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FerienLEO Handelsrecht Teil 3 wiss. Mitarbeiter Torsten Keltsch 19. Februar 2009

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FerienLEO HandelsrechtTeil 3

wiss. Mitarbeiter Torsten Keltsch19. Februar 2009

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V. Handelsgeschäfte:Der Handelskauf

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 1 (Normalfall)

Die Gemüsegroßhandelsgesellschaft Leipzig mbH (GmbH) liefert an den im Handelsregister eingetragenen Gemüsehändler Kuno (K) 10 Kisten mit Orangen. Da er noch zwei Kisten aus einer alten Lieferung hat, bringt er die neuen Kisten in seinen Lagerraum, wobei er eine Untersuchung der Früchte unterlässt. Als vier Tage später die Orangen aus der alten Lieferung restlos verkauft sind, will er die neuen Orangen in seinem Geschäft auslegen. Dabei muss er feststellen, dass diese zahlreiche Druck- und Schimmelspuren aufweisen, die bereits bei der Lieferung vorhanden waren. Er wendet sich daraufhin an die GmbH und verlangt Nachlieferung mangelfreier Früchte. Zu Recht?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

§§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 433 BGB

§ 377 II HGB: „Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.“

Formulierungsvorschlag (offener Mangel): „Der Nachlieferungs-anspruch könnte jedoch entfallen sein, weil der Käufer den Mangel nicht ordnungsgemäß gerügt hat, § 377 II, I HGB.“

Formulierungsvorschlag (verdeckter Mangel): „Der Nachlieferungs-anspruch könnte jedoch entfallen sein, weil der Käufer den Mangel nicht ordnungsgemäß gerügt hat, § 377 III, I HGB.“

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Prüfungspunkte i.R.d. § 377 HGB

beiderseitiger Handelskauf Ablieferung Mangelhaftigkeit der Kaufsache Redlichkeit des Verkäufers (§ 377 Abs. 5 HGB) Rüge Rechtzeitigkeit der Rüge

offener Mangel? unverzüglich nach Untersuchung, Abs. 1 verdeckter Mangel? unverzüglich nach Entdeckung, Abs.

3

Achtung! „Untersuchung der Ware“ ist kein eigenständiger Prüfungspunkt auch Verdachtsrügen wirken rechtserhaltend!

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 2

Spediteur Schnell kauft im Oktober von dem ebenfalls im Handelsregister eingetragenen Spediteur Fix 10 Transportcontainer, die bis zur Abholung auf dem Betriebsgelände des Fix verbleiben sollen. Als Schnell sie wie vereinbart im Februar abholen will, entdeckt er an ihnen schwere Korrosionsschäden. Sofort verlangt er von Fix deren Beseitigung. Zu Recht?

§§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 433 BGB Gilt Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt? „Ablieferung“?

Ware muss so in den Machtbereich des Käufers gelangt sein, dass dieser die tatsächliche Möglichkeit zu ihrer Untersuchung hat vgl. § 130 BGB und § 438 Abs. 2 BGB

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 3

Der Weinhändler Augusto Agnelli e.K. (A) kauft beim Weingroßhandel Sachsenwein OHG 5 Kisten Spätburgunder, die vereinbarungsgemäß direkt an einen Kunden des A, Karl, geliefert werden. Dieser stellt die Kartons ungeöffnet in seinen Keller. Als er vier Wochen später eine der Flaschen öffnen will, entdeckt er bereits von außen deutlich sichtbare Flocken im Wein. Er informiert umgehend den A, der wiederum sofort die OHG darüber in Kenntnis setzt. Diese beruft sich gegenüber allen Ansprüchen des A auf § 377 HGB. Zu Recht?

Problemfall „Streckengeschäft“ (Durchlieferung)

Zeitpunkt der Ablieferung Mängelrüge beim Streckengeschäft

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Ablieferung beim Streckengeschäft

tritt dadurch ein, dass der Verkäufer oder dessen Transportperson die Sache dem Abnehmer des Käufers am vereinbarten Ort zur Verfügung stellt

Mängelrüge beim Streckengeschäft

Zwischenhändler muss für rechtzeitige Unterrichtung durch seinen Kunden sorgen Verschulden des Kunden wird dem Zwischenhändler analog (weil Obliegenheit!) § 278 BGB zugerechnet auch bei Durchlieferung an einen nichtkaufmännischen Abnehmer

Lektüretipp: BGHZ 110, 130

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Lektüretipp: RGZ 96, 13:

„Lässt sich der Verkäufer auf eine unmittelbare Übersendung an den Abnehmer eines Käufers ein, so liegt es im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs, wenn der Käufer den Befund seines Abnehmers abwartet. Es kann aber dem Verkäufer nicht zugemutet werden, länger über die Entschließung seines Vertragsgegners im Ungewissen zu bleiben, als es die Verständigung zwischen dem Käufer und dem Dritten erfordert. Es muss daher in solchen Fällen Sache des Käufers sein, sich den alsbaldigen Bescheid seines Abkäufers zu sichern. Unterlässt er dies, so hat er die Gefahr einer dadurch verspäteten Erstattung der Mängelanzeige zu tragen.“

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 4

Weinhändler Augusto Agnelli e.K. (A) kauft beim Weingroßhandel Sachsenwein OHG 20 Kisten Spätburgunder, die ihm am 20. Dezember 2008 geliefert werden. Da der Wein von außen deutlich sichtbare Verunreinigungen aufweist, schickt er der OHG noch am gleichen Tag ein Fax, in welchem er den gelieferten „unverkäuflichen Mist“ rügt und Lieferung mangelfreien Weins fordert. Als er drei Wochen später noch nichts von der OHG gehört hat, möchte er von seinem Anwalt wissen, ob ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht. Was wird dieser ihm raten?

§§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 433 BGB Gilt Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Mängelrüge?

Art und Umfang des Mangels müssen aus der Anzeige zu entnehmen sein

ratio Rügeerfordernis: nur so kann Verkäufer die Beanstandung prüfen, Beweise sichern und Mängeln abhelfen

fachlich exakte Bezeichnung des Mangels nicht erforderlich aber allgemeine Beanstandungen nicht ausreichend

Lektüretipp: OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 821:

„derselbe Mist wieder“

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 5

Agnelli (A) rügt am Tag nach der Lieferung in einem Schreiben an die OHG detailliert die Mangelhaftigkeit des Weins. Das Schreiben geht auf dem Postweg verloren. Als A einen Monat später erneut Nachlieferung verlangt, beruft sich die OHG auf § 377 HGB.

§§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1, 434 Abs. 1, 433 BGB Gilt Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt? Mängelrüge?

hier hinreichende Präzisierung des Mangels aber kein Zugang Empfangsbedürftigkeit der Rüge?

Rüge ist Wissenserklärung, keine Willenserklärung § 130 BGB analog Zugang grundsätzlich

erforderlich

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Verspätungsrisiko regelt § 377 Abs. 4 HGB Regelt § 377 Abs. 4 HGB auch das Verlustrisiko?

Teile der Literatur: Verspätungs- und Verlustrisiko

Wortlaut Schutz des Käufers: er muss nur deshalb rügen, weil Verkäufer

nicht ordnungsgemäß erfüllt hat Art. 27, 39 CISG (völkerrechtsfreundliche Auslegung des HGB)

Artikel 27 CISG [Absendetheorie] „Soweit in diesem Teil des Übereinkommens nicht ausdrücklich

etwas anderes bestimmt wird, nimmt bei einer Anzeige, Aufforderung oder sonstigen Mitteilung, die eine Partei gemäß diesem Teil mit den nach den Umständen geeigneten Mitteln macht, eine Verzögerung oder ein Irrtum bei der Übermittlung der Mitteilung oder deren Nichteintreffen dieser Partei nicht das Recht, sich auf die Mitteilung zu berufen.“

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Verspätungsrisiko regelt § 377 Abs. 4 HGB Regelt § 377 Abs. 4 HGB auch das Verlustrisiko?

Teile der Literatur: Verspätungs- und Verlustrisiko

Wortlaut Schutz des Käufers: er muss nur deshalb rügen, weil Verkäufer

nicht ordnungsgemäß erfüllt hat Art. 27, 39 CISG (völkerrechtsfreundliche Auslegung des HGB)

Rechtsprechung und herrschende Meinung: Verspätungsrisiko

ohne Zugang kann Mängelrüge ihren Zweck nicht erfüllen

Lektüretipp: BGHZ 101, 49

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 6a

Der im Handelsregister eingetragene Kaufmann Alfons (A) lässt sich von der Großhandels mbH (B) Waren liefern, die nach ordnungsgemäßer Untersuchung jedenfalls keinen offenen Mangel aufweisen. Erst eine Woche später zeigt sich ein verdeckter Mangel. Als er diesen unverzüglich der B mitteilt, weist diese auf die von ihr gestellten AGB hin, in denen es in § 6 heißt:

„Beanstandungen können nur innerhalb von drei Tagen nach Empfang der Ware berücksichtigt werden.“

A fragt nun nach seinen Rechten.

Keine Gewährleistung wegen § 377 Abs. 3 HGB i.V.m. § 6 AGB?

Klausel betrifft offene und verdeckte Mängel

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Problem: Verschärfung der Rügeobliegenheit durch AGB?

Klausel „3-Tages-Frist auch bei verdeckten Mängeln“

Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB

Lektüretipp: BGHZ 115, 324 = NJW 1992, 575

Klausel „Rüge nur bei Ablieferung“ ebenfalls Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB

Lektüretipp: BGH NJW-RR 1986, 52

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 6b

Die Großhandels mbH (B) lässt sich vom Lebensmittelkonzern Ferrero (F) Waren liefern. Diese weisen Mängel auf, die schon durch eine einfache Untersuchung seitens der B erkennbar gewesen wären. Erst vier Wochen nach der Lieferung wendet sich die B an F und verlangt Nachlieferung. F hält die Mängelrüge für verspätet. Daraufhin weist B auf die von ihr in den Vertrag einbezogenen AGB hin, in denen es heißt:

„§ 3: § 377 HGB ist ausgeschlossen.“

F fragt, ob sie zur Nachlieferung verpflichtet ist.

Klausel betrifft offene und verdeckte Mängel

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Problem: Abmilderung der Rügeobliegenheit durch AGB?

„Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 377 HGB eine eindeutige Risikoverteilung für den kaufmännischen Verkehr getroffen. Im Handelsverkehr soll möglichst schnell Klarheit darüber geschaffen werden, ob das Geschäft ordnungsgemäß abgewickelt worden ist; der Verkäufer, dessen Interessen nach der vom Gesetz getroffenen Wertentscheidung der Vorrang zu geben ist, soll durch die den Käufer treffende Obliegenheit zur unverzüglichen Mängelrüge in die Lage versetzt werden, entsprechende Feststellungen und notwendige Dispositionen zu treffen, insbesondere einen möglichen Schaden abwenden zu können, der sich aus Gewährleistungs-, Schadensersatz- oder Nachlieferungsansprüchen des Käufers ergeben könnte. Das Abbedingen der unverzüglichen Untersuchungs- und Rügepflicht auch bei offenen Mängeln ist daher mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar und damit unwirksam.“

Lektüretipp: BGH NJW 1991, 2633

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 7

Die Großhandels mbH (B) importiert 2.400 Dosen mit Champignons (Nettogewicht pro Dose 2 kg). Diese veräußert sie an die Fleischwarenfabrik Frankfurt AG (F), die sie zur Zubereitung von Ragout fin verwendet. Bei der Lieferung werden die Dosen eingehend untersucht. 6 Dosen werden geöffnet und geben keinen Grund zur Beanstandung. Als die Lieferung einen Monat später verarbeitet werden sollt, stellt sich heraus, dass zahlreiche Dosen Jauche und Urin (!) enthalten. F verlangt daraufhin Nachlieferung, was B unter Hinweis auf § 377 HGB ablehnt. Zu Recht?

Lektüretipp: BGH BB 1977, 1019

Verdeckter (§ 377 Abs. 3 HGB) oder offener Mangel (§ 377 Abs. 2 HGB)?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Formulierungsbeispiel: „Die Gewährleistungsansprüche der F wären nicht ausgeschlossen, wenn ein verdeckter Mangel vorliegt. Ob dies der Fall ist bestimmt sich danach, ob die vorgenommene Untersuchung der Lieferung nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich war.“

bei größeren Warenmengen sind Stichproben erforderlich einzelfallbezogene Betrachtung, keine generellen Werte

RGZ 106, 359: 10 von 5.000 Konservendosen mit Apfelmus BGH BB 1977, 1019: 5 von 2.400 Konservendosen aber: OLG Köln NJW-RR 1999, 565: 15-20 von 20.000 Disketten

zu wenig

Wird Ware durch Stichproben verbraucht oder beschädigt?Ja? weniger Stichproben Nein? mehr Stichproben

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 8

Der nicht im Handelsregister eingetragene Gemischtwarenhändler Karl Klein (K), der ein kleines Ladenlokal in Leipzig-Gohlis besitzt und keine Angestellten hat, lässt sich von der Bofrost GmbH beliefern. Die Lieferung vom 11. Februar 2008 wies an vielen Stellen Gefrierbrand auf, was für K bei sorgfältiger Untersuchung ohne Weiteres erkennbar gewesen wäre. Mehr als 3 Wochen später zeigt er den Mängel bei der GmbH an. Diese beruft sich auf § 377 HGB. Zu Recht?

§ 377 HGB setzt ein beiderseitiges Handelsgeschäft voraus

wichtige Ausnahme zu § 345 HGB

§ 377 HGB analog auf Kleingewerbetreibende?

h.M.: ( -- ) Rechtsklarheit und Rechtssicherheit

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Fall 9

Die Kölner Baumaschinengesellschaft mbH (K) bestellt bei der Varta AG (V) 10 ungefüllte Batterien. Aufgrund eines Versehens liefert die V jedoch gefüllte Batterien. Diese geraten nach der Lieferung wegen unzureichenden Verpackung in Brand, wodurch eine Baumaschine im Wert von 100.000 € zerstört wird, die in der gleichen Halle parkte. K verlangt von V Schadensersatz. V beruft sich auf § 377 HGB. Zu Recht?

Anspruchsgrundlage: §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB

Anspruch ausgeschlossen gemäß § 377 Abs. 2 HGB?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Schäden, die auf dem Sachmangel beruhen: § 377 Abs. 2 HGB ( + )

Schäden, die auf einer Verletzung weiterer Nebenpflichten beruhen: § 377 Abs. 2 HGB ( -- )

„Im Interesse einer reibungslosen und raschen Abwicklung des Handelsverkehrs muss der Käufer diese Nachteile im Bereich der Gewährleistung deswegen hinnehmen, weil typischerweise die Feststellung von Mängeln mit zunehmendem Zeitablauf unvertretbar erschwert würde. Für eine entsprechende Anwendung des § 377 HGB über die Mängelhaftung hinaus fehlt es aber an einem zwingenden Bedürfnis, zumal die Berücksichtigung des Mitverschuldens (§ 254 BGB) -- anders als die auf dem Grundsatz des "alles oder nichts" aufbauende Genehmigung nicht gerügter Mängel -- einen sachgerechter abgestuften Ausgleich zwischen den beiderseitigen Interessen ermöglicht.“

Lektüretipp: BGHZ 66, 208 = NJW 1976, 1353

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Fall 10

Die Riesling GmbH (R) erhielt von dem im Handelsregister eingetragenen Korkenhersteller K eine Lieferung von 50.000 Korken. Diese wiesen eine mangelhafte Qualität auf, was R beim Durchschneiden einiger Korken ohne Weiteres hätte feststellen können. Eine genauere Untersuchung der Ware wurde seitens der R nicht vorgenommen. Nach 6 Wochen benutzte R einen Teil der Korken zum Verschließen von 10.000 Weinflaschen. Bereits kurz nach der Verkorkung wiesen die Weine eine Trübung auf und schmeckten säuerlich, was auf die schlechte Qualität der Korken zurückzuführen war. R verlangt deshalb von R Schadensersatz für den nicht mehr verwendbaren Wein. Zu Recht?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

I. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 434 Abs. 1, 433 BGB (Ersatz des Mangelfolgeschadens)

§ 434 Abs. 1 BGB ( + ), aber § 377 Abs. 2 HGB

II. § 823 BGB

Eigentumsverletzung ( + ) durch Handlung ( + ) haftungsbegründende Kausalität ( + ) keine Unterbrechung

des Kausalzusammenhangs durch Dazwischentreten des Einkorkens des R

Fahrlässigkeit und Rechtswidrigkeit ( + ) Schaden ( + ) haftungsausfüllende Kausalität ( + ) Ausschluss des Anspruchs gemäß § 377 Abs. 2 HGB?

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Anwendbarkeit des § 377 Abs. 2 HGB auf Deliktsansprüche?

Teile der Literatur: § 377 Abs. 2 HGB anwendbar

Normzweck: Förderung der Schnelligkeit und Leichtigkeit des Handelsverkehrs

andernfalls wird Ergebnis, das zu § 280 Abs. 1 BGB gefunden wurde, ausgehebelt

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Handelskauf, § 377 HGB10 klausurrelevante Konstellationen

Anwendbarkeit des § 377 Abs. 2 HGB auf Deliktsansprüche?

herrschende Meinung: § 377 Abs. 2 HGB nicht anwendbar

§ 377 HGB betrifft nur den Handelskauf (im Ggs. zum Delikt) engere Voraussetzungen des § 823 BGB, kein Vermögensschutz verschiedene Anknüpfungspunkte von deliktischer und

vertraglicher Haftung: Verletzung von Verkehrssicherungspflichten Verletzung von Vertragspflichten

echte Anspruchskonkurrenz zwischen Gewährleistungsrecht und Deliktsrecht

Wahrung der Verkäuferinteressen über § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 254 BGB Nichtvornahme der Untersuchung als Mitverschulden

Lektüretipp: BGHZ 101, 337

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!