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Faszination Blech … Flexible Bearbeitung eines vielseitigen Werkstoffs Herausgeber und Redaktion: TRUMPF GmbH + Co., Ditzingen Autoren: Dr. Hubert Bitzel, Johanna Borcherdt, Jörg Müller, Frank Neidhart, Dr. Klaus Parey, Armin Rau, Sabine Riecke, Annegret Schmid, Gabriele Trentmann, Gerald Vorländer, Klaus Zimmermann. Verlag: Dr. Josef Raabe Verlags-GmbH Stuttgart, Berlin, Bonn, Budapest, Düsseldorf, Heidelberg, Prag, Wien Die Deutsche Bibliothek … CIP-Einheitsaufnahme Faszination Blech : flexible Bearbeitung eines vielseitigen Werkstoffs / [Hrsg. und Red.: Trumpf GmbH + Co., Ditzin- gen. Projektkoordination: Heike Hauss]. … Stuttgart ; Berlin ; Bonn ; Budapest ; Heidelberg ; Prag ; Wien : Raabe, 1996 ISBN 3-88649-187-0 NE: Hauss, Heike; Trumpf und Co. <Dit- zingen> Projektkoordination: Heike Hauß Annegret Schmid Projektassistenz: Petra Ntoufas Umschlaggestaltung: Bernhard Walter Umschlagfoto: Udo Loster Fotostudio GmbH Layoutentwurf: Heike Hauß, Jürgen Rothfuß Grafiken: Rainer Deuschle, Bernhard Walter Reproduktion, Satz und Belichtung: ScreenArt GmbH & Co. KG, Wannweil Druck: Rondo Druck, Ebersbach-Roßwälden Buchbindung: Riethmüller, Stuttgart Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches oder von Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags und des Herausgebers in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Autoren, der Herausgeber sowie der Verlag versichern, daß die in diesem Buch beschriebenen Verfahren stets gewissenhaft und sorgfältig auf Fehlerfreiheit überprüft worden sind. Verlag, Herausgeber und Autoren schließen eine Haftung aus, soweit gesetzlich zulässig. überarbeitete Auflage IMPRESSUM Auszug aus dem Buch: Faszination Blech

Fasz Blech Kapitel 10 Biegen

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Blech bearbeitung

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Page 1: Fasz Blech Kapitel 10 Biegen

Faszination Blech … Flexible Bearbeitung einesvielseitigen Werkstoffs

Herausgeber und Redaktion:TRUMPF GmbH + Co., Ditzingen

Autoren:Dr. Hubert Bitzel, Johanna Borcherdt,Jörg Müller, Frank Neidhart, Dr. Klaus Parey, Armin Rau, Sabine Riecke, Annegret Schmid, Gabriele Trentmann,Gerald Vorländer, Klaus Zimmermann.

Verlag:Dr. Josef Raabe Verlags-GmbHStuttgart, Berlin, Bonn, Budapest, Düsseldorf, Heidelberg, Prag, Wien

Die Deutsche Bibliothek … CIP-Einheitsaufnahme

Faszination Blech : flexible Bearbeitungeines vielseitigen Werkstoffs / [Hrsg.und Red.: Trumpf GmbH + Co., Ditzin-gen. Projektkoordination: Heike Hauss].… Stuttgart ; Berlin ; Bonn ; Budapest ;Heidelberg ; Prag ; Wien : Raabe, 1996

ISBN 3-88649-187-0

NE: Hauss, Heike; Trumpf und Co. <Dit-zingen>

Projektkoordination:Heike HaußAnnegret SchmidProjektassistenz:Petra NtoufasUmschlaggestaltung:Bernhard WalterUmschlagfoto:Udo Loster Fotostudio GmbHLayoutentwurf:Heike Hauß, Jürgen RothfußGrafiken:Rainer Deuschle, Bernhard WalterReproduktion, Satz und Belichtung:ScreenArt GmbH & Co. KG, WannweilDruck:Rondo Druck, Ebersbach-RoßwäldenBuchbindung:Riethmüller, Stuttgart

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die derÜbersetzung, des Nachdrucks und derVervielfältigung des Buches oder vonTeilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags und des Herausgebers in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendungelektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die Autoren, der Herausgeber sowieder Verlag versichern, daß die in diesemBuch beschriebenen Verfahren stets gewissenhaft und sorgfältig auf Fehlerfreiheit überprüft worden sind.Verlag, Herausgeber und Autorenschließen eine Haftung aus, soweit gesetzlich zulässig.

überarbeitete Auflage

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Auszug aus dem Buch:Faszination Blech

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Denn auch hinter diesen alltägli-chen Gegenständen verbirgt sicheine Kunst, von der die DIN 8586

nüchtern als „Biegeumformen“ sprichtund die in der Praxis als „Biegen“ oder„Abkanten“ bezeichnet wird. Obgleichindustrielle Blechbearbeitung und japa-nische Faltkunst recht unterschiedlichenBereichen angehören, so besitzen siedoch eine grundlegende Gemeinsam-keit: Sowohl beim Abkanten als auchbeim Origami ist das Ausgangsmaterialein ebener Zuschnitt, das Endproduktvon dreidimensionaler Gestalt.

Abkanten:Ein Prinzip – drei Verfahren

Abkanten bedeutet, ein metallischesWerkstück entlang einer geraden Liniezu „knicken“. Zu diesem Zweck wird dasWerkstück – meist ein zugeschnittenesBlech mit bis zu 25 mm Dicke – von ei-nem Stempel in eine Matrize gepreßt.Auf den ersten Blick ist dies ein Vorgang,der im Vergleich zu anderen Blechbe-arbeitungsverfahren relativ wenig tech-nologisches Know-how erfordert. Dochbei genauerem Hinsehen zeigt sichschnell, daß hinter einer präzise geboge-nen Kante sehr viel Wissen und Erfah-rung stecken. Die drei wichtigsten Ver-fahren, mit denen Blechzuschnitte an ei-ner Abkantpresse bearbeitet werden,sind:■ Freies Biegen■ Prägebiegen■ Drei-Punkt-Biegen

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Biegen – Blechbearbeitungmit Ecken und KantenOrigami nennen die Japaner die Kunst, ohne technische Hilfsmittel aus einem fla-chen Blatt Papier ein filigranes Gebilde zu formen.Auch im Westen kann man sichdem Reiz, der von gefalteten Blumen, Schwänen oder Krebsen ausgeht, nurschwerlich entziehen. Wer hingegen das Gehäuse des Getränkeautomaten in derBahnhofsvorhalle betrachtet, die Ausgabetheke im Fast food-Restaurant oderdie Dunstabzugshaube in seiner Küche, gerät selten in ähnliche Begeisterung, ob-wohl die Herstellung solcher Blechkomponenten auf einem ähnlichen Prinzip be-ruht.

Abkanten:Flexibles Falten eines Blechs

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Freies Biegen: Abkanten mitgeringem Kraftaufwand

Von „Freiem Biegen“ spricht man, wennder Stempel das Werkstück abkantet,ohne es dabei bis zum Anliegen in dieMatrize hineinzupressen. Für dieses Ver-fahren werden vergleichsweise geringePreßkräfte benötigt. Folglich eröffnet esdie Möglichkeit, preiswerte Maschineneinzusetzen.

Aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit istdas Freie Biegen das am weitesten ver-breitete Biegeverfahren. Ein Nachteildieses Verfahrens liegt jedoch in der ein-geschränkten Reproduzierbarkeit dergefertigten Teile. Unterschiedliche Win-kel bei gleichen Teilen haben ihre Ursa-che häufig in Schwankungen der Mate-rialbeschaffenheit, die ihrerseits zu einerunterschiedlich starken Rückfederungführen.

Nicht alle Chargen eines Materialsbesitzen exakt die gleichen Eigenschaf-ten. Bei den Materialkonstanten, die dasMaß der Rückfederung beeinflussen –zum Beispiel Blechdicke oder Zugfestig-keit – kommt es zwischen den einzelnenChargen zu Schwankungen, die sich inbeträchtlichen Winkelfehlern bemerk-bar machen. Selbst innerhalb einerCharge treten Qualitätsschwankungen

auf, die vor allem die Blechdicke betref-fen. Ein Blechdickenunterschied von1/100 mm bewirkt beim Freien Biegenbereits einen Winkelunterschied im Be-reich zwischen 7’ und 12’.

Prägebiegen: Die Variantefür höchste Präzision

Das Prägebiegen unterscheidet sich vomFreien Biegen dadurch, daß das Werk-stück vom Stempel so weit in die Matri-ze hineingepreßt wird, bis es an denWänden der Matrize anliegt. Der Ab-kantwinkel kann folglich nicht wie beimFreien Biegen relativ unabhängig vomWerkzeug gewählt werden, sondern istdurch die Abmessungen von Stempelund Matrize festgelegt. Wie der Schlüs-sel ins Schloß, so passen Stempel undMatrize genau ineinander. Für jedenWinkel wird ein eigener Werkzeugsatzbenötigt, wodurch längere Maschinen-nebenzeiten als beim Freien Biegen ent-stehen, weil der Bediener die Werkzeu-ge häufiger wechseln muß. Je geringerdie Losgröße, desto schwerer wiegt die-ser Mangel. Darüberhinaus stellt dasPrägebiegen höhere Anforderungen andie Leistungsfähigkeit der Maschine. DiePreßkraft erreicht beim Prägebiegen un-gefähr den dreifachen Wert der Kraft,mit der man Werkstücke frei biegt. Folg-lich liegt die maximal bearbeitbareBlechdicke beim Freien Biegen deutlichüber der beim Prägebiegen.

Die hohe Präzision ist jedoch dergroße Vorteil, der das Prägebiegen ge-genüber dem Freien Biegen auszeichnet.Beim Prägebiegen kommt es zu wesent-lich kleineren Winkelabweichungen,weil der Nachpreßdruck, mit dem dieStempelspitze am Ende des Abkantvor-gangs in die Biegekante gepreßt wird, sohoch ist, daß nur eine geringe Rückfede-rung auftritt. Auf diese Weise werdenauch Schwankungen in der Materialbe-schaffenheit weitgehend ausgeglichen,so daß der Abkantwinkel maximal um15’ von der programmierten Größe ab-weicht. Beim Freien Biegen kommt es zuAbweichungen von bis zu 30’.

Drei-Punkt-Biegen

Einerseits geringere Preßkräfte und fle-xiblere Werkzeuge als beim Prägebie-gen, andererseits eine annähernd sohohe Winkelgenauigkeit, das sind dieArgumente, die für das Drei-Punkt-Bie-

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Als Rückfederung bezeichnet man dieTendenz des Blechs, sich in Richtungseiner ursprünglichen Form zurückzu-biegen, sobald der Druck des Stempelsnachläßt. Zu diesem Effekt kommt es,weil das Blech beim Abkanten an derInnenseite zusammengedrückt wird,während die Außenseite sich dehnt.Vor allem frei gebogene Winkel federnstark zurück. Deshalb muß das Maßder Rückfederung bei der Berechnungdes Biegewinkels berücksichtigt wer-den. Das heißt, das Blech muß mit ei-nem Winkel gebogen werden, derkleiner ist als der Winkel, den die Um-formung letztlich erreichen soll. Jestärker das Blech gebogen wird, destogeringer ist die Rückfederung. DickeBleche federn weniger zurück als dün-ne, feste Werkstoffe weniger alsWerkstoffe mit geringer Festigkeit.Würde man den Versuch unterneh-men, das gleiche Produkt aus unter-schiedlichen Werkstoffen zu fertigen,ohne die Rückfederung zu berücksich-tigen, dann könnte dies beim FreienBiegen zu Winkelfehlern von mehre-ren Grad führen.

ückfederungR

Freies Biegen

Prägebiegen

Drei-Punkt-Biegen

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gen sprechen. Diesen Vorteilen stehenbeträchtliche Kosten für eine aufwendi-ge Steuerungs- und Werkzeugtechnolo-gie gegenüber. Das Drei-Punkt-Biegenunterscheidet sich von anderen Biege-verfahren vor allem durch eine spezielleMatrize, deren Boden sich mit Hilfe einesServomotors in der Höhe verstellen läßt.Das gebogene Blech berührt die Matrizean den beiden oberen Kanten und amBoden – von der Seite betrachtet also andrei Punkten. Da sich nun der unterePunkt mit einer Genauigkeit von 1/100mm in der Höhe verschieben läßt, kannauf diese Weise der Abkantwinkel fest-gelegt werden: je tiefer der Matrizenbo-den, desto kleiner der Abkantwinkel.

Beim Drei-Punkt-Biegen sorgt eineFederung des Matrizenbodens dafür,daß mit geringer Preßkraft relativ präziseabgekantet wird. Sobald das Blech in dieMatrize gepreßt wird, beginnt der Bo-den in ein unter ihm liegendes Hydrokis-sen einzutauchen. Überschreitet derDruck auf das Kissen einen bestimmtenWert, bewegt die Steuerung den Stem-

pel automatisch wieder ein kurzes Stücknach oben. Mit dieser Methode läßt sichzum einen eine hohe Wiederholgenau-igkeit des Biegeergebnisses erzielen,weil Schwankungen in der Materialdickeausgeglichen werden. Zum anderen isteine Überlastung des Systems oder ein-zelner Werkzeuge ausgeschlossen.

Ob man nun das Drei-Punkt-Biegenals eigenständiges Verfahren betrachtetoder nur für ein Abkantwerkzeug hält,mit dem sich der Biegewinkel automa-tisch korrigieren läßt, ist Ansichtssache.Die genaue Einhaltung des Biegewinkelskann nämlich nicht nur durch ein ge-steuertes Drei-Punkt-Biegen, sondernauch durch automatisierte Biegewinkel-messung erreicht werden.

Maschine und Arbeitsprozeß

Gesenkbiegemaschinen sind Abkant-pressen, die das Werkstück abkanten,indem sie einen Stempel mit einer verti-kalen Bewegung des Preßbalkens in das

Gesenk einer Matrize drücken. Ge-wöhnlich handelt es sich beim Maschi-nenrahmen einer solchen Abkantpresseum eine Stahlschweißkonstruktion. Beider hier abgebildeten Maschine bestehtder Rahmen aus zwei C-förmigen Sei-tenständern, die oben durch eine Traver-se und unten durch einen Tisch mitein-ander verbunden sind. Die Matrizenauf-nahme ist auf dem Tisch, die Stempel-aufnahme am Preßbalken montiert. DerPreßbalken wird von zwei Hydraulik-zylindern bewegt, die jeweils in denoberen Teil der beiden Seitenständer in-tegriert sind. Hydraulikpumpe und Aus-gleichsbehälter befinden sich – von vor-ne nicht sichtbar – an der Unterseite derTraverse. Damit das Werkstück über dieganze Biegekante mit gleichem Winkelgebogen werden kann, müssen die bei-den Hydraulikzylinder exakt synchroni-sierbar sein. Die Steuerung schließlich istan einem Schwenkarm montiert. Da-durch hat der Bediener den Bildschirmund die Bedientafel immer in Reich-weite.

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Konsole

Arbeitshub

Preßbalken

Anschlagfinger

Hinteranschlag

Werkstücknach derBearbeitung

Werkstückvor derBearbeitung

Matrize

Stempel

Hydraulikzylinder

Traverse

SeitenstanderTischAufbau einer Abkantpresse

Seitenständer

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Die Abkantlänge der meisten Serien-maschinen bewegt sich im Bereich von1 bis 4 m. Die Preßgeschwindigkeitenliegen ungefähr zwischen 1 und 15mm/s. Im Vergleich zu den Zeiten, diedas Einlegen, Positionieren und Heraus-nehmen des Werkstücks beanspruchen,sind die Zeiten, in denen die Maschinedas Blech abkantet, zu vernachlässigen.Das bedeutet zum einen, daß den Posi-tionierhilfen, dem Werkzeughandlingund den ergonomischen Aspekten –kurz: der Bedienerfreundlichkeit derMaschine – große Bedeutung zukommt.Zum anderen zeigt sich, wie stark dieFertigungszeiten eines Produkts auchvon Ausbildungsstand und Motivationdes Personals abhängen.

Werkstücke positionieren

Beim Positionieren liegt das Werkstückauf seitlich verschiebbaren Konsolen,die es dem Bediener erleichtern, auchschwere und ausladende Bleche waag-recht einzulegen. Die Ausrichtung er-folgt mit Hilfe eines Hinteranschlags.Das Werkstück wird soweit in die Ma-schine geschoben, bis es hinten an denAnschlag stößt. Ob sich der Anschlagprogrammgesteuert verschieben odernur manuell positionieren läßt, ist eineFrage der Präzision, des Preises und desKomforts. In jedem Fall aber erforderteine exakte Positionierung, daß dasWerkstück nicht nur an einer Stelle an-geschlagen wird. Aus diesem Grund ver-fügen Abkantpressen gewöhnlich überzwei Anschlagfinger. Eine weitere Vor-aussetzung für die genaue Positionie-

rung ist ein präzise bearbeiteter Zu-schnitt. Weist zum Beispiel die Kante,mit der das Werkstück am Anschlag an-liegt, Unebenheiten auf oder wurde dieKante schräg zugeschnitten, führt dieszu Abweichungen von der program-mierten Biegelinie. In den meisten An-wendungsfällen können solche Abwei-chungen bis zu einem Wert von 0.2 mmtoleriert werden. Allerdings summierensich die Ungenauigkeiten, sobald einWerkstück an Kanten oder Flächen an-geschlagen werden muß, die bereits be-arbeitet wurden.

Lassen sich die Anschlagfinger – ab-gesehen von der seitlichen Verschie-bung – nur gemeinsam bewegen, kanndas Werkstück nur an einer einzelnenFläche oder Kante angeschlagen wer-den, die parallel zur Biegekante verläuft.Sind hingegen die beiden Anschlagfin-ger unabhängig voneinander in alleRichtungen verfahrbar, ist es möglich,das Werkstück an zwei verschiedenenFlächen oder Kanten anzuschlagen. Indiesem Fall kann auch an Kanten ange-schlagen werden, die nicht parallel zurBiegekante verlaufen. Voraussetzungfür ein solches Anschlagsystem sindsechs voneinander unabhängig pro-grammierbare NC-Achsen.

Wie weit das Werkstück maximal indie Abkantpresse hineingeschoben wer-den kann, hängt vom Kantfreiraum derMaschine und vom Biegeradius ab. Als„Kantfreiraum“ bezeichnet man denRaum hinter den Werkzeugen, in demsich das Blech während des Biegevor-gangs bewegen kann, ohne an ein Bau-teil der Maschine zu stoßen. Die Breitedes bearbeitbaren Teilespektrums istdurch den Kantfreiraum der Abkant-presse beschränkt.

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Abkantpresse

Nur seitlich unabhängig voneinander ver-schiebbare Anschlagfinger

Hinteranschlag-Systeme

Völlig unabhängig voneinander verschiebbareAnschlagfinger

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Gesenkbiegemaschinen verfügennicht über einen Niederhalter, der dasWerkstück fixiert, nachdem es der Be-diener positioniert hat. Um ein Verrut-schen zu verhindern, muß deshalb wäh-rend des Abkantprozesses das sich nachoben biegende Werkstück geführt wer-den. Bei leichten, handlichen Blechenbewältigt der Bediener diese Aufgabemanuell, ohne fremde Hilfe. Weit ausla-dende, schwere Werkstücke erfordernhingegen entweder den Einsatz eineszweiten Bedieners oder eine Biegehilfe.Die Biegehilfe, eine schwenkbare Platte,ist vorne am Tisch der Maschine mon-tiert. Während sich das Werkstück nachoben biegt, wird der Schenkel, der ausder Maschine herausragt, von der Platteunterstützt. Wird die Biegehilfe nichtmehr benötigt, kann sie wie ein Konsolezur Seite geschoben werden.

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Bei diesem Hinteranschlag-System mit sechs voneinander unabhängigprogrammierbaren NC-Achsen kann das Werkstück an zwei verschiedenenKanten angeschlagen werden.

L = a – ∆ x + b, wobei L = Gestreckte Länge und ∆ x = Verkürzungsfaktor

Bei plastischen Umformungen ändert sich die Verteilung des Materials innerhalb desWerkstücks. Diesen Effekt muß der Konstrukteur berücksichtigen, wenn er die Ab-wicklung eines Produkts berechnet. So sind die außen vermaßten Schenkel in derZeichnung des gebogenen Werkstücks länger als in der Abwicklung. Um aus derZeichnung eines gebogenen Werkstücks die „Gestreckten Längen“ des Zuschnitts zuerrechnen, muß folglich von der Summe der Schenkellängen jeweils ein Ausgleichs-wert, der Verkürzungsfaktor, abgezogen werden. Der Verkürzungsfaktor läßt sich mitHilfe standardisierter Formeln ermitteln. Diese Formeln liefern jedoch lediglich Richt-werte, weil sie zwar die Materialart, die Blechdicke, den Innenradius und den Biege-winkel berücksichtigen, nicht aber die Werkzeuge, das Verfahren (Freies Biegen, Prä-gebiegen, Drei-Punkt-Biegen) oder die Maschine. Bei Winkeln unter 65° kann der Aus-gleichsfaktor sogar negativ – also zum Verlängerungsfaktor – werden. Anwender, dieauf exakte Abkantungen angewiesen sind, können nicht umhin, ihre individuellenAusgleichswerte über eine Reihe von Testbiegungen für jede Maschine zu ermittelnund die Testergebnisse in Tabellen oder Diagrammen zusammenzufassen. Diese Vor-gehensweise setzt einen funktionierenden Informationsfluß zwischen den beteiligtenStellen voraus. Dem Konstrukteur müssen die empirisch ermittelten Ausgleichswerteebenso bekannt sein, wie das Personal an der Maschine die Werkzeuge und Verfah-ren kennen muß, die der Konstrukteur für jeden Bearbeitungsschritt vorgesehen hat.

erkürzte SchenkelV

L

a b

Steht keine Biegehilfe zurVerfügung, dann wird dasWerkstück während derBearbeitung vom Bediener mit der Hand geführt.

Kantfreiraum einer Abkantpresse

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Preßkraft

Die maximale Preßkraft einer Serienma-schine liegt ungefähr im Bereich zwi-schen 500 und 8000 kN. Um ein 2 mmdickes Blech, das eine Zugfestigkeit von400 N/mm2 besitzt, mit einem Biegeradi-us von 2.6 mm in einem 16 mm breitenGesenk frei zu biegen, benötigt maneine Preßkraft von ca. 120 kN/m.

Die beim Abkanten eines Blechsbenötigte Preßkraft wird aus Tabellenabgelesen, die den Druck pro Meter an-geben. Sie hängt von unterschiedlichenFaktoren ab: Zunächst einmal sind dieDicke und die Zugfestigkeit des Materi-als zu berücksichtigen sowie der Innen-radius der Abkantung. Diese Faktorenkann der Programmierer im Normalfallnicht beeinflussen. Er kann aber durchdie Wahl des Verfahrens und die Wahlder Werkzeuge die Größe der benötig-ten Preßkraft verändern. Besonders mitder Gesenkweite der Matrize, derenWert umgekehrt proportional zur Preß-kraft ist, läßt sich die Preßkraft auf einfa-che Weise variieren.

Allerdings kann man die Preßkraftdurch die Wahl einer großen Gesenk-weite nicht beliebig verkleinern, weil dieSchenkelmindestlänge bei zunehmen-der Gesenkweite ebenfalls immergrößer wird und sich folglich nur nochAbkantungen mit entsprechend langenSchenkeln durchführen lassen. DieSchenkelmindestlänge ist der Wert fürden kürzestmöglichen Schenkel. Unter-schreitet ein Schenkel die Schenkelmin-destlänge, wird er während der Bearbei-tung in die Matrize hineingezogen. Win-kelungenauigkeiten sind die Folge.

Programmierung

Abkantpressen können einerseits ander Maschinensteuerung programmiertwerden. Andererseits existieren wie fürfast alle numerisch gesteuerten Maschi-nen auch für Abkantpressen Program-miersysteme, die die Möglichkeit eröff-nen, NC-Programme maschinenfern zuerstellen. Der Markt offeriert eine breitePalette von Softwarelösungen – vomeinfachen 2D-Programm bis zum Soft-warepaket mit farbiger 3D-Simulation.Leistungsfähige Steuerungen und Pro-grammiersysteme sind in der Lage, ausder 2D-Zeichnung des Biegeprofils oderaus der 3D-Zeichnung des Produkts diePosition der Anschlagfinger und die op-timale Reihenfolge der einzelnen Biege-

schritte zu berechnen. Darüberhinauswird eine Kollisionsbetrachtung durch-geführt. Das heißt, jede Phase des Be-arbeitungsprozesses wird daraufhingeprüft, ob das Werkstück mit demWerkzeug oder mit der Maschine kolli-diert. Sind alle Berechnungen durch-geführt, generiert das System automa-tisch das NC-Programm, mit dessen Hil-fe der Zuschnitt in das gewünschte Teilumgeformt werden kann, und den Bie-geplan.

Für den Bediener an der Maschine istder Biegeplan eine der wichtigsten In-formationsquellen. Ihm kann er zumBeispiel die Reihenfolge der Biegeopera-tionen, die Zuordnung der Werkzeugezu einer Biegekante oder die Biegerich-tung entnehmen. Der Biegeplan wirdauch als Einrichteplan benutzt. Dasheißt, er informiert den Bediener darü-ber, welche Werkzeuge zu welchemZeitpunkt auf welche Werkzeugpositioneingewechselt werden müssen.

Während der Bearbeitung wird derBediener von der Steuerung mit Hilfeeiner grafischen Benutzeroberflächegeführt. Auf dem Bildschirm sieht er beijedem Biegeschritt die aktuelle Form desWerkstücks und die Position, in der erdas Werkstück für den nächsten Bear-beitungsschritt einzulegen hat. Bevorder Bediener aber das erste Werkstückeinlegt, führt er immer einen Testlaufohne Werkstück durch. Zu diesemZweck versetzt er Stempel und Matrizesoweit seitlich voneinander, bis sichbeide auch während eines Arbeitshubs

nicht mehr berühren können. Dann star-tet er das NC-Programm und überprüft,ob er die richtigen Werkzeuge gerüstethat oder ob es zu Kollisionen kommenwürde. Sobald auf diese Weise sicher-gestellt worden ist, daß es zu keiner Kol-lision kommen kann, verschiebt er alleWerkzeuge an die richtige Stelle, legtdas erste Werkstück ein und startet dasNC-Programm erneut. Steht ihm keinautomatisches Meßsystem zur Verfü-gung, muß er die Bearbeitung des erstenWerkstücks nach jeder Abkantung un-terbrechen, um den Winkel und die Ab-messungen zu kontrollieren. Stellt er da-bei Abweichungen fest, bietet ihm dieSteuerung die Möglichkeit, Korrektur-werte einzugeben und den Biegeschrittzu wiederholen.

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Zur Bestimmung der Preßkraft werden maschinenspezifische Tabellen verwendet. Umaber alle Möglichkeiten ausschöpfen zu können, die diese Tabellen über das einfacheAblesen von Werten hinaus bieten, muß der Programmierer die folgenden Zusam-menhänge kennen:

F = k × 1/VEine Verdoppelung der Gesenkweite V hat eine Halbierungder benötigten Preßkraft zur Folge.

F = k × t2

Bei einer Verdoppelung der Blechdicke t muß die Preßkraftvervierfacht werden.

F = k × IDie Abkantlänge I ist proportional zur Preßkraft.

F = k × σbDie Zugfestigkeit σb des Werkstoffs ist proportional zurPreßkraft.

estimmung der PreßkraftB

t

v

F

Grafische Benutzeroberfläche einerSteuerung

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Ein Werkzeugsatz für eine Abkant-presse besteht aus einem Stempelund einer Matrize, dem Gesenk.

Die Härte eines Werkzeugs hängt vomverwendeten Stahl und von der Art ab,mit der die Werkzeuge wärmebehan-delt werden. Häufig werden die Ar-beitszonen, also die Bereiche, in denendas Werkzeug mit dem Werkstück inBerührung kommt, besonders gehär-tet. Lasergehärtete Arbeitszonen ausChrommolybdän-Stahl erreichen eineHärte von bis zu 60 HRC. Aufgrund derstarken Beanspruchung sind Werkzeugetrotz aufwendiger Herstellungsverfah-ren immer wieder eine Quelle für Win-kelabweichungen und Druckstellen amWerkstück. Werden Stempel und Matri-zen nicht pfleglich behandelt, regel-mäßig gereinigt und überprüft, könnenVerschmutzung oder Abnützung diePräzision der Abkantungen nachhaltigbeeinträchtigen.

Mehrteilige Werkzeuge

Die Anforderungen, die heutzutage hin-sichtlich der Flexibilität an eine Abkant-presse gestellt werden, verlangen denEinsatz mehrteiliger Werkzeuge. Mehr-teilige Werkzeuge erreichen die be-nötigte Bearbeitungslänge, indem ein-zelne Werkzeuge so nebeneinandergerüstet werden, daß ein durchgehen-des Werkzeug entsteht. Aufgrund desvergleichsweise geringen Gewichtskann das Handling mehrteiliger Werk-zeuge auch ohne technische Hilfsmittelvon einer einzigen Person bewältigtwerden. Einige Hersteller bieten sogarmehrteilige Stempel an, die sich selbstzentrieren und die mit einem Knopf-druck zu entriegeln sind. Diese Werk-zeuge müssen beim Wechsel nicht seit-lich aus der Maschine herausgeschobenwerden. Der Bediener kann sie einfachvon vorne entnehmen. Doch die Vortei-le mehrteiliger Werkzeuge liegen nichtnur in der Flexibilität der Handhabungund in der Reduzierung von Rüstzeiten.Da mehrteilige Werkzeuge mit geringe-ren Parallelitätsabweichungen herge-

stellt werden können, kanten sie auchmit einer höheren Präzision ab als eintei-lige Werkzeuge.

Hinzu kommt, daß einteilige Werk-zeuge das Teilespektrum einschränken.Das Abkanten von Biegelinien, derenVerlängerung in eine bereits gebogeneKante verläuft, ist – ebenso wie eine Um-formung innerhalb eines Werkstücks –nur mit Werkzeugen möglich, die genaudie Länge der Biegelinie besitzen oderetwas kürzer sind. Für die Bearbeitungsolcher Teile rüstet der Bediener die Ma-schine mit mehreren Werkzeugstatio-nen, das heißt mit mehreren mehrteili-gen Werkzeugen. Da die Umrüstzeiteneiner Abkantpresse je nach Anzahl derWerkzeugstationen zwischen 2 und 5Minuten liegen, versucht der Program-mierer das NC-Programm so zu erstel-len, daß die Maschine mit allen Werk-zeugstationen gerüstet werden kann,bevor die Bearbeitung des Teils beginnt.

Stempel und Matrize

Jedes Abkantwerkzeug besitzt eine überdie ganze Länge gleichbleibende Form.Das zentrale Unterscheidungsmerkmaleines Werkzeugs ist sein Querschnitt.Die wichtigsten Kennzeichen eines

Stempelquerschnitts sind die Ausla-dung, also die Form, mit der der Stempelnach vorne oder nach hinten von dersenkrechten Linie abweicht, und derWinkel an der Spitze. Beim Freien Biegenkönnen mit einem einzigen Stempel un-

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Eine Abkantpresse wird mitmehrteiligen, selbstzentrierenden

Stempeln gerüstet.

Werkzeuge

Werkzeugsatz einer Abkantpresse

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Form müssen manche Werkstücke nachder letzten Umformung seitlich aus derMaschine herausgezogen werden. DieseArt der Entnahme wird der Bedieneraber wenn möglich vermeiden, weil sieumständlich ist, Zeit kostet und sich so-mit die Produktivität der Maschine ver-ringert. Manchmal genügt es, die Biege-folge zu ändern oder einen Stempel miteinem anderen Querschnitt einzusetzen,um die Werkstückentnahme an der Vor-derseite der Maschine zu ermöglichen.

terschiedliche Winkel gebogen werden.Für rechtwinklige Umformungen kom-men beispielsweise Stempel mit Win-keln zwischen 30° und 88° zum Einsatz.Die Form der Ausladung, die ein Stempelbesitzen muß, wird von der Form desWerkstücks bestimmt. Damit ein Werk-stück in einer V-Matrize U-förmig gebo-gen werden kann, ist eine Stempelausla-dung notwendig, deren Gestalt von derSchenkellänge und der Weite der U-Öff-nung abhängt.

Auch das Handling des Werkstückswird von der Wahl der Werkzeuge be-einflußt. Der Durchgang der Werkzeu-ge, also die größtmögliche Entfernungzwischen Stempelspitze und Matrizen-oberseite, sollte so groß sein, daß dasWerkstück in jeder Phase des Bearbei-tungsprozesses von der Vorderseite derMaschine eingelegt und entnommenwerden kann. Dementsprechend sinddie Höhe der Matrize und die Höhe desStempels zu wählen. Aufgrund ihrer

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Oft lassen sich Kanten nur mit Werkzeugen bearbeiten, die die Länge der Biegelinie nicht überschreiten.

U-förmige AbkantungAbkanten mit mehreren Werkzeugstationen

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kann hierbei zwischen verschiedenenautomatischen Systemen wählen, vonder optischen Analyse mit dem Laser biszur taktilen Messung mit seitlich amBlech anliegenden Fühlern.

Sonderwerkzeuge

Mit Standardwerkzeugen läßt sich eingroßes Teilespektrum abdecken. Nebenden Standardwerkzeugen bieten diemeisten Hersteller aber auch Sonder-werkzeuge an, die nach den Wünschender Kunden angefertigt werden. Son-derwerkzeuge eröffnen dem Bedienerein Feld von Anwendungen, das mitStandardwerkzeugen gar nicht oder nurmit nicht vertretbarem Zeitaufwand be-arbeitet werden kann. Ein einfaches Bei-spiel ist das Falzen von Blechteilen, dasan einer Abkantpresse zwei Arbeits-schritte erfordert: Abkanten und Zu-drücken.

Trotz vieler Vorteile wird der Einsatzvon Sonderwerkzeugen stets genau ab-gewogen, weil Sonderwerkzeuge imVergleich zu Standardwerkzeugen teu-rer sind und ihr Erwerb oft mit längerenLieferzeiten verbunden ist.

AutomatischeWinkelkorrektur

Die Anforderungen an die Präzision ei-ner Abkantung sind in den letzten Jah-ren ständig gestiegen. Ein Grund dafürist in den komplexer werdenden Teile-geometrien zu suchen, bei deren Bear-beitung sich Genauigkeitsabweichun-gen in hohem Maße aufsummieren. Wiebereits erörtert, führen vor allemSchwankungen in der Materialbeschaf-fenheit dazu, daß sich die Größe des ge-bogenen Winkels nur bis zu einem ge-

wissen Grad vorausberechnen läßt.Wird eine darüberhinausgehende Ge-nauigkeit gefordert, muß der Winkelwährend der Bearbeitung gemessenund korrigiert werden. Der Anwender

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Das Unterschreiten des Mindestbiegeradius verursacht eine Quetschfalte oderHaarrisse:

Jeder Konstrukteur weiß, daß ein Blechzuschnitt nicht mit beliebig kleinem Innenra-dius gebogen werden kann, weil unterhalb des sogenannten „Mindestbiegeradius“Haarrisse auf der Außenseite oder eine Quetschfalte an der Innenseite der Kanteauftreten. Der Wert für den kleinstmöglichen Innenradius hängt vom Material ab.Generell gilt: Leicht verformbare Materialien, zum Beispiel Kupfer, lassen sich mitgeringeren Radien biegen als spröde Materialien, wie etwa Baustahl oder Magnesium-Legierungen. Eine Orientierungshilfe bietet die Faustregel, nach der der Mindestbie-geradius stets größer zu sein hat als die Blechdicke. Die kleinsten Innenradien könnenerreicht werden, wenn die Biegekante quer, am besten senkrecht, zur Walzrichtungdes Werkstoffs liegt und wenn mit geringer Geschwindigkeit abgekantet wird.

indestbiegeradiusM

Dieser Stempel mit Ausladung läßt sich mit einem Knopfdruckentriegeln.

Beim Falzen von Blechteilen lösen eine Doppelmatrize und ein passenderSonderstempel die Aufgabe des Abkantens und Zudrückens, ohne daß dieWerkzeuge gewechselt werden müssen.

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Eine besonders elegante Lösung für dasFreie Biegen ist die Integration einer tak-tilen Sensorik in den Stempel: Zwei imStempel aufgehängte, unterschiedlichgroße Scheiben ragen über die Stempel-spitze hinaus. Der Stempel wird nachdem Abkanten mit einer Genauigkeitvon 1/100 mm soweit nach oben be-wegt, bis das Werkstück zurückgefedertist und nur noch die beiden Scheiben anden Innenseiten des gebogenen Win-kels anliegen. Aus dem Höhenversatzder beiden Scheiben berechnet dieSteuerung die Größe des gebogenenWinkels, korrigiert die Preßkraft unddrückt den Stempel erneut in die Biege-kante.

Durch dieses Verfahren verringertsich zum einen der Materialverbrauch.Zum anderen verkürzen sich die Zeitenfür das Einrichten des NC-Programmserheblich, weil das manuelle Messenentfällt und das NC-Programm automa-tisch angepaßt wird. Gerade vor demHintergrund tendenziell kleiner werden-der Losgrößen gewinnt die Reduzierungder Einrichtzeit für den Anwender im-mer mehr an Bedeutung.

Trends

Auch in der flexiblen Blechbearbeitungsteigern sich technologischer Standardund Teilekomplexität gegenseitig. Ange-trieben vom Ideal der „near net shape“,also dem Ziel, der Abkantpresse ein Teilzu entnehmen, das in der Form demEndprodukt möglichst nahe kommt,werden derzeit parallel zwei Entwicklun-gen vorangetrieben: Erstens versuchtman möglichst viele der kleineren Um-formungen bereits bei der Flachbearbei-tung – zum Beispiel auf einer Stanzma-schine – herzustellen. Zweitens eröffnenneue Sonderwerkzeuge den Konstruk-teuren die Möglichkeit, Produkte so zugestalten, daß im günstigsten Fall alleSchweißarbeiten durch Biegeumfor-mungen ersetzt werden. In dem Maß, indem Schweißarbeiten überflüssig wer-den, verringern sich die Produktionszei-ten.

Ein weiterer Innovationsschub ist vonder Einführung offener Steuerungenund neuer Programmiertechniken zu er-warten, die die Prozeßkette Blech vonder CAD-Konstruktion bis zum letztenProduktionsschritt mit einem durchgän-gigen Konzept unterstützen. In diesemZusammenhang wird häufig auch dieFrage nach den Automatisierungstech-

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Im Stempel integrierte Winkelsensorik

Träger für den Be- und Entladelift einer Stanzmaschine

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niken der Zukunft gestellt. Für das Bie-gen gilt hierbei zunächst einmal dasGleiche wie für alle Verfahren flexiblerBlechbearbeitung: Nachdem die ersteCIM-Euphorie verflogen ist und sich diemenschenleere Fabrik aufgrund derstarken Verkettung der einzelnen Kom-ponenten als reichlich unflexible Son-derlösung erwiesen hat, werden nunFertigungszellen favorisiert. Innerhalbsolcher Fertigungszellen fallen demFacharbeiter nicht einfach verschiedene,unabhängige Aufgaben zu, sondern dieOrganisation eines ganzheitlichen Auf-gabengeflechts. Ihn darin zu unterstüt-zen und ihm das Werkstückhandlingweitgehend abzunehemen, ist die Auf-gabe von Robotersystemen.

Als Kernstück eines solchen Systemsan einer Abkantpresse fungiert ein Grei-fer, der in der Lage ist, das Werkstück zugreifen, einzulegen, zu positionierenund in beliebige Richtungen zu drehen.Die Bewegungen des Greifers werdenvon optischen oder taktilen Sensorenüberwacht. Vorraussetzungen für einsolches System sind einerseits die Unter-stützung von Robotersteuerung undSensorik durch das Programmiersystem,andererseits die Verknüpfung mit demProduktionsplanungs- und -steuerungs-system, das heißt die Einbindung der au-tomatisierten Fertigungszelle in die Pro-zeßkette Blech. Dem Einsatz von Robo-tern an Abkantpressen stehen bislangvor allem hohe Investitionskosten unddas Problem entgegen, die gefordertenGenauigkeitstoleranzen nicht garantie-ren zu können. Dennoch ist zu erwarten,daß sich – wie in der Flachbearbeitung –auch beim Abkanten Automatisierungs-konzepte durchsetzen werden, weil sieversprechen, Produktivität und Verfüg-barkeit auf ein bislang unerreichtes Ni-veau zu steigern.

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Druckwerksgestell einer Schreibmaschine

Gehäuse für Elektrolytkondensatoren