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JUNI–AUGUST 2010 4,90 € MAGAZIN FÜR TECHNIK · STRASSE · SPORT 0210 E/GR € 6,30 CHF 9,30 € 4,90 ENDURANCE WM: HöLLE LE MANS EMOZIONE E PASSIONE: MOTO GUZZI MGS-01 UNTERWEGS MIT TRAUMBIKES: MV AGUSTA F4 APRILIA RSV4 FAMILIENFEST: DIE 1.000 KM HOCKENHEIM VIER MARKEN! GROSSER REIFENTEST SERVICE: MOTORSPORT-VERSICHERUNGEN SPECIAL: GROSSER REIFENTEST SCHWARZ STARK SPONDON CLASSICS: Laverda 886 SFR – As time goes bike BIKE-ELEKTRONIK: CAN-Bus / Alles über GPS-Laptimer Fahrtest: GripOne Traktionskontrolle ISLE OF MAN 2010: TT-SPECIAL!

FASTBIKE 0210

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Magazin für Technik, Strasse, Sport

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Page 1: FASTBIKE 0210

Juni–August 2010 4,90 €MAgAZin FÜR technik · stRAsse · spoRt

0210

E/G

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6,30

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30 €

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EndurancE WM:

hölle le MANS

emozione e passione: Moto guzzi MgS-01Unterwegs mit traUmbikes:

MV AgustA F4ApriliA rsV4

familienfest:die 1.000 km hockenheim

Vier MArken! Grosser reifentest

  service: MotoRspoRt-veRsicheRungen  special: gRosseR ReiFentest

schwarz

starkspondon

ClAssiCs: Laverda 886 SFR – As time goes bike

Bike-elektronik: CAN-Bus / Alles über GPS-Laptimer Fahrtest: GripOne Traktionskontrolle

isle of man 2010:

TT-Special!

Page 2: FASTBIKE 0210

52DIRK IN GEFAHR!

56DIE 24 H VON LE MANS

76LAVERDA

68GUY MARTIN

23REIFENSPECIAL

92DER BIKE-DOMPTEUR

�  02/2010

Page 3: FASTBIKE 0210

6 NEWS 10 TErmiNE

BIKES�� moTo guzzi mgS-0176 lavErda 886 Sfr

racIng12 diE 1.000 km hockENhEim „Warum eigentlich?“80 idm: 1. lauf EuroSpEEdWay lauSiTz Große Talente auf kleinen Bikes

TEchnIK32 rairoTEc – TEil 2�0 allES übEr gpS-lapTimErEffektiver trainieren mit Hilfe aus dem All50 caN-buS iN moTorrädErN52 gripoNE TrakTioNSkoNTrollEFunktionstest mit 205 PS!66 ikoNE: ÖhliNS TTX 36

TEST: nEuE rEIfEn2� coNTi road aTTack 226 duNlop SporTSmarT28 mETzElEr SporTEc m530 pirElli diablo roSSo corSo

MEnSchEnTT-SpEcIal:

68 guy marTiN, roadracErDer smarte Wolverine aus England

7� fEaTurE: pSychE dEr TT-racEr

claSSIcS18 SpoNdoN kaWaSaki z100092 hEldEN: Elmar gEulEN

EndurancE wM56 SchlafloS iN lE maNS

rEpOrTagE3� EXpEdiTioN Nach dilETTaNTiENUnterwegs mit MV Agusta F4 und Aprilia RSV4

88 facTory-rEporT: dayToNa

86 SporTvErSichEruNgEN11 daS arai/faSTbikE „TrackTikum“96 baTTlE: buNdy vS. piraNha 98 lESErbikE

3 Impressum97 FASTBIKE abonnieren

34EXPEDITION

18SPONDON

KAWA

68GUY MARTIN

44MOTO GUZZI MGS-01

121.000 KM

leserumfrage- gewinnspiel: Alle Preise und alle Gewinner auf Seite 75!

5  fastbike.de

inhalt

Page 4: FASTBIKE 0210

RepoRtdie 1.000 km hockenheim

Page 5: FASTBIKE 0210

osterfeueram hockenDer österliche Brauch will es so. Alljährlich ziehen redliche Aufzünder nach Hockenheim, um in gemeinsam den Winter in lodernden Brennräumen zu vertreiben. Jeder gibt was er kann, bei der Rennprozession der 1.000 km von Hockenheim.

Text Dieter Hamprecht | Bilder K.H. Kalkhake/Dieter Hamprecht

Page 6: FASTBIKE 0210

ClassiCsSpondon Z1000

18  02/2010

Page 7: FASTBIKE 0210

Schwarz. SpartaniSch. Spondon.

Manchmal klappt nicht alles auf Anhieb. „Ein Kumpel von mir hat den Sitz mit Resten vom original Überzug bezogen, brauchte aber drei Anläufe dafür“, erklärt Jon Keeling in seiner Werkstatt. „Er ist nor-malerweise auf Polstermöbel für Luxusjachten spezialisiert und das Resultat sah aus wie der King&Queen-Sitz einer 70er Gold Wing. Das zweite Mal war auch nicht besser, fast wie ein samtiges Plüschkissen. Da meinte ich zu ihm, ,Alter, bequem ist kein Thema – ich will ein Stück Holz!’“ erinnert sich Jon.

Jon Keeling weiß in Sachen Motorrad ge-nau, was er will. So sehr, dass er seine solide Berufslaufbahn an den Nagel gehängt und mit einem alten Freund zusammen eine eigene Fir-ma gegründet hat – Racefit.

Racefit genießt in der Szene immer noch einen gewissen Kultstatus. Die britische Marke spezialisiert sich auf die Herstellung der leich-testen – und lautstärksten – Auspuff-Endtöpfe für moderne Sportmotorräder. Nach MotoGP-Vorbild verwendet Racefit ausschließlich quali-tativ hochwertigstes Titan und wickelt alle Pro-duktionsabläufe intern ab. Dank vorausschau-ender Investitionen in den Maschinenpark kann Racefit auch Spezialanfertigungen um-setzen und durchgängige Qualität garantieren. Sie fertigen auch spezielle Komplettanlagen-Einzelstücke für eine Handvoll Edel-Tuner. Was Gewicht und Qualität ihrer Produkte angeht, sind sie geradezu besessen.

Die beiden Gründer bringen über ein halbes Jahrhundert Erfahrung im Bau von Edel-Bikes mit. Phil kämpfte bereits mit einer Mr Turbo Z1000, als unsereins noch auf einer nor-malen 50er unterwegs war. Und Jon hat schon mehr Geld in reifenkauende Straßenrennma-schinen gesteckt, als er gerne zugeben

möchte. Als Urgesteine der Bike-Szene wissen Phil und Jon auch, wie man als Firmeninhaber authentisch wirken kann und Signale setzt. Und was könnte besser in der Öffentlichkeit si-gnalisieren, dass man sein Handwerk versteht und dem Sport verbunden ist, als der Umbau eines Vorzeige-Bikes wie der Z1000? Keine Frage: Die Jungs lieben Bikes. Nicht alle – nur die schnellsten.

Jon beschreibt sein Bike in den folgenden Worten: „Ich wollte eine zeitgemäße Version eines 1980er Suzuka 8-Stunden Bikes fürs 21. Jahrhundert bauen.“ Und so hat er es gemacht:

RAHMEN „Mit 16 Jahren saß ich eines Tages auf meiner RD50 vor dem hiesigen Suzuki-Laden, als so ein Typ auf einer Spondon Turbo GSX 1100 mit Stahlrahmen vorgefahren kam. Das war ein un-glaubliches Bike, der totale Hammer! Von da an habe ich mir immer gewünscht, selbst mal ein Bike mit Spondon-Rahmen zu besitzen.“

Mehr als 25 Jahre später wurde der Traum zur Realität. Jon beschreibt Spondon als „total exotisch und typisch für unsere Gegend.“ Die Firma ist nach einem kleinen Ort in der Nähe von Donington Park (Jons Heimatstadt) be-

Mit ihren unlackierten Ecken und Kanten reduziert die auf einen Spondon-Rahmen umgebaute Z1000 von Jon Keeling alle Elemente aufs Nötigste. Das Ergebnis ist ebenso klassisch wie futuristisch, elegant und spartanisch zugleich.

80er

Suzuka

Style

Wer istJon Keeling?Mitinhaber des britischen Edel-Auspuffhersteller Racefit. Lawson-Fan. 8-Stunden-Suzuka-Freak. Spondon-Liebhaber. Detailverrückter Maniac.

www.racefit.co.uk

Text Gary Inman | Bilder Paul Bryant

19  fastbike.de

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Geplante Abfahrt: 8:.00 Uhr am Mittwoch. Dienstagabend, 20:30 Uhr, Anruf von Jost: Sterbende, brüchige Stimme, rauschende Wasserspülung im Hintergrund. Der Kantinenfisch wahrscheinlich. „Vielleicht bin ich ja morgen früh wieder fit!“ Vergiss es, Alter. Nach unzähligen Telefonaten schwingt sich FASTBIKE-Redakteur Max um 23:15 Uhr ins Auto. In Schleiz. Ankunft in Düsseldorf: 3:00 Uhr morgens.

Mittwoch, 8:00 Uhr. Das Straßenverkehrsamt hat eine falsche Fahr-gestellnummer in die Papiere des Kurzzeitkennzeichens eingetragen. Zu riskant, eine neue Tafel muss her. Verzögerung: 1,5 Stunden.

ExpEdition nach dilEttantiEn.Es ist Mitte April, Sonnenstrahlen nach 200 Tagen Eiszeit – Zeit für eine erste Aus-fahrt, die dem schlummernden Motorradvirus wieder Nahrung liefern soll. So ein Tag muss einfach legendär werden, dachten wir uns und dachten nach. Der Plan: Zwei Freunde fahren mit den aktuell schärfsten Serien-Sportbikes MV Agusta F4 und Aprilia RSV4 über gewundene Landstraßen zu einer fantas-tischen Rennstrecke, auf der noch keiner war. Genüssliches Aufzünden „entre nous“, dann Autobahn-Highspeeding zurück. Bier auf, glücklich sein.

Doch durch mangelnde journalistische Sorgfalt und jeder Menge Pech wurde aus dem Traumtag ein Traumatag. Kollegen werden vielleicht über un-sere verpatzte Story lachen, aber so ist es nun mal: auch wir von FASTBIKE sind nur einfache Arbeiter im Weinberg des Herrn.

Anlässlich solch eines Termins in verstürzter Alltags-Kombi er-scheinen? No way. Der schicke neue ist noch nicht fertig, optimisti-scher Griff nach einem alten Anzug im hinteren Regal. Was ist mit mir passiert? Aggressive Mikroben müssen mich angefallen und mein Rumpfskelett in einen dicken Speckmantel gehüllt haben. Der Rücken-protektor bleibt erstmal über der Kombi, die Molekularstruktur meines Körpers wird sich hoffentlich zeitnah an den Ur-Zustand erinnern. Bei dem Gedanken an die Sitzposition auf der MV wird mir schlecht.

Text  Ralf Steinert | Bilder  Sven Vüllers, Julia Wallstab

34 02/2010

RepoRttraumtag

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Max ist trotz Schlafmangels allerbester Laune und freut sich mächtig auf den wilden Ritt auf dem italie-nischen V4-Reaktor. Er ist anscheinend schon länger dick.

Planänderung. Erst Autobahn, später Landstraße. Wir werden erwartet im Hotel „Gräflicher Park“, wo man uns zu der im Bau befindlichen Rennstrecke „Bilster Berg“ geleiten wird. Wir sind aufgeregt – wir werden die Ersten sein! Wir werden den jungfräulichen Rennasphalt mit unserem Gummiabrieb markieren wie ein Rüde die Laternenpfähle seines Reviers!

Nach fünf Kilometern hat das enge Leder meine Hüfte und Kniegelenke para-lysiert. Meine Atmung ist stark eingeschränkt. Ich beschließe, weiterzufahren bis der Sprit alle ist und dann einfach umzufallen. Die Maße der Hebeleien passen für Italienerfüßchen in schmalen Dainese-Stiefeln, nicht aber zu deutschen 45er Day-tonas. Das Herumfädeln des Fußes um den Schalthebel gestaltet sich ungefähr so, als würde man eine SMS mit dem dicken Zeh tippen wollen.

Spüre meine Gliedmaßen wieder. Na also. Der hart-nagelnde Motorsound der MV steigert den Blutdruck in meinen Adern. Die A 44 ist leer, ich nicke Max zu: Stabilitätstest bei Höchstdrehzahl im großen Gang. Die MV kreischt metallisch-schaurig-schön aus der Airbox, die RSV4 neben mir brüllt infernalisch auf. Als ich irgendwann wieder höchstbefriedigt das Gas zudrehe, ist Max verschwunden.

35 fastbike.de

Page 10: FASTBIKE 0210

NAVIGATION ZU BESSEREN RUNDENZEITEN

Was gibt‘s hier zu sehen? Die rot-blaue Linie stellt Deine Brems- und Beschleunigungsphasen dar, die grüne „Krümelspur“ ist Deine aus Kurven-speed und Kurvenradius errechnete Querbeschleunigung.

TECHNIKGPS-LAPTIMER

40 02/2010

Page 11: FASTBIKE 0210

Weil Renntrainings aus versicherungstechnischen Gründen nicht dem Erzielen von Höchstgeschwindigkeiten dienen, unterbleiben offi zielle Zeitnahmen. Schade, denn objektives Feedback fördert den Trainingseff ekt ungemein.

Es gibt Abhilfen: Nach jeder Runde an Start/Ziel das Knöpf-chen drücken, Kumpels messen lassen oder Infrarotsender aufb auen und den eigenen Transponder einklicken. Nach-teil: Der Primitiv-Laptimer lenkt ab und ist ungenau, die Kumpels verpennen mal ’ne Runde oder liefern zweifelhafte Ergebnisse, der Infrarotempfänger hakt, der Sender wird bei der Abreise gerne vergessen oder hat anderen gefallen. Die Lösung: Autark messen! Zusatznutzen: Sofortige Zeitkon-trolle und spätere Zeitanalyse. Einer der Anbieter auf dem Markt der GPS-basierten Laptimer ist Andreas Engel von Starlane Deutschland (www.Starlane24.de), den wir in der Nähe von Berlin besuchten und der uns freundlich und mit fundiertem Wissen in die Theorie dieser Geräte einführte.

Was ist GPS?Kurz zu den Basics: Im Prinzip misst ein GPS-Gerät die Signal-laufzeiten von mindestens vier GPS-Satelliten zum Empfän-ger. Der weiß, in welcher Entfernung sich die Satelliten be-fi nden, und kann durch trigonometrische Berechnungen sei-ne Position unter günstigen Umständen auf ca. 3 m genau bestimmen. Durch Mittlung sind wesentlich bessere Werte möglich. Ob es nun eine Cruise Missile, ein Straßennavi, High-Tech-Traktor oder GPS-Laptimer ist – alle müssen mit den drei Werten Längen- und Breitenkoordinate und genaue Uhrzeit des Ermittlungszeitpunkts auskommen. Was sie dann aus diesen drei Werten machen, das unterscheidet sie: Wo die Taliban-Höhle war, wo genau in Ledenon Dein Hänger samt Moped geklaut wurde, welche Ackerfurche als nächste dran ist oder welches Deine maximal mögliche Querbe-schleunigung war, weil Du sie gerade überschritten hast.

Was macht der GPS-Laptimer?Er soll die eigenen Rundenzeiten anzeigen. Und das mög-lichst genau. Ein Auto- oder Outdoor-Navi misst im Allge-meinen jede Sekunde die Position. Auf der Karte hüpft die

eigene Position aber nicht im sekündlichen Takt, sondern die Darstellung wird verfl üssigt, indem mit der bekannten Geschwindigkeit einfach weitergerechnet wird. Es wird also interpoliert – die nicht gemessene Position wird aufgrund der vorherigen Messungen bestimmt. Genau so macht es auch der GPS-Laptimer. Er misst sogar 5mal pro Sekunde. Die Genauigkeit steigt, reicht aber noch nicht für drei Nach-kommastellen hinter der Sekunde für die gesamte Runden-zeit. Deshalb wird auch hier interpoliert.

GenauigkeitEin Beispiel: Die Entfernung von Position 1 zu Position 2 wird berechnet, dazwischen liegen genau 0,2 Sekunden – die Messfrequenz. Bei 10 m Diff erenz sind es also 180 km/h. Zwischen Position 2 und Position 3 liegt die Ziellinien-Posi-tion, sagen wir 2,5 m hinter Position 2. Aufgrund der Ge-schwindigkeit der letzten Fünftelsekunde kann also per Dreisatz berechnet werden, dass zu der an Position 2 ge-messenen Zeit 25 % der Zeitdiff erenz zwischen 2 und 3 ad-diert werden. Schon haben wir einen wesentlich genaueren Wert, als es die Messfrequenz vermuten lässt. Genau wie der Ziel-Zeitpunkt wird der Start-Zeitpunkt berechnet. Intern wird auch noch berücksichtigt, ob und wie zuletzt beschleunigt oder gebremst wurde, um damit die Ge-schwindigkeit im letzten Abschnitt hochzurechnen.Jetzt könnte eingeworfen werden, dass die Ziellinie ja nur eine Koordinate sei, die nicht genau getroff en wird. Falsch! Die Gerätesoftware zieht eine imaginäre Linie rechtwinklig zum Fahrkurs, die Start/Ziellinie ist also keine eindimensio-nale Position, sondern eine rechtwinklig zur Piste verlaufen-de Strecke, die genau durch die einmal irgendwo auf der echten Ziellinie eingemessene Koordinate verläuft. Und die Messungenauigkeit des GPS? Die ist relativ, denn die auf den Zentimeter ungenau gemessene Position hat die gleiche Abweichung wie die zuvor gemessene. Im Ver-lauf einer Runde ist es unwahrscheinlich, dass die virtuelle Ziellinie wesentlich „wandert“. Vergleiche mit offi ziellen Transponder-Messsystemen zeigen, dass hier nur ein sehr geringer Unterschied besteht. Welches der beiden Systeme knapp daneben liegt, wäre noch zu beweisen.

„Wo die Box ist, kann ich Dir zeigen“, musste ich mir damals an-hören, als ich mit einem Garmin-III+ auf den Kringel ging, um mit Hilfe von Excel später die Rundenzeiten zu ermitteln. Nun, fast zehn Jahre danach, wird der GPS-Receiver zum Standard am Track.

Text und Bilder bufonto

41 fastbike.de

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EMOzIONE E PASSIONE

Daytona Speedweek, Battle of Twins: Gianfranco Guareschis fulminanter Sieg auf Moto Guzzi MGS-01. Ein Jahr später gelingt ihm die Wiederholung dieses großen Erfolgs für die Marke.

2006

Bikesmoto Guzzi mGs-01

44  02/2010

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Die Geschichte der MOTO GUZZI MGS-01 Corsa

talien, das Land der Mode, schöner Frauen und einzigartiger Motorräder. In Italien wird ein Motorrad nicht einfach gebaut.

Es ist eher wie großartige Liebe, Lust, Leidenschaft und Hingabe gehören dazu. Deshalb gibt es zu den besonderen italienischen Motor-rädern auch oft eine Geschichte. Eine Art Storybook über das Wie, Wo und Warum sie entstanden sind, und ganz wichtig, wer an ihrer Entwick-lung beteiligt war. Schon das macht italienische Motorräder so beson-ders und liebenswert. Die Story der Moto Guzzi MGS-01 Corsa erzählt von Menschen, deren Träumen und Ideen.

Wie der Anblick der Sophia Loren den Puls verschiedenster Genera-tionen Männer zu Höchstleistung anregt, zog die Moto Guzzi MGS-01 das Publikum 2002 auf der Intermot in ihren Bann. Sie war der Magnet der Messe. Der mächtige 90°-V2-Motor reckte seine monumentalen Zylin-der ins Freie – sie war unverwechselbar eine Moto Guzzi.

Knapp 120 Exemplare wurden bisher gebaut und weltweit verkauft. Die MGS-01 Corsa ist ein Motorrad, wie es italienischer kaum geht, nicht am Computer entstanden, kein Retortenbaby.

Im April 2000 übernahm Ivano Beggio, der rennsportbesessene Aprilia-Inhaber, Moto Guzzi. Engagiert wie kein Zweiter stellte sich Beggio hinter seine neue Marke. Beim Raduno in Mandello, dem Fest der Guzzisti, genoss er das Bad in der Menge. Feierte mit den Fans und freute sich wie ein Kind über sein Lieblingsspielzeug. Derweil saß Frau Beggio im Park. In ein Buch vertieft, sehnte sie sich wohl das Ende der Veranstal-tung herbei und wartete auf ihren ganz normalen Ivano, den Unterneh-mer aus dem Veneto. Beggio wollte das sportive Guzzi-Herz wieder

I

Text Ansgar Schauerte | Bilder Moto Guzzi, Ansgar Schauerte

Frühe Studie aus Guiseppe Ghezzis Feder: Erstaunlich nah am späteren Serienmotorrad.

2000

45  fastbike.de

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Text Clemens Gleich | Bilder Aurelien Meunier, Clemens Gleich

Schlaflos in Le Mans

FASTBIKE begleitet das deutsche Privatteam RMT 21 bei den 24 Stunden von Le Mans. Viel Wahnsinn, wenig Schlaf.24h

RepoRtdie 24 STunden von le manS

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ie 24 Stunden von Le Mans. Warum? „Tja, weiß nicht. Vielleicht bin ich einfach verrückt.“ „Hm, keine Ah-nung. Man muss schon einen an der Klatsche haben, glaube ich.“ „Wahrscheinlich ein Nagel im Kopf.“

„Keine Ahnung. Weil ich mich finanziell ruinieren will vielleicht.“ Diese Antworten auf mein Warum sind O-Ton von der Strecke. Die 24 Heures Du Mans, das vielleicht breitenwirksam bekannteste Lang-streckenrennen Europas, sind tatsächlich eine Übung in ausdauerndem Wahnsinn. Wenn jemals jemand einen Beleg dafür haben will, dass ich für irgendeine Unternehmung geistesgestört genug bin, zeig‘ ich ihm meine Passierkarte für Le Mans, die ich aufbewahre wie eine Trophäe. Denn ich wollte drei Dinge auf einmal tun: Erstens Fotos machen und machen lassen, zweitens alles mitkriegen und Artikel schreiben und drit-tens wollte ich trotz allem mitmachen.

Das geht dann so:Ralf: „Le Mans?“Clemens: „Okay. Besorg mir ein Team, das ich begleiten kann. Ein nettes. Bei Suzuki Alstare musste ich in der Ecke sitzen und durfte nicht sprechen.“Ralf: „Frag Thomas Roth von RMT 21. Die sind nett.“Clemens: „Hört sich gut an. Machen wir‘s so.“

RMT steht für „Roth Motorrad Team“, die 21 ist die Startnummer und ich kannte das Team vorher nicht. In meiner Vorstellung standen da drei Leute um ein liebevoll, aber notdürftig zusammengenageltes Rennmo-

torrad und vier um einen liebevoll zusammengestellten Bierkühlschrank. Perfekt. Thomas Roth hatte empfohlen, sich schon am Donnerstag an die Rennstrecke zu stellen und dort zu übernachten statt in einem Hotel, denn „du kommst sonst nicht mehr rein“. Das Rennen beginnt Samstag. Also errichtete ich Donnerstagabend mein Unterwegsbüro nebst Schlaf-platz in einem Wohnmobil auf einem der Gästeparkplätze. Es war ganz gut, auf Thomas zu hören, weil ich schon am nächsten Tag über ein Roll-tor kraxeln musste, um überhaupt zu meinem WoMo zu kommen. Der Franzose an sich ist ja mit Gusto arrogant, und wenn er dann an einer Zu-gangskontrolle Leute an einen Eingang am anderen Ende des Geländes schicken kann, geht er in dieser Rolle glückselig auf.

-45 h

„Du hast das freie Training verpasst“, begrüßt mich Thomas in der Box. Die Box hat mich überrascht, weil ich wie gesagt von so einem Garagen-team ausging: Plastikfußboden in Teamfarben verlegt, saubere Raum-trenner im RMT-Design, aufgeräumte, ausführlich beschriftete Werk-zeugschränke an der Wand, zwei Renn-Hondas, denen als einziges origi-nales Teil der Rahmen verblieben ist. Das freie Training kann man ruhig verpassen, wenn man wie ich ein Pressezentrum hat, das einem sowas aufbereitet: die RMT-Honda ist auf der Zielgerade das beim Topspeed drittschnellste Motorrad und die schnellste Honda. Respekt. Doch kein Garagenteam. Das erste Qualifying ist da nur Formsache. Als ich irgend-wann abends um neun ins Küchenzelt komme, gibt mir die freundliche

D

Der berühmte Le-Mans-Start: Die Fahrer starten in einer Sprinter- position von der anderen Seite der Zielgeraden zu ihren Maschinen. Aufsitzen, starten, GAAS!

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RepoRtdie 24 STunden von le manS

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Frau dort Lasagne, Ohrstöpsel für die Nacht und den Spruch: „Mich inter-essiert das alles nicht, für mich ist das alles einfach laut und dreckig. Ich bin nur Küchenschabe, fertig.“ Das ist nicht die ganze Wahrheit, denn auch sie ist verrückt. Außer der Küche macht sie noch Zeitnahme, sie springt bei Besorgungen und wer behauptet, dass ein Essenszelt als An-laufstelle unwichtig ist, hat noch nie den glückseligen Moment erlebt, wenn man nach einer harten Arbeitsschicht da rein kommen kann wie zu Mutti und sein Fresschen kriegt. Sowas ist Gold wert für die Teammoral.

Obwohl in dieser Nacht nicht viel auf der Strecke gefahren wird (nur das Nachttraining), ist der Lärmpegel rings um die Strecke enorm. Le Mans liegt in einer dieser strukturschwachen Regionen, die gerade jemand mit den harten Worten „toter als Brandenburg“ beschreibt. Toter als Brandenburg! In Brandenburg gibt es wieder Wölfe, die nachts um die Häuser der letzten verbliebenen Einwohner schleichen, um betrunkene Kneipenheimkehrer zu zerfleischen. Eine Großveranstaltung wie das 24-Stunden-Rennen ist daher ein Muss für alle, die zwei Räder haben. Einige Franzosen basteln das ganze Jahr an ihrem Le-Mans-Krad. Das sieht dann so aus: ein robuster japanischer Reihenvierer wird gestrippt und mit selbstgebastelten riesigen Trichtern hinten versehen. Die sind dazu da, dass sich unverbrannter Sprit darin sammelt, der dann in einem Schiebepatschen wie ein Gewehrschuss verpufft. Einige spritzen dann noch andere brennbare Flüssigkeiten ein, damit es noch lauter ist. Mit diesen Geräten stellen sie sich dann auf den Camping-Platz und einer dieser Irren patscht dann locker so fünf Stunden durch. Die Ausdauer ist unglaublich. Die Anzahl der Irren auch. Die ständige Hintergrundmusik von Le Mans geht so: *Wrreeennn!* *Paf!* *Wrreeennn!* *Paf!* *Wrree-

ennn!* *Paf!* *Wrreeennn!* *Paf!* Sie sind irre, aber ihre Hingabe macht sie schon wieder sympathisch.

-33,5 h Um halb sechs in der Früh wird es ruhig. Wache irritiert auf. Um sechs in der Früh wird es wieder laut. Frühstück zum Beat des Auspuffpatschens. Unangenehme SMS eines Auftraggebers. Die Arbeit stapelt sich in Form von Textnachrichten und das Rennen hat noch nichtmal angefangen. Um vor der einen Art Arbeit zu flüchten, suche ich mir eine andere: „Thomas, ich will mitmachen. Was gibt‘s zu tun?“ Das freut den Teamchef, denn es gibt immer Handlangertätigkeiten. An der Wand der Box hängt ein Dia-gramm, auf dem Namen in konzentrischen Kreisen ums Motorrad einge-tragen wurden. Nur vier Leute dürfen direkt am Motorrad arbeiten. Damit diese vier maximal effizient sind, steht außenrum ein Kreis von Helfern, die Räder entgegennehmen oder frisch bereifte bringen, Werkzeug an-reichen, beim Tanken den Feuerlöscher halten und bedienen können. Die Boxencrew hat heute erst im zweiten Qualifying, dann in der Super-pole strammzustehen.

Außerdem muss die Zeit genommen und dem Fahrer auf der Team-Tafel gezeigt werden, wenn er die Zielgerade runterschießt. Die offizielle Zeitnahme passiert per Transponder, ihre Werte überträgt das Strecken-fernsehen. Es ist jedoch üblich, selbst eine zweite Zeit zu nehmen. Viele Teams verwenden dazu eines dieser im Rennsport handelsüblichen Lap-Timer-Systeme, die beim Vorbeifahren zum Beispiel über Infrarot das

Im Getümmel der ersten Kurven ist nur eines wichtig: ja nichts kaputtmachen. Es sind noch 24 Stunden übrig, in denen alles passieren kann und alles passiert.

59  fastbike.de

Page 18: FASTBIKE 0210

Wieso fährt das auf einmal so ruhig? Pascal Eckhardt räumte vor seinem Alleinflug noch SKM-Kollegen Christian Kellner ab. Trost für das Team: Der lachende Dritte, SKM-Pilot Jesco Günther, rettete sich aus der Schlacht und fuhr aufs Podium.

80  02/2010

RepoRtIDM-auftakt eurospeeDway

Page 19: FASTBIKE 0210

Am letzten Aprilwochenende fand der erste IDM-Lauf 2010 am Eurospeedway Lausitz statt. Viele der schnellen Stars konnten ihren alten Platz einnehmen, einige wurden umbesetzt, manche flogen raus, eine Menge kamen dazu. Ein paar Impressionen...

Text Ralf Steinert | Bilder K.-H. Kalkhake, Ralf Steinert

sonntagsabflug

81  fastbike.de

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MenschenGuy Martin

Page 21: FASTBIKE 0210

„If I kIll myself, so what?“

Text  Gary Inman | Bilder  Stephen Davison

olche Sprüche höre ich nicht oft bei meinen Interviews mit Motorradrennfahrern. Ich weiß also immer noch ganz ge-

nau, wer so etwas gesagt hat. Und wann. Bei diesem Spruch war es kein anderer als Road-Racing-Profi Guy Martin im Jahr 2006. Seit dem Interview sind wir enge Freunde geworden. Ich habe Guy begleitet und ihn auf den gefährlichsten Strecken der Welt Rennen fahren und auf die Schnauze fallen gesehen. Mit seinen gerade mal 28 Jahren ist Guy weltweit vielleicht eine der letzten individuellen Persönlichkeiten im professionellen Rennzirkus. Warum sonst sollte FaStBIke dem jungen engländer in dieser ausgabe ganze vier Seiten widmen, zumal er kaum außerhalb Großbritanniens an den Start geht?

er war 2009 einer von zwei auserwählten Fahrern im Mittelpunkt der internationalen Werbekampagne von Dainese, zusammen mit Valen-tino Rossi. als Mehrfach-Weltmeister Rossi im letzten Jahr die Isle of Man tourist-trophy (tt) besuchte, überreichte er während der Siegerehrung den Superbike Pokal zwar John McGuinness. aber so richtig ins ange-regte Fachsimpeln über Beschleunigung, technik, kurvenlagen und Vor-bereitung kam er mit dem Drittplatzierten auf dem Podium – Guy Martin.

Kleiner Ausraster, große Folgen Verglichen mit Rossi ist der Brite natürlich eine Randerscheinung. eine Randerscheinung mit kultstatus. Guy sammelte die nötige erfahrung für die tt auf Strecken wie Donington und Brands Hatch. In der Juniorklasse arbeitete er sich in der britischen Junior-Supersport-Liga bis an die Spitze. Die Schnauze voll hatte er jedoch im Jahr 2002, als er – seiner Meinung nach zu Unrecht – disqualifiziert wurde. Das Nachgespräch mit der Renn-leitung endete damit, dass Guy dem Schriftführer (heute der Haupt-drahtzieher der British Superbike Series) den Laptopdeckel auf die Fin-ger knallte. Das reichte für eine Vollsperre seitens des britischen Motor-radrennverbands, der aCU. aus, ende – seine Rennkarriere schien vorbei. Jedenfalls in Großbritannien. Damals war Guy noch nicht mal 20 Jahre alt. Und damals wie heute hatte er nur Rennen im kopf. Bevor seine Renn-lizenz eingezogen wurde, durfte er noch bei einem letzten Rennen in Oliver’s Mount in der nordenglischen küstenstadt Scarborough antreten.

Berufspilot auf irischen Landstraßen Oliver’s Mount ist wohl die einzige britische Strecke, die einem „echten“ Straßenrennen das Wasser reichen kann. Gefahren wird auf einer sehr

schmalen öffentlichen Straße mit engen kurven und unübersichtlichen Windungen. alle sind schon dort angetreten: Duke, Sheene, sogar Way-ne Gardner. Bei jedem Rennen sind Scharen von Schaulustigen vor Ort, und das üppige Preisgeld lockt viele hochkarätige Fahrer an den Start.

„Da ist sogar mein Vater schon Rennen gefahren“, erzählt Guy. „Ich wurde auf meiner GSX-R600 damals Zweiter und so ein typ von einem irischen Motorradmagazin meinte: ‚Warum kommst Du nicht zu uns nach Irland?’ Das habe ich dann auch gemacht und direkt beim ersten trip auf die Insel zwei Rennen in kells gewonnen und 1.500 euro Preisgeld abge-staubt. Mein Bruder, mein kumpel und ich haben bis zwei Uhr morgens Guinness gesoffen und ich habe mir nur gedacht, ‚Genau das ist es!’“

„Mit einem Mal hatte ich wieder Spaß am Rennen fahren“, sagt Guy weiter. „Nach zwei Jahren Britische Meisterschaften war ich ziemlich ausgebrannt. Ich machte mir zwar vor, dass es mir Spaß machte – aber das war reine Selbsttäuschung. Ich konnte mir nur nichts anderes vor-stellen. Und dann entdeckte ich den ausweg: Rennen auf irischen Land-straßen fahren und 1.500 euro verdienen. Für was genau? ein paar Rennen über jeweils zehn Runden? Noch dazu fiel es mir leicht.“

Leicht? kells gilt selbst für irische Verhältnisse als knochenharte Strecke. Im Gegensatz zur Isle of Man tt wird bei irischen Rennen per Massenstart mit 40 Fahrern losgefahren. Und die Strecken sind noch dazu so schlecht gepflastert, so eng und gefährlich, dass die Isle of Man im Vergleich wie assen aussieht. auf der Strecke von kells fliegen Super-bikes bei Sprüngen bis zu zwei Meter hoch durch die Luft, und zehn bis 20 Meter weit! krank, das Ganze – aber Guy ist da voll in seinem element.

„es gab schon hier und da Momente im Rennen, wo ich gedacht habe, ‚Jetzt ist alles vorbei’“, beschreibt Guy seine Beinahe-todeserfah-rungen. „aber wenn man das unbeschadet übersteht, ist das Gefühl danach unbeschreiblich. ein unglaubliches Hochgefühl, ein Rausch, dem ich ständig aufs Neue hinterherjage.“

In den Jahren, seit denen Guy bei echten Straßenrennen an den Start geht, haben einige seiner kollegen auf der Rennstrecke ihr Leben ge-lassen, darunter Richard Britton, David Jefferies, Robert Dunlop, Darren Lindsay, Martin Finnegan … einige dieser Fahrer gehörten zu Guys engs-tem Freundeskreis. aber für Guy sind die Risiken mehr als nur ein not-wendiges Übel, das er in kauf nimmt. Darauf angesprochen, warum er sich den Gefahren der tt aussetzt, meint er unerwartet: „Genau weil es gefährlich ist“, grinst er. „Für mich ist das die volle Dröhnung. Vielen

Ende Mai geht sie wieder los, die Tourist Trophy auf der Isle of Man. FASTBIKE stellt einen der aktuellen TT-Helden vor: Guy Martin, den smarten Wolverine aus England, leicht irre wie alle TT-Rider und trotzdem bodenständig wie eine Stehlampe.

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Boot camp

Factory reportDaytona

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ie Marke Daytona muss man Motorradfahrern ei-gentlich nicht erklären. Sportstiefel wie Security Evo stehen Weihnachten sowieso ganz oben auf dem Wunschzettel. Der Erfolg von Daytona kommt

aber sicher nicht von geschickten Marketingstrategien, son-dern – ganz urbayrisch – vom eigenen Anspruch an höchste Qualität. Man bürgt mit seinem Namen. Statt witziger Wer-beslogans zu erfinden, investieren die Gebrüder Frey lieber in zufriedene Kunden und gewinnen nebenbei seit Jahr-zehnten jeden Stiefeltest. Kuscheln mit Journalisten haben die Niederbayern also nicht nötig, das wird mir bei der Be-grüßung durch Reinhard Frey schnell klar. „Grüß Gott, also – eigentlich hob i wenig Zeit, was möchten’s denn wissen?“ Vor meinem inneren Auge werden gerade die sonst üb-lichen Empfangsrituale wie Kaffee, Snacks und Schnittchen gestrichen.

„Des mach ma ois selbst“Erste Station der Express-Besichtigung ist die Kunststoff-Fertigung. Ich bin verblüfft: vom Zehenschleifer bis zur Schalthebelverstärkung wird hier jedes Kunststoffteil in Eigenregie gefertigt. Einzig Reißverschlüsse und Gummi-sohlen werden bei Daytona zugekauft „Ja – des mach ma ois selbst, da wissen wir, dass ois passt“, kommentiert Herr Frey meine stille Anerkennung. Besonders stolz präsentiert man die Herstellung der Innensohle, welche bei vielen Herstel-lern lediglich aus Pappe besteht. Für Schuhmacher Frey ist das Bauteil das tragende Element eines Stiefels. Deshalb ver-bindet man im Spritzgussverfahren Stahleinlage und Textil-mischgewebe zu einer stabilen Kunststoffschale. „Das kostet richtig Geld, aber nur durch die Gummisohle lässt sich seitlichen Kräften beim Sturz zu wenig entgegensetzten.“

Text und Bilder Dieter Hamprecht

Welcher Hersteller repariert denn heute noch einen Motorrad-Stiefel nach einem Sturz?

Im Spritzgussverfahren verbindet diese Maschine Stahleinlage, Filz und Fersenschale zu einem stabilen Innenschuh. Die Basis für jeden Daytona-Stiefel.

Auf drei Dinge sind Bayern besonders stolz: Weißwürste, Bier und Daytona-Motorradstiefel. Seit 37 Jahren besohlen die Gebrüder Frey aus Eggenfelden flinke Motorradfahrer-Füßchen auf höchstem Niveau. Da wird es langsam Zeit, sich mal im Hause Daytona umzuschauen.

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der kraftrad-dompteur

Profi-Racer mit Ambitionen im Boxen und Kraftsport, studierter Ökonom und selbständiger Unternehmer, braungebrannter Macho mit goldenem Herz, aktiver Journalist. Elmar Geulen ist ein Typ, der in keine Schublade passt.

Isle of Man, TT 1984: Wie eine Transall C-160 beim Landeanflug auf Ballaugh Bridge.

HeldenElmar GEulEn

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um die Ohren gefahren, dass jedes Mal, wenn ich vorbeikam eine regel-rechte Hysterie ausbrach.“Wenn Elmar Geulen von den Renneinsätzen zur „Northwest 200“ er-zählt, bekommen seine Augen einen schwärmerischen Ausdruck. „Die besten Motorradfahrer der Welt zu treffen und mit ihnen wie in einer großen Familie die Herausforderungen der härtesten Rennen zu teilen – das war schon was! Joey Dunlop, Steve Parrish, Trevor Nation, aber auch der Deutsche Klaus Klein – sie alle waren meine Helden. Und ich durfte mit ihnen fahren, schwitzen, lachen und feiern“.

„Blinding time“ als StartvorbereitungEine regelrechte Freundschaft verband den Draufgänger aus Euskir-chen mit Roger Marshall, dem mehrfachen britischen Champion und GP-Fahrer. Dabei kamen auch die Partys nicht zu kurz – „blinding time“. Am Vorabend des trainingsfreien Tages brach beispielsweise die ganze Renntruppe zum gemeinsamen Besuch der ältesten (noch produ-zierenden) irischen Whiskeydestillerie „Old Bushmills“ auf. Elmar reibt sich mit unmissverständlicher Geste den Hinterkopf, als könne er den Kopfschmerz noch heute spüren: „Da wurde auch bei der Verkostung richtig Gas gegeben. Whiskey in allen vorstellbaren Darreichungs-formen, mit Tee, mit Wasser, ohne Wasser – und alles musste probiert werden.“

Zu den größten Herausforderungen in Elmars Karriere zählen unbe-dingt auch seine 11 Starts bei der „Isle of Man TT“. Er nahm von 1984 bis 1987 jedes Jahr in verschiedenen Kategorien an diesem zu Recht

Text Michael Busch | Bilder Privatarchiv E. Geulen, M. Mothes (1)

Fischereihafenrennen: Elmar und seine Hayabusa bemalen den Bremerhavener Asphalt.

Rein motorsportlich gesehen kommt der Sohn aus gutem Hause buch-stäblich aus dem Dreck: Seine Karriere begann im Motocross, wo er sich ebenso erfolgreich im Seitenwagen festkrallte, wie er sich als Solo-fahrer jeden noch so kritischen Hügel vorknöpfte. Vier DM-Titel sowie 1981 Rang 5 in der Europameisterschaft krönen seine Bilanz im Grob-stollensport. Dann ergab er sich seiner wirklichen Leidenschaft und wechselte 1983 zum Straßenrennen.

Als erstes Rennen in der neuen Disziplin hatte sich Elmar nichts Gerin-geres als das Bremerhavener Fischereihafenrennen ausgesucht. Was vom Namen her so romantisch-kleinbürgerlich daherkommt, ist eine der letzten echten Herausforderungen, die es im deutschen Motorrad-rennsport gibt. Hier verwandeln sich für ein Pfingstwochenende die engen Industriestraßen des ehrwürdigen Fischereihafens in eine Rennstrecke. Als die Veranstaltung 1952 erstmals stattfand, war frei-lich alles noch ein wenig rustikaler. „Heringstopf-Glitsche“ nannten die Fahrer die Piste, die von den freiwilligen Helfern mit ca. 1.500 Fisch-kisten abgesperrt wurde. Der Kurs ist verdammt eng, und wer hier schnell fahren will, muss Rückgrat haben.

Elmar gewann diese doppelte Rennpremiere nicht nur, er fuhr sich mit seinem furiosen Fahrstil auch sofort in die Herzen des äußerst sach-verständigen Bremerhavener Publikums. Wheelies verboten! – so lau-tete die klare Ansage der Rennleitung. Doch als der frischgebackene Shootingstar merkte, dass er in Führung lag, gab er seinem Bike auf der Zielgeraden ordentlich die Sporen. Im Publikum wurde spontan eine Geldsammlung organisiert, und in klingender Münze (über 400 Mark) zollten die Zuschauer nach dem Rennen ihrem neuen Hero die ver-diente Anerkennung.Elmar schaffte in nur einer Saison den Sprung vom B-Lizenz-Fahrer zur internationalen A/I-Lizenz. Dann tauchte sein Name überall dort auf, wo deutsche Motorradrennfahrer vorn mitmischten. Bereits 1984 wird er bei den „24 Stunden von Le Mans“ bester Privatfahrer; sein Team fährt auf Rang 4 in der Gesamtwertung.Heute reicht das Pokalzimmer nicht mehr aus, um allen Trophäen Platz zu bieten, die sich im Laufe von drei Jahrzehnten Motorradsport ange-sammelt haben. „Der halbe Dachboden ist auch schon voll“, schmunzelt Elmar und holt mir ein eiskaltes Weizenbier aus der Küche. „Hefetrüb, mit Zitrone. Nach einem anstrengenden Tag gibt es nichts Schöneres.“ Die Titelseite des irischen Magazins „The Leader“, hängt eingerahmt an der Wand. Zwei Fotos zieren sie – Ort der Handlung: Northwest 200 in Irland, eines der weltweit schnellsten Motorradrennen. Das obere Bild zeigt Rennlegende Joey Dunlop, der das Rennen in diesem Jahr sowohl in der 250er als auch in der Superbike-Kategorie gewonnen hatte. „Das zweite Titelbild ist ungewöhnlich und hat mich damals sehr stolz gemacht“, erzählt Elmar. „Normalerweise gibt es nur ein Titelbild – das vom Sieger, und auch nur dann wenn er ein Ire ist. Im Rennjahr 1985 hat man eine Ausnahme gemacht und ein zusätzliches Titelfoto ge-bracht, das mich in einem satten Wheelie zeigt. Tatsächlich war ich dem Publikum selbst auf den Bergaufstücken derartig auf dem Hinterrad

Kriegte nie genug: Elmar startete 1984 bei der DM in Speyer mit Suzuki 500 und auf Kraft-Honda bei den Superbikes.

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Unplugged:4,90€