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LANDFRIEDENSBRUCH HINTERGRUNDINFOS DER SOZIALISTISCHEN JUGEND ÖSTERREICH

FACTory: Landfriedensbruch

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Page 1: FACTory: Landfriedensbruch

Landfriedensbruchhintergrundinfos der

soZiaListischen Jugend Österreich

Landfriedensbruchhintergrundinfos der

soZiaListischen Jugend Österreich

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„Landfrieden“ – ein Wort das in letzter Zeit immer wieder in den Medien und politischen Diskussionen auftaucht. In diesem Factory haben wir daher kurz die wichtigsten Fakten rund um den Landfrieden, den Landfriedensbruch, und die politischen Hintergründe zu-sammengefasst.

Vorgeschichte Mafiaparagraph

Der Wiener Neustädter Tierschutzprozess endete mit Freisprüchen für sämtliche Beteiligte. Ihnen wurde die „Bildung einer kriminellen Organisation“, der sogenannte „Mafiaparagraph“ (§ 278a StGB Kriminelle Organisation) vorgeworfen. Der „Mafiaparagraph“ wurde 1993 gleich-zeitig mit einem Paragraphen gegen Geldwäsche (§165 StGB) eingeführt. Ge-meinsam sollten sie genutzt werden um gegen organisierte Kriminalität zu kämp-fen. Wichtig hierbei ist, dass durch diesen Paragraphen schon alleine die Mitglied-schaft in einer „kriminellen“ Organisati-on bzw. Vereinigung strafbar wurde – Es musste also von Einzelnen selbst keine Straftat mehr begangen werden.

Als Merkmale krimineller Organisationen gelten folgende Punkte:• Sie besteht aus einer größeren An-

zahl von Personen (in der Praxis ab 10 Personen).

• Sie ist auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit ausgerichtet

• Sie ist „unternehmensähnlich“, d.h. sie zeichnet sich durch arbeitstei-liges Vorgehen, eine hierarchische Struktur und eine gewisse Infra-struktur aus

• Ihr - wenn auch nicht ausschließli-cher - Zweck ist die wiederkehrende und geplante Begehung schwer-wiegender strafbarer Handlungen gegen Leben, körperliche Unver-sehrtheit, Vermögen bzw. im Bereich sexuelle Ausbeutung, Schlepperei, Falschgeld und dgl.

• Ihr Ziel ist die Bereicherung ODER ein erheblicher Einfluss auf Politik und Wirtschaft (einer der beiden Tatbestände muss erfüllt sein)

• Zu ihrer Aufrechterhaltung bedient sich die Organisation der Korruption, der Einschüchterung von Personen ODER schirmt sich auf besondere Weise ab (einer der beiden Tatbe-stände muss erfüllt sein)

Durch massiven politischen und medi-alen Druck änderte die Regierung den „Mafiaparagraphen“ wieder, sodass die-ser nicht mehr gegen politischen Aktivis-mus angewandt werden kann.

Landfriedensbruch? Seitdem dieser Paragraf damit nicht mehr zur Kriminalisierung von politischem Ak-tivismus herangezogen werden kann, scheint der Trend um sich zu greifen, Prozesse gegen politische AktivistInnen auf den § 274 StGB (Landfriedensbruch) zu stützen. Wer wissentlich an einer “Zu-sammenrottung einer Menschenmenge” teilnimmt, bei der es zu einem Mord, Tot-schlag, einer schweren Körperverletzung oder schwerer Sachbeschädigung kommt, macht sich laut Gesetzestext, strafbar.

Wo liegt die Problematik?

Der Paragraf 274 StGB in seiner heutigen Form stammt aus dem Jahr 1974. Prob-lematisch ist, dass nicht die Tat selbst be-straft wird, sondern schon ein “riskantes Verhalten”. Im Fall des Landfriedensbruchs bedeutet das, dass man wissentlich teil-genommen haben muss. Man muss also nicht seine Zustimmung zu schweren Sachbeschädigungen oder Körperverle-

Was ist Landfriedensbruch eigentLich?

Als (Wiener neustäd-ter) tierschütze-rinnenprozess ist ein prozess gegen 10 tierrechtsAktivistin-nen bekAnnt geWor-den. die meisten dieser Aktivistinnen WAren beim vgt (verein gegen tierfAbriken) Aktiv.gegen sie Wurde seit 2007 ermittelt, 2008 Wurden sie verhAftet.

factory short:

tierschutzprozess

Als grundlAge diente der pArAgrAph 278a. ihnen Wurden über 200 strAftAten zur lAst gelegt. der prozess dAuer-te von märz 2010 bis mAi 2011. im mAi Wur-den Alle in erster instAnz freigespro-chen, rechtskräftig Wurden die letzen freisprüche in dieser cAusA Am 2.Juni 2014.

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Werde Aktiv!veränderungen fAllen nicht vom himmel, son-dern müssen gemeinsAm erkämpft Werden. Wenn Wir etWAs verändern Wollen, müssen Wir uns orgAnisieren. tAusende Jugendliche orgAnisie-ren sich bereits in der sJ, um die gesellschAft zu verändern. Aber Wir sind noch nicht genug: dArum sei dAbei, bring dich ein und mAch mit – get Active!

Das zeigt den Willen, den besagten Para-graphen gegen politische AktivistInnen zu etablieren.

ausWirkungen

• VersammlungsteilnehmerInnen kann während Untersuchungen vor-schnell pauschal „Wissentlichkeit“ unterstellen werden

• Damit können ganze Demonstratio-nen kriminalisiert werden

• Teilnehmende politischer Demons-trationen werden so pauschal unter Strafverdacht gestellt

Sollte es zu einer Verurteilung im Fall Jo-sef kommen, wird damit ein gefährliches Exempel für zukünftigen politischen Ak-tivismus statuiert. Deswegen fordern wir die Abschaffung des § 274 StGB!

Im Wortlaut hört sich das dann wie folgt an:

§ 274 Stgb landfriedenSbruch

(1) Wer wissentlich an einer Zusammen-rottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, daß unter ihrem Einfluß ein Mord (§ 75), ein Totschlag (§ 76), eine Körperverletzung (§§ 83 bis 87) oder eine schwere Sachbeschädigung (§ 126) began-gen werde, ist, wenn es zu einer solchen Gewalttat gekommen ist, mit Freiheits-strafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer an der Zusammenrottung führend teilnimmt oder als Teilnehmer eine der im Abs. 1 angeführten strafbaren Handlungen ausführt oder zu ihrer Ausführung beige-tragen hat (§ 12), ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer sich freiwillig aus der Zusammenrottung zurückzieht oder ernstlich zurückzuzie-hen sucht, bevor sie zu einer Gewaltan-wendung geführt hat, es sei denn, daß er an der Zusammenrottung führend teilge-nommen hat.

der fall JoSef

Seit der Demonstration gegen den Wiener Akademikerball findet sich ein politischer Aktivist, Josef, unter der Anklage des Land-friedensbruchs in Untersuchungshaft. Zu-sätzlich wird ihm die „Rädelsführerschaft“, ein Begriff aus dem Mittelalter, angehängt. Er allein soll die Proteste „geführt“ haben und für den entstandenen Sachschaden verantwortlich sein. In der Anklageschrift wird auf die politische Motivation der De-monstration eingegangen, aber keineswegs positiv. Der Grund für die Demonstration wird außer Acht gelassen, und politischer Aktivismus wird delegitimiert.

zungen äußern – es reicht schon, nicht eingeschritten zu sein oder sich nicht vom Tatort entfernt zu haben.

In der Theorie kann das bedeuten, dass auf einer Demonstration 300 Menschen anwesend sind. Am Ende des Demo-zuges wird ein Mistkübel umgeworfen, eine Fensterscheibe geht kaputt oder ein sonstiger Sachschaden entsteht. Der tat-sächliche Sachschaden ist minimal. Nun könnte trotzdem allen DemonstrantInnen „Wissentlichkeit“ unterstellt werden und sie somit nach §274 belangt werden - sie haben somit eine Straftat begangen.

lAnge gAlt der pArA-grAph 274 Als „totes recht“, er fAnd kAum AnWendung. dAs ändert sich:• von 1974-2003 gAb es

nur 23 verurteilun-gen (16 dAvon 1998)

selbst bei grossen opernbAlldemos 1989 & 1990 Wurde niemAnd nAch § 274 belAngt.

• dAnn Wurden zWi-schen 2008-2010 plötzlich 25 perso-nen Wegen lAndfrie-densbruch verur-teilt.

• Allein im JAhr 2012 WAren es 75.

• im JAhr 2014 Wird momentAn gegen über 500 -zumeist unbekAnnte- perso-nen ermittelt.

factory short:

lAndfriedensbruch

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Quellen: http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=151&Itemid=77http://derstandard.at/1395363034746/Ein-Gesetz-wird-aus-dem-Schlaf-geruettelthttp://www.jusline.at/274_Landfriedensbruch_StGB.htmlhttp://soli2401.blogsport.eu/