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Tour-de-France-Teilnehmer Extrem-Ausdauersport verlängert Leben deutlich Die französischen Tour-de-France- Teilnehmer seit 1947 haben im Schnitt sechs Jahre länger gelebt, zeigt eine beim Europäischen Herz- kongress präsentierte Studie. - Die Tour de France ist einer der Sportwettbewerbe mit der höchsten kör- perlichen Belastung. Autoren um Dr. Xavier Jouven von der Paris Decartes Universität haben das Schicksal sämtli- cher französischer Tour-de-France-Teil- nehmer in den letzten 60 Jahren unter- sucht. Wie Jouven berichtete, haben seit 1947 786 Franzosen an der Tour teilge- nommen, 208 sind gestorben. Sechs Jahre länger leben „Die Gesamtmortalität dieser Athleten war um 41% geringer als diejenige nor- maler Bürger im gleichen Alter“, berich- tete Jouven. Sowohl die Krebssterblich- keit (–44%) als auch die kardiovaskuläre Sterblichkeit (–33%) waren signifikant geringer, ferner die Sterblichkeit an Er- krankungen der Atemwege oder des Ver- dauungstrakts. Anhand der Teilnehmer im Zeitraum 1947–1951, in denen über 60% der Todesfälle auſtraten, ließ sich er- rechnen, dass die Radsportler im Schnitt sechs Jahre länger lebten als die Durch- schnittsbevölkerung. Kritiker werden sagen: Diese Jahre haben die Athleten auf dem Fahrrad verbracht. Jouvens Interpretation: Sport ist ge- sund, und man sollte den Menschen sagen, dass auch stärkere Ausdauer- belastungen nicht schädlich, sondern protektiv sind. Extrembelastungen kön- nen für eine kleine Gruppe von Perso- nen gefährlich sein, aber der Nutzen ei- nes sportlich aktiven Lebens, einschließ- lich Ausdauersport höherer Intensität, überwiegt klar eventuelle Risiken und schlägt sich in einer deutlichen Lebens- verlängerung nieder. Viele Tour-de-France-Teilnehmer hel- fen pharmakologisch nach, um bessere Leistungen zu erzielen. Die aktuelle Stu- die legt nun nahe, dass Doping das Leben nicht zu verkürzen scheint. Selektion der Fittesten der Fitten Der offizielle Diskutant der Studie, Dr. Sanjay Sharma von der St. Georg’s Uni- versität in London, verwies darauf, dass Radsport-Elite-Athleten eine Selektion darstellen: Sie sind Otto Normalverbrau- cher physisch, psychisch und genetisch erheblich überlegen und gehören zu den fittesten Menschen überhaupt. In der Normalbevölkerung hingegen schwim- men die Menschen mit, die chronische Krankheiten oder Risikofaktoren für kardiovaskuläre und maligne Erkran- kungen aufweisen sowie Legionen, die einen ungesunden Lebensstil pflegen. Dr. med. Dirk Einecke Quelle: ESC 2013, Amsterdam, 31.8.–4.9.2013; HOT- LINE IV: Late Breaking Trails on Heart Failure and Acu- te Coronary Syndrome; Marijon E., et al.: Mortality of French participants in the Tour de France (1947–2012). Euro Heart J 2013; DOI: 10.1093/eurheartj/eht.347 Es winkt nicht nur das gelbe Trikot, sondern auch ein längeres Leben. © PanoramiC Jerome / imago AKTUELLE MEDIZIN _ KONGRESSBERICHTE

Extrem-Ausdauersport verlängert Leben deutlich

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Page 1: Extrem-Ausdauersport verlängert Leben deutlich

Tour-de-France-Teilnehmer

Extrem-Ausdauersport verlängert Leben deutlichDie französischen Tour-de-France-Teilnehmer seit 1947 haben im Schnitt sechs Jahre länger gelebt, zeigt eine beim Europäischen Herz-kongress präsentierte Studie.

−Die Tour de France ist einer der Sportwettbewerbe mit der höchsten kör-perlichen Belastung. Autoren um Dr. Xavier Jouven von der Paris Decartes Universität haben das Schicksal sämtli-cher französischer Tour-de-France-Teil-nehmer in den letzten 60 Jahren unter-sucht. Wie Jouven berichtete, haben seit 1947 786 Franzosen an der Tour teilge-nommen, 208 sind gestorben.

Sechs Jahre länger leben„Die Gesamtmortalität dieser Athleten war um 41% geringer als diejenige nor-maler Bürger im gleichen Alter“, berich-tete Jouven. Sowohl die Krebssterblich-keit (–44%) als auch die kardiovaskuläre Sterblichkeit (–33%) waren signi�kant geringer, ferner die Sterblichkeit an Er-krankungen der Atemwege oder des Ver-dauungstrakts. Anhand der Teilnehmer im Zeitraum 1947–1951, in denen über 60% der Todesfälle au�raten, ließ sich er-

rechnen, dass die Radsportler im Schnitt sechs Jahre länger lebten als die Durch-schnittsbevölkerung. Kritiker wer den sagen: Diese Jahre haben die Athleten auf dem Fahrrad verbracht.

Jouvens Interpretation: Sport ist ge-sund, und man sollte den Menschen sagen, dass auch stärkere Ausdauer-belastungen nicht schädlich, sondern protektiv sind. Extrembelastungen kön-nen für eine kleine Gruppe von Perso-nen gefährlich sein, aber der Nutzen ei-nes sportlich aktiven Lebens, einschließ-lich Ausdauersport höherer Intensität, überwiegt klar eventuelle Risiken und schlägt sich in einer deutlichen Lebens-verlängerung nieder.

Viele Tour-de-France-Teilnehmer hel-fen pharmakologisch nach, um bessere Leistungen zu erzielen. Die aktuelle Stu-die legt nun nahe, dass Doping das Leben nicht zu verkürzen scheint.

Selektion der Fittesten der Fitten Der o�zielle Diskutant der Studie, Dr. Sanjay Sharma von der St. Georg’s Uni-versität in London, verwies darauf, dass Radsport-Elite-Athleten eine Selektion darstellen: Sie sind Otto Normalverbrau-

cher physisch, psychisch und genetisch erheblich überlegen und gehören zu den �ttesten Menschen überhaupt. In der Normalbevölkerung hingegen schwim-men die Menschen mit, die chronische Krankheiten oder Risikofaktoren für kardiovaskuläre und maligne Erkran-kungen aufweisen sowie Legionen, die einen ungesunden Lebensstil p�egen. Dr. med. Dirk Einecke ■

■ Quelle: ESC 2013, Amsterdam, 31.8.–4.9.2013; HOT-LINE IV: Late Breaking Trails on Heart Failure and Acu-te Coronary Syndrome; Marijon E., et al.: Mortality of French participants in the Tour de France (1947–2012). Euro Heart J 2013; DOI: 10.1093/eurheartj/eht.347

Es winkt nicht nur das gelbe Trikot, sondern auch ein längeres Leben.

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MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (16) 21

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