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FerienLEO HandelsrechtTeil 1
wiss. Mitarbeiter Torsten Keltsch17. Februar 2009
Prüfungsanforderungen der SächsJAPO
§ 17 SächsJAPO (Fassung v. 3.6.1994)
(1) Die Erste Juristische Staatsprüfung erstreckt sich auf die Pflichtfächer und eine von dem Bewerber zu bestimmende Wahlfachgruppe…
(2) Pflichtfächer sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:
2. Grundzüge des Handels- und Gesellschaftsrechts;
Prüfungsanforderungen der SächsJAPO
§ 14 SächsJAPO (Fassung v. 9.9.2003)
(3) Pflichtfächer im Sinne des Absatz 1 sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:
2. aus dem Handels- und Gesellschaftsrecht:
a. aus dem Handelsrecht in Grundzügen:
Kaufleute, Publizität des Handelsregisters, Handelsfirma, Prokura, Handlungsvollmacht, allgemeine Vorschriften über Handelsgeschäfte und Handelskauf,
Stoffplan FerienLEO Handelsrecht
Kaufleute (§§ 1 ff. HGB) Publizität des Handelsregisters (§ 15 HGB)
handelsrechtliche Stellvertretung Fortführung der Firma (§§ 25 ff. HGB)
Handelsgeschäfte (§§ 343 ff. HGB) Handelskauf (§ 377 HGB)
Donnerstag
Mittwoch
heute
Examensrelevanz des Handelsrechts
bis Prüfungskampagne 2005/1:
ganz geringe Bedeutung, exotischer Prüfungsstoff
seit Prüfungskampagne 2005/2:
Bedeutung sprunghaft angestiegen in nur 5 Terminen insgesamt 4 Klausuren auch wieder im Sommertermin 2008
Examensrelevanz des Handelsrechts
Was kam bisher dran?
2005/II: Kaufmannsbegriff, Prokura, negative Publizität des Handelsregisters bei fehlender Voreintragung, Haftung bei Firmenfortführung
Musterlösung: Drygala/Keltsch, JuS 2007, 938
2006/II: Kaufmannsbegriff, negative Publizität des Handelsregisters bei fehlender Voreintragung (!)
Examensrelevanz des Handelsrechts
Was kam bisher dran?
2006/II: Scheinkaufmann, negative Publizität des Handelsregisters im Unrechtsverkehr
2007/II: Gewerbebegriff, ansonsten gesellschaftsrechtlicher Schwerpunkt (§ 28 HGB, Kommanditistenhaftung, Einlageerbringung durch Aufrechnung, Ausgleichsanspruch aus § 110 HGB)
Musterlösung: Drygala/Keltsch, JuS 2009, xxx
2008/II: Prokura, Umfang der Vertretungsmacht, gemischte Gesamtprokura, Erforderlichkeit der Immobiliarklausel bei Bestellung einer Sicherungsgrundschuld
Literatur zur Nachbereitung
drei „große“ Fälle mit ausführlichen Lösungshinweisen im Internet:
leo.uni-leipzig.de/ferienleorepetitorium/handelsrecht.html
Kindler, Grundkurs Handels- und Gesellschaftsrecht, 3. Auflage 2008
UBL-Signatur: PE 313 K51(2) Ladenpreis 24,50 €
Literatur zur Nachbereitung
empfehlenswerte Skripten im Internet:
Fallrepetitorium zum Handelsrecht von Prof. Dr. Wolfram Timm (Universität Münster)
Skript zum Handelsrecht von Prof. Dr. Georg Bitter (Universität Mannheim)
http://www.skriptorama.de
Die handelsrechtliche Examensklausur – ein Grund zum Verlassen des Prüfungsraums?
„Don‘t Panic!“ Bürgerliches Recht und Gutachtentechnik gelten auch hier
HGB ist lex specialis zum BGB
Art. 2 Abs. 1 EGBGB: „In Handelssachen kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur insoweit zur Anwendung, als nicht im Handelsgesetzbuch oder in diesem Gesetz ein anderes bestimmt ist.“
„Die“ handelsrechtliche Klausur gibt es nicht! Handelsrecht ist im Gegensatz zu Arbeitsrecht, Familienrecht und Erbrecht eine Querschnittsmaterie.
es gibt nur eine Hand voll erlernbare Standardprobleme
I. Das Handelsgewerbe
Das Handelsgewerbe
unproblematischer Klausursachverhalt:
Aufgabentext spricht von „Kaufmann“ oder „Betreiben eines Handelsgewerbes“
Sachverhalt geht bereits vom Vorliegen einer OHG oder KG aus
problematischer Klausursachverhalt:
Aufgabentext enthält nur Hinweise auf die Tätigkeit einer Person
Sachverhalt spricht von Gesellschaft, enthält aber keine Rechtsformbezeichnung (so EJS 2007/II)
Notendifferenzierung möglich Klausurwahrscheinlichkeit hoch
Das Handelsgewerbe
Ausgangspunkt nahezu aller Klausuren mit handelsrechtlicher Einkleidung
einige typische Fallgestaltungen:
Die Stellvertretungskonstellation:
A betreibt einen großen Buchladen mit 10 Angestellten. Ins Handelsregister hat er sich nicht eintragen lassen. Im Januar 2009 erteilt er dem P Prokura. Einige Wochen später kauft P im Namen der Buchhandlung eine Rinderherde. A will den Kauf nicht gegen sich gelten lassen. Zu Recht?
Das Handelsgewerbe
Die Kaufrechtskonstellation:
Buchhändler A erhält von Großhändler B eine Lieferung von 25 ‚Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Auflage‘, die er zunächst unbeachtet in seinem Lager stehen lässt. Zwei Wochen später öffnet er das Lieferpaket und muss erkennen, dass mehrere Exemplare Herstellungsfehler aufweisen. Er verlangt von der CHB OHG die Lieferung von mangelfreien Bänden. Zu Recht?
Die gesellschaftsrechtliche Konstellation:
Buchhändler A schließt sich mit Buchhändler B zusammen, um auf gemeinsame Rechnung ein Ladengeschäft zu betreiben. Bei einer Fahrt mit dem Firmenwagen erleidet A einen Schaden, den er von der Gesellschaft ersetzt verlangt. Zu Recht? (ähnlich EJS 2007/II)
Das Handelsgewerbe – Einstieg in die Prüfung
handelsrechtliche Klausuren
§ 25 HGB: „Handelsgeschäft“§ 48 HGB: „Handelsgeschäft“§§ 377, 343 HGB: „Handelsgeschäft, Handelsgewerbe“
§ 1 HGB
gesellschaftsrechtliche Klausuren
z.B. § 110 HGB: „Gesellschafter“
§ 105 HGB § 1 Abs. 2 HGB (OHG) §§ 161 Abs. 3, 105 HGB § 1 Abs. 2 HGB (KG)
Begriff des Handelsgewerbes
§ 1 Abs. 2 HGB:
„Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
Begriff des Handelsgewerbes
§ 1 Abs. 2 HGB:
„Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
„Zwei-Stufen-Prüfung“:
Liegt ein Gewerbebetrieb vor?
Existieren Anhaltspunkte, die gegen das Art- bzw. Umfangskriterium sprechen?
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb
Gewerbe ist jede offene, planmäßige, selbständige, erlaubte und auf Gewinnerzielung ausgerichtete Tätigkeit, die nicht freiberuflich ist („traditionelles Verständnis“)
Definition ergibt sich nicht aus dem Gesetz und muss deshalb unbedingt gelernt werden!
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
Brause will im Frühjahr 2009 das erste Mal eine Würstchenbude auf der Leipziger Kleinmesse betreiben. Er möchte wissen, ob er in dieser Zeit Prokura erteilen kann und ob ihn die handelskaufrechtliche Rügeobliegenheit trifft.
§ 1 Abs. 1 HGB (Kaufmann) § 1 Abs. 2 HGB (Handelsgewerbe) Gewerbebetrieb
Planmäßigkeit der Tätigkeit? auf Dauer angelegt bzw. auf Vielzahl von Geschäftsabschlüssen angelegte Tätigkeit
Entsteht nach außen eher der Eindruck einer gewöhnlichen oder einer außergewöhnlichen Tätigkeit?
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
Melzer betreibt in der Leipziger Innenstadt ein hochpreisiges und dennoch gut gehendes Feinschmeckerlokal mit insgesamt 18 Angestellten. Die erforderliche Gaststättenerlaubnis wurde ihm aus nicht näher bekannten Gründen nicht erteilt. Trifft ihn die handelskaufrechtliche Rügeobliegenheit?
§ 1 Abs. 1 HGB (Kaufmann) § 1 Abs. 2 HGB (Handelsgewerbe) Gewerbebetrieb
Erlaubtheit der Tätigkeit? Prüfungsmaßstab §§ 134, 138 BGB, nicht aber öffentliches Recht, vgl. § 7 HGB
Achtung - starke Mindermeinung lehnt Tatbestandsmerkmal ab! Grundpflichten der Kaufleute sollten gerade auch hier gelten
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
Büchel ist Angestellter einer Connewitzer Buchhandlung. Darf er sich mündlich verbürgen?
§ 350 HGB (Handelsgeschäft) § 343 Abs. 1 HGB (Kaufmann) § 1 Abs. 1 HGB § 1 Abs. 2 HGB (Handelsgewerbe) Gewerbebetrieb
Selbständigkeit der Tätigkeit? Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, § 84 Abs. 1 Satz 2 BGB abhängig Beschäftigte sind nicht selbständig
Ändert sich etwas, wenn Büchel Geschäftsführer der Connewitzer Buchhandlung GmbH ist?
Selbständigkeit ( + ), aber kein Betreiben i.S.d. § 1 HGB
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
Die Gemeinde Taucha betreibt ein Freibad in der Form eines kommunalen Eigenbetriebs. Das Bad muss kostendeckend betrieben werden. Ist die Gemeinde damit Kaufmann im Sinne des HGB?
§ 1 Abs. 1 HGB (Kaufmann) § 1 Abs. 2 HGB (Handelsgewerbe) Gewerbebetrieb
traditionelle Ansicht: Gewinnerzielungsabsicht erforderlich
Absicht der Erzielung eines bescheidenen wirtschaftlichen Erfolgs reicht aus, Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und Tätigkeit am Markt im Wettbewerb mit Privaten
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
neuere Rechtsprechung und weite Teile der Literatur:
Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich
reines Internum, das keine unterschiedliche Behandlung im Rechtsverkehr rechtfertigt
Lektüretipp: BGHZ 155, 240, 245 f. Lektüretipp: OLG Dresden NJW-RR 2003, 257, 259
Begriff des Handelsgewerbes – 1. Stufe: Gewerbebetrieb – 5 Klausurkonstellationen
Architekt Kropius wird ein neuer Chefsessel für sein Büro geliefert. Da er wie immer sehr beschäftigt ist, lässt er ihn unausgepackt in einem Nebenraum stehen. Als er ihn drei Wochen später zusammenschrauben will, muss er feststellen, dass der Lederbezug unsauber gearbeitet wurde. Kann er Nachlieferung verlangen?
§ 1 Abs. 1 HGB (Kaufmann) § 1 Abs. 2 HGB (Handelsgewerbe) Gewerbebetrieb
Tätigkeit darf nicht freiberuflich sein
gute Bearbeitung stellt nur auf § 1 Abs. 2 PartGG ab
sehr gute Bearbeitung sucht Anhaltspunkte für eine freiberufliche Tätigkeit: ausgeprägte Kreativität und höchstpersönliche Leistungserbringung (insbesondere von Diensten höherer Art (§ 627 BGB)); § 1 Abs. 2 PartGG ist für das Handelsrecht nicht bindend
Begriff des Handelsgewerbes – 2. Stufe: Art und Umfang des Geschäftsbetriebs
schlechte Klausurbearbeitung diskutiert Voraussetzungen, wenn keine entgegenstehenden Anhaltspunkte im Sachverhalt erkennbar sind
gute Klausurbearbeitung weist darauf hin, dass das Vorliegen der 2. Stufe gesetzlich vermutet wird (Formulierung „es sei denn“)
Formulierungsbeispiel: „Das Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs wird angesichts des Gesetzeswortlauts (‚es sei denn‘) vermutet. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist hier davon auszugehen, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.“
Begriff des Handelsgewerbes – 2. Stufe: Art und Umfang des Geschäftsbetriebs
„entgegenstehende Anhaltspunkte“ – Fälle aus der Praxis
Bäckerei mit angeschlossenem Einzelhandelsgeschäft, Jahresumsatz 400.000 €, der weitgehend auf Bargeschäfte des täglichen Lebens zurückzuführen ist, die keine kaufmännische Buchhaltung erfordern (OLG Celle, RPfl 1981, 114)
Kempner- und Installationsgeschäft mit Einzelhandel, Jahresumsatz 250.000 €, 5 Angestellte, doppelte Buchführung, die aber nicht unbedingt erforderlich wäre (OLG Stuttgart, OLGZ 1974, 132)
Zimmereibetrieb, Jahresumsatz 250.000 €, 5 angestellte Zimmerleute, keine Lagerhaltung, keine exakte kaufmännische Buchhaltung (OLG Celle, MDR 1974, 235)
Immobilienverwaltungsgesellschaft, Jahreseinnahmen 5.500 €, ohne eigene Geschäftsräume, anfallende Arbeiten werden von Kanzlei eines Gesellschafters erledigt (OLG Frankfurt a.M., BB 1983, 335)
Begriff des Handelsgewerbes – 2. Stufe: Art und Umfang des Geschäftsbetriebs
Fälle aus der Praxis, in denen das Vorliegen der 2. Stufe bejaht wurde
Damenoberbekleidungsgeschäft mit 115.000 € Jahresumsatz, kaufmännische Buchhaltung wegen Vielzahl der Geschäftsvorgänge, teilweise Kreditverkäufe, erhebliche Verbindlichkeiten (OLG Koblenz, BB 1988, 2408)
Dachdecker- und Blitzableiterbetrieb, durchschnittlicher Jahresumsatz 335.000 €, 9 Arbeiter und 1 Bürokraft (BayObLG, RPfl 1989, 26)
Gaststättenbetrieb, 600.000 € Jahresumsatz, 15 Beschäftigte, Lohnbuchhaltung (OLG Celle, BB 1983, 659)
II. Kann-, Fiktiv-, Schein-
und Formkaufmann
Kannkaufmann, § 2 HGB
Schöller betreibt von Juni bis August ein Eiscafé am Cospudener See. Er hat keine Angestellten, der Umsatz hält sich in Grenzen, eine exakte Buchhaltung ist nicht erforderlich. Allerdings hat Schöller das Unternehmen im Handelsregister eintragen lassen. Kann er Prokura erteilen?
grober Fehler, bei Handelsregistereintragung und Fehlen der „2. Stufe des § 1 Abs. 2 HGB“ auf § 1 HGB abzustellen
richtig ist vielmehr Prüfung anhand von § 2 HGB:
gewerbliches Unternehmen „Gewerbe“ das kein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB ist Eintragung im Handelsregister
Fiktivkaufmann, § 5 HGB
In einer Klausur aus dem Kreditsicherheitsrecht verbürgt sich Architekt Kropius mündlich. Kann der Bürgschaftsgläubiger ihn in Anspruch nehmen, wenn Kropius durch ein Versehen des Registerbeamten ins Handelsregister eingetragen worden ist?
§ 5 HGB: „Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei.“
auch § 5 HGB erfordert das Vorliegen eines Gewerbes
Fiktivkaufmann, § 5 HGB
Welchen Sinn hat § 5 HGB neben § 2 HGB?
Teile der Literatur: § 5 HGB ist funktionslos; ein im Handelsregister eingetragener Kleingewerbetreibender kann sich schon wegen § 2 HGB nicht darauf berufen, kein Kaufmann zu sein (K. Schmidt, ZHR 163 (1999), 87, 92 ff.)
andere Teile der Literatur: § 2 HGB erfasst nur die Fälle, in denen sich ein Kleingewerbetreibender freiwillig ins Handelsregister hat eintragen lassen; § 5 HGB greift hingegen
bei nachträglichem Absinken eines eingetragenen Istkaufmanns (§ 1 HGB) auf kleingewerbliches Niveau und
bei fehlendem, nichtigem oder irrtümlichem Eintragungsantrag nach § 29 HGB
Scheinkaufmann
A erklärt gegenüber seinem im Handelsregister eingetragenen Vertragspartner B, dass er eingetragener Kaufmann ist. In Wahrheit betreibt A weder ein Gewerbe noch ist er im Register eingetragen. Die eine Woche später von B gelieferten Waren untersucht A nicht. Als er sie einen Monat nach der Lieferung auspackt, entdeckt er zahlreiche Fabrikationsfehler. A verlangt von B Nacherfüllung. Zu Recht?
§§ 437 Nr. 1, 439, 434 Abs. 1, 433 BGB Gilt Ware als genehmigt gemäß § 377 Abs. 2 HGB? Kaufmannseigenschaft des A?
§ 1 HGB ( -- )
§ 2 HGB ( -- )
Scheinkaufmann
Scheinkaufmann?
Formulierungsvorschlag: „A könnte jedoch nach der Lehre vom Scheinkaufmann wie ein Kaufmann zu behandeln sein, wenn er zurechenbar den Rechtsschein seiner Kaufmannseigenschaft gesetzt hat und B hierauf vertraute.“
Rechtsschein der Kaufmannseigenschaft
Zurechenbarkeit
Schutzwürdigkeit des Geschäftspartners
Scheinkaufmann - Fallkonstellationen
Im Ausgangsbeispiel erklärt nicht A, sondern sein Angestellter in dessen Abwesenheit und ohne dessen Wissen, dass A eingetragener Kaufmann sei.
Zurechenbarkeit des Rechtsscheins ( -- ) zwar genügt neben aktivem Tun auch pflichtwidriges Unterlassen; erforderlich ist aber stets, dass A die Möglichkeit hatte, von der Setzung des Rechtsscheins Kenntnis zu erlangen und dagegen einzuschreiten
Der nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende K tritt unter der Bezeichnung „Zeitschriften-Großhandel K“ auf oder macht bekannt, dass er P Prokura erteilt habe.
Rechtsschein kann auch schlüssig gesetzt werden durch Verwenden einer unzutreffenden Firma oder durch Nutzung von Rechtsinstituten, die nur Kaufleuten zustehen
Scheinkaufmann - Rechtsfolgen
Der nicht im Handelsregister eingetragene Kleingewerbetreibende K tritt unter der Bezeichnung „Zeitschriften-Großhandel K“ auf. Er verlangt von einem gewerblichen Geschäftspartner Fälligkeitszinsen.
§ 353 Satz 1 HGB K ist Scheinkaufmann
Kaufmannseigenschaft wirkt nur zu Lasten des Scheinkaufmanns
Kann sich K wirksam mündlich verbürgen?
§ 350 HGB erklärt § 766 BGB für unanwendbar
h. M.: auch ansonsten zwingende Schutzvorschriften sind auf Scheinkaufleute nicht anwendbar
Lektüretipp: OLG FaM, WM 1974, 1082 (zu § 38 ZPO)
Formkaufmann, § 6 HGB
Kann der Geschäftsführer einer GmbH die Gesellschaft formlos als Bürge verpflichten? Trifft eine OHG die handelskaufrechtliche Rügeobliegenheit? Kann eine KG Prokura erteilen?
häufiger Fehler, hier § 1 HGB zu prüfen OHG, KG und GmbH sind Formkaufleute i.S.d. § 6 Abs. 1 HGB:
„Die in Betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften finden auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.“
für OHG und KG: Überschrift vor § 105 HGB für GmbH: § 13 Abs. 3 GmbHG für AG: § 3 Abs. 1 AktG
III. Publizitätswirkung des
Handelsregisters
Handelsregisterpublizität –negative Publizität des § 15 Abs. 1 HGB
Grundfall
A, B und C sind Gesellschafter der ABC-OHG. Nach Streitigkeiten scheidet C aus der Gesellschaft aus. Das Ausscheiden wird nicht im Handelsregister eingetragen. Einige Wochen später schließt die OHG mit X einen Vertrag über die Lieferung von Waren im Wert von 50.000 €. Kann X vom ausgeschiedenen C Zahlung verlangen?
Anspruchsgrundlage: § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. § 128 Satz 1 HGB
Gesellschaftsverbindlichkeit ( + )
Gesellschafterverbindlichkeit ( -- ) C ist wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden; die fehlende, aber nach § 143 Abs. 2 HGB erforderliche Registereintragung hat nur deklaratorische Wirkung
Handelsregisterpublizität –negative Publizität des § 15 Abs. 1 HGB
AGL: § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 128 Satz 1, 15 Abs. 1 HGB Klausurtipp zum Einstieg in die Prüfung des § 15 Abs. 1
HGB:
schlechte Klausur: „C könnte es verwehrt sein, sich auf sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu berufen, weil er noch als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen ist, § 15 Abs. 1 HGB.“ § 15 Abs. 1 HGB ist kein Fall positiver Publizität!
gute Klausur: „C könnte es verwehrt sein, sich auf sein Ausscheiden zu berufen, weil das Ausscheiden noch nicht im Handelsregister eingetragen wurde, § 15 Abs. 1 HGB.“ Anknüpfungspunkt des Vertrauens ist nicht eingetragene Tatsache (negative Publizität!)
Handelsregisterpublizität –negative Publizität des § 15 Abs. 1 HGB
Tatbestandsvoraussetzungen
eintragungspflichtige Tatsache Fehlen einer Eintragung und Bekanntmachung ins
Handelsregister keine positive Kenntnis des Dritten (Vermutung)
Rechtsfolge
Nichteintragung bzw. Nichtbekanntmachung kann von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, Dritten nicht entgegengehalten werden
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Problemfall 1
Wie im Ausgangsfall scheidet C aus der Gesellschaft aus, ohne das dies zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet wird. Im Gesellschaftsvertrag hatten A, B und C Gesamtvertretung vereinbart. A und B schließen nach dem Ausscheiden des C im Namen der Gesellschaft einen Vertrag mit X über die Lieferung von Waren im Wert von 50.000 €. Kann X auch in diesem Fall vom ausgeschiedenen C Zahlung verlangen?
AGL: § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 128 Satz 1, 15 Abs. 1 HGB
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Hürde 1 – Vertragsschluss:
§ 164 Abs. 1 BGB Vertretungsmacht Grundsatz des § 125 Abs. 1 HGB, aber Vereinbarung von Gesamtvertretung nach § 125 Abs. 2 HGB zulässig Ausscheiden des C war trotz Nichteintragung wirksam (deklaratorische Handelsregistereintragung) Gesamtvertretungsbefugnis reduzierte sich auf die verbliebenen Gesellschafter A und B
Hürde 2 – § 15 Abs. 1 HGB:
Voraussetzungen liegen eigentlich vor
Problem: widersprüchliches Verhalten von X?
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Um seinen Anspruch zu begründen beruft sich X …
einerseits auf die tatsächliche Rechtslage – das Ausscheiden des C aus der Gesellschaft: ansonsten wegen Gesamtvertretungsbefugnis von A, B und C kein Vertragsschluss
andererseits auf die Registerlage (§ 15 Abs. 1 HGB): das Ausscheiden des C ist nicht eingetragen, deshalb kann sich C nicht darauf berufen
Soll diese Konstellation von § 15 Abs. 1 HGB gedeckt sein? Soll dem Dritten ein Wahlrecht hinsichtlich ein und desselben Umstandes zustehen?
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Teile der Literatur: kein Wahlrecht
Einheitlichkeit des Handelsregisterinhalts: Eintrag sei nur in seiner Gesamtheit geeignet, eine Publizitätswirkung zu erzeugen
ungerechtfertige Besserstellung des Dritten; dieser könne sich die ihm günstigste Rechtlage „zusammenstückeln“ („Rosinen herauspicken“)
Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Dritten
h.M.: Wahlrecht (Prinzip der Meistbegünstigung)
Wortlaut abstrakter Vertrauensschutz, Einsichtnahme in das
Handelsregister ist nicht erforderlich
Lektüretipp: BGHZ 65, 309
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Problemfall 2
Nach dem nicht im Handelsregister eingetragenen Ausscheiden des C verletzt sein früherer Mitgesellschafter A bei einer Geschäftsfahrt mit dem Firmenwagen den Dritten D. Dieser geht zu seinem Rechtsanwalt, der ihm nach einem Blick ins Handelsregister rät, den C auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld zu verklagen. Zu Recht?
Anspruchsgrundlage, wenn C noch Gesellschafter wäre: §§ 823, 31 BGB, § 128 HGB
Anspruchsgrundlage, wenn C wie hier kein Gesellschafter mehr ist: §§ 823, 31 BGB, § 128 HGB i.V.m. § 15 Abs. 1 HGB
geschriebene Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 HGB sind erfüllt
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
ungeschriebene Voraussetzung: im Geschäfts- oder Prozessverkehr
Vertrauensschutz nur dort, wo sich Vertrauen überhaupt entwickeln kann
Vertrauensschutz also nur, wenn Verpflichtung auf Willensentschluss des Dritten beruht
„Man lässt sich nicht im Vertrauen auf das Handelsregister überfahren.“
vgl. § 15 Abs. 4 HGB
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Problemfall 3
Die ABC-OHG hat dem P Prokura erteilt, ohne dies zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Zwei Jahre später wurde P die Prokura wieder entzogen. Auch dies wurde nicht registerkundig gemacht. Trotz des Widerrufs der Prokura schließt P im Namen der ABC-OHG mit X einen Vertrag über die Lieferung von Waren im Wert von 50.000 €. Ist dieser Vertrag für die OHG bindend?
wirksamer Vertragsschluss zwischen ABC-OHG und X?
wirksame Stellvertretung der OHG durch P gem. § 164 Abs. 1 BGB? Vertretungsmacht des P aus § 49 Abs. 1 HGB? Prokura erloschen, da wirksam widerrufen; Handelsregistereintragung des Widerrufs hat nur deklaratorische Wirkung
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
„Der OHG könnte es nach § 15 Abs. 1 HGB verwehrt sein, sich auf den Widerruf der Prokura zu berufen, weil dieser noch nicht im Handelsregister eingetragen wurde.“
Tatbestandsvoraussetzungen „eintragungspflichtige Tatsache“, „fehlende Eintragung“, „keine positive Kenntnis des Dritten“ sind erfüllt
allerdings fehlt schon die Voreintragung der nicht eingetragenen Tatsache
Soll § 15 Abs. 1 HGB auch in Fällen der „sekundären Unrichtigkeit des Handelsregisters“ eingreifen?
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
Teile der Literatur: § 15 Abs. 1 HGB ist nicht anwendbar
wenn schon die Voreintragung fehlt wird durch das Unterbleiben gar nicht der Rechtsschein erzeugt, dass eine bestimmte Rechtslage fortgilt
Registerinhalt entspricht vielmehr der materiellen Rechtslage
Vertrauen könne sich stets nur auf kundgemachte Tatsachen gründen
Handelsregisterpublizität –3 Problemfälle zu § 15 Abs. 1 HGB
h.M.: § 15 Abs. 1 HGB ist anwendbar
Wortlautargument: § 15 Abs. 1 HGB differenziert nicht nach Vorliegen der Voreintragung
schutzwürdiger Dritter kann auch anderweitig von Erteilung der Prokura Kenntnis erlangt haben; der außerhalb des Registers geschaffene Vertrauenstatbestand ist solange zu schützen, wie er nicht durch die Handelsregistereintragung zerstört wird
Ausnahme nur dann, wenn Erteilung der Prokura reines Internum geblieben ist
Lektüretipp: BGHZ 55, 272
Rechtsscheinshaftung nach § 15 Abs. 3 HGB
Der ahnungslose D wird als Gesellschafter der ABC-OHG im Handelsregister eingetragen. Dies wird auch bekannt gemacht. Einige Monate später meldet sich ein Gläubiger der ABC-OHG bei D und verlangt Begleichung einer Verbindlichkeit in Höhe von 150.000 €. Zu Recht?
AGL: Vertrag i.V.m. §§ 128 Satz 1, 15 Abs. 3 HGB
eintragungspflichtige Tatsache unrichtige Bekanntmachung Unkenntnis des Dritten von der Unrichtigkeit der
Bekanntmachung Anspruch im Zusammenhang mit dem Geschäfts- oder
Prozessverkehr
Ist dieses Ergebnis hinzunehmen?
Rechtsscheinshaftung nach § 15 Abs. 3 HGB
Teile der Literatur: § 15 Abs. 3 HGB anwendbar
Wortlaut ist eindeutig D ist nicht schutzlos gestellt, da er Staatshaftungsansprüche
hat
h.M.: § 15 Abs. 3 HGB ist in diesen Fällen nicht anwendbar
der vollkommen Unbeteiligte ist nicht weniger schutzwürdig als der gutgläubige Geschäftsverkehr im übrigen
ein Unbeteiligter gehört nicht zum Kreise derjenigen, „in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war“ (Wortlaut)
ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist damit die zurechenbare Veranlassung der unrichtigen Verlautbarung durch einen (richtigen) Eintragungsantrag (Veranlassungsprinzip)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!