Fachartikel: Die Reform der Korruptionsvorschriften

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Erschienen in comply. Fachmagazin für Compliance-Verantwortliche Oktober 2015

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  • www.comply-online.de1. JAHRGANG

    OKTOBER 2015SEITEN 1- 84

    ISSN 2364-7604

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    ESSENTIALS> RISIKENWir machen uns die Hndeschon nicht schmutzig

    Mehr Sicherheit fr Kritische Infrastrukturen

    Die EU-Datenschutz-Grundverordnung

    > INNOVATION Sneakpreview ISO 37001 Anti-bribery management systems

    MITTELSTAND> FORTBILDUNGMitarbeiterschulung zur Korruptionsprvention

    GLOBAL> RUSSLAND > CHINA > THAILAND

    PERSPEKTIVENEin Compliance-System ohne Grenzen

    SERVICE GUIDEbersicht CM-Software

    FACHMAGAZIN FR COMPLIANCE-VERANTWORTLICHE FACHMAGAZIN FR COMPLIANCE-VERANTWORTLICHE

    Best Practice fr Compliance und SicherheitBest Practice fr Compliance und Sicherheit

    Nein zur Korruption IN KOO P ER AT IO N M IT:

  • Die Reform der KorruptionsvorschriftenAuswirkungen auf das Compliance Management und Tipps zur Anpassung bestehender CMS an die geplante Gesetzesnderung.

    Die bevorstehende Reform des 299 StGB und die Neueinfhrung der 299a und 299b in das Strafgesetzbuch mglicherweise noch vor Jahresfrist sollte fr Compliance Offi cer als Anlass zur berprfung ihrer Zuwendungsrichtlinien und als Gelegenheit zur Kommunikation mit ihren Risiko-gruppen dienen. Insbesondere Unternehmen mit einer diff erenzierten Zuwendungspraxis sowie die Gesundheitsbranche drft en davon betroff en sein. Was sind mgliche Auswirkungen fr diese Unter-nehmen? Worauf sollten sie sich vorbereiten?

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    Brennpunkt

    comply. 2/2015 www.comply-online.de

    Worum geht es?

    Derzeit liegen zwei Gesetzesentwrfe der Bundes-regierung vor, die eine Reform der Korruptions-paragrafen des Strafgesetzbuches (StGB) vorsehen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Bekmpfung der Korruption enthlt Ausdehnungen des Amtstrger-begriff es auf europische Amtstrger sowie an die-ser Stelle hauptschlich relevant eine nderung des 299 fr Bestechlichkeit und Bestechung im geschft -lichen Verkehr.1 Der andere Entwurf eines Gesetzes zur Bekmpfung von Korruption im Gesundheitswe-sen betrifft die Einfhrung komplett neuer Normen, nmlich den 299a Bestechlichkeit im Gesundheits-wesen und spiegelbildlich 299b Bestechung im Gesundheitswesen.2 Mit Ersterem werden Vorgaben internationaler Organisationen, insbesondere der Europischen Institutionen, in deutsches Strafrecht umgesetzt, um grenzberschreitende und interna-tionale Korruption besser bekmpfen zu knnen. Mit Letzterem wird auf eine vieldiskutierte Entscheidung des Groen Senats des BGH von 2012 reagiert. Der sieht allgemein als Korruption empfundene Hand-lungen von niedergelassenen rzten als nicht durch das StGB erfasst an. Die dadurch entstandene Lcke soll mit den neuen Paragrafen gefllt werden.

    Da Bestechung und Bestechlichkeit zusammen mit Wettbewerbs- und Datenschutzdelikten von Compliance-Verantwortlichen regelmig als eines der fr ihr CMS relevantesten Rechtsgebiete angege-ben wird,3 mssen sich die Compliance Offi cer natr-lich mit Auswirkungen von nderungen in diesem Bereich auf ihre internen Systeme beschft igen.

    Was ndert sich?

    Neben der Ausweitung des Amtstrgerbegriff s der fr die meisten Compliance Offi cer vermutlich von eher untergeordneter Bedeutung sein drft e, da in den meisten Compliance-Richtlinien ohnehin bereits von einem weiten und oft internationalen Amtstrgerbegriff ausgegangen wird besteht die wesentliche nderung in der Erweiterung des 299. Dieser wurde ursprnglich aus dem UWG in das StGB berfhrt und schtzt in seiner aktuellen Fas-sung deshalb auch vorwiegend den freien und fairen Wettbewerb. Das Fordern, Sich-Versprechen-Lassen und die Annahme von Vorteilen als Gegenleistung fr die unlautere Bevorzugung im Wettbewerb wird unter Strafe gestellt. Mit der Neufassung soll nun zustzlich ein weiteres Rechtsgut geschtzt wer-den: das Interesse eines Unternehmensinhabers an der loyalen und unbeeinfl ussten Pfl icherfllung seiner Angestellten und Beauft ragten. Mit der Ein-fhrung dieses sogenannten Geschft sherrenmodells nimmt das deutsche StGB strker die international blichere Sichtweise von Korruption als Pfl ichtver-letzung eines Agenten gegenber seinem Prinzipal auf, wie sie sich z.B. auch im UK Bribery Act von 2010 wiederfi ndet.4

    Auerdem werden 299a und 299b neu eingefhrt. Laut Entwurf sollen zuknft ig Angehrige eines Heilberufes mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden, wenn sie einen Vorteil dafr for-dern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie beim Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten oder bei der Zufhrung von Patienten einen anderen in unlau-terer Weise bevorzugen oder in sonstiger Weise ihre Berufsausbungspfl ichten verletzen. Spiegelbildlich wird bestraft , wer einem Angehrigen eines Heil-berufes entsprechende Vorteile anbietet, verspricht oder gewhrt. Entsprechend der Gesetzesbegrn-dung sollen dadurch insbesondere Aktivitten des sogenannten Pharmamarketings sowie Zuweisungs-prmien unterbunden werden. Dies betrifft beispiels-weise unzulssige Entgelte fr die Verschreibung bestimmter Arzneimittel oder Prmien, die rzte von Kliniken, Laboren oder Sanittshusern fr die Zufhrung von Patienten oder Untersuchungs-material (z.B. Blut- oder Gewebeproben) erhalten.

    Haben die nderungen Auswirkungen?

    Auch wenn 299a und 299b in erster Linie dazu gedacht sind, eine Regelungslcke bzgl. niedergelasse-ner rzte zu schlieen und diese i.d.R. ber kein CMS verfgen, werden grere Unternehmen der Gesund-heitsbranche mit einem CMS Auswirkungen erwarten drfen. Die neuen Paragrafen gelten nmlich fr alle Angehrigen von Heilberufen, die regelmig auch in Unternehmen mit einem bestehenden CMS arbeiten wie z.B. in Kliniken, Sanittshusern, Laboren oder Apotheken. Die Compliance Offi cer dieser Unterneh-men sind zuknft ig in der Lage, auf ein Gesetz und ihre Verantwortung, Gesetzestreue im Unternehmen zu gewhrleisten, verweisen zu knnen, wo bisher lediglich Regelungen in Berufsordnungen und die Verantwortlichkeit der Berufsverbnde mageblich waren. Sie argumentieren somit wesentlich handfester und berzeugender, wenn es um die Annahme von Vorteilen geht. Gleichzeitig werden Compliance-Ver-antwortliche in Unternehmen der Pharma- oder Medi-zintechnikbranche deutlich schrfere Regelungen fr Einladungen, fr die Vergabe von Studien zur Anwen-dungsbeobachtung oder fr andere Zuwendungen fi n-den mssen, um ihr Compliance-Risiko zu reduzieren. Fr die Gesundheitsbranche ist diesbezglich ein Kul-turwandel zu erwarten.

    Dr. Jrg Viebranz

    Der Autor ist Compliance-Partner bei der digital spirit GmbH.

    299b StGB

    Bestechung im Gesundheits-

    wesen

    Reform der Vorschriften

    zu Korruption

    299a StGB

    Bestechlichkeit im Gesundheits-

    wesen

    299 StGBGeschfts-

    herrenmodell

    11 StGBAusweitung des Amtstrgerbe-

    griffsAbbildung 1: Reformnderungen der Korruptionsvorschrift en auf einen Blick

    Korruptionsprvention

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    Brennpunkt

    www.comply-online.de comply. 2/2015

    Genehmigungskriterien fr Zuwendungen mssen voraussichtlich angepasst werden

    Die meisten Unternehmen verfgen ber spezielle Richtlinien oder einen Verhaltenskodex, die die Vergabe von Zuwendungen wie Einladungen oder Geschenke regeln. Manche Unternehmen haben sich dabei auf einen eher radikalen Standpunkt wie eine Null-Euro-Grenze fr Prsente oder die Anwendung der eher strengen Kriterien fr Zuwendungen an Amtstrger auf alle Geschenke und Einladungen zurckgezogen. In vielen Unternehmen liegen hier aber vorwiegend zwei Entscheidungskriterien zugrunde. Zum einen wird regelmig berprft , ob es sich beim Empfnger um einen Amtstrger handelt oder, falls nicht, ob die Per-son an aktuellen oder bevorstehenden Beschaff ungs-vorgngen beteiligt und die Zuwendung sozialadquat ist. Mit der Erweiterung des 299 um die Pfl ichtver-letzung des Angestellten oder Beauft ragten werden zuknft ig auch zustzliche Mastbe angelegt werden mssen. Beruhigend drft e dabei zunchst sein, dass nicht schon das Anbieten einer Zuwendung an Ange-stellte eines Unternehmens, denen laut Verhaltensko-dex die Annahme von Geschenken oder Einladungen untersagt ist, eine strafb are Handlung darstellen soll. Allerdings muss voraussichtlich der Kreis der Personen, an die bestimmte Zuwendungen zu vergeben hoch-riskant ist, deutlich ausgeweitet werden. Beispielsweise war bislang das Anbieten eines Vorteils an den Sachbe-arbeiter einer Bank im Gegenzug fr die Vergabe eines gnstigen Kredits ohne Bonittsprfung durch den 299 nicht als Bestechung erfasst, weil der Wettbewerb nicht zuungunsten des Mitbewerbers beeinfl usst werden sollte. Dies stellt wohl zuknft ig eine Bestechungshand-lung entsprechend des Geschft sherrenmodells dar. Hier mssen sich die Compliance Offi cer aller Wahr-scheinlichkeit nach mit der Frage auseinandersetzen, wie ihre Richtlinien entsprechend anzupassen sind.

    Anpassungsaufwand und Gelegenheit zur Aktualisierung des CMS

    Wer als Compliance-Verantwortlicher bisher schon vor-sichtig war und Zuwendungen nur sehr restriktiv erlaubt hat, wird nur wenig oder gar keinen Anpassungsauf-wand haben. Unternehmen mit einer ausdiff erenzierten Zuwendungspraxis, also z.B. Unternehmen, die regel-mig Geschft spartner zu hochwertigen Events wie Autorennen oder Fuballspielen eingeladen haben und ein entsprechendes Richtlinien-, Prf- und Genehmi-gungssystem aufweisen, werden nicht umhin kommen, dieses System angemessen zu aktualisieren. Es ist aber nicht zu erwarten, dass die Prozesse vollstndig neu auf-zusetzen sind. Lediglich der Kreis der Adressaten und die Prfungskriterien werden wohl angepasst werden mssen. Diejenigen Unternehmen, die zwar hochwer-tige Einladungen aussprechen, aber kein entsprechendes Prfsystem vorweisen knnen, sollten die Reform zum Anlass nehmen, sich mit diesem Th ema zu befassen und ihre Korruptionsrisiken durch angemessene Manah-men zu managen.

    FAZIT

    Die Reform der Korruptionsparagrafen des StGB zieht mit Sicherheit einen Anpas-sungsaufwand fr die Compliance-Richt-linien in einigen Unternehmen nach sich. Sie bringt allerdings auch nur wenig wirk-lich Neues hervor. Die Anforderungen des 299a und 299b waren und bleiben Anfor-derungen an die rzte, die bereits durch die Berufsordnungen gestellt wurden. Auch die Einfhrung des Geschft sherrenprin-zips fi ndet sich schon in vielen Verhaltens-kodizes, insbesondere bei Unternehmen mit internationaler Ausrichtung. Fr alle Com-pliance-Verantwortlichen bietet sich aber durch die zu erwartende Aufmerksamkeit in der ff entlichkeit und bei ihren Fhrungs-krft en und Mitarbeitern die einmalige Gelegenheit, das Th ema Compliance und Korruption kommunikativ zu nutzen. Wer z.B. den Zeitpunkt fr Schulungen oder the-menspezifi sche Informationskampagnen bei den Risikogruppen geschickt whlt, kann sich einer erhhten Aufmerksamkeit und Sensibilitt eigentlich sicher sein. Dadurch knnen Compliance Offi cer gleichzeitig zwei Ziele erreichen: Einerseits die Sicher-stellung der Angemessenheit sowie Aktua-litt des eigenen CMS und andererseits die erhhte Sensibilisierung der Mitarbeiter fr das Th ema und eine Risikoreduktion.

    1 Letzter Stand vom 21. Januar 2015. Einsehbar ber die Webseite des Bundesministeriums fr Justiz und Verbrau-cherschutz BMJV unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/GE-Korruptionsbekaempfung.pdf?__blob=publicationFile

    2 Letzter Stand vom 29. Juli 2015. Einsehbar ber die Webseite des BMJV unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Gesetze/RegE_Korruption_Gesundheitswesen.pdf?__blob=publicationFile

    3 Vgl. z.B. die Studie Compliance im Mittelstand des Center for Business Compliance & Integrity von 2014, S.24 f. Hier geben 75 % bzw. 73 % der befragten Compliance-Verant-wortlichen (Compliance Offi cer, Compliance Manager und Geschft sfhrer mittelstndischer Unternehmen) an, dass Vermeidung von Bestechung bzw. von Bestechlichkeit fr sie relevante Th emen sind. Wettbewerbsdelikte und Datenschutz werden von 68 % bzw. 67 % als fr sie relevant angegeben

    4 Das Geschft sherrenmodell wird in der wissenschaft lichen, insbesondere in der konomischen Literatur auch hufi g als Prinzipal-Agent-Klient-Modell bezeichnet und stellt hier inter-national einen blichen Referenzrahmen dar. Vgl. u.a. Banfi eld (1975): Corruption as a Feature of Governmental Organizati-ons, Journal of Law and Economics 18(3), S. 587605, der das Modell erstmals eingefhrt hat oder auch aktuell Viebranz (2010): Mglichkeiten unternehmerischer Korrup-tionsprvention, S. 3439.

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