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Werner Reutter Föderalismusreform und Gesetzgebung Eines der primären Ziele der Föderalismusreform 2006 war die Restrukturierung einer Staatsfunktion: der Gesetzgebung. Gesetzgebungsverfahren sollten im Bund effizienter und transparenter gestaltet sowie insgesamt beschleunigt werden. Gleichzeitig wurden legislative Kompetenzen des Bundes auf die Länder übertragen, um Politikverflechtung und Blockademöglichkeiten durch den Bundesrat zu reduzieren sowie den kooperativen Föderalismus mit kompetitiven Elementen zu ergänzen. Schließlich erhielten die Länder die Möglichkeit, bei bestimmten Gesetzesmaterien von Bundesregelungen abzuweichen. Das Reformvorhaben hat jedoch konzeptionelle Defizite. Mit den angenommenen Ände- rungen lassen sich die angestrebten Ziele allenfalls teilweise realisieren. 1. Einleitung Das vorrangige Ziel der Föderalismusreform, der „Mutter aller Reformen“ (Edmund Stoiber), war die Restrukturierung der Gesetzgebung. Der am 14. Dezember 2005 zwi- schen Bundeskanzlerin und Länderchefs vereinbarte und am 10. März 2006 in den Bun- destag eingebrachte „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ schloss dabei an die Debatten in der „Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ an (2003-2004). 1 Die Bundesstaatskommission sollte Vorschläge unterbreiten, um die „Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern [zu verbessern], die politischen Verantwortlichkeiten deutlicher [zuzuordnen] sowie die Zweckmäßigkeit 1 Die „Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ – so der offizielle Titel – wird üblicherweise unter der Kurzbezeichnung „Bundesstaatskommission“ zitiert; so auch im Weiteren. Zeitschrift für Politikwissenschaft 16. Jg. (2006) Heft 4, S. 1249-1274 1249 Inhalt 1. Einleitung 1249 2. Beteiligungsföderalismus und Bundestag 1252 3. Bundesstaat und Landesparlamentarismus 1260 4. Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern 1268 Literatur 1269

Föderalismusreform und Gesetzgebung - Nomos · 2010. 11. 23. · Das Reformvorhaben hat jedoch konzeptionelle Defizite. Mit den angenommenen Ände-rungen lassen sich die angestrebten

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Werner Reutter

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Eines der primären Ziele der Föderalismusreform 2006 war die Restrukturierung einer Staatsfunktion: der Gesetzgebung. Gesetzgebungsverfahren sollten im Bund effizienter und transparenter gestaltet sowie insgesamt beschleunigt werden. Gleichzeitig wurden legislative Kompetenzen des Bundes auf die Länder übertragen, um Politikverflechtung und Blockademöglichkeiten durch den Bundesrat zu reduzieren sowie den kooperativen Föderalismus mit kompetitiven Elementen zu ergänzen. Schließlich erhielten die Länder die Möglichkeit, bei bestimmten Gesetzesmaterien von Bundesregelungen abzuweichen. Das Reformvorhaben hat jedoch konzeptionelle Defizite. Mit den angenommenen Ände-rungen lassen sich die angestrebten Ziele allenfalls teilweise realisieren.

1. Einleitung

Das vorrangige Ziel der Föderalismusreform, der „Mutter aller Reformen“ (Edmund Stoiber), war die Restrukturierung der Gesetzgebung. Der am 14. Dezember 2005 zwi-schen Bundeskanzlerin und Länderchefs vereinbarte und am 10. März 2006 in den Bun-destag eingebrachte „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ schloss dabei an die Debatten in der „Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ an (2003-2004).1 Die Bundesstaatskommission sollte Vorschläge unterbreiten, um die „Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern [zu verbessern], die politischen Verantwortlichkeiten deutlicher [zuzuordnen] sowie die Zweckmäßigkeit

1 Die „Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“ – so der offizielle Titel – wird üblicherweise unter der Kurzbezeichnung „Bundesstaatskommission“ zitiert; so auch im Weiteren.

Zeitschrift für Politikwissenschaft 16. Jg. (2006) Heft 4, S. 1249-1274 1249

Inhalt

1. Einleitung 12492. Beteiligungsföderalismus und Bundestag 12523. Bundesstaat und Landesparlamentarismus 12604. Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern 1268Literatur 1269

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und Effizienz der Aufgabenerfüllung [zu steigern]“.2 Das waren auch die Ziele der Verfas-sungsänderungen, die am 30. Juni 2006 vom Bundestag und am 7. Juli 2006 vom Bundes-rat beschlossen wurden. Mit der Verfassungsrevision sollten die „demokratie- und effi- zienzhinderlichen Verflechtungen zwischen Bund und Ländern abgebaut“ sowie die „föderalen Elemente der Solidarität und der Kooperation einerseits und des Wettbewerbs andererseits“ neu ausbalanciert werden.3 Aus dieser Zielbeschreibung lässt sich ohne Wei-teres auf die dem Reformvorhaben unterlegte Problemdiagnose schließen: Danach hat die bundesstaatliche Ordnung zu „langwierigen und komplizierten Entscheidungsprozesse[n]“ geführt, eine „übermäßige institutionelle Verflechtung“ hevorgerufen, die „Gesetzgebungs-befugnisse der Länder im Laufe der Zeit immer weiter zurückgedrängt“ und schließlich den Anteil zustimmungspflichtiger Gesetze über die Maßen erhöht.4 Die umfangreichste Verfassungsänderung seit 1949 – 25 der 183 Artikel des Grundgesetzes waren betroffen – schaffte unter anderem die Rahmengesetzgebung (Art. 75) ab, beschränkte die Erforder-lichkeitsklausel in Art. 72 Abs. 2 GG auf ausgewählte Materien, ordnete die Liste der Gegenstände der ausschließlichen und vor allem konkurrierenden Gesetzgebung neu (Art. 73, 74, 74a), räumte Ländern Zugriffsrechte in bestimmten Bereichen ein und zielte darauf ab, die zustimmungspflichtige Mitwirkung des Bundesrates zu reduzieren. Hinzu kommt die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe des Hochschulbaus; allerdings werden Bund und Länder im Bereich der Forschung weiter zusammenarbeiten können.5

Bekanntlich ist dies nicht der erste Versuch, den Zusammenhang zwischen den beiden ordnungspolitischen Verfassungsprinzipien von Bundesstaat und parlamentarischer De-mokratie neu zu gestalten.6 Die Enquête-Kommission Verfassungsreform7, die Gemein-same Verfassungskommission (Deutscher Bundestag 1996), die Ministerpräsidenten, die Landesparlamente und deren Präsidenten – sie alle und noch viele andere verlangten schon seit vielen Jahren Änderungen am Grundgesetz und eine Neuordnung des Bund-Länder-Verhältnisses.8 Auch wenn zwischen den Vorschlägen durchaus beachtliche Unterschiede existieren, ist ihnen das Ziel gemeinsam, den Parlamentarismus in Bund und Ländern zu stärken, und zwar durch eine Neufassung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung und insbesondere durch eine Reduzierung des Anteils zustimmungspflichtiger Gesetze.

2 BT-Drs. 16/813, S. 7. Auf die Reformziele: „Abbau von Mischfinanzierungen“, „Neufassung der Mög-lichkeiten für Finanzhilfen des Bundes“ sowie „Verbesserung der ‚Europatauglichkeit’ des Grundge-setzes“ wird nicht eingegangen. Zum Auftrag und zum Verlauf der Bundesstaatskommission: Benz 2005; Sturm 2005; Thaysen 2005: 24 ff.

3 BT-Drs. 16/813, S. 7.4 BT-Drs. 16/813, S. 7.5 BT-Drs. 467/06; Lachmuth u. a. 2006; BT-Drs. 16/813, S. 7.6 Hrbek 2004; Thaysen 2003, 2005.7 BT-Drs. 7/5924. 8 Schindler 1999: 2939 ff.; Beschluss 2000: 4 ff.; Thaysen 2003; Kilper/Lhotta 1996: 249 ff.; Bundes-

staatskommission: Kommissionsdrucksache 0085. Übersicht über die Vorschläge der Sachverständi-gen, der Präsidenten der Landtage und der MPK zur Übertragung von Materien aus der konkurrieren-den Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes bzw. der Länder (Kommissionsdrucksachen 0071 – neu – a bis J, 0038 und 0045), o. O., o. J.

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Politisch wird damit auf ein Problem reagiert, das politikwissenschaftlich seit Mitte der 70er-Jahre intensiv diskutiert worden ist: den Zusammenhang von Parlamentarismus (oder Demokratie) und Föderalismus. Oder in den Worten von Gerhard Lehmbruch: den „Strukturbruch“ zwischen Parteienwettbewerb und Bundesstaat. In dieser Perspektive produziert das ordnungspolitische Strukturprinzip des (unitarischen) Bundesstaates hohe demokratische Kosten, weil es den Parteienwettbewerb ebenso beschränkt wie die Rechte der Parlamente und damit zentrale demokratische Werte – wie Transparenz, Zurechenbar-keit, Gewaltenteilung und Effizienz – unterläuft.

Die im „demokratischen Bundesstaat“ des Art. 20 Abs. 1 GG zusammengefügten Ord-nungsprinzipien sind also in der Verfassungswirklichkeit auseinandergetreten und mani-festieren sich in konfligierenden Handlungslogiken: Während der „Parteienparlamentaris-mus“ (Lehmbruch) auf dem Regelsystem des Wettbewerbs mit zeitlich beschränkter Machtausübung und Mehrheitsprinzip beruht, sind Willensbildung und Entscheidungsfin-dung im Bundesstaat durch Kompromiss und Konsens gekennzeichnet. Diese gegenläu-figen Handlungslogiken produzieren – je nach Perspektive – „Legitimationsdefizite“ oder „Effizienzprobleme“, weil sie sich gegenseitig blockieren und zu probleminadäquaten Ergebnissen führen (können).9 Das sind politisch und politikwissenschaftlich verbreitete Argumente, um Reformblockaden oder Steuerungspathologien im bundesdeutschen poli-tischen System zu erklären. Ihr theoretischer Anspruch besteht darin, Inhalte, Verlauf und Resultat politischer Prozesse aus der Struktur des Regierungsystems zu bestimmen. Da-nach führt die Institutionenstruktur zu Immobilismus, bestenfalls zu einer Politik des „mittleren Weges“ (Schmidt 1987), der lediglich inkrementale Veränderungen erlaubt, also genau das unmöglich macht, was gegenwärtig viele für notwendig halten: Strukturre-formen. Hinzu kommen hohe Koordinations- und Entscheidungskosten (vor allem lang-wierige Verfahren) sowie die erwähnten demokratischen Defizite von Intransparenz und mangelnder Zurechenbarkeit der Ergebnisse.

Vor dem Hintergrund dieser verbreiteten Kritik an den Folgen des Föderalismus über-rascht gleichwohl ein fast trivialer Befund: Der unitarische Bundesstaat, der von koopera-tivem Föderalismus und Politikverflechtung gekennzeichnet ist, konnte offenbar nicht verhindern, dass die Bundesrepublik in den 70er-Jahren als „Modell Deutschland“ interna-tional hohe Anerkennung fand. Ebenso wurde die Flexibilität des westdeutschen Födera-lismus Anfang der 90er-Jahre hervorgehoben. Roland Czada hat beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass im Rahmen der Vereinigungspolitik – unbeschadet ökono-mischer und fiskalischer Fehlentscheidungen – die „primäre Funktion der Politik, auch die extremsten Interessengegensätze zu verarbeiten, ohne den ‚politologischen Frieden’ […]

9 Lehmbruch 2000; Scharpf u. a. 1976; Scharpf 1985; Kropp 1997. Lehmbruch hat einen Perspektiven-wechsel vollzogen: In der ersten Auflage seiner bahnbrechenden Untersuchung zum Parteienwettbe-werb im Bundesstaat ist der Strukturbruch Ursache für Legitimationsprobleme, weil es „den Wählern zunehmend schwerfallen wird, sich mit einem Parteiensystem zu identifizieren, das hinter einer Fassa-de von Konkurrenz faktisch als widerwillig durchgehaltene Große Koalition funktioniert.“ (Lehm-bruch 1976: 160) Später ist für Lehmbruch der „Parteienwettbewerb im Bundesstaat […] nicht in erster Linie von einer Legitimitätslücke bedroht, wie es in den siebziger Jahren scheinen mochte, sondern von einer Effektivitätslücke.“ (2000: 182)

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der Verfassung aufs Spiel zu setzen, nahezu beispielhaft erfüllt wurde“ (1995: 98). Hein-rich Mäding (1995: 112) hat schlicht festgestellt: „Die föderative Ordnung hat sich [im Rahmen des Einigungsprozesses] insgesamt als leistungsfähig erwiesen.“ Und schließlich hat sich für Konrad Hesse (1962: 32) im unitarischen Bundesstaat die „vertikale Gewal-tenteilung […] in wachsendem Maße in eine neue Form der horizontalen Gewaltenteilung verwandelt.“ Der Bundesstaat ist daher nicht antinomisch zur Demokratie zu verstehen, sondern er „modifiziert und vervollständigt [den] Zusammenhang von demokratischer und rechtsstaatlicher Ordnung“ (Hesse 1993: 111).10 Bundesstaat und Demokratie sind also sich nicht gegenseitig ausschließende, sondern sich ergänzende und verstärkende Ord-nungsprinzipien.

Solch unterschiedliche Bewertungen der Vor- und Nachteile des Föderalismus in Deutschland werfen die Fragen auf, ob der „Strukturbruch“ zwischen Bundesstaat und „Parteienparlamentarismus“ sich bei der Gesetzgebung so niedergeschlagen hat, wie dies in der Politikwissenschaft und in der Politik vielfach angenommen wird und wie dies dem verfassungsändernden Gesetz (einschließlich seiner Begleitgesetze) von 2006 unterstellt ist. Um dies zu untersuchen, wird zuerst die Gesetzgebung auf Bundesebene analysiert; danach wird herausgearbeitet, ob die Änderungen geeignet sind, den Landesparlamenta-rismus aufzuwerten.

2. Beteiligungsföderalismus und Bundestag

Nach verbreiteter Auffassung schränken unitarischer Bundesstaat und Beteiligungsfödera-lismus die Kompetenzen der Gesetzgeber in Bund und Ländern beträchtlich ein und zwar aus drei Gründen: Erstens habe sich – bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen – der Bundesrat zu einem politischen „Widerlager“ zum Bundestag und zur Bundesregierung entwickelt. Damit werde nicht nur der politische Mehrheitswille, wie er in Wahlen zum Ausdruck kommt, unterlaufen, sondern die Exekutive, die allein im Bundesrat vertreten ist, gewinne einen ihr nicht zustehenden Einfluss auf legislative Entscheidungen (Lehm-bruch 2000: 77 ff.; Böckenförde 1999: 186 ff.). Zum zweiten wird angeführt, dass die Unitarisierung des Bundesstaates (insbesondere im Bereich der Gemeinschaftsaufgaben) zur Politikverflechtung und zu einem kooperativen Föderalismus geführt habe, in dem – erneut – die Exekutive dominiere und Parlamente zu bloßen Ratifikationsinstanzen degra-diert worden seien. Beschlüsse des Parlaments sind danach zumeist bloße Notifikationen von Entscheidungen, die Regierungen anderswo gefällt haben (Scharpf u. a. 1976; Hesse/Ellwein 1992: 288 ff.). Schließlich wird angenommen, dass den Ländern sukzessive die meisten, wenn nicht alle substanziellen Gestaltungsbereiche entzogen wurden und damit

10 Eine Reihe von Autoren steht der „Strukturbruchthese“ kritisch gegenüber: Sturm (1999) sieht das Parteiensystem seit der Vereinigung strukturell gewandelt, Lhotta (2000) hält den Vermittlungsaus-schuss für eine „effiziente Institution politischer Deliberation“ und für Renzsch (2000) kann eine par-teipolitische Koordinierung Blockadetendenzen im Bundesstaat überwinden. Zum Zusammenhang von Demokratie und Föderalismus siehe auch grundlegend: Benz 2003.

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Landesparlamente als Gesetzgebungsorgane nahezu bedeutungslos geworden sind.11 All diese Effekte werden auf die Funktionsweise von kooperativem Föderalismus und Politik-verflechtung zurückgeführt (König/Bräuninger 2005). „Das föderative Verbundsystem und die Politikverflechtung, die der kooperative Föderalismus hervorbringt, bewirken nicht nur eine Komplizierung des politischen Entscheidungsprozesses und die Tendenz zur Einigung auf den ‚kleinsten gemeinsamen Nenner’, sondern ebenso eine Tendenz zur Entparlamentarisierung, in den Ländern wie im Bund. Das ist der Preis für die oft hervor-gehobene Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des kooperativen Föderalismus“ (Böcken-förde 1999: 192). Anders formuliert und nur wenig zugespitzt: Der in Art. 20 Abs. 1 GG postulierte „demokratische Bundesstaat“ ist in in der Verfassungswirklichkeit ein „unde-mokratischer Bundesstaat“ (Reutter 2006a).

Im Zentrum der Grundgesetzreform stand denn auch die Überlegung, durch „Neube-stimmung der Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen“ die Möglichkeit zur Blo-ckade durch den Bundesrat abzubauen.12 Insbesondere wurde angestrebt, die Zustim-mungspflichtigkeit von Gesetzen (und Verwaltungsvorschriften) aufgrund von Art. 84 Abs. 1 GG deutlich zu reduzieren. Unterstützt durch die Rechtsprechung des Bundesver-fassungsgerichts (BVerfGE 55: 274, 326 f.; BVerfGE 1: 76, 79) hat sich diese Norm zum „Einfallstor“ für die Zustimmungspflichtigkeit von Gesetzen entwickelt (Schneider 1953: 257). Denn Art. 84 Abs. 1 GG legte bis zu seiner Neufassung fest, dass Gesetze, die von den Ländern als „eigene Angelegenheiten“ ausgeführt wurden, der Zustimmung des Bundesrates bedurften, wenn sie Regelungen über Behörden und das Verwaltungsverfah-ren enthielten. Nach Dästner (2001: 296) löste diese Norm zwischen 1981 und 1999 bei 58,1 % aller Fälle eine Zustimmungspflicht aus; weitere 28,5 % wurden aufgrund des Art. 105 Abs. 3 GG für zustimmungspflichtig gehalten. Auf ähnlich hohe Werte kommt der Wissenschaftliche Dienst für die 14. und 15. Wahlperiode: Zwischen 1998 und 2005 ging die Zustimmungspflicht in durchschnittlich 55 % der Fälle auf Art. 84 Abs. 1 GG (alt) zurück (Georgii/Borhanian 2006: 40 f.).

Die Neufassung des Art. 84 Abs. 1 GG hat nun drei Möglichkeiten etabliert, mit denen sich eine Zustimmungspflicht begründen oder vermeiden lässt: Der Bundesgesetzgeber kann, erstens, auf eine Ausgestaltung des Landesverwaltungsverfahrens verzichten und dadurch Gesetze zustimmungsfrei halten – eine auch schon bisher bisweilen angewandte Strategie, die aber wenig praktikabel scheint. Der Bund kann, zweitens, durch Gesetz, das keiner Zustimmung des Bundesrates bedarf, die Einrichtung der Behörden und das Ver-waltungsverfahren der Länder regeln. Doch können dann die Länder vom Bundesgesetz abweichende Regelungen treffen.13 In der Möglichkeit zur Abweichungsgesetzgebung liegt die zentrale Neuerung der Novellierung: Landesrecht wird zum ersten Mal Bundes-recht brechen können! Nur ausnahmsweise, wenn ein besonderes Bedürfnis nach „bundes-einheitlicher Regelung“ besteht14, kann der Bund, drittens, das Verwaltungsverfahren

11 Schneider 1979: 47 ff.; Wettach 1994: 10 ff.; Lichtenstern 1979: 25 ff.; Klatt 1989; Linck 2004; Ab-romeit 1991.

12 BT-Drs. 16/813, S. 7.13 BT-Drs. 16/813, S. 15.14 BT-Drs. 16/813, S. 3.

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„ohne Abweichungsmöglichkeiten für die Länder“ normieren.15 Dann ist allerdings wieder die Zustimmung des Bundesrates erforderlich (Reutter 2006a; Burkhart/Manow 2006a: 3). Während früher der Bund an Gesetzeskompetenzen gewann und die Länder (oder genauer: die Landesregierungen) dafür – angeblich – mit Beteiligungsrechten im Bundesrat ent-schädigt wurden16, will die Reform diese Entwicklung einfach umkehren: Der Beteili-gungsföderalismus via Bundesrat soll reduziert werden, indem die Länder wieder mehr Zuständigkeiten erhalten und die Kompetenzen im Bund eindeutiger geschieden werden.17 „Soweit überhaupt über Prinzipien der Reform geredet wurde, stand die Arbeit der Föde-ralismuskommission unter einer einfachen Maxime: Wenn Politikverflechtung das Pro-blem war, so mußte die klare Trennung der Kompetenzen des Bundes und der Länder die Lösung sein.“18

Empirisch zeigt sich jedoch, dass die dem verfassungsändernden Gesetz unterlegten Annahmen teilweise unzutreffend sind. Zum ersten ist die vielfach vertretene „Blockade-these“ zu undifferenziert und bleibt häufig ohne Bezug zu konkreten Gesetzesmaterien (1). Zum zweiten geht die Forderung nach einer Beschleunigung von Gesetzgebungsverfahren von falschen Voraussetzungen aus und kann mit den vorgesehenen Korrekturen auch nicht realisiert werden (2).

(1) In quantitativer Hinsicht findet die These, der Bundesrat sei „Widerlager“ des Par-teienparlamentarismus und könne – bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen – die Po-litik der Bundesregierung systematisch blockieren, keine Bestätigung. Denn zwischen 1949 und 2005 hat der Bundesrat lediglich bei 171 Gesetzen seine Zustimmung verwei-gert, und davon sind 99 nach einem Vermittlungsverfahren verabschiedet worden; also lediglich 72 von 6.458 vom Bundestag beschlossenen Gesetzen sind letztlich am Bundes-rat gescheitert (Tabelle 1).19 Darüber hinaus ist nicht anzunehmen, dass zustimmungs-pflichtige Gesetze häufiger scheiterten als Einspruchsgesetze. Thomas König und Thomas Bräuninger (2005: 13), die die Gesetzgebung der 8. bis 14. Wahlperioden untersuchten, kommen zu dem Schluss, dass sich die „formal höhere Hürde der Zustimmungspflicht […] nicht unmittelbar in einer niedrigeren Verabschiedungsquote“ niedergeschlagen hat. Schließlich ist hervorzuheben, dass der Anteil zustimmungspflichtiger Gesetze nie unter

15 BT-Drs. 16/813, S. 3.16 Dästner (2001: 308 f.) weist die „Annahme, das heutige Ausmaß der Politikverflechtung sei das Ergeb-

nis von Kompetenzverlagerungen von den Ländern auf den Bund, denen als Gegenleistung die Einräu-mung von Zustimmungsrechten gegenüberstehe, […] als unzutreffend“ zurück.

17 Zu erwähnen ist außerdem, dass nach dem novellierten Art. 104a Abs. 4 GG Gesetze, die Ländern Leistungspflichten auferlegen, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, BT-Drs. 16/813, S. 4, 18 f.

18 Scharpf 2006: 6. Das Zitat bezieht sich auf die Bundesstaatskommission, an der Scharpf als Sachver-ständiger teilgenommen hatte, doch gilt es ebenso für das verfassungsändernde Gesetzgebungsverfah-ren von 2006.

19 In einer aktualisierten Übersicht nennt der Bundesrat 183 Gesetzesbeschlüsse, zu denen er die Zustim-mung verweigerte (Deutscher Bundesrat 2006b: 7); dabei sind auch Beschlüsse berücksichtigt, die mehrfach scheiterten. Darüber hinaus sind auf Grundlage der aktualisierten Variante – in Abweichung zu Tabelle 1 – in der 15. WP 401 Gesetze verabschiedet worden, 386 wurden verkündet, davon waren 196 zustimmungspflichtig.

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40 % fiel. Schon in der 1. Wahlperiode lag er bei über 41 und in der 2. Wahlperiode betrug er bereits knapp 50 %; danach schwankte er zwischen 49,4 und 60,6 %, durchschnittlich lag er bei 53,1 %. In der letzten Legislaturperiode (2002-2005) ist er wieder auf unter-durchschnittliche 50,6 % gefallen (Tabelle 1; Dästner 2001).

Auch wenn diese Zahlen die Annahme relativieren, erst die „Inflationierung von Zu-stimmungstatbeständen“ (Dästner 2001: 292) seit den 70er-Jahren habe zur heute beklag-ten Politikverflechtung geführt, kann der Verweis auf die geringe Anzahl von am Bundes-rat gescheiterten Gesetzen allenfalls ein erster Indikator sein, um die Blockadethese zu überprüfen (Burkhardt/Manow 2006b: 808 f.). Qualitative Effekte, die sich aus der Kom-petenzverteilung im deutschen bikameralen System ergeben und sich nicht in der Anzahl abgelehnter Gesetze niederschlagen, sind von mindestens ebenso großer Bedeutung. Da-nach schränkt der Bundesrat – zusammen mit anderen Veto-Spielern, deren Zustimmung für eine politische Entscheidung erforderlich ist (Tsebelis 1995) – die Fähigkeit des politi-schen Systems ein, auf sozialen Wandel gestaltend zu reagieren und den Status quo zu ändern (Kropp 2005).20 So hat Sabine Kropp festgestellt, dass in den von ihr untersuchten sechs Vorhaben es der rot-grünen Regierung zwar gelungen ist, Reformfortschritte zu er-zielen. Doch hatte dies seinen Preis: Entweder waren der Opposition Zugeständnisse im Bundesrat zu machen, eine Lösung erfolgte also im Rahmen des Parteienwettbewerbs, oder aber Länder ließen sich ihre Zustimmung „teuer abkaufen“ (Kropp 2005: 16). Im Ergebnis bedeutete dies: „Selbst wenn […] Reformen auch innerhalb des straff sitzenden institutionellen Korsetts nicht unmöglich sind, so werden sie durch die Kombination bei-der Strukturprinzipien – von Parteienwettbewerb und Bundesstaatlichkeit – jedoch ten-denziell verwässert. Die politischen Kosten sind für die Bundesregierung, aber auch für die Opposition mitunter beträchtlich. Dem Entscheidungsprozess mangelt es an Transpa-renz; die Wähler haben große Schwierigkeiten, die Verantwortung für getroffene Entschei-dungen eindeutig zu verorten.“ (Kropp 2005: 16) Vor diesem Hintergrund können eine Restrukturierung der Kompetenzverteilung im Bund und eine Entflechtung des Entschei-dungsverfahrens zweifellos Strukturreformen im Bund erleichtern, die Transparenz ver-größern und damit die Zurechenbarkeit verbessern.

20 Ob und unter welchen Mehrheitsbedingungen das Vetopotenzial durch die Opposition im Bundesrat mobilisiert wird und inwieweit sich daraus eine Selbstbeschränkung der Bundesregierung ergibt, bleibt unberücksichtigt (Burkhart/Manow 2006b).

ZPol 4/06 1257

Übersicht 1:Strategien der rot-grünen Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat

Reform KonfliktlinienMehrheitsverhältnisse

im BundesratLösungsstrategien

Reform-fortschritt

Reg. Oppos. Gem.

Steuerrerform 2005

Bund-Länder, auch parteipolitische Polarisierung

23 28 18

Tausch, side-payments, keine Einigung im Vermittlungsaus-schuss

Durchset-zung der Koalition

Rentenreform 2001

Bund-Länder, auch parteipolitische Polarisierung

23 28 18Bund-Länder, auch parteipolitische Polarisierung

Durchset-zung der Koalition

Zuwanderungs-gesetz 2002

Starke parteipolitische Polarisierung

20 31 18 Starke parteipoliti-sche Polarisierung

Status quo, spätere Neuauflage des Verfahrens

Gesundheits-reform 2003

Parteipolitische Polarisierung, innerparteiliche Konflikte

10 41 18Parteipolitische Polarisierung, innerparteiliche Konflikte

Graduell

Hartz IV 2003/2004

Parteipolitische Polarisierung, innerparteiliche Konflikte, Bund-Länder, neue-alte Länder

10 41 18

Parteipolitische Polarisierung, innerparteiliche Konflikte, Bund-Länder, neue-alte Länder

Vorhanden

Föderalismus-reform 2004

Bund-Länder, parteipoliti-scher Konflikt, reiche-arme Länder, Ost-West

2/3-Mehrheit imBundesrat und Bundestag

Bund-Länder, parteipolitischer Konflikt, reiche-arme Länder, Ost-West

Status quo

Quelle: Kropp 2005: 15.

Doch sollte das Ziel der Entflechtung nicht bloßer Selbstzweck sein. Die Möglichkeit, Strukturentscheidungen überhaupt treffen zu können, hat, so scheint es, inhaltliche As-pekte der Reformen überlagert und die Notwendigkeit zu unitarischer Politik in einzelnen Politikbereichen in den Hintergrund gedrängt. Ob z. B. Hochschulpolitik und Strafvoll-zug, wie beschlossen, nahezu vollständig in den Verantwortungsbereich der Länder über-gehen sollten, ist daher nicht nur unter Entflechtungs- und Dezentralisierungsgesichts-punkten zu betrachten, sondern auch aus der Policy-Perspektive zu bewerten. Es kann also nicht nur darauf ankommen, dass Entscheidungen in einem Bereich schnell, transparent

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1258

und ohne langwierige Konsensbildungsprozesse getroffen werden. Vielmehr ist bei den einzelnen Gesetzesmaterien zu prüfen, ob eine Beteiligung des Bundes nach inhaltlichen Kriterien sinnvoll ist. Doch waren solche Aspekte im Gesetzgebungsverfahren von ledig-lich sekundärer Bedeutung (Scharpf 2006; Meyer 2006). Folgerichtig haben auch die An-hörungen im Bundestag im Mai 2006 nur in wenigen Ausnahmefällen zu Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf geführt21, obwohl nahezu alle Sachverständigen davor warnten, dem Bund die Möglichkeit zu nehmen, in der Hochschul-, der Rechts- oder der Umweltpolitik einheitliche Standards und Regelungen durchzusetzen.

(2) Ein weiteres – wenn auch eher implizites – Ziel der Reform bestand darin, poli-tische Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. In Deutschland dauern Gesetzgebungs-verfahren mit durchschnittlich 220 Tagen (ohne Vorverfahren im Bundesrat) vergleichs-weise lange. In Großbritannien benötigten die in der Session 2004/05 verabschiedeten Gesetze rund 113 Tage; in Bayern brauchte ein Gesetz von der Einbringung bis zur Ver-kündung in der 14. Wahlperiode (1998-2003) rund 137 Tage.22 Beim Bund entfällt dabei die meiste Zeit auf das Verfahren im Bundestag; die weiteren Verfahrensschritte – Behand-lung von im Bundestag beschlossenen Gesetzen im Bundesrat, gegebenenfalls Vermitt-lungsverfahren, Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung – beanspruchten durch-schnittlich weniger als ein Drittel (rund 65 Tage) der Gesamtdauer. Die Grundgesetzreform kann dies jedoch nicht ändern. Sie enthält keine Maßnahmen, um das Verfahren im Bun-destag oder im Bundesrat zu beschleunigen. Auch der sinkende Anteil zustimmungspflich-tiger Gesetze wird die Dauer von Verfahren nicht wesentlich tangieren, schon weil der Bundesrat den Vermittlungsausschuss auch bei Einspruchsgesetzen regelmäßig anruft. In der 15. Wahlperiode hat er bei Einspruchsgesetzen ein Vermittlungsverfahren sogar öfter eingeleitet – nämlich in 45 von 190 Fällen – als bei Zustimmungsgesetzen, von denen 42 im Vermittlungsausschuss behandelt wurden (Tabelle 2).23 Schließlich ist zu erwähnen, dass, so Burkhart/Manow (2006a: 13), in den beiden letzten Legislaturperioden die Verab-schiedung von Zustimmungsgesetzen nur ca. zwei Wochen länger dauerte als von Ein-spruchsgesetzen (217 statt 201 Tage).

21 So können nach Art. 91 Abs. 1 Nr. 2 GG (neu) Bund und Länder in Fällen von „überregionaler Bedeu-tung“ Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen gemeinsam fördern, wenn alle Län-der entsprechenden Vereinbarungen zustimmen, eine Möglichkeit, die in dem ursprünglichen Gesetz-entwurf nicht enthalten war.

22 Meine Auszählungen; Bayerischer Landtag 2004; Sessional Information Digest des House of Com-mons, http://www.publications.parliament.uk/pa/cm/cmsid.htm (Stand: 10.04.06). Das Gesetzgebungs-verfahren in Großbritannien beginnt mit der ersten Lesung und endet mit dem Royal Assent, in Bayern mit dem Tag der Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Landtag (Drucksachendatum) und dem Tag der Verkündung des Gesetzes.

23 Die Differenz zu der in Tabelle 1 aufgeführten Zahl von 100 Anrufungen des Vermittlungsausschusses ist darauf zurückzuführen, dass in Tabelle 2 nur die verkündeten Gesetze gezählt wurden, während in die Statistik der Bundestagsverwaltung auch Vermittlungsverfahren für verabschiedete Gesetze eingin-gen, die letztlich nicht verkündet wurden (wegen Verweigerung der Zustimmung, wegen Ende der Legislaturperiode etc.).

ZPol 4/06 1259

Tabelle 2:Anzahl von Vermittlungsverfahren bei Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen (15. Wahlperiode)a)

MitVermittlungsverfahren

Ohne Vermittlungsverfahren Gesamt

Einspruchsgesetze 45 145 190Zustimmungsgesetze 42 153 195Gesamt (abs.)b 87 298 385

a Wie bei der Verkündung angegeben; der Bundesrat ging bei 24 Einspruchsgesetzen von einer Zustim-mungspflicht aus; b nur verkündete Gesetze.Quelle: meine Erhebung auf Grundlage von: Deutscher Bundestag 2006.

Bei sogenannten Schlüsselentscheidungen24 sehen die Daten keineswegs grundsätzlich anders aus. Zwar benötigte eine „Schlüsselentscheidung“ im Durchschnitt statt 220 circa 248 Tage, um in den Bundestag eingebracht und verkündet zu werden, doch ist darin die außergewöhnliche 7. Wahlperiode eingeschlossen. Ohne die Gesetze dieser Legislaturpe-riode dauerten Verfahren bei Schlüsselentscheidungen lediglich 187 Tage, wovon ca. 72 Tage auf den Teil nach der 3. Lesung im Bundestag entfielen (inkl. der 7. Wahlperiode waren es 79 Tage).25 Es kann also keineswegs davon gesprochen werden, dass politisch wesentliche und/oder umstrittene Entscheidungen durch die bikamerale Struktur und dar-aus folgenden Verflechtungen verzögert würden und überdurchschnittlich lange dauerten (König/Bräuninger 2005: 66).

Insgesamt ist daher festzustellen, dass die Reform einzelne Probleme der Bundesge-setzgebung mildern wird. So wird der Anteil zustimmungspflichtiger Gesetze sinken, wenn auch kaum halbiert werden, wie nach einer Untersuchung des Wissenschaftlichen

24 Um die Rolle des Bundestages als Gesetzgeber zu untersuchen, hat von Beyme (1997) für die 1. bis 12. Wahlperiode insgesamt 150 Gesetze als Schlüsselentscheidungen bestimmt. Seine Auswahl orientierte sich an: (1) der Breite des Interesses, das die Entscheidung fand, (2) der angestrebten Tiefe und Dauer-haftigkeit der Regelung und schließlich (3) der Konflikthaftigkeit der Entscheidung. Peter Schindler (1999: 2597 ff.) hat von Beymes Liste ergänzt und 177 Gesetze, die zwischen 1949 und 1994 verkün-det wurden, als Schlüsselentscheidungen qualifiziert. Um die Dauer der Gesetzgebungsverfahren für solche parlamentarischen Entscheidungen zu untersuchen, wurde die Liste Schindlers von mir für die 13., 14. und 15. aktualisiert (vgl. Tabelle 1). König/Bräuninger (2005: 30 ff.) weisen für die 13. und 14. Wahlperiode 16 bzw. 15 „wichtige Initiativen“ aus.

25 In der 7. Wahlperiode dauerten Gesamtverfahren ungewöhnlich lange. So betrug die Verfahrensdauer bei folgenden Gesetzen (in Klammern die Anzahl der Tage nach Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag bis zur Verkündung): beim Bundes-Datenschutzgesetz 1155 (231) Tage, Strafvollzugsge-setz 883 (135) Tage, das 1. Eherechtsreformgesetz 1103 (187) Tage, das Hochschulrahmengesetz 777 (413) Tage, die Novellierung des Allgemeinen Teils des SGB 814 (177) Tage, das Mitbestimmungsge-setz 688 (51) Tage, das Abwasserabgabengesetz 706 (118) Tage; berechnet nach den Angaben in: Deutscher Bundestag/Deutscher Bundesrat 1977.

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1260

Dienstes des Deutschen Bundestages spekuliert wurde.26 Mit der Reduktion des Anteils zustimmungspflichtiger Gesetze werden zumindest mehr Verfahren transparenter, und die Ergebnisse lassen sich leichter zuordnen. Doch steht diesen Verbesserungen entgegen, dass inhaltliche Anforderungen vernachlässigt werden, die eine (stärkere) Beteiligung des Bundes notwendig erscheinen lassen (wie bei der Hochschulpolitik, beim Straffvollzug oder im Umweltrecht). Ebenso wenig werden die Änderungen dazu beitragen können, die Dauer von Entscheidungsverfahren zu verkürzen. Mit dem Argument, Gesetzgebungsver-fahren zu beschleunigen, können die angestrebten Veränderungen also nicht gerechtfertigt werden (Burkhart/Manow 2006a: 13 f.). Vielmehr manifestiert sich in der Forderung nach Verfahrensbeschleunigung ein latenter Dezisionismus und der – naiv anmutende – Wunsch, Probleme durch exekutive Entscheidung schnell und umfassend zu lösen. Ebenso ist die dem Gesetz unterlegte Annahme unzutreffend, Beteiligungsföderalismus und Politikver-flechtung seien Entwicklungen neueren Datums und der deutsche Bundesstaat habe in den 50er-Jahren noch einen quasi dualen Charakter besessen. Eine „Inflationierung von Zu-stimmungstatbeständen“ seit 1949 hat nicht stattgefunden. Vielmehr entspricht der Grad an Politikverflechtung „zu einem hohen Anteil der Ausgangssituation von vor 50 Jahren“ (Dästner 2001: 292).

3. Bundesstaat und Landesparlamentarismus

Die Reform des Grundgesetzes kann – entgegen anderslautender Beteuerungen – die Stel-lung von Landesparlamenten nicht unmittelbar beeinflussen. Nach Art. 28 GG müssen die verfassungsmäßigen Ordnungen der Länder zwar den Grundsätzen des „republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats“ entsprechen, doch gewährt das Demokratie-prinzip den Ländern eine größere Gestaltungsoffenheit als die anderen ordnungspoliti-schen Strukturvorgaben dieser Grundgesetznorm. Tatsächlich sind die Unterschiede zwi-schen den Landesverfassungen und dem Grundgesetz in dieser Hinsicht durchaus beachtlich: So existiert in allen Ländern inzwischen die Möglichkeit zur Volksgesetzge-bung, alle Landesparlamente haben das Recht sich aufzulösen, und in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland kann der Regierungschef per einfachem Misstrauensvotum abge-wählt werden. Das sind – im Vergleich zum Bund – durchaus relevante Unterschiede, die von der Reform des Grundgesetzes unberührt bleiben müssen, weil sie in die Kompetenz der Landesverfassungsgeber fallen. Damit stellt sich jedoch erneut die Frage, welche Fol-gen die Föderalismusreform für den Landesparlamentarismus zeitigen kann und ob die

26 Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kam in einer in der Öffentlichkeit viel be-achteten Untersuchung zu folgendem Ergebnis: Hätten die Verfassungsänderungen schon in der 14. und 15. Wahlperiode gegolten, wäre der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze mehr als halbiert worden: von 55,2 auf 25,8 % in der 14. Wahlperiode und von 51 auf 24 % in der 15. Wahlperiode (Georgii/Borhanian 2006: 3 und passim). Doch weist die Untersuchung eine Reihe methodischer Pro-bleme und unrealistischer Annahmen auf; es kommt hinzu, dass die Reform den schon vor 2006 beste-henden 45 Zustimmungstatbeständen des Grundgesetzes weitere hinzugefügt hat (z. B. in Art. 104a Abs. 4 GG). Burkhart und Manow halten eine Verringerung des Anteils zustimmungspflichtiger Geset-ze auf etwa 35 bis 40 % für „realistischer“ (2006a: 14).

ZPol 4/06 1261

angestrebte Aufwertung der Landtage der Flächenländer, der Bürgerschaften in Bremen und Hamburg und des Abgeordnetenhauses Berlin sich mit der (Rück-)Verlagerung von Gesetzgebungskompetenzen realisieren lässt.

Wie bei der Bundesgesetzgebung mit der Blockadethese hat sich in politischen Debat-ten und im politikwissenschaftlichen Schrifttum auch für die Landesgesetzgebung eine dominierende Auffassung durchgesetzt: Zumindest als Legislativorgane scheint Landes-parlamenten, so die herrschende Meinung, im politischen System der Bundesrepublik Deutschland keine praktische Bedeutung zuzukommen.27 Uwe Thaysen, der Landesparla-menten immerhin bescheinigt, im Rahmen des Möglichen „beachtlich[e]“ Leistungen vollbracht zu haben (2005: 67), sieht diese gleichwohl in „einem Überlebenskampf zwi-schen den Gesetzmäßigkeiten des deutschen Verbundföderalismus und denen des europä-ischen Staatenverbundes“ (32). Und für Jürgen Linck (2004: 1231) droht den Bundeslän-dern „aus staatsrechtlicher Sicht die Verödung zu regionalen Verwaltungsprovinzen mit Landtagen als regionalen Vertretungskörperschaften.“ Dass die Landesparlamente schein-bar zu „Schmuddelkindern“ des deutschen Parlamentarismus geworden sind (Hartmann 2003: 173), wird – im Wesentlichen – auf zwei Ursachen zurückgeführt: Zum einen haben der unitarische Bundesstaat und die daraus resultierenden verhandlungsdemokratischen Zwänge sozusagen einen „legislativen Imperialismus“ der Bundes produziert, dem, so eine der zentralen Thesen, seit 1949 die meisten Gesetzgebungskompetenzen der Länder zum Opfer fielen. Zum anderen führte ein ausgedehntes „System kondominialen Zusam-menwirkens zwischen den Exekutiven von Bund und Ländern“ (Böckenförde 1999: 189) zu einer weiteren Schwächung der Landesparlamente.28 Beides zusammen – legislativer Imperialismus des Bundes und Exekutivlastigkeit des politischen Systems – hat zu einem kontinuierlichen Macht- und Einflussverlust der Landesparlamente geführt. In dieser Per-spektive sind Bundestag und Landesparlamente „Opfer“ des kooperativen Föderalismus. Insbesondere der Gesetzgebungsfunktion der Länder wird bescheinigt, „dramatisch“ ge-schwächt und beschränkt worden zu sein (Gunlicks 2003: 218; Linck 2004).

Die genannten Effekte ergeben sich keineswegs ohne Weiteres aus dem Verfassungs-text. Im Gegenteil, die Kollisionsnorm des Art. 70 GG postuliert eine grundsätzliche Zu-ständigkeitsvermutung der Länder bei der Gesetzgebung, es sei denn, das Grundgesetz verleiht dem Bund ausdrücklich die Gesetzgebungsbefugnis (Enumerationsprinzip). Le-gislative Kompetenzen können mithin nur durch eine Verfassungsänderung auf den Bund übertragen werden. Politisch bedeutete dies bisher einen doppelten Konsens: Die beiden großen Parteien (SPD und CDU/CSU) mussten einer Verfassungsänderung ebenso zustim-men wie die Mehrheit der Länder. Grundsätzlich sollten es solche Hürden erschweren, Gesetzgebungskompetenzen von den Ländern auf den Bund zu übertragen. Allerdings hatte, so die gängige Annahme, die Konstruktion dieser Norm gerade gegenteilige Effekte. Sie schuf Anreize, Zuständigkeiten des Bundes zu erweitern, weil die verfassungsrecht-lichen Regelungen nicht die Länder, sondern die Landesregierungen privilegierten. Die Landesregierungen sind im Bundesrat vertreten, und eine Machterweiterung des Bundes

27 Friedrich 1971, 1989; Eicher 1988: 76 ff.; Klatt 1989.28 Auf die Folgen der europäischen Integration wird nicht eingegangen.

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1262

bedeutete mithin mehr Einfluss der Landesregierungen und deren Vertreter im Bund.29 Folglich sind es vor allem die Landesparlamente, die als Verlierer in diesem Kompetenz-spiel zu gelten haben. Vor diesem Hintergrund scheint die These, die Gesetzgebungskom-petenzen der Länder seien „dramatisch” reduziert worden, fast wie eine Untertreibung.

Die Geschichte der Verfassungsänderungen seit 1949 entspricht den vielfach geäu-ßerten Schlussfolgerungen (Reutter 2006c: 277 ff.; Schneider 2002: 118 ff.). Der Bundes-gesetzgeber hat nicht nur alle ursprünglichen Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung mit detaillierten Regelungen ausgefüllt, sondern eine grö-ßere Anzahl neuer Materien hinzugefügt.30 So wurde 1971 das Recht, die Besoldung und Versorgung im öffentlichen Dienst zu regeln (Art. 74a), dem Bund übertragen, eine Kom-petenz, die 2006 wieder an die Länder zurückgegeben wurde. Die Rahmengesetzgebung des Bundes wurde vor allem 1969 erweitert (Art. 75), wobei die Materien dieser Art der Gesetzgebung vorwiegend Angelegenheiten betrafen, die vor der Aufnahme in das Grund-gesetz auf Landesebene behandelt worden waren (z. B. Hochschulwesen, Rechtsverhält-nisse der Presse, Jagdwesen, Naturschutz, den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Ab-wanderung ins Ausland). Den Landesparlamenten sind schließlich nur wenige Bereiche zur eigenständigen Gestaltung geblieben (z. B. Landesverfassungsrecht, Polizei- und Ord-nungsrecht, Kommunalrecht, Bildung, Medienrecht) (Schneider 2002: 123 ff.). Mit der Änderung des Grundgesetzes sollen diese Entwicklungen revidiert werden.31 Deswegen wurde die Rahmengesetzgebung nach Art. 75 GG (alt) abgeschafft, die Liste der Gegen-stände der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes erweitert, und 16 Regelungsmate-rien (darunter: Strafvollzug, Teile des Umweltrechts, Ladenschluss etc.) wurden an die Länder übertragen. Außerdem wurden die Gegenstände der konkurrierenden Gesetzge-

29 Grimm 1999: 53; Herzog 1987: 473; Rengeling 1990: 854; König/Bräuninger 2005: 1 f.30 Meyer 1990; Greß/Huth 1998: 124 ff.; Greß 2003; Schneider 1979: 18 f.; Meyer (2004: 1 f.) nennt

folgende Materien, für die der Bund nach 1949 Gesetzgebungskompetenzen erhielt: Art. 74: Kriegs-gräberfürsorge (Nr. 10a, wurde erweitert), Atomrecht (Nr. 11a), Ausbildungsbeihilfen (Nr. 13), Siche-rung der Krankenhäuser und Regelung der Krankenhauspflegesätze (Nr. 19a), Tierschutz (Nr. 20), Gebühren für die Benutzung öffentlicher Straßen (Nr. 22), Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Lärmbelästigung (Nr. 24), Staatshaftung (Nr. 25) sowie die künstliche Befruchtung von Menschen, Untersuchung und Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen und Geweben (Nr. 26). Hinzu kam Art. 74a (Besoldung und Versorgung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes) sowie die Rahmenkompetenz nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG (Hochschulwe-sen).

31 Folgende Materien wurden z. B. an die Länder übertragen: Art. 74 Abs. 1: Strafvollzug (Nr. 1), Nota-riat (Nr. 1), Versammlungsrecht (Nr. 3), Heimrecht (Nr. 7), Ladenschlussrecht (Nr. 11), Gaststätten-recht (Nr. 11), Spielhallen etc. (Nr. 11), Messen, Ausstellungen etc. (Nr. 11), Teile des Wohnungswe-sens (Nr. 18), landwirtschaftlicher Grundstücksverkehr (Nr. 18), landwirtschaftliches Pachtwesen, Wohnungswesen, Siedlungs- und Heimstättenwesen (Nr. 18), Sport- und Freizeitwesen und sogenann-ter sozialer Lärm (Nr. 24); hinzu kommen: Besoldung und Versorgung von Landesbeamten (Art. 74a, Art. 75 Abs. 1 Nr. 1, Art. 98 Abs. 3 Satz 2), die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse (Art. 75 Abs. 1, Satz 1, Nr. 2). In den Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes werden verlagert: Waffen- und Sprengstoffrecht (Nr. 4a), Versorgung der Kriegsbeschädigten etc. (Nr. 10), Atomrecht (Nr. 11a), Melde- und Ausweiswesen (Art. 75 Abs. 1 Nr. 5), Schutz deutschen Kulturgutes (Art. 75 Abs. 1 Nr. 5).

ZPol 4/06 1263

bung des Bundes in drei Klassen unterteilt (Reutter 2006a): (1) In zehn Bereichen muss der Bund nach Art. 72 Abs. 2 GG (neu) nachweisen, dass eine Regelung im gesamtstaatli-chen Interesse liegt und erforderlich ist zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit; (2) für die restlichen in Art. 74 GG (neu) genannten Bereiche ist dieser Nachweis entfallen; der Bund kann hier autonom ge-stalten; (3) schließlich können die Länder nach Art. 72 Abs. 3 GG (neu) in sechs Berei-chen, die vormals unter die Rahmengesetzgebung fielen, vom Bund abweichende Rege-lungen treffen. In der Konsequenz kann dies nur heißen: In diesen Bereichen hat der Bund seine autonome Gestaltungsmacht verloren.

Bei der Neustrukturierung der Gesetzgebungszuständigkeiten waren also Kompetenz-trennung und die Rückverlagerung von Zuständigkeiten an die Länder die dominierenden Leitprinzipien, weil Unitarisierung und Verflechtung als Problemursachen erkannt wur-den. Die verbreitete Vermutung eines stetigen Machttransfers von den Ländern zum Bund hält allerdings einer genaueren Prüfung nicht stand. Drei Aspekte sind hervorzuheben (Reutter 2006c: 285 f.): Erstens, die Aufnahme von Gesetzesmaterien in das Grundgesetz bedeutete keineswegs zwingend eine Abwanderung legislativer Landeskompetenzen zum Bund.32 Materien wurden vielmehr zur Liste der konkurrierenden oder Rahmengesetzge-bung hinzugefügt, ohne Zuständigkeiten der Länder zu kolonisieren. So repräsentieren die friedliche Nutzung der Atomenergie und die künstliche Befruchtung neue Politikfelder, die von den Ländern nicht reguliert waren. Der Ausbau des legislativen Mandats des Bundes beruhte in diesen Fällen also nicht darauf, dass aktualisierte Landeskompetenzen reduziert oder an den Bund übertragen wurden.

Zweitens, eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes muss Landesparlamente nicht davon abhalten, politische Inhalte maßgeblich zu beeinflussen. Jens Kalke (2001) hat bei-spielsweise gezeigt, dass Landesparlamente in der Lage waren, die Drogenpolitik – ein Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung – aktiv mitzugestalten.33 Ähnliche Befunde ergeben sich z. B. auch beim Asylrecht. Das Recht zur Gesetzesausführung ermöglichte Bayern und Baden-Württemberg, neue Maßnahmen einzuführen (Sozialhilfe für Asyl-bewerber in Sachleistungen, die Unterbringung der Asylbewerber in Gemeinschaftsunter-künfte usw.), die von anderen Ländern übernommen wurden und schließlich Eingang fanden in die Bundesgesetzgebung (Reutter 1998). Hans Schneider (2002: 125) spricht daher generell von einer Tendenz zur „Parallelisierung der Gesetzgebung“ im Bundes-staat. Die Rahmengesetzgebung verpflichtete die Länder sogar, Materien zu gesetzlich zu regeln. Die Hochschulpolitik ist ein prominentes Beispiel dafür. Sie wurde 1969 in die Rahmengesetzgebung aufgenommen, was in den Ländern in den 70er-Jahren zur Verab-schiedung oder Novellierung von Landeshochschulgesetzen führte. Davor war die Hoch-schulpolitik der Länder durch die KMK (Kultusministerkonferenz) koordiniert worden. Die Änderung des Grundgesetzes lässt sich damit schwerlich als ein Kompetenzverlust der Landesparlamente betrachten, die auch vor 1969 kein uneingeschränktes Gesetzgebungs-mandat in diesem Bereich besaßen. Und Gremmer (1990: 111) berichtet: „Die Verlagerung

32 Ganz abgesehen davon, dass der Bund einige – wenige – Kompetenzen abgegeben hat oder begrenzen ließ (Meyer 2004: 3).

33 Hahn (1987: 45 ff.) kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen; vgl. auch Reutter 2006c: 278.

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1264

der Zuständigkeit [des Besoldungs- und Versorgungsrechts nach Art. 74a] auf den Bund bedingte zunächst sogar zusätzliche Landesgesetze, um das bayerische Landesrecht an das neue Bundesrecht anzupassen.“34 Anstatt von einer schlichten Kompetenzwanderung aus-zugehen, scheint es daher angebrachter, Gesetzgebung im Bundesstaat durch funktionale Differenzierung und legislative Redundanzen zu kennzeichnen.

Drittens, unabhängig von der Reform aus dem Jahre 2006 sind Kompetenzen bereits an die Länder zurückgewandert. Wie erwähnt, wurde 1994 die Bedürfnisklausel in Art. 72 und 75 GG durch eine Erforderlichkeitsklausel ersetzt, und der Bund besitzt seitdem nur noch das Recht zur Gesetzgebung, „wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Le-bensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.“ (Art. 72 Abs. 2, Hervorhebung nicht im Original). Obgleich diese Änderungen bei ihrer Verabschiedung als lediglich „subtile“ verfassungsrechtliche Barrieren verstanden wur-den, um eine weitere Erosion der Landeskompetenzen zu verhindern (Gunlicks 1999: 189), veranlassten sie das Bundesverfassungsgericht, seine Rechtsprechung zu ändern. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts etwa zur Juniorprofessur und zu Stu-diengebühren haben die Fähigkeit des Bundes zur politischen Gestaltung nachhaltig ein-geschränkt und den Ländern deutlich größere Handlungsspielräume in den Bereichen verschafft, in denen die Erforderlichkeitsklausel Anwendung findet.35

34 Die Zahl der im Bereich Beamten- und Besoldungsrecht verabschiedeten Gesetze in Bayern war wie folgt: I. WP (1946-50): 17 Gesetze; II. WP (1950-54): 21; III. WP (1954-58): 14; IV. WP (1958-62): 5; V. WP (1962-66): 11; VI. WP (1966-70): 10; VII. WP (1970-74): 11; VIII. WP (1974-78): 4; IX. WP (1978-82): 9; X. WP (1982-1986): 5 (Gremmer 1990: 110).

35 BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27. Juli 2004 (Juniorprofessur), http://www.bverfg.de/entscheidungen/fs20040727_2bvf000202.pdf (Stand: 26.08.04); BVerfG, 2BvF 1/03 vom 26. Januar 2005 (Studienge-bühren), http:www.bverfg.de/entscheidungen/fs20050126_2bvf000103.pdf (Stand: 10.07.05).

ZPol 4/06 1265

Tabelle 3:Verabschiedete Gesetze in ausgewählten Bundesländern und im Bundestag (jeweils pro Wahlperiode)

BTag Bay HES MV NRW RP SA SH THWP 1949-

20051946-2003

(1946-2003)

(1990-2002)

(1947-2005)

(1946-2006)

(1990-2004)

(1947-2005)

(1990-2004)

1. 545 173 186 195 96 267 198 107 1892. 507 153 134 95 105 112 154 106 1353. 424 116 96 74 110 64 105 82 1364. 427 96 83 - 92 78 - 72 -5. 453 93 73 - 82 93 - 56 -6. 335 146 121 - 154 127 - 96 -7. 516 157 151 - 135 135 - 82 -8. 354 111 111 - 108 79 - 68 -9. 139 105 72 - 119 57 - 53 -

10. 320 83 15 - 108 70 - 65 -11. 359 92 52 - 144 81 - 4 -12. 507 119 94 - 97 122 - 85 -13. 566 118 123 - 170 115 - 107 -14. 559 131 101 - - 131 - 99 -15. 400 - 127 - - - - 164 -Pro WP 427,4 120,9 102,6 121,3 116,9 109,3 152,3 83,0 153,3

Pro Jahr 114,5 29,7 26,1 30,3 26,2 25,5 32,6 21,5 32,9

Quellen: meine Berechnungen, Reutter 2006c: 284; Deutscher Bundestag 2006; Metzmeier 2001: 96; Bay-erischer Landtag 2004: 37; Information des Landtags Rheinland-Pfalz an den Autor.

Entgegen landläufigen Behauptungen beschließen Landesparlamente denn auch noch immer Gesetze in beachtlicher Anzahl (Tabelle 3). Zwar verabschiedet der Bundestag pro Wahlperiode circa vier Mal so viele Gesetze wie die Landesparlamente, doch lagen Letz-tere nur wenig unter dem britischen Parlament oder der französischen Nationalversamm-lung. Die Assemblée Nationale nahm zwischen 1997 und 2002 insgesamt 261 Gesetze an, d. h. 52 pro Jahr (ohne internationale Verträge), und das britische Parlament verabschiede-te 585 Gesetze zwischen 1992 und 2005, also 45 pro Session.36 Das Abgeordnetenhaus von Berlin lag mit 66 verabschiedeten Gesetzen pro Jahr sogar über diesem Niveau. Noch bemerkenswerter: Die Anzahl der in den Landesparlamenten verabschiedeten Gesetze ist

36 Bulletin de l’Assemblee Nationale-Statistiques, 1997-2002, http://www.assemblee-nat.fr (Stand: 14.09.04); die Zahlen zum britischen Parlament finden sich in: Norton 2001: 318 (für die Jahre 1992-1997) und im Sessional Information Digest, http://www.publications.parliament.uk/pa/cm/cmsid.htm (Stand: 10.04.06).

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1266

keineswegs kontinuierlich gesunken. So hat in den 60er-, 70er- und 90er-Jahren eine legis-lative Renaissance stattgefunden, die sich auf Regierungswechsel, Verfassungsreformen (Gebiets- und Funktionalreform) sowie die deutsche Vereinigung zurückführen lässt.

Schaubild 1:Bayerische Gesetzgebung (abs., 1946-1998)

0

6 0

1 2 0

1 8 0

1 9 4 6 -5 0

1 9 5 0 -5 4

1 9 5 4 -5 8

1 9 5 8 -6 2

1 9 6 2 -6 6

1 9 6 6 -7 0

1 9 7 0 -7 4

1 9 7 4 -7 8

1 9 7 8 -8 2

1 9 8 2 -8 6

1 9 8 6 -9 0

1 9 9 0 -9 4

1 9 9 4 -9 8

Verabschiedete Gesetze (abs.)

G es amt

Ä nderungs - undA us führungs ges etz eNeus c höpfungen

Anmerkung: In der Gesamtzahl enthalten sind: Haushaltsgesetze und deren Änderungen sowie Staatsver-träge; die Summe von Änderungs- und Ausführungsgesetzen und Neuschöpfungen stimmt daher nicht mit der Gesamtzahl aller Gesetze überein. Quelle: Metzmeier 2001: 96.

Allerdings sind viele Landesgesetze durch Bundesgesetze verursacht, und nur eine Minderheit der in den Ländern verabschiedeten Normen kann als „neu“ bezeichnet wer-den. So sieht Metzmeier (2001: 96) lediglich 9,5 % (149 von 1562) der in Bayern zwi-schen 1946 und 1998 verkündeten Gesetze als „bedeutende Neuschöpfungen“ an (Schau-bild 1).37 Etwas anders gestaltete sich dies in Nordrhein-Westfalen. Dort diente zwar ebenfalls die Mehrzahl der zwischen 1947 und 2000 angenommenen Gesetze (46,5 %) lediglich der Anpassung und Fortführung bestehender Regelungen, doch immerhin lassen

37 Die Befunde gehen auf eine Untersuchung von Gremmer (1990: 89 ff.) zurück; Metzmeier (2001) hat Gremmers Daten aktualisiert und bis zur 13. WP (1994-1998) weitergeführt, vgl. auch Mintzel/Wasner 2004: 100 f.

Vera

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bs.)

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sich noch 45,3 % der insgesamt 1350 verabschiedeten Gesetze als „neu“ bezeichnen. Wie in Bayern ist dabei auch in NRW die Entwicklung zyklisch verlaufen: Während in der 3. Wahlperiode (1954-1958) noch 72,7 % als neue Gesetze qualifiziert wurden, sank dieser Anteil in NRW bis Anfang der 80er-Jahre auf unter 30 %; erst in der 12. Wahlperiode (1995-2000) stieg er wieder auf 44,3 %.38

Insgesamt relativieren diese Befunde die Hypothese eines kontinuierlichen Macht- und Einflusstransfers zulasten der Länder. Diese Hypothese, die auf einem Nullsummen-spiel beruht – was dem Bund gegeben wird, wurde den Ländern genommen –, wird der Komplexität der Gesetzgebung im Bundesstaat nicht gerecht. Sie vernachlässigt, dass die Länder weiterhin Gesetze in beachtlicher Anzahl verabschieden und Gesetzgebungskom-petenzen von Bund und Ländern sich keineswegs nur in einem Spannungsverhältnis zu-einander befinden. Funktionale Differenzierungen, legislative Redundanzen und Retrans-fer von Kompetenzen an die Länder scheinen Begriffe, mit denen das komplexe Verhältnis von Bundes- und Landesgesetzgebung besser zu charakterisieren ist als mit der mecha-nischen Vorstellung eines seit 1949 vermeintlich zu beobachtenden Machttransfers (Reut-ter 2006c: 286).

Tabelle 4: Landesparlamente: Eingebrachte Gesetze (abs.)

Von Landesregierung eingebrachtZeitraum Anzahl

der WPAnzahl der eingebrach-ten Gesetze

Alle Davon verabschiedet

In %

Bayern (1946-2003) (14) 2.747 1.362 -- --Berlin (1991-2001) (3) 661 148 -- --Brandenburg (1990-2003) (3) 565 402 -- --Hessen (1995-2003) (2) 280 185 181 97,8Rheinland-Pfalz (1947-2001) (13) 2.556 1.241 -- --Saarland (1970-1999) (6) 633 423 394 93,1Sachsen (1990-1999) (3) 473 303 299 98,7Sachsen-Anhalt (1990-2002) (3) 566 329 -- --Schleswig-Holstein (1950-2000) (13) 1.311 837 808 96,5

Thüringen (1990-1999) (2) 415 268 -- --

Quellen: Mintzel/Wasner 2004: 100; Reutter 2004: 130; Lübker/Schüttemeyer 2004: 159; Schiller 2004: 241; Koch-Baumgarten 2004: 350; Rütters 2004: 381; Patzelt 2004: 411; Dobner 2004: 427; Mielke/Bräu-er 2004: 466; Kaina/Kropp 2004: 495.

38 Landtag Nordrhein-Westfalen. Stichwort: Gesetzgebung NRW, Köln 2002 (Faltblatt); hier zit. nach: Andersen/Bovermann 2004: 323. Am Rande sei erwähnt, dass auch nur wenigen Bundesgesetzen der Status von „Schlüsselentscheidungen“ zugeschrieben wird; nimmt man die in Tabelle 1 aufgeführten Zahlen, waren gerade einmal 3,6 % (231 von 6334) der zwischen 1949 und 2005 verkündeten Gesetze Schlüsselentscheidungen.

Föderalismusreform und Gesetzgebung

Werner Reutter

1268

Landesparlamente bleiben dennoch „reaktive“ Gesetzgebungsorgane (Mezey 1979; Patzelt 2003). Nur ausnahmsweise besitzen sie die Mittel oder verfügen über den Einfluss, um eine Politik aktiv zu gestalten. Aber diese begrenzte Macht ist nicht bloß eine Folge bundesstaatlicher Beschränkungen, sondern auch Konsequenz der landesparlamenta-rischen Regierungssysteme, in denen der Exekutive eine dominierende Rolle auch in der Gesetzgebung zukommt.39 Die Regierungen bringen die weit überwiegende Zahl der Ge-setze in Landesparlamente ein und in der Regel auch mit Erfolg (Tabelle 4). Eine Übertra-gung von Gesetzgebungskompetenzen auf die Länder muss daher keineswegs zu einer Aufwertung des Landesparlamentarismus führen, sondern kann ebenso den legislativen Gestaltungsspielraum von Landesregierungen vergrößern.

4. Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern

„Die bestehende föderale Ordnung ist überholt.“ Das sagte der Bundespräsident am 21. Juli 2005, um seine Entscheidung zu begründen, den Bundestag aufzulösen.40 Er fasste damit – in einer „apodiktischen Formel“ (Thaysen 2005: 65) – einen Teil der publizierten Meinung über die bundesstaatliche Ordnung in Deutschland zusammen. Etwas weniger dramatisch, im Kern aber nicht anders, beschreibt der Gesetzentwurf der Regierungsfrak-tionen zur Änderung des Grundgesetzes vom März 2006 den Stand der Dinge: „Die bun-desstaatliche Ordnung […] bedarf der Modernisierung.“41 In dieser Perspektive sind uni-tarischer Bundesstaat und die damit einhergehenden Funktionsprinzipien von kooperativem Föderalismus und Politikverflechtung die zentralen Ursachen für Politikblockaden, in-transparenten und langwierigen Entscheidungsverfahren und Immobilismus. Die Diagno-se diktiert dem Gesetzentwurf die Therapie. Mit Dezentralisierung statt Unitarisierung und mit Kompetenztrennung statt Verflechtung sollen die Schwierigkeiten des Bund-Länder-Verhältnisses und der Gesetzgebung im Bund überwunden werden. Doch eine solche Auffassung beruht nicht nur, wie gezeigt, zum Teil auf zweifelhaften Voraussetzungen, sondern sie impliziert auch problematische Lösungsvorschläge.

Schon die Annahme, Politikverflechtung und kooperativer Föderalismus seien verhält-nismäßig neue Entwicklungen, und mit einer Entflechtung ließen sich sozusagen die „gol-denen“ Zeiten eines vermeintlich „dualen Föderalismus“ der 50er-Jahre herstellen, ist unzutreffend. Politikverflechtung und kooperativer Föderalismus sind vielmehr endogene Teile der deutschen bundesstaatlichen Ordnung. Ebensowenig lassen sich Reformstau, Immobilismus und Langwierigkeit von Entscheidungen monokausal auf eine Blockadepo-litik des Bundesrates und die „Dunkelkammer des Vermittlungsausschusses“42 zurückfüh-ren. Auf die Gesetzgebung im Bund scheint der Beteiligungsföderalismus weniger drama-tische Auswirkungen gehabt zu haben, als vielfach angenommen. Zustimmungsgesetze

39 Steffani 1979; Patzelt 2003; Schütt-Wetschky 1992. 40 Fernsehansprache von Bundespräsident Horst Köhler am 21.07.05, http//www.bundespraesident.de

(Stand: 10.04.06).41 BT-Drs. 16/813, S. 1.42 So Olaf Scholz, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, über die Auswirkungen der geplanten

Föderalismusreform, hier zit. nach: Die Zeit, 18.05.06, S. 2.

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werden ebenso häufig verabschiedet wie Einspruchsgesetze und beide dauern ähnlich lange. Auch die Gesetzgebungsverfahren bei „Schlüsselentscheidungen“ fügen sich in di-ese Muster. Hinzu kommen bereits vollzogene Änderungen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das die Möglichkeit, Gesetzgebungsvorhaben in zustim-mungsfreie und zustimmungsbedürftige Teile aufzuteilen (BVerfGE 105: 313 ff.), deutlich gestärkt hat. Auch ist fraglich, ob die Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen an die Länder die gewünschten Effekte zeitigen wird.

Die Anhörungen im Bundestag im Mai 2006 haben schließlich deutlich gemacht, dass die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht nur verfassungsrechtlicher Auf-trag ist, sondern auch eine ökonomische und politische Notwendigkeit darstellt. Deswegen warnten die Sachverständigen davor, die Umwelt-, Rechts- oder Hochschulpolitik, so wie vorgesehen, an die Länder zu übertragen und damit dem Bund die Möglichkeit zu nehmen, einheitliche Regelungen und Standards durchzusetzen. Doch haben sich diese Auffas-sungen der Sachverständigen nicht durchgesetzt. Darin zeigt sich ein zentrales Problem der Föderalismusreform: Während sich die Reform an den Prinzipien Entflechtung und Trennung orientiert, verlangen die Funktionsprinzipien des kooperativen Föderalismus weiterhin Kooperation und Konsens. Die aktuellen Debatten zur Gesundheitsreform, zur Lebensmittelkontrolle, zum Jugendstrafvollzug verweisen daher darauf, dass „gutes Re-gieren“ auch – vielleicht sogar überwiegend – von politischen Inhalten bestimmt wird. Darin liegt die eigentliche Herausforderung für die Parteien und den demokratischen Bun-desstaat (Reutter 2006a).

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Korrespondenzanschrift:

Priv.Doz. Dr. Werner ReutterHumboldt-Universität zu BerlinInstitut für SozialwissenschaftenUnter den Linden 610099 BerlinE-Mail: [email protected]