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Handreichung Einführungsphase Konzeption, Struktur Exzellenz und Professionalität vom ersten Tag an Facetten vernetzten Handelns in der Zweiten Phase der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern

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Handreichung

Einführungsphase

Konzeption, Struktur

Exzellenz und Professionalität vom ersten Tag an

Facetten vernetzten Handelns in der Zweiten Phase der Ausbildung von

Lehrerinnen und Lehrern

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Die Leitidee der Einführungsphase „Exzellenz & Professionalität vom ersten Tag an“ eröffnet den Blick auf zahlreiche Facetten, die für die Konzeption der Einführungsphase leitend sind.

��Sie wirft die Frage auf, was die Professionalität von Lehrerinnen und Lehrern kennzeichnet. E. Weniger differenziert unterschiedliche Wissensformen: „Professionalisierung stellt demnach eine Transformation dieser Wissensformen dar: Professionalisierung ist eine doppelte Übersetzungs- bzw. Transformationsleistung, die jede Lehrerin, jeder Lehrer für sich selbst vollziehen muss:

• die Transformation des erziehungswissenschaftlichen Wissens in berufspraktisches Hand-lungswissen einerseits und

• die Anreicherung laienpädagogischen Wissens andererseits (reflektierte Routine)“1.

��Auch fokussiert die Leitidee das Verhältnis von Theorie und Praxis in der Kompetenzentwick-lung.

„Eine Bedingung für Kompetenzentwicklung im Rahmen der Lehrerbildung scheint vielmehr, die Diffe-renz zwischen wissenschaftlichem Wissen und praktisch-pädagogischem Handlungswissen gerade dadurch explizit zu machen, dass auf der Basis theoretischen Wissens die Fähigkeit zur systemati-schen, methodisch kontrollierten Analyse und Reflexion der Praxis gefördert wird.“2 Die Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern erfordert „wissenschaftlich geschulte Reflexionskompetenz sowie Möglichkeitssinn einerseits, sowie die Hand-lungserprobung in der Praxis andererseits. Nur, wer das eine hat, erstarrt nicht in Routine, kann sich selbst und sein Handeln kritisch von außen sehen und das Gegebene auch als veränderbar konzipie-ren, und nur wer die Möglichkeit der Praxiserprobung hat, kann sich wirklich verantwortlich gestaltend in die Entwicklung von Schule und Unterricht einbringen.“3 Diesem Professionsverständnis entspricht die Einführungsphase, die grundsätzlich frei von eigenver-antwortlichem Unterricht ist. Sie eröffnet den Beteiligten vielfältige Erfahrungsräume, in denen wesent-liche Elemente des zukünftigen Arbeitsbereiches und Tätigkeitsfeldes aus der Beobachterperspektive I., II. und III. Ordnung erlebt werden. Durch ein multiperspektivisches Angebot wird der Komplexität

1 Weniger, E. zitiert in: Arnold, Rolf, Henning Pätzold (2006), Schulpädagogik kompakt. Berlin (Cornelsen), S. 11 2 Schellack, Antje, Doris Lemmermöhle (2008): Universitäre Lehrer/innenbildung. In: Wissen erwerben, Kompe-tenzen entwickeln. Modelle zur kompetenzorientierten Lehrerbildung. Hrsg. von Christan Kraler und Michael Schratz. Münster (Waxmann) S. 142 3 Arnold, Rolf (2003): Mythos Praxisbezug. Anmerkungen zu einem begrifflichen Irrläufer in der Bildungspolitik. In GEW-Zeitung Rheinland-Pfalz, 6/2003, S. 12

EDITORIAL

Wissensform Funktion

erziehungswissenschaftliches Wissen

berufspraktisches Alltagswissen von Lehrerinnen und Lehrern

Erklärung der Erziehungs-wirklichkeit

laienpädagogisches Wissen

professionelle Gestaltung pädagogischer Wirklichkeit

Bewältigung der Erziehungs- fragen im Lebensalltag

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beruflichen Handelns, die von intrasystemischer und intersystemischer Vernetztheit geprägt ist, Rech-nung getragen.

��Die Leitidee wirft auch die Frage auf, welche Kompetenzen notwendig sind, um professionell Handeln zu können.

Die Curriculare Struktur der Landesverordnung4 skizziert ein Kompetenzprofil für Lehrerinnen und Lehrer an rheinland-pfälzischen Schulen.

��Auch gilt es didaktisch-pädagogische Vorstellungen zur Kompetenzanbahnung und - ausfor-mung zu klären.

Die Einführungsphase intendiert die Ausformung der in der Curricularen Struktur skizzierten berufli-chen Handlungskompetenzen. Die didaktische Struktur der Einführungsphase basiert auf der Vorstel-lung, dass Kompetenzen in der Bearbeitung berufsnaher und problemhaltiger Lernsituationen ange-bahnt und (reflexiv im Lichte zukunftsweisender Erkenntnisse und Theorien der Bezugswissenschaf-ten re-, de-, kokonstruierend modifiziert bzw.) ausgeformt werden. Danach erfolgen Lernen und Kompetenzentwicklung durch die im stimmigen Handeln angestoßenen, unterlegten und abgesicherten Bewusstseins- bzw. Erkenntnisprozesse für das professionelle Han-deln. Die didaktische Strukturierung der Einführungsphase erfolgt in Analogie zur Umsetzung lernfeldorien-tierter oder modularisierter Lehrpläne. Abb. nach Bader/Müller5 Die Einzelkompetenzen der jeweiligen Module wurden dafür in eine übergeordnete fokussierte Hand-lungskompetenz gefasst. Außerdem wurden die einzelnen Module in sogenannten „Körben“ beschrie-ben und kontextuiert. Für die Module wurden landesweit 22 exemplarische Gerüste für Lernsituationen entwickelt. 4 Anlage 2 der L a n d e s v e r o r d n u n g über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen, an Realschulen plus, an Gymnasien, an berufsbildenden Schulen und an Förderschulen vom 3. Januar 2012 5 Bader, R. / Müller, M.(2004): Unterrichtsgestaltung nach dem Lernfeldkonzept, Bielefeld (W. Bertelsmann)

Exemplarische berufliche

Handlungssituation

Blick auf Bildungswissenschaf-ten und (Fach)Didaktiken als Referenz

Referenzkriterium

Personale

Handlungs- felder

Soziale

Handlungs- felder

Berufliche Handlungsfelder

von Lehrerinnen und Lehrern

Module der Curricularen Struktur

Didaktischer Filter

Ist die Situation berufsrelevant, paradig-matisch?

Ermöglicht sie transferförderndes Lernen? Ermöglicht sie theoriegeleiteten Kompe-tenzerwerb im Anwendungszusammen-

hang? Ist sie individuell und / oder berufskulturie-

rend bedeutsam? …

Lernsituation

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beschrieben und kontextuiert in „Körben“

Module der Curricularen Struktur

zusammengefasst in einer fokussierten Handlungskompetenz,

strukturiert in den Stufen der Vollständigen

Handlung

aufbereitet in Gerüsten von Lernsituationen, als didaktische Rekonstruktionen beruflicher Tätigkeiten

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Die Gerüste der Lernsituationen

�� orientieren sich am beruflichen Handlungsprozess. Durch „Rekonstruktion“ der beruflichen Handlungsfelder werden exemplarische berufliche Handlungssituationen ermittelt, die als Pla-nungsgrundlage für Lernsituationen geeignet sind.

�� stehen nicht am Ende des Lernprozesses, sondern gestalten den Lernprozess selbst. In ihnen werden komplexe Aufgaben- oder Problemstellungen als vollständige Handlung im Sinne der Handlungsorientierung bearbeitet.

�� strukturieren nicht nach fachsystematischen sondern nach handlungssystematischen Katego-rien.

�� haben im Sinne handlungsorientierten Lernens das Ziel, dass Kompetenzen weitgehend selbstgesteuert erworben werden können.

Die Gerüste der Lernsituationen sind bewusst in einem fließenden Format6 gestaltet. Sie sind offen mit Blick auf die Konkretisierung der jeweiligen Fragestellung, die im Prozess mit allen Beteiligten ausge-handelt wird. Ihre Offenheit manifestiert sich in der Vielfalt der möglichen Zugänge und Lösungswege sowie im auszuhandelnden Komplexitätsgrad. Sie eröffnen einen Rahmen, in dem theoriegeleitet und praxisorientiert Kompetenzen angebahnt und ausgeformt werden können. Die Lernsituationen zielen darauf ab, ganzheitliche Lernprozesse mit einem Höchstmaß an Selbststeuerung zu initiieren. Die stringente Orientierung an Handlungsprozessen ermöglicht eine Bearbeitung der Lernsituationen in den Stufen der Vollständigen Handlung. Die fokussierten Handlungskompetenzen werden in den Stufen der Vollständigen Handlung ausdifferenziert. Die Schleife deutet dabei an, dass Lernen und Kompetenzerwerb sich im Sinne einer konstruktivisti-schen Didaktik in evolutionären Schritten vollzieht, indem zwischen Erfahrungen und Reflexionen nach und nach ein höheres Niveau erreicht wird. Die gestrichelten Pfeilverbindungen symbolisieren Vor- und Rückgriffe in Anlehnung an die Theorie der Rückbezüglichkeit. 6 „Fließende Aufgabenformate“ sind nach Gerdsmeier dadurch gekennzeichnet, dass erst in der Auseinanderset-zung mit einer vorläufigen Problemstellung der Aufgabe Thematisierungen und Fragestellungen entstehen und Informationsvorgänge ausgelöst werden, die nach und nach zu Problemstellungen führen, die von Lehrenden und Lernenden gemeinsam für bedeutsam und bearbeitbar gehalten werden. Gerdsmeier, Gerhardt: Lernaufgaben für ein selbst gesteuertes Lernen. www.sowi-onlinejournal.de/2004-2, Veröffentlichungsdatum: 24.02.2005

Informieren

Entscheiden

Kontrollieren

Ausführen Planen

Bewerten

Bearbeitung von Lernsi-tuationen

in den Stufen der Voll-ständigen Handlung

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Die Bearbeitung der Lernsituationen erfolgt anhand von Lernjobs für die einzelnen Stufen der Voll-ständigen Handlung, die offene Arbeitsanregungen darstellen für

��die selbsttätig produktive Erschließung (SPE) , ��die Vorbereitung auf Basisveranstaltungen (BV), ��die Plenumsphasen im Rahmen der Basisveranstaltungen (BV), ��die Erkundung im Rahmen von Schulveranstaltungen (SV), ��die Vorbereitung auf fachdidaktischen Basisveranstaltungen (FD) sowie ��die Plenumsphasen im Rahmen der verschiedenen fachdidaktischen Veranstaltungen.

Für die Einführungsphase wurden Lernsituationen ausgewählt, die in besonderer Weise zur Weiter-entwicklung des Professionsverständnisses und pädagogischen Ethos anregen, Orientierung im Be-rufsfeld „Schule“ bieten sowie auf eine zukunftsweisende Gestaltung von Lernprozessen vorbereiten:

Lernjob Lernjob

Lernjob Lernjob Lernjob Lernjob Lernjob

Modul 1 Schule und Beruf Lernsituation 1

Sie setzen sich mit den Anforde-rungen und Erwartungen an den Beruf der Lehrerin/des Lehrers auseinander. Sie entwickeln Ihr individuelles Rollenverständnis und Ihr Kompetenzprofil selbstre-flexiv weiter und erkennen (eige-ne) Grenzen.

Modul 1 Schule und Beruf Lernsituation 3

Sie partizipieren aktiv an der kon-tinuierlichen Qualitätsentwicklung Ihrer Schule.

Modul 4 Unterricht

Lernsituation 2

Sie planen Ihren Unterricht für den nächsten didaktischen Abschnitt. Dabei berücksichtigen Sie die relevanten Kontexte (z.B. Lehr-pläne, schulinterne Vereinbarun-gen, Rahmenpläne der Ausbil-dung...).

Modul 2 Sozialisation, Erziehung, Bildung

Lernsituation 4

Sie erleben in ihrem professionel-len Handeln, dass unterschiedli-che Sozialisations- und Lebens-bedingungen wirksam werden. Sie gehen mit diesen unterschiedli-chen Wertorientierungen und Entwicklungsbedingungen profes-sionell um.

Modul 4

Unterricht Lernsituation 3

Sie gestalten auf der Basis lern-psychologischer und neurodidak-tischer Erkenntnisse aktivierende Lernarrangements zur Förderung beruflicher Handlungskompetenz. Ihr konzeptioneller Schwerpunkt liegt auf der Initiierung selbstge-steuerter und nachhaltiger Lern-prozesse.

Modul 5 Diagnose, Beratung, Beurteilung

Lernsituation 2

Sie suchen Zugänge zu den Res-sourcen Ihrer Lerngruppe. Sie ziehen daraus Rückschlüsse für die Begleitung der Kompetenz-entwicklung. Die Lernenden über-nehmen mit Ihrer Begleitung selbst die Verantwortung für ihr Lernen.

Modul 3 Kommunikation und Interaktion

Lernsituation 1 Aus aktuellem Anlass beabsichtigen Sie, einen Kompetenzschwer-punkt auf die Förderung der Teamfähigkeit zu legen. Mit Blick auf die erlebte Gruppendynamik eröffnen Sie Kommunikations- und Interaktionsräume.

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Das Angebot wird ergänzt durch die Bearbeitung einer weiteren, in Absprache mit der jeweiligen Pro-fessionellen Lerngemeinschaft ausgewählten Lernsituation. Die Lernsituationen werden parallel bearbeitet, um die Vernetzung zwischen den Situationen zu ver-deutlichen. Die parallele Anordnung ermöglicht es auch, die Erfahrungen an den (Ausbildungs) Schu-len unter verschiedenen Perspektiven zu reflektieren. Für die ausgewählten Lernsituationen der Einführungsphase liegt jeweils in Analogie zu didaktischen Halbjahresplanungen für den Unterricht eine Strukturierung vor. Sie benennt die Lernsituation und die zugrundeliegende fokussierte Handlungskompetenz. Die didaktische Struktur für die Bearbeitung der jeweiligen Lernsituation steht im Ordner der Ausbil-dungsgruppe im Modulportal des Studienseminars als Download zur Verfügung. Die Reflexion der Bearbeitung erfolgt im Entwicklungsbericht. Über die zeitliche Anordnung der einzelnen Elemente informiert der Veranstaltungsplan für die Einfüh-rungsphase.

vorgesehene Bear-beitungsform, z.B. SPE, BV

gibt die Stufe der vollständigen Handlung an

beschreibt die vor-geschlagenen Bear-beitungsmodi, ver-weist auf Lernjobs

weist Kontexte, Perspektiven und Materialien aus

benennt mögliche Handlungen in der Bearbeitung

benennt Ansprech-partner und vorge-sehene Zeiten

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��Die Leitidee „Exzellenz und Professionalität vom ersten Tag an“ erfordert eine schlüssige didaktische Orientierung im Ausbildungsangebot.

Um Professionalität vom ersten Tag an zu gewährleisten, haben wir uns am Studienseminar Neuwied in unseren Qualitätsleitsätzen zu einer stringenten ermöglichungsdidaktischen Ausrichtung unserer Ausbildung verpflichtet. Didaktik

ersten Grades (Bildungstheoretische Didaktik)

Didaktik zweiten Grades (-Lerntheoretische Didaktik)

Didaktik dritten Grades (Ermöglichungs- didaktik)

Didaktik- Generationen

Ziele Inhalte Methoden Medien

Ziele Inhalte Methoden Medien

Ziele & Konstrukte & Methoden & Medien

Leitthese Primat des Inhalts Interdependenz der Faktoren

echter Implikations- zusammenhang

Lernkultur typographische Lernkultur

multitypographische Lernkultur

Lernkultur pluraler Selbststeuerung

Leitfrage Was sollen Lerner lernen?

Wie sollen Lerner was lernen?

Wie entstehen Kompe-tenzen?

Intervention Vermitteln Arrangieren (bzw. „Entscheiden“)

Ermöglichen

Entwicklungsrichtung Abb. Die Verdichtung des didaktischen Implikationszusammenhanges7

Im Paradigmenwechsel von einer mechanistisch-linearen Vermittlungsvorstellung in ihrer „Steuerungs-illusion“ hin zu einem systemischen Verständnis von Lernprozessen favorisieren wir ein Höchstmaß an Selbststeuerung im Lernprozess. An die Stelle einer starren Strukturierung treten pädagogische Erfahrungs- und Sozialisations-Räume, die Lernenden Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Sie sind als anregende Lernwelten so gestaltet, dass sie eigenkompetente Wirklichkeitserschließung ermögli-chen.8 Die Prämissen eines konstruktivistischen Menschenbildes Autonomie/Koevolution (Selbstorga-nisation des Systems im sozialen Kontext) und Partizipation/Selbstverantwortung (Lehrende und Ler-nende nehmen aktiv teil an der gemeinsamen Konstruktion ihrer Lernwelten, für die sie wieder um rekursiv gemeinsam die Verantwortung tragen) bilden die Eckpfeiler eines Lebens- und Lernraumes, in dem vielfältige Beziehungen konstruiert werden und der Lernprozess als Dialog gestaltet wird. 9 Bereits vom ersten Tag der Ausbildung an bieten offene Lernarrangements im fließenden Aufgaben-format Möglichkeiten einer individuellen Akzentuierung, die an die jeweiligen Vorerfahrungen und Vor-kenntnisse anknüpfen. Die Vielfalt der (Ausbildungs-)Biografien sowie die Vielfalt der Ressourcen sehen wir als Chance, um kooperativ und kokonstruktiv offene Lernsituationen multiperspektivisch zu bearbeiten. Eigenverantwortung und Eigeninitiative verschränken sich mit einem hohen Grad an Parti-zipationsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Ausgestaltung von Ausbildungsveranstaltungen. An unterschiedlichen Lernorten eröffnen Begegnungen Erfahrungs- und Erlebnisräume für Beobach-tungen I. und II. Ordnung, die theoriegeleitet in die Ausbildungsveranstaltungen einfließen und in re-flexiv im Entwicklungsbericht ein Reframing durch Beobachtungen III. Ordnung erfahren. Der diskursive Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmungen begleitet die Ausformung selbstschär-fender Kompetenzen.

7 Arnold, Rolf (2005): Intervention?- Abschiede von pädagogischen Steuerungsillusionen. In: Sonderbeilage der GEW-Zeitung Rheinland-Pfalz 3-4/2005, XV 8 Arnold, Rolf / Ingeborg Schüßler (1998): Wandel der Lernkultur. Ideen und Bausteine für ein lebendiges Lernen. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), S. 17 9 Voß, Reinhard (2002): Unterricht ohne Belehrung- Kontextsteuerung- individuelle Lernbegleitung- Perspekti-venwechsel. In: Reinhard Voß (Hrsg.) : Die Welt in den Köpfen der Kinder. Neuwied (Luchterhand) S. 40f.

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��Die Leitidee „Exzellenz und Professionalität vom ersten Tag an“ impliziert nicht zuletzt auch

die Frage, was Exzellenz10 ausmacht. Im Bereich der Qualitätsentwicklung an Schulen wird eine exzellente Praxis hervorgehoben und aus-gezeichnet. Der deutsche Schulpreis wird beispielsweise jährlich an solche Schulen vergeben, die in allen sechs definierten Qualitätsbereichen gut und in mindestens einem Bereich herausragend sind. So liegt es nahe, dass auch an die Ausbildung am Studienseminar in zweifacher Blickrichtung ein Exzellenzanspruch gestellt werden kann. Zunächst richtet sich der Anspruch an uns, Ihnen eine exzellente Ausbildung zu ermöglichen. Unsere Qualitätsbereiche orientieren sich dabei an

• einer zeitgemäßen erwachsenenpädagogischen und berufpädagogischen Didaktik und deren stringenter Umsetzung,

• der Schaffung von Strukturen, die ein Höchstmaß an Selbststeuerung und Eigenverantwor-tung ermöglichen,

• einer individualisierten Begleitung, die die individuelle Kompetenzausformung und die Ausges-taltung eines eigenen Lehr-Lernkonzeptes prozessbezogen in symmetrisch-diskursiven Refle-xionen unterstützt,

• einem Selbstverständnis als lernende Organisation, das Innovation und Weiterentwicklung als Aufgabe nachhaltig gestaltet.

Aus einer weiteren Perspektive richtet sich der Anspruch an die Anwärterinnen und Anwärter in der Sensibilisierung für

• einen Exzellenzanspruch an das eigene Handeln, • die Verantwortung in Gestaltung eines zukunftsweisenden Bildes von Lernen, Schule und

Gesellschaft, • die Eigenverantwortung in der Ausformung exzellenter professioneller Kompetenzen, • Selbstreflexion und kontinuierliche Weiterentwicklung.

In der gemeinsamen rekursiven Verschränkung dieser Perspektiven kann die Leitidee

„Exzellenz und Professionalität von ersten Tag an“

ihre gestaltende Kraft entfalten.

10 In Analogie zur Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen 2005/2006 fordert die Bundesministerin für Bildung und For-schung, Prof. Dr. Johanna Wanka im Februar 2013 in einer Rede vor dem Bundestag: „Deswegen ist die große Aufgabe, eine Lehrerausbildung zu schaffen, die gute Lehrer in das System bringt. […] Die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“, die der Bund gestartet hat, ist ein entscheidender Pluspunkt, um den Nachwuchs entsprechend zu qualifizieren und mehr Wert darauf zu legen.“ http://www.bmbf.de/pub/reden/mr_20130222.pdf