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Jens J. Göttsche Maritta Petersen Festigkeitslehre – klipp und klar Ein Lehr- und Übungsbuch für Studierende des Bauingenieurwesens 4., aktualisierte Auflage

Festigkeitslehre – klipp und klar€¦ · Göttsche/Petersen • Festigkeitslehre – klipp und klar für Studierende des Bauingenieurwesens Jochim/Lademann • Planung von Bahnanlagen

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Jens J. GöttscheMaritta Petersen

Festigkeitslehre – klipp und klar Ein Lehr- und Übungsbuch für Studierende des Bauingenieurwesens

4., aktualisierte Auflage

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Göttsche/PetersenFestigkeitslehre

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Lehrbücher des Bauingenieurwesens

Bletzinger/Dieringer/Fisch/Philipp • Aufgabensammlung zur Baustatik

Dallmann • Baustatik

Band 1: Berechnung statisch bestimmter Tragwerke

Band 2: Berechnung statisch unbestimmter Tragwerke

Band 3: Theorie II. Ordnung und computerorientierte Methoden der Stabtragwerke

Engel/Lauer • Einführung in die Boden- und Felsmechanik

Engel/Al-Akel • Einführung in den Erd-, Grund- und Dammbau

Fouad/Zapke • Bauwesen Taschenbuch

Freimann • Hydraulik für Bauingenieure

Göttsche/Petersen • Festigkeitslehre – klipp und klar für Studierende des Bauingenieurwesens

Jochim/Lademann • Planung von Bahnanlagen

Krawietz/Heimke • Physik im Bauwesen

Malpricht • Schalungsplanung

Rjasanowa • Mathematik für Bauingenieure

Rjasanowa • Mathematische Modelle im Bauingenieurwesen

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Jens GöttscheMaritta Petersen

Festigkeitslehre - klipp und klarEin Lehr- und Übungsbuch für Studierende des Bauingenieurwesens

4., aktualisierte Auflage

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Autoren:Prof. Dr.-Ing. Jens Göttschehochschule 21, private und staatlich anerkannte Fachhochschule, BuxtehudeStudienbereich Bauwesenhttp://www.goettsche-web.de

Prof. Dr.-Ing. Maritta Petersenhochschule 21, private und staatlich anerkannte Fachhochschule, BuxtehudeStudienbereich Bauwesen

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft und getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autor(en, Herausgeber) und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Weise aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.Ebenso wenig übernehmen Autor(en, Herausgeber) und Verlag die Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.© 2020 Carl Hanser Verlag MünchenInternet: www.hanser-fachbuch.deLektorat: Frank KatzenmayerHerstellung: Anne KurthCovergestaltung: Max Kostopoulos Coverkonzept: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, MünchenSatz: Jens Göttsche, Maritta Petersen, BuxtehudeDruck und Bindung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG BuchPartner, GöttingenPrinted in GermanyPrint-ISBN 978-3-446-46288-5E-Book-ISBN 978-3-446-46356-1

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Vorwort zur 4. Auflage

Dieses Lehrbuch richtet sich vorrangig an Studierende des Bauingenieurwesens im Grundstudium. Aber auch Stu-dierenden aus anderen Ingenieurfächern kann das Buch nützlich sein. Die Festigkeitslehre ist häufig ein ungeliebtesTeilgebiet der Statik, in dem viele Studierende häufig Formeln anwenden, ohne deren Grundlagen zu kennen. Die-ses Buch hat sich zum Ziel gesetzt, die Festigkeitslehre und deren grundlegende Zusammenhänge durch gründlicheAufbereitung der theoretischen Grundlagen in vielen Teilschritten zu verdeutlichen. Dabei wird klargestellt, dass dieFestigkeitslehre nicht eine so exakte Wissenschaft ist wie die Mathematik, sondern auf vielen Vereinfachungen, Hy-pothesen und Reglementierungen basiert. Viele anschauliche Grafiken sowie zahlreiche Anwendungsbeispiele tra-gen zum Verständnis bei.

Das Buch gliedert sich inhaltlich in sieben Kapitel. Zunächst werden die Grundbegriffe der Festigkeitslehre und diewichtigsten mechanischen Zusammenhänge erläutert. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Ermittlung von Querschnitts-werten von stabförmigen Bauteilen. In den drei nachfolgenden Kapiteln 3 bis 5 werden die grundlegenden Beanspru-chungsarten des Stabes, nämlich Biegung mit und ohne Normalkraft, Querkraft und Torsion angesprochen. Dabeiwerden Wege zur Spannungsberechnung aufgezeigt und das zugehörige Tragverhalten von Stäben mit unterschied-lichen Querschnitten erklärt. Die Stabilität von stabförmigen Bauteilen wird in Kapitel 6 behandelt. Dabei werden un-terschiedliche Stabilitätsphänomene beschrieben und die Schnittgrößenermittlung am verformten System vorgestellt.Kapitel 7 behandelt ergänzend Sonderprobleme der Festigkeitslehre. Begriffe wie „klaffende Fuge“, Hauptspannun-gen, Spannungszustände, Vergleichsspannung oder Mohrscher Spannungskreis und Festigkeitshypothesen werdeneingehend erläutert.

Jedes Kapitel enthält einige praktische Übungsaufgaben, die die Studierenden zum selbstständigen Bearbeiten undVertiefen des Lehrstoffes ermutigen sollen. Dazu werden im letzten Kapitel 8 die Lösungen aufgezeigt. Zur weiterenAnregung und Unterstützung beim Lernen stehen unter http://www.hanser-fachbuch.de/9783446462885 einige über-arbeitete Excel-Dateien zum Download bereit, mit denen typische Aufgaben der Festigkeitslehre gelöst werden kön-nen.

Bestärkt durch die zahlreichen und dankbar aufgenommenen Zuschriften unserer Leser haben wir die inhaltlicheSchwerpunktsetzung, das Layout und die Struktur der vorherigen Auflagen beibehalten. Aufmerksame Leser habenuns auf kleinere Fehler hingewiesen, die wir gerne korrigiert haben. Uns ist bewusst, dass bestimmte Themengebie-te wie z.B. die Wölbkrafttorsion mit Blick auf die Zielsetzung dieses Buches nur knapp behandelt werden können.Für den interessierten Leser verbleibt hier nur der Hinweis auf weiterführende Literatur.

Buxtehude, im Oktober 2019 Jens Göttsche Maritta Petersen

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Inhalt

1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.1 Warum Festigkeitslehre? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.2 Modellbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121.3 Einwirkungen, Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141.4 Schnittgrößen, Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.5 Verzerrungen, Verformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.6 Werkstoffverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2 Querschnittskennwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.2 Flächenmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332.3 Transformation auf ein gedrehtes Achsensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412.4 Hauptträgheitsmomente, Hauptachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432.5 Widerstandsmomente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462.6 Trägheitsradien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3 Balkenbiegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503.2 Symmetrische Querschnitte mit einachsiger Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3 Symmetrische Querschnitte mit zweiachsiger Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.4 Beliebige Querschnitte mit zweiachsiger Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623.5 Biegung mit Normalkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643.6 Biegelinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

4 Querkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744.2 Schub in einfach symmetrischen, dünnwandigen offenen Querschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774.3 Schub in geschlossenen symmetrischen Querschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.4 Schubmittelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

5 Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935.2 St.-Venantsche Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975.3 Wölbkrafttorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

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6 Stabilitätsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

6.1 Allgemeine Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116.2 Elastisches Knicken gerader Stäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1186.3 Biegeknicken im plastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1276.4 Weitere Versagensfälle durch Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

7 Ergänzende Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

7.1 Ausfall der Zugzone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1357.2 Spannungszustände, Hauptspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1427.3 Verzerrungszustände, Elastizitätsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1527.4 Festigkeitshypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1617.5 Sicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

8 Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

8.1 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1708.2 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1748.3 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1828.4 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1878.5 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1888.6 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1908.7 Lösungen zu Aufgaben in Kapitel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Inhalt

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1

Unter einem Tragwerk versteht mandie planmäßige Anordnung miteinan-der verbundener tragender und aus-steifender Bauteile (z. B. Fundamen-te, Stützen, Decken oder Wände), dieso entworfen sind, dass sie ein be-stimmtes Maß an Beanspruchbarkeit(Tragwiderstand) aufweisen.

Bild 1.1 „So etwas sollte vermieden wer-den!“ – Tacoma-Narrows-Bridge, 1940.

1 Einführung

1.1 Warum Festigkeitslehre?Die Festigkeitslehre ist ein Grundlagenfach in allen Ingenieurwissenschaf-ten. Sie stellt den planenden Ingenieuren Methoden zur Verfügung, mit de-nen sie dauerhafte und gebrauchstaugliche Tragwerke mit einer ausrei-chenden Tragsicherheit entwerfen, berechnen und bemessen können.

Im Bereich des Bauwesens ist die Festigkeitslehre ein Grundlagenfach inder Statik, auf dem alle konstruktiven Fächer wie beispielsweise Stahlbe-tonbau, Stahlbau, Holzbau, Mauerwerksbau oder Geotechnik aufbauen.Mithilfe der Festigkeitslehre gelingt es,

• die Beanspruchungen im Inneren eines Bauteils infolge der einwirken-den Lasten zu bestimmen,

• die Abmessungen der Bauteile eines Tragwerks unter Beachtung derFestigkeit der verwendeten Werkstoffe und einer angemessenen Si-cherheit festzulegen,

• die Beanspruchbarkeit bestehender Bauteile oder Tragwerke bei gege-bener Geometrie und bekannten Werkstoffparametern zu ermitteln,

• und die Verformungen des Tragwerks bzw. seiner Bauteile aufgrundder Beanspruchungen zu berechnen und gegebenenfalls durch Ände-rung von Bauteilgeometrie und/oder Werkstoffen zu begrenzen.

Die Festigkeitslehre darf nicht als isoliertes Lehrfach begriffen werden. Siesteht im Wechselspiel mit der Statik und liefert wichtige Grundlagen fürStatiker und Tragwerksplaner.

Bild 1.2 zeigt die Bedeutung der Festigkeitslehre während des Planungs-prozesses eines Bauwerks. Bei allen an der Planung, Bemessung undKonstruktion von Bauwerken Beteiligten wird ein umfassendes Verständnisüber das Tragverhalten von Bauwerken vorausgesetzt. Eigenschaften undGrenzen der verwendeten Baustoffe müssen bekannt und die mechani-schen Zusammenhänge zwischen den Lasten, die auf ein Tragwerk ein-wirken, und den Reaktionen des Tragwerks darauf wie z.B. Verformungen,Materialversagen oder Stabilitätsversagen (Knicken, Kippen) verstandensein.

Im Zuge der Tragwerksplanung werden mehrere Planungsphasen durch-laufen, in denen die Festigkeitslehre entscheidende Beiträge liefert. Bei derModellierung des Tragsystems müssen idealisierende, jedoch geeigneteund mechanisch sinnvolle Annahmen hinsichtlich des Werkstoffs, der Geo-

Studierende, die sich erstmalig mitder Festigkeitslehre befassen, müs-sen Grundkenntnisse in der Baustoff-lehre und der Mathematik besitzen.Sie sollten wissen, was Schnittgrö-ßen sind und wie man sie an einfa-chen Tragsystemen ermittelt.

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1 Einführung10

metrie des Tragwerks sowie der Abmessungen und des Zusammenwir-kens seiner Bauteile getroffen werden. Das dabei entstehende Tragwerks-modell ist die Grundlage der statischen Berechnung und anschließendenBemessung und verlangt den Tragwerksplanern – neben praktischen Er-fahrungen – fundierte Kenntnisse der Festigkeitslehre ab.

Tragwerksplanung

Vordimensionierung der Bauteile: Wahl der geeig-neten Werkstoffe, Wahl der Bauteilabmessungen;Idealisierung des realen Bauwerks

Tragwerksmodell (mechanisches Modell)Idealisierung, Normenvorgaben, 2D- oder 1D-Modelle, Lastannahmen, Grenzwertbetrachtung

SchnittgrößenermittlungRechenmodell und -methode, analytisch odernumerisch, Genauigkeit, Lastfallüberlagerung

BemessungSicherstellung der Tragfähigkeit, Gebrauchstaug-lichkeit, Dauerhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit

Objektplanung

Geplantes ObjektAnforderungen des Bauherrn, Objektplanung durchArchitekten und Fachplaner, Objektpläne

Nein

Idee

Ausführung

Spannungsermittlung, Dimensionierung der Bau-teile und deren Querschnitte, Bestimmung derBeanspruchbarkeit bestehender Bauteile

Nachweis der Tragfähigkeit, Nachweise zurGebrauchstauglichkeit, erdstatische Nachweise,Berücksichtigung des Sicherheitskonzeptes [1]

Spannungs-Dehnungsverhalten des Baustoffes,Verformungsberechnungen, Steifigkeit, Elastizität,Plastizität, Stabilität

Grundlegendes Verständnis über Baumaterialenund ihre Eigenschaften, umfassendes Verständnisüber das Tragverhalten von Bauwerken

Themen der FestigkeitslehrePlanbearbeitungRohbauzeichnungen, Montagepläne, Schal- undBewehrungspläne, Fertigteilzeichnungen

Ja

Anforderungen erfüllt?

Bild 1.2 Bedeutung der Festigkeitslehre während des Planungsprozesses

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1Aufgabe 1.1: Die Schnittgrößen ei-nes vertikal belasteten Trägers las-sen sich mithilfe der Gleichgewichts-bedingungen ΣV = 0 und ΣM = 0 er-mitteln. Stimmt das wirklich? Wennja, unter welchen Bedingungen?

Fq

BH = 0Av Bv

Bei der statischen Berechnung werden Auflagerreaktionen und Schnittgrö-ßen ermittelt. Bei statisch bestimmten Tragsystemen reichen die allgemei-nen Gleichgewichtsbedingungen aus, um die Schnittgrößen in jedem Punktdes Systems zu bestimmen. Dabei wird das Tragwerk als starres Systembetrachtet. Diese Idealisierung muss bei statisch unbestimmten Tragsys-temen aufgegeben werden. Die Schnittgrößen können in diesem Fall nurdann korrekt ermittelt werden, wenn das Verformungsverhalten des Trag-werks zutreffend beschrieben werden kann. Dazu müssen Statiker die ge-nauen Abmessungen der Tragwerksteile und die maßgebenden Werkstoff-parameter kennen und der statischen Berechnung zugrunde legen.

Die Schnittgrößen allein lassen jedoch keine Aussage über die Bean-spruchbarkeit (Tragwiderstand) des Bauteils oder des Tragwerks insge-samt zu. So wird ein typischer Holzsparren bei einer anderen Beanspru-chung versagen als ein Doppel-T-Träger aus hochwertigem Stahl. Im Zugeder Bemessung muss also in jedem Ort des Tragwerks geprüft werden, obdie Beanspruchungen sicher und schadensfrei aufgenommen werden kön-nen. Es wird der Nachweis der Tragfähigkeit geführt.

Neben den Beanspruchungen sind die Verformungen (Deformationen) vongroßer praktischer Bedeutung. Ein Tragwerk und seine Bauteile sind zwarfeste, aber keine starren Gebilde. Man spricht allgemein von deformierba-ren Körpern. Manchmal wird im Zusammenhang mit der Festigkeitslehreauch von der „Statik deformierbarer Körper“ gesprochen. Reagiert der Kör-per aufgrund seiner Werkstoffeigenschaften elastisch (wie z. B. eine Uhr-feder), so wird die Festigkeitslehre auch mit dem Begriff „Elastostatik“gleichgesetzt. Die Tragwerksplaner haben somit auch den Nachweis zuführen, dass die Verformungen bestimmte, durch Baunormen oder Bauher-ren vorgegebene Grenzwerte nicht überschreiten. Es wird auf diese Weisesichergestellt, dass die Gebrauchstauglichkeit gegeben ist.

Größere Verformungen können darüber hinaus das Tragverhalten einesstabilitätsgefährdeten Tragwerks nachteilig beeinflussen und die Tragsi-cherheit herabsetzen. In einem solchen Fall müssen die Schnittgrößennicht mehr am unverformten, sondern am verformten System neu ermitteltund die Bemessung entsprechend angepasst werden.

Werden die Anforderungen an die Tragfähigkeit und die Gebrauchstaug-lichkeit im ersten Ansatz des Planungsprozesses nicht erfüllt, so sind ge-gebenenfalls Konstruktionsänderungen (z. B. bei den Bauteilabmessungenoder Werkstoffparametern) vorzunehmen (Bild 1.2). In manchen Fällen ge-lingt es, durch Verfeinerungen am Tragwerksmodell oder durch Auswahleines genaueren Berechnungsverfahrens bei der Schnittgrößenermittlung,die Bemessung erfolgreich abzuschließen und damit alle Vorgaben für diePlanbearbeitung bereitzustellen.

Die Tragfähigkeit ist die Fähigkeit desTragwerks und seiner tragenden Tei-le, allen auftretenden Einwirkungenzu widerstehen, denen es währendder Errichtungs- und Nutzungsdauerplanmäßig standhalten soll.

Die Gebrauchstauglichkeit ist die Fä-higkeit des Tragwerks und seiner Be-standteile, die planmäßige Nutzungentsprechend festgelegter Bedingun-gen zu ermöglichen.

1.1 Warum Festigkeitslehre?

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1 Einführung12

Das Erstellen eines Tragwerksmo-dells ist eine der entscheidenden undanspruchsvollen Aufgaben der kon-struktiv gestaltenden Ingenieure. DieMeinung, auch diese Aufgabe demComputer alleine zu überlassen, führtin die Irre.

Bei der Einführung in die Grundlagender Festigkeitslehre werden vorzugs-weise eindimensionale Tragwerks-modelle behandelt wie

• der Zug- bzw. Druckstab,

• der Biegebalken,

• der Torsionsstab

• und der Knickstab.

Fassen wir zusammen: Die Festigkeitslehre vermittelt wichtige Kenntnis-se zur Bewältigung der oben geschilderten Aufgaben. Sie beschäftigt sichmit deformierbaren, festen Körpern mit dem Ziel, ein Versagen eines be-anspruchten Systems und seiner Teile durch Bruch, zu große Verformun-gen oder Instabilität zu vermeiden.

1.2 ModellbildungAusgangspunkt für jeden Planungs- und Konstruktionsprozess ist dasTragwerksmodell. Es ist die gedankliche Umsetzung des realen Bauwerksin ein berechenbares Modell, für das Annahmen getroffen werden im Hin-blick auf

• einwirkende Lasten bzw. Lastkombinationen,

• das statische System und dessen Auflagerbedingungen,

• das Tragverhalten

• und das Werkstoffverhalten.

Auch wenn es heute computergestützte Rechenmethoden gibt, mit denendie stets dreidimensionalen Bauteile auch als dreidimensionale Körpermo-delle aufwändig berechnet werden können, so werden in der Tragwerks-planung überwiegend zwei- und eindimensionale Tragwerksmodelle (2D-bzw. 1D-Modelle) gewählt. Mit ihnen lässt sich bei vertretbarem Aufwandeine gute Abbildung der Wirklichkeit darstellen. In Bild 1.3 werden typischeTragwerksmodelle gezeigt. Sie zeichnen sich durch einen einfachen geo-metrischen Aufbau aus.

Für besonders massive oder dickwandige Tragwerke, deren Abmessungenin allen drei Dimensionen vergleichbare Größenordnungen erreichen, sindaufwändige Körpermodelle notwendig. Für flächige Tragwerke, bei denendie Längenabmessungen die Dicke weit übersteigen, werden zweidimensi-onale Modelle mit geringer Wandstärke eingesetzt. Typische Flächentrag-werke sind Platten, Scheiben und Faltwerke sowie – in gekrümmter Form –die Schalen. Für diese Modelltypen werden wegen der geringen Wand-stärke Näherungsvoraussetzungen getroffen. Sie ermöglichen eine sinnvollvereinfachte, aber dennoch ausreichend genaue Berechnung sowie eineanschauliche Ergebnisinterpretation.

Eindimensionale Tragwerksmodelle, bei denen die Längenausdehnung dieQuerabmessungen um ein Vielfaches übertrifft, werden auch als Linien-tragwerke bezeichnet. Typische Modelltypen sind in dieser Gruppe dieStabtragwerke (Druck- oder Zugstab, Biegeträger, Torsionsstab). Bei kom-plexeren Tragwerken müssen die vorgestellten Modelle kombiniert werden.Ein Beispiel ist der Rahmen, der sich aus biegebeanspruchten Riegeln und

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13

1

Körpertragwerk: (3D-Modell)(z.B. Maschinenfundament) Flächentragwerk: (2D-Modell)

Platte (z.B. Geschossdecke)

Flächentragwerk: (2D-Modell)Faltwerk (z.B. Behälter)

Flächentragwerk: (2D-Modell)Scheibe (z.B. Treppenhauswand)

Stabtragwerk: (1D-Modell)Balken (z.B. Kranbahnträger,Teile eines Trägerrostes)

Stabtragwerk: (1D-Modell)Druck-, Zugstab (z.B. Stütze, Fachwerkstab) x

x

x

z

x

y

y

y

z

xx y zL L L≈ ≈

x y zL L L≈ >>

x y zL L L≈ >>

x z yL L L≈ >>

x y zL L L>> ≈

x y zL L L>> ≈

x

Bild 1.3 Typische Tragwerksmodelle

Stützen zusammensetzt. Durch die Dimensionsreduktion bei 2D- bzw. 1D-Modellen entstehen die spezifischen Scheiben-, oder Plattentheorien bzw.Stab- und Balkentheorien, die in der Statik näher behandelt werden. Durchdiese Reduktion wird das Tragverhalten durch charakterisierende Begriffewie Dehnung, Biegung, Torsion, Schub, Verwölbung oder Knicken be-schreibbar.

Fassen wir zusammen: Tragwerksplaner müssen Tragwerksmodelle ent-wickeln, um die Realität berechenbar zu machen. Dabei sind Annahmen zutreffen und Vereinfachungen in Kauf zu nehmen. Typische Tragwerksmo-delle sind Flächen- und Stabmodelle. Die Analyse des Tragverhaltens die-ser Modelle erfolgt heute mithilfe des Computers.

1.2 Modellbildung

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1 Einführung14

(1)

a) Direkte Einwirkungen (äußere Kraftgrößen) b) Indirekte Einwirkungen (äußere Verformungsgröße)

T = ½ * (t1 + t2)

t1 – t2 = ∆t ⋅⋅ h

∆w

∆φ

Verdrehung des Auflagers Verschiebung des Auflagers

h

Gleichmäßige Temp.-änderung T Ungleichmäßige Temp.-änderung ∆t

(2)

t1 = t2

(1)

(2) t1 ≠ t2

(1)

(2)

t2

t1

eingeprägte Kräfte

q Fn

eingeprägte Momente

mM

a) b)

Bild 1.4 Ursachen für verschiedene Einwirkungen

Als indirekte Einwirkungen werdenauch das Kriechen (Formänderungdes Materials mit dem Ziel, sich einerdauerhaft wirkenden Beanspruchungzu entziehen) und das Schwinden(Schrumpfung durch Austrocknung)angesehen.

1.3 Einwirkungen, BeanspruchungenAus der Statik ist der Begriff Einwirkung bekannt. Es handelt sich hierbeimeist um eine auf das Tragwerk einwirkende Last (Kraftgröße), die auchals direkte Einwirkung bezeichnet wird. Daneben gibt es indirekte Ein-wirkungen, die dem Tragwerk eine Verformung (Verdrehung oder Ver-schiebung) aufzwingen (Bild 1.4).

Typische indirekte Einwirkungen sind Temperaturänderungen, Tempera-turdifferenzen zwischen Unter- und Oberseite eines Bauteils oder unglei-che Setzungen an den Auflagern. Bei statisch unbestimmten Tragsyste-men entstehen aufgrund der Verformungsbehinderungen so genannteZwangsschnittgrößen, die mit der gleichen Wertigkeit wie die Schnittgrö-ßen aus direkt einwirkenden Lasten behandelt werden müssen. Bild 1.4zeigt – nach der Ursache unterteilt – verschiedene Einwirkungen.

Bei Einwirkungen unterscheidet man neben der Ursache auch nach der Artder Wirkung. So ist eine vorwiegend ruhende Einwirkung eine Einwirkung,die keine (wesentlichen) Beschleunigungen des Tragwerks oder des Bau-teils hervorruft. Typische Einwirkungen dieser Art sind:

• ständige oder zeitlich unveränderliche Einwirkungen wie Eigengewicht,Erddruck oder Vorspannung,

∆t = t1 – t2

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15

1

Aufgabe 1.2: Wie müssen die Last-fälle in Bild 1.5 kombiniert werden,um die maßgebende Auflagerkraftdes rechten Lagers zu erhalten?

LF 1: veränderliche Streckenlast LF 2: veränderliche Einzellast 1 LF 3: veränderliche Einzellast 2

Feld 1 Feld 2

Grenzmomentenverläufe:

LF 1 + LF 2

LF 2

LF 3

qF1 F2

Momentenverläufe:

LF = Lastfall

Bild 1.5 Ermittlung der maßgebenden Beanspruchung durch Lastfallkombinationen

• zeitlich veränderliche Einwirkungen wie Nutzlasten aus Verkehr undLagerung, Schnee- oder Windlasten. Obwohl zeitlich veränderlich, sowerden diese Einwirkungen für die Tragwerksplanung dennoch alsvorwiegend ruhende Einwirkungen angesehen.

Bei dynamischen Einwirkungen handelt es sich um stoßende oder sichhäufig wiederholende Belastungen, die wesentliche Beschleunigungen her-vorrufen wie z.B. Kranbahnlasten.

Eine Einwirkung kann allein oder gleichzeitig in Kombination mit anderen,von ihr unabhängigen Einwirkungen auftreten. Man spricht dann von einerEinwirkungskombination. Als Folge der gleichzeitig zu betrachtenden Ein-wirkungen bzw. einer Einwirkungskombination ergibt sich die Beanspru-chung des Tragwerks oder seiner Teile oder die Beanspruchung an einembetrachteten Ort (Querschnitt) des Tragwerks.

Ein für die Bemessung maßgebender Wert einer Beanspruchung lässt sichmithilfe der ungünstigsten Einwirkungskombination bestimmen. Diesemuss den Kombinationsregeln der einschlägigen Baunormen gehorchen.In Bild 1.5 wird dieser Hergang exemplarisch an einem Biegeträger ge-zeigt, allerdings ohne auf weiterführende Regeln des Sicherheitskonzeptsnach DIN EN 1990:2012-12 im Hinblick auf die Bemessung einzugehen.

1.3 Einwirkungen, Beanspruchungen

Einwirkungskombination: Im Hinblick auf die maximale(positive) Biegebeanspruchung in Feld 1 führt die Über-lagerung der Lastfälle LF1 und LF2 zur maßgebendenBeanspruchung. LF3 wirkt in diesem Fall entlastend undmuss nur dann berücksichtigt werden, wenn die maß-gebenden negativen Biegemomente ermittelt werdensollen.

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1 Einführung16

NVz

Vy

MxMz

My

Stabachse

xz

y

xz

y

PositivesSchnittufer

Stabanfang

xz

y

+S

+S

PositivesSchnittufer

NegativesSchnittufer

= 0

Schnittstelle

Biegemomente My, Mz undTorsionsmoment Mx (z.B. in kNm)

Querkräfte Vy, Vz undNormalkraft N (z.B. in kN)

Bild 1.6 Definition positiver Schnittgrößen am Stabtragwerk

Aufgabe 1.3: In Bild 1.3 sind einigeStabtragwerke (also 1D-Modelle) un-ter besonderen Beanspruchungendargestellt. Welche Schnittgrößen er-geben sich bei diesen Systemen zunull und müssen nicht weiter beach-tet werden?

1.4 Schnittgrößen, SpannungenEin Maß für die Beanspruchung auf der Ebene des Tragwerkmodells sinddie Schnittgrößen. Bei Stabtragwerken sind es im allgemeinen Fall dieLängs- oder Normalkraft N, die Querkräfte Vy und Vz sowie das Torsions-moment Mx um die Längsachse des Stabes und die beiden BiegemomenteMy und Mz (vgl. Bild 1.6). Wirkt eine besondere Belastung in einer Ebenebzw. in einer Richtung, so ergeben sich bestimmte Schnittgrößen zu null.

Die Festlegung, was positive oder negative Schnittgrößen sind, erfolgt mit-hilfe eines am Tragwerk ausgerichteten Koordinatensystems und der Posi-tivdefinition der Schnittufer. Schnittgrößen sind dann positiv, wenn sie ampositiven Schnittufer im positiven Sinne des Koordinatensystems wirken.Das positive Schnittufer einer Schnittstelle ist jenes, welches man vom Ur-sprung ausgehend zuerst erreicht. Die Einführung von Schnittstellen ist ei-ne Methode der Statik (Schnittprinzip), um Beanspruchungen an einer be-liebigen Stelle des Tragwerkmodells „sichtbar“ und damit berechenbar zumachen.

Alle Schnittgrößen beziehen sich bei Stabtragwerken auf die Stabachse,die eine Idealisierung des dreidimensionalen Bauteils darstellt. Die Schnitt-größen werden auch als innere Kräfte bezeichnet und stehen mit den äu-ßeren Kräften (einwirkende Lasten und Auflagerreaktionen) im Gleichge-wicht. Sie wirken auf die gesamte Schnittfläche und verteilen sich nachmechanischen Gesetzmäßigkeiten in Abhängigkeit von der Querschnitts-geometrie und den Werkstoffparametern.

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17

1

Spannungen mit positivem Vorzei-chen nennt man Zugspannungen.Sie dehnen das Material. NegativeSpannungen sind Druckspannungen,die das Material zusammenpressen.

a

Spannungstrajektorien: Sie geben Richtung undGröße der Spannung am betrachteten Ort an.

Tragwerksmodell: Einfeldträger mit Einzellasten in denViertelspunkten

Rechenmodell, mit dem das Tragwerksmodell auf derBasis einer geeigneten Rechenmethode analysiert wird.

FF

Spannungsverteilung der horizontalenSpannungen über die Balkenhöhe.

Druckspannungen (schwarz)

Zugspannungen (rot)

(1) (2)

Fqa

=Fqa

=(1) (2)

Bild 1.7 Innerer Kraftfluss in einem Einfeldträger unter Querkraftbiegung, berechnet mit einem Scheibenmodell

Der je Flächeneinheit wirkende Kraftanteil dieser Schnittgrößen wird alsSpannung bezeichnet und ist ein Maß für die Beanspruchung im Körperin-neren des (realen) Tragwerks.

2 2 2Kraftanteil kN N MNSpannung = ; ;

Flächeneinheit cm mm m

Die Flächeneinheit kann sich aus einer endlichen Querschnittsfläche, einerTeilfläche im Schnitt oder aus einer infinitesimal kleinen Schnittfläche bil-den. Mathematisch korrekt wird deshalb die Spannung als Differentialquo-tient aus innerer Kraft dF und zugehöriger Fläche dA beschrieben; es gilt:

dSpannungdFA

=

Die Spannung ist ebenso wie die Kraft ein Vektor. Sie ist eindeutig durchdie Wirkungslinie, den Betrag und ihren Richtungssinn definiert. Stellt manderartige Spannungsvektoren für verschiedene Schnitte und Querschnitts-punkte zeichnerisch zusammen, so wird der innere Kraftfluss in einemTragwerk deutlich. Bild 1.7 zeigt einen solchen Zustand für einen durchzwei Einzellasten beanspruchten Einfeldträger.

1.4 Schnittgrößen, Spannungen

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1 Einführung18

dF

dA

In Richtung der Normalen n In tangentialen Richtungen h und vSchnittebene

= +

n

h

v

dFn

dAn

h

v

+dFh

dAn

h

v

dFv

dAn

h

vdd

hh

FA

τ =dd

vv

FA

τ =dd

nFA

σ =

Bild 1.8 Zerlegung des Spannungsvektors in drei orthogonale Spannungskomponenten

σσz

x

z

y

σσx

σσy

ττxy

ττxz

ττyx

ττyz ττzxττzy

Positive x-Schnittflächeparallel zur y-z-Ebene

Positive y-Schnittflächeparallel zur x-z-Ebene

Positive z-Schnittflächeparallel zur x-y-Ebene

Hinweis: NegativeSchnittufer verdeckt

Bild 1.9 Positive Spannungskomponenten am Volumenelement

Aufgabe 1.4: Durch die perspekti-vische Darstellung in Bild 1.9 sind dienegativen Schnittufer nicht zu sehen.Stellen Sie alle neun positiven Span-nungskomponenten an allen negati-ven Schnittufern in einer eigenenSkizze dar.

Für die weitere Betrachtung der Spannungen ist es üblich, den Span-nungsvektor in seine Komponenten zu zerlegen. Die Komponente, diesenkrecht (normal) zur Schnittfläche steht, wird als Normalspannung σ, diein der Schnittfläche liegende Komponente als Tangentialspannung τ (auchals Schubspannung oder Scherspannung) bezeichnet (Bild 1.8). Die Tan-gentialspannung τ wird darüber hinaus in zwei senkrecht zueinander ste-hende Komponenten τv und τh zerlegt, wenn das Bezugskoordinaten-system dieses erfordert.

Wird aus einem allgemein beanspruchten Körper ein Würfel mit infinitesi-malem Volumen und beliebiger Raumorientierung herausgeschnitten, soergeben sich in jeder Schnittfläche eine Normalspannung und zwei Tan-gentialspannungen. Zur Unterscheidung ihrer Wirkungsrichtung erhaltendie Normalspannungen die Richtungsindizes x, y und z.

Die Tangentialspannungen werden, da sie paarweise pro Schnittfläche vor-liegen, doppelt indiziert. Der 1. Index gibt die Richtung der Flächennorma-len, der 2. Index die Richtung der jeweiligen τ -Spannung an (Bild 1.9).

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19

1

x

z

+ ττxz

+ ττzx

Positive Schnittflächen (positiveSchnittufer) senkrecht zur x-z-Ebene

+ ττxz

+ ττzx

dx

ττzx = ττxz

Aus GleichgewichtbedingungΣMo = 0 folgt:

dz

0

+ σσx+ σσx

+ σσz

+ σσz

Bild 1.10 Gleichheit zugeordneter Tangentialspannungen

Aufgabe 1.5: In Bild 1.7 ist der inne-re Kraftfluss eines Einfeldbalkens un-ter zwei Einzellasten in den Viertels-punkten dargestellt. Gibt es bei die-sem Balken Bereiche, in denen eineinachsiger Spannungszustand vor-herrscht?

Durch die Verwendung der Buchsta-ben σ und τ wird der Eindruck er-weckt, als ob es sich um verschie-denartige Spannungen handelt. Nor-mal- und Tangentialspannungen sindgleichartige Komponenten einer re-sultierenden Spannung. Die Zerle-gung in σ- und τ -Spannungen ist le-diglich eine Frage der Schnittführung.

In Abschn. 7.2 werden die Spannun-gen ein weiteres Mal eine besondereRolle spielen. Wir werden die Span-nungen unter anderen Schnittwinkelnbetrachten und auf andere Bezugs-koordinatensysteme transformieren.Dabei werden wir auch die soge-nannten Hauptspannungen kennenlernen.

Die Festlegung der Vorzeichendefinition ergibt sich aus der Lage derSchnittufer in Bezug auf das Koordinatensystem und den Richtungssinnder Spannungskomponenten. Spannungen sind dann positiv, wenn sie ampositiven Schnittufer in Richtung der positiven Koordinatenachsen des Be-zugssystems wirken. Am negativen Schnittufer weisen positive Spannun-gen in entgegengesetzte Richtungen.

Wie aus Bild 1.9 ersichtlich, ergeben sich insgesamt neun Spannungskom-ponenten. Durch Gleichgewichtsbetrachtungen lässt sich belegen, dasszwei aufeinander zulaufende Tangentialspannungen an benachbartenSchnittufern gleichen Vorzeichens gleich groß sind. Bild 1.10 zeigt dies fürdie x-z-Ebene. Es gilt generell:

i j jiτ τ= (1.1)

Ein allgemeiner dreiachsiger (räumlicher) Spannungszustand lässt sichsomit durch sechs voneinander unabhängige Spannungskomponenten be-schreiben:

, , , , ,T

x y z xy yz zxσ σ σ σ τ τ τ = w

(1.2)

Sind in besonderen Fällen zwei gegenüberliegende Schnittufer spannungs-frei (Bild 1.11), so spricht man von einem zweiachsigen (ebenen) Span-nungszustand. Ein solcher Spannungszustand ist typisch für eine Scheibe,die nur in ihrer Ebene Lasten aufzunehmen hat. Quer zur Scheibenebenewirken weder Lasten, noch liegen hier Verformungsbehinderungen vor. Eineinachsiger Spannungszustand ist typisch für einen Stab unter einer Zug-oder Druckbeanspruchung. Hier tritt nur in der Schnittfläche normal zurStabachse eine von null verschiedene σ -Spannung auf (Bild 1.11). Glei-ches trifft auch für einen Balken unter reiner Biegung zu.

1.4 Schnittgrößen, Spannungen

=

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1 Einführung20

σσz

x

z

y

σσx

ττxz

ττzx

x

z

y

σσx

Ebener Spannungszustand(für x-z-Ebene dargestellt)

Einachsiger Spannungszustand(für x-Richtung dargestellt)

x

z

xz

σσ σ

τ

=

wxσ σ=

w

Bild 1.11 Zweiachsiger und einachsiger Spannungszustand

Eine Druckbeanspruchung führt zueiner Verkürzung des Körpers. DieDehnung ist negativ und wird alsStauchung bezeichnet.

Fassen wir zusammen: Spannungen sind ein Maß für die Beanspruchun-gen im Körperinneren. Sie werden nach Maßgabe der Schnittführung jeSchnittfläche unterteilt in eine Normalspannungs- und zwei Tangential-spannungskomponenten. Schnittgrößen sind ein Maß für die Beanspru-chungen auf der Ebene des Tragwerkmodells. Sie repräsentieren denSpannungszustand der Querschnittsfläche in Form von Spannungsresultie-renden.

1.5 Verzerrungen, VerformungenLast- und Temperatureinwirkungen führen zu einer Formänderung desTragwerks und seiner Bauteile. Formänderungen werden z.B. sichtbar alsDurchbiegung eines Balkens, als eine Verdrehung eines Trägers an einemgelenkigen Auflager oder als eine Längenänderung eines Zugstabes. Siesind das Resultat von Verzerrungen, die sich an jedem Ort im Inneren desTragwerks in Abhängigkeit vom jeweils herrschenden Spannungszustandeinstellen.

Verzerrungen sind Formänderungen eines infinitesimalen Körpers und eineReaktion auf die Spannungen, die auf ihn wirken. Verzerrungen werdennach Dehnung ε und Gleitung γ unterschieden. Als Dehnung wird das Ver-hältnis zwischen der Längenänderung des Körpers in Richtung einer Nor-malspannung und seiner ursprünglichen Länge im spannungsfreien Zu-stand bezeichnet (relative Längenänderung; Bild 1.12). Von einer Gleitungspricht man, wenn sich der Körper infolge einer Tangentialspannung rau-tenartig deformiert (relative Winkeländerung; Bild 1.13).

Betrachten wir zunächst die Dehnung. Sie lässt sich an einem Zugstab mitkonstantem Querschnitt unter zentrischer und gleichbleibender Normalkraftanschaulich herleiten. Unter der Normalkraftbeanspruchung längt sich der