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ihren faszinierenden Erkenntnissen zu Kosmologie, Schwarzen Löchern und der Suche nach der Quantengra- vitation. Der Text ist mit interessan- ten Zitaten gewürzt und spiegelt auch einen gewissen Hang des Autors zur Selbstironie wider. Lesern dieser Zeitschrift sollte das Buch durchaus Vergnügen bereiten. Claus Kiefer, Köln 50 Schlüsselideen Physik, J. Baker, Spektrum Akademi- scher Verlag, 208 S., geb., 24,95 R. ISBN: 9-783-8274- 2119-7. 50 Schlüsselideen Mathematik, T. Crilly, Spektrum Akademischer Verlag, 208 S., geb., 24,95 R. ISBN 9-783-8274- 2118-0. Physik versuchen die Autoren dieser kleinen Buchreihe zu beantworten. Die Autoren setzen kaum Vorwis- sen voraus; man kommt spielend mit dem Schulstoff bis zur 13. Klasse aus. Die Themenauswahl bewegt sich zwischen Magischen und Lateini- schen Quadraten, Bruch- und Zins- rechnung, Geometrie, dem Ohm- schen Gesetz oder der Relativitäts- Zwar lassen sich die Autoren nicht von Kompliziertem wie der Unendlichkeit abschrecken, aber sie reißen die Themen auf jeweils vier Buchseiten gerade mal an. Zudem graben sie viele Stichworte aus der Wissenschaftsgeschichte aus, die ihr Skandalpotenzial verloren haben, was die Autoren aber kaum würdigen. So ist das EPR-Paradoxon heute nicht mehr paradox wie zu Einsteins Zeiten, sondern ein Experiment. Dunkle Materie ist ein Klacks im Verhältnis zur Dunklen Energie, die nur am Rande erwähnt wird. Und es fehlen Themen wie Festkörperphy- sik, Variationsrechnung oder der Funktionsbegriff. Immerhin: Wer die Bücher gele- sen hat, kann den Smalltalk auf der nächsten Grillparty naturwissen- schaftlich würzen – zum Beispiel mit ein paar Sätzen zum Olberschen Paradoxon und einem Blick zum dunklen Nachthimmel. Andreas Loos, Berlin Was färbt man beim Vier-Farben- Problem? Wer hat die Null erfunden? Was verbirgt sich hinter dem Mach- schen Prinzip oder dem Doppler- Effekt? Und wie funktioniert die Rechte-Hand-Regel? Jeweils 50 Schlüsselideen aus Mathematik und BÜCHER | 264 | Phys. Unserer Zeit | 5/2009 (40) www.phiuz.de © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim FERMIS CORNER | Fernsehen mit Einstein In einem populärwissenschaftlichen Artikel zu Auswirkungen der Relati- vitätstheorie im Alltag [1] schreibt der Autor, dass für den korrekten Betrieb eines Röhrenfernsehers die Berücksichtigung der Speziellen Relativitätstheorie nötig ist. In der Röhre würden die Elektronen auf eine Geschwindigkeit beschleunigt, bei der die relativistische Massen- zunahme sichtbare Auswirkungen auf den Ablenkwinkel im Magnetfeld bewirkt. Ist die Korrektur im Vergleich zum klassischen Fall wirklich in der Größenordnung einiger Pixel und somit sichtbar? Die Ablenkung s ist umgekehrt proportional zum Impuls p: s ~ 1/p (zur magnetischen Ablenkung siehe beispielsweise [2]). Damit ergibt sich der Betrag der relativen Abweichung zu Δs/s = Δp/p. Mit dem relativistischen Impuls p = γ mv = mv/(1 – β 2 ) 1/2 (1 + 1 / 2 β 2 ) mv folgt dann die Impulskorrektur gegenüber dem klassischen Wert mv zu Δp 1 / 2 β 2 mv und Δs/s = Δp/p 1 / 2 β 2 . Mit einer typischen Beschleuni- gungsspannung von 20 kV in einem Fernseher und der Ruheenergie des Elektrons von 500 keV erhalten wir: 1 / 2 β 2 = 1 / 2 v 2 /c 2 = 1 / 2 mv 2 /mc 2 0,04. Zusammen ist also die relative Korrektur durch die Spezielle Relati- vitätstheorie Δs/s 0,04, also 4 %. Bei einem Bildschirm mit etwa 500 mm Kantenlänge beträgt dann die Abweichung in Millimetern über die ganze Bildschirmbreite Δ s 2 mm. Bei einer Auflösung von 768 × 576 Bildpunkten besitzt ein Bildpunkt eine Seitenlänge von 0,65 mm, so dass die Abweichung also drei bis vier Pixeln entspricht [3]. [1] M. Rauner in Meister Einstein, Die Zeit, Sonderheft Geschichte, Zeitverlag, Hamburg 2005, S. 33. [2] H. Vogel, Gerthsen Physik, Springer- Verlag, Heidelberg 1995, Aufgabe 8.2.4. Andreas Müller, Landau theorie. Dazwischen werden Schlag- worte gestreut, die wohl jedem interessierten Zeitungsleser schon mal untergekommen sein dürften: Schrödingers Katze, Kopenhagener Deutung, Parallelenpostulat oder Fermats Letzter Satz.

Fernsehen mit Einstein

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ihren faszinierenden Erkenntnissenzu Kosmologie, Schwarzen Löchernund der Suche nach der Quantengra-vitation. Der Text ist mit interessan-ten Zitaten gewürzt und spiegeltauch einen gewissen Hang desAutors zur Selbstironie wider. Leserndieser Zeitschrift sollte das Buchdurchaus Vergnügen bereiten.

Claus Kiefer, Köln

5500 SScchhllüüsssseelliiddeeeennPPhhyyssiikk, J. Baker,Spektrum Akademi-scher Verlag, 208 S.,geb., 24,95 R. ISBN: 9-783-8274-2119-7.

5500 SScchhllüüsssseelliiddeeeennMMaatthheemmaattiikk, T. Crilly, SpektrumAkademischerVerlag, 208 S., geb., 24,95 R. ISBN 9-783-8274-2118-0.

Physik versuchen die Autoren dieserkleinen Buchreihe zu beantworten.

Die Autoren setzen kaum Vorwis-sen voraus; man kommt spielend mitdem Schulstoff bis zur 13. Klasse aus.Die Themenauswahl bewegt sichzwischen Magischen und Lateini-schen Quadraten, Bruch- und Zins-rechnung, Geometrie, dem Ohm-schen Gesetz oder der Relativitäts-

Zwar lassen sich die Autorennicht von Kompliziertem wie derUnendlichkeit abschrecken, aber siereißen die Themen auf jeweils vierBuchseiten gerade mal an. Zudemgraben sie viele Stichworte aus derWissenschaftsgeschichte aus, die ihrSkandalpotenzial verloren haben, wasdie Autoren aber kaum würdigen. Soist das EPR-Paradoxon heute nichtmehr paradox wie zu EinsteinsZeiten, sondern ein Experiment.Dunkle Materie ist ein Klacks imVerhältnis zur Dunklen Energie, dienur am Rande erwähnt wird. Und esfehlen Themen wie Festkörperphy-sik, Variationsrechnung oder derFunktionsbegriff.

Immerhin: Wer die Bücher gele-sen hat, kann den Smalltalk auf dernächsten Grillparty naturwissen-schaftlich würzen – zum Beispiel mitein paar Sätzen zum OlberschenParadoxon und einem Blick zumdunklen Nachthimmel.

Andreas Loos, Berlin

Was färbt man beim Vier-Farben-Problem? Wer hat die Null erfunden?Was verbirgt sich hinter dem Mach-schen Prinzip oder dem Doppler-Effekt? Und wie funktioniert dieRechte-Hand-Regel? Jeweils 50Schlüsselideen aus Mathematik und

B Ü C H E R |

264 | Phys. Unserer Zeit | 5/2009 (40) www.phiuz.de © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

F E R M I S CO R N E R |Fernsehen mit EinsteinIn einem populärwissenschaftlichen Artikel zu Auswirkungen der Relati-vitätstheorie im Alltag [1] schreibt der Autor, dass für den korrektenBetrieb eines Röhrenfernsehers die Berücksichtigung der SpeziellenRelativitätstheorie nötig ist. In der Röhre würden die Elektronen aufeine Geschwindigkeit beschleunigt, bei der die relativistische Massen-zunahme sichtbare Auswirkungen auf den Ablenkwinkel im Magnetfeldbewirkt. Ist die Korrektur im Vergleich zum klassischen Fall wirklich inder Größenordnung einiger Pixel und somit sichtbar?

Die Ablenkung s ist umgekehrtproportional zum Impuls p: s ~ 1/p(zur magnetischen Ablenkung siehebeispielsweise [2]). Damit ergibt sichder Betrag der relativen Abweichungzu

Δs/s = Δp/p.

Mit dem relativistischen Impuls

p = γmv = mv/(1 – β 2)1/2

≈ (1 + 1/2 β2) mv

folgt dann die Impulskorrekturgegenüber dem klassischen Wert mvzu

Δp ≈ 1/2 β2 mv und Δs/s = Δp/p ≈ 1/2β2.

Mit einer typischen Beschleuni-gungsspannung von 20 kV in einemFernseher und der Ruheenergie desElektrons von 500 keV erhalten wir:

1/2 β2 = 1/2 v2/c2 = 1/2 mv2/mc2 ≈ 0,04.

Zusammen ist also die relativeKorrektur durch die Spezielle Relati-vitätstheorie

Δs/s ≈ 0,04, also 4 %.

Bei einem Bildschirm mit etwa500 mm Kantenlänge beträgt danndie Abweichung in Millimetern überdie ganze Bildschirmbreite Δs ≈ 2 mm.Bei einer Auflösung von 768 × 576Bildpunkten besitzt ein Bildpunkteine Seitenlänge von 0,65 mm, sodass die Abweichung also drei bisvier Pixeln entspricht [3].

[1] M. Rauner in Meister Einstein, Die Zeit,Sonderheft Geschichte, Zeitverlag,Hamburg 2005, S. 33.

[2] H. Vogel, Gerthsen Physik, Springer-Verlag, Heidelberg 1995, Aufgabe 8.2.4.

Andreas Müller, Landau

theorie. Dazwischen werden Schlag-worte gestreut, die wohl jedeminteressierten Zeitungsleser schonmal untergekommen sein dürften:Schrödingers Katze, KopenhagenerDeutung, Parallelenpostulat oderFermats Letzter Satz.