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Geoinformationen sind ein öffentliches, aber auch kommerziell genutztes, vor allem ein sehr wertvolles Gut. Vermessung: eine vielfältige Aufgabe mit interessanten Zukunftschancen. Science Fiction. Die Abwechslung für Leute in der Vermessungsbran- Es gibt heiße Diskussionen über Open Data, Kommerzialisierung und Datenschutz. Digitalisierung, der Einsatz von Künstlicher Intelli- genz, die Verwandlung der Kom- munen in Smart Cities sind im Vermessungswesen wichtige Themen. Offene Stellen winken. Klingt doch attraktiv für junge Leute – eigentlich. Ein Besuch der Messe Intergeo ist ein Besuch in einer Branche mit Tradition, in anderen Hallen wäh- nen sich die Bersucher_innen im che ist spannend, was auch Gre- gor Heidebring vom Vorstand der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen angezogen hat (Seite 2). Die Zahl junger Frauen, die sich über die Möglichkeiten im Reich der Geoinformationen erkundigen, steigt. Doch der Nachwuchs drängelt nicht gerade in die Ausbildungen, sei es an Hochschulen und Fach- hochschulen (Seite 1), sei es in Vermessungsbüros und Berufs- schulen (Seite 4). Denn die Attrak- tivität eines Berufes hängt auch am Gehalt, und da sieht es bei den Beschäftigten der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure gar nicht gut aus. Seit 2002 gibt es keinen neuen Tarifvertrag. Ein Problem, aber eines das gelöst werden kann, erklärt Andreas Fröhlich, Bereichsleiter Tarifpolitik Verlage, Druck, Papier und Indus- trie bei ver.di, in seinem Kommen- tar (Seite 3). W Susanne Stracke-Neumann Science“ oder „Bachelor/Master of Engineering“. Gerade die als „TU 9“ zusammengeschlossenen großen deutschen Technischen Hochschulen haben lange um den Erhalt des „Diplom-Ingenieurs“ als Markenzeichen deutscher Expertise gekämpft. Auch der Europäische „Dr.-Ing.“ ist gescheitert. Neben dem Streit um den Titel „Diplom-Ingenieur“ gab es auch Ärger um die Inge- nieur-Promotion. „4ING“, der Verein der Fakultätentage der In- genieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten, hatte beklagt, dass neue europäische Pläne zur Wissenschafts- und Bil- dungspolitik die Hochwertigkeit der Ingenieur- Promotion be- drohten. Darin wurde eine Zweiteilung der Promotions- formate (third cycle) in einen „PhD“ und ein „Engineering Doctorate“ vorgeschlagen. Kritik an den aus Großbritannien und den Niederlanden stammen- den Plänen kam auch von der Allianz der großen Technischen Universitäten „TU9“ und dem Bundesforschungsministerium. Laut „TU9“ werden die Pläne in- zwischen nicht mehr verfolgt. W sus Eine Branche mit vielen Chancen Die Vermesser_innen der Welt REPORT Informationen für Augenoptiker der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen im ver.di-Fachbereich 8 Sept. 2018 Vermessungswesen Viele Wege führen zum Bachelor und Master Studiengänge im Bereich des Vermessungswesens sind nicht besonders häufig und können verschiedene Namen tragen: Geodäsie, Vermes- sungswesen, Kartographie und Geomedien, Kartogra- phie oder Photogrammety and Geoinformatics. Die zum Teil auf Englisch gelehr- ten Fächer sind sowohl an Fach- hochschulen wie an Universi- täten zu finden, darunter auch ein zehnsemestriges Fern- studium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, die laut eigener Homepage – trotz Bologna-Reform – als Ab- schluss einen Diplomtitel verleiht. Auch als duales Studium geht es zum Bachelor, beispielsweise an der Hochschule Bochum im Pro- gramm „KIA – Kooperative Inge- nieursausbildung“, da parallel zum Studium eine Berufsausbil- dung Vermessungstechnik/Geo- matik/Fachinformatik aufgenom- men werden kann. Duale Ange- bote gibt es auch in Anhalt, Mün- chen und Würzburg. Die heutigen Abschlüsse heißen seit der Bologna-Reform, die Europas Hochschulentitel ver- gleichbarer und die Studierenden wanderungsfreudiger machen sollte, „Bachelor/Master of Sonderausgabe INDUSTRIE 1

Fachbereich Medien, Kunst und Industrie - u s g a b …+file++...und Geomedien, Kartogra - phie oder Photogrammety and Geoinformatics. Die zum Teil auf Englisch gelehr-ten Fächer

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Page 1: Fachbereich Medien, Kunst und Industrie - u s g a b …+file++...und Geomedien, Kartogra - phie oder Photogrammety and Geoinformatics. Die zum Teil auf Englisch gelehr-ten Fächer

Geoinformationen sind ein öffentliches, aber auch kommerziellgenutztes, vor allem ein sehr wertvolles Gut. Vermessung: eine vielfältige Aufgabe mit interessanten Zukunftschancen.

Science Fiction. Die Abwechslungfür Leute in der Vermessungsbran-

Es gibt heiße Diskussionen überOpen Data, Kommerzialisierungund Datenschutz. Digitalisierung,der Einsatz von Künstlicher Intelli-genz, die Verwandlung der Kom-munen in Smart Cities sind imVermessungswesen wichtige Themen. Offene Stellen winken.Klingt doch attraktiv für jungeLeute – eigentlich.

Ein Besuch der Messe Intergeo istein Besuch in einer Branche mitTradition, in anderen Hallen wäh-nen sich die Bersucher_innen im

che ist spannend, was auch Gre-gor Heidebring vom Vorstand derFachgruppe Industrie/IndustrielleDienstleistungen angezogen hat(Seite 2). Die Zahl junger Frauen,die sich über die Möglichkeitenim Reich der Geoinformationenerkundigen, steigt.

Doch der Nachwuchs drängeltnicht gerade in die Ausbildungen,sei es an Hochschulen und Fach-hochschulen (Seite 1), sei es inVermessungsbüros und Berufs-schulen (Seite 4). Denn die Attrak-

tivität eines Berufes hängt aucham Gehalt, und da sieht es beiden Beschäftigten der Öffentlichbestellten Vermessungsingenieuregar nicht gut aus. Seit 2002 gibtes keinen neuen Tarifvertrag. EinProblem, aber eines das gelöstwerden kann, erklärt AndreasFröhlich, Bereichsleiter TarifpolitikVerlage, Druck, Papier und Indus-trie bei ver.di, in seinem Kommen-tar (Seite 3). W

Susanne Stracke-Neumann

Science“ oder „Bachelor/Masterof Engineering“. Gerade die als„TU 9“ zusammengeschlossenengroßen deutschen TechnischenHochschulen haben lange um denErhalt des „Diplom-Ingenieurs“als Markenzeichen deutscher Expertise gekämpft.

Auch der Europäische „Dr.-Ing.“ist gescheitert. Neben dem Streitum den Titel „Diplom-Ingenieur“gab es auch Ärger um die Inge-nieur-Promotion. „4ING“, der Verein der Fakultätentage der In-genieurwissenschaften und derInformatik an Universitäten, hattebeklagt, dass neue europäischePläne zur Wissenschafts- und Bil-

dungspolitik die Hochwertigkeitder Ingenieur- Promotion be-drohten. Darin wurde eineZweiteilung der Promotions -formate (third cycle) in einen„PhD“ und ein „EngineeringDoctorate“ vorgeschlagen.

Kritik an den aus Großbritannienund den Niederlanden stammen-den Plänen kam auch von derAllianz der großen TechnischenUniversitäten „TU9“ und demBundesforschungsministerium.Laut „TU9“ werden die Pläne in-zwischen nicht mehr verfolgt. W

sus

Eine Branche mitvielen Chancen

Die Vermesser_innen der Welt

R E P O R TInformationen für Augenoptiker der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen im ver.di-Fachbereich 8 Sept. 2018

Vermessungswesen

Viele Wege führen zum Bachelor und MasterStudiengänge im Bereich desVermessungswesens sindnicht besonders häufig undkönnen verschiedene Namentragen: Geodäsie, Vermes-sungswesen, Kartographieund Geomedien, Kartogra-phie oder Photogrammetyand Geoinformatics.

Die zum Teil auf Englisch gelehr-ten Fächer sind sowohl an Fach-hochschulen wie an Universi-täten zu finden, darunter auchein zehnsemestriges Fern -studium an der Hochschule fürTechnik und Wirtschaft Dresden,die laut eigener Homepage –trotz Bologna-Reform – als Ab-

schluss einen Diplomtitel verleiht. Auch als duales Studium geht eszum Bachelor, beispielsweise ander Hochschule Bochum im Pro-gramm „KIA – Kooperative Inge-nieursausbildung“, da parallelzum Studium eine Berufsausbil-dung Vermessungstechnik/Geo-matik/Fachinformatik aufgenom-men werden kann. Duale Ange-bote gibt es auch in Anhalt, Mün-chen und Würzburg.

Die heutigen Abschlüsse heißenseit der Bologna-Reform, dieEuropas Hochschulentitel ver -gleichbarer und die Studierendenwanderungsfreudiger machensollte, „Bachelor/Master of

Sonderausgabe

I N D U S T R I E

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Informationen für Augenoptiker der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen im ver.di-Fachbereich 8 Sept. 2018

Seit beinahe 150 Jahren ist der DVWein Berufsverband für Geodätinnen undGeodäten in Deutschland.

Der DVW organisiert Fort- und Weiterbil-dungsmaßnahmen, auch zur Arbeitssicher-heit, und kümmert sich um die Gewinnungvon Nachwuchs für den Berufsstand. DieINTERGEO ist, laut DVW, „als weltweitgrößte Fachmesse für Geodäsie, Geoinfor-mation und Landmanagement das Aushän-geschild des DVW und zieht Jahr für Jahrmehr interessiertes Fachpublikum in ihrenBann“. Der DVW hat über 7000 Mitgliederaus Hochschulen und der beruflichen Praxisund veröffentlicht eine Schriftenreihe. DerDVW veranstaltet jährlich an wechselndenStandorten in Deutschland die INTERGEO.

Kongress und Leitmesse versuchen, allewichtigen Trends, die sich entlang der ge-samten Wertschöpfungskette entwickeln, zuerfassen: von der Erhebung geobasierterDaten über die Veredelung bis zur system -integrierten Applikation. Die beiden jüngs-ten Veranstaltungen waren geprägt vom Einsatz von Drohnen für zahlreiche Vermes-sungsaufgaben bis hin zum Katastrophen-schutz und der Waldbrandbekämpfung, derEntwicklung der Smart City und den durchdie Digitalisierung veränderten Anforderun-gen in Bildung und fachlicher Ausbildung.Messe und Kongress bemühen sich, alsFortbildungsveranstaltung anerkannt zuwerden. Dafür sind die Kriterien und Mög-lichkeiten in den Bundesländern allerdingssehr verschieden. W

Nächste Termine der INTERGEO:

W 16.–18.10.2018: Frankfurt am Main

W 17.–19.09.2019: Stuttgart

W 13.–15.10.2020: Berlin

W 21.–23.09.2021: Hannover

W 18.–20.10.2022: Essen

W 10.–12.10.2023: Berlin

www.dvw.de

Messe und Seminare

DVW – Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement veranstaltet auch die INTERGEO

Der Charlottenburger GregorHeidebring konnte sich nachder Realschule nicht so rechtfür einen Beruf entscheiden.Da fragte seine Mutter: „Willstdu nicht Landvermesser wer-den?“

Das passte: Er mochte Mathe undwollte nicht dauernd im Büro sitzen. So absolvierte er 1973/74eine Lehre in einem Büro einesÖffentlich bestellten Vermes-sungsingenieurs. Dieser Brancheist er bis heute treu geblieben,auch wenn er nach der Ausbil-dung erst einmal wieder zurSchulbank in einer Fachhoch-schule in der Spandauer Zitadellezurückkehrte. „Die Ausbildungs-zeit war anstrengend“, sagt Heidebring im Rückblick, „ aberich habe danach nie wieder eineso gute Lernsituation gehabt.“

Die nächste Station war die Beuth-Fachhochschule, doch der Andrangwar groß und Heidebring über-brückte die Wartezeit in seinem Lehr betrieb, dem er auch später in

den Semesterferien als Jobber treublieb. Auch nach dem Studiumging es zu einem ÖbVI. Das warihm lieber als die Ver waltung,„weil die Aufgaben vielfältigersind“. Allerdings: „Bei Bodenfrostnach Grenzsteinen zu suchen,macht nicht wirklich Spaß.“

Spaß macht ihm die Gewerk-schaftsarbeit: Heidebring sprichtfür die Angestellten der Öffentlichbestellten Vermessungsinge-nieure, in der Arbeitsgruppe wie

im Bundesvorstand der Fach-gruppe. Auch im LandesvorstandBerlin-Brandenburg ist er dabei.Die Angestellten der ÖbVIs gehö-ren zu den Berufsgruppen, dieMitglieder gewinnen dürfen, dochdas ist schwierig bei rund 1300Büros mit durchschnitt lich sechsbis neun Mitarbeitern. Für ver.diwar er Prüfer für Vermessungs - gehilfen im damaligen Prüfungs-ausschuss und ist heute nochehren amtlicher Richter beim Landes arbeitsgericht.

Sein Hobby ist das Bogenschie-ßen, am liebsten das 3-D-Bogen-schießen im Wald, das der Jagdnachempfunden ist. Eigentlichhatte er seine Töchter nur zueinem Bogen-Schnupperkurs begleitet, inzwischen hat er andeutschen Meisterschaften in „3-D“ teilgenommen. 2010 und2017 errang er mehrere Meister -titel, 2011, 2014 und 2018 wurdees Silber. An der Weltmeister-schaft 2017 und der Europameis-terschaft 2018 nahm er ebenfallsteil. So reist er von Frühjahr bisHerbst zu vielen Turnieren, zu-sammen mit seiner Frau, die ähn-lich erfolgreich ist.

„Abschalten, runterkommen“,das ist für ihn der Reiz des Bogenschießens. Und wenn eswieder einmal nicht so klappensollte, ist es im Bogensport wie sooft im Leben, denn „hier fängtdas Problem meist hinter demHandgelenk an.“ W

Susanne Stracke-Neumann

Im Bundesvorstand

Gregor Heidebring aus Berlin vertritt die Angestellten der ÖbVIs in der Fachgruppe

F ot o: St ef an K re ns ki

Gregor Heidebring

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Informationen für Augenoptiker der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen im ver.di-Fachbereich 8 Sept. 2018

Wer in einem der etwa 1.300Büros der Öffentlich bestell-ten Vermessungsingenieure(ÖbVI) arbeitet, trägt dazubei, dass unsere Mobilität un-terstützt, Umwelt- und Klima-schutz betrieben und dieGrenzen von Grundstückenrichtig vermessen werden.Die Aufgaben von Vermes-sungs- und Geoinformations-technikern (Geomatikern)sind für unsere Daseinsvor-sorge unerlässlich.

Die rund 10.000 Beschäftigten beiÖffentlich bestellten Vermes-sungsingenieuren unterstützenbei der Bewertung von bebautenund unbebauten Grundstücken,sind an der Planung und Umset-zung von sicheren Verkehrswegenbeteiligt und leisten Beiträge füreinen verbesserten Katastrophen-schutz. Die Aufgaben werdenvielfältiger, anspruchsvoller undkomplexer. Was früher in techni-schen Zeichnungen auf Papierdargestellt wurde, wird heute inGeoinformationssysteme einge-geben und verarbeitet. Nicht selten gehört das Erstellen vonspeziellen Programmen oder dasProgrammieren von Internetsei-ten zu den Arbeiten im Vermes-sungsjob. Wichtige Daten für dieVerhinderung oder Bekämpfungvon Waldbränden und Überflutun-gen und für Forschungszweckebis hin zur Weltraumforschung

werden von Vermessungsfachleu-ten geliefert.

Man sollte also meinen, dassdiese Berufe nachgefragt sind.Dem ist nicht so. Der Arbeitgeber-verband Bund der Öffentlich be-stellten Vermessungsingenieuree.V. (BDVI) beklagt auf seinerHomepage, dass die Vermes-sungstechnik unter die Top 10 derEngpassberufe fällt. Will heißen:Hier zeigt sich ein deutliches Fach- kräfteproblem. Zudem ist in denBerufen der Vermessungstechnikkaum Nachwuchs in Sicht.

Ein hausgemachtes Problemder Arbeitgeber

Wer sich für hochqualifizierteAusbildungsberufe wie Geomati-ker oder Vermessungstechnikerinteressiert oder gar ein ent -sprechendes Ingenieursstudiumabsolviert, schaut auch auf die

Arbeits bedingungen, die zu er-warten sind. Und die sind zumin-dest bei Öffentlich bestelltenVermessungsingenieuren schlecht.Der letzte Tarifvertrag für derenAngestellte wurde im Jahr 2002abgeschlossen. Seither verweigertder Arbeitgeberverband BDVI Tarifverhandlungen mit ver.di.Wer in der Berufsorientierung aufEntlohnung, Arbeits- und Urlaubs -zeiten schaut, sieht sich miteinem Tarifvertrag konfrontiert,der seitdem nur noch nachwirktund daher für Neueinstellungennicht gilt.

Schlimmer noch: In vielen Regio-nen, insbesondere in den neuenBundesländern sind die Gehältersogar abgesenkt worden. Bei tariflichen Anfangsgehältern, dieseit 2002 nicht mehr angehobenwurden und für Fachkräfte zwi-schen 1.400 und 1.600 Euro undfür Hochschulabsolventen bei1.700 Euro liegen, darf man sichnicht wundern, wenn Fachkräfte-mangel herrscht. Das Problem be-ginnt schon beim Berufseinstieg:Während die tariflichen Ausbil-dungsvergütungen für Vermes-sungstechniker im öffentlichenDienst seit 1. Januar 2018 mit936,82 Euro im ersten Ausbil-dungsjahr starten und im drittenAusbildungsjahr bei 1.040,61Euro liegen, dümpeln sie bei denÖbVI mit 500 Euro im ersten und590 Euro im dritten Ausbildungs-

jahr vor sich hin. Nicht nur, dassdie Arbeitgeber ihren heute Be-schäftigten eine geringe Wert-schätzung entgegenbringen, siehaben sich damit beim Nach-wuchs ein hausgemachtes Pro-blem organisiert. Die in der Ver- gangenheit gemachten Angebotevon ver.di an den BDVI, die Jobsbei den ÖbVI durch Tarifbindungattraktiver zu machen, sind nichtaufgegriffen worden. Angesichtsder seit Jahren stagnierenden Ge-hälter und einem Reformstau beiden Arbeitsbedingungen wäre dieAufnahme von Tarifverhandlun-gen dringend geboten. Allerdingsscheinen Appelle an die Arbeit -geber wirkungslos.

Angestellte bei ÖbVIs orga-nisiert Euch! – Ihr verdientWertschätzung!

Abhilfe können die Beschäftigtenbei ÖbVI nur erreichen, wenn siesich gewerkschaftlich organisie-ren und Tarifschutz einfordern.Verbesserungen können nur ge-meinsam und durch kollektivesHandeln erzielt werden. AndereBerufsgruppen haben das er-kannt, wie an den jüngsten Aktio-nen der Piloten und Flugbegleiterbei Ryanair und in vielen anderenBranchen zu sehen ist. W

Andreas FröhlichBereichsleiter Tarifpolitik Verlage, Druck,Papier und Industrie

Arbeitssituation – Ein Kommentar

Sie vermessen die Erde, haben anspruchsvolleAufgaben, aber keinen aktuellen Tarifvertrag

Es gibt ihn in allen deutschen Bundes-ländern, nur in Bayern gibt es ihn (noch)nicht: Den Öffentlich bestellten Vermes-sungsingenieur ÖbVI.

Schon vor über 30 Jahren hatte eine vomFreistaat berufene Kommission zur Verwal-tungsvereinfachung die Einführung des ÖbVIals ein langfristig notwendiges Ziel benannt.Doch bis heute sind die hoheitlichen Auf -

gaben, die in anderen Bundesländern vonden privaten Vermessungsbüros übernom-men werden können, reine Staatsangelegen-heit.

Das soll sich ändern, finden der Ingenieur-verband Geoinformation und VermessungBayern IGBV, der Verband Beratender Inge-nieure VBI und der Verband Deutscher Ver-messungsingenieure VDV. Deshalb haben sie

ein gemeinsames Konzept zur Einführungdes ÖbVI in Bayern erarbeitet. Der BDVI, derBund der Öffentlich bestellten Vermessungs-ingenieure, bietet für die Einführung im Frei-staat seine Hilfe an.

Hartmut Loewenthal, der sich ehrenamtlichfür ver.di besonders in der Ausbildung vonVermessern engagiert hat, schätzte schon2012 im Industrie-Report, dass durch dieDurchsetzung von EU-Recht langfristig keinWeg an der Abschaffung der bayerischenSonderrolle vorbei führe. Passiert ist bishernichts. W sus

Sonderstatus

ÖbVI bald auch in Bayern?

F ot o: St ef an ie H er bs t

Andreas Fröhlich

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Informationen für Augenoptiker der Fachgruppe Industrie/Industrielle Dienstleistungen im ver.di-Fachbereich 8 Sept. 2018

Natürlich gibt es schon seitder Antike Landkarten, dochden heutigen Ausbildungs -beruf Geomatiker_in gibt es in Deutschland erst seit 2010.

Die Vorläufer waren der Kartoli-thograph, der 1938 eingeführtwurde und 1959 mit dem Land-kartenzeichner (seit 1942) zumKartophen verschmolz und derVermessungstechniker (seit1940).

Die Neuordnung der beiden Berufe wurde 2010 durch die Ein-führung der Geoinformations -systeme nötig, die Digitalisierunghielt auch hier Einzug. Die Aus -bildung dauert drei Jahre. Dabeiwird auch heute noch unter -schieden: „Zwei Berufe: Geo -matiker_in und Vermessungs-techniker_in, sind über gemein-same Ausbildungsinhalte voneinem Jahr zu Beginn der Ausbil-dung miteinander verbunden, dieInhalte der beiden Berufe Karto-graph_in und Bergvermessungs-techniker_in werden in jeweilseinem der beiden Berufe inte-griert und als eigenständige Be-

rufe aufgehoben“, schreibt dasBundesinstitut für Berufsbildung(BIBB) in seiner Berufsbeschrei-bung. Die „Prozesse des Geo -daten-Managements“ sollen dieAbsolvent_innen gestalten kön-nen, aber auch Marketingstrate-gien beherrschen. „Damit werdendie umfassenden Nutzungs- undAnwendungsqualifikationen vonInformations- und Kommunikati-onssystemen der Geomatik in diesem Beruf mit vermessungs-technischen Elementen, gestalte-rischen Elementen der Kartogra- phie und neuen Inhalten der Pho-togrammetrie und Fernerkundungverbunden“ beschreibt das BIBB.Die Ausgebildeten arbeiten im

öffentlichen Dienst oder in privat-wirtschaftlichen Firmen der Geoinformationsbranche, insbe-sondere in Dienststellen des Vermessungs-, Kataster- und Geo-informationswesens, in Betriebenund Verlagen der Kartographie, in Betrieben der Fernerkundungund in Betrieben und Dienststel-len mit Anwendung der Geo -informationssysteme.

Im Jahr 2016 gab es laut BIBB171 neue Azubis und 123 Aus -gelernte, davon ein Drittel jungeFrauen in diesem Beruf – in ganzDeutschland. Laut BIBB liegt dieAbbrecherquote derzeit bei fastelf Prozent.

Bei den 171 neuen Azubis ist dasGeschlechterverhältnis ebenfallszwei Drittel junge Männer, einDrittel junge Frauen. Mit dem Re-alschulabschluss bewarben sich45 Personen, darunter 18 Mäd-chen. Der größere Teil hat dasAbitur oder das Fachabitur ge-macht. Daher liegt das Alter derAnfänger_innen überwiegendzwischen 18 und 20 Jahren, aberauch in der Gruppe der 24- bis39-Jährigen gab es noch 27 Azu-bis. Einen davon stellte ver.di Publik in der Ausgabe 2/ 2018vor. W sus

www.bibb.de

https://tinyurl.com/y7uwwk4e

Duale Ausbildung

Geomatikberuf hat Vorfahren

ImpressumHerausgeber: Frank Werneke (stellv. Vorsitzender); Rudolf Zink, Ressort 3Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft –ver.diPaula-Thiede-Ufer 10 · 10179 BerlinPostanschrift: 10112 Berlinhttp://medien-kunst-industrie.verdi.de/E-Mail: [email protected]

Redaktion: Susanne Stracke-Neumann

Layout: einsatz, Wolfgang Wohlers

Fotos: Alle nicht gekennzeichnetenSusanne Stracke-Neumann

Druck: alpha print medien AG, Darmstadt

Auflage: 2000 · September 2018

Abb.: BIBB

F ot o: Ch r. v. Po le nt z

Arbeit gibt es für Geomatiker_innen und Vermessungsingenieur_innen auch im öffentlichen Dienst, wie in den Kataster-/Vermessungsämtern, die in den Berliner Bezirken als Fachbereich Vermessung in den Rat-häusern angesiedelt sind. Auch sie haben ihren Platz in ver.di. https://tinyurl.com/y7bkcwcd

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