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FELIX MEINER VERLAG · 2018. 3. 3. · Political Philosophy and Philosophy of History in Hegels Essay on the English Reform Bül 235 Norbert Madu, Köln Das englische Reformgesetz

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FELIX MEINER VERLAG

HAMBURG

Hegel-StudienHerausgegeben von

Friedhelm Nicolin und Otto Pöggeler

Beiheft 35

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Politik und GeschichteZu den Intentionen von G. W. F. Hegels

Reformbill-Schrift

Herausgegeben von Christoph Jamme

und Elisabeth Weisser-Lohmann

FELIX MEINER VERLAG

HAMBURG

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar.

ISBN 978-3-7873-1519-2ISBN eBook: 978-3-7873-3077-5ISSN 0073-1578

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2016. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikro-verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de/hegel-studien

Inhaltlich unveränderter Print-on-Demand-Nachdruck der Auflage von 1995, erschienen im Verlag H. Bouvier und Co., Bonn.

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Inhalt

Christoph Jamme, Jena Einleitung 7

I Parlamentarismus und Reform

P. Wende, Frankfurt, W. Steinmetz, London, A. Wirsching, München, G. Lottes, Gießen Anmerkungen zum historischen Umfeld der englischen Parlamentsreform des Jahres 1832 17

Peter Wende, Frankfurt Die Diskussion der Reformvorschläge im britischen Parlament . . 41

Michel John Petry, Rotterdam The Prussian State Gazette and the Morning Chronicle on Reform and Revolution 61

Hartwig Brandt, Marburg Parlamente in Deutschland um 1830. Umrisse einer Institution . . 95

Andreas Wirsching, München Das Problem der Repräsentation im England der Reformbill und in Hegels Perspektive 105

Willibald Steinmetz, London Erfahrung und Erwartung als Argumente in Hegels Reformbill- Schrift und in der parlamentarischen Debatte in England 127

Günther Lottes, Gießen Hegels Schrift über die Reformbill im Kontext des deutschen Diskurses über Englands Verfassung im 19. Jahrhundert 151

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II Hegel und die Reformbill

Norbert Waszek, Paris Auf dem Wege zur Reformbill-Schnit 177

Emst VoUrath, Köln Hegels Wahrnehmung Englands 191

Hans-Christian Lucas, Bochum Ehe „tiefere" Arbeit. Hegel zwischen Revolution und Reform . . . 207

Howard Williams, DyfieldAVales Political Philosophy and Philosophy of History in Hegels Essay on the English Reform Bül 235

Norbert Madu, Köln Das englische Reformgesetz und die Bedeutung der öffentlichen Meinung in Hegels Rechtsphilosophie 249

Stephan Skaiweit, Köln Die Reformbill in Hegels Schrift und in Dahlmanns „Politik" . . . 261

Elisabeth Weisser-Lohmann, Bochum Englische Reformbill und preußische Städteordnung 281

Auswahlbibliographie 311

Personenregister 316

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EINLEITUNG

I.

Die Schrift Über die englische Reformbill ist die letzte von Hegel selbst ver- öffentlichte Arbeit. Sie entstand aus durchaus kontingentem Anlaß. Im Winter 1830/31 mußte Hegel — auf höchsten Druck, wohl von Altenstein oder dem Kronprinzen — wieder über Rechtsphilosophie lesen, was dann Michelet übernahm; außerdem las er Philosophie der Geschichte mit dem Schwerpunkt Neuzeit, und aus dem Schluß dieser Vorlesung her- aus (wo er auch schon seine Bedenken gegenüber der englischen Re- formbUl äußert) schrieb er die Reformbill-Schnit, unmittelbar nachdem die Bill in England mit der Mehrheit von nur einer Stimme in der zwei- ten Lesung des Unterhauses am 23. März 1831 verabschiedet worden war. Die Schrift erschien anonym in der Allgemeinen Preußischen Staatszei- tung 1831 (begonnen am 26. April, es folgten zwei Fortsetzungen). Der Schluß (4. Folge) durfte nicht erscheinen, weil der preußische König außenpolitische Rücksichten nehmen zu müssen glaubte; er wurde nur als Privatdruck an Freunde und Interessenten verteilt (da bisher jedoch kein Exemplar aufgefunden werden konnte, ist nicht sicher, ob der gan- ze Artikel oder nur der Schluß gedruckt wurde).

Die Urteile über diese Hegelsche Schrift, einen Essay in politischem Journalismus, schwanken seit ihrem Entstehen: war den Schülern die Schrift eher peinlich und sah man später in ihr die konservativste, wenn nicht die reaktionärste Schrift des Philosophen, so gibt es in der heuti- gen Forschung gewichtige Stimmen, die in ihr eine der „bestinformier- ten und radikalsten Kritiken an den in England herrschenden sozialen Verhältnissen" (Avineii) sehen. Diese Ambivalenz ist der Schrift selbst eigen. Vordergründig geht es Hegel um eine Auseinandersetzung mit der englischen Wahlrechtsproblematik; in Wahrheit aber geht es hier um das Problem der Revolution, genauer um Reform als Revolutionspro- phylaxe. Hegel diskutiert die Frage am Beispiel Englands, weil England sich dem im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts verbreiteten „Vi- rus" (Tocqueville) des Jakobinismus zu entziehen vermocht hatte, indem das politische System die umstürzlerischen Kräfte zu kanalisieren und

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ZU hemmen verstand. Nach der Französischen Revolution war Englands hierarchische Sozialstruktur erhalten geblieben und mit ihr die Vorherr- schaft des Anglikanismus. 1793 hatte Pitt dem französischen Dekret der Brüderlichkeit den Kampf angesagt, Fox hatte ihm widersprochen. Ein revolutionärer Aufstand in Irland scheiterte dann im Mai 1798. Zu einer bürgerlichen Revolte kam es in England erst zwischen 1828 und 1832, als der konfessionelle Staat aufgelöst und das Wahlrecht reformiert wurde. Mit dem sozialen Aufstieg der unterrepräsentierten Schichten in den er- sten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurde das Problem der Wahlre- form noch dringlicher, als es für Foxens „Whig"-Partei um die Jahrhun- dertwende gewesen war. Whigs und Liberale als Anwälte der Reform nehmen sich jetzt der middle classes (d. h. des Wirtschaftsbürgertums) und ihrer Anliegen an.

Flegels Anlaß, sich mit den englischen Verhältnissen zu beschäftigen, ist in seiner Beunruhigung durch die Pariser Juli-Revolution zu suchen^, außerdem durch die belgische Revolution 1830. Der Flauptanstoß lag aber in den Ereignissen in England: die Wahlen fielen zu Gunsten der Opposition aus, und das neue Kabinett Grey brachte am 1. März 1831 die Gesetzesvorlage für eine Wahlreform ein. Den Höhepunkt der parla- mentarischen Auseinandersetzung bildete die zweite Lesung der Re- formbill im House of Lords im April 1832. Die Reformbill selbst ent- stammt einer sensiblen politischen Lage: ein Jahr nach der Juli-Revoluti- on in Frankreich und unmittelbar vor einer Reform der englischen Re- präsentativverfassung. Ab 1832 beginnt das englische Parlament dann seinen ancien regime-Charakter zu verlieren (die endgültige Ratifizie- rung erfolgte am 7. 6. 1832). Über all diese Vorgänge war Hegel bestens informiert; einen Großteil seiner Informationen bezog er aus dem utilita- ristisch gesteuerten Morning Chronide^. Hegels Interesse gilt vor allem der Analyse des soziologischen und institutioneilen Hintergrundes der politischen Manöver, mit der die Reformbill durch das Parlament ge- bracht wurde. Ein Leitmotiv seiner Exzerpte bildet darüberhinaus die Auseinandersetzung mit Benthams utilitaristischen Reformideen.

Hegel beklagt in seiner Schrift das Modemitäts- und Rationalitätsdefi- zit der englischen Gesellschaft. Sein Grundargument ist, daß die struk- tmellen Mängel der englischen Gesellschaft durch eine bloße Änderung

' Vgl. Briefe von und an Hegel. Bd 3. 310 f, 341. Vgl. auch die zwei Blätter mit Notizen für die Reformbill-Schiilt, abgedruckt in: Hegel: Berliner Schriften. Hrsg, von J. Hoffmeister. Ham- burg 1956. 782-785.

2 Vgl. die Edition der Hegelschen Exzerpte durch M. J. Petry: Hegel and the ,Morning Chro- nicle'. In: Hegel-Studien. 11 (1979), 11-80.

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des Wahlrechts nicht behoben werden können. Dazu bedürfe es viel- mehr einer durchgreifenden Reform der sozialen Verhältnisse in Eng- land. Die Reformbill stelle hier nur eine halbherzige Maßnahme dar. Zwar dränge sie das aristokratische Element zurück, doch vergrößere sie die Gefahr einer gewaltsamen Revolution. Hegel fürchtete am Schluß das Parteienwesen: homines novi bringen von Frankreich her neue Prin- zipien in die Faktion ein, die gefährlich sind; zu gewärtigen seien peren- nierende Revolutionen, ln der Reformbill-Schnit weist Hegel darauf hin, daß das englische Recht (das Hegel nicht richtig versteht) dazu neige, Privilegien zu unterstützen, die eine revolutionäre Situation hervorbrin- gen. Auffällig ist der große Nachdruck, der auf die Bedeutung der öf- fentlichen Meinung gelegt wird — ein Impetus bei Hegel von früh an. Außerdem nimmt er hier Thesen von 1798 wieder auf, die sich in einer Niederschrift über die englische Armengesetzgebung finden^.

Die Absicht von Hegels Schrift ist bis heute unklar. Im Kern steht er ratlos da: zwar müsse etwas geändert werden, aber diese Veränderung dürfe nicht den Boden für eine umfassende Revolution bereiten. Hegel befand sich wohl angesichts der Reformbill in einem Dilemma. Auffällig ist, daß er das Problem der Reform nicht diskutiert und damit das Grundmotiv der Debatte verfehlt. Allerdings müßte gefragt werden, ob die Debatte nicht vielleicht erst die politische Theorie der Reform als Re- form bewußt gemacht hat^. Zu fragen wäre auch, ob Hegel die Reform- bill deshalb nicht verstehen konnte, weil er das Staatliche mit dem Politi- schen zu rasch identifizierte. Vor Augen halten muß man sich darüber- hinaus auch, daß alle deutschen Diskussionen über England im Vormärz verkappte Diskurse über Deutschland sind — Hegel bildet hier keine Ausnahme. Sein Brief an Beyme^ zeigt, daß er die Schrift geschrieben hat, um einem ständigen Ausspielen der englischen gegen die preußi- sche Verfassung den Boden zu entziehen. Hegel will in Schutz nehmen, was in Preußen 1823 zur Macht gelangt war, aber vielleicht will er ca- moufliert auch Kritik an Preußen üben^. Gegenüber dem englischen Wahlmodus ist er aus zwei Gründen skeptisch: einmal weil kaum je- mand wählt (wegen der Eigentums-Bindung des Wahlrechts), zum an-

^ Vgl. K. Rosenkranz: G. W. F. Hegels Leben. Berlin 1844. 85. Vgl. den Artikel „Reform" in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur poli-

tisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hg. v. O. Brunner, W. Conze, R. Koselleck. Bd. 5. Stuttgart 1984. 313 ff.

5 Ediert bei H. Schneider: Dokumente zu Hegels politischem Denken 1830/31. In: Hegel-Studien. 11 (1979), 81-84.

* Vgl. E. Kiss, in: Archiv für Geschichte der Philosophie. 71 (1989), 23—38.

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deren weil die Wähler keinen Einfluß auf die Abgeordneten haben. In- nerhalb der englischen Verfassungsdiskussion geht Hegel mit den engli- schen Skeptikern in der Warnung vor einer Atomisierung der Gesell- schaft konform. Im Mittelpunkt steht das Problem der Politikmündigkeit der Bürger. Gegenüber dem englischen Modell lobt Hegel die Wirksam- keit der preußischen Beamtenschaft als Parlamentssurrogat, ln jedem Fall sieht Hegel das, was er am Beispiel England diskutiert, auch auf Preußen zukommen (in diese Richtung interpretierte er etwa die Diskus- sion der Städteordnung).

Im Vergleich mit anderen Stellungnahmen fiel Hegels Urteil über Eng- land völlig aus dem zeitgenössischen Meinungsbild heraus. Seine Re- formbill-Schriit blieb denn auch ohne größere publizistische Wirkung — in Deutschland, erst recht im England der 30er Jahre. Die Geschichte der politischen Publizistik in Deutschland beginnt aber auch erst in den 1830er Jahren.

11.

Der vorliegende Sammelband dokumentiert die Beiträge eines interdiszi- plinären Gespräches zwischen Historikern und Philosophen, das — mit freundlicher Unterstützung der Fritz Thyssen-Stiftung Köln — vom 30. September bis 2. Oktober 1992 an der Ruhr-Universität Bochum statt- gefunden hat. Dieses Gespräch kreiste vor allem um drei Schwerpunkte: um die Verhältnisse in England zu Beginn des 19. Jahrhunderts, um He- gels politische Philosophie und schließlich um die Geschichte und Struk- tur der politischen Publizistik zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Der erste Teü der Beiträge beschäftigt sich mit der englischen Parla- mentsreform des Jahres 1832 und deren historischem Umfeld. Es gibt bisher, so wird etwa in dem Beitrag von Peter Wende deutlich, keine po- litische Theorie der Reform (im Gegensatz zur Revolution), weshalb Wen- de sich in seinem Beitrag auf die Rhetorik der Reform 1832 beschränkt. Michael J. Petry geht der Frage nach, warum ausgerechnet das Kabinett Grey, das aristokratischste des 19. Jahrhunderts in England, nach We- gen zur besseren „representation of the people" suchte. Dies geht zurück auf Schwächen der englischen Aristokratie Ende des 18. Jahrhunderts. Die politisch einflußreichsten philosophischen Radikalen in England da- mals waren die Bentham-Anhänger. James Mül propagierte zur Durch- setzung der Reformideen das Medium von Zeitschriften; Müls Freund John Black übernahm 1817 die Herausgeberschaft des Morning Chronicle,

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Einleitung 11

des führenden Whig-Oppositionsblattes. Hegel las dieses Organ regel- mäßig, ohne zu wissen, daß Bentham dahinterstand, und übernahm ei- ne Menge von Blacks Argumenten. Was die Situation im Preußen der damaligen Zeit angeht, so informierte sich Hegel darüber durch die All- gemeine Preußische Staatszeitung. Doch Preußen hatte keine zentrale reprä- sentative Versammlung, sondern nur dezentrale Provinzparlamente. Deshalb wurde die Reform lokaler Regierungen zum großen Thema seit den 1820er Jahren. Im Oktober 1831 besuchte Eduard Gans Bentham in England, um ihn vielleicht als möglichen Bündnispartner für die Kodifi- zierungsdebatte zu Hause zu gewinnen. Eventuell, so die Vermutung von N. Waszek, hat Hegel durch Gans mehr von Bentham erfahren, als wir bisher wissen.

Hartwig Brandt macht in seinem Beitrag über den Parlamentarismus in Deutschland um 1830 darauf aufmerksam, daß die deutschen Landta- ge nach 1830 aufblühten, weil die herkömmlichen Stände in Auflösung begriffen waren. „1830 ist das Geburtsjahr moderner politischer Kultur in Deutschland." Davon nimmt Hegel überhaupt keine Kenntnis. An- dreas Wirsching zeigt, daß das Thema „Repräsentation" für unsere Fra- gestellung wichtig ist: es war die Wurzel der Wahlrechtsreform in Eng- land und Hegels zentrales Problem. Wirsching rekonstruiert die Verfas- sungsdiskussion in England zwischen 1770 und 1830, die Kritik am be- stehenden anachronistisch gewordenen Repräsentativsystem. Drei Re- präsentationstheorien konkurrierten miteinander: konservative, natur- rechtlich-demokratische und utilitaristische. Hegel verwirft die aufge- klärt-liberale Repräsentationstheorie und geht mit den englischen Skep- tikern konform. England mit seiner Absage an abstrakte Prinzipien und Fanatismus ist für Hegel — trotz des Vorwurfs der Pervertierung der In- teressenrepräsentation — eine Antithese zu Frankreich.

Willibald Steinmetz fragt nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Argumentation der britischen Politiker und Hegels. Dabei erhellt er Parallelen z. B. auf der formalen Ebene der Argumentationsfiguren. Steinmetz stellt die Erfahrungsargumente und schließlich die prognosti- schen Argumente der Reformbill-Dehatte und Hegels einander gegen- über. Für die taktischen Sprachmanöver interessiert sich Hegel nicht, er setzt sich nur inhaltlich-analytisch damit auseinander. Für England gibt es bei Hegel neben der vielzitierten Revolutionsprognose auch eine Sta- bilitätsprognose. Ausgehend von diesem Beitrag ergibt sich die Frage nach der Einordnung von Hegels Schrift in den zeitgenössischen rhetori- schen Kontext in Preußen, d. h. einmal nach der Einordnung in den Streit um die Kodifikation des Privatrechts (Hegel versus Savigny), dann

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in die Debatte um die Repräsentation in den deutschen Staaten (das Pro- vinzialständesystem in Preußen sieht Hegel als ausreichend an) und schließlich in die Debatte um die Veränderung der Städteordnung, ln der Diskussion wurde von Otto Pöggeler dann die Frage aufgeworfen, ob der Zugang von Steinmetz nicht insgesamt unangemessen sei, denn Hegels poietische habe mit der rhetorisch-pragmatischen Geschichts- schreibung gebrochen; die englischen Parlamentsdebatten seien ihm blo- ßes Geschwätz gewesen.

Günther Lottes fragt zunächst nach der politiktheoretischen Verarbei- tung der historischen Erfahrung Englands und Frankreichs des 18. Jahr- hunderts, vor allem dann während der Revolution. In Deutschland kam es zu einer „konservativen Umdeutung der politiktheoretischen Lehren, die aus der englischen Erfahrung zu ziehen waren". Nach 1848 änderte sich erneut der Stellenwert der Berufung auf England im deutschen Ver- fassungsdiskurs; so bemühten sich die Liberalen, „ihre archaisierende Version des englischen Modells in den Dienst der Modernisierung der deutschen politischen Kultur zu stellen", die Konservativen nutzten das Modell für den entgegengesetzten Zweck. Hegels Reformbill-Schnft steht quer zum Kontext des deutschen Englanddiskurses: die von Liberalen wie Konservativen anerkannte Modernität Englands wird von ihm be- stritten. Man kann fast von einer „Entmythologisierungsabsicht" des „Mythos" England sprechen. Zu einem Umschlag des Englandbildes in Deutschland kam es dann ab 1870 (mit dem Gegensatz von „Händlern" und „Helden").

Die Beiträge des zweiten Teils des vorliegenden Bandes konzentrieren sich ganz auf Hegels Reformbill-Schrih. Norbert Waszek lokalisiert die Ursprünge von Hegels England-Rezeption in Bern. Emst Vollrath stellt die — auf der Tagung heftig diskutierte — These auf, Hegel verfehle das Konzept der zivilpolitisch verfaßten Gesellschaft Englands, weil er ganz in der deutschen Tradition der „Staatsgesellschaft" stehe. Ob es für He- gel wirklich eine Gleichsetzung von Staat und Politik gibt, wurde von seinem Konzept von Sittlichkeit her problematisiert. Volhath unter- schätzt wohl auch, daß viele der Hegelschen Kritikpunkte von britischen Kritikern übernommen worden sind. Außerdem muß der englandähnli- che Ausgangspunkt in Hegels württembergischer Heimat gewürdigt werden. Hans-Christian Lucas gibt in seinem Beitrag eine entwicklungs- geschichtliche Übersicht über das Verhältnis von Reform und Revolution bei Hegel, wobei er sich auf die Berliner Stellung zu diesem Problem konzentriert. Dem Verhältnis zwischen Politik und Philosophie bzw. zwischen politischer Philosophie und Geschichtsphüosophie bei Hegel

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gilt der Aufsatz von Howard Williams. Unter seinem Blickwinkel bildet die Reformbül-Schnft einen Teil der systematischen Schriften Hegels. Nor- bert Madu fragt nach der Bedeutung der öffentlichen Meinung in Hegels Rechtsphilosophie. Stephan Skaiweit vergleicht Hegels Reformbill-Schritt und Dahlmanns Politik. Für den aristotelischen Ausgangspunkt Dahl- manns ist England die moderne Form der Misch verfassungslehre. Für Hegel hat in England der Parlamentarismus die konstitutionelle Monar- chie überholt, der König wurde mediatisiert und England damit an die Spitze der Modernität katapultiert. Beide, Hegel wie Dahlmann, sind Anhänger der konstitutionellen Monarchie und der neuständischen Re- präsentativverfassung. Ein scharfer Kontrast besteht aber zwischen ih- nen in der Einschätzung der Reform und in der Beobachtung der sozia- len und ökonomischen Mißstände Englands. Die Englandauffassung Dahlmanns ist wohl ungleich ideologischer als die Hegels; bei ihm gibt es keinen Versuch, die Gegenwart zu erfassen. Um dies gerecht beurtei- len zu können, bedürfte es allerdings einer Rekonstruktion des Eng- land-BUds Hegels in den Vorlesungsnachschriften.

Robert Muhs fragte nach britischen Reaktionen auf die Reform- bill-Schritt. Hegels Argumente wurden in England zwischen 1830 und 1877 nicht zur Kenntnis genommen: Hegels Schrift lag quer zur engli- schen Debatte und hätte weder der einen noch der anderen Seite etwas nützen können. Allerdings wurde in England die Vorbildhaftigkeit Preu- ßens von einer Minderheit (Bentham) diskutiert. Anfänge zu einer Aus- einandersetzung mit der Reformbill-Schritt gibt es erst im ausgehenden 19. Jahrhundert; 1870 und 1883 gibt es erste Auseinandersetzungen mit den Argumenten der Reformbill-Schritt, rubriziert unter „moderate libe- ralism". Vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis zum Zweiten war der Vorwurf des Reaktionär-Absolutistischen vorherrschend, allerdings ohne konkrete Bezugnahme auf die Reformbill-Schritt. Die britische He- gel-Forschung der Nachkriegszeit (Knox, Pelczynski, Avineri) bemühte sich dann um eine historische wie philosophisch detaüliertere Sicht. Der Beitrag von Muhs konnte zwar auf der Tagung diskutiert werden, aus Termingründen aber leider nicht mehr in den Sammelband aufgenom- men werden. Die Studie wird zu einem späteren Zeitpunkt andernorts erscheinen.

ln ihrem abschließenden Beitrag macht Elisabeth Weisser-Lohmann darauf aufmerksam, daß Hegels Reformbill-Schritt in die Zeit der Diskus- sion um die Revision der Preußischen Städteordnung fällt, die am 17. März 1831 abgeschlossen war. Von Raumer bekämpft wie Hegel das atomistische Element, plädiert für eine Stärkung des Genossenschafts-

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prinzips. Streckfuß verteidigt grundsätzlicher als von Raumer den Grundbesitz als Grundlage des Staatsbürgerrechts. Hegels Schüler Gans hat in seiner neugegründeten Zeitschrift Beiträge zur Revision der preußi- schen Gesetzgebung diese Schrift besprochen und sich im Laufe der Zeit gegen Hegels „Interessenvertretung" gestellt. Für Hegel berühren die Städteordnungs- und Reformbill-Debatte sich in der Frage, wer Bürger sein könne, ob es neben der Stadt- auch eine Staatsbürgerschaft geben solle und mit welchen politischen Rechten diese ausgestattet sein soll. Für Hegel muß der Staat von unten aufgebaut werden, von genossen- schaftlichen Gliederungen her (er lehnte das Prinzip one man — one vote ab), für Gans dagegen muß der Staat von oben aufgebaut werden. Daß die Berufung auf die englische Lokalverwaltung ein deutscher My- thos sei, machte Lottes in der anschließenden Diskussion deutlich. Zu jener Zeit stand nämlich die Lokalverwaltung in England vor ähnlich großen Problemen wie die Repräsentation (geändert dann im „municipal reform act" von 1835, von Friedrich von Raumer in seinem Buch England im fahre 1835 dargestellt).

Es bleibt abschließend zu hoffen, daß mit diesem Sammelband Hegels letzte politische Schrift und seine späte politische Philosophie insgesamt endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die ihr von ihrem historischen wie systematischen Gewicht her gebührt. Bochum, Pfingsten 1993 Christoph Jamme

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I Parlamentarismus und Reform

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ANMERKUNGEN ZUM HISTORISCHEN UMEELD DER ENGLISCHEN PARLAMENTSREEORM

DES JAHRES 1832

Das interdisziplinäre Gespräch zwischen Philosophen und Historikern, aus dem dieser Band der Hegel-Studien hervorgegangen ist, profitierte vor allem davon, daß die Vertreter der beiden Disziplinen ohne besondere Vorgaben des Veran- stalters die ihrer Wissenschaft gemäßen Fragestellungen entwickelten und ent- sprechende Antworten zur Diskussion stellten. In deren Verlauf allerdings wur- de auch deutlich, daß solches Vorgehen z. T. jene ,Dienstleistungen' der Histori- ker ausgespart hatte, welche die für eine umfassende Interpretation der Hegel- schen Reform-Bill-Schrift notwendigen Voraussetzungen liefern.

Gerade Hegels eingehende Kritik bestimmter englischer Zustände, teilweise mit erstaunlicher Sachkenntnis präsentiert, fordern nicht nur den Vergleich mit Hegels Quellentexten, sondern leiten notwendig weiter zu der Frage, ,wie es ei- gentlich gewesen' sei, bzw., inwiefern Hegels Beobachtungen den Einsichten moderner historischer Forschung entsprechen. Eine erste Antwort darauf sollen die folgenden kurzen Artikel liefern, als Einführung nicht nur in den Kontext der Reformdebatte, sondern in bestimmte komplexe Strukturen des politisch sozialen Systems Englands an der Schwelle der Ära der Reformen.

P. W.

WAHLRECHT UND UNTERHAUS WAHLEN VOR 1832

Seit 1707 zählte das britische Unterhaus 558 Abgeordnete, von denen 45 schottische und 24 waliser Wahlkreise vertraten.i

Die englischen Abgeordneten waren von den 40 englischen Grafschaf- ten, 203 sog. ,horoughs‘ — d. h. in der Regel Gemeinden, denen ein kö-

1 Statt detaillierter Literaturangaben sei hier lediglich verwiesen auf das Standardwerk: L. B. Namier u. ]. Brooke: The Hause of Commons 1754—1790. 3 Bde. London 1964, sowie auf die jüngste Monographie zu diesem Komplex: F. O'Gorman: Vaters, Patrons and Parties. The unre- formed electoral System of Hanoverian England 1734—1832. Oxford 1989. Dort weitere Lite- ratur.

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18 PETER WENDE

niglicher Freibrief Selbstverwaltung und damit auch eine eigene Vertre- tung im Parlament gewährte — sowie den beiden Universitäten ins Par- lament entsandt.

Bezüglich des Wahlrechts sind dabei zunächst die Grafschaften von den boroughs zu unterscheiden. Das Wahlrecht in den counties war 1430 durch Statut geregelt worden und sollte 400 Jahre nahezu unverändert fortbestehen. Dem Buchstaben dieses Gesetzes nach besaßen es die sog. „40 Shilling freeholders", d. h. diejenigen, deren Grundbesitz für ihre Steu- erleistung mit einem Jahresertrag von mindestens 40 Sh. veranschlagt war. Ursprünglich war das Wahlrecht damit auf die wohlhabenden Grundbesitzer beschränkt, doch da der Zensus von 40 Sh. über die Jahr- hunderte unverändert bestehen blieb, bedeutete dies im Zuge der stän- digen Geldentwertung eine kontinuierliche Ausweitung der ländlichen Wählerschaft. Hinzu kam, daß der Begriff des freien Grundeigentümers in der Regel großzügig interpretiert wurde und tatsächlich auch zahlrei- che Pächter sowie Handwerker, Händler und Amtsinhaber an den Wah- len teilnahmen.2 Im Schnitt zählte die Wählerschaft eines County zwi- schen 3 000 und 4 000; Rutland mit lediglich 800 und Yorkshire mit 23 000 Wahlberechtigten im frühen 19. Jahrhundert markierten die Ex- trempositionen .

Im Gegensatz zu den Grafschaften besaßen die boroughs kein einheitli- ches Wahlrecht, dessen Bestimmungen waren statt dessen für jeden ein- zelnen Wahlbezirk in der Charter, dem königlichen Freibrief der Gemein- de, im einzelnen definiert. Dabei entsandten diese boroughs wie die Graf- schaften in der Regel jeweils zwei Abgeordnete ins Unterhaus. Doch im Unterschied zu den counties, deren Zahl seit dem Mittelalter unverändert geblieben war, hatte die Zahl der boroughs vor allem durch königliche Verleihungen im 16. Jh. spektakulär zugenommen.

Trotz der offenkundigen Vielfalt der Wahlrechtsqualifikationen läßt sich in die Buntscheckigkeit des Borough-Wahlrechts eine gewisse Syste- matik bringen. Mit deren Hilfe können 6 Gruppen unterschieden wer- den;

1. 92 ,Freeman Boroughs'. Hier war das Wahlrecht ursprünglich Ausfluß des Bürgerrechts der Gemeinde. Damit war es nicht an bestimmte Be- sitzqualifikationen gebunden, sondern mit den Besonderheiten der je- weiligen Gemeindeverfassung verknüpft. Dementsprechend konnte das Wahlrecht vererbt, durch Heirat oder die Mitgliedschaft in einer Gilde erworben, gelegentlich gekauft werden. Die Zahl der Wähler differierte

^ Vgl. bes. O'Gorman, 59.

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Wahlrecht und Unterhaus wählen vor 1832 19

entsprechend von Wahlkreis zu Wahlkreis. Insgesamt 28 Freeman-Bor- oughs zählten mehr als 1 000 Wähler, der größte war London mit ca. 7 000 (bei einer Einwohnerzahl von ca. 750 000), 30 verfügten über 200—1 000 Stimmberechhgte, in 34 durften weniger als 200 zur Wahl ge- hen, in Camelford, dem kleinsten Wahlkreis in dieser Kategorie, ledig- lich 20.

2. 37 ,Scot-and-Lot Boroughs', in denen alle Hausbesitzer, die Armen- steuer entrichteten, über das aktive Wahlrecht verfügten. In Westmin- ster, dem Größten dieser Wahlkreise, waren es ca. 12 000, in Gatton ver- lieh der Besitz von 2 Hausruinen das Wahlrecht.

3. 29 ,Burgage Boroughs', in denen das Wahlrecht nicht an Hausbesitz, sondern an das Eigentum bestimmter Grundstücke gebunden war. Hier variierte die Zahl der Wähler zwischen 7 und 300.

4. 27 ,Corporation Boroughs'. Ähnlich wie in den freeman boroughs war hier das Wahlrecht an die Mitgliedschaft bestimmter Korporationen ge- knüpft wie z. B. Gilden von Kaufleuten oder Handwerkern, die ihre Mit- gliedschaft jeweils durch Kooptation ergänzten. Keiner dieser Wahlkrei- se wies mehr als 60 Wähler auf, deren kleinster, Banbury, gar nur einen einzigen.

5. 12 ,Householder Boroughs', die ähnlich wie die scot-and-lot boroughs das Wahlrecht an Hausbesitz knüpften, mit dem Unterschied allerdings, daß hier die Leistung von Gemeindesteuern nicht vorausgesetzt wurde, sondern lediglich zur Bedingung erhoben war, daß der einzelne Hausbe- sitzer keine Armenunterstützung genoß. Damit war hier ein relativ aus- gedehntes Wahlrecht die Regel, das auch Teile der arbeitenden Klassen einschließen konnte. Die Wählerzahl betrug zwischen 20 und 1 000 Wahlberechtigte.

6. In den 6 ,Freeholder Boroughs' war das Wahlrecht, vergleichbar den burgage tenures, an das Eigentum bestimmter Landlose — freeholds — ge- knüpft. Die Zahl der Wähler lag unter 300.

Wendet man nun den Blick vom einzelnen auf das Ganze, so lassen sich zuverlässige Zahlen über die Summe der Wahlberechtigten in Eng- land und Wales nur annäherungsweise fixieren, wobei ältere und jünge- re Forschungen in ihren Ergebnissen deutlich differieren. Die Unter- schiede illustrieren folgende Übersichten^:

3 Vgl, O'Gorman. 179.

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20 PETER WENDE

A. (Konventionelle Schätzungen)

1689 1715 1754 - 1790

1831 1832

Wähler i. T. Bev. (i. Mül.) Wähler (% d. Bev.) Wähler (% d. erw. Männer)

200 250 282 5,4 5,8 8,5 3,7 4,3 3,3 17,2 19,9 14,3

366 656 13,9 13,9 2,5 4,7 12,2 18,4

B. Korrigierte Statistik (nach F. O'Gorman) Wähler i. T. Bev. (i. Mill.) Wähler (% d. Bev.) Wähler (% d. erw. Männer)

240 300 338 5,4 5,8 8,5 4.6 5,2 4 20.6 23,9 17,2

1689 1715 1754 - 1790

439,24 656 13,9 13,9 3,2 4,7 14,4 18,4

1831 1832

Die zeitgenössische Kritik, wie sie auch Hegel schließlich zur Kenntnis nahm, entzündete sich nicht an der antidemokratischen Grundstruktur des Wahlrechts — letztendlich war nur jeder 6. männliche Erwachsene in die Wahlregister eingetragen — sondern an den Auswirkungen der un- gleichmäßigen Verteüung dieser Wähler auf die einzelnen Wahlkreise. Nimmt man z. B. das Jahr 1754, so entsandten die ca. 178 000 Wahlbe- rechtigten in den Grafschaften lediglich 82 Abgeordnete, während die verbleibenden 105 000 Wahlberechügten über die Besetzung von 400 Un- terhaussitzen entschieden, was bedeutete, daß 38 % der Wähler über die Wahl von 82 % der Unterhausabgeordneten verfügten. Hinzu kommt, daß — wie bereits bei der Aufgliederung des borough-Wahlrechts deut- lich wurde — auch hier nochmals gravierende Differenzen zwischen der Zahl der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen zu Tage traten, mit dem Ergebnis, daß letztendlich ca. 20 000 borough-Wähler ca. 50 % der Unterhaussitze kontrollierten, bzw. V4 des Hauses sich aus den Ab- geordneten der fünf südwestlichen Grafschaften zusammensetzte. In der Praxis führte diese disproportionale Verteüung der Wählerstimmen auf die Wahlkreise dazu, daß in der Mehrheit der boroughs die Zahl der Wahlberechtigten deutlich unter 500 lag. Die Extreme markierten dabei die sog. ,rotten boroughs', jene in Einzelfällen gar nicht mehr real exishe-

4 D. Beates: The Electorate before and after 1832. In: Parlamentary History 11 (1992), 139-150, hat diese Zahlen abermals nach oben korrigiert und schätzt für 1831: 495 200 und für 1832: 813 726 Wahlberechtigte.

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Wahlrecht und Unterhauswahlen vor 1832 21

renden Ortschaften wie z. B. das in der Nähe von Salisbury gelegene Old Sariim, wo das Wahlrecht den Besitzern von 7 längst nicht mehr bebau- ten Grundstücken zustand. Damit waren die Voraussetzungen für jenes Netz von Einflußnahme, Manipulation oder gar Korruption gegeben, welches die Verfassungswirklichkeit des englischen parlamentarischen Systems des 18. Jahrhunderts charakterisierte. Ließ sich doch unter die- sen Umständen bereits durch die Beeinflussung oder Kontrolle einer verhältnismäßig geringen Zahl von Wählern eine entsprechend große Wirkung erzielen. Dabei handelte es sich nur in seltenen Fällen um di- rekten und unverblümten Stimmenkauf, wenn auch gelegentlich in den Zeitungen ein Parlamentssitz zum Kauf annonciert wurde. Gängiger hingegen war die Ämter- oder Pfründenvergabe an einflußreiche lokale oder regionale Honoratioren oder Magnaten bzw. die Förderung der In- teressen der im Besitz des Wahlrechts befindlichen Eliten. In der Tat ent- schieden somit Allianzen unter einflußreichen Magnaten, die über eine mühsam aufgebaute und sorgfältig gepflegte Klientel verfügten, über den Ausgang der Unterhauswahlen.

Die Voraussetzung hierfür lieferten nicht nur das Wahlrecht und die Wahlkreiseinteilung, sondern auch die Praxis der Wahlen. Die öffentli- che Stimmabgabe ermöglichte die Kontrolle der Wahlentscheidung des Klienten durch den Patron. Darüberhinaus ließen sich durch Manipulati- on des Wählerverzeichnisses und Auslegung der jeweiligen Wahlvor- schriften oft weitreichende nachträgliche Korrekturen der Wahlergebnis- se vornehmen, in der letzten Instanz schließlich durch die jeweilige Mehrheit des Unterhauses, dem die Kompetenz der Wahlprüfung zu- stand.

Schließlich bedeuteten Unterhauswahlen keineswegs, daß der Wäh- ler tatsächlich die Möglichkeit besaß, zwischen verschiedenen Alterna- tiven zu wählen, diese war nur dort gegeben, wo tatsächlich sich mehr als 2 Kandidaten um die zwei Sitze des Wahlkreises bewarben. Anson- sten blieb eine echte Wahlentscheidung durch Stimmabgabe überflüs- sig. Da nun aber echte Wahlkämpfe kostspielige Unternehmungen wa- ren, und von den Kandidaten am Wahltag erwartet wurde, daß sie ,ihre' Wähler, aufwendig bewirteten bzw. zum Wahlort transportier- ten, strebte man tunlichst danach, die Zahl der echten Wahlentschei- dungen möglichst zu reduzieren. Tatsächlich waren umkämpfte Wahl- entscheidungen die Ausnahme und nicht die Regel. So wurden in den 40 Grafschaften, in denen die Wahlen oft mit dem größten finanziellen Aufwand verbunden waren, zwischen 1754 und 1790 nur 37 von 240 möglichen Abstimmungen vorgenommen. Oder im Jahr 1780 kam es

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22 PETER WENDE

lediglich in 67 von insgesamt 245 Wahlkreisen zu echten Wahlentschei- dungen.

Die hier skizzierten Tatsachen und Umstände lassen zweifelsfrei deut- lich werden, daß, sobald dieses System mit der Elle einer an den Nor- men der repräsentativen Demokratie orientierten politischen Moral ge- messen wurde, das Urteil nur in vernichtende Kritik münden konnte, ei- ne Kritik, die letztendlich zum ceterum censeo der Wahlrechtsreformbe- strebungen des frühen 19. Jahrhunderts gerann. Diese Kritik war lange Zeit mehr oder weniger unkritisch von der historischen Forschung pro- longiert worden, bis jüngere Untersuchungen hier wichtige Korrekturen Vornahmen, mit dem Ergebnis, daß das unreformierte Wahlrecht keines- wegs mit der rigiden Kontrolle einer ohnmächtigen, da begrenzten Wäh- lerschaft durch eine kleine, machtversessene adlige Elite gleichzusetzen war.

Nicht nur war die Zahl der Wahlberechtigten wohl wesentlich höher, als bislang angenommen^, darüberhinaus läßt sich auch in der Regel für jene Wahlkreise, wo tatsächlich Wahlen stattfanden, eine überraschend hohe Wahlbeteiligung nachweisen, die im Durchschnitt bei 80 % lag. Gerade dies spricht für eine durchaus aktive politische Rolle der Wäh- ler, die diese auch dort spielten, wo schließlich Wahlkampf und Wahl- entscheidung vermieden wurden. Dies geschah nämlich meist um den Preis, daß bereits zuvor die Mehrheit der Wähler ihre Interessen hatte durchsetzen können, Interessen, die selbstverständlich vorwiegend dem lokalen Umfeld galten. Wenn der eigentliche Wahlakt oft zur Farce verkam, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß jenseits der punktuell begrenzten Parlamentswahlen im England des 18. Jhs. ein na- hezu ständiger Dialog zwischen den politischen Magnaten und ihrer Klientel stattfand, die immer wieder aufs neue gewonnen werden muß- te, und dies in der Regel um den Preis politischer Mitsprache auf dem Felde der eigenen politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen In- teressen. D. h. an die Stelle der Wahl eines Abgeordneten trat tatsäch- lich die Auswahl unter rivalisierenden Magnaten, die um die ,Kontrolle' eines Wahlkreises konkurrierten. Unter diesen Voraussetzungen er- scheinen die Auswirkungen der Wahlrechtsreform von 1832 weniger einschneidend, als bislang gemeinhin angenommen; wie so oft steht auch hier hinter dem, was vordergründig als radikaler historischer Wandel erscheint, ein Netz von übergreifenden Kontinuitätslinien, die

5 Vgl. dazu die Tabellen auf S. 20.

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Das englische Armenrecht vor 1834 23

ihrerseits wichtige Voraussetzungen für den Erfolg der Reform liefer- ten.

Peter Wende

DAS ENGLISCHE ARMENRECHT VOR 1834

Vor der großen Reform des Jahres 1834 beruhte das englische Armen- recht auf einem unübersichtlichen Konglomerat von Gesetzen, privaten Statuten und lokal unterschiedlichen Anwendungspraktiken. ^ Seine ur- sprüngliche Intention zielte darauf, die Armen zu disziplinieren und ihr Vagabundieren zu unterbinden. Im Zuge der sich verschärfenden Ent- wicklung zum Pauperismus seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm es jedoch zunehmend auch Elemente der Hilfe und sozialen Un- terstützung in sich auf, die sich zu jener ursprünglichen Intention eher konträr verhielten. Aufgrund dieser Heterogenität und Unübersichtlich- keit, die seine soziale Praxis prägten, entzieht sich das „Old Poor Law" einer eindeutigen historischen Beurteilung und Interpretation. Letztlich gaben die Verhältnisse vor Ort den Ausschlag, d. h. in der Gemeinde, wo sich die verschiedenen Paktoren des Armenrechts überkreuzten und zur Armenpolitik verbanden.

Den Kern des alten Armenrechts bildete ein Gesetz aus dem Jahre 1598 (39, Elizabeth c. 3), das 1601 mit nur geringfügigen Änderungen neu erlassen wurde, die Act for the Relief of the Poor (43 Elizabeth, c. 2).

1 Als wichtigste Literaturangaben, auf denen auch die folgenden Ausführungen im we- sentlichen basieren, sind zu nennen; Sidney u. Beatrice Webb: English Local Government. Bd 7: English Poor Law History. Part 1: The Old Poor Law. London 1927 (aufgrund der Material- fülle nach wie vor unentbehrlich). Mark Blaug: The Myth of the Old poor Law and the Making of the New. In: Journal of Economic History 23 (1963), 151—184 (wichtig für die Interpretations- geschichte). J. R. Poynter: Society and Pauperism. English Ideas on Poor Relief, 1795—1834. London 1969 (vorzügliche Darstellung der Debatte um das Old Poor Law in seiner Endpha- se). Derek Fraser: The Evolution of the British Welfare State. A History of Social Policy since the Industrial Revolution. London 1973. Ursula R. Q. Henriques: Before the Welfare State. Social Administration in Early Industrial Britain. London 1979. Karl Heinz Metz: Industrialisierung und Sozialpolitik. Das Problem der sozialen Sicherheit in Großbritannien 1795—1911. Göttin- gen 1988. (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London. 20.) (behandelt das Armenrecht innerhalb einer weit ausgreifenden Ideengeschichte der britischen Sozialpo- litik im 19. Jahrhundert).

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24 ANDREAS WIRSCHING

An die Tradition der englischen Armengesetzgebung unter den Tudors anknüpfend und sie in erweiterter Form zusammenfassend, verankerte das Gesetz von 1598/1601 nun erstmals die Armenpflege verbindlich in der Lokalverwaltung. Fortan unterlag sie in jeder Gemeinde (parish) spe- ziellen Armenpflegern (overseers of the poor), die von den Friedensrichtern nominiert wurden und das Recht zur Erhebung einer gemeindlichen Ar- mensteuer (poor rate) erhielten. Die Armensteuer war von den Bewirt- schaftern des Bodens, also den Pächtern und Kleineigentümern aufzu- bringen und bildete die materielle Basis für die Unterstützung der Be- dürftigen. Zur Regelung der Frage, wer zur Hilfeleistung berechtigt war, unterteilte das Gesetz die Armen in drei Gruppen: Erstens sollten dieje- nigen Armen, die nicht in der Lage waren, für sich selbst zu sorgen und am stärksten institutioneller Hilfe bedurften, d. h. die Alten, Siechen und Behinderten, auf Kosten der Gemeinde in Armenhäusern unterge- bracht und versorgt werden. Das entsprechende Gegenstück für die Ge- sunden (able-bodied poor) bildete zweitens das Arbeitshaus, in welchem die arbeitsfähigen Bedürftigen mit nützlichen Tätigkeiten wie dem Spin- nen von Hanf oder Flachs zu konzentrieren und zu beschäftigen waren. Notleidende Kinder sollten die Möglichkeit erhalten, eine Lehre zu ab- solvieren, um später eine selbständige Existenz führen zu können. Drit- tens schließlich sah das Gesetz vor, gesunde aber arbeitsunwillige Be- dürftige — Bettler, Vagabunden etc. — zwangsweise in den Arbeitshäu- sern unterzubringen.

Dieses in der Klarheit seiner Regeln harte Gesetz blieb formal bis 1834 in Kraft. Seine praktische Umsetzung erfolgte jedoch nur teilweise. So stellten sich der Errichtung von Arbeitshäusern, die, sofern sie finanzier- bar oder gar lukrativ sein sollten, eine gewisse Zahl an verfügbaren Ar- beitskräften voraussetzte, entscheidende Hindernisse entgegen. Grund- sätzlich änderte daran auch die General Workhouse Act von 1723 nichts, wodurch die Gemeinden ermächtigt wurden, sich zur Errichtung eines Arbeitshauses zu assozüeren. Entgegen der Intention des Gesetzes von 1601 verzichteten die Gemeinden daher häufig auf die Konzentration der Armen in Arbeitshäusern und unterstützten die Bedürftigen ihres Sprengels auch direkt an ihrem Wohnort. Die Geld- oder Sachzuwen- dung an einzelne, häufig nur zeitweise bedürftige Personen war insbe- sondere für kleinere Gemeinden die einfachste und billigste Form der Armenunterstützung. Obwohl gesetzlich nicht vorgesehen, wurde die- ses sogenannte „outdoor relief" zu einem kennzeichnenden Merkmal des Alten Armenrechts. In der Krise am Ende des 18. Jahrhunderts, als insbesondere die in der Landwirtschaft gezahlten Löhne immer weniger

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Das englische Armenrecht vor 1834 25

zum Lebensunterhalt genügten, wurde die gemeindliche Armenhilfe auch zur Lohnzuzahlung an Bedürftige herangezogen (allowances). Die bekannteste, wenn auch bei weitem nicht die einzige Entscheidung die- ser Art trafen 1795 die Magistrate der agrarischen Grafschaft Berkshire. Gemessen am Brotpreis und an der Zahl der Kinder, sollten Arbeitslöh- ne, die zum Lebensunterhalt nicht mehr ausreichten, aus der Armenkas- se subventioniert werden. Dieses „Speenhamland-System", so genannt nach dem Ort der Magistratsentscheidung, weitete sich rasch in allen Grafschaften aus und wurde im Jahre 1796 durch ein Gesetz (36 Georg III, c. 23) sanktioniert.

In der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts verstärkt einsetzenden Dis- kussion über das Armenrecht zog vor allem diese Vermischung von Ar- beitslohn und Armenfürsorge vehemente Kritik auf sich. Man bemängel- te, daß dem Arbeitenden mit seiner Unabhängigkeit auch das Selbstbe- wußtsein genommen werde; die ehrenwerte Existenz, beruhend auf Fleiß und Sparsamkeit sei nun der Abhängigkeit von Lohnsubventionen aus der Armensteuer gleichgestellt. In der Lohnzuzahlung erblickte man mithin eine faktische Ermutigung zur Trägheit.

Die Idee des Arbeitshauses, mit der sich ja für den Bedürftigen eine Prüfung seiner tatsächlichen Arbeitswilligkeit verband und die von man- chen Ökonomen und Pamphletisten enthusiastisch verfolgt wurde, kolli- dierte aber auch mit der strukturimmanenten Zielvorgabe der Armen- pfleger. Der ehrenamtliche Armenpfleger hatte ständig mit dem Unwil- len der Bewohner aufgrund steigender Armensteuersätze zu rechnen. Sein Bestreben ging daher in erster Linie dahin, die Zahl der Unterstüt- zungsempfänger möglichst niedrig zu halten, um auch die von der Ge- meinde aufzubringenden Kosten zu begrenzen. Das wichtigste Instru- ment hierfür war das englische Aufenthaltsrecht, das eng mit dem Ar- menrecht korrespondierte. Die Act of Settlement aus dem Jahre 1662 band die Armenunterstützung an die Gemeinde, in welcher der Empfänger ein Heimatrecht besaß. Letzteres konnte unabhängig von der Dauer des Aufenthalts durch verschiedene Qualifikationen wie Geburt, Heirat oder Absolvierung einer Lehre erworben werden. Bewohner, die kein Hei- matrecht am Ort besaßen, konnten daher im Falle ihrer Bedürftigkeit einfach abgeschoben werden. Darüber hinaus erlaubte das Gesetz den Gemeinden, innerhalb der ersten 40 Tage auch nicht bedürftige Neuan- kömmlinge abzuschieben. Um sich einer potentiellen Belastung der ge- meindlichen Armenkasse zu entledigen, wurde von dieser Möglichkeit häufig Gebrauch gemacht. Erst 1795 setzte ein Gesetz des jüngeren Pitt solcher Praxis ein Ende.

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26 ANDREAS WIRSCHING

Im 16. und 17. Jahrhundert waren die englischen Herrschaftseliten von den neuen Problemen verarmter, vagabundierender und bettelnder Bevölkerungsteile geschreckt worden. Das Law of Settlement und die von ihm sanktionierte Praxis der Abschiebung bildeten einen spezifischen Ausdruck jener Furcht und den Versuch, die Probleme mittels repressi- ver Gesetzgebung in den Griff zu bekommen. In Verbindung mit dem Armenrecht zogen Aufenthaltsrecht und Abschiebungspraxis jedoch un- haltbare Zustände nach sich. Nur allzuoft führte das Bemühen der Ar- menpfleger, Bedürftige abzuschieben, zu Inhumanität oder Absurdität. Das Hin- und Herschieben Hochschwangerer oder der Streit um einen Bedürftigen, dessen Bett auf der Grenze zwischen zwei Gemeinden lag, markieren hierfür nur die Extreme. Die Flut von Prozessen um die Rechtmäßigkeit von Abschiebungen bewies darüber hinaus die zuneh- mende Ineffizienz des Aufenthaltsrechts. Neben dem „Speenhamland- system", d. h. dem System der allowances gerieten daher vor allem die Bestimmungen des Aufenthaltsrechts zunehmend ins Kreuzfeuer der öf- fentlichen Kritik. Dabei verbanden sich humanitäre und praktische Er- wägungen mit dem Kalkül der liberalen politischen Ökonomie, die von dem Law of Settlement eine Behinderung der sozialen Mobilität und der wirtschaftlichen Entwicklung befürchtete. Adam Smith etwa war nicht zufällig einer seiner schärfsten Kritiker.

Mithin waren am Ende des 18. Jahrhunderts das englische Armen- recht und das mit ihm eng korrespondierende Law of Settlement in eine ausweglose Strukturkrise geraten. Neben den lawinenartig steigenden Prozeßkosten trat dies am fühlbarsten durch den kontinuierlichen, wäh- rend der Agrarkrise im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts dramati- schen Anstieg der Armensteuer zu Tage. Hatte ihre Gesamtsumme im Jahre 1750 noch 730 000 £ betragen, so stieg sie während des Krieges ge- gen Frankreich auf 8 647 000 £ im Jahre 1813, um nach einem kurzen Ab- fall 1819 die Rekordhöhe von 9 320 000 £ zu erreichen. Kritiker konnten sich durch solche Zahlen in ihrer Auffassung bestätigt sehen, das Ar- menrecht produziere die Armut, die es lindern sollte, und es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis es den Wohlstand der Insel vernichtet und ihre Bevölkerung gänzlich pauperisiert habe.

Über das Armenrecht entbrannte also seit dem Ende des 18. Jahrhun- derts eine fortwährende Debatte, die auch zu einigen Reformansätzen im Parlament führte. So tagte von 1816 bis 1819 ein Ausschuß des Unter- hauses, um Informationen zu sammeln und Reformvorschläge zu unter- breiten. Die Fronten in dieser Auseinandersetzung verliefen quer zu den traditionellen Parteigegensätzen etwa zwischen Whigs und Tories. Vor-

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Das englische Armenrecht vor 1834 27

herrschend blieb indes eine eher konservative Position, die mit der Nei- gung zu graduellen Verbesserungen einherging. Dagegen standen frei- lich Ansätze zu einer radikalen Lösung, die durch Thomas R. Malthus' bevölkerungspolitische Argumentation beeinflußt waren und die Reform von 1834 antizipierten. Am weitesten gingen in diesem Sinne die Geset- zesinitiativen des whiggistischen Juristen Sir James Scarlett in den Jah- ren 1821 und 1822. Scarlett schlug ein Maximum der Armensteuersätze vor und verlangte die Abschaffung von outdoor relief und jeglicher Ab- schiebung von Bedürftigen. Die parlamentarische Debatte dieser Anträ- ge spiegelte jedoch in anschaulicher Weise wider, in welch komplexen Zusammenhang die Kernelemente des englischen Armenrechts standen. Diejenigen Abgeordneten, die sich von humanitären Gesichtspunkten leiten ließen, stimmten zwar der Abschaffung der Abschiebungen zu, konnten aber das Ende der allowances nicht akzeptieren. Umgekehrt war für die malthusianisch beeinflußten Parlamentarier die Abkehr von jegli- cher Form des outdoor relief eine conditio sine qua non, nicht alle aber teilten Scarletts Meinung in bezug auf das Law of Settlement. In diesem Punkt stimmten im übrigen die Interessen von Stadt und Land überein; Abgeordnete aus den urbanen Industrie- und Wirtschaftszentren be- fürchteten von dem Ende der Abschiebungspraxis eine Überflutung ih- rer Städte. Scarletts Gesetzesanträge scheiterten mithin, wobei sich zeig- te, daß eine gleichzeitige Reform von Armenfürsorge und Law of Settle- ment starken, weltanschaulich und sozialökonomisch durchaus unter- schiedlich motivierten Widerstand hervorrief.

Nicht zuletzt weil sich die Regierung in der Armenrechtsfrage jeder politischen Führung enthielt, blieb es im Parlament bei Diskussionen und Gesetzesinitiativen, wobei sich die unterschiedlichen Positionen nicht selten gegenseitig blockierten. Als die Armensteuern in den 1820er Jahren wieder zu sinken begannen, verlor das Thema einen Teil seiner Brisanz und spielte auf der parlamentarischen Tagesordnung nur noch eine untergeordnete Rolle. Dies änderte sich erst, als 1832 die Re- form-Regierung des Earl Grey die Berufung einer Royal Commission veranlaßte, die sich mit den Problemen des Armenrechts befassen sollte und sich mehrheitlich aus überzeugten Reformern zusammensetzte. Dies war der Beginn eines Prozesses, an dessen Ende 1834 eine grundle- gende Reform verabschiedet wurde. In deren Zentrum stand das Prinzip der geringeren Wünschbarkeit („less eligibility"), das jeglichen Empfang von Armenhilfe möglichst unattraktiv halten sollte. Mit der Abschaffung jeder Form von outdoor relief und der verbindlichen Einführung des — be- wußt abschreckend zu gestaltenden — Arbeitshauses für arbeitsfähige

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28 WILLIBALD STEINMETZ

Arme läutete die Reform eine neue Ära der englischen Sozialpolitik ein.

Andreas Wirsching

DER VERLAUF DER REFORM-DEBATTE BIS APRIL 1831 UND HEGELS SELEKTIVE DARSTELLUNG

Hegel bezog sein Wissen über die von Lord Russell am 1. März 1831 im Unterhaus eingebrachte Reformbill und über die nachfolgende Debatte in erster Linie aus der Presse. Die wichtigsten englischen Zeitungen (Morning Chronicle, Times, Globe, Courier) brauchten in der Regel sechs Tage, bis sie Berlin erreichten.^ Darüber hinaus enthielten auch die deut- schen und französischen Blätter, die Hegel regelmäßig las, Informatio- nen zur englischen Tagespolitik. Im Fall der deutschen Zeitungen ver- gingen etwa drei, im Fall der französischen Journale etwa sieben bis zehn weitere Tage, bevor die Sekundär-Informationen verfügbar waren. Auch wenn Hegel sich bei der Abfassung der ReformbilTSchrift primär auf den Morning Chronicle und die Preußische Staatszeitung gestützt hat, ist es denkbar, daß er die Exzerpte aus englischen Quellen in anderen Blättern zur Kenntnis genommen hat. Theoretisch könnte er vor Ab- schluß seines Artikels gerade noch von der Abstimmungsniederlage der Whig-Regierung am 20. April 1831 und von der Parlamentsauflösung drei Tage später erfahren haben. Tatsächlich ging er aber auf diese Ereig- nisse nicht mehr ein. Die letzten Vorgänge, von denen er berichtete, wa- ren die mit einer Stimme Mehrheit erfolgte zweite Lesung am frühen Morgen des 23. März 183H und die Debatte im House of Lords am 28. März 18313. In dieser Sitzung hielt Wellington eine Rede, auf die He-

' Vgl. die Angaben im Beitrag von M. ]. Petry in diesem Band. 2 G, W. F. Hegel: Über die englische Reformbill. In: Ders.: Berliner Schriften, 1818—1831.

Firsg. von J. Hoffmeister. Hamburg 1956. 461—506, 463. Die Abstimmung endete mit 302:301. Die umfassendste Darstellung der Ereignisgeschichte bietet: M. Brock: The Great Re- form Act. London 1973. Eine Analyse des Abstimmungsergebnisses vom 23. 3. 1831 ebd., 176-182.

5 House of Lords, 28. 3. 1831, PDIII, 3, 983—1085. Zur Zitierweise aus den britischen Par- lamentsdebatten: PDIII (bzw. PD II) steht für: The Parliamentary Debates from the Year 1803 to the Present Time. Published under the superintendence of T. C. Hansard. Third Series: 1830—1891. (bzw. Second Series: 1820—1830). Die arabische Ziffer gibt jeweils die Bandnum- mer an.

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Der Verlauf der Reform-Debatte bis April 1831 und Hegels Darstellung 29

gel mehrmals zurückgriff, um die Position der Anti-Reformer zu erläu- tern. 4

Da die Darstellung Hegels auf die „höheren Gesichtspunkte" zielte^, war es kein Verlust, daß er die Auseinandersetzungen nach Ende März 1831 nicht mehr einarbeiten konnte. Die Grundsatzpositionen beider Sei- ten hatten sich schon in den ersten Wochen nach Einbringung der Bill herausgeschält. Neue Argumente kamen bis zur endgültigen Ratifizie- rung des Gesetzes durch den König am 7. Juni 1832 kaum noch hinzu. Was den Kampf um die Parlamentsreform nach April 1831 für die Eng- länder so spannend machte: die Wahlen, die persönlichen Triumphe und Niederlagen, die parteitaktischen Manöver um den Peersschub und die zuvor in dem Ausmaß nie dagewesene Einwirkung der Öffentlich- keit auf die parlamentarische Beratung interessierte Hegel ohnehin nicht. Er hielt all dies für oberflächliche Tumulte, die den Engländern den Blick dafür verstellten, daß sich bei ihnen im Bereich der substantiel- leren Rechte und Institutionen wenig zum Positiven bewegte. Die Re- formbill-Debatte war für Hegel vor allem ein Vorwand, um auf die schon länger bestehenden Defizite des politischen, rechtlichen und gesell- schaftlichen Systems in Großbritannien eingehen zu können.

Aktuelle Berichterstattung war also nicht Hegels Ziel. Daher blieben direkte Hinweise auf die Ereignisse und Reden von 1830/31 in der Re- formbül-Schrift spärlich. Von den beteiligten Personen erwähnte Hegel

^ Wellington, 28. 3. 1831, PD III, 3, 1064—1073. Die meisten Bezüge Hegels auf diese Rede lassen sich genau identifizieren. Vgl. jeweils: Hegel: Reformbill. 487: „Diese Rechte setzt der Herzog in seiner Rede dem Rechte gleich, vermöge dessen sein Sitz im Oberhause so wenig entzogen, als dem Minister, Grafen Grey, seine Güter in Yorkshire genommen werden dür- fen." Wellington, 1064: „In his opinion they could, on principle, no more deprive one of these boroughs of their franchise, . . . than they could deprive him of his seat in that House, or of his title, or the noble Lord on the Woolsack of his estate." Hegel: Reformbill. 487: „daß sie nämlich eine gesetzgebende Versammlung und keine Korporation von Stimmfähigen, ein Unter- haus und kein neues System für die Konstituenten zu schaffen [hätten]." Wellington, 1065: „that it was the creation of a legislative assembly they were to look to, and not what the vo- ters were to be — that they were to consider what a House of Commons ought to be, and not what the constituents ought to be." Hegel: Reformbill. 484: „daß . . . die größere Masse der Wähler aus Krämern bestehen würde". Wellington, 1070: „shopkeepers". Vgl. auch Hegel: Re- formbill. 497 f mit Wellington, 1069; dazu auch: Wellington, 24. 3. 1831, PD III, 3, 855: „that this altemation must lead to a total change of men". Das erste bei Hegel (483) angeführte Wel- lington-Zitat konnte ich so in keiner Wellington-Rede bis April 1831 finden.

5 Hegel: Reformbill. 463.

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30 WILLIBALD STEINMETZ

namentlich neben Wellington nur Peel^, Grey^, Russell®, Hunt^, Broug- ham^® und Hume^i — die beiden zuletzt genannten jedoch nur im Zu- sammenhang mit früheren Begebenheiten. Einige konkrete Vorwürfe und Anspielungen, die Hegel ohne Namensnennung wiedergab, lassen vermuten, daß er außerdem die Reden von Croker^^, Vyvyani® und SheiP4 genauer studiert haben könnte. Allerdings brauchte Hegel deren Reden als Quelle nicht unbedingt, denn die meisten von ihm referierten Argumente und Gegenargumente gehörten zu den seit Jahrzehnten ge- bräuchlichen Topoi der englischen Reformdiskussion. Hegel hatte diese Diskussion verfolgt, das zeigt sein Hinweis auf die kläglich gescheiterten

* Hegel: Reformbill. 464 f, 467. Die Rede Peels gegen die Reform; Peel, 3. 3. 1831, PD 111, 1, 1330—1356. Ein Zitat, das der Formulierung Hegels (464 f) genau entspricht, habe ich dort nicht finden können. Peel verteidigt allerdings in der Rede seine von Hegel (467) erwähnte unrühmliche Haltung im Fall der versuchten Übertragung des Wahlrechts von East Retford auf Birmingham: Peel, 1332 f. Zum Fall East Retford-Birmingham, der sich von 1828 bis 1830 hinzog, vgl.: Brock: Reform Act, 44, 51, 62, 74 f, 81—85.

^ Hegel: Reformbill. 502 f; „daß in der Einbringung der Bill durch das Ministerium schon von selbst die königliche Einstimmung enthalten sei". Vgl. Grey, 28. 3. 1831, PD III, 3, 1079 f: „The noble Duke admitted that the question could not have been introduced to Parliament by Ministers without the King's consent. . . that the Monarch was aware of particular mea- sures recommended to him by his Ministers." Grey antwortete hier auf den Vorwurf seines Vorredners: Wellington, 28. 3. 1831, PD 111, 3, 1069. Vgl. auch: Wharncliffe, ebd. 1004. Durham, ebd. 1016 f.

® Hegel: Reformbill. 487. Die Einbringungsrede: Russell, 1. 3. 1831, PDIII, 2, 1061 — 1089. ® Hegel: Reformbill. 489 f. Zu Hunt und seiner RoUe während der ReformbiU-Debatte vgl.:

/. Beichern: ,Orator Hunt'. Henry Hunt and EngUsh Working-Class Radicahsm. Oxford 1985. 223 ff.

Hegel: Reformbill. 482, 490. Die siebensfündige Rede (482) hielt Brougham am 7. 2. 1828 im House of Commons. Die Wahlrede (490) konnte ich nicht identifizieren.

11 Hegel: Reformbill. 472. Vgl. zu Hume: The House of Commons 1790—1820. Ed. by R. Thorne Bd 4, London 1986. 262 ff.

12 Croker setzte sich als erster anti-reformerischer Redner ausführlich mit den arithmeti- schen Inkonsistenzen der Bill auseinander. Er erhob auch zuerst den Vorwurf, daß die Grenzlinien mit Absicht so gezogen worden seien, daß die boroughs des Duke of Bedford verschont bheben. Croker, 4. 3. 1831, PD 111, 3, 81 — 107, 101 f. Vgl. Hegel: Reformbill. 487.

13 Vyvyan befürchtete als Folge der Reform die Abschaffung des Kirchenzehnten und er- wähnte die AbstiiTunung in der französischen Nationalversammlung vom 4. August 1789, in der neben dem Zehnten auch die gutsherrhchen Rechte und Jagdrechte abgeschafft worden waren, als Schreckbild. Vyvyan, 21. 3. 1831, PD 111, 3, 635 f u. 639 f. Vgl. Hegel: Reformbill. 473: „Beiläufig wurde im Parlamenf Abschaffung der zehnten der Kirche, der gutsherrlichen Rechte, der Jagdrechte, die in Frankreich geschehen, erwähnt."

1^ Hegels Schilderung der Mißstände der parlamentarischen Repräsentation lehnt sich er- kennbar an die Rede Sheils an. Shell, 21. 3. 1831, PD III, 3, 650 f. Shell teilt dort unter ande- rem das ,Faktum' mit, daß die Besetzung der Mehrheit der Sitze durch 150 Individuen erfol- ge, und er beschreibt sehr anschauhch den Kauf und Verkauf von Parlamenfssitzen. Vgl. He- gel: Reformbill. 465.