………. ! ! ! !

Welche Kompetenzen werden benötigt und wie ausgeprägt sollten sie sein? Bitte kreuzen Sie bei allen Antwortmöglichkeiten das Ihrer Meinung nach Zutreffende an.

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

200

Keine Kennt-nisse

Basis-kenntnisse

Erweiterte Kenntnisse

Experten-kenntnisse

Verhandlungskompetenz (insb. im internationalen Um-feld)

! ! ! !

Interkulturelle Kompetenz

! ! ! !

Präsentationskompetenz

! ! ! !

Moderationskompetenz

! ! ! !

Kommunikationskompetenz

! ! ! !

Methodenkompetenz

! ! ! !

Sonstige:……………….. ! ! ! !

Welche Sprachen soll der Stelleninhaber mindestens können und auf welchem Niveau? (Mehrfach-auswahl möglich) Grundkenntnisse Verhandlungssicher Muttersprache

Englisch ! ! !

Deutsch

! ! !

Französisch

! ! !

Spanisch

! ! !

Chinesisch

! ! !

Sonstige:……………….. ! ! !

Wie viel Berufserfahrung (in Monaten) sollte während des berufsbegleitenden Studiums idealerweise gesammelt werden? Beispiel: 24 Monate …………………………….. Ist es notwendig während des Studiums ein Praktikum oder Praktika zu absolvieren? Falls ja, wie lange sollte das Praktikum/ die Praktika dauern? Bitte schreiben Sie in das Textfeld neben „ja“ die Summe der Gesamtdauer aller Praktika (in Mona-ten). Beispiel: 6 Monate

! Ja …………………………….. ! Nein

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau __________________________________

201

Ist Berufserfahrung (nach Abschluss der Ausbildung/Studiums) für die Ausübung des Berufes als Ex-pediter erforderlich? Falls ja, wie viel Berufserfahrung sollte idealerweise vorhanden sein? Bitte schreiben Sie die Anzahl in Jahren in das Textfeld neben der Antwortmöglichkeit "ja". Beispiel: 7 Jahre

! Ja ………………………………. ! Nein

In welchem/n Unternehmensbereich/en soll bereits Erfahrung gesammelt worden sein? Bitte kreuzen Sie bei jeder Antwortmöglichkeit das Ihrer Meinung nach Zutreffende an. Nicht erforderlich Wünschenswert erforderlich Produktion (z.B. Fertigungs-steuerung, Produktionspla-nung, Produktionssteuerung)

! ! !

Einkauf ! ! !

Technik ! ! !

Vertrieb ! ! !

Logistik (z.B. Supply Chain Management)

! ! !

Entwicklung ! ! !

Qualitätsmanagement ! ! !

Controlling ! ! !

Egal ! ! !

Sonstige:……………….. ! ! !

In welcher/n Branche/n soll die Erfahrung gesammelt worden sein? Bitte kreuzen Sie bei jeder Antwortmöglichkeit das Ihrer Meinung nach Zutreffende an. Nicht erforderlich Wünschenswert erforderlich

Anlagen- und Maschinenbau ! ! !

Chemie ! ! !

Elektrotechnik, Elektronik ! ! !

Fördertechnik ! ! !

Energie ! ! !

Egal ! ! !

Sonstige:……………….. ! ! !

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau _________________________________________

202

Persönliche Anforderungen (Eigenschaften und Fähigkeiten) Welche Anforderungskriterien sollen erfüllt sein und in welcher Rangfolge? Wählen Sie bitte die Anforderungen, die Sie als wichtig erachten und markieren Sie diese in der Spal-te Auswahl. Erstellen Sie eine Rangfolge für die gewählten Anforderungen und Beziffern Sie diese mit aufsteigenden Nummern (beginnend mit 1 für die wichtigsten Anforderung). Auswahl Rangfolge Analytisches Denkvermögen/Analysefähigkeit /logisches Denken

!

Urteilsfähigkeit

!

Lernbereitschaft

!

Sprachliches Ausdrucksvermögen/ Kommunikations-fähigkeit

!

Technisches Verständnis

!

Durchsetzungsfähigkeit

!

Einsatzbereitschaft/ Zielstrebigkeit

!

Führungsfähigkeit

!

Stressresistenz

!

Eigeninitiative/ Kontaktstreben

!

Sonstige:……………………………………………. !

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau __________________________________

203

Welche Eigenschaften sollen gegeben sein und mit welcher Rangfolge? Wählen Sie bitte die Eigenschaften, die Sie als wichtig erachten und markieren Sie diese in der Spalte Auswahl. Erstellen Sie eine Rangfolge für die gewählten Eigenschaften und Beziffern Sie diese mit aufsteigenden Nummern (beginnend mit 1 für die wichtigsten Eigenschaft). Auswahl Rangfolge

Engagement !

Flexibilität !

Teamfähigkeit / Kooperationsbereitschaft / Anpas-sungsvermögen

!

Ergebnisorientierung / Ergebnisverantwortung !

Qualitätsorientierung !

Entscheidungsfähigkeit / Entscheidungsvermögen !

Kundenorientierung !

Orientierungsfähigkeit in ausländischen Kulturen / Problembewusstsein / Problemlösungsfähigkeit

!

Selbstständiges Arbeiten !

Organisationstalent !

Sonstige:……………………………………………. !

Zukunftsperspektiven und Besonderheiten Für wie attraktiv halten Sie den Beruf des Expediters hinsichtlich seiner Aufgaben?

! Nicht attraktiv ! Wenig attraktiv ! Sehr attraktiv ! Außerordentlich attraktiv

Wie kann ein Unternehmen das Berufsbild des Expediters attraktiver gestalten?

! Höheres Gehalt ! Erfolgsbeteiligung ! Lokale Expediter (mindert Reisen) ! Weiterbildungsangebote ! Nicht-monetäre Benefits (z.B. Firmenwagen) ! Schnellere Aufstiegsmöglichkeiten ! Sonstige:…………………………………….

Wie hoch ist die Bezahlung eines Expediters (Brutto/Jahr in Euro)? Bitte tragen Sie das Gehalt in Zahlen ohne Trennzeichen ein, z.B. 60000 ………………………………..

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204

Wie schätzen Sie das Gehalt ein?

! Unterbezahlt ! Angemessen ! Überbezahlt

Denken Sie, dass andere Abteilungen und Kollegen in Ihrem Unternehmen die Arbeit des Expediting zu würdigen wissen?

! Keine Würdigung (negative Meinung) ! Zu wenig Würdigung (wird akzeptiert aber als nicht notwendig erachtet) ! Neutral (keine Meinung über das Expediting) ! Genug Würdigung (positive Meinung) ! Hohe Würdigung (wird als essentiell erachtet)

Welche Zukunftsperspektiven hat das Expediting Ihrer Meinung nach? D.h. Expediting als… (Mehrfachauswahl möglich)

! Eigenständige Abteilung ! Teilbereich anderer Abteilungen ! Einsatz über externe Dienstleister ! Bald abgeschaffter Bereich ! Sonstige: ……………………………..

Welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten hat ein Expediter hinsichtlich der Hierarchiestufen?

! Keine ! Mitarbeiterebene ! Unteres Management ! Mittleres Management ! Oberes Management

Welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten hat ein Expediter unter der Annahme, dass er den Status Fachkraft (fachlich ausgerichtete Tätigkeit) hat? (Mehrfachauswahl möglich)

! Keine/ bleibt Fachkraft ! Spezialist (komplexe Spezialistentätigkeit) ! Experte (hoch komplexe Tätigkeit)

In welche Richtung denken Sie kann ein Expediter sich spezialisieren? (Mehrfachauswahl möglich)

! Schweißtechnik ! Zerstörungsfreie Prüfungen ! Beschichtungstechnik ! Projektmanagement ! Risikomanagement ! Sonstige: …………………………………

Welchen Belastungen ist ein Expediter ausgesetzt und mit welcher Rangfolge?

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Anhang B: Das Berufsbild des Expediter im deutschen Großanlagenbau __________________________________

205

Wählen Sie bitte die Belastungen aus, denen ein Expediter ausgesetzt ist und markieren Sie diese in der Spalte Auswahl. Erstellen Sie eine Rangfolge für die gewählten Belastungen und Beziffern Sie diese mit aufsteigenden Nummern (beginnend mit 1 für die schwerwiegendste Belastung). Auswahl Rangfolge

Reisen !

Ärger innerhalb des Unternehmens !

Ärger mit anderen Unternehmen !

Bürokratie !

Prozesslandschaft !

Kulturcrash !

Lange Arbeitstage !

Sonstige:……………………………………………. !

Fachliche Anforderungen (Kenntnisse und Fertigkeiten) Sind Kenntnisse über spezielle Arbeitsmethoden erforderlich? Beispiel: Six Sigma, Target Costing, usw. ! Ja ! Nein Falls ja: Welche Arbeitsmethoden genau?

Keine Kennt-nisse

Basis-kenntnisse

Erweiterte Kenntnisse

Experten-kenntnisse

Design to Cost ! ! ! !

Six-Sigma ! ! ! !

Target Costing ! ! ! !

Make or Buy ! ! ! !

Sonstige:……………….. ! ! ! !

Muss man mit speziellen Anwendungsprogrammen umgehen können? Beispiel: Primavera, SAP R3, usw. ! Ja ! Nein Welche Anwendungsprogramme sollen bereits in der Ausbildung erlernt werden und wie gut soll er/sie darin sein?

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206

Bitte kreuzen Sie bei jeder Antwortmöglichkeit das Ihrer Meinung nach Zutreffende an.

Keine Kennt-nisse

Basis-kenntnisse

Erweiterte Kenntnisse

Experten-kenntnisse

SAP R3 ! ! ! !

Primavera ! ! ! !

Zamiz

! ! ! !

SAP Modul PM/ PS ! ! ! !

Primes ! ! ! !

MS Office (Excel, Word, PPT, Outlook, Access, Publisher, OneNote, InfoPath, Office Communicator)

! ! ! !

Sonstige:…………………… ! ! ! !

Fallen Ihnen weitere Kenntnisse, Eigenschaften, Fähigkeiten oder Spezialwissen ein, die bisher nicht erwähnt wurden? ! Ja ! Nein Bitte nennen Sie diese. Schreiben Sie bitte in die Zeile mit dem jeweils, Ihrer Meinung nach, zutreffenden Wissensstand. Bitte verwenden Sie pro Begriff nur ein Feld. „Sonstige“ Spalte 1 „Sonstige“ Spalte 2 „Sonstige“ Spalte 3

Basiskenntnisse ! ! !

Erweiterte Kenntnisse ! ! !

Expertenkenntnisse ! ! !

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