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 P H Y S I K THERMO DYNAMIK F. HERRMANN SKRIP TEN ZUR EXPERIMENTALPHYSIK ABTEILUNG R DIDAKTIK DER PHYSIK UNIVER SITÄT KARLS RUHE AUF LAGE 200 3 I I I  I I I  

Experimentalphysik III - Thermodynamik

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Skriptum zur Thermodynamik mit neuen didaktischen Ansätzen (Karlsruhe Physics Course)

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P H Y S I K

T H E R M O

DYNAMIK

F. HERRMANNSKRIPTEN ZUR EXPERIMENTALPHYSIKABTEILUNG FÜR DIDAKTIK DER PHYSIKUNIVERSITÄT KARLSRUHEAUFLAGE 2003

I I I  I I I  

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F. Herrmann

Physik III

Thermody namik

Aus der Reih e Skripten zur Exp erimenta lphysik :

Physik I, MechanikPhysik II, ElektrodynamikPhysik III , The rmodynami kPhysik IV, Opt ik

Alle Skr ipten der Reih e wur den bei www.p hysicsnet.org als “empfeh lenswer t” eingestuft.

Druck: Uni versitätsdrucker ei Kar lsruhe

September 200 3

Alle Rechte vorbehalten

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Inhaltsverzeichnis

1. M engena rtige Größe n und de r Auf ba u der Ph ysik ............................................7

2. Entropie und Temperatur .............................................................................................11

2.1 Die Entropie als Wärmemaß ...........................................................................................112.2 Die Festlegung der Entropieskala ...................................................................................12

2.3 Entropie und Energie, die Festlegung der Temperaturskala ......................... ..................13

2.4 Die Einheiten von Temperatur und Entropie ..................................................................14

2.5 Wärmemotor und Wärmepumpe .....................................................................................15

2.6 Entropieerzeugung – reversible und irreversible Prozesse .............................................16

2.7 Der Wirkungsgrad ...........................................................................................................18

2.8 Das thermische Gleichgewicht.........................................................................................19

2.9 Die Messung von Temperatur und Entropie ...................................................................20

2.9.1 Die Messung der Temperatur ..............................................................................202.9.2 Die Messung der Entropie ...................................................................................20

2.10 Der erste und der zweite Hauptsatz .................................................................................21

2.11 Entropieinhalt am absoluten Nullpunkt ..........................................................................22

2.12 Die Entropiekapazität ......................................................................................................22

2.13 Die Entropieleitfähigkeit .................................................................................................25

2.14 Zur Geschichte des Wärmebegriffs .................................................................................27

3. Stof fmenge un d chem isches Potentia l .....................................................................29

3.1 Stoffe und Grundstoffe ....................................................................................................293.2 Die Menge .......................................................................................................................31

3.3 Das chemische Potential .................................................................................................33

3.4 Die Skala des chemischen Potentials ..............................................................................34

3.5 Der Nullpunkt des chemischen Potentials ......................................................................35

3.6 Die Werte des chemischen Potentials .............................................................................36

3.7 Beispiele für den Umgang mit dem chemischen Potential .............................................37

3.8 Der Reaktionswiderstand ................................................................................................40

3.9 Reversibel ablaufende Reaktionen – elektrochemische Reaktionen ...............................43

3.10 Irreversibel ablaufende Reaktionen – die Entropiebilanz chemischer Reaktionen .........44

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4. Gibbssche Fundamenta lform, G ibbs funktio n, Gleichg ewicht ...................47

4.1 System und Zustand ........................................................................................................47

4.2 Die Gibbssche Fundamentalfor m ....................................................................................47

4.3 Gibbsfunktionen ..............................................................................................................494.4 Die Zerlegung von Systemen ..........................................................................................50

4.5 Energieformen .................................................................................................................52

4.6 Zustandsgleichungen .......................................................................................................54

4.7 Lineare Approximation der Gibbsfunktion .....................................................................58

4.8 Kreisprozesse ..................................................................................................................59

4.9 Warum die Energieform Wärme nicht in einem System enthalten sein kann ................60

4.10 Gleichgewichte ................................................................................................................62

4.11 Fließgleichgewichte ........................................................................................................64

5. Spezielle System e und Prozes se ...................................................................................67

5.1 Das ideale Gas .................................................................................................................67

5.1.1 Die thermische Zustandsgleichung des idealen Gases ........................................67

5.1.2 Die p- und die V -Abhängigkeit von Energie, Entropie und chemischemPotential bei T = const .........................................................................................68

5.1.3 Gelöste Stoffe als ideale Gase .............................................................................71

5.1.4 Das gravitochemische Potential ..........................................................................72

5.1.5 Gemische idealer Gase ........................................................................................73

5.1.6 Das Massenwirkung sgesetz ................................................................................74

5.1.7 Die zweite Zustandsgleichung: S = S (T, p, n) .....................................................755.1.8 Isentropen, Isobaren und Isochoren des idealen Gases ......................... ..............77

5.1.9 Die dritte Zustandsgleichung: m = m (T, p, n) ......................................................78

5.1.10 Einfache Kreisprozesse mit idealen Gasen .........................................................79

5.2 Flüssigkeiten und Feststoffe ............................................................................................80

5.2.1 Das chemische Potential .....................................................................................80

5.2.2 Die Entropie von Feststoffen ..............................................................................82

5.3 Strömungen .....................................................................................................................84

5.3.1 Strömungen ohne Energiefluß durch die Rohrwand ...........................................85

5.3.2 Strömung eines idealen Gases ohne Energiefluß durch die Rohrwand ..............865.3.3 Isotherme Strömung des idealen Gases ..............................................................87

5.3.4 Ideale Strömungen inkompressibler Flüssigkeiten .............................................87

5.3.5 Flüssigkeitsströmungen im Schwerefeld ............................................................88

5.4 Phasenübergänge .............................................................................................................89

5.4.1 Phasen .................................................................................................................89

5.4.2 Phasenübergäng e .................................................................................................89

5.4.3 x -X-Diagramme ...................................................................................................90

5.4.4 Die Clausius-Clapeyron-Gleichung ....................................................................91

5.4.5 Verdunsten und Sieden .......................................................................................92

5.4.6 Lösungen .............................................................................................................92

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5.5 Reale Gase .......................................................................................................................93

5.5.1 Der kritische Punkt ..............................................................................................93

5.5.2 Die Van-der-Waals-Gleichung ...........................................................................93

5.5.3 Adiabatische Strömung eines realen Gases – der Joule-Thomson-Effekt ..........93

5.6 Das Licht-Gas .................................................................................................................95

5.6.1 Thermische Strahlung .........................................................................................95

5.6.2 Die Entropie des Lichts .......................................................................................96

5.6.3 Die Temperatur des Lichts ..................................................................................96

5.6.4 Das chemische Potential des Lichts ....................................................................97

5.6.5 Die Größe Strahldichte ........................................................................................98

5.6.6 Das Stefan-Boltzman n-Gesetz ..........................................................................100

5.6.7 Druck und Entropie der schwarzen Strahlung als Funktion der Temperatur .... 100

5.6.8 Isotherme, isentrope und isoenergetische Expansion des Lichts ......................102

5.6.9 Die kosmische Hintergrundstrahlung ................................................................102

5.6.10 Das Gas-Kondensat-Analogon ..........................................................................103

5.6.11 Licht, dessen chemisches Potential ungleich null ist ........................................ 103

5.6.12 Energietransport mit thermischer Strahlung .....................................................103

5.6.13 Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz ................................................................104

6. Thermis ch e Maschin en .................................................................................................105

6.1 Überblick ....................................................................................................................... 105

6.2 Warum man Wärmekraftmaschinen benutzt .................................................................105

6.3 Maschinen mit äußerer Verbrennung ............................................................................106

6.3.1 Zyklisch arbeitende Maschinen – der Stirlingprozeß .......................................1066.3.2 Strömungsmaschinen ........................................................................................107

6.4 Maschinen mit innerer Verbrennung ............................................................................109

6.4.1 Zyklisch arbeitende Maschinen – der Ottomotor ..............................................109

6.4.2 Strömungsmaschinen – die Gasturbine .............................................................109

6.5 Kältemaschinen .............................................................................................................110

6.5.1 Umgekehrter Stirling- und Clausius-Rankine-Prozeß ......................................110

6.5.2 Das Linde-Hampson-Verfahren ........................................................................110

7. Entropie und W ahrscheinlichkeit ...........................................................................1117.1 Die Datenmenge ............................................................................................................ 111

7.2 Verallgemeinerung des Zustandsbegriffs – das Gibbssche Ensemble ......................... .113

7.3 Die Entropie einer Verteilung .......................................................................................115

7.4 Die physikalische Entropie eines Systems ....................................................................116

7.5 Entropie und Temperatur ..............................................................................................117

7.6 Entropie und Datenmenge ............................................................................................. 118

Lit eratur....................................................................................................................................119

Registe r ............ ............................................................................................................................120

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1. Mengenartige Größen und derAufbau der Physik

Wir wollen damit beginnen, die Thermodynamik in den Rest der

Physik einzuordnen. Wir müssen dazu einen kleinen Anlauf nehmen.Die Werte einer physikalischen Größe beziehen sich gewöhnlich auf ein bestimmtes geometrisches Gebilde. So beziehen sich die elektri-sche Feldstärke, die Temperatur und die Geschwindigkei t auf einenPunkt. Die Größen elektrische Spannung und Abstand beziehen sichauf zwei Punkte. Die Kraft oder Impulsstromstärke, die Leistungoder Energiestromstärke und die elektrische Stromstärke beziehensich auf Flächen. Die Größen, um die es uns im Augenblick geht, diemengenartigen Größen , beziehen sich auf einen Raumbereich. Zu ih-nen gehören die Energie, der Impuls, die elektrische Ladung, die En-tropie, die Stoffmenge und noch einige andere.

Die mengenartigen Größen spielen eine besondere Rolle in der Phy-sik. Wir wollen einige ihrer Eigenschaften betrachten.

Für jede mengenartige Größe X kann man eine Gleichung der Form

schreiben. Auch diese Gleichung bezieht sich auf einen Raumbe-reich. Sie lässt folgende Interpretation zu, Abb. 1.1:  X stellt mansich vor als die Menge von irgendetwas: die Energiemenge, die Be-wegungsmenge (im Fall des Impulses), die Elektrizitätsmenge, dieWärmemenge (im Fall der Entropie) oder die Stoffmenge. Der TermdX/dt stellt dann die zeitliche Änderung der Menge von  X  im In-nern des Raumbereichs dar. Die Größe  I  X  bezieht sich auf dieOberfläche des Raumbereichs. Man kann sie daher interpretieren alseine Stromstärke: die Stärke des Stroms der Größe X durch die Ober-fläche des betrachteten Raumbereichs. Die Größe S X schließlichbezieht sich wieder auf das Innere des Raumbereichs und kann inter-pretiert werden als die Erzeugungsrate von X (wobei negative Er-zeugung Vernichtung bedeutet).Bei dieser Interpretation erscheint Gleichung (1.1) als eine Bilanz-gleichung. Sie sagt uns, dass sich die Menge X auf zweierlei Artenändern kann: 1. dadurch, dass ein Strom von X durch die Oberflä-che des Gebiets in das Gebiet hinein oder aus ihm heraus fließt, und 2.dadurch, dass im Innern des Gebiets Erzeugung oder Vernichtungvon X stattfindet.Für manche mengenartigen Größen ist der Term S X immer gleichnull. Diese Größen können ihren Wert nur durch Zu- oder Wegfluss

ändern. Man nennt sie Erhaltungsgröß en . Zu ihnen gehören Ener-gie, Impuls und elektrische Ladung. Beispiele für nicht erhaltenemengenartige Größen sind die Entropie S  und die Stoffmenge n.So kann die Entropie zwar erzeugt, aber nicht vernichtet werden,während Stoffmenge sowohl erzeugt als auch vernichtet werdenkann.Die Interpretation, die wir hier vorstellen, wird allein durch die Ge-stalt von Gleichung (1.1) gerechtfertigt. Tatsächlich ist sie für man-che Größen üblich, für andere weniger. So ist jeder daran gewöhnt,sich die Größe Q als Elektrizitätsmen ge oder “Ladungsmenge ” vor-zustellen und entsprechend die Größe I als die Stärke des elektrischenStroms. Die Bilanzgleichung für die elektrische Ladung lautet

dX 

dt = I  X  + S  X  (1.1)

dQ

dt  = I 

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Abb . 1.1. Die Änd erun g dX/ dt kom mt auf zwe ierl eiArt zustand e: dur ch Zu- oder Weg fluss und dur chErzeugung oder Ver nichtung.

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Die Bilanzgleichung für die Energie ist

und die für den Impuls

Zu der letzten Gleichung ist bekanntlich eine andere Interpretationüblich: Man sagt, auf den Raumbereich, oder einen Körper im Raum-bereich, wirke eine Kraft, und dadurch ändere sich der Impuls im In-nern des Bereichs. Es ist aber zweckmäßig, auch diese Beziehung sozu lesen wie die anderen Bilanzgleichungen: Die Änderung d  p /dt des Impulses kommt zustande durch einen Impulsstrom der Stärke F.Jedes der großen Teilgebiete der klassischen Physik wird durch einemengenartige Größe charakterisiert. Die Mechanik ist der Teil derPhysik, in dem es um den Impuls und dessen Ströme geht. Die Elek-trizitätslehre beschäftigt sich mit der elektrischen Ladung und mit

elektrischen Strömen. Entsprechend kann man auch die reine Wär-melehre definieren als den Teil der Physik, in dem es um die Entropieund um Entropieströme geht. Die Stoffmenge und deren Ströme ge-hören in die Chemie.Die Energie ist eine Größe, die für keines dieser Gebiete charakteri-stisch ist. Sie ist in allen Teilgebieten der Physik gleichermaßenwichtig.Es ist eine Erfahrung, dass ein Energiestrom stets mit dem Strom ei-ner anderen mengenartigen Größe verknüpft ist. Die Stromstärke derEnergie ist dabei zur Stromstärke der anderen Größe proportional. Esgilt also allgemein:

P µ I  X 

Konkrete Beispiele für diese Beziehung sind

P µ F ,

die den Energietransport etwa durch einen Treibriemen beschreibt,oder

P µ I ,

die für elektrische Energietransporte gilt. Man definiert über dieseProportionalität en die so genannten energiekonjugierten intensivenGrößen:

So ist die elektrische Potentialdifferenz U definiert über

P = U · I  (1.2)

und die Geschwindigkeit kann man definieren über

P = v · F. (1.3)Wir werden sehen, dass für thermische Energietranspor te die Bezie-hung

P µ I S 

gilt, und dass man die Temperatur T definiert über

P = T · I S . (1.4)

Entsprechend ist für chemische Energietransporte

P µ I n,

und man definiert das chemische Potential m über

P = m · I n. (1.5)

dE 

dt = P

d  pdt 

= F

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Die einheitliche Form der Gleichungen (1.2) bis (1.5) zeigt, dass wireine Analogie vor uns haben. Die angesprochenen Teilgebiete derPhysik haben eine gemeinsame Struktur. Die Analogie besteht darin,dass man bestimmte physikalische Größen aufeinander abbildet. Auseiner Relation, die in einem der Teilgebiete gilt, erhält man eine Rela-tion in einem anderen Teilgebiet, indem man die einander entspre-

chenden Größen einfach ersetzt. Energie, Energiestromstärke, Ortund Zeit werden dabei nicht mitübersetzt, oder in anderen Worten,sie gehen in sich selbst über. In der zweiten und dritten Spalte von Ta-belle 1.1 sind die mengenartigen bzw. intensiven Größen aufgeführt,die gegeneinander ersetzt werden. Die fünfte Spalte zeigt als Beispieleine Beziehung in ihren verschiedenen analogen Varianten.

Die durch die Gleichungen (1.2) bis (1.5) definierten intensiven Grö-ßen spielen eine wichtige Rolle bei Strömungen, die mit “Reibung”in einem allgemeineren Sinn, oder Dissipation, verbunden sind. Sol-che Vorgänge sind

 – die mechanische Reibung;

 – die “elektrische Reibung”, d.h. der Prozess, der abläuft wennein elektrischer Strom durch einen Widerstand fließt;

 – der Vorgang bei dem Entropie durch einen Wärmewiderstandfließt;

 – Diffusion und chemische Reaktionen, die spontan ablaufen.

Für alle diese Strömungen gilt, dass die mengenartige Größe vom ho-hen zum niedrigen Wert der entsprechenden intensiven Größe fließt.So fließt bei mechanischen Reibungsvorgängen Impuls stets vomKörper mit der höheren zum Körper mit der niedrigeren Geschwin-digkeit.

In elektrischen Widerständen fließt die elektrische Ladung stets vomhohen zum niedrigen elektrischen Potential.

Entropie fließt von Stellen hoher zu Stellen niedriger Temperatur.

Stoffe schließlich diffundieren immer von Stellen hohen zu Stellenniedrigen chemischen Potentials. Außerdem laufen chemische Re-aktionen spontan immer in die Richtung abnehmenden chemischenPotentials.

Wenn man irgendeinen dieser Prozesse in die entgegengesetzteRichtung laufen lassen möchte, muss man Energie aufwenden.

Um Impuls von einem Körper niedriger auf einen Körper hoher Ge-schwindigkeit zu befördern, kann man einen Motor benutzen. Elek-trizität bringt man vom niedrigen auf das hohe Potential mit Hilfe ei-ner Batterie oder eines Generators. Entropie pumpt man mit einerWärmepumpe von der niedrigen zur hohen Temperatur. Und einechemische Reaktion treibt man in die dem spontanen Antrieb entge-

gengesetzte Richtung etwa in einer Elektrolysezelle.

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Tab elle 1.1. Zuordnung physikalischer Grö ßen zu Teilgebieten der Physik und zur Che mie

Extensive Grö ße Inte nsive Größe Str oms tärke P = x · I  X 

Mechanik Imp uls p Ges chwindigkei t v Kra ft F P = v · F

Elektrizitätslehr e elek trische Ladung Q elek trisches Potential j  elek trische Stromstärk e I P = U · I 

Wär melehre Entr opie S  Tem pera tur T  Entr opie stromstärke I S  P = T · I S 

Che mie Stof fmenge n chemisch es Potential m  Stof fstromstärk e I n P = m · I n

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Wir sind nun in der Lage zu sagen, um was es in der Thermodynamikgeht. Die Thermodynamik ist mehr als nur reine Wärmelehre. Es gehtalso um mehr als nur die Zusammenhänge zwischen Entropie undTemperatur. Die Thermodynamik befasst sich mit dem Zusammen-spiel von thermischen, chemischen und mechanischen Vorgängen.Die Größen, mit denen wir es zu tun haben werden, sind daher neben

der allgegenwärtige n Energie die thermischen Größen Entropie undTemperatur und die chemischen Größen Stoffmenge und chemi-sches Potential. Die Mechanik tritt in der Thermodynamik meistnicht mit ihren Größen Impuls und Geschwindigkei t auf, sondern mitden Stellvertretern Druck und Volumen.

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2. Entropie und Temperatur

2.1 Die Entropie al s Wärm em aß

Die Entropie S ist eine Größe, für die Nichtphysiker eine sehr guteAnschauung haben und mit der sie intuitiv richtig operieren. Es gibt

wahrscheinlich keine andere Größe, bei der der physikalischeBegriff mit einem umgangssprachlichen Begriff so gut überein-stimmt: Die meisten umgangssprachlichen Aussagen, in denen dasWort “Wärme” oder “Wärmemenge” vorkommt, bleibenphysikalisch korrekt, wenn man diese Wörter durch das Wort “Entro-pie” ersetzt.

Das Wort “Wärme” hat allerdings heute in der Physik eine andereBedeutung, nämlich Wärme = TdS , und diese stimmt mit der um-gangssprachlichen Bedeutung schlecht überein. Wir werden daherdas Wort Wärme nicht in diesem Sinn benutzen.

Im Folgenden sind einige Sätze wiedergegeben, in denen derumgangssprachl iche Wärmebegriff vorkommt. Diese Sätze bleibenrichtig, wenn man das Wort Wärme durch das Wort Entropie ersetzt.

Wir bekommen auf diese Weise ein qualitatives Verständnis für denEntropiebegriff :

Hält man einen Gegenstand, z.B. ein Stück Eisen, über eineGasflamme, so wird er wärmer, seine Temperatur steigt. In denGegenstand strömt Wärme (= Entropie) hinein. Je mehr Wärmeman in das Eisenstück hineinfließen lässt, desto höher wird seineTemperatur. Nimmt man den Gegenstand von der Flamme wegund packt ihn in Styropor ein, so bleibt die Wärme (= Entropie) inihm drin. Teilt man ihn in zwei gleich große Teile, so steckt in jedem Teil die Hälfte der Wärme (= Entropie), die im Gegenstandinsgesamt enthalten war. Die Wärme (= Entropie) ist alsomengenartig. Es gibt eine Wärmedichte (= Entropiedichte).

Bringt man einen warmen Gegenstand in Kontakt mit einemkalten, so fließt Wärme (= Entropie) vom warmen zum kalten,d.h. vom Gegenstand höherer zu dem niedrigerer Temperatur.Die Wärme (= Entropie) fließt um so besser, je größer dieTemperaturdiffe renz ist. Ob sie gut von einem warmen zu einemkalten Gegenstand fließt, hängt aber auch noch von der Art desKontakts, der Verbindung, ab. Sind die Gegenstände durch Holzverbunden, so fließt die Wärme (= Entropie) schlechter als wennsie durch ein Metall verbunden sind. Es gibt also gute undschlechte Wärmeleiter (= Entropieleiter).

Hält man einmal einen Behälter mit Luft und einmal einen gleichgroßen Behälter mit Wasser über eine Flamme, so stellt man fest,

dass sich die Luft schneller erwärmt, d.h. schneller einebestimmte Temperatur erreicht als das Wasser. Man muss also indas Wasser mehr Wärme (= Entropie) hineinstecken, um dieseTemperatur zu erreichen. Wasser hat eine größere Wärmekapazi-tät (= Entropiekapazität) als Luft.

Man kann einem “System” auch Wärme (= Entropie) zuführen,ohne dass es sich erwärmt. Lässt man kochendes Wasser auf derFlamme stehen, so fließt dauernd Wärme (= Entropie) in dasWasser hinein. Seine Temperatur erhöht sich nicht mehr, aber da-für wird ständig Wasser verdampft. Der Dampf muss also dieWärme (= Entropie) forttragen. Ein Gramm Dampf enthält also(viel) mehr Wärme (= Entropie) als ein Gramm flüssiges Wasser.

Lässt man einen Gegenstand, den man vorher erwärmt hat, eineWeile stehen (ohne weiter zu heizen), so fließt die Wärme

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(= Entropie) aus ihm heraus, sie verteilt sich in der Umgebung.Dabei verdünnt sie sich so stark, dass man nicht mehr erkennt, wosie sich genau befindet. Trotzdem ist sie irgendwo, sie ist nichtverschwunden im Sinn von “vernichtet”, sondern nurverschwunden im Sinn von “versteckt” oder “verstreut”.

Man kann Wärme (= Entropie) nicht vernichten, aber man kann

sie erzeugen, z.B. in einer Flamme, in einem elektrischenWiderstand oder durch “Reibung”.

Um Wärme (= Entropie) zu erzeugen, braucht man Energie. Dawir an die Erhaltung der Energie glauben, schließen wir, dass mitder Wärme (= Entropie), die von einem elektrischen Widerstandwegfließt, auch Energie wegfließt.

2. 2 Die Fe stlegu ng der Entrop ieskal a

Um eine physikalische Größe zu definieren, muss die Skala der Grö-ße festgelegt werden. Eine solche Festlegung soll es gestatten, Werteder Größe zu bestimmen. Zur Festlegung einer Skala gehört 1. die

Angabe der Einheit und 2. ein Vorschrift für die Konstruktion derVielfachen der Einheit.

Die Definition der Einheit ist im Wesentlichen ein technisches Pro-blem.

Die Festlegung der Vielfachen dagegen berührt die Substanz derGröße. Tatsächlich ist für viele Größen die Definition der Vielfachenein delikates Problem. Es gibt Fälle, bei denen diese Definition imLaufe der Geschichte der Physik geändert wurde. Die Skala wurde imLaufe der Zeit also verzerrt, oder besser: entzerrt. Ein Beispiel hierfürist die Temperaturskala.

Wir wollen uns überlegen, wie man Einheit und Skala der Entropiefestlegen könnte. Wir beginnen mit der Einheit.

Die Maßeinheit der Entropie ist das Carnot, abgekürzt Ct. Wir wis-sen, dass man Entropie braucht, um Eis zu schmelzen. Mit 1 Ctschmilzt man bei Normaldruck gerade 0,893 cm3 Eis. Man hätte alsogesetzlich festlegen können:

“1 Carnot ist diejenige Entropiemenge, mit der man bei Normaldruck0,893 cm3 Eis schmilzt.”

Tatsächlich hat man als gesetzliche Definition ein anderes Verfahrenvorgezogen. Dieses Verfahren ist begrifflich etwas komplizierter,gestattet aber eine genauere Festlegung der Einheit. Wir kommenspäter darauf zurück.

Nun zur Bildung von Vielfachen von Entropiewerten. Für mengenar-tige Größen ist die Bildung von Vielfachen trivial. Wenn ein System

eine Einheit einer mengenartigen Größe enthält, so erhält man zweiEinheiten, indem man einfach ein gleiches System neben das erstesetzt.

Zu unterscheiden vom Verfahren zur Festlegung von Einheit undVielfachen der Werte einer physikalischen Größe sind die prakti-schen Messverfahren. Um die Werte einer Größe praktisch zu be-stimmen, braucht man ein Verfahren, das nicht zu umständlich ist. Sokönnte man Entropiemengen zwar im Prinzip dadurch messen, dassman Eis schmilzt und dessen Volumen misst. Nur ist dieses Verfah-ren sehr unpraktisch. Warum? Die zu messende Entropie befindetsich in irgendeinem System: einem Behälter oder einem Körper. Vondiesem muss man sie in das zu schmelzende Eis übertragen. Es istaber technisch sehr schwierig, Entropie von einem Körper auf einen

anderen zu bringen, ohne dabei zusätzlich neue Entropie zu erzeu-

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gen. Es ist besonders schwierig, wenn sich der Körper, von dem dieEntropie entnommen wird, auf einer anderen Temperatur befindetals das Eis. Man muss dann die Entropie behutsam (mit Hilfe einerWärmekraftmas chine oder einer Wärmepumpe) hinaufpumpen oderherunterlassen. Es gibt ein viel praktischeres Messverfahren für dieEntropie. Dieses macht sich die Erzeugbarkeit der Entropie gerade zu

nutze. Wir werden dieses Verfahren später kennen lernen..

2. 3 En tr op ie un d En er gi e, di e Fe st le gu ng de r Te m -pe raturskala

Bevor wir uns der Definition der Temperaturskala zuwenden, müs-sen wir die Energie- und die Entropiebilanz einiger einfacher Geräteuntersuchen.

Abb. 2.1 zeigt einen Tauchsieder. Zunächst die Entropiebilanz: Ausdem Tauchsieder kommt Entropie heraus, es fließt aber keine Entro-pie hinein. Die Entropie wird im Tauchsieder erzeugt.

Und die Energiebilanz: In den Tauchsieder fließt über das KabelEnergie hinein, und diese muss wieder herauskommen. Die einzigeMöglichkeit hierfür ist, dass sie über die äußere Oberfläche zusam-men mit der Entropie herauskommt. Man sagt auch, die Energiekommt mit dem Energieträger “elektrische Ladung” in den Tauch-sieder hinein und mit dem Energieträger “Entropie” heraus. Wirschließen daraus, dass ein Entropiestrom von einem Energiestrombegleitet ist.

Wir suchen nun den Zusammenhang zwischen Entropiestromst ärke I S und Energiestromstärke P. Da beide Größen Stromstärken men-genartiger Größen sind, muss der Zusammenhang lauten:

P µ I S  (2.1)

(Man kann sich etwa vorstellen, man betreibt zwei Tauchsieder ne-beneinander. Dann sind sowohl der Energie- als auch der Entropie-strom für beide zusammen doppelt so stark wie für einen allein.)

Wir betrachten als nächstes Entropie- und Energiebilanz eines Wär-memotors, oder einer “Wärmekraftmaschine”. Abb. 2.2 zeigt dasFlussbild eines Wärmemotors, Abb. 2.3 zeigt den Wärmemotor et-was realistischer.

Wärmemotoren werden unter anderem in Kohle- und Kernkraftwer-ken eingesetzt. In die Maschine fließt Entropie auf hoher Temperaturhinein. Man beschafft sich diese Entropie durch Erzeugung: durchVerbrennung von Kohle oder durch Spaltung von Uran und Plutoni-um. Die Entropie wird von der Maschine im  Dampferzeuger auf-

genommen. Der Dampf entspannt sich in einer Turbine. Dabei wirder kälter. Im Kondensator kondensiert der Dampf, wobei er die ganzevorher aufgenommene Entropie auf niedriger Temperatur wieder ab-gibt. Diese Entropie wird gewöhnlich an das Wasser eines Flussesabgegeben, manchmal auch – in einem Kühlturm – an die Luft.

Die Entropiestromstärke ist also am Eingang des Wärmemotors sogroß wie am Ausgang. Wenn bei realen Maschinen, der Entropie-strom am Ausgang etwas stärker ist als am Eingang, so liegt das anUnvollkommenh eiten der Maschine, die man aber im Prinzip belie-big klein machen kann.

Während die Entropie durch die Maschine fließt, gibt die Maschineüber die Welle Energie ab. Diese Energie muss in die Maschine hin-eingekommen sein. Die einzige Möglichkeit hierfür ist, dass die her-ausfließende Entropie weniger Energie trägt als die hineinfließende.Die Differenz zwischen dem Energiestrom, der mit der Entropie hin-

13

Abb. 2.2. Flu ssbild eine s Wärmemotor s

Abb. 2.3. Der Wärmemotor eines Kraftwerks be-steht aus Dampferzeuger, Turbine, Kondensatorund Pumpe.

Abb. 2.1. Zur Energie- und Entropiebilanz einesTauchsiede rs

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einfließt und dem, der mit der Entropie wieder herausfließt, verlässtdie Maschine über die Welle. Hinein- und herausfließender Entro-piestrom müssen sich also unterscheiden. Genauer: Der Proportiona-litätsfaktor, der die Beziehung (2.1) zu einer Gleichung macht, mussfür Ein- und Ausgang verschiedene Werte haben. Er muss von einerGröße abhängen, die an Eingang und Ausgang verschiedene Werte

hat. Nun wissen wir, dass der Ausgang der Maschine kälter ist als derEingang, dass die Temperatur des Ausgangs niedriger ist, als die desEingangs, welches auch immer die Temperaturskala ist, die man zu-grunde legt.

Da wir die Temperaturskal a bisher noch nicht definiert haben, legenwir fest: Der Proportionalitätsfaktor, der (2.1) zu einer Gleichungmacht, heißt Temperatur. Die Temperatur T wird also definiert als:

Um T von der in C gemessenen Temperatur zu unterscheiden, nenntman diese Größe auch absolute Temperatur.Die Definition (2.2) ist analog zu der der elektrischen Spannung. Tat-sächlich wird die elektrische Spannung definiert als Quotient ausEnergiestromstärke und elektrischer Stromstärke. (Diese Tatsachewird oft anders formuliert, etwa: Spannung gleich Energie pro La-dung. Solche Formulierungen sind aber zu unserer Version äquiva-lent.)Wir wollen Gleichung (2.2) noch in der Form schreiben, in der mansie sich gewöhnlich merkt:P = T · I S .(2.3)

2. 4 Die Ei nhei ten von Temperatur und En trop ie

Da die Skalen, und damit die Vielfachen, von Energie und Entropiefestliegen, sind mit Gleichung (2.2) auch die Vielfachen der Tempe-ratur festgelegt. Wir hatten aber die Festlegung der Entropieein-heit zunächst noch aufgeschoben. Wir können nun das Versäumtenachholen. Würde man die Entropieeinheit festlegen, so läge mitGleichung (2.2) auch die Temperatureinh eit fest (denn über die Ener-gieeinheit ist schon in der Mechanik verfügt worden). Tatsächlichverfährt man nun aber umgekehrt: Man legt gesetzlich die Tempera-tureinheit fest und definiert die Entropieeinheit, das Carnot, überGleichung (2.2). Die Temperatureinheit ist folgendermaßen defi-niert:Die Temperatur von Wasser am “Tripelpunkt” beträgt 273,16 Kel-vin.

Der Tripelpunkt ist diejenige Temperatur, bei der festes, flüssigesund gasförmiges Wasser koexistieren. Er ist zur Festlegung der Ein-heit besonders geeignet, weil keine zusätzlichen Angaben über dieWerte anderer Größen gemacht werden müssen. Es muss also nichtetwa gesagt werden: “bei dem und dem Druck”. Wenn Wasser sicham Tripelpunkt befindet, liegt der Druck zwangsläufig fest.Wir fassen noch einmal das etwas komplizierte Verfahren der Festle-gung der Skalen von Entropie und Temperatur zusammen:Die Vielfachen der Entropie ergeben sich einfach aus der Mengenar-tigkeit der Größe, die Vielfachen von Temperaturwerten sind überGleichung (2.2) definiert. Die Einheit der Temperatur ist über denTripelpunkt des Wassers definiert. Daraus folgt die Entropieeinheit

T =P

 I S 

(2.2)

14

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über Gleichung (2.2). Es ist nämlich

1 Ct = 1 J/K.

Noch eine Bemerkung zu dem “krummen” Wert bei der Definitionder Temperatureinheit. Man hat diesen Wert gewählt, weil so eineTemperaturdiffe renz von 1 Kelvin mit dem früher gültigen ˚C (Grad

Celsius) übereinstimmt.Für die Temperatur des Phasenübergang s zwischen festem und flüs-sigen Wasser bei Normaldruck (die Temperatur von schmelzendemEis) ergibt sich 273,15 K. Für den Zusammenhang zwischen Celsiu-stemperatur J und absoluter Temperatur T gilt demnach

2.5 Wärm emot or und W ärmep umpeWir können nun die Energiebilanz des Wärmemotors machen. (DieEntropiebilanz ist trivial: Es fließt genauso viel hinein wie heraus.)

Mit der auf der hohen Temperatur T 2 hineinfließenden Entropie(Stromstärke I S ) fließt in die Maschine ein Energiestrom der Stär-ke

P2 = T 2 · I S 

hinein, und mit dem auf der niedrigen Temperatur T 1 herausflie-ßenden Entropie fließt aus der Maschine ein Energiestrom der Stärke

P1 = T 1 · I S 

heraus. Netto fließt damit in die Maschine ein Energiestrom der Stär-

keP = P2 – P1 = T 2 · I S  – T 1 · I S 

also

P = (T 2 – T 1) I S  (2.4)

hinein.

Man sieht, dass die Funktionsweise des Wärmemotors der einesWasserrads ähnlich ist, vergleiche Abb. 2.4 mit Abb. 2.2. Der Entro-pie entspricht beim Wasserrad das Wasser, oder genauer, die Massem des Wassers, und was beim Wärmemotor die Temperatur ist, istbeim Wasserrad das Gravitationspotential g · h (g = Ortsfaktor, h= Höhe). Zum Wasserrad hin fließt ein Massenstrom auf großer Hö-

he, vom Wasserrad weg fließt ein Massenstrom derselben Stärke auf geringerer Höhe. Am Wasserrad geht die Masse von der großen auf die geringe Höhe herunter und gibt dabei Energie ab. Der Energie-strom hat die Stärke:

P = P2 – P1 = g · h2 · I m - g · h1 · I m = g(h2 – h1) I mNun zur Wärmepumpe. Die Wärmepumpe tut gerade das Umgekehr-te von dem, was ein Wärmemotor macht: Sie befördert Entropie vonniedriger Temperatur auf hohe Temperatur. Da die wegfließende En-tropie auf der hohen Temperatur mehr Energie trägt als die auf derniedrigen Temperatur hinfließende, braucht die Wärmepumpe eineEnergieversorgung. Die Energie, die sie zum Pumpen braucht, istwieder durch die Gleichung

P = (T 2 – T 1) I S 

gegeben.

K=

˚C+ 273, 15

15

Abb. 2.4. Flu ssbild eine s Wasserrade s

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In Analogie hierzu existiert auch zum Wasserrad eine Umkehrung:die Wasserpumpe. Und deren Energiebedarf wird durch die Glei-chung

P = g(h2 – h1) I m

beschrieben. Abb. 2.5 zeigt die Flussbilder einer elektrischen Wär-mepumpe und einer elektrischen Wasserpumpe

2. 6 Entrop ieer zeugung – revers ib le undirrevers ible Prozesse

Fließt Elektrizität durch einen elektrischen Widerstand – vom hohenzum niedrigen elektrischen Potential –, so wird der Widerstandwarm, es wird Entropie erzeugt, Abb. 2.6. (Siehe auch Abb. 2.1.)

Die zum Widerstand hinfließende Energie muss gleich sein der weg-fließenden. Es muss also gelten:

(j 2 – j 1) · I = T · I S erz (2.5)

Hier ist j das elektrische Potential, I die elektrische Stromstärkeund I S erz die pro Zeit erzeugte Entropie. Wir lesen die Gleichungfolgendermaßen : Zum Widerstand fließt Energie hin mit dem Ener-gieträger elektrische Ladung und vom Widerstand weg fließt Energiemit dem Energieträger Entropie. Die Entropie, mit der die Energieden Widerstand verlässt, wurde im Widerstand erzeugt. Wenn U =j 2 - j 1,  I  und T  bekannt sind, lässt sich die erzeugte Entropieleicht berechnen:

 I S erz = U · I /T 

Es ist eine wichtige Erfahrung, dass Entropie nicht vernichtet werden

kann. Daraus folgt, dass Prozesse, bei denen Entropie erzeugt wird,nicht rückwärts ablaufen können, sie sind irreversibel.

Gleichung (2.3) sagt uns, dass zur Entropieerzeugung Energie ge-braucht wird. Man sagt, die zur Entropieerzeugung verbrauchteEnergie werde dissipiert . Vorgänge, bei denen Entropie erzeugtwird, heißen dissipative Prozesse.

Es gibt einige dissipative Standardprozess e, die bestimmte Gemein-samkeiten haben. Einer davon ist der gerade diskutierte Prozess, beidem ein elektrischer Strom durch einen elektrischen Widerstandfließt.

Ein anderer solcher Standardprozess ist die mechanische Reibung,Abb. 2.7: Es wird Entropie erzeugt, während Impuls von einem Kör-

per auf einen anderen über einen “Impulswidersta nd” fließt, d.h. überdie Berührungsfläche zwischen den beiden Körpern. Der Impulsfließt von dem Körper mit der höheren Geschwindigkeit v2 zumKörper mit der niedrigeren Geschwindigkeit v1. Der Energiestrom,der zur Aufrechterhaltung des Vorgangs nötig ist, hat die Stärke

P = (v2 – v1) · F,

die Energiebilanz lautet also:

D v · F = T · I S erz .

In Abb. 2.8 ist das Flussbild des Reibungsvorgangs dargestellt.

Abb. 2.9 zeigt einen dritten dissipativen Prozess. Hier fließt in einer

16

Abb. 2.7. Zur Impuls- und Entropiebilanz bei ei-nem Reibungsvorgang

Abb. 2.5. Flussbilder einer elektrischen Wärme-pum pe und einer elektrischen Wasserpum pe

Abb . 2.6. Flu ssb ild des elek tris chen Wid ers tand es

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Rutschkupplung Drehimpuls von der Welle mit der höheren zur Wel-le mit der niedrigeren Winkelgeschwindigkeit. Die Energiebilanzlautet:

D w · M = T · I S erz .

(w ist die Winkelgeschwindigkeit und  M  das Drehmoment oderdie Drehimpulsstrom stärke). Das Flussbild zeigt Abb. 2.10.

Einen Prozesstyp, den wir erst im nächsten Kapitel betrachten, stel-len frei ablaufende chemische Reaktionen dar. Auch hier wird Entro-pie erzeugt, und auch hierfür lässt sich eine Energiebilanzgl eichungformulieren, die dieselbe Form hat, wie die des elektrischen Wider-standes:

D m · I n = T · I S erz .

Hier ist m das chemische Potential und I n der Stoffumsatz (gemes-sen in mol/s). D m ist die Differenz der chemischen Potentiale vonEdukten und Produkten.

Alle Prozesse, die wir hier diskutiert haben, haben gemeinsam, dasseine mengenartige Größe über eine Art Widerstand von einer Stelle

zu einer anderen fließt. Die entsprechende intensive Größe – elektri-sches Potential, Geschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit, chemi-sches Potential – hat an der ersten Stelle einen höheren Wert als an derzweiten. Die mengenartige Größe fließt also vom hohen Wert der in-tensiven Größe zum niedrigen.

Wir betrachten schließlich noch einen dissipativen Prozess, der eineBesonderheit hat. Durch einen Wärmewidersta nd, dessen Enden sichauf den unterschiedlichen Temperaturen T 2 und T 1 befinden,fließt ein Entropiestrom vom Ende mit der hohen Temperatur T 2zum Ende mit der niedrigen Temperatur T 1, Abb. 2.11. Auch hier-bei wird Entropie erzeugt. Das bedeutet, dass am kalten Ende mehrEntropie ankommen muss, als am warmen Ende in den Wärmewider-stand hineingeflossen ist. Man kann die Energiebilanz zunächst so

formulieren:T 2 · I S 2 = T 1 · I S 1, (2.6)

denn die Stromstärken des hinein- und des herausfließenden Ener-giestroms müssen gleich sein.

Man sieht an dieser Gleichung sofort, dass die Entropiestromst ärke I S 1 größer sein muss als I S 2. Da sich der herausfließende Entropie-strom aus dem hineinfließenden Strom und der im Widerstand proZeit erzeugten Entropie zusammensetzt, lässt sich I S 1 schreiben

 I S 1 =  I S 2 +  I S erz ,

Dies in (2.6) eingesetzt ergibt

(T 2 – T 1) · I S 2 = T 1 · I S erz .

Lassen wir nun bei der Stärke des hineinfließenden Entropiestromsden Index “2” weg, so erhalten wir

(T 2 – T 1) · I S = T 1 · I S erz , (2.7)

d.h. wieder eine Gleichung des Typs von Gleichung (2.5).

Der Vorgang, den Gleichung (2.7) beschreibt, könnte man thermi-sche Reibung nennen. Die Besonderheit des Prozesses besteht darin,dass hier die strömende Größe von derselben Natur ist wie die er-zeugte.

17

Abb. 2.11 . Entropiebila nz eines Wärmel eiters

Abb. 2.8. Flussbild eine s Reibungsvorgangs

Abb . 2.9. Zur Dre him puls - und Entr opie bilan z beieine r Rutschkupplung

Abb. 2.10. Flussbild der Rutschkupplung

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2. 7 Der Wir kungsgrad

Viele Geräte und Maschinen dienen dem Zweck, Energie von einemEnergieträger auf einen anderen “umzuladen”. Der Elektromotor be-kommt Energie mit dem Energieträger elektrische Ladung und gibtsie ab mit dem Energieträger Drehimpuls. In eine elektrische Wär-mepumpe fließt die Energie mit der Elektrizität hinein, und sie ver-lässt die Maschine mit der Entropie. Man nennt diese Geräte, etwasunzutreffend, Energiewandler. Tatsächlich wird in ihnen gar nichtsverwandelt. Die Energie wechselt lediglich ihren Begleiter. Wir zie-hen daher den Namen “Energieumlade r” vor. Wir sagen, die Energiewerde von einem auf einen anderen Träger umgeladen.

Jeder Energieumlader hat Verluste. Die Ursache von Verlusten iststets Entropieerzeugung. Ein Teil der ankommenden Energie wirddazu verbraucht, oder verschwendet, Entropie zu erzeugen. NachGleichung (2.3) wird zur Entropieerzeugung Energie gebraucht.

Der Transport irgendeiner mengenartigen Größe ist im Allgemeinenauch mit Entropieerzeugu ng verbunden. Auch hierfür wird Energiegebraucht, und auch diese ist als Verlust zu verbuchen.

Energie geht also immer verloren, wenn Entropie erzeugt wird. DieDevise “Spare Energie” kann man also ersetzen durch “VermeideEntropieerzeugung”.

Tatsächlich lässt sich jede Aufgabe, bei deren Erledigung Entropieerzeugt wird, auch durch einen Prozess lösen, der ohne Entropieer-zeugung abläuft. Das bedeutet, dass es keinen physikalischen Grunddafür gibt, dass wir überhaupt Energie verbrauchen. Im Prinzip könn-ten alle Produktions- und Transportleistun gen ohne Energieaufwandbewältigt werden. Es ist technisch wichtig, ein Gerät, eine Maschine,eine Transportvorrichtung daraufhin zu beurteilen, ob viel Energieverschwendet wird. Wir definieren daher einen Wirkungsgrad hder entsprechenden Vorrichtung.

Zur Definition des Wirkungsgrades vergleicht man die zu beurteilen-de Maschine mit einer anderen Maschine, die dasselbe leistet, dabeiaber keine Entropie erzeugt, also mit einer perfekten, idealen Ma-schine. Bei gleicher Leistung, worin diese auch bestehen mag, sei derEnergieverbrauch der realen Maschine Prea l und der der idealenMaschine Pideal. Als Wirkungsgrad definieren wir

Die Definition ist so beschaffen, dass sich für jedes Gerät, in dem kei-ne Entropie erzeugt wird, der Wirkungsgrad h = 1 ergibt.Wir wollen den Wirkungsgrad eines notorischen Energieverschw en-ders, der Elektroheizung, berechnen. Die Leistung, die die Heizung

erbringen soll, ist ein bestimmter Entropiestrom I S auf einer bestimm-ten Temperatur T 2. Falls die Heizung zum Heizen eines Hausesverwendet wird, ist I S die Stärke des Entropiestroms, der das Hausdurch die Wärmelecks verlässt. T 2 ist die Temperatur im Innerndes Hauses.

Die reale Elektroheizung braucht hierfür einen Energiestrom von

Preal = T 2 · I S 

h =Pideal

Prea l

(2.8)

18

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Eine reversibel arbeitende Maschine zur Heizung des Hauses wäreeine Wärmepumpe, die die benötigte Entropie von außerhalb desHauses ins Haus hineinpumpt. Wir nennen die Außentemperatu r T 1.Der Energieverbrauch der Wärmepumpe ist (siehe Abschnitt 2.5)

Pide al = (T 2 - T 1) I S .Für den Wirkungsgrad (2.8) der Elektroheizung ergibt sich damit:

Es ist interessant, dass sich der Wirkungsgrad allein durch zwei Tem-peraturen ausdrücken lässt. Die Tatsache, dass es sich um eine Wi-derstandsheizun g bzw. eine Wärmepumpe handelt, kommt in der Be-ziehung gar nicht mehr zum Ausdruck. Tatsächlich ergibt sich diesel-be Gleichung für jede andere Heizung, bei der die ganze benötigteEntropie durch Erzeugung gewonnen wird. Wegen seiner universel-len Bedeutung hat dieser Ausdruck einen eigenen Namen bekom-men. Man nennt den Ausdruck

den Carnot-Faktor.

2.8 Das therm ische Gleichgewic ht

Wenn Entropie über einen Wärmeleiter von einem Körper A höherer

Temperatur in einen Körper B niedrigerer Temperatur fließt, sonimmt die Temperatur T A ab und die Temperatur T B zu, Abb.2.12: Die beiden Temperaturen gleichen sich an. Schließlich wird

T A = T B.

Wenn dieser Zustand erreicht ist, ist kein Antrieb für den Entropie-strom mehr vorhanden, die Entropie hört auf zu fließen. Man nenntdiesen Zustand thermisches Gleichgewicht .

Er ist analog zu anderen Gleichgewichtsz uständen. Impulsgleichge-wicht stellt sich ein, wenn zwei aneinander reibende Körper A und Bdieselbe Geschwindigkeit erreichen, Abb. 2.13, d.h. wenn

vA = vB.

Elektrisches Gleichgewicht stellt sich ein zwischen zwei Kondensa-toren, die über einen Widerstand miteinander verbunden sind, Abb.2.14. Im elektrischen Gleichgewicht ist

U A = U B.

h =Pideal

Preal

=(T 2 - T 1) I S 

T 2 ⋅  I S 

=T 2 - T 1

T 2

h =T 2 - T 1

T 2(2.9)

19

Abb . 2.12 . Zw isch en den beid en Kör pern stel lt sichther misches Gleichgewi cht ein.

Abb . 2.13 . Zw isch en den beid en Kör pern stel lt sichImp ulsgleichgew icht ein.

Abb. 2.14. Zwischen den beiden Kondensatorenstellt sich elek trisches Gleichgewi cht ein.

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2. 9 Die M essung vo n Tempe ratur un d Entropie

2.9.1 Die Messung der Temperatur

Zur Messung der Temperatur eignen sich diejenigen Effekte, beidenen mechanische, elektrische oder optische Größen von der Tem-

peratur abhängen, z.B. – die thermische Ausdehnung eines Festkörpers: Bimetallstreifen

(Verwendung in Thermostaten);

 – die thermische Ausdehnung einer Flüssigkeit: Quecksilberther-mometer;

 – die thermische Ausdehnung von Gasen: Gasthermometer;

  – der thermoelektrische Effekt: ein Entropiestrom ist an einenStrom geladener Teilchen gekoppelt; bei offenem Stromkreiskann der Teilchenstrom nicht fließen, und eineTemperaturdifferenz verursacht eine Differenz deselektrochemisch en Potentials (siehe S. 30 im Skriptum zur PhysikII);

 – der elektrische Widerstand eines Materials ist temperaturabhän-gig: bei Metallen nimmt der Widerstand mit T zu, bei Halbleiternab;

 – jeder Körper gibt elektromagnetis che Strahlung ab; das Spektrumder Strahlung ist von der Temperatur abhängig: Strahlungspyro-meter;

  – Manche Stoffe ändern beim Überschreiten einer bestimmtenTemperatur ihre Farbe.

Bei den meisten Temperaturmessverfahren wird das Messinstru-ment mit dem System Y, dessen Temperatur bestimmt werden soll,ins thermische Gleichgewicht gebracht: Durch eine entropieleitendeVerbindung ermöglicht man einen Entropiefluss von Y zum Messge-rät. Die Entropie fließt solange, bis Messinstrument und System Ydieselbe Temperatur haben. Die Entropiekapazität des Messinstru-ments muss klein sein gegen die von Y. Außerdem soll das Messin-strument kein thermisches Leck haben, sonst kommt der Entro-piefluss zwischen Y und Messinstrument nie zum Stillstand.Analoge Bemerkungen gelten für die Messung anderer intensiverGrößen.

2.9.2 Die Messung der Entropie

Dass Entropie erzeugt werden kann, erschwert ihre Messung, wennman Verfahren anwendet, die analog sind zu Verfahren, die man zurMessung von Erhaltungsgröße n, etwa der elektrischen Ladung, ein-setzt. Im Grunde erleichtert es aber die Messung, da man Methodenverwenden kann, die bei Erhaltungsgrößen nicht möglich sind.

Wir nehmen im Folgenden an, dass wir nicht die gesamte in einemSystem enthaltene Entropie messen wollen, sondern nur den Betrag,um den sich der Entropieinhalt des Systems in zwei gegebenen Zu-ständen unterscheidet. Die Messaufgabe laute also z.B.: Wie vielmehr Entropie enthält eine bestimmte Flüssigkeitsmen ge X bei 80˚Cals bei 20°C, Abb. 2.15?

Verfahren ohne Entropieerzeugu ng

Wir orientieren uns an der Messung von elektrischer Ladung. Man

leitet die zu messende Ladungsmenge auf ein Elektrometer, Abb.2.16a. Das Elektrometer ist geeicht, d.h. der Zusammenhang zwi-

20

Abb. 2.16. (a) Messung von elektrischer Ladung.Die zu messende Ladung wird auf das geeichteElek trometer übertrag en. (b) Messung von Entr o-

pie. Die zu messende Entropie wird wird auf dasgeei chte Entropiemes sgerät übertrag en.

Abb. 2.15. Um wieviel Carnot unterscheidet sichder Entropieinha lt?

a

b

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schen Ausschlag und Ladung ist bekannt. Entsprechend kann man ei-ne zu messende Entropiemenge in einen mit Wasser gefüllten Behäl-ter leiten, Abb. 2.16b. Das Wasser dehnt sich aus. Das Steigrohr istgeeicht, d.h. der Zusammenhang zwischen Steighöhe und Entropie-inhalt des Wassers ist bekannt. Das Verfahren ist aber sehrunpraktisch, denn im Allgemeinen befindet sich die Entropie, die

man messen möchte, in einem System, dessen Temperatur einen an-deren Wert hat als die des geeichten Wasserbehälters . Befindet sichdas System auf einer höheren Temperatur als das Messgerät, so kannman zwar die zu messende Entropiemenge mit einem Wärmeleiterübertragen. Dabei wird aber zusätzliche Entropie erzeugt, und dasMessgerät zeigt zu viel an. Befindet sich das System auf niedrigererTemperatur als das Messgerät, so fließt die Entropie gar nicht in dasMessgerät hinein. Man muss also in jedem Fall zwischen System undMessgerät eine Wärmepumpe oder einen Wärmemotor einbauen, sodass die Entropie auf die Temperatur des Messgeräts gebracht wird.Dieses Verfahren ist so unpraktisch und ungenau, dass man es nichtanwendet.

Verfahren mit EntropieerzeugungMit diesem Verfahren kann man nicht die Menge von bereits vorhan-dener Entropie bestimmen. Stattdessen transportiert man die Entro-pie, deren Wert man bestimmen will, in die Umgebung und erzeugtdann den gleichen Betrag neu.

In unserem konkreten Fall werden wir aus unserer Flüssigkeit X, diesich auf 80 ˚C befindet, zunächst die ganze zu messende Entropiewegfließen lassen: Wir kühlen die Flüssigkeit auf 20 ˚C ab, Abb.2.17a. Dann erzeugen wir die Entropie neu und messen dabei den zu-fließenden Energiestrom und die Temperatur, Abb. 2.17b. Die StärkeP des Energiestroms und die Stärke I s des Entropiestroms, die ausdem Heizwiderstand herausfließen, sind verknüpft über

P = T · I S .Die Temperatur ist (dank dem Rührwerk) überall in der Flüssigkeitdieselbe. Es wird solange Energie zugeführt, bis die Temperatur von(273,15 + 20) K auf (273,15 + 80) K angestiegen ist. Die dabei zuge-führte, im Heizwiderstand erzeugte Entropie ist

2.10 Der erste un d der zwei te H auptsatz

Aussagen darüber, ob eine mengenartige physikalische Größeerhalten ist oder nicht, wurden historisch häufig als wichtigephysikalische Gesetze, wenn nicht sogar als die wichtigsten, aufge-fasst. Das äußert sich darin, dass diese Sätze oft einen eigenen,manchmal recht prätentiöse Namen haben.

 Newtonsche Axiome:

Impuls kann weder erzeugt noch vernichtet werden.

 Erster Hauptsatz:

Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden.

 Zweiter Hauptsatz:

Entropie kann zwar erzeugt, aber nicht vernichtet werden.

S =  I S (t )dt =P(t )T (t )

dt t (20 C )

t (80 C )

 Ú t ( 20˚C )

t ( 80˚C )

 Ú 

21

Abb . 2.17 . Ma n läss t die zu mes sen de Entr opie aus

dem System herausf ließen (a) und erzeugt danndenselben Betrag neu (b).

a

b

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Diese Namen deuten darauf hin, dass die Entdeckung des jeweiligenSatzes sehr mühsam war. Der Grund für diese Schwierigkeit ist wahr-scheinlich, dass die Mengenartigkeit dieser Größen zunächst nichterkannt wurde. So trägt der Satz von der Erhaltung der elektrischenLadung z.B. keinen eigenen Namen, da man zuerst dieMengenartigkeit der Ladung (= Elektrizität) erkannte, und kurz

darauf die Erhaltung entdeckte (Franklin 1747). Ähnlich steht es mitder Stoffmenge. Ihre Mengenartigkei t war von Anfang an klar, undihre Nichterhaltung war so offensichtlich, dass man kein Bedürfnisverspürte, sie in einem gesonderten Lehrsatz zum Ausdruck zubringen.

2. 11 Entrop ieinha lt am ab solu ten N ullp unkt

Versucht man, mit einer sehr guten Wärmepumpe einem Körper im-mer mehr Entropie zu entziehen, so stellt man zweierlei fest:

 – Man kommt der Temperatur 0 K beliebig nahe, kann sie abernicht unterschreiten.

 – Bei dieser Temperatur fördert die Pumpe keine Entropie mehr.Man schließt daraus, dass, in dem Maße wie man sich der Temperatur0 K nähert, der Entropieinhalt gegen Null geht. Es gilt also:

T Æ 0 genau dann, wenn S Æ 0.

In Worten: Absolut kalte Körper enthalten keine Entropie.

Es gibt aber Fälle, in denen dieser Satz scheinbar verletzt ist. Kühltman flüssige Gläser schnell ab, so geben sie weniger Entropie ab, alswenn man sie langsam abkühlt. Beim schnellen Abkühlen scheintEntropie eingefroren oder eingeschlossen zu werden.

Wir werden diesen Vorgang später so erklären: das Glas lässt sich inTeilsysteme zerlegen, und eins dieser Teilsysteme kommt bei zu

schnellem Abkühlen nicht ins thermische Gleichgewicht mit demRest. Obwohl ein Thermometer anzeigt, dass T Æ 0 geht, nehmensowohl S  als auch T  dieses Teilsystems nicht mehr ab. DasGesamtsystem hat also zwei voneinander verschiedene Temperatu-ren.

Man kann die Erscheinung auch so beschreiben: Die Entropie ist un-beweglich geworden, ähnlich wie es auch unbewegliche elektrischeLadung gibt.

2. 12 Die Entrop ieka pazität

Ob ein System viel oder wenig Entropie enthält, erkennt man an ver-schiedenen Eigenschaften, genauer, an den Werten verschiedeneranderer physikalischer Größen. Insbesondere wächst der Entropiein-halt mit zunehmender Temperatur. Wir nennen die Entropiezunahm epro Temperaturzunahme die Entropiekapazität C s eines Systems:

Diese Größe ist gebildet in Analogie zur elektrischen Kapazität

und zur Masse, die man auch als Impulskapazität interpretieren kann

C S  =DS 

DT 

C Q =Q

C  p ≡ m =  pv

22

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Im Unterschied zu C Q und C  p definiert man allerdings C S nicht alsQuotienten, sondern als Differentialquotienten aus extensiver undintensiver Größe.Wir wenden uns nun einem Problem zu, das einem normalerweisenur bei der Entropiekapazit ät begegnet. Die Entropie eines Systemshängt selbstverständlic h nicht nur von T ab, sondern auch noch von

anderen unabhängigen Variablen, z.B. vom Volumen V  und derStoffmenge n. Es ist also:

S = S (T, V, n).

Man kann aber bei demselben System andere unabhängige Variablenwählen, z.B. T , p und n. S  ist eine andere Funktion dieser Varia-blen T , p und n. Will man nun – rechnerisch oder experimentell –die Entropiekapazit ät bestimmen, das heißt, fragt man nach der Än-derung des Entropieinhalts bei einer Temperaturerhöhung, so mussman entscheiden, was mit den anderen Variablen bei diesem Prozessgeschehen soll. Es wird einem am natürlichsten erscheinen, währendder Temperaturerhö hung Volumen und Stoffmenge unverändert zulassen.

Die Entropiekapazität, die man so bestimmt, ist

Um zu betonen, dass das Volumen konstant ist, bezeichnen wir dieseGröße mit C S V . Dass auch n konstant gehalten wird, ist eine still-schweigende Vereinbarung und wird in dem Symbol nicht zum Aus-druck gebracht.Es ist also

Manchmal ist auch eine Entropiekapazität nützlich, die man durchTemperaturände rung bei konstantem Druck bestimmt:

Wir betonen, dass es sich bei S (T,V,n) und S (T,p,n) um unter-schiedliche Funktionen handelt.Bei der elektrischen Kapazität könnte man ganz analoge Unterschei-dungen treffen. Abb. 2.18 zeigt einen “Kondensator” der aus zweiKugeln besteht. Wir können die Ladung Q wahlweise schreiben alsFunktion der Variablen U und  x (Abstand Kugeln): Q =  Q(U, x)oder als Funktion von U und F (Impulsstrom von einer zur ande-ren Kugel): Q  =  Q(U, F ).Entsprechend kann man zwei Kapazitäten bilden

Um C QF zu messen, muss man beim Laden des Kondensators denAbstand  x so vergrößern, dass F  konstant bleibt. Dieser Fall hataber kein praktisches Interesse. Wenn man von der (elektrischen)Kapazität einer Anordnung spricht, meint man immer, dass die Geo-metrie der Anordnung beim Ändern der Spannung erhalten bleibt.

In der Thermodynamik verwendet man gern stoffmengenbezogeneGrößen. Wir kennzeichnen sie durch ein “Dach” über dem Größen-

∂  S (T ,V ,n)

∂  T 

C S V  =

∂  S (T ,V ,n)

∂  T 

C S  p =

∂  S (T , p,n)

∂  T 

C Q x =

∂  Q(U , x)

∂  U und C Q

F  =∂  Q(U , F )

∂  U 

23

Abb. 2.18. Man kann beim Laden des Kondensa-tors entw eder den Abs tand oder die Kra ft kons tanthalten.

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symbol. Für homogene Systeme hängt eine mengenbezogen e Größe

nur von intensiven und anderen mengenbezogen en Größen ab. Daherist die Entropie pro Menge:

Eine dritte Variable taucht nicht mehr auf, denn die Menge pro Men-ge ist gleich 1.Wir definieren also Entropiekapazitäten pro Stoffmenge

Die Werte von cS und cS V sind für einige Stoffe in Tabelle 2.1 wie-

dergegeben. Diese molaren Entropiekapazitäten hängen nicht vonder Größe des Ausschnitts aus einem System ab, den man betrachtet,sondern nur noch von lokalen Größen: intensiven Größen und stoff-mengenbezogen en (= molaren) Größen. Auf ihre Temperaturabhä n-gigkeit kommen wir später zu sprechen.Statt der Entropiekapazit äten wird in Tabellen gewöhnlich das Pro-dukt cS  · T angegeben, das, von der Dimension her, eine Energie-kapazität darstellt. Man nennt diesen Ausdruck molare Wärmekapa-zität und bezeichnet ihn mit cV bzw. c p, also

cV = cS V  · T und c p = cS 

 p · T 

Achtung: Es ist falsch zu sagen, ein System enthalte Wärme, wennman das Wort Wärme im traditionellen Sinn benutzt, denn TdS istkeine mengenartige Größe. Daher ist die Bezeichnung Wärmekapa-zität etwas irreführend.

Abb. 2.19 zeigt den Verlauf der Temperatur über der Entropie fürKupfer. Er ist typisch für alle Stoffe, solange kein Phasenübergangstattfindet.

S = S (T , V ) oder S = S (T , p)

cS V  =

C S V 

n=

1

n

∂  S (T ,V ,n)

∂  T =

∂  S (T , V )

∂  T (2.10)

cS 

 p

=

C S  p

n =

1

n

∂  S (T , p,n)

∂  T  =

∂  S (T , p)

∂  T (2.11)

24

Stoff  cS  p (Ct · mol-1 · K-1) cS 

V (Ct · mol-1 · K-1)

Kalium

Eisen

0,099

0,087

Silber

Blei

Wasser

Ben zol

0,086

0,091

0,256

0,450

Helium

Luf t

Wasser stof f 

CO2

0,077

0,107

0,046

0,076

0,104

0,101

0,074

0,092

Tab elle 2.1. Mo lare Entropiekapazität en

¸

˝

ÔÔÔÔ

˛

ÔÔÔÔ

¸

˝

ÔÔ

˛

ÔÔ

bei 20 ˚C

bei 0 ˚C

0

100

200

300

400

00 20 40 600

Abb . 2.19 . Tem pera tur über der Entr opie für 100 gKupfer

S (Ct)

T (K)

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2.13 Die Entrop ieleitf äh igke it

Fließt Entropie durch ein materielles Medium, so wird Energie dissi-piert, es wird (zusätzliche) Entropie erzeugt, Abb. 2.20. Damit dieEntropie überhaupt fließt, ist ein Temperaturgefälle notwendig.

Das Temperaturgefälle kann als Antrieb des Entropiestroms inter-pretiert werden. Wir betrachten einen Abschnitt eines Wärmeleiters,der so kurz ist, dass die in diesem Abschnitt erzeugte Entropie hinrei-chend klein ist gegen die durch ihn hindurchfließen de, Abb. 2.16. DieErfahrung zeigt, dass

Differentiell geschrieben lautet die Beziehung

 I S µ grad T . I S hängt selbstverständlich von der Querschnittsfläche A des Wär-meleiters und vom Material ab. Wir schreiben daher

 I S = s S · A · |grad T |

und nennen s s die Entropieleitfähigkeit. Die Entropiestromdichtewird hiermit

 j S = – s S  · grad T  (2.12)

In Tabellen wird gewöhnlich die “Wärmeleitfähigkeit”l =  s S  ·  T  angegeben.

Multipliziert man Gleichung (2.12) mit T , so erhält man

T · j S = – T · s S  · grad T = – l · grad T 

Mit T · j S = j  E erhält man die Energiestromdichte

 j  E = – l · grad T  (2.13)

s S  ist (wie auch l , aber auch wie die elektrische Leitfähigkeit unddie Impulsleitfähigkeit) von der Temperatur abhängig.

In Tabelle 2.2 sind die Werte von s S   und l für einige Stoffe wie-dergegeben.

 I S  µT 2 - T 1

D x

25

Stoff  s S (Ct · K-1 · s-1 · m-1) l (J · K-1 · s-1 · m-1)

Silber

Kupfer

1,54

1,43

420

390

Eisen

Blei

Glas

Wasse r

0,29

0,132

79

36

0,003 7

0,000 9

1,0

0,25

Ethylalkoho l

Styropor

Luf t

0,00 0 66

0,00 0 13

0,18

0,035

0,000 088 0,025

Tabelle 2.2. Entr opie - und Wär meleitfähigkeit

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Wir wollen uns nun noch eine Differentialgleic hung beschaffen, diees gestattet, Temperaturverteilungen zu berechnen. Zur Herleitungbetrachten wir ein eindimensionales Problem: einen Wärmeleiter,dessen Temperatur sich nur in der  x-Richtung ändert, Abb. 2.20.Wir schneiden in Gedanken eine Scheibe quer zur x-Richtung ausdem Wärmeleiter aus und machen für diese Scheibe die Energiebi-

lanz. Die zeitliche Änderung dE/dt im Innern der Scheibe ist gleichder Differenz der Stärken des links hinein- und des rechts herausflie-ßenden Energiestroms:

Mit Hilfe von dE = c · n · dT drücken wir die linke Seite durch diezeitliche Temperaturänderung aus:

Hier ist c die molare Wärmekapazität, n die Stoffmenge und r n die

Stoffmengendic hte. Die rechte Seite von Gleichung (2.14) lässt sichschreiben

Hier wurde zuerst P = j  E  · A und dann  j  E = –l · ∂  T/ ∂   x ersetzt. Da-mit ergibt sich für Gleichung (2.14):

oder

Die dreidimensionale Rechnung hätte ergeben:

Mit c = T · cS und l = T · s S kann man auch schreiben:

Die Gestalt dieser Differentialgleichung ist dieselbe wie die derSchrödingergleichung für ein freies Teilchen

 –(h-2/2m)Dy =ih- (∂ y/ ∂  t )Im stationären Zustand ist ∂ T /∂ t = 0, also

DT = 0.

Beispiel: Die Temperaturen T 1 und T 2 der Enden eines Metallsta-bes werden zeitlich konstant gehalten. Da ∂ T /∂ t = 0 und die An-ordnung eindimensional ist, ergibt sich

dE 

d t = -[P( x + dx) - P( x)] (2.14)

dE 

dt = c ⋅ n ⋅ 

∂  T 

∂  t = c ⋅ r n ⋅  Adx ⋅ 

∂  T 

∂  t 

-dP

dxdx = - Adx ⋅ 

d j  E 

d x=  Adx ⋅ l ⋅ 

∂  

∂   x

∂  T 

∂   x

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

=  Adx ⋅ l ⋅ ∂  2T 

∂   x2

c ⋅ r n ⋅  Adx ⋅ ∂  T 

∂  t  = Adx ⋅ l ⋅ ∂  

2

T ∂   x2

∂  2T 

∂   x 2 -c ⋅ r n

l ⋅ ∂  T 

∂  t = 0

DT -c ⋅ r n

l ⋅ T = 0

DT - cS  ⋅ r ns S 

⋅ T = 0

26

Abb. 2.20. Die Entropie fließt von links nachrechts.

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Daraus folgt

Der Temperaturverlauf ist also linear.Die bisher untersuchten Entropieströme wurden durch einen Tempe-raturgradienten angetrieben. Wir nennen sie konduktive Ströme.Es gibt auch Strömungen, bei denen ein Strom  I  X  durch einenStrom I Y  mitgenommen wird. Die gesamte Strömung wird alleindurch den Gradienten der zu Y gehörenden intensiven Variable an-getrieben. Den mitgenommenen Strom I  X nennen wir einen konvekti-ven Strom. Der Entropiestrom im Rohr einer Zentralheizung z.B.ist ein konvektiver Entropiestrom. Zur Übertragung großer Entropie-mengen sind konduktive Entropieströme ungeeignet. Wie dickmüssten die Leitungen einer Zentralheizung sein, wenn man die En-tropie konduktiv durch Kupferstäbe schicken wollte? Auch der Wär-

mehaushalt der Erde wird im Wesentlichen mit konvektiven Strömenbewältigt. Auf einen anderen Stromtyp, eine Art Suprastrom, kom-men wir später noch zu sprechen: die Entropieübertrag ung mit elek-tromagnetischer Strahlung.

2.14 Zur G es chichte de s Wärmebegri ffs

Bis etwa 1840 nannte man das Wärme, was die Physiker heuteEntropie, und was Nichtphysiker auch heute noch Wärme nennen.Dieser Wärmebegriff etablierte sich in der Physik im Laufe des 18.Jahrhunderts. Die ersten wichtigen Beiträge verdanken wir demChemiker und Arzt Joseph Black (1728-1799). Er erkannte die Wär-

me als mengenartig und unterschied sie von der damals bereitsbekannten Temperatur. Black führte auch die Größe Wärmekapazi-tät ein, nämlich die Größe dS/dT , die heute Entropiekapazit ät heißt.

Der nächste entscheidende Schritt wurde von Sadi Carnot (1796-1832) getan. In seiner Schrift “Réflexions sur la puissance motrice dufeu” (1824) vergleicht er einen Wärmemotor mit einem Wasserrad.Wie Wasser Arbeit leistet, wenn es aus größerer Höhe über einWasserrad auf ein niedrigeres Niveau hinunterfließt, so leistet Wär-me (“calorique” oder “chaleur”) Arbeit, wenn sie in einer Wärme-kraftmaschine von höherer zu niedrigerer Temperatur gelangt.Carnot verknüpft also, in moderner Sprache ausgedrückt, Entropieund Energie. Von der Entropie hatte er, wie Black, eine mengenartigeVorstellung, von der Energie wohl noch nicht. Tatsächlich wurde die

Energie als eigene Größe, und als Erhaltungsgröße , erst 20 Jahre spä-ter eingeführt (ihre Mengenartigkeit hat sich bis heute noch nichtetabliert).

Als um die Jahrhundertmitte die Erhaltungsgröße Energie entdecktwurde, schloss man, Carnots Arbeiten seien falsch und manbezeichnete als Wärme eine so genannte “Form” der Energie. Damitwar “Wärme” nicht mehr der Name einer physikalischen Größe,sondern eines Gebildes der Form x dX , also einer so genanntenDifferentialform , genauso übrigens wie “Arbeit”. Kurze Zeit späterwurde die Entropie durch Rudolf Clausius (1822-1888) neuerfunden. Clausius' Konstruktion der Entropie ist zwar geistreich,leider aber auch sehr unanschaulich. Diese Konstruktion, zusammenmit der Vertauschung der Namen, sind der Grund dafür, dass noch

heute die Entropie als eine der abstraktesten physikalischen Größengilt.

∂  2T 

∂   x 2 = 0

∂  T 

∂   x

= const

27

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Es bleiben noch zwei wichtige Namen zu erwähnen. Gibbs (1839-1903) hat der Thermodynamik eine Form gegeben, in der sie weitmehr zu beschreiben gestattet, als was man einfach Wärmelehrenennt. Die Analogien, die in dieser Vorlesung immer wiederausgenutzt werden, beruhen auf den gibbsschen Arbeiten.

Boltzmann (1844-1906) versuchte, die Thermodynamik auf die

Mechanik zurückführen, indem er thermische Erscheinungen durchdie Bewegung kleiner Teilchen erklärte. Temperatur und Entropiebekamen eine mechanische Deutung. Dazu musste er die statistischePhysik erfinden. Deren Bedeutung geht weit über die zu ihrerHerleitung benutzten mechanischen Modelle hinaus.

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3. Stoffmenge und chemischesPotential

3.1 St of fe und Gru ndstof fe

Wie man den Ort eines Punktes im Raum durch drei Koordinaten-werte in einem räumlichen Bezugssystem beschreibt, so charakteri-siert man einen Stoff durch seine Koordinaten in einem stofflichenBezugssystem. Den Koordinatenachsen sind Grundstoffe zugeord-net. Der Wert einer Koordinate  X i des Stoffes S gibt die Mengedes Grundstoffs i an, die in S enthalten ist. In Abb. 3.1 ist einebestimmte Kochsalzlösung durch einen Punkt in einem mWasse r -mKoc hsalz - Koordinatensystem dargestellt. (Wir benutzen hier dieMasse als Mengenmaß.) Die Werte aller anderen Koordinaten, z.B.mEis en oder mAlk oho l sind Null. In diesem Koordinatensystem lassensich alle Mischungen aus Wasser und Kochsalz darstellen, vom rei-nen Wasser bis zum reinen Kochsalz.

Man kann dieselbe Stoffmannigfalt igkeit “Kochsalzlösun g” auch ineinem anderen Koordinatensyst em beschreiben, das man aus dem er-sten durch Linearkombinat ion erhält, Abb. 3.2. In diesem muss manallerdings auch negative Stoffmengen zulassen. Reines Wasser z.B.“besteht” aus einmolarer Kochsalzlösung und einer negativen Men-ge Kochsalz.

Welche und wie viele Stoffe man als Grundstoffe wählt, ist weitge-hend eine Frage der Zweckmäßigkei t. Es dürfen nicht zu viele sein –sonst sind die Koordinaten eines Stoffs nicht mehr eindeutig. Bei un-serer Kochsalzlösung z.B. dürfen wir nicht Wasser, Kochsalz undeinmolare Kochsalzlösung nehmen. Sind es zu wenig, so kannzweierlei passieren.

 – Ein Stoff lässt sich gar nicht in den Koordinaten darstellen Eine

Menge Benzin lässt sich z.B. nicht durch die Koordinaten Koch-salzmenge und Wassermenge beschreiben.

 – Verschiedene Stoffe haben dieselben Koordinatenwerte. Nimmtman als Grundstoffe z.B. “Elektronen”, “Protonen” und “Neutro-nen”, so haben viele Stoffe, die der Chemiker unterscheidenmöchte, dieselben Koordinaten.

Wenn man von einem Stoff spricht, abstrahiert man gewöhnlich vonder Gesamtmenge. Statt die Mengen der Grundstoffe, ist es daher üb-lich, Gehaltszahlen anzugeben. Sind A, B, C... die Grundstoffe, sowird ein Stoff durch die Gehaltsformel

An 1 Bn 2 Cn 3 …

charakterisiert, wobei für die Stoffmengen nA, nB, nC,…gilt

nA : nB : nC : … = n 1 : n 2 : n 3 : …

Die Grundstoffe des Chemikers sind die rund 100 chemischen Ele-mente. Sie haben die Besonderheit, dass sich ihre Mengen in reinenStoffen wie kleine ganze Zahlen verhalten.

Oft reicht auch hier die Angabe der Koordinaten in einem stofflichenKoordinatensyst em nicht aus, einen Stoff zu charakterisieren . Zweiverschiedene Stoffe können dieselbe Gehaltsformel haben, z.B. Am-moniumcyanat und Harnstoff: CH4ON2. Das beweist, dass dieStoffe mikroskopisch nicht homogen sind. Um sie zu unterscheiden,gibt der Chemiker die räumliche Verknüpfung der Grundstoffatom ean, Abb. 3.3.

29

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,50

2

4

6

8

10

Abb. 3.1. Eine bestimmte Kochsalzlösung alsPunkt in einem mWasser - mKochsalz- Koordinaten sy-stem

-0,4 -0,2 0 0,2 0,40

2

46

8

10

Abb . 3.2. Die selb e Koc hsa lzlö sun g wie in Abb . 3.1in einem anderen Koordinaten system

Abb. 3.3. Am monium cyanat und Har nsto ff habendies elbe Geh alts for mel , aber die Mo lekü le der bei-den Stoffe habe n eine verschieden Struktur.

mWasser(kg)

mKochsalz(kg)

meinm olare Kochsalzlösun g(kg)

mKoc hsalz(kg)

dieselbe Lösung wie inAbb. 3.1

6 l reines Wasser

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Manche “reinen” Stoffe kommen rein gar nicht vor, z.B. Kohlensäu-re H2CO3 existiert nur in wässriger CO2-Lösung, oder FeO gibt esnur zusammen mit Fe2O3.

Was für den Chemiker als einheitlicher Stoff erscheint, erweist sichbei genauerer Betrachtung als Gemisch noch “reinerer” Stoffe: Von  jedem chemischen Grundstoff gibt es verschiedene Isotope. Will

man die verschiedenen Isotope bei der Charakterisierun g eines Stof-fes berücksichtigen , so hat man es statt mit 100 chemischen Elemen-ten mit etwa 2000 Nukliden dieser Elemente zu tun.

Die Nuklide wiederum kann man durch nur drei Grundstoffe e, p undn beschreiben, die allerdings keine Stoffnamen haben. Ihre Elemen-tarportionen heißen Elektron, Proton und Neutron. Um die Nuklidein diese Grundstoffe zu zerlegen, muss man höhere Energien auf-wenden als die, die der Chemiker aufwendet, um seine Stoffe inGrundstoffe zu zerlegen. Die Stoffe e, p und n kommen auf der Erdezwar nicht in größeren Mengen rein vor, geringe Mengen dagegenkann man recht leicht darstellen. Der Glühdraht einer Glühlampe istvon einer dünnen Schicht aus reinem e umgeben. p-Gas gewinnt manmit einer elektrischen Gasentladung in Wasserstoff. Reines n gibt es

zwar auch auf der Erde, aber in viel größeren Mengen in bestimmtenHimmelskörpern , den Neutronensternen.

Unter Aufwendung sehr hoher Energien kann man nun aber Stoffeerzeugen, die außerhalb des e, p und n-Koordinatensystems liegen.Man muss neue Grundstoffe hinzunehmen: Antiprotonen, Antineu-tronen und viele verschiedene Mesonen… Aber auch diese Stoffekann man wieder durch weniger, noch elementarere Grundstoffe be-schreiben: Quarks und Leptonen, und auch auf dieser Stufe der Hie-rarchie passiert dasselbe wie vorher: Durch Aufwendung höhererEnergien wird die Zahl der neuen Grundstoffe wieder größer und...man sucht natürlich nach noch elementareren Grundstoffen.

Man benutzt ein stoffliches Koordinatensys tem, um Ordnung in dieVielfalt der Stoffe zu bringen. Man wählt sein Koordinatensyst em so,dass bei den Stoffumwandlungen, die man hervorruft oder unter-sucht, die Menge jedes Grundstoffs erhalten bleibt. So beschränktsich der Chemiker auf solche Reaktionen, bei denen die Menge jedeschemischen Elements erhalten bleibt. Durch die Wahl seines Koordi-natensystems wird die Beschreibung der chemischen Reaktionensehr einfach: Die Mengen der Grundstoffe sind bei allen chemischenProzessen Erhaltungsgrößen.

Wir werden in dieser Vorlesung meist das Koordinatensystem desChemikers verwenden. Tatsächlich enthält dieses Koordinatensy-stem noch eine Koordinate mehr als nur die chemischen Grundstoffe.Der Chemiker operiert nämlich auch noch mit den Stoffen, die manIonen nennt. So spricht er von der Menge an [Na]+- Ionen oder[CO3]2– -Ionen. Um diese Stoffe zu beschreiben, genügt es, nebenden chemischen Elementen einen weiteren Grundstoff einzuführen.Welchen man nimmt, ist wieder weitgehend eine Frage der Zweck-mäßigkeit. Eine Möglichkeit wären die Elektronen e. Damit lautendie Gehaltsformeln

[Na]+ = Na1 e –1 [CO3]2– = C1 O3 e2.

Man könnte aber genauso gut die Protonen p = [H]+ als neuen Grund-stoff nehmen, dann wäre

[Na]+ = Na1 H –1 p1 [CO3]2– = C1 O3 H2 p –2 .

In beiden Fällen kommen negative Gehaltszahlen vor.

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3.2 Die Menge

Ein Mengenmaß soll Auskunft darüber geben, wie viel von einemStoff zu einer gegebenen Menge eines anderen äquivalent ist. Daverschiedene Stoffe verglichen werden sollen, kann sich die Äqui-valenz nur auf bestimmte Eigenschaften beziehen, und zwar je nachWahl des Mengenmaßes auf andere. Benutzt man die Masse als Men-genmaß, so sind gleiche Mengen äquivalent in Bezug auf ihr Verhal-ten in einem Gravitationsfeld: Auf beide wirkt dieselbe Kraft. Be-stimmte physikalische Gesetze sind bei Verwendung der Masse alsMengenmaß stoffunabhängig .

Es gibt eine andere mengenartige Größe, die Stoffmenge oder kurzMenge n, die in bestimmten Fällen ein geeigneteres Mengenmaßdarstellt als die Masse. Es gibt Beziehungen, die stoffunabhängigwerden, wenn man sie mit n, und nicht mit m formuliert. Ein Bei-spiel hierfür ist die Gasgleichung

 pV = nRT .

Ersetzt man in ihr n durch m, so tritt an die Stelle der universellenGaskonstante R eine stoffabhängige Konstante.

Eine andere stoffunabhängige Aussage ist

Die Aussage, dass eine Beziehung stoffunabhängig ist, ist aber nurdann eine interessante, d.h. an der Erfahrung prüfbare Beziehung,wenn die Größe n nicht durch die Beziehung definiert wurde. Wennwir die Gasgleichung zur Definition von n benutzen, so ist Satz (3.1)eine Aussage, die man an der Erfahrung prüfen muss, sie ist ein Na-turgesetz. Definiert man die Größe n dagegen als eine bestimmteZahl von Teilchen, so ist die Tatsache, dass die Gasgleichung stof-funabhängig ist, ein interessanter, nachprüfbarer Sachverhalt.

Der Satz (3.1) lehrt, dass man sich von n eine einfache Anschau-ung bilden kann: n ist ein Maß für eine Stückzahl. n beschreibtdas, was zehn Moleküle, zehn Photonen, zehn Äpfel, zehn Autos undzehn Sterne gemeinsam haben.Die Maßeinheit der Menge ist das Mol. Das Mol ist folgendermaßendefiniert:

l mol ist die Menge einer Portion des Kohlenstoffisotops 6C12,deren Masse 12,000 g ist.

Da man weiß, wie viele Atome in 12 g Kohlenstoff etwa enthaltensind, kann man Satz (3.1) so formulieren:

Man nennt N  A = 6,022 ·1023 mol –1 die Avogadro-Konstante.Die Sätze (3.1) und (3.2) bringen eine wichtige Eigenschaft der Grö-ße n zum Ausdruck: n ist, genauso wie die elektrische Ladung Qund der Drehimpuls L, ganzzahlig quantisiert, das heißt, es gibt ei-ne natürliche Einheit. Das Elementarquant um der Menge, oder kurzdie Elementarmenge ist:

t  = 1,66 ·10 –24 mol

Sie entspricht der Elementarladung e, dem elementaren Drehimpuls-

quantumh - und dem elementaren Entropiequantum k :

Zwei Portionen verschiedener Stoffe mitgleichem n enthalten gleich viele Teilchen. (3.1)

Eine Stoffportion hat die Menge n = 1 mol,wenn sie aus 6,022 · 1023 Teilchen besteht. (3.2)

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e = 1,6022 · 10 –19 Ch- = 1,0546 · 10 –34 Jsk = 1,380 · 10 –23 Ct

Produkte oder Quotienten dieser Elementarquant en sind wieder Na-turkonstanten. So ist

F 0 = p ·h-/e = 2,06 · 10 –1 5 Vsdas Elementarquantum des magnetischen Flusses, oder gleich derHälfte des Elementarquantums der magnetischen Ladung.

F = e/ t = 0,965 · 105 C/mol

ist die Faradaykonstante, und

 R = k/ t = 8,324 Ct/mol

die Gaskonstante.

Da Stoffe erzeugt und vernichtet werden können, ist n keine Er-haltungsgröße. In 3.1 wurde aber schon gesagt, dass man Grundstof-fe so wählt, dass deren Mengen bei den jeweils interessierenden Pro-

zessen Erhaltungsgrößen sind.Wenn verschiedene Stoffe A, B,… gleichzeitig vorliegen, benutztman mehrere Mengenvariablen nA, nB… Man sollte daraus abernicht schließen, dass nA und nB verschiedene physikalische Größensind. Sie sind es genauso wenig, wie die Massen mA und mB oderdie Entropien S A und S B der Stoffe.

Bei einer chemischen Reaktion stehen die Mengen der Reaktions-partner in bestimmten, ganzzahligen Verhältnissen. Wenn sich etwaWasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser verbindet, so verhalten sich diedrei auftretenden Stoffmengen n[H2], n[O2] und n[H2O] so:

n[H2] : n[O2] : n[H2O] = 2 : 1 : 2

Dies kommt auch in der Reaktionsgleichung zum Ausdruck:

2H2 + O2 Æ 2H2O (3.3)Man kann dieselbe Reaktion auch anders beschreiben, etwa so

4H2 + 2O2 Æ 4H2O

Ist die Reaktionsgleichung mit den kleinsten ganzen Zahlen ge-schrieben, also so wie Gleichung (3.3), so befindet sie sich in der Nor-malform.

Um zu beschreiben, wie weit eine Reaktion fortgeschritten ist,braucht man nicht die umgesetzten Mengen aller beteiligten Stoffeanzugeben. Es genügt die Angabe einer einzigen Molzahl, des  Re-aktionsumsatze s n(R). Der Reaktionsumsat z ist folgendermaßen de-finiert:

Multipliziert man die Normalform der Reaktionsgleichung mit  xmol, so erhält man eine Reaktionsgleichung, die den Umsatz vonn(R) =   x mol beschreibt.

 Beispiel:

Die Reaktion

4 Al + 3 O2 Æ 2 Al2O3

soll mit einem Umsatz von 200 mol ablaufen. Wir multiplizieren dieNormalform mit 200 mol:

800 mol Al + 600 mol O2 Æ 400 mol Al2O3

Es müssen also 800 mol Aluminium mit 600 mol Sauerstoff zu400 mol Aluminiumoxid reagieren.

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3.3 Das chemische Po tential

Genauso wie es zu der mengenartigen Größe Q eine zugehörige in-tensive Größe j gibt, und zur mengenartigen Größe S eine intensi-ve Größe T , so gibt es auch zu der mengenartigen Größe n eine in-tensive Größe: das chemische Potential oder Stoffpotential  m .

Bevor wir die Konstruktion der m -Skala diskutieren, wollen wir unseine qualitative Vorstellung von der Größe bilden. (Bei der Tempera-tur war das nicht nötig, da jeder von der Temperatur eine solche Vor-stellung bereits hat.)

So wie Temperaturdiffe renzen aufgefasst werden können als Antriebfür Entropieströme, so stellen Differenzen des chemischen Potentialseinen Antrieb für n-Ströme dar. Entropie fließt vom hohen zum nie-drigen “thermischen Potential” T , Menge fließt vom hohen zum nie-drigen Stoffpotential m . Wenn ein Stoff gegen einen Widerstand voneinem Ort A zu einem Ort B strömt und kein anderer Antrieb vorhan-den ist, also keine elektrische Spannung Dj und keine thermischeSpannung DT , können wir schließen, dass das chemische Potentialdes Stoffs bei A höher ist als bei B, zwischen A und B herrscht eine

chemische Spannung Dm .Gießt man an einer Stelle des Zimmers ein paar Tropfen Äther aus, soverdampft dieser und breitet sich gleichmäßig im ganzen Zimmeraus. Man nennt diesen Ausbreitungsvor gang Diffusion. Den Antriebhierfür bilden Differenzen des chemischen Potentials.

Der Wert des chemischen Potentials bezieht sich normalerweise auf einen bestimmten Stoff, in unserem Fall auf Äther. Das chemischePotential der Luft im Zimmer hat einen anderen Wert. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass m [Äther] und m [Luft] ver-schiedene physikalische Größen sind: Es sind die Werte derselbenGröße an zwei verschiedenen Systemen. (Vergleiche die entspre-chenden Bemerkungen über n).

Da Stoffe erzeugt und vernichtet werden können, spielt Dm  nocheine andere Rolle als die des Antriebs für einen Strom von einer StelleA zu einer Stelle B. Wenn sich ein Stoff A in einen Stoff B verwandelnkann, und umgekehrt, wenn also die Reaktion A ´ B stattfindenkann, so sagen uns die chemischen Potentiale der beiden Stoffe m Aund m B, in welche Richtung die Reaktion läuft. Ist m A > m B, soverwandelt sich A in B, ist m B > m A, so verwandelt sich B in A.Falls m A = m B ist, läuft keine Reaktion ab. Man sagt, es herrschechemisches Gleichgewicht. Ist z.B. die relative Luftfeuchtigkeit klei-ner als 100%, so ist das chemische Potential von flüssigem Wassergrößer als das von gasförmigem. Das flüssige Wasser verdunstet.

Tatsächlich sind diese beiden Beispiele – die Diffusion und die Ver-dunstung – gar nicht so verschieden wie es zunächst aussieht. Man

kann nämlich den Fall der Diffusion auch als Reaktion auffassen:“Äther am Ort A verwandelt sich in Äther am Ort B”. Man kann damitm A allgemein auffassen als den Trieb eines Stoffes A zu ver-schwinden. Da aber immer bestimmte Erhaltungssätze befriedigtwerden müssen, kann der Stoff A nicht spurlos verschwinden: SeinVerschwinden ist begleitet vom Entstehen von Stoff B mit niedrige-rem chemischen Potential. Stoff B kann entweder “derselbe” Stoff sein wie A, nur mit geringerem Druck, in niedrigerer Konzentration,in einem anderen Aggregatzustand , in einer sonstigen anderen Phase,oder er kann das sein, was man einen anderen Stoff nennt.

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Das sind aber noch längst nicht alle Möglichkeiten dafür, wie einStoff verschwinden kann: Ein Stoff kann auch zerfallen in zwei odernoch mehr andere Stoffe, oder er kann mit anderen Stoffen reagieren,allgemein:

A + B +…´ U + V +…

Ob eine solche Reaktion von links nach rechts oder umgekehrt ab-läuft, hängt von den Werten der chemischen Potentiale aller beteilig-ten Stoffe ab. Ist

m A + m B +… > m U + m V +…,

so läuft die Reaktion von links nach rechts: Die Stoffe A, B,… ver-schwinden, und es entstehen die Stoffe U, V,… Ist dagegen

m A + m B +… < m U + m V +…,so läuft die Reaktion von rechts nach links. Falls

m A + m B +… = m U + m V +…

ist, hat die Reaktion keinen Antrieb mehr. Sie läuft dann gar nichtmehr. Es liegt chemisches Gleichgewicht vor..

Es ist bemerkenswert, dass so viele verschiedene Vorgänge durch dieWerte einer einzigen physikalischen Größe beschrieben werden. Daschemische Potential ist also eine sehr nützliche Größe.

3. 4 Die Skal a de s chem ischen Potentials

Wir definieren die m -Skala auf ähnliche Art wie die T -Skala. Wieein Entropiestrom ist ein Mengenstrom von einem Energiestrom be-gleitet, und es muss gelten

P µ I n

Wir legen die m -Skala fest durchP= m · I nDie Maßeinheit des chemischen Potentials ist hiernach J/mol, undwir kürzen ab

l J/mol = l Gibbs (G).

Wenn man einen Stoffstrom realisiert, so fließt nicht nur die Größe n,sondern auch andere mengenartige Größen, also auch S , Q,… DerEnergiestrom ist demnach

P= m · I n + T · I S + …

Will man m über P/I n bestimmen, so müssen die Terme T · I S  etc.

vorher vom gesamten Energiestrom abgezogen werden. Um dieseSchwierigkeit zu umgehen, geben wir zunächst wieder ein Verfahrenan, das nur m -Differenzen festlegt: Wir betrachten einen Energie-umlader, in den Energie zusammen mit Stoffmenge hinein- und ausdem die Energie mit einem anderen Träger herausfließt, z.B. mitDrehimpuls P = w · M oder mit elektrischer Ladung: P  =  U  · I . DieMaschine soll gut gebaut sein, d.h. in ihr soll keine Entropie erzeugtwerden.

Wir beschränken uns außerdem zunächst auf solche Energieumlader ,in denen Reaktionen vom Typ A Æ B stattfinden, also nicht etwaA Æ B + C oder A + B Æ C+ D…. Solche Geräte haben zwarkeine große praktische Bedeutung, aber darauf kommt es hier nicht

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an. Ein Beispiel für einen solchen Energieumlader ist die Pressluft-maschine, Abb. 3.4: Die Luft fließt auf hohem chemischem Potentialm 2 (und damit auf hohem Druck) hinein und auf niedrigem Poten-tial m 1 (und auf niedrigem Druck) heraus. Damit fließt netto in dieMaschine der Energiestrom

P2 – P1 = ( m 2 – m 1) · I n

hinein. Dieser Energiestrom kann gemessen werden, da er die Ma-schine mechanisch durch die Welle verlässt. Es ist also

Pme ch = w · M = ( m 2 – m 1) · I n

Diese Bilanzgleichung ist allerdings nur dann richtig, wenn keineweiteren Energieströme beteiligt sind. Da ein Stoffstrom stets mit ei-nem Entropiestrom verknüpft ist, ist es wichtig, dass der hineinflie-ßende Stoff dieselbe Temperatur hat, wie der herausfließende, dieMaschine muss isotherm arbeiten. Man muss außerdem damit rech-nen, dass die Entropiekapazität von hinein- und herausfließendemStoff verschieden ist. Eine solche Maschine muss also im Allgemei-nen noch einen weiteren Eingang oder Ausgang für Entropie haben.

Ein anderes Beispiel für einen solchen Energieumlader stellt die imPhysik-II-Skript um beschriebene galvanische Zelle dar. Wasserstoff fließt auf hohem chemischem Potential in die Zelle hinein und auf niedrigem Potential aus ihr heraus. Dafür gibt die Zelle Energie elek-trisch ab. Es gilt also

U · I = ( m 2 – m 1) · I n

Selbstverständlich kann man auch eine Maschine oder galvanischeZelle betrachten, in der eine kompliziertere Reaktion abläuft, z.B.eine Verbrennung. Sie gestattet, die chemische Spannung der Ver-brennungsreakti on zu bestimmen.

3.5 Der Nullpunkt des ch emische n Pote ntials

Wie die Temperatur, so hat auch das chemische Potential einen abso-luten Nullpunkt. Der Wert folgt aus der Gleichung P  = m  ·   I n. Wirbetrachten einen Stoffstrom. Für ihn ist

Pgesa mt =  m  ·   I n + v · F + T · I S +…

Falls der betrachtete Stoff eine von Null verschiedene Ruhmasse hat,falls es sich also nicht um Licht oder Neutrinos handelt, so ist P,außer in Extremfällen, sehr groß gegen die Terme v · F , T  ·   I S 

etc., d.h.  m  ·   I n ist in diesen Fällen mit Pgesamt nahezu identisch,und es ist

Der Absolutwert von  m ist damit für Stoffe mit von Null verschie-dener Ruhemasse sehr groß, Tabelle 3.1.Nun sind chemische Spannungen Dm bei chemischen Reaktionen, al-so bei den uns interessierenden Prozessen, von der Größenordnung100 kG, d.h. viel kleiner als die Unsicherheit, mit der die Absolut-werte von m bekannt sind. Man operiert daher in der gewöhnlichenChemie (nicht aber in der Kernchemie) und in der Physik niedrigerEnergien nur mit Differenzen chemischer Potentiale. Solange man

m =P

 I n=

 E 

n=

m

nc2 = mc2

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Abb . 3.4. Preßluf tmaschine, schema tisch

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nämlich nur solche Vorgänge betrachtet, bei denen die Atomzahlenaller chemischen Elemente erhalten bleiben, solange also keineKernreaktionen ablaufen, kann man für jedes der chemischen Ele-mente einen Nullpunkt des chemischen Potentials einzeln festlegen.Man sieht das am Beispiel der einfachen ReaktionA + B Æ AB.Wir zerlegen die chemischen Potentiale

m A = m A0 + m A'

m B = m B0 + m B'

m AB = m A0 + m B0 + m AB'

Die chemische Spannung der Reaktion

m A + m B – m AB = m A' + m B' – m AB'

ergibt sich also sowohl aus den Absolutwerten m A, m B und m AB derchemischen Potentiale, als auch aus den gestrichenen Werten m A', m B'und m AB'. Wir haben dabei die Freiheit, den Wert m X0 für jedes che-mische Element beliebig zu wählen. Man wählt nun die m X0 so,dass m X' für einen leicht reproduzierbaren Normzustand Null wird.Gewöhnlich setzt man das chemische Potential m 

X' des Stoffes X

gleich Null, wenn der Stoff in seiner stabilsten Modifikation bei298 K und 1,01 bar vorliegt. Für gelöste Stoffe (auch Ionen) wähltman als Bezugszustand eine einmolare Lösung (1 mol Gelöstes in 1 lLösung). Wir lassen den Strich von jetzt ab weg.

3. 6 Die W erte de s chem ischen Po tentials

Das chemische Potential hat für einen gegebenen Stoff nicht einenfesten, in allen Zuständen des Stoffs gleichbleibende n Wert, es hängt

vielmehr ab – von der Zustandsform, d.h. davon, ob der Stoff fest, flüssig oder

gasförmig ist, in welcher Kristallmodifikation er vorliegt oder ober in einem anderen Stoff gelöst ist;

 – von der Temperatur T ;

-– vom Druck p;

 – von seiner Mengendichte r n .

Wir werden uns in Kapitel 5 mit diesen Abhängigkeiten genauer be-fassen. In der Umgebung des Normzustandes p0, T 0 kann aber dieT- und die p-Abhängigkeit durch einen linearen Verlauf angenähertwerden:

m (T , p0) = m (T 0, p0) + a · (T - T 0)m (T 0, p) = m (T 0, p0) + b · ( p - p0)

Für die Lösung vieler Probleme ist es daher nützlich, wenn man ne-ben dem Wert des chemischen Potentials im Normzustand m (T 0,

 p0) noch den Temperaturkoef fizienten a  und den Druckkoeffi-zienten b kennt.

Die Druckkoeffizienten b sind immer positiv. Das sieht man leichtein, wenn man daran denkt, dass eine chemische Spannung einen“Antrieb” für einen Stoffstrom darstellt. Bekanntlich strömen Stoffevon selbst von Stellen hohen zu Stellen niedrigen Drucks.

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Stoff   m (kG)

Wasserstoff H1 90,5791 · 109

Helium He4 359,737 · 109

Sauerstoff O16

1437,555 · 109

Tabelle 3.1

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Nicht so leicht ist es dagegen einzusehen, dass der Temperaturkoef -fizient negativ ist. Das scheint der Erfahrung zu widersprechen, dassWasserdampf in einem geheizten Raum von warmen Stellen zu kal-ten diffundiert, etwa zu den kalten Fensterscheiben . Der Antrieb fürdiesen Stoffstrom ist aber hier nicht die chemische, sondern die ther-mische Spannung: Die Temperaturdiffe renz “zieht” an der Entropiedes Wasserdampfes.

In Tabelle 3.2 sind für einige Stoffe die Werte des chemischen Poten-tials, sowie die Druck- und Temperaturkoef fizienten aufgeführt.

Die chemischen Elemente haben definitionsgemä ß im Normzustandin ihrer stabilsten Form das chemische Potential Null. So wird festge-legt m [H2] = 0 und nicht m [H] = 0. Außerdem wurde m [H+] = 0festgelegt.

Die Stoffe, deren chemisches Potential negativ ist, zerfallen nichtvon selbst in die Grundstoffe, aus denen sie bestehen.

3.7 Beispi ele fü r den Um gang mit de mchem ische n Pote ntial

1. Stabilität von Oxiden:

Man entnimmt der Tabelle direkt, dass unter Normalbedingungendie Oxide CO2, Al2O3 und Fe2O3 stabil sind, ClO2, Au2O3 undNO2 dagegen nicht. (ClO2-Gas zerfällt sogar explosionsartig, NO2

dagegen zerfällt nur sehr langsam; man sagt, es ist metastabil.)

2. Abbinden von Mörtel: Ca(OH)2 + CO2 Æ CaCO3 + H2O

Das chemische Potential der Ausgangsstoffe (-1291 kG) ist höher alsdas der Endstoffe (-1366 kG).

3. Herstellung von Ethin: CaC2 + 2 H2O Æ Ca(OH)2 + C2H2

Bei der Berechnung der chemischen Spannung dieser Reaktion mussman beachten, dass das Wasser in doppelter Menge auftritt. Die che-mische Spannung ist also

(m [CaC2] + 2m [H2O]) - (m [Ca(OH)2] + m [C2H2])

m (kG)Ca(OH)2

CO2

-897

-394

¸˝˛

-1291

CaCO3

H2O

-1129

-237

¸˝˛

-1366

m (kG)CaC2

H 2O

-68

-237 ⋅ 2

¸˝˛

- 542

Ca(OH)2

C2H2

-897

+209

¸˝˛

- 688

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Stoff  m a b

Eisen

in kJ/m ol

0

in kJ/(mol · K)= kG /K

- 0,02 7

in kJ/(mol · kbar)= G/bar

0,7 1KalksteinZucker

WasserEthin

- 1129-1544

-0,093-0,360

-237209

-0,070-0,201

3,6 921,70

1,8 12446

CO2

NO2

ClO2

Al2O3

-39451

-0,214-0,240

122-1582

-0,257-0,051

Fe2O3

Au2O3

H2

H

-744164

-0,087

0203

-0,131-0,115

2446244624462,5 63,0 4

24462446

GraphitDiamant

Ca(OH)2CaO

02,9

-0,0057-0,0024

-897-604

-0,076-0,040

H+

NaCl

Na+

Cl-

0-384

0-0,072

-262-131

-0,059-0,056

0,5410,3423,3 21,6 50,0 22,7 0

-0,161,8 0

AgCl fest

AgCl gelöst

Ag+

HCl Gas

-110-73

-0,096-0,154

77-95

-0,073-0,187

HCl gelöst

NH3 Gas

NH3 gelöst

Ca++

-131-16

-0,056-0,193

-27

-553

-0,111

0,055

2,5 8

0,1 724461,8 224462,4 1

Pb++

Zn++

Ba++

CO3--

-24-147

-0,0100,11

-561-528

-0,013-0,057

S --

J -

PbCO3

ZnCO3

86-52

-0,015-0,111

-626-732

-0,131-0,082

-1,78-2,6

-1,240,3 5

3,6 64,0 52,8 2

CaCO3

BaCO3

CaC2

PbS

-1129-1139

-0,093-0,112

-68

-99

-0, 07

-0,091ZnSBaS

PbJ2

ZnJ2

-201-461

-0,058

-173-209

-0,175-0,161

4,4 6

3,1 92,3 93,9 97,6 16,7 4

BaJ2

H2O, festH2O, flüssigH2O, gasig

-598-236,59 -0,0448-237,18-228,59

-0,0699-0,1887

7,6 01,9731,8072446

Tabelle 3.2. Chemisches Potential m , Temperaturkoeff izient a und Druckk oef fi-

zien t b für eini ge Stoffe

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Die chemische Spannung ergibt sich damit zu 146 kG. Man beachte,dass die Reaktion abläuft, obwohl das chemische Potential des Ethins> 0 ist. Dass die Reaktion abläuft, liegt daran, dass m [Ca(OH)2]stark negativ ist.

4. Herstellung von Diamant: CGraphit Æ CDiamant

Das chemische Potential von Diamant ist unter Normalbedingun gengrößer als das von Graphit, Diamant ist also metastabil. Da b Graphi t >b Diaman t ist, kann man aber durch Erhöhen des Drucks erreichen,dass das chemische Potential des Graphits größer als das des Dia-mants wird. Wir berechnen den Druck, bei dem die chemischen Po-tentiale gleich sind (G = Graphit, D = Diamant):

m 0G + b G · D p = m 0D + b D · D p

Mit m 0G = 0, m 0D = 2,9 kG, b G = 0,541 kG/kbarund b D = 0,342 kG/kbar wird

5. Schmelzen von Eis: Eis (E) Æ flüssiges Wasser (W)

Wir entnehmen der Tabelle, dass bei Normalbedingun gen, d.h. bei 25˚C und 1 bar das chemische Potential von flüssigem Wasser m Wkleiner als das von Eis m E ist – in Übereinstimmung mit der Tatsa-

che, dass unter diesen Bedingungen Eis nicht existiert. Da a E  >  a Wist, muss es aber eine niedrigere Temperatur geben, bei der Eis diestabile und flüssiges Wasser die instabile Zustandsform ist. Wir be-rechnen die Temperatur, bei der m E = m W ist, bei der chemischesGleichgewicht zwischen fester und flüssiger Phase herrscht. Dies istdie Schmelztemperatur.

m 0E + a E · DT = m 0 W + a W · DT 

Die Schmelztempera tur sollte also bei 25˚C - 23,5˚C = 1,5˚C liegen.Trotz der linearen Näherung haben wir ein recht gutes Ergebnis er-

halten.

6. Gefrierpunktsänderung von Wasser durch Ändern des Drucks

Bei Erhöhung des Drucks sinkt der Gefrierpunkt von Wasser. Wir be-rechnen D p/ DT . (W = flüssiges Wasser, E = Eis). Beim Gefrier-punkt ist stets m E = m W. Daher gilt:

m 0E + b E · D p + a E · DT = m 0 W + b W · D p + a W · DT 

fi D p =m 0 G - m 0 D

b D - b G

D p =0 - 2, 9

0, 342 - 0, 541kbar ª15 kbar

fi DT = -m 0 E - m 0 W

a E -a W= -

236, 59 - 237, 18

0, 0448 - 0 , 0699K = -23, 5 K

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Da auch m 0E = m 0W ist, wird

Mit den Werten der Tabelle wird

DT/ D p = –0.0066 K/bar.

7. Gefrierpunktser niedrigung durch Lösen eines Fremdstoffs

Am Gefrierpunkt des Wassers sind die chemischen Potentiale vonEis und flüssigem Wasser gleich. Gibt man zu einer Eis-Wasser-Mi-schung etwas Salz, so löst sich das Salz, und das chemische Potentialdes flüssigen Wassers sinkt. Daher schmilzt Eis, und die Temperaturnimmt ab. Schließlich wird eine Temperatur erreicht, bei der das che-mische Potential des Eises mit dem der Salzlösung übereinstimmt.

3. 8 Der Reaktio nswider stan d

Wir haben im vorigen Abschnitt nach den Werten des chemischenPotentials der Ausgangs- und der Endprodukte von Reaktionen ge-fragt, d.h. nach der chemischen Spannung. Ist die Spannung von nullverschieden, so kann die Reaktion ablaufen, ist sie gleich null, sokann sie nicht ablaufen. Nun ist aber eine von null verschiedenechemische Spannung eine notwendige, aber noch keine hinreichendeBedingung dafür, dass eine Reaktion abläuft, dass ein

Phasenübergang stattfindet oder dass ein Stoff von einem Ort zueinem anderen strömt oder diffundiert, – genauso wie eine von nullverschiedene elektrische Spannung notwendig für das Fließen eineselektrischen Stromes, aber nicht hinreichend ist.

Wenn ein elektrischer Strom fließen soll, darf außerdem derWiderstand nicht zu groß sein, Abb. 3.5. Ist der Widerstand unend-lich groß, so sagen wir der elektrische Strom ist gehemmt. (“DieElektrizität möchte fließen, aber sie kann nicht.”) Auch beim Ablauf chemischer Reaktionen gibt es einen Widerstand, und auchchemische Reaktionen können ganz und gar gehemmt sein, d.h. sielaufen trotz von null verschiedener chemischer Spannung nicht ab.Die verbale Beschreibung dieser Hemmungen ist je nachReaktionstyp verschieden.

 Leiter und Nichtleiter

Wie man zur Realisierung elektrischer Stromkreise als wichtigsteBauelemente Leiter und Nichtleiter braucht, so braucht man zurRealisierung von Stoffumsetzungen Stoffleiter und -nichtleiter. Daes aber viele verschiedene Stoffe gibt, ist es wünschenswert über se-lektive Leiter und Nichtleiter zu verfügen: Ein Bauelement soll Stoff A hindurchlassen, Stoff B aber nicht.

DT = -b W - b E

a W - a ED p

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Abb. 3.5. Eine von null verschiedene elektrischeSpa nnu ng ist notw endi g, aber nich t hinr eich end fürdas Fließen eines elektrischen Stroms.

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Ein einfacher, aber nicht sehr selektiver Stoffleiter ist ein Rohr: Es“leitet” ungeladene Flüssigkeiten und Gase.

Wasser ist ein Leiter für viele Ionen, aber auch für andereSubstanzen, die sich in Wasser lösen, z.B. Zucker. Es ist dagegen einNichtleiter für Elektronen.

Metalle leiten Elektronen gut, fast alle anderen Stoffe aber schlecht.(Aber Platin leitet H+ - Ionen recht gut.)

Glas lässt sichtbares Licht durch, aber keine Luft (oder andere Gaseund Flüssigkeiten).

Gase sind für andere Gase durchlässig, wenn auch nicht sehr gut.

Eine Flüssigkeit A ist durchlässig für eine Flüssigkeit B, falls A und B“mischbar” sind. Z.B. ist Wasser für Alkohol durchlässig.

Eine feste Wand, die für bestimmte Ionensorten durchlässig ist, fürandere aber nicht, nennt man ein Diaphragma.

 DiffusionMan nennt einen Stofftransport Diffusion, wenn

 – ein Stoff A durch einen Stoff B hindurchströmt, wobei A einGas ist, B dagegen gasförmig, flüssig oder fest sein kann;

  – der Antrieb für den Strom ein Gradient des chemischenPotentials ist.

Die Diffusion ist ein dissipativer Vorgang, es wird Entropie erzeugt.

Ein Stoff liege an einer Stelle in höherer Konzentration vor als an ei-ner anderen, z.B. in Wasser gelöste Manganat-Ionen , Abb. 3.6. DerStoff diffundiert solange von der einen Stelle zur anderen, bis dieKonzentration, und damit sein chemisches Potential überall gleich

ist: Es herrscht chemisches Gleichgewicht.Der Mengenstrom ist proportional zum Gradienten des chemischenPotentials:

 j n = - s n · grad m 

Die “Stoffleitfähigkeit” s n hängt mit der Diffusionskonstante  Dzusammen über

Die Stoffstromstärke hängt damit ab

- von der Fläche des Strömungskanals

- von seiner Länge (je länger er ist, desto kleiner wird beigegebener chemischer Spannung grad m )

- von s n.

Man kann die Diffusion z.B. dadurch hemmen, dass man dieEntfernung zwischen den beiden Stellen verschiedenen chemischenPotentials sehr groß macht.

s n = D ⋅ r n R ⋅ T 

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Abb . 3.6. Die Ma ngan at-I onen strö men von Stel lenhoh er Kon zent rati on zu Stel len nied rige r Kon zen-tration.

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Phasenübergäng e fest ´ flüssig ´ gasförmig

Die Phasenübergäng e fest ´ flüssig und flüssig ´ gasförmig laufengewöhnlich völlig ungehemmt ab, d.h. es baut sich keine chemischeSpannung zwischen den Phasen auf. Die Phasen stehen nahezu imGleichgewicht. Nur mit Mühe erreicht man, dass sich Spannungenaufbauen. Doppelt destilliertes Wasser kann man bis 140°C erhitzen,

ohne dass es verdampft (Siedeverzug). Das chemische Potential desflüssigen Wassers ist dann größer als das des gasförmigen.Umgekehrt kann man auch Dämpfe unterkühlen (“übersättigterDampf”), das chemische Potential des Dampfes ist dann größer alsdas der Flüssigkeit. Entsprechend kann man Flüssigkeitenunterkühlen. Eine kleine Menge staubfreies Wasser kann man bis –30˚C abkühlen, ohne dass das Wasser erstarrt.

Chemische Reaktionen

Man kann den Reaktionswider stand dadurch groß machen, dass mandie Reaktionspartne r räumlich trennt. Bringt man sie zusammen, somuss der Widerstand allerdings noch nicht klein sein. Für mancheReaktionen wird er klein, für andere bleibt er aber immer noch sehrgroß.

Eine Reaktionen, die spontan sehr schnell abläuft, ist

2 Na + 2 H2O Æ 2 NaOH + H2

m [Na] = 0 kG, m [H2O] = -237 kG, m [NaOH] = -380 kG,m [H2] = 0 kG, Dm = 143 kG

Bei den meisten Reaktionen ist der Widerstand sehr hoch: DieReaktionen sind gehemmt. So läuft die Reaktion

2 H2 + O2 Æ 2 H2O

trotz großer chemischer Spannung nicht von selbst ab.Der Reaktionswiders tand lässt sich auf verschiedene Arten vermin-dern

 – durch Erhöhung der Temperatur

 – durch Katalysatoren.

Katalysatoren wirken wie “chemische Schalter”. Ist ein geeigneterKatalysator vorhanden, so kann eine sonst gehemmte Reaktionablaufen. Der Katalysator verändert sich dabei nicht.

In biologischen Systemen laufen Tausende von Reaktionen ab. Diemeisten davon sind normalerweise gehemmt. Ihr Ablauf wird durchKatalysatoren, die Enzyme, gesteuert.

Für die Synthese eines Stoffes nach einer gegebenen Reaktionsglei-chung sind also zwei Bedingungen zu erfüllen:

 – Die chemische Spannung muss die Reaktion in die gewünschteRichtung treiben. Das erreicht man durch geeignete Wahl vonTemperaturen und Drücken.

  – Der Reaktionswiderstand der gewünschten Reaktion mussklein, der von konkurrierenden Reaktionen groß sein. Daserreicht man durch Katalysatoren.

Kernreaktionen

Wenn man Kernreaktionen betrachtet, darf man den Nullpunkt des

chemischen Potentials nicht mehr für jedes chemische Element frei

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wählen. Die m -Werte der chemischen Elemente sind durch dieKernreaktionen aneinander gekoppelt. Die meisten chemischen Ele-mente – genauer: die mit großer und die mit kleiner Ordnungszahl –sind metastabil. Die Reaktion, d.h. der Zerfall der schweren und dieFusion der leichten, ist stark gehemmt. Kernreaktor und Fusionsre-aktor dienen dazu, den Reaktionswiderstand zu vermindern.

3.9 Reversibel abla uf ende Reaktione n – el ektroche mische Reaktione n

Brennstoffzellen , Akkumulatoren, Monozellen und die verschieden-sten Arten von Batterien sind Energieumlader . Die Energie wird mitdem Träger Stoffmenge angeliefert und verlässt die Zelle mit demEnergieträger Elektrizität. Bei den meisten dieser Zellen befindensich die Reaktionspartner von vornherein im Innern der Zelle, siewerden beim Herstellungsprozess in die Zelle eingebracht. Nur beider Brennstoffzelle werden die Reaktionspartne r ständig von außenzugeführt.

Abb. 3.7 zeigt das Flussbild einer Brennstoffzelle. Die Energiebi-lanzgleichung ist

Dm · I n(R) = U · I . (3.4)

Hier ist

die Umsatzrate der Reaktion.Es gibt auch das Gegenstück zur Brennstoffzelle: eine Zelle, dieEnergie mit dem Träger Elektrizität bekommt und mit dem TrägerStoffmenge abgibt, Abb. 3.8. Beispiele hierfür sind Elektrolysezel-len und der Akkumulator während er geladen wird.

Die Reaktionen, die in solchen Zellen ablaufen, egal ob vorwärtsoder rückwärts, heißen elektrochemische Reaktionen.Bei einer elektrochemischen Reaktion ist die Umsatzrate  I n(R) festan die elektrische Stromstärke I gekoppelt. Wir betrachten als Bei-spiel die Elektrolyse von Wasser.An der Anode der Elektrolysezelle läuft die Reaktion2 H2O Æ 4 H+ + 4 e – + O2

ab, an der Kathode4 H+ + 4 e – Æ 2 H2.

Mit jedem umgesetzten Mol fließen durch den äußeren Stromkreis4 mol Elektronen. Nun ist für Elektronen die Ladung pro Stoffmenge

gleich der negativen Faraday-Konstante:

Pro mol Reaktionsumsatz fließen also 4 · 9,6 · 104 C durch denStromkreis, d.h.

 I = 4 · F · I n(R)

Für andere Reaktionen steht statt der 4 eine andere kleine ganze Zahl z:

 I = z · F · I n(R) (3.5)

 I n( R ) =n( R )

QElektron

nElektron

=-e

t = -F = -9, 6 ⋅ 104 C

mol

43

Abb. 3.7. Flu ssbild eine r Brennstoff zelle

Abb. 3.8. Flu ssbild eine r Elektrol ysezelle

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Wir setzen (3.5) in die Energiebilanzgl eichung (3.4) ein und erhalten:

Dm = z · F · U . (3.6)

Diese Gleichung sagt uns, dass sich die chemische Spannung bestim-men lässt, indem man eine elektrische Spannung misst. Falls die che-mische Spannung bekannt ist, kann man mit Hilfe von Gleichung(3.6) die elektrische Spannung der entsprechenden elektrochemi-schen Zelle berechnen. So ergibt sich für die Wasserstoff-Sau erstoff-Brennstoffzelle :

3. 10 Irre vers ibel ablauf ende Reaktio nen – die Entropiebi lanz chem ischer Reaktio nen

Die meisten chemischen Reaktionen laufen frei ab: Die ganze Ener-gie, die beim Reaktionsablauf abgegeben wird, wird zur Entropie-

produktion verwendet. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Kohle,Heizöl, Benzin oder Erdgas in Kraftwerken oder Hausheizungen ver-brannt wird.

Die Energiebilanzgleichung lautet:

Dm · I n(R) = T · I S erz.

Die erzeugte Entropie lässt sich also berechnen nach

Man könnte nun erwarten, dass es bei jeder frei ablaufenden Reaktion“warm wird”, d.h. dass von den Reaktionsprodu kten Entropie abge-geben wird. Das ist aber durchaus nicht immer der Fall.Wir nehmen noch einmal an, es werde bei einer bestimmten Reaktionkeine Entropie erzeugt (so wie es in einer idealen elektrochemisch enZelle der Fall ist). Bei der Reaktion verschwinden die Ausgangsstof-fe, und die Endstoffe entstehen.Die Ausgangsstoffe enthalten eine bestimmte Menge Entropie, unddiese muss von den Endstoffen übernommen werden. Zu dieser En-tropiemenge gehört nun aber im Allgemeinen bei den Ausgangsstof-fen eine andere Temperatur als bei den Endstoffen. Bei manchen Re-aktionen ist die Temperatur der Endstoffe niedriger, bei anderen istsie höher als die der Ausgangsstoffe. Läuft nun die Reaktion frei, d.h.völlig irreversibel, so entsteht neue Entropie. Diese erhöht die Tem-peratur der Reaktionsprodukte. Es gibt nun aber Reaktionen, derenReaktionsprodu kte bei reversibler Prozessführung eine so tiefe Tem-

peratur haben, dass die bei irreversibler Prozessführung erzeugte En-tropie nicht ausreicht, um die Reaktionsprodukte auf die Ausgang-stemperatur zurückzubringen.Wenn man eine solche Reaktion bei konstanter Temperatur führenwill, muss man also Entropie zuführen. Man nenn diese Reaktionenendotherm. Reaktionen, bei denen Entropie abgegeben wird, hei-ßen exotherm.Also: Auch bei endothermen Reaktionen wird Entropie erzeugt. Nurhaben die Reaktionsprodukte ein so großes Fassungsvermögen fürEntropie, dass der großen Entropiemenge nur eine relativ niedrigeTemperatur entspricht.

U =Dm 

4F =

474, 36 ⋅ 103G

4 ⋅ 9, 6 ⋅ 104 C/mol= 1, 24V

 I S erz =D m ⋅  I n( R )

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Ein Beispiel für eine endotherme Reaktion ist

Ba(OH)2 · 8 H2O + 2 NH4NO3 Æ 2 NH3 + 10 H2O + Ba(NO3)2

Ba(OH)2 · 8 H2O und NH4NO3 sind kristalline Feststoffe. Die Re-aktionsprodukte bilden eine wässrige Lösung. Die niedrige Tempe-ratur der Produkte lässt sich leicht verstehen: Das Kristallwasser desBariumhydroxids verwandelt sich in gewöhnliches, flüssiges Was-ser. Dies ist eine Art Schmelzprozess , und zum Schmelzen wird be-kanntlich Entropie gebraucht.

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4. Gibbssche Fundamentalform,Gibbsfunktion, Gleichgewicht

4.1 System und Zu stand

Die Physik beschreibt die realen Objekte auf abstrakte Art: durch dieBeziehung zwischen den physikalischen Größen des Objekts. Um ei-ne gewünschte Klasse von Vorgängen zu beschreiben, muss man da-her als erstes die Variablen wählen, die das Gewünschte leisten. ZurBeschreibung eines Kondensators z.B. wählt man die Variablen Q,U , E (Energie), E (elektrische Feldstärke), etc. Man wählt norma-lerweise nicht S , T , p oder H (magnetische Feldstärke), denn mankommt ohne sie aus. Dass man bestimmte Variablen nicht braucht,kann verschiedene Gründe haben: entweder weil diese Variablenwährend der interessierenden Prozesse konstant sind, oder weil ihreWerte keinen Einfluss auf die Werte der interessierenden Variablenhaben. Wenn wir in Zukunft von den Variablen eines Systems spre-chen, meinen wir nur die uns interessierenden Variablen.

Wir sagen, ein System befinde sich in einem bestimmten Zustand,wenn alle Variablen einen bestimmten Wert haben. Unter System imstrengeren Sinne verstehen wir nicht mehr das Objekt, sondern dieMenge aller Zustände. Bereits die Wahl der Variablen enthielt Will-kür. Was wir als System bezeichnen, enthält nun noch mehr Willkür,denn wir können die Menge der betrachteten Zustände beliebig ein-schränken. Man tut zwar so, als meine man mit dem System “Kon-densator” alle die Zustände, die durch die Beziehung Q = C  · U festgelegt sind. Bei realistischer Betrachtung wird man sich aber auf einen winzigen Ausschnitt dieser Zustandsmannigfaltigkeit be-schränken, denn auch der beste Kondensator verträgt keine beliebighohen Spannungen.

4.2 Die gibbssch e Fundamenta lform

Wir hatten gesehen, dass sich ein Energiestrom stets beschreibenlässt durch einen Ausdruck der Form

P = x  I  X 

Im Allgemeinen sind mehrere mengenartige Größen an einem Ener-giestrom beteiligt. Wir betrachten zunächst nur Energieströme miteinem einzigen “Energieträger” .

Wir lassen Energie in ein System hineinfließen, sodass sich die Ener-gie im System anhäuft. Wir wollen die  Energieänderu ng des Sy-stems beschreiben.

Mit der Größe X kann dabei zweierlei passieren. Entweder sie häuftsich im System an (so wie die Energie), oder sie fließt durch das Sy-stem hindurch und lädt im System die Energie ab. Wir betrachtennacheinander verschiedene Realisierungen der Beziehung P = x 

 I  X , d.h. Energietransporte mit verschiedenen Energieträgern X .

1. Energiezufuhr mit dem Träger Entropie

Ein Körper wird erwärmt, Abb. 4.1. In den Körper fließt ein Energie-strom der Stärke

P = T · I S 

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Abb . 4.1. Ene rgie - und Entr opie inha lt des Kör persnehmen zu.

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hinein. Mit den Bilanzgleichungen P = dE/dt und I S  = dS/dt folgt

und daraus

dE = T dS. (4.1)Diese “Differentialform ” sagt uns, um wie viel sich die Energie einesKörpers ändert, wenn ihm die Entropiemenge dS zugeführt wird.

2. Energiezufuhr mit dem Träger Impuls

a) Mit Impulsanhäufung

Ein Fahrzeug wird beschleunigt, Abb. 4.2. In das Fahrzeug fließt einEnergiestrom der Stärke

P = v · F

hinein. Mit den Bilanzgleichungen P = dE/dt und F= d  p /dt folgt

und daraus

dE = v d  p. (4.2)

Die Beziehung sagt uns, um wie viel sich die Energie eines Körpersändert, wenn ihm die Impulsmenge d  p zugeführt wird.

b) Ohne Impulsanhäufun g

Eine Feder wird gespannt, Abb. 4.3. In die Feder fließt ein Energie-strom der Stärke

P = v · Fhinein. Der Impuls häuft sich in der Feder nicht an, er fließt nur hin-durch. Mit der Bilanzgleichung für die Energie P = dE/dt und mitv = d s /dt wird

und daraus

dE = Fd s. (4.3)

Eine Variante hiervon zeigt Abb. 4.4. Hier wird die Energie in demGas in einem Zylinder gespeichert. Wir drücken die Kraft F und

die Verschiebung d s durch den Druck  p und die Volumenände-rung dV aus:

F = – A · p und ds = (1/ A) · dV ,

und erhalten

dE = – p dV . (4.4)

Das Minuszeichen drückt aus, dass die Energie mit abnehmendemVolumen zunimmt.

3. Energiezufuhr mit dem Träger Stoffmenge

In einen Behälter fließt Energie mit einem Stoffstrom hinein, Abb.4.5. Da jeder Stoff auch Entropie trägt, ist die Energiestromstä rke

dE 

dt = T 

dS 

dt 

dE dt 

= v d  pdt 

dE 

dt =  F

d s

dt 

48

Abb . 4.2. Ene rgie - und Imp ulsi nhal t des Fah rzeu gsnehmen zu.

Abb. 4.3. Der Energieinhalt der Feder nimmt zu,und die Feder verlängert sich.

Abb. 4.4. Der Energieinhalt des Gas es nimmt zu,

und das Volumen nimmt ab.

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P = m · I n + T · I S .

Sorgt man dafür, dass die Entropie gleich wieder abfließt, so erhältman Hilfe der Bilanzgleichungen P = dE/dt  und  I n= dn/dt  fürEnergie bzw. Stoffmenge

und daraus

dE = m  dn. (4.5)

4. Energiezufuhr mit dem Träger Elektrizität 

Ein Kondensator wird geladen, Abb. 4.6. Zum Kondensator fließt ei-ne Energiestrom der Stärke

P = U · I .

Die Elektrizität häuft sich zwar netto im Kondensator nicht an. Fürdie Ladung Q einer einzigen Platte gilt aber I = dQ/dt . Zusammen

mit der Bilanzgleichung für die Energie folgt

und daraus

dE = U dQ. (4.6)

Die Beziehungen (4.1) bis (4.6) haben alle dieselbe Gestalt

dE = x dX.

Wir nennen die Größen X extensive Größen und die Größen x in-tensive. Zu einer bestimmten extensiven gehört immer eine be-

stimmte intensive Größe. Man sagt, die beiden Größen sind zueinan-der konjugiert, genauer: energiekonjugiert.

Bei den betrachteten Prozessen änderte sich jeweils nur eine einzigeextensive Größe. Im Allgemeinen muss man damit rechnen, dassmehrere extensive Größen ihren Wert gleichzeitig ändern:

dE = T dS  – p dV + m  dn + v d  p + …

Das System kann natürlich auch mehrere unabhängige Variablen S 1,S 2,… oder V 1, V 2,…etc. haben. Dann hat der Ausdruck noch mehrTerme. Diese Beziehung zwischen den Differentialen dE und dS ,dV , dn, d  p,…heißt die gibbssche Fundamentalform des betrachte-ten Systems. Sie hat so viele Terme wie das System unabhängige Va-riablen hat.

4.3 Gibbsfunktione n

Die gibbssche Fundamentalform für ein System laute

dE = T dS  – p dV + m  dn + ...

Gibt man jeder der extensiven Variablen S , V , n,… einen festenWert, so hat auch E einen festen Wert. E ist also eine Funktion derextensiven Variablen

 E = E (S , V , n,…)

dE 

dt 

= m dn

dt 

dE 

dt = U 

dQ

dt 

49

Abb . 4.5. Die Ene rgie - und die Sto ffm enge im Be-hälter nehmen zu.

Abb. 4.6. Die Energie im Kondensator und dieelek tris che Lad ung auf eine r sein er Plat ten nehm enzu.

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Diese Funktion charakterisiert das System vollständig. Zwei Syste-me, bei denen diese Funktionen gleich sind, sind im Sinne der Physikgleiche Systeme. Man nennt eine solche Funktion eine Gibbsfunk-tion. In Tabelle 4.1 sind die Gibbsfunktionen einiger einfacherphysikalischer Systeme aufgelistet.

Nur für sehr wenige Systeme ist die Gibbsfunktion als analytischerAusdruck bekannt.

Es gibt für jedes System noch andere Gibbsfunktionen als E = E (S , V ,n,…). Sie sind zu E = E (S , V , n,…) äquivalent und können daraus(durch Legendretransfo rmation) gewonnen werden.

Die Gibbsfunktionen der Thermodynamik heißen thermodynami-

sche Potentiale. Gibbsfunktionen der Mechanik sind die Hamilton-funktion und die dazu äquivalente Lagrangefunktion. Tabelle 4.2gibt die Definitionen der wichtigsten Gibbsfunktionen wieder.

4. 4 Die Zerlegung von System en

Die Gibbsfunktion E =  E ( X 1, X 2,… X n) ist im Allgemeinen einesehr komplizierte Funktion der Variablen  X 1,  X 2,… X n des Sy-stems. Es kommt aber vor, dass die Funktion, wenigstens in gewissenWertebereichen der Variablen, eine einfache Struktur annimmt:Manche Gibbsfunktionen zerfallen in “variablenfremde” Terme:

50

Syste mextensiveVariable

GibbsscheFundam ental-form

Gibbsf unktion

Konden sator

Kondensator mit var i-ablem Plattenabstand

Q

Q, x

dE = U dQ

dE = U dQ – F dx

Feder

Massenpunkt

 x

 p

dE = – F dx

dE =v d  p

 E (Q) =Q2

2C + E 0

 E (Q, x) =Q2 x

2e e 0 A+ E 0

 E ( x ) = D

2 x

2+ E 0

 E ( x ) = p2

2m+ E 0

NameZusammenha ng mit derEnergie

Gibbsf unktion

Energie

Enthalpie

 E 

 H = E + p · V 

 E = E (S, V, n)

 H = H (S, p, n)

freie Ene rgie

freie Enth alpie

Hamiltonfunktio n

Lagrangef unktion

F = E – T · S 

G = E + p · V – T · S 

F = F (T, V, n)

G = G(T, p, n)

 E 

 L = – E + p · v

 E = E ( p, q)

 L = L(v, q)

Tabelle 4.1

Tab elle 4.2

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 E = E A( X 1, X 2,… X k ) + E B( X k +1,… X n)

In diesem Fall ist nicht nur dE ein vollständiges Differential, son-dern auch dE A und dE B einzeln. Das durch  E ( X 1, X 2,… X n) be-schriebene System verhält sich wie zwei voneinander unabhängige

Systeme. Wir sagen, es ist zerlegbar. Die einzelnen variablen-fremden Terme haben oft eigene Namen.

Wir betrachten als Beispiel einen Kondensator, der bewegt und er-hitzt, und natürlich auch geladen werden darf. Seine Variablen sindalso p, S und Q, seine gibbssche Fundamentalform ist also

dE = v d  p + T dS + U dQ

Die Gibbsfunktion des Kondensators ist

Jeder der drei Terme hängt nur von einer einzigen Variable ab.Man nennt die Terme

 E 1 = kinetische Energie

 E 2 = elektrische Feldenergie

 E 0 = innere Energie

Manchmal kommt die Zerlegbarkeit eines Systems einfach dadurchzustande, dass es aus räumlich getrennten Teilsystemen besteht,Abb. 4.7. Die Gibbsfunktion des Systems im gestrichelten Kasten ist

Oft stellt die Zerlegbarkeit nur eine Näherung dar. So ist die Zerle-gung in kinetische und innere Energie nur in nichtrelativistisc her Nä-herung möglich. Die relativistische Gibbsfunktion eines Körperslautet:

Nur für c| p| << E zerfällt sie in

Wir wollen noch zwei Systeme miteinander vergleichen, Abb. 4.8,die dieselben Variablen, und damit dieselbe gibbssche Fundamental-

form haben, nämlichdE = U dQ – F dx,

von denen aber das eine zerlegbar ist (Abb. 4.8a) und das andere nicht(Abb. 4.8b).

Wir beginnen mit dem ungekoppelten System. Die Gibbsfunktion ist

Wir berechnen das Differenzial dE :

 E ( p,S ,Q) = p 2

2m+

Q2

2C + E 0 (S )

= E 1( p)+ E 2 (Q)+ E 0 (S )

 E (Q, x) =Q2

2C +

 D

2 x2 + E 0

 E ( p,S ) = c 2 p

2 + E 02 (S )

 E ( p,S ) = p

2

2m+ E 0 (S )

 E (Q, x) =Q2

2C + m ⋅ g ⋅  x + E 0

51

Abb. 4.7. Das System im gestrichelten Kasten isttriv ialer wei se zerl egba r: Es bes teht aus zwe i räum -lich voneinan der getrennt en Teilsystemen.

Abb . 4.8. Zw ei Sys tem e mit ders elbe n Gib bss chenFundamentalform. Das eine (a) ist zerl egbar, dasandere (b) nicht.

a

b

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Vergleich mit der gibbsschen Fundamentalform liefert

Und nun das gekoppelte System. Seine Gibbsfunktion ist

Daraus folgt

und durch Vergleich mit der gibbsschen Fundamentalform:

Während im ersten Fall jede intensive Variable nur von der zu ihrkonjugierten extensiven abhängt,

U = U(Q) F = sogar konstant

haben wir im zweiten eine Kopplung zwischen den Variablen derbeiden Terme der gibbsschen Fundamentalform:

U = U (Q, x) F = F (Q)

4. 5 E nergiefo rmen

Der Name der physikalischen Größe Energie wird oft mit Adjektivenoder Bestimmungswö rtern versehen. So spricht man von kinetischer,potentieller, elektrischer, chemischer und freier Energie oder vonKern-, Wärme-, Ruh- und Strahlungsenergie. Dieser Einteilung derEnergie in verschiedene “Energieformen ” liegt aber kein einheitli-ches Prinzip zu Grunde, sondern sie erfolgt nach unterschiedlichenGesichtspunkten. Manche der Attribute sollen einfach das Systemoder den Gegenstand kennzeichnen, in dem die Energie enthalten ist.So meint man mit Strahlungsenerg ie nichts anderes als die (gesamte)Energie einer ins Auge gefassten Strahlung – genauso, wie man unterder Elektronenladun g die Ladung eines Elektrons und unter der Son-nenmasse die Masse der Sonne versteht. In den meisten Fällen hatman aber beim Benennen der Energieform eine weitergehende Ab-

sicht.Das Bedürfnis danach, die Energie in Formen einzuteilen, ergab sichum die Mitte des vorigen Jahrhunderts, unmittelbar nach der Einfüh-rung des Energiebegriffs selbst. Man schloss damals auf die Existenzeiner neuen physikalischen Größe, obwohl man kein allgemeinesKennzeichen der Größe, keine allgemeine Messvorschrift für ihreWerte kannte. Die Energie manifestierte sich in den verschiedenstenSystemen und Prozessen auf ganz unterschiedliche Art. Dass man esin den verschiedenen Fällen überhaupt mit derselben Größe zu tunhatte, schloss man daraus, dass sich bei Prozessen bestimmte Kombi-nationen anderer physikalischer Größen in einem ganz bestimmtenVerhältnis änderten. Es existierten sozusagen feste Wechselkursezwischen diesen Größenkombinationen, die so genannten Äquiva-

dE =Q

C dQ + m ⋅ g ⋅ dx

U =Q

und F = -m ⋅ g

 E (Q, x) =Q2 x

2e 0 A+ E 0

dE =Qx

e 0 AdQ +

Q2

2e 0 Adx

U = Qxe 0 A

und F = - Q2

2e 0 A

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lente. Der bekannteste dieser Wechselkurse war das “mechanischeWärmeäquivalent”. Es war eine große wissenschaftliche Leistung,diese Größenkombinationen als Manifestationen einer einzigen,neuen physikalischen Größe zu erkennen.

Die neue Größe hatte einerseits die schöne Eigenschaft, dass sie sehrallgemeiner Natur war. Sie spielte in den verschiedensten Gebietender Physik eine Rolle. Sie schaffte eine Verbindung zwischen denverschiedenen physikalischen Teildisziplinen. Andererseits hatte sieaber einen Makel: Sie gab sich nicht immer auf dieselbe Art zu erken-nen, so wie man es von einer ordentlichen physikalischen Größe er-wartet hätte. Sie hatte keine Eigenschaft, an der man sie immer erken-nen, über die man ihren Wert in jedem Fall bestimmen konnte. Ausdiesem Grunde sahen auch manche Physiker in ihr nicht mehr als einemathematische Hilfsgröße. Auf jeden Fall erschien es aber vernünf-tig, die verschiedenen Größenkombina tionen, die die verschiedenenGewänder der Energie darstellten, als Energieformen zu bezeichnen.Die Energie offenbarte sich nicht immer auf dieselbe Art, sondernimmer nur in der einen oder anderen “Form”.

Dies war jedenfalls der Stand der Dinge bis etwa zur Jahrhundert-wende. Wir werden später sehen, dass, im Lichte der Physik des 20.Jahrhunderts, der Begriff der Energieform überflüssig ist, genausoüberflüssig, wie es etwa der Begriff der Impuls- oder Entropieformwäre. Da sich aber der Begriff der Energieform bis heute erhalten hat,wollen wir zunächst noch ein paar Bemerkungen zu den physikali-schen Grundlagen der Einteilung der Energie in Formen machen.

Bei der Einteilung der Energie in Formen muss man beachten, dasszwischen zwei Einteilungsverfahren zu unterscheiden ist.

1) Nach dem einen Verfahren werden Energieänderun gen und Ener-gieströme klassifiziert. Wir haben gesehen, dass jeder Energiestrombegleitet ist vom Strom einer anderen mengenartigen Größe. Je nach

dem, um welche Größe es sich handelt, spricht man von einem Ener-gietransport in der einen oder anderen Form,Tabelle 4.3.

2) Nach dem anderen Verfahren ordnet man gespeicherter Energie,d.h. der in einem System oder Teilsystem enthaltenen Energie, einenNamen zu. Wir hatten das Verfahren im vorigen Abschnitt schonkurz angesprochen. Wenn die Gibbsfunktion eines Systems in varia-blenfremde Summanden zerfällt, so gibt man den Summanden oft ei-gene Namen wie kinetische Energie, potentielle Energie, Spannener-gie (einer Feder) und innere Energie.

Es ist sehr ungeschickt, die Produkte beider Einteilungsverfa hren mitdemselben Namen, nämlich Energieformen, zu bezeichnen. Tat-sächlich werden auch die beiden Typen von Energieformen in der Li-teratur oft durcheinander gebracht..

Der klarste Umgang mit dem Problem besteht wohl darin, dass mandie einzelnen Namen ganz vermeidet. Tatsächlich ist der Begriff derEnergieform aus heutiger Sicht nicht nur überflüssig, sondern auchirreführend. Von Formen der Energie zu sprechen legt nahe, dass essich bei diesen Formen um verschiedene physikalische Größen han-delt, mit der merkwürdigen Eigenschaft, dass man eine in die andereumwandeln kann. Es legt auch nahe, dass die Energie in verschiede-nen Formen verschiedene Eigenschaften hat. Dies ist natürlich nichtder Fall.

Seitdem wir die spezielle Relativitätstheorie kennen, wissen wir,dass die Energie eine eigenständige physikalische Größe ist, undnicht nur eine abgeleitete Rechengröße. Über Formen der Energie zu

53

Name der Austaus chf orm

P = v · F

P = T · I S 

Arbeit

Wärme

P = U · I 

P = m  · I n

elektrische Energie

chemisch e Energie

Tabelle 4.3

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sprechen ist deshalb heute genauso unbegründet, wie wenn man überverschiedene Formen der elektrischen Ladung spräche, je nachdem,ob die Ladung von Elektronen, Protonen oder Myonen getragenwird. Die Relativitätstheor ie sagt uns, welche allgemeinen Kennzei-chen die Energie hat. Aus der Energie-Masse- Äquivalenz folgt näm-lich, dass die Energie genau diejenigen Eigenschaften hat, die wirvon der Masse kennen: Schwere und Trägheit.Um die verschiedenen Energietranspor te in Tabelle 4.3 voneinanderzu unterscheiden, braucht man nicht von verschiedenen Formen derEnergie zu sprechen; es genügt anzugeben, welche mengenartigeGröße neben der Energie noch übertragen wird. Statt z.B. von Ener-gie in Form von Wärme zu sprechen, sagt man einfach, dass nebendem Energiestrom noch ein Entropiestrom fließt. Oder man bezeich-net, wie wir es hier schon oft getan haben, die begleitende Größe alsden Energieträger.

Auch für die Summanden der Gibbsfunktion ist der Name Energie-form eher irreführend. Es handelt sich schließlich bei diesen Sum-manden immer um Teilsysteme. Wenn man sich auf einen solchen

Summanden beziehen will, ist es fast immer klarer, das Teilsystem zunennen, auf den sich der Summand bezieht, statt die Energie mit ei-nem Adjektiv zu versehen. So ist es richtiger, von der Energie desFeldes eines Kondensators zu sprechen als von der potentiellen Ener-gie der einen Kondensatorplatte im Feld der anderen.

4. 6 Zustandsgleich ungen

Wir bilden das Differential der Gibbsfunktion E (S , V , n,…):

Der Vergleich mitdE = T dS  – p dV + m dn

liefert

Die Kenntnis der drei Funktionen T = T (S , V , n), p = p (S, V , n)und m (S , V , n) ist (von einem konstanten Term abgesehen) äquiva-lent zur Kenntnis der Gibbsfunktion. Man nennt diese drei Funktio-nen Zustandsgleich ungen . Sie spielen in der Thermodynamik einewichtige Rolle, denn oft kennt man von einem System nicht alle Zu-standsgleichungen, also auch nicht die Gibbsfunktion. Für vieleZwecke ist aber die Kenntnis einer einzigen Zustandsgleichu ng aus-reichend.Die Zustandsgleichungen sind nicht unabhängig voneinander. Dassieht man so: Wir bilden

dE =∂   E (S ,V ,n)

∂  S 

dS +∂   E (S ,V ,n)

∂  V 

dV +∂   E (S ,V ,n)

∂  n

dn

∂   E (S ,V ,n)

∂  S = T (S ,V ,n)

∂   E (S ,V ,n)

∂  V = - p(S ,V ,n)

∂   E (S ,V ,n)

∂  n= m (S ,V ,n)

∂  

∂  V 

∂   E (S ,V ,n)

∂  S 

Ê

ËÁ

ˆ

¯=

∂  T (S ,V ,n)

∂  V 

54

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und

Da die linken Seiten gleich sind, muss auch gelten:

Dies ist eine Bedingung, die die beiden ZustandsgleichungenT (S ,  V ,  n) und p(S ,  V ,  n) erfüllen müssen.Auf analoge Art erhält man die beiden folgenden Beziehungen:

Gleichungen dieses Typs nennt man Maxwellbezieh ungen . Es gibtdavon noch mehr. Wir wollen uns drei weitere Maxwellbeziehu ngenbeschaffen. Wir verfahren ähnlich wie oben, bilden aber nicht dasDifferential von der Energie, sondern von

G = E + p · V – T · S 

Es ist

Außerdem ist

dG = d ( E + pV  – TS )

= T dS  – p dV + m dn + p dV + V dp – T dS  – S  dT = V dp – S  dT + m dn

Der Vergleich mit Gleichung (4.1) liefert:

Wir haben hier die drei Zustandsfunktionen S  = S (T ,   p,  n),V =  V (T ,   p,  n) und m  = m (T ,   p,  n) erhalten. Auch diese sind zurKenntnis einer beliebigen Gibbsfunktion äquivalent. Diese drei Zu-standsfunktione n sind deshalb besonders beliebt, weil sie als Argu-mente Variablen enthalten, deren Werte im Experiment leicht vorge-geben werden können. S = S (T ,   p,  n) erhält man direkt aus der Ent-ropiekapazität bei konstantem Druck C S  p, die man leicht messenkann. Den Zusammenhang V =  V (T ,   p,  n), die so genannte thermi-sche Zustandsgleichung, kann man auch leicht durch Messung be-stimmen. Diese Funktion hat außerdem die Besonderheit, dass sie fürverdünnte Systeme eine sehr einfache, universelle Form annimmt,nämlich:

∂  

∂  S 

∂   E (S ,V ,n)

∂  V 

ÊËÁ

ˆ¯˜ = -

∂   p(S ,V ,n)

∂  S 

∂  T (S ,V ,n)

∂  V = -

∂   p(S ,V ,n)

∂  S 

∂  T (S ,V ,n)

∂  n=

∂  m (S ,V ,n)

∂  S 

∂   p(S ,V ,n)

∂  n= -

∂  m (S ,V ,n)

∂  V 

dG =∂  G(T , p,n)

∂  T dT +

∂  G(T , p,n)

∂   pdp +

∂  G(T , p,n)

∂  ndn (4.1)

∂  G(T , p,n)

∂  T = -S (T , p,n)

∂  G(T , p,n)

∂   p= V (T , p,n)

∂  G(T , p,n)

∂  n= m (T , p,n)

V (T , p,n) =  R

n ⋅ T 

 p

55

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Hier ist R die Gaskonstante (siehe auch Abschnitt 3.2):

 R = 8,31441 Ct/mol .Auch die Zustandsfunktionen S  = S (T ,   p,  n), V =  V (T ,   p,  n) undm = m (T ,   p,  n) sind nicht unabhängig voneinander. Es gelten dieMaxwellbeziehu ngen:

Die Hilfsgröße G, die wir zur Herleitung benutzt haben, ist in die-sen Beziehungen nicht mehr enthalten. Die Aussagen der Maxwell-

-∂  S (T , p,n)

∂   p=

∂  V (T , p,n)

∂  T 

-∂  S (T , p,n)

∂  n=

∂  m (T , p,n)

∂  T 

∂  V (T , p,n)

∂  n=

∂  m (T , p,n)

∂   p

(4.2a)

(4.2b)

(4.2c)

56

Abb . 4.9. Die Zustandfunktionen S ( p,  T ) (oben) und V ( p,  T ) (unten) für eine n Feststoff (lin ks) und ein Gas(rechts)

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beziehungen sind sehr einfach, aber vielleicht manchmal überra-schend. So sagt Gleichung (4.2b), dass die Änderung des chemischenPotentials mit der Temperatur, für die man zunächst sicher keine aus-geprägte Anschauung hat, bis auf das Vorzeichen einfach gleich derÄnderung der Entropie mit der Menge, d.h. gleich der molaren En-tropie ist.

 Beispiele:

Feststoffe und Gase

Abbildung 4.9 zeigt für festgehaltenes n die ZustandsfunktionenS ( p,  T ) und V ( p,  T ) für Feststoffe und Gase.

Kondensator mit variablem Plattenabstand

Das System ist nicht zerlegbar. Wir nennen den Plattenabstand x.

Eine Gibbsfunktion ist:

Der Vergleich mit der gibbsschen Fundamentalform

dE = U dQ – F dx

liefert

Die Zustandsfunktionen U (Q,   x) und F (Q,   x) sind nicht unabhän-gig voneinander, es gilt die Maxwellbeziehung:

Die beiden Seiten sind gleich, aber ungleich null. Die Variablen Qund  x sind aneinander gekoppelt. Abb. 4.10 zeigt U (Q,   x) undU (Q,   x).

 E ( x,Q) =Q 2 x

2e e 0 A+ E 0

dE =∂   E (Q, x )

∂  QdQ +

∂   E (Q, x )

∂   xdx

U (Q, x ) = ∂   E (Q, x )∂  Q

= Q ⋅  xe e 0 A

F (Q, x) = - ∂   E (Q, x)∂   x

= - Q2

2e e 0 A

∂  U (Q, x)

∂   x= -

∂  F (Q, x)

∂  Q

∂  

∂   x

Q ⋅  x

e e 0 A

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜ =

∂  

∂  Q

Q2

2e e 0 A

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

Qe e 0 A

=Q

e e 0 A

57

Abb. 4.10. Die Zustandsfunktionen U (Q,   x) undF (Q,   x) eines Kondensators mit variablem Plat-tenabsta nd.

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4. 7 Lineare A pproxim atio n der G ibbs funktion

Der Kenntnis der Gibbsfunktion Y ( X 1,   X 2,…   X n) ist die Kenntnisvon n Zustandsgleichu ngen äquivalent. Dabei ist mit Kenntnis nichtunbedingt gemeint, dass ein analytischer Ausdruck bekannt sein

muss. Die Kenntnis kann auch in Wertetafeln oder Diagrammen be-stehen.

Selbstverständlich kennt man eine Gibbsfunktion oder die entspre-chenden Zustandsfunktio nen eines Objekts nur in einem begrenztenWertebereich der Variablen.

Für viele Zwecke ist es ausreichend, die Zustandsfunktionen in ei-nem sehr kleinen Wertebereich zu kennen, so dass alle Beziehungenzwischen den Variablen der Zustandsfunktionen durch lineare Ab-hängigkeiten approximiert werden können.

Die Zustandsgleichungen seien V (T ,   p) und S (T ,   p). Wenn S und V für ein Wertepaar {T 0,   p0} gegeben sind, also V (T 0,   p0) undS (T 0,   p0), so kann man Volumen und Entropie in der Nachbar-

schaft dieses unabhängigen Koordinatenpunktes berechnen, wennman die Ableitungen

an der Stelle {T 0,   p0} kennt.Nun sind der erste und der letzte dieser Differentialquotienten auf Grund der Maxwellbeziehung (4.2a) gleich.In einer kleinen Umgebung der Stelle {T 0,   p0} ist daher die Kennt-nis von zwei Funktionswerten (V (T 0,   p0) und S (T 0,   p0)) und dreiAbleitungen, d.h. fünf Zahlen, der Kenntnis der Gibbsfunktion äqui-valent. Es ist zweckmäßig, die Ableitungen auf die “Größe“ des Sy-

stems zu beziehen, d.h. durch extensive Größen zu dividieren. Die soerhaltenen Koeffizienten tragen besondere Namen und sind in Ta-bellen aufgeführt:

Statt der letzten dieser drei Beziehungen benutzt man häufiger

Selbstverständli ch lassen sich noch andere Ableitungen bilden. Ins-gesamt sind aber nur drei voneinander unabhängig (solange wir beizwei unabhängigen Variablen bleiben). So lässt sich z.B. der Druck-koeffizient 

durch die Kompressibilität und den thermischen Volumenausdeh-nungskoeffizien ten ausdrücken:

∂  V (T , p)

∂  T ,

∂  V (T , p)

∂   p,

∂  S (T , p)

∂  T und

∂  S (T , p)

∂   p

k = -1V 

∂  V (T , p)

∂   p= Kompressibilität

a =1

∂  V (T , p)

∂  T = thermischer Volumenausdehnungskoeffizien t

cS  p =

1n

∂  S (T , p)

∂  T = molare Entropiekapazität

c p =T 

n

∂  S (T , p)

∂  T = molare Wärmekapazität

b =∂   p(T ,V )

∂  T = Druckkoeffizient

58

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Außerdem lässt sich zeigen, dass

ist. Von der linearen Näherung der Zustandsfunktion m (T , p) ha-ben wir schon in Abschnitt (3.6) Gebrauch gemacht.

4.8 Kre isprozesseWir stellen uns die Aufgabe, Energie, die mit einem Träger

ankommt, auf einen anderen Träger “umzuladen”. Wir brauchendazu ein System, dessen gibbssche Fundamentalform zwei Termehat:dE = x 1 dX 1 + x 2 dX 2Diese Bedingung ist aber noch nicht hinreichend dafür, dass das Sy-stem ein Energieumlader ist. Die Variablen 1 müssen nämlichaußerdem an die Variablen 2 gekoppelt sein.Wir betrachten zunächst ein sehr einfaches Beispiel aus derMechanik. Das System besteht aus 2 Hebeln und 3 Federn, Abb. 4.11.Es hat die gibbssche Fundamentalform:dE = F 1 dx1 + F 2 dx2

Seine Gibbsfunktion lautet:

Man sieht, dass das System nicht zerlegbar ist.Wir wollen ihm nun Energie über den Hebel 1 (“in der Form 1”) zu-führen und über Hebel 2 entnehmen. Dies kann man übersichtlich ineinem Kreisprozess machen, einer Folge von 4 Teilprozessen, die dasSystem in seinen Ausgangszustand zurückbringen. Die 4 Zuständeseien A, B, C und D, Abb. 4.12.

b =a 

C S  p - C S 

V  = V a 2

 E ( x1, x2 ) = D

2  x12 + D¢

2 ( x1 - x2 )2 +¢¢ D

2  x22

59

 x1 = 0 F 1 = 0 x2 = 0 F 2 = 0

 x1 = D x F 1 = ( D + D')D x

 x2 = 0 F 2 = – D' D x

 x1 = D x F 1 = DD x

 x2 = D x F 2 = D"D x

 x1 = 0 F 1 = – D' D x

 x2 = D x F 2 = ( D"+ D')D x

 x1 = 0 F 1 = 0 x2 = 0 F 2 = 0

Abb. 4.12. Kreisprozess. Nach vier Schritten kehrt das System in seinen Ausgangszustand zurück. Dabei nimmt es über den Hebel 1

Energie auf und gibt über den Hebel 2 Energie ab.

A B C D A

Abb. 4.11. Einf acher mechanischer “Energie-wan dler ”. Eing ang 1 und Aus gang 2 sind über dieFed er D' aneinander gekoppelt.

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Es ist zweckmäßig, Kreisprozesse in zwei x -X-Diagrammen dar-zustellen, Abb. 4.13.

Der Flächeninhalt jeder der beiden geschlossenen Kurven stellt dieEnergie dar, die bei einmaligem Durchlaufen des Kreisprozesses zuEingang 1 hinein- und aus Eingang 2 herausfließt.

In diesem mechanischen Gebilde ist die mittlere Feder  D´ für dieKopplung verantwortlich. Ohne sie wäre die Gibbsfunktionzerlegbar, und das System könnte nicht als “Energiewandler”arbeiten. Die Energie, die man bei Eingang 1 hineinsteckt, könnteman nur bei Eingang 1 wieder herausholen. Das Gerät stellte zweivoneinander unabhängige Energiespeicher dar.

Als zweites Beispiel für einen Kreisprozess betrachten wir einenKondensator mit variablem Plattenabstand. Er stellt einenelektromechanischen Energieumlader dar, Abb. 4.14. In Abb. 4.15ist der Prozess im U -Q- und im F - x-Diagramm dargestellt.

Schließlich betrachten wir als drittes Beispiel eine Wärmepumpe.Arbeitssystem ist ein Gas fester Stoffmenge, Abb. 4.16. Wir nehmenan, dass wir die Gibbsfunktion nicht kennen und verwenden statt des-

sen die vier empirischen Koeffizienten C S  p, C S V , a  und b  (wobeieiner von den drei anderen abhängt). Abb. 4.17 zeigt den Kreispro-zess im p-V - und im T-S-Diagramm.

Die Kopplung zwischen den Variablen äußert sich darin, dass dieSteigungen der T -S -Kurven für p = const und V = const verschiedensind, dass also C S 

 p und C S V , verschieden sind. Ein Feststoff eignet

sich nicht als Arbeitssubstanz für eine Wärmekraftmas chine oder ei-ne Wärmepumpe, denn sein Volumen lässt sich praktisch nichtverändern, seine gibbssche Fundamentalform ist also dE = T dS .

4. 9 Warum die Ener gief orm W ärm e nicht in

einem System enthal ten se in kannWir hatten bereits betont, dass es ein sehr unglücklicher Griff war, alsman dem Ausdruck T dS einen eigenen Namen gegeben hat. Er heißtaber nun aber einmal Wärme, und das hat erfahrungsgemä ß zur Fol-ge, dass man bestimmte Erwartungen an ihn knüpft, die er nichterfüllen kann – besonders diese:

“Wenn ein System Wärme aufnimmt, so muss diese, nachdemes sie aufgenommen hat, drinstecken.”

Um uns davon zu überzeugen, dass dieser Satz falsch ist, betrachtenwir ein Gas und bringen es auf zwei verschiedene Arten in je zweiSchritten aus einem Anfangszustand in einen Endzustand: Wir gehenvon Zustand A (siehe voriger Abschnitt) einmal über B, und einmal

über D in Zustand C und fragen beide Male nach der aufgenommenenEnergie, Abb. 4.18.

Auf dem Weg A-B-C nimmt das Gas den der schraffierten Fläche inAbb. 4.18a entsprechenden Betrag an Wärme auf, denn diese Flächestellt gerade  ∫  TdS dar. Außerdem gibt es den in Abb. 4.18b schraf-fierten Betrag an Arbeit ab.

Auf dem Weg A-D-C nimmt das Gas den der punktierten Fläche(Abb. 4.18a) entsprechenden Betrag an Wärme auf und gibt den inAbb. 4.18b punktierten Betrag an Arbeit ab.

Anfangs- und Endzustand sind auf beiden Wegen gleich, dieaufgenommene Wärme ist aber verschieden. Um wie viel hat dieWärme des Gases zugenommen? Offenbar eine sinnlose Frage. Das

Entsprechende gilt auch für die Arbeit.

60

Abb . 4.13 . Der Kre ispr ozes s von Abb . 4.12 im F 1- x1- und im F 2- x2-Diagr amm

Abb. 4.18.Auf dem Weg A-B -C wir d dem Gas wen iger Wär -

me zugeführt als auf dem Weg A-B-D.

a

b

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61

++

4.14. Kre isprozess mit einem Kondensator mit vari ablem Plat -tena bstand

4.16. Kreispr ozess mit eine m Gas

Q = Q1 U =Q1 x1

e 0 A

 x = x1 F =Q1

2

2e 0 A

Q = Q1 U =Q1 x2

e 0 A

 x = x2 F =Q1

2

2e 0 A

Q = Q2 U =Q2 x 2

e 0 A

 x = x2 F =Q2

2

2e 0 A

Q = Q2 U =Q2 x1

e 0 A

 x = x1 F =Q2

2

2e 0 A

Q = Q1 U =Q1 x1

e 0 A

 x = x1 F =Q1

2

2e 0 A

 – –

++

 – –

++++

 – – – –

++++

 – – – –

++ – –

Auseina nderzieh en der Platten bei konstanter Ladung

Ladungszufuhr bei kon stantem Plat tenabsta nd

Vermindern des Plattenabsta nds bei konst. Ladung

Ladungsentnah me bei konstan tem Plattenabsta nd

A

B

C

D

A

V = V 0 p = p0

S = S 0

T = T 0

V = V 0 (1 +a DT )

 p = p0

S = S 0 + C S  pDT 

T = T 0 + DT 

V = V 0(1 +a DT )

 p = p0 +b DT 

S = S 0 + C S  pDT + C S 

V DT 

T = T 0 +2DT 

V = V 0

 p = p0 +b DT 

S = S 0 + C S V DT 

T = T 0 + DT 

V = V 0 p = p0

S = S 0

T = T 0

Entr opiezufuhr bei p = cons t, bis T = T 0 + DT ist

Entr opiezufuhr bei V = const, bis T = T 0 + 2DT ist

Entr opieentn ahme bei p = const, bis T = T 0 + DT ist

Entr opieentn ahme bei V = cons t, bis T = T 0 ist

A

B

C

D

A

4.15. Der Kreisprozess von Abb. 4.16 im U- Q- und im F - x-Diagramm

4.17. Der Kreisprozess von Abb. 4.18 im p-V - und im T-S -D i-agr amm

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Sinnvoll dagegen sind alle Fragen nach den Werten physikalischerGrößen:

Um wie viel hat die Entropie oder das Volumen zugenommen?

Um wie viel haben sich die Werte von Temperatur und Druckgeändert?

Bei mengenartigen Größen darf und soll man die Frage sogar soformulieren: “Wie viel davon steckt in dem System, wie viel ist darinenthalten?”

4.10 Gleichgewic hte

Wir betrachten zwei Systeme 1 und 2, deren gibbssche Fundamental-formen einen Term h  dY  gemeinsam haben, d.h. es ist dE 1  =h1  dY 1 +… und dE 2  = h2  dY 2 +…. Die beiden Systeme seien nunso aneinander gekoppelt, dass die Summe der extensiven Variablenkonstant ist:

Y 1 + Y 2 = const fi dY 1 = – dY 2 = dY Die gbbsschei Fundamentalform des Gesamtsystems ist daher:

dE = = (h1   – h2)  dY +….

Abb. 4.19 zeigt drei Beispiele.

Wir wollen nun Prozesse betrachten, bei denen dE  < 0 ist, und beidenen die abgegebene Energie zur Entropieerzeugu ng benutzt wird,Abb. 4.20.

Praktisch kann man die in den drei Abbildungen dargestellten “Dissi-patoren” (Stoßdämpfer, elektrischer Widerstand und Bremse) auchweglassen, denn Möglichkeiten für Entropieerzeugu ng sind ohnehinfast immer vorhanden.

Beziehen wir den Dissipator in unser System mit ein, so wird dE  = 0und die gibbsschen Fundamentalfor men für die drei betrachteten Sy-steme lauten:

(– p1 + p2)dV + T dS erz = 0

(U 1 – U 2)dQ + T dS erz = 0

(T 1 – T 2)dS + T dS erz = 0

oder allgemein:

(h1   – h2)  dY + T dS erz = 0

Da diese Prozesse mit Entropieerzeugu ng verbunden sind, laufen sievon selbst ab, allerdings nur dann, wenn (h1   – h2)  dY nicht gleich

null ist.In diesem Produkt könnte der zweite Faktor, nämlich dY, gleich nullsein. Das würde einfach bedeuten, dass der Prozess gehemmt ist. Wirsetzen voraus, dass das nicht der Fall ist. Irgendwann wird nun aberder erste Faktor (h1   – h2) gleich null, und der Prozess kommt zumStillstand: Es herrscht Gleichgewicht zwischen den Teilsystemenbezüglich der Variable Y .

Gleichgewicht besteht also zwischen zwei Teilsystemen immer nurin Bezug auf die Änderung einer bestimmten extensiven Variable. Esgibt kein Gleichgewicht an sich. Man muss also zwischen verschie-denen Arten von Gleichgewichten unterscheiden, Abb. 4.21.

Die Gesamtenergie der beiden Teilsysteme, ohne Dissipator, nimmt

während des Einstellvorgang s des Gleichgewichts ab. Der Gleichge-wichtszustand ist also ein Zustand minimaler Energie. Oft findet dieDissipation innerhalb der Systeme 1 und 2 statt. Dann kann der Dissi-

62

dE = (– p1 + p2) dV +…

dE = (U 1 – U 2) dQ +…

dE = (T 1 – T 2) dS +…

Abb. 4.19. Drei Systeme, die aus aneinander ge-kop pelten Teilsystemen bestehen

Abb . 4.20 . Die Sys tem e von Abb . 4.19 mit je eine mDissipator

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pator nicht mehr abgetrennt werden, die erzeugte Entropie bleibt imGesamtsystem stecken. In diesem Fall ist dE  = 0 und dS  > 0. DerGleichgewichtsz ustand ist jetzt der Zustand maximaler Entropie.

Gleichgewichte haben eine besondere Bedeutung für die Zahl der un-abhängigen Variablen eines Systems.

Das System in Abb. 4.22a hat zwei unabhängige Variablen: U obenund U unten. In Abb. 4.22b sind die beiden Kondensatoren immer im

elektrischen Gleichgewicht, das System hat nur noch eine unabhän-gige Variable: U obe n = U unten. Von dieser Eigenschaft machen wirständig Gebrauch, etwa wenn wir für einen Kondensator nur eine ein-zige Spannung angeben und nicht 2 oder 100, Abb. 4.22c.

Auch wenn wir sagen, das Gas in einem Behälter habe dieTemperatur T , machen wir davon Gebrauch, dass alle räumlichenBereiche des Gases miteinander im thermischen und imDruckgleichgewicht stehen. Manchmal befinden sich mehrereTeilsysteme am selben Ort, und sie sind entweder im Gleichgewicht,oder sie sind es nicht: So befinden sich Elektronen und Phononen(Gitterschwingungen) eines Festkörpers normalerweise im thermi-schen Gleichgewicht, der Festkörper hat eine einzige Temperatur.Man kann aber die Teilsysteme aus dem Gleichgewicht bringen, so-dass sie verschiedene Temperaturen haben.

Die Existenz von Gleichgewichte n ist der Grund dafür, dass man denZustand eines Gases, das aus 1023 Molekülen besteht, und entspre-chend viele Variablen hat, mit nur 3 unabhängigen Variablen,nämlich S , V und n beschreiben kann.

63

Abb . 4.22 . (a) Sys tem mit zwe i unab häng igen Var iable n. (b) Die beid en Kon dens a-toren sind immer im elektrischen Gleichgewi cht. (c) Die Teile des Kondensator ssind miteinander im Gle ichgewicht

Abb . 4.21 . Ver sch iede ne Art en von Gle ichg ewi ch-ten

elektrisches Gleichg ewicht: dQ1 = – dQ2

U 1 = U 2

chemisches Gleichgewicht: dn1 = – dn2

m 1 = m 2

Impulsgleichgewicht: d  p1 = – d  p2

v1 = v2

Kräftegleichgewicht: dx1 = – dx2F 1 = F 2

magnet. Gle ichg ewicht: d F 1 = – d F 2

 I 1 = I 2

thermisches Gleichg ewicht: dS 1 = – dS 2 + dS erz

T 1 = T 2

Druckgleichgew icht: dV 1 = – dV 2 p1 = p2

a b c

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4. 11 Fl ießgleic hgewichte

Beim Einstellen eines gewöhnlichen Gleichgewichts wird Entropieerzeugt, und zwar insgesamt so viel, wie es das System zulässt: Ist dasGleichgewicht erreicht, so ist keine weitere Entropieerzeugu ng mög-

lich, und die Entropieproduktionsrate S S wird null.Es passiert nun aber auch häufig, dass ein System Zustände durch-läuft, und schließlich in einem Zustand zum Stillstand kommt, in demS S  nicht gleich null ist. Mit “zum Stillstand kommen” ist gemeint,dass alle Variablen des Systems zeitlich konstante Werte annehmen.Einen solchen Zustand nennt man einen stationären Zustand oder einFließgleichgew icht .

Fließgleichgewicht:Variablenwerte sind zeitlich konstant, aber S S ≠ 0

Da die Entropieproduk tionsrate ungleich null ist, muss dem Systemständig Energie zugeführt werden:

P = T · S S Ein Gleichgewicht stellt sich immer zwischen Teilsystemen ein. Wirbetrachten wieder den einfachsten Fall, nämlich den, dass nur zweiTeilsysteme vorliegen, Abb. 4.25: Zwei Widerstände sind hinterein-ander an ein Netzgerät angeschlossen, das eine konstante SpannungU 0 liefert. Wenn der Schalter geschlossen wird, verteilt sich dieSpannung auf die Widerstände:

U 0 + U 1 + U 2 = 0 (4.3)

Sie verteilt sich bekanntlich so, dass gilt

Aus den Gleichungen (4.3) und (4.4) zusammen folgen die Wertevon U 1 und U 2:

Nun kann die Aufteilung der Spannung U 0 auf die beiden Wider-stände als ein Prozess betrachtet werden. In einem realen Stromkreissind nämlich die Kapazitäten zwischen den verschiedenen Teilen desStromkreises nicht null, und wir können ein genaueres Bild des

Stromkreises zeichnen, indem wir zwei dieser Kapazitäten berück-sichtigen, Abb. 4.26. Die Verteilung von U 0 über  R1 und  R 2 ist jetzt zeitabhängig:

U 0 + U 1(t ) + U 2(t ) = 0Die stationären Spannungen stellen sich mit der Zeitkonstante

ein. Es gilt also

U 1 R1

=U 2 R2

(4.4)

U 1 = - R1

 R1 + R2

U 0

U 2 = - R2

 R1 + R2

U 0

(4.5)

C 1 + C 21

 R1

+1

 R2

U 1(t = •) R1

=U 2 (t = •)

 R2

64

Abb. 4.23. Wenn der Schalter geschlossen wird,verteilt sich die Spannung U 0 so auf die Wider-stände, dass U 1/ R1 = U 2/ R2 gilt.

Abb. 4.24. Realistischere Darstellung des Strom-kreises von Abb. 4.23. Zw ei der auftrete nden Ka-pazitäten sind eingezei chnet. Man sieht hier , dassdie Werte der Spannungen an den beiden Wider-ständen das Ergebnis eines Gleichgewichtsein-stellvorgangs sind .

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Der Zustand, der für t Æ • erreicht wird, ist ein Fließgleichgewi cht,denn alle physikalischen Größen haben zeitlich konstante Werte, undin den Widerständen wird Entropie produziert.Man stellt nun fest, dass die in beiden Widerständen zusammen dissi-pierte Energie, und damit die insgesamt erzeugte Entropie, im Fließ-gleichgewichtszustand einen Minimalwert erreicht, und zwar im

Vergleich zu den Zuständen, die beim Einstellen des Gleichgewichtsdurchlaufen werden können. Wir wollen diese Behauptung bewei-sen.Die in den beiden Widerständen zusammen dissipierte Energie proZeit ist

Mit Gleichung (4.3) erhält man

Um den speziellen Wert U 1mi n zu erhalten, für den P einen Mini-malwert annimmt, setzen wir dP/dU 1 = 0:

und wir erhalten

und mit (4.3)

also dieselben Ausdrücke wie (4.5).Das Ergebnis lässt sich verallgemeinern auf mehr als zwei hinterein-ander geschaltete Widerstände:

Eine gegebene elektrische Spannung verteilt sich so auf hintereinander geschaltete Widerstände, dass die gesamteEntropieproduktion minimal wird.

Analoge Sätze gelten auch für andere “Antriebsgrößen”.

Außerdem findet man durch eine ganz ähnliche Überlegung

Ein elektrischer Strom gegebener Stärke verteilt sich so

auf parallel geschaltete Widerstände, dass die gesamte En-tropieproduktion minimal wird.

Auch hier liegt ein Fließgleichgewi cht vor. Und auch diese Aussagelässt sich auf andere Ströme übertragen.

P =U 1

2

 R1

+U 2

2

 R2

P =U 1

2

 R1

+(U 0 +U 1)2

 R2

2U 1mi n

 R1

+2(U 0 +U 1

min ) R2

= 0

U 1min = -

 R1

 R1 + R2

U 0

U 2min

= -

 R2

 R1 + R2 U 0

65

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5. Spezielle Systeme und Prozesse

5. 1 Das id eale Gas

5.1.1 Die thermische Zustandsgleichung des idealen Gases

Für ein verdünntes Gas findet man experimentell den Zusammen-

hang zwischen p, V , n und T : p · V = R · n · T 

mit  R = 8,31441 J/(mol · K)

Dieser Zusammenhang (siehe auch Abb. 4.6) heißt die thermischeZustandsgleichung des idealen Gases. Wegen ihres universellenCharakters nennt man sie auch kurz die Gasgleichung. Jeder Stoff kann in Zustände gebracht werden, in denen er die Gasgleichungerfüllt, und zwar auf zwei Arten:

 – durch hinreichende Verdünnung;

 – durch hinreichend hohe Temperatur.

Auf beide Arten erreicht man, dass die mittlere Wechselwirkungs-energie der Teilchen klein wird gegen ihre mittlere kinetischeEnergie. Erhöhen der Temperatur kann allerdings zur Folge ha-ben, dass der Stoff zerfällt (z.B. werden Atome ionisiert), und dassdamit n zunimmt. Das ändert zwar nichts daran, dass der Stoff dieGasgleichung erfüllt – nur hat man dann bei höherer Temperaturnicht mehr denselben Stoff vor sich wie bei tiefer.

Die verschiedenen in der Gasgleichung enthaltenen Abhängigkei-ten wurden von verschiedenen Personen entdeckt und tragen ver-schiedene Namen:

Avogadros Entdeckung bestand nicht einfach darin, dass für ei-nen Stoff das Volumen proportional zur Menge ist – das ist wegender Homogenität der Gase trivial, – sie bestand in der Erkenntnis,dass der Proportionalitätsfaktor nur von  p und T , nicht aber vonder Natur des Gases abhängt. Wir finden für das Volumen eines

idealen Gases der Menge 1 mol unter Normalbedingungen, d.h.bei p = 101 325 Pa und T  = 273,15 K

Mit r n = n/V kann man die Gasgleichung auch so schreiben, dasssie keine mengenartigen Größen, sondern nur noch lokale Größenenthält:

 p = r n · R · T 

Einige der in Abschnitt 4.7 eingeführten Koeffizienten können ausder Gasgleichung berechnet werden:

 p µ1

Boyle-Mariottesches Gesetz (Robert Boyle 1627 -1691, Edmé Mariotte 1620 - 1684)

V µ T Gay - Lussacsches Gesetz, wurde aber nicht von Gay- Lussac (1778 - 1850) entdeckt, sondern von Amon-tons (1663 - 1705)

V µ nGesetz von Avogadro (Graf Amedeo di Quaregna e diCerreto 1776 - 1856)

V = Rn ⋅ T 

 p=

8, 31441 J/(mol ⋅ K)⋅ 1 mol ⋅ 273, 15 K

101 325 Pa= 0, 022414 m3

67

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Für ideale Gase ist also b =  a ·   p. Man verifiziert leicht, dass dieallgemeine Beziehung b =  a/k erfüllt ist.Aus

folgt

5.1.2 Die p- und die V -Abhängigkeit von Energie, Entropieund chemischem Potential bei T = const

Wir untersuchen die Größen E , S  und m  als Funktion von  p undvon V bei fester Temperatur und bei fester Menge. Als unabhängi-ge Variablen benutzen wir daher V , T und n oder p, T und n. DerÜbersichtlichkeit wegen lassen wir in Ausdrücken wie E (T ,  V ,  n)manchmal die Variable n weg, wir schreiben also einfach E (T ,  V ).

 Die Energie als Funktion vom Volumen und vom Druck bei kon-stanter Temperatur

Wir beginnen mit dem Beweis der Beziehung

denn diese wird später gebraucht.Die Gleichung sagt uns, dass die Zustandsfunktionen S (T ,  V ) und

 p(T ,  V ) nicht unabhängig voneinander sind. Wir gehen zum Be-weis genauso vor, wie beim Beweis der anderen Maxwellbezie-hungen in Abschnitt 4.5.

Wir führen zunächst die Hilfsgröße “freie Energie”F = E  – T · S 

ein, und bilden

dF = dE  – T dS – S dT = (T dS – p dV ) – T dS – S dT = – p dV  – S dT 

Wird F als Funktion von T und V dargestellt, so ist

Vergleich mit dF = – p dV  – S dT liefert:

k = -1

∂  V (T , p)

∂   p=

1

 RnT 

 p2 =

1

 p

a =1V 

∂  V (T , p)

∂  T =

1V 

 Rn

 p=

1T 

b =∂   p(T ,V )

∂  T =

 Rn

V =

 p

C S  p-C S 

V =

V a 2

C S  p - C S 

V  = R nT 

∂  S (T ,V )

∂  V =

∂   p(T ,V )

∂  T (5.1)

dF =∂  F (T ,V )

∂  V dV +

∂  F (T ,V )

∂  T dT 

68

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Nun muss die Ableitung des Ausdrucks ∂  F (T ,V )/∂  V nach T gleichder von ∂  F (T , V )/∂  T  nach V sein. Also wird

Wir fragen nun nach der V -Abhängigkeit der Energie und erhaltenzunächst mit Regeln der Differentialrechnung (Falk-RuppelS. 401, Job S. 51):

und mit (5.1) wird

Mit der Gasgleichung wird der zweite Summand auf der rechtenSeite

Damit wird aus Gleichung (5.2)

oder

 E (V , T ) – E (V 0, T ) = 0

Wir bilden nun (mit den Regeln der Differentialrechnung)

Mit (5.3) und da ∂   E (T , V )/∂  T ≠ 0 ist, folgt:

Die Temperatur eines idealen Gases ist also bei  E = const unab-hängig vom Volumen, oder in anderen Worten: Bei der isoenerge-tischen Expansion oder Kompression eines idealen Gases bleibtdie Temperatur konstant. Ein Prozess ist isoenergetisch bedeutet:Die Energie hat im Anfangs- und Endzustand denselben Wert,gleichgültig wie der Prozess realisiert wird:

 – Man lässt das Gas einen Kolben verschieben, Abb. 5.1. Dabeigibt das Gas Energie dE =  v d  p ab. Diese wird ihm mit Entropiewieder zugeführt: dE =  T dS .

- p(T ,V ) =∂  F (T ,V )

∂  V und - S (T ,V ) =

∂  F (T ,V )

∂  T 

- ∂   p(T ,V )∂  T 

= - ∂  S (T ,V )∂  V 

q. e. d.

∂   E (T ,V )

∂  V =

∂   E (S ,V )

∂  V +

∂   E (S ,V )

∂  S ⋅ ∂  S (T ,V )

∂  V 

Mit

∂   E (S ,V )

∂  V  = - p und

∂   E (S ,V )

∂  S  = T  (siehe Abschnitt 4.5)

∂   E (T ,V )

∂  V = - p+ T ⋅ 

∂   p(T ,V )

∂  T (5.2)

T ⋅ ∂   p(T ,V )

∂  T = T ⋅ 

 Rn

V = p

∂   E (T ,V )

∂  V = 0 (5.3)

∂   E (T ,V )

∂  V = -

∂   E (T ,V )

∂  T ⋅ ∂  T ( E ,V )

∂  V 

∂  T ( E ,V )∂  V 

= 0

69

Abb. 5.1. Das Gas gibt über den Kolben Energiemit dem Energieträger Impuls ab und nimmtüber die Wände Energie mit dem Träger Entro-pie auf .

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 – Eine historisch wichtige Realisierung der isoenergetischen Ex-pansion stellt die von Gay-Lussac durchgeführte freie Expan-sion dar, Abb. 5.2: Das Gas im linken Behälter entspannt sich inden leeren rechten. Die Temperatur ist am Ende dieselbe wie amAnfang.

Wir beschaffen uns schließlich noch die Abhängigkeit der Energie

vom Druck bei konstanter Temperatur. Mit der Kettenregel undmit (5.3) wird

oder

 E ( p,  T ) –   E ( p0,  T ) = 0

 Die Entropie als Funktion vom Volumen und vom Druck bei kon-stanter Temperatur

Zur Berechnung der V -Abhängigkeit der Entropie betrachten wir

wieder die isoenergetische Expansion, und zwar reversibel reali-siert (Abb. 5.1). Die ins Gas mit der Entropie hineinfließendeEnergie ist gleich der mit dem Impuls herausfließenden. Es ist al-so

dE =  T dS – p dV = 0

oder

 T dS = p dV 

Mit der Gasgleichung wird

und daraus folgt

Bei T = const wächst also die Entropie logarithmisch mit dem Vo-lumen. Daraus folgt auch, mit der Gasgleichung,

  Das chemische Potential als Funktion vom Volumen und vom

 Druck bei konstanter Temperatur

Mit Hilfe der Gasgleichung berechnen wir die rechte Seite derMaxwellbeziehu ng (4.2c)

und erhalten

Die Integration liefert

∂   E ( p,T )

∂   p=

∂   E (T ,V ( p,T ))

∂   p=

∂   E (T ,V )

∂  V ⋅ ∂  V ( p,T )

∂   p= 0

dS = n ⋅  R ⋅ dV 

S (V ,T ) - S (V 0 ,T ) = n ⋅  R ⋅ lnV 

V 0

S ( p,T ) - S ( p0 ,T ) = n ⋅  R ⋅ ln p0

 p

∂  V (T , p,n)

∂  n=

 RT 

 p

∂  m (T , p,n)

∂   p=

 RT 

 p

m (T , p)- m (T , p0 ) = RT ln  p p0

70

Abb . 5.2. Das Gas entspannt sich ins Vakuum.

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Bei T = const wächst also das chemische Potential logarithmischmit dem Druck. Mit der Gasgleichung folgt auch

5.1.3 Gelöste Stoffe als ideale Gase

Die Gasgleichung gilt immer,wenn ein Stoff hinreichend verdünntist. Dabei ist es gleichgültig, wie man die Verdünnung erreicht.Wir hatten bisher angenommen, dass der Stoff als reines, ver-dünntes Gas vorlag. Der Stoff wurde sozusagen mit Vakuum ver-dünnt. Es ändert sich aber nichts an der Gültigkeit der Gasglei-chung, wenn ein Stoff durch auflösen in einem materiellen Lö-sungsmittel verdünnt wird. Auch Zucker in einer verdünntenwässrigen Zuckerlösung, Na+-Ionen in einer wässrigen Kochsalz-lösung, in Wasser gelöster Alkohol oder in Alkohol gelöstes Was-ser befolgen die Gasgleichung p · V = n · R · T .

Bei solchen Lösungen bezeichnet man die Mengendichte

als Konzentration.Der experimentelle Nachweis der Gültigkeit der Gasgleichung istfür diese Gase allerdings etwas schwieriger als für Gase im Vaku-um: Um den Druck des gelösten Stoffes allein, den so genanntenosmotischen Druck , zu messen, braucht man eine Wand, die fürdas Lösungsmittel durchlässig, für das Gelöste aber undurchlässigist. Ein solches Diaphragma hat die unangenehme Eigenschaft,dass es auch für den Stoff, den es durchlässt, einen hohen Strö-

mungswiderstand hat. Daher stellen sich die Drücke nur langsamein. In dem in Abbildung 5.3 dargestellten Versuch ist der Druckdes Gases “Zucker” durch die Differenz D p der Anzeigen derManometer gegeben. Es ist

 plink s = pWasser link s + pZucker links   prechts = pWa sser rechts

Da die Wand für Wasser durchlässig ist, ist pWasser link s = pWasser rechts,alsoD p =   plinks –   prec hts = pZucker links  Auch die im vorigen Abschnitt hergeleitete Gleichung für das che-mische Potential gilt hier. Das chemische Potential des gelösten

Stoffes als Funktion des (osmotischen) Drucks des gelösten Stof-fes ist:

Mit c =  n/V und p = (n/V ) ·   R · T erhält man

m (T ,V )- m (T ,V 0 ) = RT lnV 0

r n =n

V = c

m (T , p)- m (T , p0 ) = RT ln p

 p0

m (T ,c) - m (T ,c0 ) = RT lnc

c0

71

Abb. 5.3. Das linke Manometer zeigt einen umden osmotischen Druck höheren Wert an als dasrechte.

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5.1.4 Das gravitochemische Potential

Wir fragen nach dem Verlauf des Drucks und des chemischen Po-tentials eines Gases über der Erdoberfläche als Funktion derHöhe   z. Die Temperatur sei überall dieselbe.

Wir betrachten Gas in zwei über ein Rohr miteinander verbunde-

nen Behältern 1 und 2 in den Höhen  z1 und z2, einschließlich demGravitationsfeld, Abb. 5.4. Da zwischen den Behältern ein Gas-austausch möglich ist, stellen sie zwei aneinander gekoppelte Teil-systeme dar, zwischen denen sich ein Gleichgewicht einstellt. Umwas für ein Gleichgewicht handelt es sich? Mit der gibbsschenFundamentalform des Gesamtsystems wird:

dE = (m 1 –  m 2) dn + g( z1 –   z2) dm+ (T 1 –  T 2) dS + T dS erz = 0

Im Gleichgewicht ist T dS erz = 0.

Wir nehmen noch an, dass die Entropie zwischen den Behälternunabhängig von Masse und Stoffmenge ausgetauscht werdenkann. Es herrscht also immer thermisches Gleichgewicht, und es

ist T 1 =  T 2. Daher bleibt nur noch:(m 1 –  m 2) dn + g( z1 –   z2) dm = 0 (5.4)

Nun sind die Änderung dn der Stoffmenge und die Änderung derMasse dm fest aneinander gekoppelt.

Aus unserer Gleichgewichtsbedingung (5.4) wird damit

Wir bezeichnen nun

als gravitochemisches Potential, in Analogie zum elektrochemi-schen Potential h =  m + F j , und erhalten(g 1 –  g 2) dn = 0Die gravitochemische Spannung

stellt den resultierenden Antrieb für einen Mengenstrom im Gravi-tationsfeld dar. Der Mengenstrom ist Null, es herrscht gravitoche-misches Gleichgewicht zwischen zwei Stellen im Raum, wenn diegravitochemische Spannung zwischen den beiden Stellen Null ist.Ein ruhendes Gas im Gravitationsfeld der Erde befindet sich imgravitochemischen Gleichgewicht. Für das Gas hat g in jeder Hö-he denselben Wert:

Das chemische Potential m nimmt also mit der Höhe z linear ab:

Mit

Mitm

n= m wird nämlich dm = m ⋅ dn

[(m 1 + m gz1 )- (m 2 + mgz2 )]dn = 0

g  = m + mgz

D g  = D m + mgD z

g  = m ( z)+ mgz = m ( 0 )

m ( z) - m ( 0 ) = -mgz

72

Abb. 5.4. Zwischen den beiden Behältern kannein Stoffaustausch stattfinden. Es wird angenom -men , dass sich das thermis che Gle ichgewicht un-abhä ngig von Stoffaustausch eins telle n kann.

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erhält man die Abhängigkeit des Drucks von der Höhe (bei überallgleicher Temperatur):

oder

Diese Gleichung ist unter dem Namen barometrische Höhenfor-mel bekannt.

5.1.5 Gemische idealer GaseIn einem Behälter befinde sich ein Gemisch mehrerer idealer Ga-

se. In der Gasgleichung  p · V = R · n · T ist

d.h. die Menge n ist die Summe der Mengen ni der Gase i. Mannennt

den Partialdruck des Gases i. Damit wird

 pi · V = R · ni · T 

Für jedes Gas i allein gilt also eine Gasgleichung, wenn man alsDruck den Partialdruck des Gases einsetzt. Jedes Gas i verhältsich so, als wäre es allein im Behälter. Die beiden in Abb. 5.5 ge-zeigten Situationen sind physikalisch identisch, es handelt sich umdasselbe System.

Außer der Menge sind damit auch Energie und Entropie einfachdurch die Summe der Teilenergien bzw. -entropien gegeben, es istalso:

Ein Gemisch aus zwei Gasen kann auch so beschrieben werden:Es stellt zwei Gase mit gleichem Volumen dar, die sich im thermi-

schen Gleichgewicht befinden. Sie befinden sich im thermischenGleichgewicht, weil Entropie vom einen zum anderen übergehenkann. Sie befinden sich nicht im Druckgleichgewicht, denn dasVolumen jedes der Gase wird festgehalten, und sie befinden sichnicht im chemischen Gleichgewicht, denn das eine kann sich nichtins andere verwandeln.Das chemische Potential jedes einzelnen Gases hängt nur vomPartialdruck dieses Gases ab:

Wir betrachten den in Abb. 5.6 dargestellten Mischungsvorgang:

m [ p( z)] - m [ p( 0 )] = RT ln p( z)

 p( 0 )

-mgz = RT ln  p( z) p( 0)

 p( z) = p( 0 ) exp -mgz

 RT 

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

n = ni

i

Â

 pi =  pni

n

n = ni

i

  E =  E ii

 S = S ii

Â

m i (T , pi )- m i (T , p0i) =  RT ln pi

 p0i

73

Abb. 5.5. Die beiden Situationen sind physika-lisch identisch.

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Die Gase A und B liegen im Anfangszustand (a) getrennt vor, undzwar bei gleichem Druck pAa =   pBa. Dann wird die Trennwand her-ausgezogen (b), es ist alsoV e =  V Aa +  V Ba.Der Mischungsvorgang ist eine isoenergetische Expansion beiderGase auf das Endvolumen V e , also nichts Neues. Beim Mischen

bleibt daher T  konstant, und die Entropie nimmt zu (siehe Ab-schnitt 5.1.2):

Da vor dem Vermischen die Drucke der Gase gleich sind, ist

und es wird

Den Quotienten xi =  ni/n bezeichnet man als  Molenbruch . Damitwird die Mischungsentro pie

Diese Beziehung wird uns in der statistischen Physik und der In-formationstheorie wiederbegegnen.Obwohl der Zusammenhang zwischen den Variablen eines Teilga-ses so ist, als wäre kein anderes Gas vorhanden, kann man sehrwohl zwischen einer freien Expansion ins Vakuum und einerfreien Expansion in ein anderes Gas hinein unterscheiden: Derzweite Vorgang ist ein Diffusionsvorgang, er hat einen viel größe-ren Reaktionswiderstand als der erste.Die letzte Gleichung macht eine Aussage, die man als paradoxempfinden kann (gibbssches Paradoxon): Sind die beiden Gase Aund B (Abb. 5.6) identisch, so hat das Herausziehen der Wand garkeinen Prozess zur Folge. Unterscheiden sich die Gase dagegenim kleinsten nur denkbaren Merkmal, so nimmt DS einen von die-sem Merkmal unabhängigen Wert an. Kann denn aber eine Gas-sorte nicht durch kontinuierliches Verändern eines Merkmals ineine andere überführt werden? Die Thermodynamik lehrt uns,dass die Antwort “nein” heißt. Sie fordert damit die Quantisierungphysikalischer Größen. Das eine Gas könnte z.B. Ortho-, das an-dere Parawasserstoff sein. Es darf also zwischen Ortho- und Para-

wasserstoff keinen kontinuierlichen Übergang geben, d.h. keineWasserstoffsorte, deren Kernspin einen scharfen Wert zwischen 0

undh- (aber ≠ 0 und ≠  h- ) hat.

5.1.6 Das Massenwirkungsgesetz

Der Übersichtlichkeit halber beschränken wir uns auf vier Reak-tionspartner A, B, C und D. Die Verallgemeinerung der folgendenRechnungen liegt aber auf der Hand.Alle Partner der ReaktionaA + bB Æ cC + d D

DS =  R ni

i

 lnV e

V ia

 p

 RT =

ni

V ia

=n

V e

DS =  R ni

iÂln

n

ni

DS = -nR xi

i

 ln xi

74

Abb. 5.6. Der Mischungsvorgang ist eineisoe nergetische Exp ansion der beiden Gase.

a

b

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sollen als ideale Gase oder in verdünnter Lösung vorliegen.

Die chemische Spannung

Dm (T , pA, pB,  pC, pD)  =  am A(T , pA) + bm B(T , pB) – cm C(T , pC) – d m D(T , pD)

ist im Gleichgewicht gleich Null. Hier sind  pA, pB, pC und pD die

Partialdrücke der Gase A, B, C, und D. Wir drücken jedes chemi-sche Potential auf der rechten Seite aus durch

und erhalten für das chemische Gleichgewicht:

Wir nennen die chemische Spannung in dem Fall, dass jeder Re-aktionspartner mit dem Partialdruck p0 vorliegt Dm '(T , p0) und er-halten

Der Ausdruck auf der linken Seite ist nur von der Temperatur,nicht aber von den Partialdrücken pA, pB, pC und pD abhängig. Wir

nennen ihn K (T ) und erhalten das Massenwirkungsgesetz:

Gibt man drei (bei n beteiligten Stoffen n – 1) Partialdrücke vor,so legt das Massenwirkungsgesetz den vierten (n-ten) fest.

5.1.7 Die zweite Zustandsgleichung: S = S(T , p, n)

Ein System mit der gibbsschen FundamentalformdE = T dS  – p dV + m dn

ist durch drei Zustandsfunktionen charakterisiert, z.B.V =  V (T ,   p,  n), S =  S (T ,   p,  n) und m  =  m (T ,   p,  n). Wir haben unsmit der ersten davon beschäftigt und wenden uns nun der zweitenFunktion, nämlich  S (T ,   p,  n) zu. Ihr Verlauf ist durch weitere Er-fahrungen bestimmt. Allerdings liegt die  p-Abhängigkeit von S (T ,   p,  n) bereits fest wegen der Maxwellbeziehung (4.2a)

Mit Hilfe der thermischen Zustandsgleichung wird

m i (T , pi ) = m i (T , p0 ) + RT ln pi

 p0

am A(T , p0 )+ bm B(T , p0 ) - cm C (T , p0 )- d m D(T , p0 )

D ¢m  (T , p0 )6 74 4 4 4 4 4 4 4 4 4 84 4 4 4 4 4 4 4 4 4 

+  RT aln pA

 p0

+ b ln pB

 p0

- c ln pC

 p0

- d ln pD

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜ = 0

exp -D ¢m (T , p0 )

 RT 

ÊËÁ

ˆ¯˜ =

 pA

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

a

⋅  pB

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

b

 pC

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

c

⋅  pD

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

 pA

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

a

⋅  pB

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

b

 pC

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

c

⋅  pD

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

d = K (T )

-∂  S (T , p,n)

∂   p=

∂  V (T , p,n)

∂  T 

75

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und integriert:

Unbekannt sind nur noch die n- und die T -Abhängigkeit von S .Beide folgen aus der experimentellen Erfahrung.Die n-Abhängigkeit folgt aus der Homogenität des Gases: Vergrö-ßert man die Menge des Gases um den Faktor k und lässt dabei T und p konstant, so vergrößert sich die Entropie um denselben Fak-tor k . Man hat einfach neben das alte System ein neues System ge-setzt, Abb. 5.7. Die Erfahrung lehrt, dass sich das neue und das al-te System nicht gegenseitig beeinflussen. In mathematischen Sym-bolen:

Die T -Abhängigkeit von S  schließlich enthält die Individualitätdes Gases, sie ist kompliziert. Unter gewissen Voraussetzungenlässt sich aber auch für sie ein einfacher analytischer Ausdruck an-geben. Wir betrachten neben

gleich noch

Beim idealen Gas ist die Kenntnis von C S  p der von C S 

V  äquivalent,

denn es gilt (siehe Abschnitt 5.1.1)

Die Erfahrung lehrt nun, dass

Für die Größen cV und c p gilt damit (siehe Abschnitt 2.12):

und für alle Gase giltc p –  cV =   R (5.7)Unter den gemachten Voraussetzungen sind also c p und cV  tempe-raturunabhängig, und wir können schreiben

∂  S (T , p,n)

∂   p= -

 Rn

 p

S (T , p,n) = n ⋅  R ⋅ ln p0

 p

+ S (T , p0 ,n) (5.5)

S (T , p,n) = n ⋅ S (T , p) (5.6)

C S  p =

∂  S (T , p,n)

∂  T 

C S V  =

∂  S (T ,V ,n)

∂  T 

C S  p - C S 

V  = Rn

C S 

V ≥ 

3

2 R

n

T C S 

 p≥ 

5

2 R

n

C S V  =

3

2 R

n

T C S 

 p =5

2 R

n

C S 

V  ª5

2 R

n

T C S 

 p ª7

2 R

n

allgemein

für einatomige Gase (Edelgase, Hg-Dampf )

für zweiatomige Gase, aber nur inbegrenzt em Temperaturb ereich

cV  =3

2 R c p =

5

2 R

cV 

ª5

2 R c

 pª

7

2 R

für einatom ige Gase

für zweiatomig e Gase

∂  S (T , p,n)

∂  T  = c p

n

76

Abb. 5.7. Bei fester Temperatur und festemDruck ist die Entr opie proportion al zur Menge.

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und integrieren:

Aus (5.5) und (5.8) ergibt sich

und mit (5.6)

Auf analoge Art erhält man

beziehungsweise

5.1.8 Isothermen, Isentropen, Isobaren und Isochorendes idealen Gases

Wir suchen den  p-V- Zusammenhang für konstante Temperaturund den für konstante Entropie: die Isothermen und die Isentro-pen. Wir betrachten hier stets Prozesse mit n = const. Um die Iso-

thermen zu erhalten, schreiben wir die thermische Zustandsglei-chung in der Form

Um die Isentropen zu berechnen, führen wir eine Abkürzung ein:

und formen Gleichung (5.10) mit Hilfe von (5.7) um

Hieraus folgt mit der thermischen Zustandsgleichung:

S (T , p,n) = c p ⋅ n ⋅ lnT 

T 0+ S (T 0, p,n) (5.8)

S (T , p,n)- S (T 0 , p0 ,n) = n ⋅   R ln p0

 p+ c p ln T 

T 0

ÊËÁ ˆ

¯˜ (5.9)

S (T , p,n) = n ⋅   R ln p0

 p+ c p ln

T 0+ S (T 0, p0 )

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

S (T ,V ,n)- S (T 0 ,V 0 ,n) = n ⋅   R lnV 

V 0+ cV  ln

T 0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜ (5.10)

S (T ,V ,n) = n ⋅   R lnV 

V 0+ cV  ln

T 0+ S (T 0,V 0)

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

 p(V , T ) =  p0V 0T 

T 0⋅ 

1

oder

 p(V , T ) =  f (T ) ⋅ 1

V  Isothermen

c p

cV 

= g 

S (T ,V ) - S (T 0 ,V 0 ) = n ⋅  (c p - cV ) ⋅ lnV 

V 0+ cV ln

T 0

Ê

ËÁ ˆ

¯˜

= ncV ⋅  g  - 1( ) ⋅ ln

V 0+ ln

T 0

È

Î͢

˚

= ncV ⋅ ln

V 0

Ê

ËÁ ˆ

¯˜

g -1

⋅ T 

T 0

È

ÎÍ

˘

˚˙

(5.11)

77

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und schließlich

Da g >1 ist, ist in jedem Punkt des  p-V -Diagramms die Isentropesteiler als die Isotherme.Um die Isochoren (V = const) des idealen Gases zu berechnen, eli-minieren wir in (5.11) die Temperatur:

Auf entsprechende Art erhält man aus (5.9)

Abb. 5.8a zeigt im p-V -Diagramm eine Isotherme und eine Isen-trope, Abb. 5.8b im T -S -Diagramm eine Isobare und eine Isocho-re.

5.1.9 Die dritte Zustandsgleichung: m =  m (T , p, n)

Zwei Ableitungen dieser Funktion liegen bereits durch die Max-wellbeziehungen (4.2b) und (4.2c), sowie die bisher diskutierten

Zustandsgleichungen fest:

Die dritte Ableitung müssen wir den experimentellen Erfahrungenentnehmen. Nun darf wegen der Homogenität des Systems m beifestgehaltenem T und p nicht mehr von n abhängen. Es ist also

Integration ergibt schließlich:

S ( p,V ) - S ( p0 ,V 0 ) = n ⋅ cV ⋅ lnV 

V 0

Ê

ËÁ ˆ

¯˜

⋅  p

 p0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

 p(V , S ) =  p0 ⋅ 

V 0

Ê

ˈ¯

⋅ exp

S - S 0

ncV 

Ê

ËÁ

ˆ

¯

oder

 p(V , S ) =  f (S )⋅ 1

V g  Isentropen

T (S ,V ) = T 0 ⋅ V 0

Ê

Ë

ˆ

¯

g -1

⋅ expS - S 0

ncV 

Ê

Ë

Á ˆ

¯

˜

oder

T (S ,V ) =  f (V ) ⋅ expS 

ncV 

Ê

ËÁ ˆ

¯˜  Isochoren

T (S , p) = T 0 ⋅  p

 p0

Ê

ËÁ ˆ

¯˜

1-1

⋅ expS - S 0

nc p

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

oder

T (S , p) =  f ( p) ⋅ expS 

nc p

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜  Isobaren

-∂  m (T , p,n)

∂  T =

∂  S (T , p,n)

∂  n= R ln

 p0

 p+ c p ln

T 0+ S (T 0, p0 )

∂  m (T , p,n)

∂   p=

∂  V (T , p,n)

∂  n=

 RT 

 p

∂  m (T , p,n)

∂  n= 0

78

Abb. 5.8. (a) Isotherme und Isentro pe im p-V -D i-agramm. (b) Isobare und Isochore im T -S -Dia-gramm

a

b

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Wir haben damit endlich auch die T -Abhängigkeit des chemischen

Potentials – allerdings sieht diese so kompliziert aus, dass man auf den ersten Blick nicht einmal erkennen kann, ob m mit T  wächstoder abnimmt. Wie der Verlauf von m mit T ist, erkennt man bes-ser an der Maxwellbeziehung

Die rechte Seite stellt einfach die Entropie pro Menge dar, und dieist immer positiv. Also ist die Ableitung ∂ m (T ,   p,  n)/∂  T negativ,das chemische Potential nimmt bei  p = const und n = const mitwachsender Temperatur ab.

5.1.10 Einfache Kreisprozesse mit idealen Gasen

Technisch besonders wichtig sind solche Kreisprozesse, bei denender Energieträger X 1, mit dem die Energie ankommt, auf konstan-tem Potential x 1e in die Maschine hinein, und auf konstantem Po-tential x 1a aus der Maschine herausfließt, Abb. 5.9. Das x 1- X 1-Di-agramm ist ein Rechteck.

Wir untersuchen drei Beispiele. Im ersten ist X 1 die Entropie, derentsprechende Kreisprozess heißt Carnotprozess . Im zweiten ist

 X 1 die Menge. Der dritte schließlich ist eine Kombination aus demersten und dem zweiten.

Wir führen die drei Kreisprozesse mit einem idealen Gas aus. Die

zweite extensive Variable X 2 ist in allen Fällen das Volumen (derentsprechende Energieträger ist der Impuls).

 Der Carnotprozess beim idealen Gas

Abb. 5.10 zeigt die Maschine schematisch, in Abb. 5.11 ist derProzessablauf im T -S - und im p-V -Diagramm dargestellt. Der Pro-zesszyklus besteht aus zwei Isothermen und zwei Isentropen.

 Die isotherme Pressluftmaschine

Abb. 5.12 zeigt die Maschine schematisch, in Abb. 5.13 ist derProzessablauf im m -n-, im p-V - und im T -S -Diagramm dargestellt.

Außer den extensiven Größen n und V ändert sich noch die Entro-pie des Gases. Wie man im T -S -Diagramm erkennt, bleibt aber dieEntropie immer auf demselben thermischen Potential T , sie behältalso die von ihr getragene Energie.

Für Prozesse mit konstantem m und konstantem n hat der Fachjar-gon kein eigenes “Iso-Wort” reserviert. Im Prozessschritt AB wirdmit dem einströmenden Gas Entropie konvektiv in den Zylinderhineingetragen, im Schritt BC dagegen fließt Entropie durch dieZylinderwand in den Zylinder hinein. Im Schritt CD wird sie wie-der konvektiv hinaustransportiert.

m (T , p,n)

=  RT ln p

 p0

- c p T lnT 

T 0- T + T 0

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜ - S (T 0, p0 )(T - T 0 ) + m (T 0, p0 )

-∂  m (T , p,n)

∂  T =

∂  S (T , p,n)

∂  n

79

Abb. 5.9. x 1- X 1-Diagramm eines typischenKreisprozes ses

Abb. 5.10 . Carnotm aschine

Abb. 5.11. T- S -Diagramm und  p- V -Diagrammdes Carnotprozesses

Abb. 5.12 . Isotherme Pre ssluftmasch ine

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 Die isentrope Pressluftmaschine (Dampfmaschine)

Der gerade beschriebene Kreisprozess ist schwer zu realisieren, daEntropieleitung langsam geht. Reale Maschinen (Pressluftmaschi-nen oder Dampfmaschinen) arbeiten weitgehend isentrop, Abb.5.14 und 5.15.

Die Temperatur nimmt beim Expansionsschritt BC ab. Daher istbei C das chemische Potential m 1 höher als bei der isothermen Ma-schine. Die die Maschine verlassende Luft (bzw. der Dampf) wärenoch zu gebrauchen: Man könnte zwischen Atmosphärenluf t undder aus der Pressluftmaschine kommenden Luft eine Wärmekraft-maschine betreiben. Diese lieferte pro Zyklus gerade den in Abb.5.15 schraffiert gezeichneten Energiebetrag.

5. 2 Flüs sigkeite n und Fe ststof fe

5.2.1 Das chemische Potential

Flüssigkeiten und Feststoffe haben die Eigenschaft, dass sich ihreDichte nur schwer verändern lässt, und zwar weder durch Druck-änderung, noch durch Temperaturänderung. Die folgenden Über-legungen sind nur dann auf Feststoffe anwendbar, wenn das ganzeProblem isotrop ist, d.h. sowohl die den Feststoff charakterisieren-den Koeffizienten als auch die mechanischen Spannungen müssenrichtungsunabhängig sein. Aus der Erfahrung folgt

Mit der Maxwellbeziehung (4.2a)

folgt, dass auch

ist. Die Entropie ist also nahezu druckunabhängig. Das bedeutetkeineswegs, dass S auch volumenunabhängig wäre. Eine andereMaxwellbezieh ung lautet nämlich

und ∂   p(T ,  V ,  n)/∂  T ist erfahrungsgemäß sehr groß. Dass man S durch Volumenänderung nicht ändern kann, liegt einfach daran,dass die betrachteten Stoffe so schwer komprimierbar sind.Für Flüssigkeiten und Feststoffe gilt außerdem c p  ª  cV , und je tieferdie Temperatur ist, desto besser. Wir schreiben deshalb für c p  und cV einfach c.Mit Hilfe der Maxwellbeziehung (4.2c)

k = -1

∂  V (T , p,n)

∂   pª 0

a =1

∂  V (T , p,n)

∂  T ª 0

∂  V (T , p,n)

∂  T = -

∂  S (T , p,n)

∂   p

∂  S (T , p,n)

∂   pª 0

∂  S (T ,V ,n)

∂  V =

∂   p(T ,V ,n)

∂  T 

∂  V (T , p,n)

∂  n

=∂ m (T , p,n)

∂   p

80

Abb . 5.14. Isentro pe Pressluftmaschine

Abb . 5.13 . m -n-, p- V - und T-S -Diagramm der iso-ther men Pre ssluftmaschine

Abb. 5.15. m -n-,  p- V - und T- S -Diagramm der

isen tropen Pressluftmaschine

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berechnen wir noch die Druckabhängigkeit des chemischen Poten-tials. Wegen a ª 0 und k ª 0 ist

nahezu temperatur- und druckunabhängig, und man erhält

Wir wenden Gleichung (5.12) auf zwei Beispiele an.

 Das gravitochemisch e Potential in Flüssigkeiten

Wie in Abschnitt 5.1.4 gezeigt wurde, ist das gravitochemischePotential

Befindet sich die Flüssigkeit in Ruhe (z.B. Wasser in einem See),so herrscht gravitochemisches Gleichgewicht, es ist

Wie beim Gas, nimmt das chemische Potential linear mit der Hö-he ab. Mit der Formel für das chemische Potential als Funktiondes Drucks wird:

also

die bekannte Formel für den Schweredruck in einer Flüssigkeit.Warum fließt das Wasser nicht vom Grund des Sees zur Oberflä-che, obwohl doch ein Antrieb Dm vorhanden ist?

 Erniedrigung des chemischen Potentials einer Flüssigkeit durch Zugabe einer kleinen Menge eines fremden Stoffes

Löst man in einer Flüssigkeit eine kleine Menge eines fremdenStoffes (Index G, Gelöstes), so nimmt das chemische Potential desLösungsmittels ab. Wir betrachten das Experiment von Abb. 5.16.Wir nehmen an, das Lösungsmittel sei Wasser. Das Wasser linksvon der Membran befindet sich im chemischen Gleichgewicht mitdem Lösungsmittel Wasser rechts.

Durch die Membran strömt daher kein Wasser mehr hindurch, unddie Flüssigkeitssäulen links und rechts verändern ihre Höhe nichtmehr. Der Druck rechts von der Membran muss nun gleich derSumme aus dem Druck links und dem Druck des Gelösten sein.

 p2 = p1 + pG

(Auf das Oberflächenstück A der Flüssigkeit rechts wirken zweiKräfte: die Kraft p1 · A, die die Flüssigkeit 1 durch die Membranhindurch auf die Flüssigkeit 2 ausübt und die Kraft pG · A, die die

Membran selbst auf die Flüssigkeit 2 ausübt.)

∂ V (T , p,n)

∂ n= V (T , p)

m ( p) - m ( p0 ) = V ⋅ ( p -  p0 ) (5.12)

g  = m + mgz

g ( z) = m ( z) + mgz = m ( 0 )

V p( z)- p( 0)[ ] = -m gz,

 p( z) = p( 0 )- r mgz

m H 2O, 1 = m H2 O, 2

81

Abb. 5.16. Links (1) von der wasserdurchlässi-gen Membran befindet sich reines Wasser, indem Wasser rechts (2) ist ein Fremdstoff gelöst.Das chemische Potenti al des Wasser ist links und

rechts glei ch.

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Nun unterscheidet sich das Wasser rechts von der Membran inzweierlei Hinsicht vom Wasser links: erstens ist sein Druck höherund zweitens ist ein Fremdstoff in ihm gelöst. Sein chemischesPotential ist also

Der zweite Summand auf der rechten Seite der Gleichung be-schreibt die Änderung des chemischen Potentials durch den erhöh-ten Druck, der dritte Summand Dm (nG) ist die Änderung des che-mischen Potentials durch den Fremdstoff. Damit die chemischenPotentiale links und rechts gleich sind, müssen beide Korrekturenzusammen null ergeben, d.h. es muss sein

Mit der Gasgleichung pGV =   RnGT und mit p2 = p1 + pG wird daher

Nun ist nG /n gleich dem Molenbruch x, und wir erhaltenDm (nG) = –   xRT 

Die Formel sagt uns, dass das chemische Potential des Wassers imRhein höher ist als das des Wassers in der Nordsee. Man könntealso an der Rheinmündung ein Kraftwerk betreiben, in dem dasRheinwasser auf das niedrige Nordseepotential heruntergelassen,und dafür Elektrizität auf hohes elektrisches Potential hinaufge-pumpt wird.

5.2.2 Die Entropie von Feststoffen

Es ist zweckmäßig, einen Festkörper in Gedanken in Teilsystemezu zerlegen: Gittersystem, Elektronensystem, Spinsystem… Jedesdieser Teilsysteme trägt im Allgemeinen zur Entropie bei. Für vie-le Zwecke kann man diese Systeme einzeln betrachten. Manchmalist eines dieser Systeme “gar nicht vorhanden”: Seine Mengenva-riable hat den Wert null. Mit Elektronensystem sind die so ge-nannten freien Elektronen gemeint. Ein elektrischer Nichtleiter hatalso in diesem Sinn kein Elektronensystem.

Wir betrachten zunächst das Gittersystem (das Wort kommt daher,dass die Atome oder Ionen von Feststoffen ein Kristallgitter bil-den). Die Erfahrung zeigt, dass die molare Wärmekapazität für al-le Feststoffe bei niedrigen Temperaturen dem  Debyeschen Gesetzfolgt, Abb. 5.17:

Mit

ist

m H 2O, 2 = m H 2O, 1 +(V / n)( p2 - p1) + D m (nG)

D m (nG ) = -(V / n)( p2 -  p1 )

D m (nG ) = -V 

n

 RnGT 

c =12

5p 4 R

T  D

Ê

ËÁ

ˆ

¯˜

3

für T << T D

c =d ˆ E 

dT = T 

d S 

dT 

S =c

dT 

0

 Ú =

12

5

p 4 R

T D3 T 2dT 

0

 Ú =

12

5

p 4 R

3

T D

Ê

Ë

Áˆ

¯

˜

3

=c

3

82

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Auch die molare Entropie geht also mit der 3. Potenz von T , Abb.5.18.

Der spezielle Stoff wird also allein durch T D, die Debye-Tempera -tur, charakterisiert. In Tabelle 5.1 sind einige T D-Werte aufgeli-stet.

Die Erfahrung zeigt außerdem, dass c auch für hohe Temperaturenein einfaches Verhalten zeigt: Für Kristalle, die aus einer einzigenAtomsorte bestehen, geht c asymptotisch gegen 3 R, Abb. 5.17:

c = 3 R für T>>T D.

Dies ist das Dulong-Petitsche Gesetz.

Von der Entropie des Elektronensystems merkt man nur etwas beisehr tiefen Temperaturen (falls der Stoff überhaupt freie Elektro-nen hat, also falls er ein Metall ist). Sie verläuft proportional zu T ,und die molare Entropie ist daher mit c identisch:

S = c µT 

83

Stoff  T D (in K)PbAg

88215

CuFeKBr

NaCl

315453177

287GeDiamant

3601860

Tabelle 5.1

Abb. 5.17. Spezifische Wärmekapazität als Funktion der Temperatur für einigefeste Stoffe

Abb. 5.18. Entropie des Elektronen- und des Gitt ersystems als Funktio n der Temperatur für Fes tstoffe

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5. 3 St römungen

Wir betrachten Rohrströmungen mit folgenden Eigenschaften: Al-le partiellen Ableitungen nach t verschwinden, d.h. die Strömungist stationär. Die Strömungsgeschwindigkeit ist über dem ganzenRohrquerschnitt dieselbe. Der Rohrquerschnitt sei veränderlich, sodass sich die Strömungsgeschwindigkeit in Richtung der Rohrach-se von Ort zu Ort ändert. Außerdem soll keine innere Reibung undkeine Reibung mit der Rohrwand stattfinden. Für die Behandlungvon Strömungen braucht man drei Arten von Zusammenhängen:

1. Die Bilanzgleichungen für die mengenartigen Größen  E , S , n(oder m) und  p. In dem hier betrachteten Spezialfall stationärerStrömungen ist der Term dX/dt in den Bilanzgleichungen

immer gleich null.

2. Die gibbssche Fundamentalform

Neben den Bilanzgleichungen der einzelnen mengenartigen Grö-ßen braucht man noch die Verknüpfungen zwischen den Strömender mengenartigen Größen, die aus der gibbsschen Fundamental-form folgen:

(v/2) I  p konv stellt nicht den ganzen “impulsgetragenen” Energie-strom dar, sondern nur den Anteil, der zum konvektiven Impuls-strom gehört. In anderen Worten: bewegte kinetische Energie. Derdem konduktiven Impulsstrom entsprechende (und aus der Me-chanikvorlesung bekannte) Energiestrom vF steckt bereits in dem

Term m  I n. (Die Stromdichte des konduktiven Impulsstroms ist derDruck – die Variable Druck tritt aber hier im chemischen Potential“versteckt” auf).Wir wollen diesen Term herleiten. Es sei r  E kin die Dichte und j  E  kin

die Stromdichte der kinetischen Energie. Dann ist die entspre-chende Stromstärke

Mit

 I  p konv = A · j  p konv = A· v · r m · v

wird

Häufig ist bei einer Strömung P längs des ganzen Weges konstant,die einzelnen Beiträge in (5.13) ändern sich aber an Stellen, an de-nen sich der Rohrquerschnitt ändert, Abb. 5.19. Das kann manauch so ausdrücken: Die Beladung eines Energieträgers ändertsich auf Kosten der Beladung eines anderen. Die Energie wird in-nerhalb der Strömung von einem Träger auf einen anderen umge-laden.

dX 

dt = I  X  + S  X 

P = TI S + m  I n +v

2 I  pkon v (5.13)

 A ⋅  j  E kin =  A ⋅ v ⋅ r  E kin =  A ⋅ v ⋅ r m

2v

2

 A ⋅  j  E kin =v

2 I  p konv

84

Abb. 5.19. Die Energiestromstärke ist an jedemRohrquerschnitt dieselbe. Die Verteilung desEnergiestroms auf die verschiedenen Energieträ-ger ist aber unterschiedlich.

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3. Schließlich muss man noch die den individuellen strömendenStoff (ideales Gas, inkompressible Flüssigkeit, etc.) charakterisie-renden Beziehungen angeben.

5.3.1 Strömungen ohne Energiefluss durch die Rohrwand

Für Strömungen ohne Energiefluss durch die Rohrwand gilt eineinfaches Gesetz:

Zum Beweis stellen wir uns vor, die Strömung komme zustandewie es Abb. 5.20 zeigt: durch zwei sich bewegende Kolben. Da-mit setzen wir voraus, dass in Strömungsrichtung keine Diffusionund keine Wärmeleitung stattfindet. Für die Energieänderung dE des Systems zwischen den beiden Kolben gilt

dE = – p1dV 1 –  p2dV 2

Man kann sich vorstellen, dass die Energieänderung dE  dadurchzustande gekommen ist, dass die ganze im Volumen dV 1 enthalte-ne Energie dE 1 verschwindet und die ganze in dV 2 enthalteneEnergie dE 2 hinzukommt, so dass

dE = dE 1 + dE 2 = – p1dV 1 –  p2dV 2

wird oder

d ( E 1 + p1V 1) + d ( E 2 + p2V 2) = 0

Verfolgt man eine bestimmte Gasmenge auf ihrem Weg von linksnach rechts, so ist also für dieses System

 E + p V = const

oder pro Menge geschrieben

Dies ist eine für Strömungen wichtige Regel: Wenn die Energie-stromstärke in einer Strömung von einem Rohrquerschnitt zumanderen konstant ist, wenn also keine Energie “seitlich herausge-holt oder hineingesteckt” wird, so hat der Ausdruck  E  +   pV  beibeiden Rohrquerschnitten denselben Wert.

Wir haben früher Prozesse betrachtet, bei denen der Wert einerVariable konstant ist, z.B. isotherme Prozesse (T = const), isentro-pe Prozesse (S = const), isoenergetische Prozesse ( E = const). Wirhaben hier einen Prozess vor uns, bei dem eine bestimmte Kombi-nation von Variablen konstant ist, nämlich E + pV. Zur Vereinfa-chung der Gleichungen geben wir dieser Variablenkombinationein eigenes Symbol:

 E + pV = H 

und

Mit I S  = S ⋅  I n und  I  pkonv = ˆ p ⋅  I n läßt sich (5.13) schreiben :

P = T ⋅ S + m +v

2ˆ pÊ

ËÁ

ˆ¯ I 

n(5.14)

ˆ E + pV  = const

ˆ E + pV  = const

ˆ E + pV = ˆ H 

85

Abb. 5.20. Man kann sich vorstellen, dass dieEnergieänderung im Gebiet zwischen den beidenKolben dadurch zustande kommt, dass die Ener-gie im Volumenelement dV 1 ver schwindet unddie Energie im Volumenelement dV 2 auf taucht.

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Wir erinnern uns, dass diese Bildung auch Enthalpie genanntwird, und dass sie Gibbsfunktion ist, wenn sie als Funktion derVariablen S , p und n geschrieben wird.

5.3.2 Strömung eines idealen Gases ohne Energiefluss durchdie Rohrwand

Wir setzen in Gleichung (5.14) ein

und erhalten

Mit P =  const und I n = const folgt daraus

Hier und im Folgenden heißt “const” “hat denselben Wert an je-dem Rohrquerschnitt”. Wir nennen nun diejenige Temperatur, beider das Gas die Geschwindigkeit v =  0 hat T 0 (“Kesselzustand”)und erhalten

Je schneller das Gas strömt, desto niedriger ist also seine Tempe-ratur.Wir betrachten eine Anwendung dieser Beziehung, Abb. 5.21.Ein ideales Gas strömt durch eine so genannte Drossel: einenStrömungswiderstand, durch den das Gas hindurchfließt, ohne be-schleunigt zu werden, ohne also dahinter einen Strahl oder Wirbelzu bilden. Der Widerstand sei gegen die äußere Umgebung ther-misch isoliert, so dass er der Gasströmung keine Energie entneh-men kann.In der Drossel entspannt sich das Gas: Sein Druck und seine

Dichte nehmen ab. Damit v1 = v2 ist, muss sich in der Drossel derRohrquerschnitt etwas vergrößern. Mit der vorigen Gleichung er-gibt sich

also

T 1 = T 2  

Mit der Gasgleichung folgt daraus, dass der Druck um denselbenFaktor abnimmt, um den das molare Volumen zunimmt.

ˆ p(v) = m ⋅ v

S (T , p) =  R ln p0

 p+ c p ln

T 0+ S (T 0 , p0 )

m (T , p) = RT ln p

 p0

- c pT lnT 

T 0- T S (T 0, p0 ) + c p(T - T 0 )

+T 0S (T 0, p0 )+ m (T 0 , p0 )

P = c p(T - T 0 ) + T 0S (T 0, p0) + m (T 0 , p0 ) + m2

v2ÈÎÍ ˘

˚ I n (5.15)

c p(T - T 0 ) + T 0S (T 0, p0) + m (T 0 , p0 )+m

2v2 = const

c pT +

m

2 v2

= c pT 0 (5.16)

c p(T 1 - T 0 ) = c p(T 2 - T 0 )

86

Abb. 5.21. Ein ideales Gas strömt durch eineDrossel, ohne bes chleunigt zu werden.

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5.3.3 Isotherme Strömung des idealen Gases

Die Bilanzgleichung der Energie ist, Abb. 5.22:

P2 =  P1 +  P z  

Mit (5.15) und mit T 1 =  T 2 ergibt sich

Hier ist I S,z der zusätzliche Entropiestrom, d.h. der Entropiestrom,der von der Seite zu- oder abfließt, damit T konstant bleibt.Mit

und

(denn T = const) wird

Nehmen wir als Zustand 1 den Kesselzustand, so dass v1 = 0, undnennen p1 =   p0, v2 =  v und  p2 =   p, so wird

Je schneller das Gas strömt, desto niedriger ist also sein Druck.

5.3.4 Ideale Strömungen inkompressibler Flüssigkeiten

Da die Flüssigkeit nicht komprimiert wird (weil es so schwergeht), und da ∂ S (T ,   p,  n)/∂  p  ª 0 ist, ist eine isentrope Strömunggleichzeitig auch isotherm. Wir betrachten solche isentrop-iso-thermen Strömungen.

Mit (5.14) wird

und mit

Mit

(Gleichung (5.12)) ergibt sich

m2

v22 I n = m

2v1

2 I n + T ⋅  I S , z

 I S , z = S  z ⋅  I n

S  z =  R ln p1

 p2

m

2(v2

2 - v12 ) = T ⋅  R ⋅ ln

 p1

 p2

v 2 =2 RT 

mln

 p0

 p

P = T ⋅ S + m +m

2v2Ê

ËÁ

ˆ¯ I n = const

S = const

m +m

2v

2 = const

m ( p) = V ( p - p0 )+ m ( p0 )

V ⋅  p +m

2v

2 = const

87

Abb. 5.22. Zur Energiebilanz einer isothermenStrömu ng

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und mit

wird daraus

Diese Beziehung heißt  Bernoulli-Gleic hung. Nach ihr ist derDruck um so kleiner, je größer die Strömungsgeschwindigkeit ist.An Stellen, an denen ein Rohr weit ist, ist also der Druck höherals an engen Stellen.

5.3.5 Flüssigkeitsströmungen im Schwerefeld

Wir haben bisher stillschweigend vorausgesetzt, dass kein Gravi-tationsfeld vorhanden ist. Mit Gravitationsfeld wird aus (5.13)

und

Das ist zwar der an I n gekoppelte Energiestrom. Ein Teil davon,nämlich der, der seinen Ursprung im Gravitationsfeld hat, fließtaber nicht an derselben Stelle wie I n.

Auf dem Weg von A nach C, Abb. 5.23, wird Energie zweimalumgeladen: Auf AB nimmt die Beladung von  I n auf Kosten vonder von I m zu. In der Verengung (Düse) nimmt die Beladung von

 I  p auf Kosten von der von I n zu.

r m =m

 p + r m

2v

2 = const

P = TI S + m  I n +v

2 I  p, konv + ghI m

P = (T S + m +m

2v

2 + mgh) I n

Mit S = const, m ( p) = V ( p - p0 )+ m ( p0 ) und r m =m

V ,

und mit P = const,  I n = const und T  = const wird

 p +r 

m

2v 2 + r 

m ⋅ g ⋅ h = const

88

Abb. 5.23. Auf dem Weg AB wird Energie vomEnergie träger Masse auf den Energieträg er Stoff-men ge umg elad en. In der Düse wechselt sie nocheinmal den Träger: Sie wird auf den Impuls um-geladen .

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5.4 Phas enübergänge

5.4.1 Phasen

Das Wort Phase hat eine ähnliche Bedeutung wie das Wort Stoff.Da man aber nicht gern sagt, Eis und flüssiges Wasser seien ver-schiedene Stoffe, spricht man hier lieber von verschiedenen Pha-

sen. Von zwei verschiedenen Phasen spricht man nicht, wenn manz. B. einmal flüssiges Wasser bei 10 ˚C und daneben flüssigesWasser von 20 ˚C vorliegen hat.

Um von einer Phase zu einer anderen zu gelangen, müssen dieWerte irgendwelcher Variablen unstetige Veränderungen erfah-ren: beim Übergang flüssiges Wasser Æ gasförmiges Wasser z.B.machen die Größen molare Entropie und molares Volumen einenSprung. Man nehme aber diese Definition nicht zu ernst: Mankann den Sprung in dem zitierten Beispiel dadurch vermeiden,dass man außen um den so genannten kritischen Punkt herumläuft.

Die bekanntesten Phasen sind die feste, die flüssige und die gas-förmige Phase, in denen viele Stoffe auftreten können. Danebentreten aber besonders Feststoffe noch in unzähligen anderen Pha-

sen auf: verschiedene Kristallmodifika tionen; Phasen, in denen einTeil des Kristallgitters (eine Ionensorte) fest, eine andere flüssigist; Phasen, die durch verschiedene Ordnungszustände der atoma-ren magnetischen oder elektrischen Momente charakterisiert sind;Phasen des Elektronensystems (Normal- und Supraleitung) undnoch viele andere.

5.4.2 Phasenübergänge

Phasenübergäng e sind Reaktionen. Kann die Reaktion ungehemmtablaufen, so herrscht während des Phasenübergangs von Phase I inPhase II chemisches Gleichgewicht, es ist

m I( p, T ) =  m II( p, T )Diese Gleichung definiert einen Zusammenhang zwischen Druckund Temperatur  p =   p(T ). Stellt man die Funktion in einem  p-T -Koordinatensystem dar, so spricht man von einem  Zustands- oderPhasendiagram m. Für  p-T -Wertepaare, die auf der Koexistenz-kurve   p(T ) liegen, existieren beide Phasen nebeneinander. Außer-halb der Kurve ist nur eine einzige Phase stabil. Die   p(T )-Kurve,die die gasförmige von der flüssigen Phase trennt, heißt die

 Dampfdruckkur ve des Stoffs. Der Druck   p(T ) heißt der  Dampf-druck der Flüssigkeit bei der Temperatur T . Die Dampfdruckkur-ve endet im kritischen Punkt (bei T =  T kr und p =   pkr). Die Abbil-dungen 5.24 und 5.25 zeigen das Phasendiagramm von Wasser inzwei verschiedenen Maßstäben. In Abb. 5.26 ist das Phasendia-

gramm von Schwefel dargestellt.In Tripelpunkten haben die chemischen Potentiale von drei Phasendenselben Wert. Dies ist eine Bedingung, die   p und T  festlegt.Man kann also, wenn man einen Stoff in den Zustand bringt, indem drei Phasen koexistieren, eine bestimmte Temperatur einstel-len: einen Fixpunkt der Temperatur. Die Einheit der Temperaturhat man über den Tripelpunkt des Wassers definiert (siehe Ab-schnitt 2.4).

Tabelle 5.2 gibt Dampfdruckwerte des Wassers bei verschiedenenTemperaturen wieder. In Tabelle 5.3 sind die Dampfdruckwerteeiniger Stoffe bei 20 ˚C aufgeführt.

Ob ein Stoff bei einer bestimmten Temperatur normal- oder supra-leitend ist, hängt vom Magnetfeld ab. Abb. 5.27 zeigt das  H -T -Phasendiagramm von Blei.

89

Abb. 5.25 . Phasendiagramm von Wasser

Abb. 5.26 . Phasendiagramm von Sch wef el

Abb. 5.24. Phasendiag ramm von Wasser

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5.4.3 x- X -Diagramme

Um besser zu durchschauen, wie sich bei einem Phasenübergangdie verschiedenen Variablen ändern, betrachten wir Phasenüber-gänge gasig-flüssig in verschiedenen Darstellungen, Abb. 5.28und 5.29.

Bei fester Temperatur wird das Volumen des Gases vermindert.Dabei erhöht sich zunächst der Druck, siehe den Weg im  p-T -Dia-gramm, Abb. 5.28. Sobald dieser Weg die Dampfdruckkurve er-reicht, beginnt die Verflüssigung. Wir befinden uns im  p-V -Dia-gramm im Punkt a . Der Druck ändert sich nun trotz Volumenver-minderung nicht mehr. Die Verflüssigung schreitet fort bis imPunkt b der ganze Stoff flüssig ist. Eine weitere Volumenvermin-derung ist von einem starken Druckanstieg begleitet. Im  p-T -Dia-gramm verlassen wir die Dampfdruckkurve. Beim Übergang flüs-sig Æ gasig ändert sich das molare Volumen um einen endlichenBetrag. Dieser ist für den Stoff charakteristisch, hängt aber vonder Temperatur ab. In Tabelle 5.4 ist das molare Volumen vonflüssigem Wasser (Index F) und von Wasserdampf (Index D) fürverschiedene Temperaturen aufgelistet.

Wir führen nun der Flüssigkeit bei festem Druck Entropie zu. Da-bei erhöht sich zunächst die Temperatur, siehe den Weg im  p-T -Diagramm, Abb. 5.29. Sobald dieser Weg die Dampfdruckkurveerreicht, beginnt die Verdampfung. Im T -S -Diagramm befindenwir uns im Punkt g . Die Temperatur ändert sich nun trotz Entro-piezufuhr nicht mehr. Die Verdampfung schreitet fort, bis imPunkt d  der ganze Stoff gasförmig ist. Eine weitere Entropiezu-fuhr ist wieder von einer Temperaturerhöhung begleitet; wir ver-

90

Abb . 5.27. H-T-Phasendiagram m von Blei

Abb. 5.28 . Phasenübergang bei konstanter Tem pera tur

J (˚C)  pD (Pa)0

20613

2333406080

100

737319,9 2·103

47,3·103

101 ,3·103

150300350

4,76·105

8,59·106

1,65·107

Tab elle 5.2. Dam pfdruck von Wasser

Stoff   pD (P a)EthanolMethanol

5,88·103

1,25·104

BenzolQuecksilber

1,00·104

0,16

Tab elle 5.3. Dam pfdruck einiger Stoffe bei 20 ˚C

312

423

1,81·10 –5

1,97·10 –5

3,7 ·10 –1

6,85·10 –3

166

79

535

647 (= T kr/K)2,30·10 –5

5,66·10 –5

7,4 ·10 –4

5,66·10 –5

39

0

V F (m3 / mol) V D (m3 / mol) DS F ÆD ( Ct/mol)T (K)

Tabelle 5.4. Molares Volumen von flüssigem Wasser und Wasserdampf, sowiedie Änderun g der molaren Entropie des Wassers beim Phasenübergang

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lassen die Dampfdruckkurve im  p-T -Diagramm. Beim Übergangflüssig Æ gasig ändert sich die molare Entropie um einen endli-chen Betrag. Dieser ist für den Stoff charakteristisch, hängt abernoch von der Temperatur ab. Tabelle 5.4 enthält in der 4. Spaltediese Änderung der molaren Entropie von Wasser bei verschiede-nen Temperaturen.

5.4.4 Die Clausius-Clapeyron-Gleichung

Der Verlauf der Koexistenz-Kurve  p(T ) zwischen den Phasen Iund II steht in einfachem Zusammenhang mit den Werten von

bei der Temperatur T . Auf der Koexistenz-Kurve ist m I =  m II, alsogilt dort

und damit

Mit den Maxwellbeziehungen (4.2b) und (4.2c) wird

also

T DS nennt man die molare Verdampfungsw ärme.

S I - S II und V I - V II

d (m I - m II )dT 

= 0

∂  m I ( p,T )

∂  T +

∂ m I ( p,T )

∂   p⋅ 

dp

dT -

∂  m II ( p,T )

∂  T -

∂ m II ( p,T )

∂   p⋅ 

dp

dT = 0

- S I ( p,T ) + S II ( p,T ) + V I( p,T )- V II ( p,T )[ ]⋅ dp

dT = 0

dp

dT =

DS (T )

DV (T )Clausius - Clapeyron - Gleichung

91

Abb. 5.29. Phasenübergang bei konstantem Druck

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Beim Verdampfen nehmen die molare Entropie und das molareVolumen zu, d.h. Zähler und Nenner auf der rechten Seite derClausius-Clapeyron-Gleichung haben dasselbe Vorzeichen. Alsoist dp/dT positiv; mit zunehmendem Druck steigt die Siedetempe-ratur. Dasselbe gilt normalerweise auch für das Schmelzen, auchdie Schmelzdruckkurve hat eine positive Steigung. Wasser macht

hier allerdings eine Ausnahme, denn beim Schmelzen nimmt seinVolumen ab (obwohl die molare Entropie natürlich zunimmt). DieSchmelzdruckkurve hat also eine negative Steigung (“Anomaliedes Wassers”).

5.4.5 Verdunsten und Sieden

In einem oben offenen Gefäß befinde sich Wasser. Das chemischePotential des Wasserdampfes m D ist direkt über der Wasseroberflä-che gleich dem des flüssigen Wassers m F unterhalb der Wasser-oberfläche. Der Partialdruck des Wasserdampfes ist gleich demDampfdruck pD, Abb. 5.30. Weiter oben werden im AllgemeinenPartialdruck und chemisches Potential geringer. Es herrscht einechemische Spannung, und daher diffundiert gasförmiges Wasser

aus der Oberflächenregion weg. Damit dort das chemische Poten-tial auf dem Gleichgewichtswert bleibt, muss Wasser aus demflüssigen in den gasförmigen Zustand übergehen: Es verdunstet .

Der Partialdruck des Wassers über der Flüssigkeitsoberflächewächst mit zunehmender Temperatur. Erreicht er den Wert desLuftdrucks, so wird der Partialdruck der Luft null. Der Wasser-dampf braucht von jetzt ab nicht mehr durch die Luft hindurchzu-diffundieren, er drückt die Luft weg und strömt ungehindert nachoben weg. Der Widerstand gegen die Ausbreitung nimmt sehrstark ab, die Ausbreitung ist praktisch ungehemmt. Das Verdamp-fen geht so schnell weiter wie es der Wärmenachlieferung ent-spricht.

Man sagt, das Wasser siedet . Wird das Wasser, wie gewöhnlichauf dem Herd, von unten erhitzt, so muss der Dampf von untendurch die Flüssigkeit hindurchgelangen, er muss Blasen bilden.Damit das möglich ist, muss die Temperatur so weit steigen, bisder Dampfdruck gleich dem Druck im Wasser am Boden des Ge-fäßes wird.

Wir betrachten eine Flüssigkeit, die sich zusammen mit ihremDampf in einem geschlossenen Gefäß befindet, Abb. 5.31a. Beidehaben dasselbe chemische Potential. Abb. 5.31b zeigt die m (   p)-Kurven (bei fester Temperatur). Löst man nun in der Flüssigkeiteinen Fremdstoff, so sinkt das chemische Potential der Flüssigkeit(Vergl. Abschnitt 5.2.1) um Dm = – xRT (   x = Molenbruch des Ge-lösten). Gas und Flüssigkeit kommen aus dem chemischen Gleich-gewicht. Es wird nun solange Gas kondensieren, bis das chemi-sche Potential des Gases auf den Wert der Flüssigkeit abgesunkenist. Der Dampfdruck der Flüssigkeit hat sich also durch Zugabedes Fremdstoffs erniedrigt. Aus diesem Grunde steigt auch derSiedepunkt einer Flüssigkeit bei Zugabe eines Fremdstoffs. Ausdem gleichen Grund sinkt der Schmelzpunkt, wenn man in eineFlüssigkeit einen Fremdstoff tut, etwa Salz in Wasser.

5.4.6 Lösungen

Auch der so genannte Bodenkörper und das Gelöste bilden zweiPhasen, zwischen denen ein Übergang stattfinden kann, Abb.5.32a. Auch hier kommt der Übergang zum Stillstand, wenn diechemischen Potentiale gleich sind, wenn also

92

Abb. 5.30. Das chemische Potential des Was ser-dampfes unmittelbar über der Wasseroberflächeist gleich dem des flüssige n Wassers.

Abb. 5.31. (a) Wird in einer Flüssigkeit einFremdstoff gelöst, so nimmt das chemische Po-tenti al der Flüssigk eit ab. (b) m - p-Diagramm

a

b

Abb . 5.32. (a) Bod enkörper und Gelöstes strebendem chemischen Gleichgewicht zu. (b) Zweinicht mischbare Flüssigkeiten. Die flüssige Pha-se des einen Sto ffs stellt das Vakuum für die gas-

förmig e Phase des ande ren Stoffs dar.

a

b

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m Bodenkörper = m Gelöstes

ist. Ein ähnliches System bilden zwei nicht mischbare Flüssigkei-ten A und B, Abb. 5.32b.

Nicht mischbar heißt keineswegs, dass in der Flüssigkeit A nichtsvon Stoff B, und dass in Flüssigkeit B nichts von Stoff A enthal-ten ist. In A ist eine geringe Menge B gelöst, und in B eine gerin-ge Menge A. Das in A gelöste B ist die “Gasphase” des flüssigenB und das in B gelöste A ist die “Gasphase” des flüssigen A.

Die Flüssigkeit X stellt jeweils das “Vakuum” für das Gas desStoffs Y dar. Der osmotische Druck ist hier ein “Dampfdruck”.Auch hier gibt es eine kritische Temperatur T kr. Oberhalb T kr sinddie beiden Phasen jedes Stoffs nicht mehr voneinander zu unter-scheiden, die beiden Stoffe werden mischbar.

5.5 Reale Gase

5.5.1 Der kritische Punkt

Ein Gas befolgt die Zustandsgleichung pV = nRT  nur, solange r nklein und T groß ist.

Abb. 5.33 zeigt die Isothermen von CO2 im  p-V -Diagramm unddie Isobaren im T -S -Diagramm für Bedingungen, unter denen CO2

nicht mehr ideal ist. Unterhalb der gestrichelten Grenzkurven exi-stieren Flüssigkeit und Gas gleichzeitig. Bewegt man sich auf ei-ner Isotherme (oberes Teilbild) von rechts nach links, so tritt manin einem Punkt b  in dieses Koexistenzgebiet ein. Der Anteil Gasvermindert sich dann immer mehr zugunsten der Flüssigkeit. ImPunkt a ist der Phasenübergang abgeschlossen, der ganze Stoff istflüssig. Die Isotherme steigt hier steil an, denn die Kompressibili-tät der Flüssigkeit ist sehr gering. Die zu hohen Temperaturen ge-hörenden Isothermen durchqueren dieses Gebiet nicht. Bei diesen

Temperaturen ist eine Unterscheidung zwischen Gas und Flüssig-keit nicht mehr möglich. Die Temperatur, von der ab ein Phasenü-bergang existiert, heißt kritische Temperatur. Der Druck, bei demdie Isotherme der kritischen Temperatur das Koexistenzgebiet be-rührt, heißt kritischer Druck pk. Wasserdampf in einem Zustandinnerhalb der Grenzkurve heißt Nassdampf..

5.5.2 Die Van-der-Waals -Gleichung

Ein Gas, für das die Zustandsgleichung des idealen Gases nichtmehr gilt, lässt sich außerhalb der Grenzkurve näherungsweisedurch eine etwas kompliziertere Zustandsgleichung beschreiben,die Van-der-Waals-Gleichung:

a und b sind zwei das individuelle Gas charakterisierende Kon-stanten. In Abb. 5.34 ist der Verlauf der Isothermen nach der Van-der-Waals-Gleichung eingezeichnet.

5.5.3 Adiabatische Strömung eines realen Gases - der Joule-Thomson-Effekt

Wir betrachten die stationäre Strömung eines realen Gases durchein Rohr mit einem dissipativen Widerstand (Vergleiche Ab-

 p +a

V 2

ÊËÁ

ˆ¯˜ ⋅ (V - b) =  RT 

93

Abb. 5.33. Kohlenstoff dioxid: Isothermen im p-

V-Diagramm und Isobare n im T-S-Diagramm

Abb. 5.34. Isothermen nach der Van-der-Waals-Gleichung

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schnitt 5.3.2) und fragen nach der Temperaturänderung des Gases.Um den Beschleunigungseffekt, der in Abschnitt 5.3.2 behandeltwurde, auszuschließen, erweitert sich das Rohr am Widerstand so,dass die Strömungsgeschwindigkeit davor und dahinter dieselbeist. Wir fragen also danach, welche Änderung dT der Temperaturbei einer gegebenen Druckänderung dp bei H = const entsteht, d.h.

nach

Dazu brauchen wir

Wir gehen aus von

Vergleich mit

liefert

Wir drücken nun die gesuchten Ableitungen in (5.17) durch diebekannten in (5.18) unter Zuhilfenahme der Regeln der Differenti-alrechnung und einer Maxwellbeziehung aus:

Damit wird

Mit

folgt daraus die gesuchte Temperaturänderung:

Für ein ideales Gas ist a = 1/T , die Temperaturänderung also, wieschon in Abschnitt 5.3.2 berechnet, null. Im Allgemeinen ist derAusdruck (5.19) für ein Gas für hohe Temperaturen negativ, d.h.Entspannung des Gases hat eine Temperaturerhöhung zur Folge.Für niedrige Temperaturen ist (5.19) positiv: Entspannung des Ga-ses ist von einer Temperaturerniedrigung begleitet. Bei der Inver-sionstemperaturT i  = 1/a bleibt die Temperatur unverändert, Ta-

belle 5.5.Wir berechnen die Inversionstemperatur für ein Van-der-Waals-Gas. Es ist

∂  T ( ˆ H , p)

∂   p

d ˆ H (T , p) =∂  ˆ H (T , p)

∂   pdp +

∂  ˆ H (T , p)

∂  T dT  (5.17)

d ˆ H = Td S + V dp

d ˆ H (S , p) =∂  ˆ H (S , p)

∂  S d S +

∂  ˆ H (S , p)

∂   pdp

∂  ˆ H (S , p)

∂  S = T 

∂  ˆ H (S , p)

∂   p= V  (5.18)

∂  ˆ

 H (T , p)∂   p

= º = V + T ∂  ˆS (T , p)∂   p

= V - T ∂  ˆ

V (T , p)∂  T 

= V - T V a = V (1- T a )

∂  ˆ H (T , p)

∂  T = T 

∂  S (T , p)

∂  T = c p

d ˆ H (T , p) = V (1- a T )dp + c pdT 

ˆ H (T , p) = 0

∂  T ( ˆ H , p)

∂   p=

V (a T -1)

c p

(5.19)

94

Stoff  T i (K)H2

He22435

O2

N2

1041866

Tabelle 5.5. Inversionstem-peraturen eini ger Stoffe

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Wir berechnen pi aus der Van-der-Waals-Gleichung

und setzen ein:

Nach T i aufgelöst ergibt sich

Für nicht zu hohe Gasdichten ist

und die Inversionstemperatur wird unabhängig vom molaren Vo-lumen:

Die Abkühlung eines sich entspannenden Gases bei E +   pV = const nennt man Joule-Thomson- Effekt . Man nützt ihnim Linde-Verfahren zur Luftverflüssigung aus.

5.6 Das Lich t-Gas

5.6.1 Thermische Strahlung

Unter den Zuständen des elektromagnetischen Feldes gibt es sol-che, die mit Hilfe sehr weniger Variablen beschrieben werdenkönnen, z.B.

- homogenes elektrisches Feld;

- ebene elektromagnetische Welle.

Eine andere Klasse von Zuständen, die mit ganz wenigen Varia-blen charakterisiert werden können, stellt die thermische Strah-

lung dar. Die Variablen, mit denen man sie zweckmäßigerweisebeschreibt, sind die in der Thermodynamik üblichen: Energie, En-tropie, Volumen, Temperatur, Druck und chemisches Potential.Wir nennen die thermische Strahlung auch thermisches Licht oderWärmestrahlung. Da die Lichtteilchen, die Photonen, in einemleeren Kasten frei herumfliegen können, bezeichnen wir Lichtauch als ein Gas. Thermische Strahlung befindet sich in jedemleeren Behälter, dessen Wände elektromagnetische Strahlung ab-sorbieren. Jeder Körper, der elektromagnetische Strahlung absor-biert, emittiert auch elektromagnetische Strahlung. Im thermi-schen Gleichgewicht zwischen Wand und Strahlung absorbiert dieWand genauso viel Strahlung wie sie emittiert, und die Strahlunghat dieselbe Temperatur wie die Wand. Absorbiert die Wand desBehälters Strahlung jeder Wellenlänge, ist die Wand also schwarz,

so nennt man die Strahlung im Behälter schwarze Strahlung.

T i =1

a =

1

1

∂  V (T , p)

∂  T 

= V ∂  T ( p,V )

∂  V =

 R-

2a

V 3 (V - b) + pi +

a

V 2

È

Î͢

˚

 pi = RT i

V - b-

a

V 2

T i =V 

 R-

2a

V 3

(V - b) + RT i

V - b-

a

V 2

+a

V 2

È

Î͢

˚

T i =2a(V - b)2

 RbV 2

V >> b

T i =2a

 Rb

95

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Schwarze Strahlung kann sich auch in einem Behälter mit spie-gelnden Wänden befinden. Damit Strahlung durch eine einzigeTemperatur beschrieben werden kann, muss sie mit sich selbst imthermischen Gleichgewicht sein. Dass das geschieht, kann man er-reichen durch ein winziges Staubkörnchen, das Licht jeder Fre-quenz absorbiert und emittiert. Wir denken uns das Staubkörnchen

so klein, dass sein Wärmeinhalt klein ist gegen den der Strahlung,so dass seine Energie und seine Entropie in die Bilanzen nicht auf-genommen zu werden brauchen. Schwarze Strahlung von 300 Kist unsichtbar, sie liegt im Infrarot-Bereich. Das Licht von derSonne ist auch “schwarz”. Es hat, wie die Sonnenoberfläche, eineTemperatur von etwa 6000 K. Abb. 5.35 zeigt die Spektren vonschwarzer Strahlung verschiedener Temperaturen.

Wir werden zur Beschreibung des Lichts Verfahren benutzen, diewir auch auf materielle Gase angewendet haben. Wir müssen da-bei zunächst von einigen Prozessen absehen, die einem beim Lichtnatürlich erscheinen: Wir werden zunächst keinen freien Licht-strahl (etwa von der Sonne zur Erde) betrachten – dieser entsprichteinem freien Gasstrahl ins Vakuum. Wir werden auch keine selek-

tiv absorbierenden oder reflektierenden Wände betrachten. WennLicht eine bestimmte Wellenlänge hat, so haben die Lichtteilchen(Photonen) einen bestimmten Impuls. Ein Farbfilter, das Licht ei-ner einzigen Wellenlänge durchlässt, lässt Lichtteilchen eines be-stimmten Impulses durch. Dem entspricht beim materiellen Gaseine Vorrichtung, die Moleküle eines bestimmten Impulses durch-lässt.

Ein Problem beim Umgang mit Licht besteht darin, dass die Mes-sung einiger für seine Beschreibung wichtiger Größen schwierigist: Der Druck ist normalerweise sehr gering und nur schwermessbar. Die Temperatur ist schwer zu messen, da die Entropie-dichte des Lichts normalerweise sehr klein ist. Außerdem ist esbei Licht im Gegensatz zum materiellen Gas nahezu unmöglich,

im Labor einen Prozess mit n = const durchzuführen.

5.6.2 Die Entropie des Lichts

Dass Licht Entropie hat und dass ein Lichtstrom von einem Entro-piestrom begleitet ist, erkennt man leicht an dem Experiment vonAbb. 5.36. Erfahrungsgemäß kommen die beiden Körper A und Bdadurch ins thermische Gleichgewicht, dass Strahlung vom Kör-per höherer Temperatur zum Körper niedrigerer Temperatur fließt.Da T A abnimmt, nimmt auch die Entropie S A von Körper A ab.Weil Entropie nicht vernichtet werden kann, und außer über dieStrahlung keine Verbindung besteht, über die Entropie von KörperA abfließen könnte, muss die Entropie mit der Strahlung wegflie-ßen.

5.6.3 Die Temperatur des Lichts

Licht, das von einem Körper emittiert wird, hat dieselbe Tempera-tur wie der Körper. So hat das Licht, das von der Oberfläche derSonne kommt, die Temperatur der Oberfläche der Sonne, nämlichetwa 6000 K. Diese Aussage klingt allerdings sehr unplausibel:Wenn Sonnenlicht diese Temperatur hat, – müsste dann nicht al-les, was der Sonnenstrahlung ausgesetzt ist, sofort verbrennen?Und wenn Sonnenlicht diese Temperatur hat, dann müsste man siedoch auch messen können, indem man ein Thermometer ins Son-nenlicht stellt.

Wir wollen das Problem der Messung der Temperatur des Lichtsdiskutieren. Um die Temperatur eines Körpers oder eines anderen

96

Abb. 5.36. Die Temperatur des linken Körpersnimmt ab. Daher muss die Strahlung Entropietransportieren.

Abb. 5.35. Spektren von schwarzer Strahlungverschie dener Temperaturen

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Systems zu messen, muss das System in thermischem Kontakt mitdem verwendeten Thermometer gebracht werden. Wenn man nunein Thermometer in die Sonnenstrahlung hält, so ist das Thermo-meter außer mit dem Licht auch noch mit der Luft im thermischenKontakt. Wessen Temperatur wird es also anzeigen?

Die Situation ist ähnlich wie die in Abb. 5.37 dargestellte, bei der

versucht wird, die Spannung von zwei verschiedenen Batteriengleichzeitig mit einem einzigen Voltmeter zu messen. Was dasVoltmeter anzeigt, ist nicht leicht vorauszusagen. Auf jeden Fallwird es einen Kompromiss zwischen den Leerlaufspannungen derbeiden Batterien machen. Zu wessen Gunsten der Kompromissausgeht, hängt von den Innenwiderständen der Batterien ab.

Bei unserem Thermometer geht der Kompromiss klar zu Gunstender Luft aus. Man kann sich nun dadurch zu helfen versuchen,dass man das Thermometer in einem durchsichtigen, evakuiertenBehälter unterbringt, Abb. 5.38. Der Temperaturwert, den es nunanzeigt, ist aber immer noch weit entfernt von den erwarteten6000 K. Das ist normal, denn wir haben noch etwas übersehen.Tatsächlich macht das Thermometer wieder einen Kompromiss:

Außer mit dem Sonnenlicht, steht das Thermometer nämlich nochim thermischen Kontakt mit Strahlung aus der Umgebung, d.h.Strahlung, die Umgebungstemperatur hat. Und während die Son-nenstrahlung nur aus einem sehr kleinen Raumwinkelbereich auf das Thermometer fällt, kommt die 300 K-Strahlung aus einemsehr großen Bereich. Es ist also ganz normal, dass auch diesmaldie Messung sehr zu Gunsten der Umgebungstemperatur ausgeht.

Wie kann man nun aber die Temperatur des Sonnenlichts messen?Man muss einfach dafür sorgen, dass auf das Thermometer Son-nenlicht nicht nur aus einem engen Raumwinkelbereich kommt,sondern aus allen Richtungen, und das erreicht man mit Hilfe vonLinsen und Spiegeln, Abb. 5.39. Wenn, vom Thermometer aus,die Sonne in allen Richtungen zu sehen ist, so wird es auch die

Temperatur der Sonne anzeigen (Unsere normalen Thermometersind hierfür natürlich nicht mehr geeignet.)

5.6.4 Das chemische Potential des Lichts

Wir betrachten einen spiegelnden Behälter mit einem Staubkörn-chen, der mit einer Strahlung gefüllt ist, deren chemisches Potenti-al zunächst ungleich null ist. Da der Behälter ein festes Volumenhat und energetisch isoliert ist, bleibt von der gibbsschen Funda-mentalform:

0 = T dS + m dn

Wegen des Staubkörnchens kann sich nun die Menge n verändern.

Eine solche Veränderung wird eintreten, wenn dabei die Entropiezunimmt, und zwar solange bis S nicht weiter zunimmt, bis also

null wird. Das ist dann der Fall, wenn m = 0 geworden ist (daschemische Potential hängt von n ab). Das so entstandene Licht mitm = 0 ist die schwarze Strahlung.

Für schwarze Strahlung ist m = 0.Es gibt auch thermische Strahlung, also Licht einer einheitlichen

dS = -m 

T dn

97

Abb. 5.37. Man versucht, mit einem Voltmeterdie Leerlaufspannungen von zwei Batteriengleichzeitig zu messen.

Abb. 5.38. Der thermische Kontakt mit der Luf twurde unterbunden, aber das Sonnenlicht kommtnur aus einem sehr kleinen Raumw inkelbereich .

Abb. 5.39. Das Sonnenlicht kommt aus allenRich tungen.

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Temperatur, mit m   ≠ 0. Man erhält sie, wenn man Licht insGleichgewicht mit einem anderen System setzt, dessen chemi-sches Potential ungleich null ist, z.B. dem angeregten Elektronen-system eines Halbleiters (Elektronen + Löcher). ThermischeStrahlung mit m  ≠ 0 nennen wir nicht schwarze Strahlung.

5.6.5 Die Größe StrahldichteWir suchen eine Größe, mit der man ein Lichtfeld beschreibenkann. Wir sind es gewohnt, Felder zu beschreiben durch die Ver-teilung von physikalischen Größen im Raum, genauer: im Orts-raum. So beschreibt man etwa ein elektrisches Feld durch dieräumliche Verteilung des elektrischen Potentials j ( x, y, z), oderein materielles Gas durch die räumliche Verteilung seiner Tempe-ratur T ( x, y, z) und seines Drucks p( x, y, z).Bei einem Lichtfeld interessiert nun nicht nur die Lichtmenge an

  jedem Ort, sondern an jedem Ort auch noch die Verteilung desLichts auf die verschiedenen Richtungen. Die Feldgröße, die wirzur Beschreibung des Lichts benutzen, die Strahldichte, ist also ei-ne Funktion des Ortes und der Richtung. Wir nehmen als Maß für

die Lichtmenge die Energie des Lichts und definieren die Strahl-dichte L E über:

P ist die Energiestromstärke, d W das Raumwinkelelement und d  Adas Flächenelement. Die Strahldichte L E ist also die Energiestrom-stärke pro Fläche und Raumwinkel oder die Energiestromdichtepro Raumwinkel.Man kann sich von L E  leicht eine Anschauung bilden, indem manein Messverfahren für die Größe betrachtet, Abb. 5.40. Das Gerätmisst die Strahldichte am Ort der Linse, durch die das Licht in das

Gerät eintritt. Es misst die Strahldichte für das Licht derjenigenRichtung, in die die optische Achse des Geräts weist. Durch Dre-hen des Geräts an einem festen Ort erhält man die Strahldichte andiesem Ort als Funktion der Richtung. Durch Parallelverschiebenerhält man die Strahldichte einer gegebenen Richtung für ver-schiedene Orte.Bewegt man das Gerät parallel zu seiner optischen Achse, d.h. pa-rallel zu einem Lichtstrahl, so ändert sich seine Anzeige nicht

 – falls das Licht in dem Raum weder gestreut noch absorbiertwird. Die Strahldichte ist also auf einem Lichtstrahl konstant. Derangezeigte Wert macht daher auch eine Aussage über das Flä-chenelement, von dem der Lichtstrahl ausgeht. Man nennt L E da

her auch die “Flächenhelligkeit”.

Wir betrachten nun einen mit Licht gefüllten Behälter und suchenden Zusammenhang zwischen L E  und der Energiedichte r  E . Wirführen zunächst die Größe r  E ' ein, definiert durch

r  E ' (J , j )d W  ist also die Energiedichte der Strahlung, die in dasRaumwinkelelem ent d W der Richtung (J , j ) läuft.Wir nehmen nun an, die Strahlung in unserem Behälter sei isotrop,d.h. r  E ' unabhängig von J und j . Dann lässt sich (5.20) aufinte-grieren:

r  E = 4p r  E '. (5.21)

P =  L E  d W d  A

 Ú  A

 Ú 

r  E  = r  E ¢ (J ,j )d W  Ú  (5.20)

98

Abb. 5.40. Zur Messung der Strahldichte. DasGerät misst die Str ahldichte am Ort der Eintritts -öff nung und für die Richtung der optischen Ach -se des Geräts.

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Nun gilt für die Energiestromdichte  j  E  von elektromagnetischerStrahlung einer einzigen Richtung  j  E = c · r  E , also in unserem Fall

 L E d W = c · r  E ' · d W oder L E = c · r  E ' ·

Daraus wird mit Gleichung (5.21)

Man kann als Maß für die Lichtmenge statt der Energie auch dieEntropie nehmen. Man kann so eine Entropiestromdichte proRaumwinkel LS  definieren, und man erhält für die Entropiedichter S  in dem mit isotropem Licht gefüllten Behälter

Wir betrachten nun einen Behälter, in dem sich schwarze Strah-lung befindet. Wir fragen danach, wie viel Energie durch eine Öff-

nung der Fläche A aus dem Behälter heraus in ein Raumwinkelele-ment d W der Richtung J fließt, Abb. 5.41. Mit d W · d A =  d W  d Acos J wird

Der Energiestrom dP(J ) in ein Raumwinkelelement d W , das inder Richtung J liegt, ist um den Faktor cos  J kleiner als der, derin ein gleich großes Raumwinkelelement senkrecht zur Flächeströmt. Diese Aussage ist unter dem Namen  Lambertsches Gesetzbekannt.Für die uns interessierende isotrope Strahlung kann L E  vor das In-tegral gezogen werden, und mit d W = sin J d J d j (j = Azimut)wird

Dividiert man diesen Ausdruck durch die Fläche A, so erhält manden Betrag der Energiestromdichte.

 j  E =   L E  p Mit Gleichung (5.22) ergibt sich die Beziehung zwischen derEnergiedichte r  E  im Behälter und der Energiestromdichte  j  E  desdurch eine Öffnung austretenden Lichts:

Für die Entropiestromdichte erhält man auf analoge Art

r  E  = 4p c

 L E  (5.22)

r S  =4p 

c LS  (5.23)

P =  L E 

d Wd  A

 Ú  =

 A

 Ú   L E 

cosJ d W dA

 Ú  =

 A

 Ú   A L E 

cosJ d W 

 Ú oder

dP(J ) = AL E cosJ d W 

P = AL E  sinJ cosJ d J 

0

p / 2

 Ú 1 / 2

1 24 4 34 4 

d j 

0

2p 

 Ú 2p {

= AL E p 

 j  E  =c

4r  E  (5.24)

 j S  =c

4r S  (5.25)

99

Abb . 5.41. Zum lam bertschen Gesetz

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5.6.6 Das Stefan-Boltzmann-Gesetz

Die Energiestromstärke pro Fläche des von einem schwarzenStrahler emittierten Lichts hängt nur von der Temperatur desStrahlers ab. Es wurde experimentell gefunden

 j  E =  s T 4 mit s = 5,670 · 10-8 Wm-2K- 4 (5.26)

Diese Beziehung heißt Stefan-Boltzman n-Gesetz, s  ist die Stefan-Boltzmann-Kon stante.

Mit Gleichung (5.24) folgt

Wir benutzen die Abkürzung

und erhalten

r  E =  aT 4 (5.28)

Daraus folgt

 E =  aVT 4 (5.29)

Außerdem wird mit (5.22)

In Worten: Energiedichte, Strahldichte und Gesamtenergie in ei-nem schwarzen Strahler gehen mit der 4. Potenz der Temperatur.

5.6.7 Druck und Entropie der schwarzen Strahlung als Funk-

tion der TemperaturWir betrachten die schwarze Strahlung in einem Zylinder, dessenWände schwarz sind und sich auf der Temperatur T  befinden,Abb. 5.42. Wir wählen als unabhängige Variablen T und V . Wirdder Kolben nach rechts verschoben, so emittiert die schwarzeWand stärker als sie absorbiert, und zwar gerade so, dass das neugebildete Volumen mit Strahlung derselben Dichte gefüllt wird,wie sie die Strahlung vorher hatte.

Aus der gibbsschen Fundamentalform für die schwarze Strahlung,d.h. für Strahlung mit m = 0

dE =  T dS  –   p dV 

wird

Mit Gleichung (5.29) wird

dE (T, V ) = 4aVT 3 dT + aT 4 dV 

Durch Einsetzen in die vorangehende Gleichung ergibt sich

r  E  =4s 

cT 

4

a =4s 

c= 7, 566 ⋅ 10-16 Jm-3K-4 (5.27)

 L E  =s 

p T 

4

dS =1

T dE +

 p

T dV 

dS (T ,V ) = 4aVT 2dT + aT 

3dV +

 p

T dV 

= 4aVT 2dT + aT 3 + p

ÊËÁ

ˆ¯˜ dV 

100

Abb. 5.42. Beim Herausziehen des Kolbensemittiert die schwarze Fläche Licht, so dass die

Dichte der Strahlu ng im Zylinder gleich bleibt.

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Vergleich mit

ergibt

Partielle Ableitung der ersten Beziehung nach V und der zweitennach T , und Gleichsetzen liefert:

und daraus wird:

Diese Differentialgleichung hat die Lösung

Also auch der Druck von schwarzer Strahlung geht mit der 4. Po-tenz der Temperatur. Mit Gleichung (5.28) wird auch

Wir schließen noch eine Plausibilitätsbetrachtung an, die dasselbeErgebnis liefert.

Wir zerlegen die Strahlung in einem rechteckigen Behälter in 6Anteile, die je auf eine der Wände zulaufen. Jedem Anteil ent-spricht eine Impulsstromdichte, die nach der Maxwelltheoriegleich der Energiedichte ist:

 j  pi =  r  Ei

Mit  r  Ei = r  E /6 wird

 j  pi =  r  E /6.

Der in die reflektierende Wand fließende Impulsstrom ist doppeltso groß wie der der einfallenden Strahlung, also

 p = 2 j  pi =  r  E /3,

also derselbe Ausdruck wie (5.32).

Wir suchen nun noch die Entropiedichte

der schwarzen Strahlung. Mit (5.30) und (5.31) wird

Daraus folgt die Gesamtentropie

dS (T ,V ) =∂  S (T ,V )

∂  T dT +

∂  S (T ,V )

∂  V dV 

∂  S (T ,V )∂  T 

= 4aVT 2 und∂  S (T ,V )

∂  V = aT 3 +

 p

T (5.30)

4aT 2 = 3aT 

2 +1

dp

dT -

 p

T 2

aT 3 =

dp

dT -

 p

 p =a

3T 

4 (5.31)

 p =r  E 

3(5.32)

r S (T ) =∂  S (T ,V )

∂  V 

r S (T ) =4

3aT 3 (5.33)

S =4

3aVT 

3

101

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Die Temperaturabhängigkeit der Entropie ist also dieselbe wie diedes Phononengases im Festkörper, Abschnitt 5.2.2.

Mit Gleichung (5.23) folgt noch

Schließlich können wir noch den Zusammenhang zwischen Ener-gie und Entropie angeben:

5.6.8 Isotherme, isentrope und isoenergetische Expansion desLichts

 Isotherme Expansion, Abb. 5.43

Der Kolben wird bewegt. Das Wärmereservoir sorgt für T = const.Mit den Ergebnissen des vorigen Abschnitts wird:

 E  µ V S  µ V r  E = constr S = const

 p = const

 Isentrope Expansion, Abb. 5.44

Die spiegelnden Wände sorgen für S = const. Bei der Expansionbleibt das Licht thermisch. Mit den Ergebnissen des vorigen Ab-schnitts folgt:

V · T 3 = const p · V 4/3 = const E/T = const

 Isoenergetische Expansion, Abb. 5.45

Dies ist das Analogon zum Gay-Lussac-Versuch. Zuerst befindetsich nur im linken Behälter Licht. Dann wird die Verbindung nachrechts hergestellt. Mit den Ergebnissen des vorigen Abschnittswird:

V · T 4 = constS · T = const

 p · V = const

Bei dieser Entspannung nimmt nach der ersten Beziehung T  ab.Mit der zweiten folgt dann, dass S zunimmt, wie es wegen des 2.Hauptsatzes auch sein muss.

5.6.9 Die kosmische Hintergrundstrahlung

Die beiden letzten der im vorigen Abschnitt beschriebenen Pro-zesse sind im Labor nicht zu realisieren, da auch die besten Spie-gel noch so stark absorbieren, dass das Licht immer im thermi-schen Gleichgewicht mit der Zylinderwand ist. Dagegen ist dieisentrope Expansion in der Natur realisiert: Das Universum expan-diert, und dabei kühlt sich das Licht, das den Kosmos erfüllt und800 000 Jahre nach dem Urknall eine Temperatur von 3000 K hat-te, immer weiter ab. Seine Temperatur beträgt heute 2,7 K. Eswird als kosmische Hintergrundstrahlung bezeichnet.

 LS  =c

3p aT 

3

 E (S ,V ) = 0, 681⋅ S 4

aV 3

102

Abb. 5.45. Zur isoenergetischen Expansion desLichts

Abb . 5.44. Zur isentropen Expans ion des Lichts

Abb . 5.43. Zur isothermen Expansion des Lichts

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5.6.10 Das Gas-Kondensat-Analogon

Die Tatsache, dass bei der isothermen Expansion oder Kompres-sion des Lichts, Abb. 5.43, die Werte aller intensiven Variablenkonstant bleiben und die Werte der mengenartigen Größen propor-tional zum Volumen sind, kennen wir vom materiellen Gas her:Ein materielles Gas verhält sich genauso, wenn es im Gleichge-

wicht mit seinem Kondensat steht. Die schwarzen Wände imLichtexperiment entsprechen dem Kondensat. Beim Vergrößerndes Volumens kommt aus den Wänden neues Licht heraus, beimVerkleinern verschwindet es darin. Das Licht reagiert mit derWand, genauer: mit dem Elektronen- und Phononensystem derWand, und die chemischen Potentiale von Licht und Wand sindimmer gleich (und gleich Null). Gleichung (5.31) entspricht indiesem Bild der Dampfdruckkur ve.

5.6.11 Licht, dessen chemisches Potential ungleich null ist

Um thermische Strahlung mit m ≠ 0 zu erzeugen, bringt man Lichtins chemische Gleichgewicht mit Reaktionspartnern, deren chemi-

sches Potential ungleich null ist. Es eignet sich z.B. die Reaktione + h ´ g

e und h sind Elektronen bzw. Defektelektronen (Löcher) in einemHalbleiter, g steht für Licht. Im Gleichgewicht ist

m e + m h = m g  

Die Werte von m e und m h sind aus der Festkörperphysik bekannt.Will man einen Lichtstrahl mit m ≠ 0 erzeugen, so muss man vondem einen Reaktionspartner, nämlich von g, ständig etwas weg-nehmen. Damit die Konzentration der Elektronen und Löcher er-halten bleibt, muss man daher ständig neue erzeugen. Das geht

z.B. durch “Pumpen” mit einer anderen Lichtquelle, etwa mit Son-nenlicht. Der ganze Vorgang läuft ab in einem lumineszierendenFestkörper, Abb. 5.46. Das einfallende Licht hat eine hohe Tem-peratur, aber m = 0. Das abgegebene Licht hat die Temperatur desFestkörpers, also T ª 300 K, aber sein chemisches Potential istgrößer als null. Der Festkörper lädt also Energie um – vom TrägerEntropie auf den Träger Menge.

Statt mit Licht kann man auch elektrisch “pumpen”. Das geschiehtin einer Lumineszenzdiode. Auch dieses Licht hat also T ª 300 Kund m > 0.

5.6.12 Energietransport mit thermischer StrahlungZwei schwarze Strahler mit verschiedenen Temperaturen T 1 undT 2 befinden sich in einem spiegelnden Kasten, so dass die Strah-lung, die der eine emittiert, entweder auf den emittierenden Kör-per zurückfällt, oder vom anderen Körper absorbiert wird, Abb.5.47.

Der resultierende Energiestrom zwischen den Körpern ist dieSumme aus einem vom rechten zum linken fließenden und aus ei-nem vom linken zum rechten fließenden. Das Analoge gilt für denEntropiestrom. Sind die Temperaturen T 1 und T 2 nicht sehr unter-schiedlich, ist also DT = T 2  – T 1 <<  T 2 =  T , so erhält man mit(5.26) und (5.27)

103

Abb. 5.47. Die Strahlung, die der eine Körperemittier t, wird entweder von ihm selb st oder vomanderen Kör per absorbiert.

Abb. 5.46. In dem lumineszierenden Körpernimmt die Temperatur des Lichts ab und daschemisch e Potential zu.

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und mit (5.25) und (5.33)

Für den resultierenden Strom gilt also der Zusammenhang

 j  E =  T · j S 

5.6.13 Das kirchhoffsche Strahlungsgesetz

Man nennt

den Absorptionsgrad eines Körpers. Zwei Körper A und B glei-cher Temperatur stehen sich gegenüber in einem evakuierten Be-hälter mit spiegelnden Wänden, Abb. 5.48. Körper A sei“schwarz”, er absorbiert alle Strahlung, d.h. a A = 1. Körper B seinicht schwarz, er absorbiert nur einen Teil des ankommendenLichts und wirft den Rest zurück. Wir nennen  j  E A und  j  E B dieStromdichte der Energie, die aus A bzw. B herausfließt. Damit giltfür den Energiestrom im Zwischenraum- von links nach rechts:  j  E Æ =  j  E A

- von rechts nach links:  j  E  = j  E B + (1 –  a B) j  E A

Nun darf netto keine Energie zwischen A und B fließen, denn daswürde bedeuten, dass die Entropie der ganzen Anordnung ab-nimmt. Also ist j  E Æ =  j  E 

und damit j  E B =  a B ·  j  E A

Wir nennen nun j  E A =  j  E,schwarz , lassen den Index B weg, und er-halten

Der Quotient aus der Energiestromdichte der emittierten Strahlungund dem Absorptionsgrad ist für alle Körper derselbe. Er hängtnur von der Temperatur ab. Man kann vor jeden der beiden Kör-per noch ein Farbfilter stellen, das Strahlung einer einzigen Fre-quenz n  durchlässt, und den Rest zurückwirft. Dieselbe Überle-gung wie oben zeigt dann, dass die gerade hergeleitete Beziehung

für jede Frequenz einzeln gilt:

oder

Dies ist das kirchhoffsche Gesetz.

 j  E  =  j  E 2 -  j  E 1 =c

4a(T 2

4 - T 14) ª caT 

3DT 

 j S  =  j S 2 -  j S 1 =c

3

a(T 23 - T 1

3 ) ª caT 2DT 

a =absorbierter Energiestrom

einfallender Energiestrom

 j  E 

a =  j  E , schwarz

dj  E  / d n 

a = dj  E , schwar z / d n 

dj  E  / d n 

a =  f (T ,n )

104

Abb. 5.48. Körper A ist schwarz, er absorbiertalle Strahlung, Kör per B nicht.

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6. Thermische Maschinen6.1 Überb lickWir befassen uns mit Geräten und Maschinen, in denen Entropie S von einer hohen Temperatur T 2 auf eine niedrige Temperatur T 1

gebracht und dafür das Potential x einer anderen extensiven Größeerhöht wird, und mit Maschinen, in denen das Umgekehrte pas-siert: das Potential einer Größe X nimmt ab, und dadurch wird En-tropie von niedrigem auf hohes thermisches Potential T gehoben.Solche Maschinen können schematisch dargestellt werden wie esdie Abbildungen 6.1a und 6.1b zeigen. Die nach unten wegflie-ßende Entropie ist die unbeabsichtigt erzeugte Entropie. Ist derTräger der herausfließenden Energie der Drehimpuls, so sprichtman von Wärmekraftmas chinen oder Wärmemotoren. Bei der So-larzelle, beim Thermoelement und beim MHD-Generator ist derTräger der herausfließenden Energie die elektrische Ladung.

Der Name einer Maschine umfasst oft mehr als den der Abbildung6.1 entsprechenden Teil. So meint man mit der Wärmekraftma-

schine Ottomotor bekanntlich eine Maschine, in die die Energiemit Benzin + O2 hineinfließt, Abb. 6.2. Die Entropie wird erst in-nerhalb des Motors erzeugt, und das Schema von Abbildung 6.1arepräsentiert nur einen Teil des Motors. Maschinen vom Typ derAbbildung 6.1b heißen Wärmepumpen . Wärmepumpen werdenzum Heizen und zum Kühlen benutzt. Bei einem speziellen Typder Wärmepumpe ist der Energieträger auf beiden Seiten die En-tropie: beim Absorberkühlschrank, Abb. 6.3. Seine Funktion ent-spricht der des elektrischen Trenntransformators.

6.2 Warum man Wärmek raftmasch inen benutz tIn Fahrzeugen braucht man drehimpulsgetragene Energie. Für die

Verteilung auf viele kleine Verbraucher eignet sich vor allemelektrizitätsgetragene Energie. Von den natürlichen Quellen be-kommen wir die Energie aber mit anderen Energieträgern.

Unsere Energiequellen sind zweierlei Natur.

1) Die unerschöpflichen Quellen: Man zapft einen natürlichenEnergiestrom an. Man tut das in Wasser-, Wind- und Solarkraft-werken.

2) Die erschöpflichen Quellen: Auf der Erde hat sich in Prozessen,die Milliarden von Jahren gedauert haben, Energie angesammelt.Diese Lager werden zur Zeit geleert, und zwar, auf einer histori-schen Zeitskala betrachtet, sehr schnell. Sie stellen zur Zeit, abernatürlich nicht mehr lange, die wichtigste Energiequelle des Men-

schen dar.Man geht nun mit der Energie nicht nur insofern verschwende-risch um, als man die natürlichen Energiespeicher rücksichtslosentleert, sondern auch als man die Energie mit einem sehrschlechten Wirkungsgrad von den Energieträgern, mit dem sie inder Natur anfällt, auf die den Menschen genehmen EnergieträgerDrehimpuls und Elektrizität umlädt.

Wir hatten in Abschnitt 2.7 gesehen, dass die Ursache aller Ener-gieverluste Entropieerzeugung ist. Nun ist bei praktisch allen tech-nischen Verfahren der Ausbeutung der natürlichen Energiereser-voire Entropieerzeugung der erste Schritt. Denn um sich Energiemit dem Träger Drehimpuls oder Elektrizität zu beschaffen, be-nutzt man Wärmemotoren – also Maschinen, die an ihrem Ein-

gang Entropie auf hoher Temperatur brauchen. Diese Entropie ge-

105

Abb. 6.1. (a) Flussbild eines Wärmemotors; (b)

Flussbild einer Wärmep ump e

Abb . 6.2. Flussbild des Ottomot ors

Abb . 6.3. Flussbild des Absorberkühlschranks

a

b

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winnt man nun vollständig durch Erzeugung. Dies ist einer derGründe für den schlechten Wirkungsgrad der Energiewirtschaft.Wir hatten gesehen, dass allein dadurch in den Wirkungsgrad einFaktor

eingeht. Hier ist T 1 günstigstenfalls die Umgebungstemperatur, al-so etwa 300 K, und T 2 die höchste Temperatur, die man technischbeherrscht, d.h. etwa 800 K. Folglich entsteht allein wegen derEntropieerzeugung ein Faktor

Praktisch liegen die Wirkungsgrade von Wärmemotoren noch er-heblich niedriger: zwischen 0,3 und 0,4.

6. 3 Mas chinen mit äußerer Verbr ennung6.3.1 Zyklisch arbeitende Maschinen – der Stirlingprozess

Abb. 6.4 zeigt das  p-V - und das T -S -Diagramm des idealisiertenStirlingprozesses. Der Prozess wird annähernd realisiert im Stir-ling- oder Heißluftmotor, Abb. 6.5. In einem mit Luft gefülltenZylinder läuft ein Kolben (K) hin und her. Der Zylinder wird linkserhitzt und rechts gekühlt. Außerdem läuft neben dem Kolbennoch der “Verdränger” (V) hin und her, und zwar phasenverscho-ben gegen den Kolben. Der Verdränger ist luftdurchlässig, hataber eine große Wärmekapazität und eine große Oberfläche, so-dass er mit der durchströmende n Luft Entropie austauscht.

Abb. 6.6 zeigt die den vier Zuständen A bis D entsprechenden

Stellungen von Kolben und Verdränger. Derselbe Prozess rück-wärts ablaufend wird in Luftverflüssigungsmaschinen angewen-det. Dabei ist Wasserstoff oder Helium das Arbeitsmedium.

h =T 2 -T 1

T 2

h =800 K - 300 K

800 Kª 0 , 63

106

Abb. 6.4. Stir ling-Prozess (a) im p-V - und (b) im T-S-Diagra mm

a b

Abb . 6.5. Heißluf tmotor

Abb. 6.6. Hei ßluf tmo tor in 4 Phasen

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6.3.2 Strömungsmaschinen

Bei einer Strömungsmaschine fließt das Arbeitsmedium in einemStromkreis. Die Strömung ist stationär. Für eine kleine Portion desArbeitsstoffs, die man auf ihrem Weg durch den Stromkreis ver-

folgt, kann man, wie bei den zyklisch arbeitenden Maschinen, im p-V - und im T -S -Diagramm eine geschlossene Kurve angeben.

 Der Joule-Prozess, Abb. 6.7 

AB Das Arbeitsgas wird isentrop komprimiert.

BC Bei hohem, konstantem Druck wird dem Gas Entropiezugeführt.

CD Das Gas expandiert isentrop.

DA Das Gas gibt die Entropie bei niedrigem, konstantemDruck wieder ab.

Realisiert wird der Joule-Prozess in einer Gasturbinenanlage, Abb.6.8. Der Kompressor wird von der Turbine angetrieben. Ein Teilder Energie fließt also innerhalb der Maschine “im Kreis herum”.

Auch die selbstumlaufende Zentralheizung, Abb. 6.9, stellt eineRealisierung des Joule-Prozesses dar. Den Druckunterschied zwi-schen Entropieeingang und Entropieausgang besorgt hier das Gra-vitationsfeld. Eine geschlossene Konvektionsströmung in einemgeheizten Zimmer ist auch ein Joule-Prozess.

Eine etwas kompliziertere Variante des Joule-Prozesses ist derEricson-Prozess. Bei ihm sind Kompression und Expansion inTeilschritte zerlegt, zwischen denen dem Gas Entropie entnom-men bzw. zugeführt wird, sodass die Kompression und die Expan-sion annähernd isotherm sind. Angewendet wurde dieser Prozess

in der Heliumturbinenanlage von Hochtemperaturreaktoren.

107

Abb . 6.7. Joule-Proze ss (a) im p- V - und (b) im T-S-Diagramm

ab

Abb. 6.8. Gas turbinen anlage

Abb. 6.9. Zen tralheizung

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 Der Clausius-Rankin e-Prozess

Der Clausius-Rankine-Prozess ist der Prozess, der in Dampfma-schinen abläuft. Er ist dem Joule-Prozess sehr ähnlich. Er unter-scheidet sich dadurch vom Joule-Prozess, dass der Arbeitsstoff (meist Wasser) während des Kreisprozesses Phasenübergänge aus-führt, Abb. 6.10.

AB Der Druck des Arbeitsstoffes wird isentrop erhöht (in derSpeisewasserpumpe).

BC Bei hohem, konstantem Druck wird Entropie zugeführt(im Dampfkessel, Dampferzeuger oder Reaktordruckbe-hälter).

CD Der Arbeitsstoff expandiert isentrop (in der Turbine).

DA Bei niedrigem, konstantem Druck wird Entropie abgege-ben (im Kondensator)

Ein Vorteil dieses Prozesses besteht darin, dass man statt des

Kompressors nur eine Speisewasserpumpe braucht. Dadurch istder in der Maschine im Kreis herumfließende Energiestrom vielgeringer als beim Joule-Prozess.

In Abb. 6.11 sind Druck- und Temperaturwerte einer Kraftwerks-anlage eingetragen.

Die meisten Dampflokomotiven hatten keinen Kondensator. DerDampf am Ausgang der Maschine musste daher einen Druck

 p > 1 bar haben und entsprechend eine Temperatur J > 100 ˚C.Das Temperaturgefälle zwischen 100 ˚C und Umgebungstempera-tur wurde also nicht genutzt.

108

Abb. 6.10 . Clausius -Rankine-Proze ss (a) im p-V - und (b) im T-S-Diagramm

ab

Abb . 6.11 . Dam pfturbinenanlage

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6.4 Maschin en mit innerer V erbrennung6.4.1 Zyklisch arbeitende Maschinen – der Ottomotor

Abb. 6.12 zeigt das p-V - und das T -S -Diagramm des idealisiertenOttomotors. Die Entropiezunahme beim Prozessschritt AB kommtzustande durch Entropieerzeugung im Zylinder: durch Verbren-nung von Benzin. Das geschieht im oberen Totpunkt, und zwar soschnell, dass sich das Volumen während des Verbrennungsvor-

gangs praktisch nicht ändert. BC ist der “Arbeitstakt”. Das heißeGas (N2, H2O und CO2) entspannt sich. Der Prozessschritt CD be-steht in Wirklichkeit nicht in der Abkühlung des Gases bei festemVolumen. Das Gas wird vielmehr in einem weiteren Kolbenhubdurch frisches, kaltes Gas ersetzt. Im Prozessschritt DA wird dasFrischgas isentrop komprimiert.

6.4.2 Strömungsmaschinen – die Gasturbine

Der Prozess ist im wesentlichen derselbe wie der Joule-Prozess,Abb. 6.13. Der Arbeitsstoff ist Luft – deren Sauerstoff sich aller-dings mit dem Brennstoff zu anderen Gasen (H2O und CO2) ver-bindet. Der Kompressor verdichtet Luft aus der Umgebung. Die

Entropiezufuhr geschieht in den Brennkammern durch Verbren-nen des Brennstoffs. Die heißen Gase entspannen sich in der Tur-bine. Beim Strahltriebwerk ist die Turbine so ausgelegt, dass sienur den Kompressor antreibt. Das die Turbine verlassende Gas hatdann relativ zum Triebwerk eine hohe Geschwindigkeit. Dasheißt, es fließt ein Impulsstrom vom ausströmenden Gas in dasTriebwerk – und von dort in das Flugzeug.

109

Abb. 6.12 . Idealisierter Pro zess des Otto motors (a) im p-V - und (b) im T-S-Diagramm

a b

Abb . 6.13. Gasturbine

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6. 5 Kälte maschin enJede reversibel arbeitende Wärmekraftmaschine kann man alsKältemaschine laufen lassen. Die Maschinen mit innerer Verbren-nung, für deren Funktionsweise die Irreversibilität fundamental

ist, sind hierfür nicht geeignet.

6.5.1 Umgekehrter Stirling- und Clausius-Rankine-Prozess

Dass der Stirlingmotor als Kältemaschine arbeiten kann, wurdeschon erwähnt. Am weitesten verbreitet ist aber der umgekehrteClausius-Rankine-Prozess: Er wird in den meisten Kühlschränkenund Gefriertruhen verwendet, Abb. 6.14. Statt in einer Expan-sionsmaschine entspannt man den flüssigen Arbeitsstoff in einerDrossel ( E +   pV = const). Damit hat die Kühlmaschine zwar einenschlechten Wirkungsgrad, aber sie ist dafür weniger kompliziert.

6.5.2 Das Linde-Hampso n-Verfahren

Es wird zur Verflüssigung von Gasen verwendet, Abb. 6.15. DasGas wird auf 100 bis 200 bar komprimiert, und in einer Drosselentspannt. Dabei kühlt es sich aufgrund des Joule-Thomson-Ef-fekts ab. Mit diesem abgekühlten Gas wird das nachströmendeGas vorgekühlt. Dadurch wird die Temperatur des entspanntenGases immer niedriger, bis schließlich ein Teil davon flüssig wird.Gase, deren Inversionstemperatur unter Normaltemperatur liegen,wie H2 oder He, müssen zunächst mit einem anderen Verfahrenunter die Inversionstemperatur gebracht werden.

110

Abb. 6.14. Im Kühlschrank läuf t im Wesentli-

chen ein umgekehrter Clausius-Rankine-Prozess

ab.

Abb . 6.15. Das Linde-H ampson-Verfah ren

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7. Entropie und Wahrscheinlichkeit

7.1 Die D aten menge

Wir wollen Nachrichten mit Hilfe von Karten übertragen, Abb.7.1. Auf jeder Karte kann eins von  z zwischen Sender und Emp-fänger vereinbarten Zeichen stehen, z.B. einer der Buchstaben desAlphabets. Wir suchen ein Maß für die Menge an Daten, die miteiner Karte übertragen wird. Der Einfachheit halber betrachten wirzunächst den Fall, dass es nur zwei Zeichen gibt, z.B. ein Kreuzund einen Kreis. Der Zeichenvorrat ist also z  = 2. Mit einer Kartekann man dann eine von zwei möglichen Nachrichten übertragen,man kann zwischen zwei Nachrichten auswählen. Mit zwei (in ge-ordneter Reihenfolge abgesendeten) Karten kann man zwischen2 · 2 = 4 Nachrichten auswählen, und mit n Karten zwischen 2n

Nachrichten.

Man könnte die Zahl N = 2n als Maß für die mit n Karten übertra-

gene Datenmenge benutzen. Das so definierte Maß hätte aber denNachteil, nicht mengenartig zu sein. Das sieht man so:

Wir schicken zunächst 3 Karten ab. Für 3 Karten ist N a = 23 = 8.

Wir schicken danach noch 2 weitere Karten ab. Für zwei Kartenallein ist

 N b = 22 = 4.

Für alle 5 Karten zusammen ist aber N c = 25 = 32.

Es ist also

 N c ≠  N a + N b.

Ein besseres Maß für die Menge an Daten ist daher der Logarith-mus der Zahl  N  der möglichen Nachrichten. Wir definieren alsoprovisorisch die Datenmenge H :

 H =   f  · ln N 

mit N = Zahl der möglichen Nachrichten.

Mit der Konstante  f  wird die Maßeinheit von  H  festgelegt. Für N  = 2, also für den Fall, dass zwischen zwei Möglichkeiten ent-schieden wird, soll H  = 1 bit sein, also

Mit n Karten wird dann eine Datenmenge von

übertragen.Mit ln   x/ln 2 = ld   x kann man auch schreiben

 H = ld N bit

Ist der Zeichenvorrat z groß, so ist auch die Datenmenge pro Kar-te, und damit pro Zeichen groß.

Mit z = 32 ist für eine Karte N  = 32, also H = ld 32 bit = 5 b it.

1 bit =  f ⋅ ln 2 fi  f  =1 bit

ln 2

 H =1 bit

ln 2ln 2n = n bit

111

Abb. 7.1. Vom Sender zum Empfänger fließt einDat enstrom.

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Nimmt man an, dass es 2000 chinesische Schriftzeichen gibt, soist die mit einem Zeichen übertragene Datenmenge H = ld 2000 bit  ª 11 bit.

Wir überzeugen uns nun davon, dass der Ausdruck   f  · ln N immernoch kein gutes Datenmengenmaß ist. Wir betrachten drei Bei-spiele, in denen von zwei möglichen Nachrichten eine ausgewählt

wird. Es wird also ein Zeichenvorrat von Z = 2 gebraucht, und da jedes Mal nur ein Zeichen übertragen wird, wäre H = 1 bit, Abb.7.2.

(a) Der Absender würfelt und teilt dem Empfänger mit, ob er einegerade oder eine ungerade Zahl gewürfelt hat.

(b) Der Absender würfelt und teilt dem Empfänger mit, ob er eineSechs gewürfelt hat.

(c) Der Absender würfelt und teilt dem Empfänger mit, ob er eineSieben gewürfelt hat.

Die Formel   f  · ln N  liefert jedes Mal dasselbe Ergebnis, nämlich1 bit. Von einem vernünftigen Datenmengenmaß würde man abererwarten, dass

 H 3 < H 2 < H 1

ist, ja, dass sogar H 3 = 0 ist, denn wenn der Empfänger die Nach-richt schon vor der Übertragung weiß (in unserem Fall, dass keineSieben gewürfelt wurde), so sollte die Datenmenge, die er mit derNachricht bekommt, null sein.

Ein Maß, das dieser Forderung gerecht wird, wurde von ClaudeShannon eingeführt:

Die Summe erstreckt sich über alle möglichen Nachrichten. pi ist

die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Nachricht i gesendet wird.In dem Fall, dass alle Nachrichten gleichwahrscheinlich sind, ist

 p1 =   p2 =   p3 = … =   pi = … = 1/ N ,

und H geht in den alten Ausdruck   f  · ln N über.

In dem Beispiel ist

1) p(gerade) = 0,5  p(ungerade) = 0,5  H = 1 bit

2) p(Sechs) = 1/6  p(nicht Sechs) = 5/6  H = 0,65 bit

3) p(Eins bis Sechs) = 1  p(Sieben) = 0  H = 0 bit

An dem Beispiel erkennt man zwei wichtige Eigenschaften desShannonschen Datenmengenmaßes:

1) Ist eine der Wahrscheinlichkeiten gleich eins und sind alle an-deren gleich null, so ist H = 0:

2) Bei gegebenem Zeichenvorrat Z ist H maximal für

 p1 =   p2 =   p3 = … =   p Z .

Zum Beweis berechnet man den Extremwert von

 H = - f ⋅   pi ln pi

i

Â

 H = - f ⋅   pi ln pi

i =1

 Z 

 = - f ( Z -1) lim( p ln p pÆ 0

) -  f ⋅ 1⋅ ln 1 = 0 ,

denn lim( pln p pÆ 0

) = limln p

1 / p pÆ0

= º = 0 (l' Hospitalsche Regel)

112

Abb. 7.2. Obwohl in jedem Fall zwei Zeichenverwendet werden, ist die Datenmenge bei dendrei Übertagunge n (a), (b) und (c) nicht gleic h.

a

b

c

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unter der Nebenbedingung

(Die Summe der Wahrscheinlichkeiten ist gleich eins).Abb. 7.3 zeigt H ( p1) für den Fall, dass Z = 2 ist:

 H  = –   f [ p1 ln p1 + (1 – p1) ln(l – p1)]

Wir begegnen hier einem Problem, das auch für die statistischeThermodynamik typisch ist. Man kann H leicht ausrechnen für sounsinnige Mitteilungen wie die, ob eine gerade oder ungeradeZahl gewürfelt wurde, denn die Wahrscheinlichkeitsverteilungüber die möglichen Nachrichten ist uns hier bekannt. Meist ist esaber nicht so leicht, Wahrscheinlichkeiten anzugeben.

Woher kennen wir überhaupt die Wahrscheinlichkeiten für das

Auftreten der Zahlen beim Würfeln? Wir haben dafür zwei Quel-len: Erstens können wir sie experimentell bestimmen. Wir würfelnsehr oft und bestimmen die Häufigkeiten mit denen die Augenzah-len auftreten. Zweitens können wir die Wahrscheinlichkeiten “apriori” angeben. Wir schließen aus der Symmetrie des Würfelsund der völligen Unbestimmtheit des Würfelvorgangs, dass alleAugenzahlen dieselbe Wahrscheinlichkeit haben.

7.2. Ver al lgemei nerung des Zustandsbe griff s – da s gibbss che Ensemble

In Abschnitt 4.1 wurde erklärt: In einem bestimmten Zustand hat jede Variable einen bestimmten Wert. Mit diesem Zustandsbegriff lassen sich viele reale Situationen nicht beschreiben, nämlich alledie, in denen die Werte von Variablen nicht bekannt sind. Wir be-trachten ein Beispiel, das zwar auf den ersten Blick etwas unsin-nig erscheint, an dem sich aber das Problem leicht erläutern lässt.

In einem undurchsichtigen Kasten befinde sich eine flacheMagnetpille, deren magnetisches Moment m0 senkrecht auf derScheibenebene steht, Abb. 7.4. Der Kasten wird geschüttelt undauf den Tisch gestellt. Wir fragen nun nach dem Zustand desMagneten, wobei die betrachtete Zustandsmannigfaltigkeit nurdurch den Wert des magnetischen Moments bestimmt sei.

Im Sinne der früher gegebenen Zustandsdefinition müssten wir sa-gen: Wir kennen den Zustand nicht. Wir wären am Ende unserer

Weisheit. Unser gesunder Menschenverstand sagt uns nun aber,dass wir über den Magneten doch eine Menge mehr als gar nichtswissen, nämlich

1) Es ist entweder m = (0, 0, m0) oder m = (0, 0, –m0), aber sichernicht m = (0,5 · m0, 0, 0) etc.

2) Da wir geschüttelt haben, die Magnetscheibe symmetrisch undweder der Kasten noch der Tisch selbst magnetisch ist, ist dieWahrscheinlichkeit  p (↑ ) dafür, dass das magnetische Momentnach oben weist, gleich 0,5 und die Wahrscheinlichk eit dafür, dasses nach unten weist p(Ø) auch 0,5:

 p(↑ ) =   p(Ø) = 0,5

Wir können also eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über die

 H ( p1, p2 ,º p Z ) = - f ⋅   pi ln pi

i=1

 Z 

Â

j ( p1, p2 ,º p Z ) =  pi -1= 0iÂ

113

Abb . 7.3. Datenmenge im Fall einer Übertragun gmit zwei Zeichen als Funktion der Wahrschein-lich keit der Zeichen

Abb . 7.4. Obwohl man nicht weiß wie herum derMagnet liegt, ist sein Zustand nicht völlig unbe-

kan nt.

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Werte der Variable angeben. Genau das tut man nun auch, um denZustandsbegriff zu verallgemeinern:

In einem bestimmten Zustand gehört zu den Werten jederVariable eine bestimmte Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Mit Hilfe der statistischen Physik wird man den so definierten Zu-stand vieler Systeme angeben können: die Energie und die Ge-schwindigkeit der Moleküle in einem Behälter, die Energie derElektronen in einem Halbleiter, den Impuls der Photonen in einemStrahlungshohlraum, das magnetische Moment der Teilchen einesparamagnetischen Materials.

Es ist die wichtigste Aufgabe der statistischen Physik, solcheWahrscheinlichkeitsverteilungen zu berechnen. Dies hört sich et-was nach Zauberei an: Man kann keine Wahrscheinlichkeiten aus-rechnen, wenn man in die Rechnung nicht irgendwo Wahrschein-lichkeiten hineinsteckt – aber das tut man in der statistischen Phy-sik genauso, wie wir es bei der Magnetscheibe getan haben. Es ge-schieht immer in der Form “Die Wahrscheinlichkeiten aller Zu-stände… [genauere Beschreibung]… sind untereinander gleich”.Die so angegebenen Wahrscheinlichkeiten sind A-priori-Wahr-scheinlichkeiten. Die Begründung für die Gleichheit ist die: Wirkennen keinen Grund dafür, dass sie verschieden sein sollten.

Viele Physiker empfinden angesichts dieser Begründung ein Un-behagen. Sie versuchen sich dadurch zu beruhigen, dass sie sagen,man könne doch, wenigstens in Gedanken, die Wahrscheinlich-keiten experimentell bestimmen. Hierzu braucht man den Begriff des gibbsschen Ensembles. Man stellt sich vor, die zu beschrei-bende Anordnung existiert in einer sehr großen Zahl von Exem-plaren. Dies ist das gibbssche Ensemble (auch kurz Ensemble, Ge-samtheit oder Kollektiv). Man misst nun den Wert der interessie-renden Größe an jedem Exemplar und erhält eine Häufigkeitsver-teilung. Diese, sagt man, ist gleich der gesuchten Wahrscheinlich-keitsverteilung. Alle Aussagen, die man über ein System macht,macht man also auch über das Ensemble. Man kann auch sagen:

 Das Ensemble ist das System. Mit Hilfe des Ensemble-Begriffskann man nun den Zustand zunächst verbal beschreiben, ohneWahrscheinlichkeitswerte anzugeben. Man sagt, man gibt die Sy-stemvorbereitung oder -präparation an.

 Beispiele

1) 1 mol H2 befinde sich in einem Behälter, der im thermischenKontakt mit einem Wärmereservoir der Temperatur T steht.

2) Mit Hilfe eines radioaktiven Präparats wird eines von zweiVentilen geöffnet: Falls innerhalb 1 s ein Zerfall stattfindet, fließt

1 mol Sauerstoff in einen Behälter, falls keiner stattfindet, 1 molWasserstoff, Abb. 7.5a.

3) Zustand zum Zeitpunkt t = t 0, Abb. 7.5b: Links befindet sichLuft von T =…, p =… Im Zeitpunkt t 0 – 10 –8 s wird die Wand her-ausgezogen.

4) In einen Behälter werden nacheinander 105 Moleküle, eins nachdem anderen, nach folgender Prozedur hineingetan: Geh aus demLabor zum Aufzug, sieh nach wie viele Männer und wie vieleFrauen wegfahren. Tue für jeden Mann ein O2- und für jede Frauein N2-Molekül in den Behälter. Geh wieder zum Aufzug etc.

114

Abb. 7.5. (a) In dem rechten Behälter befindetsich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeitreiner Wasserstof f und mit einer anderen Wahr-scheinlichkeit reiner Sauerstoff . (b) Zum Zeit-punkt t 0 ist das Gas von links zum Teil in die

rech te Seite des Behälters eingedrungen.

a

b

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7.3 Die Entropie ei ner Ver te ilung

Abb. 7.6 zeigt die Wahrscheinlichkeitsverteilung p( x) über denWerten der Größe  x. Mit dieser Verteilung kann man mehrereGrößen oder Zahlen bilden.

Abb. 7.7 zeigt drei sehr spezielle Verteilungen, die alle denselbenMittelwert haben.Die hier definierte Entropie hat nur dann einen endlichen Wert,wenn die Verteilung diskret ist, d.h. wenn x nur endlich viele ver-schiedene Werte annehmen kann. Der so definierte Entropiebe-griff kann auf jedes physikalische System angewendet werden.Wir betrachten ein System mit einer einzigen unabhängigen Vari-able, etwa ein System von  N  Teilchen, deren magnetische Mo-mente in einer von zwei Richtungen stehen können: nach obenoder nach unten, Abb. 7.8. Wenn der Betrag des magnetischenMoments des Einzelteilchens m0 ist, so kann das gesamte magneti-sche Moment die Werte  Nm0 , ( N  – 1)m0 ,…, 0,…, – ( N  – 1)m0,

 – Nm0 annehmen.Wir beschreiben nun einen Zustand des Systems durch Angabe ei-ner Präparationsvorschrift, etwa: Bring das System in thermischenKontakt mit einem Wärmereservoir der Temperatur T . Tun wirdas mit allen Mitgliedern des gedachten gibbsschen Ensembles, soerhalten wir in Gedanken eine Häufigkeitsverteilung über dieWerte von m und damit eine Wahrscheinlichkeitsverteilung. Vondieser könnte man die Entropie h berechnen.Statt der umständlichen Beschreibung der Präparationsvorschriftkönnen wir aber auch gleich sagen: Gegeben ist die Wahrschein-lichkeitsverteilung p(mi), und die zugehörige Entropie berechnen.Unter den Wahrscheinlichkeitsverteilungen über m gibt es nun ei-ne Klasse ausgezeichneter Verteilungen: solche, bei denen alle paußer einem gleich null sind. Die Entropie einer solchen Vertei-lung ist null. Zu jeder solcher Verteilung gehört ein Zustand. Es

gibt also eine Klasse von Zuständen mit der Entropie null. Wennman die Zustände durchnummeriert i = 1,…, so kann man auchsagen: In der Gleichung

ist zu summieren über die Zustände mit der Entropie null.

Mittelwert von x :  x =  p( xi) xi

Streuung (= Varianz) von x : D x( )2

=  p( xi )i

 ( xi - x)2

( Die Wurzel daraus heißt Standardabweichung)

Entropie der Verteilung : h = -  p( xi)

i

 ln p( xi)

h = -  pi

 (i) ln p(i)

115

Abb . 7.6. Aus der diskreten Wah rsc heinlich keits-verteilung kann man verschie dene Zah len bild en.

Abb. 7.7. Drei Wahrscheinlichkeitsverteilungen,die alle denselben Mittelwert, aber verschiedeneStreuungen und verschie dene Entropie n haben.

Abb. 7.8. Das System hat als einzige Variabledas magneti sche Moment. Das magnetische Mo -ment jedes Teilchens kann nur zwei Werte an-nehmen .

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0,51

 p  x = 5

(D x)2=16

h = ln 2

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0,5

1  p  x = 5

(D x)2=1

h = ln 2

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0,5

1  p  x = 5

(D x)2= 0

h = 0

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7. 4 Die physikalische Entr opie ei nes Systems

Wir behaupten nun, dass die im vorigen Abschnitt definierte En-tropie h bis auf einen Faktor gleich der physikalischen Entropieist:

Zu summieren ist über alle Zustände mit S =  0. Wir machen dasan dem Beispiel des vorigen Abschnitts plausibel. Das System be-stehe aus vier energetisch entarteten magnetischen Momenten. Die16 Zustände mit der Entropie null sind in Abb. 7.9 aufgelistet.

1. S wächst von allein

Wir bringen das System in einen Zustand mit h = 0, z.B. in denZustand mit p1  = 1, p2  = … = p16 = 0. Wartet man nun hinreichendlange, so werden schließlich alle Wahrscheinlichkeiten gleich p1  =  

 p2  = … =   p16  = 1/16. Damit nimmt h von 0 auf ln 16 zu. Der Zu-stand maximaler Entropie ist ein Gleichgewichtszustand. ImGleichgewicht sind alle Wahrscheinlichkeiten pi gleich. Die wahr-scheinlichkeitstheoretisch definierte Entropie h hat damit eine Ei-genschaft mit der physikalischen Entropie S gemeinsam: Überlässtman ein System sich selbst, so nimmt sie zu.

2. Mengenartigkeit 

Wir betrachten die unabhängigen Systeme A und B. A habe  N Aund B habe N B Zustände mit h = 0. Es ist also

Das aus A und B zusammen bestehende System AB hat N AB =   N A ·   N BZustände mit h = 0. Die Wahrscheinlichkeit des durch i und j cha-rakterisierten Zustands ist pA(i) · pB( j ). Es ist also

Die Entropie hAB des Gesamtsystems ist also gleich der Summeder Entropien hA und hB der Teilsysteme.

S = -k piÂ

(i) ln p(i)

mit k = 1, 380 ⋅ 10-23 JK -1 (Boltzmann, Konstante).

hA = -  pA

i

 (i) ln pA(i)

hB = -  pB j 

 ( j ) ln pB ( j )

hAB = -  pA

i , j 

 (i) ⋅  pB ( j ) ln[ pA(i) ⋅  pB ( j )]

= -  pA (i)i

  pB ( j ) ln pB ( j ) j 

 -  pB ( j ) j 

  pA (i) ln pA (i)i

Â

Mit  pA(i)i

 = 1 und  pB ( j ) j 

 wird

hAB = -  pB ( j ) ln pB( j ) j 

 -  pA (i) ln pA (i)i

Â

= hA +hB

116

Abb. 7.9. Die 16 Zustände der Entropie S = 0 ei-nes System s aus 4 magnetischen Momenten

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3. Wenn Wärme fließt, fließt auch h

Wir betrachten zwei Systeme A und B bestehend aus je viermagnetischen Momenten, diesmal aber in einem äußeren Magnet-feld, Abb. 7.10. Es liegt also keine Entartung vor. Der Nullpunktder Energie wird so gelegt, dass E = 0 ist, wenn die magnetischenMomente in Feldrichtung stehen. Steht ein magnetisches Moment

umgekehrt, so ist die Energie E 0. Die beiden Systeme seien von-einander und von der Umgebung energetisch isoliert. Der An-fangszustand sehe so aus: Die Energie von A betrage zwei Einhei-ten E 0, also 2 E 0, die von B sei Null. Man entnimmt Abb. 7.9, dassA sechs Zustände mit h = 0 hat (Nr. 6 bis 11) und B einen (Nr. l).Jedes der Systeme A und B befinde sich im Gleichgewicht, d.h.im Zustand maximaler Entropie. Es ist also (Index a: Anfang):

hAa = ln 6 = 1,79 und hBa = ln 1 = 0.

Wir bringen nun A und B in thermischen Kontakt miteinander.Wir wissen, dass dabei 1) Entropie S  von A nach B fließt und2) Entropie erzeugt wird. Wir wollen prüfen, ob das auch für un-sere statistisch definierte Entropie h zutrifft.

Durch Abzählen findet man, dass das Gesamtsystem 28 Zuständemit h = 0 hat (in denen E = 2 E 0 ist). Sind beide Systeme im ther-mischen Gleichgewicht, so sind diese alle gleichwahrscheinlichund es ist (Index e: Ende):

hABe = ln 28 = 3,33 > hAa + hBa

Außerdem ist

hAe = hBe = 0,5 · hABe = 0,5 · ln 28 = 1,67

also

hAe < hAa und hBe > hBa

Die Entropie h von A hat also ab-, die von B zugenommen. Au-ßerdem hat die Gesamtentropie hAB zugenommen – alles wie wires von der physikalischen Entropie S her kennen.

7.5 Entrop ie un d Tem peratur

Man kann eine kleine Klasse von Wahrscheinlichkeitsverteilun-gen, nämlich die des Gleichgewichts, sehr einfach beschreiben:durch Angabe einer einzigen Zahl, der Temperatur. Für ein iso-liertes System im Gleichgewicht ist

Mit dE  =  T dS folgt daraus

 p(1) = p( 2) = º fi S = -k p(i) ln p(i)

i =1

Â

= -k W 1

W ln

1

S = k ln W 

kT =1

d (lnW ) / dE 

117

Abb. 7.10. Zwei Systeme aus je 4 magnetischenMo menten

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7. 6 Entrop ie un d Daten menge

Aus der Gleichheit der Ausdrücke für S und H folgt, dass man dieEntropie als Datenmenge deuten kann. Sieht man in unserem Bei-spiel mit den vier magnetischen Momenten nach, wie jedes einzel-ne Moment orientiert ist, so fließt aus dem System die Datenmen-ge

heraus, wobei i über die Zustände mit S = 0 läuft.Statt zu sagen “das System enthält die Entropie S ” kann man auchsagen “das System enthält Daten der Menge H ”.Identifiziert man S und H , so folgt:

und damit1 bit = 0,9565 · 10 –23 JK –1

das heißt1 bit ª 10 –23 J/KAus der Tatsache, dass jedes System, das Entropie enthält auchDaten enthält, folgt nicht, dass man das System als technischenDatenspeicher verwenden kann. Von einem Datenspeicher erwar-tet man, dass er nicht von selbst ins innere Gleichgewicht oder insGleichgewicht mit der Umgebung gerät.

 H = - f p(i) ln p(i)Â

 f  =bit

ln 2= k = 1, 380 ⋅ 10-23 JK -1

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Lit eratur

G. FALK, Theoretische Physik, II Thermodynamik, HeidelbergerTaschenbücher, Springer-Verlag 1968.

G. JOB, Neudarstellung der Wärmelehre – die Entropie als Wär-me, Akademische Verlagsgesellschaft Frankfurt am Main,1972.

G. FALK, W. RUPPEL, Energie und Entropie, Springer-Verlag,1976.

119

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120

absoluter Nullpunkt 22

Arbeit 53

Bernoulli-Gleichung 88

Bilanzgleichung 7 f.

Carnotprozeß 79

Carnotwirkungsgrad 19

chemische Spannung 33

chemisches Gleichgewicht 33, 63

chemisches Potential 33 f.

chemisches Potential, Nullpunkt 35

chemisches Potential, Skala 34

Clausius-Clapeyron-Gleichung 91Clausius-Rankine-Prozeß 108

Dampfdruck 89 f.

Dampferzeuger 13

Datenmenge 111

Debye-Temperatur 83

Diffusion 33, 41

Dissipation 9, 16

Druckkoeffizient 59

Dulong-Petitsches Gesetz 83

Elementarquantum 31Energieformen 52, 60

Energiestrom 13

Entropie 11 f., 111 f.

Entropieeinheit 14

Entropieerzeugung 16 f.

Entropiekapazität 22

Entropieleitfähigkeit 25

Entropiemessung 20

Entropieskala 12

Erhaltungsgrößen 7 f.

Feststoffe 82

Fließgleichgewicht 64 f.

Flüssigkeiten 80

Gaskonstante 56

Gasturbine 107, 109

Gemisch 73

Gibbsfunktion 49 f.

Gibbsfunktion, lineare

Approximation 58

Gibbssche Fundamentalform 47 f.

Gibbssches Ensemble 113 f.

Gleichgewicht 62 f.

gravitochemisches Potential 72Grundstoffe 29

Hauptsatz, erster und zweiter 21

Heißluftmotor 106

Hintergrundstrahlung 102

ideales Gas 67 f.

Inversionstemperatur 94

irreversible Prozesse 16

Joule-Prozeß 107

Joule-Thomson-Ef fekt 93

Kältemaschinen 110

Katalysator 42

Kernreaktionen 42Kirchhoffsches Strahlungsgesetz

104

Kompressibilität 58

Kondensator 13

konduktiver Entropiestrom 27

konvektiver Entropiestrom 27

Kreisprozesse 59 f., 79 f.

kritischer Punkt 89, 93

Lambertsches Gesetz 99

Licht 95 f.

Licht, chemisches Potential 97, 103Licht, Entropie 96

Licht, Temperatur 96

Linde-Hampson-Verfahren 110

Lösungen 71, 92

Maschinen 105 f.

Massenwirkungsgesetz 74 f.

Maxwellbeziehung 55, 56

Menge 31 f.

mengenartige Größen 7 f.

Mischungsentropie 74

Molenbruch 74

Normalform 32

osmotischer Druck 71

Ottomotor 109

Partialdruck 73

Phase 89

Phasenübergang 89

Preßluftmaschine 79

Reaktionen 33 f.

Reaktionen, elektrochemische 43Reaktionen, Entropiebilanz 44

Registe r

Reaktionsumsatz 32

Reaktionswiderstand 40

reales Gas 93 f.

Reibung 9

reversible Prozesse 16

schwarze Strahlung 95

sieden 92

Stefan-Boltzmann-Gesetz 100

Stirlingprozeß 106

Stoffmenge 31 f.

Strahldichte 98 f.

Strömungen 84 f.

Strömungsmaschinen 107System 47

Systemvorbereitung 114

Temperatur 14

Temperatureinheit 14

Temperaturmessung 20

Temperaturskala 13

thermische Strahlung 95

thermisches Gleichgewicht 19, 63

Umsatzrate 43

van-der-Waals-Gleichung 93

verdunsten 92

Verlust 18

Volumenausdehnungskoeffizient

58

Wahrscheinlichkeit 111 f.

Wärme 53, 60

Wärmekapazität 24

Wärmekraftmaschine 13, 105

Wärmeleitfähigkeit 25

Wärmemotor 13, 15, 105

Wärmepumpe 15, 105

Wirkungsgrad 18

Zentralheizung 107

Zerlegung von Systemen 50 f.

Zustand 47

Zustandsgleichung 54 f.

Zustandsgleichung,

thermische 55, 67