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Fetischismus v2

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FH Düsseldorf

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Sara Appenrodt & Pascal Pape

» wir sind alle Fetischisten «Prof. Gerhard Vormwald & Prof. Dieter Fuder

F E T I S C H I S M U S

Welche gemeinsame Eigenschaft verbin-det öffentliche Einrichtungen wie beispielsweise die Toilette am Bahnhof, Telefonzellen oder Züge miteinander?

Richtig - sie werden täglich von vielen Menschen genutzt. Da bleibt es natürlich nicht aus, dass die Türklinke der gern gemiedenen, aber nicht immer zu vermei-denen Bahnhofstoilette jeden Tag mit hunderten von Händen in Berührung kommt.

Da muss nur einmal jemand das Hände-waschen nach dem Geschäft vergessen haben und schon schüttelt der Nachfolger Bakterien persönlich die Hand, die jeder von uns im Normalfall lieber gemieden hätte - jedenfalls wenn man sich bewusst mit diesem Gedanken beschäftigt.

Doch wann denkt man schon an solche Banalitäten? Getreu dem Motto »out of sight, out of mind« werden wir schließlich doch mit den alltäglichen Schädlingen konfrontiert.

E I N L E I T U N G

Um sich die unscheinbaren Organismen vom Leib zu halten, könnte man zum Bei-spiel Handschuhe tragen. Doch wer würde das im Sommer schon gerne tun?

Dreht man diese Hilfsmaßnahme um und verfremdet den Schutzgedanken, indem man die Objekte, mit denen man nur ungern in Berührung kommt mit dem Schutz aus Wolle einkleidet, so ergibt sich ein komplett neuer Gedanke.

Beginnend mit dem Zitat aus einem Forum, das sich mit diesem Thema beschäftigt und bekennenden Wollfeti-schisten die Möglichkeit bietet, sich auszutauschen, möchten wir die Verbin-dung zu einem für uns alle nachvollziehbaren Aspekt herstellen - Hygiene.

A BS C H I R M U N G

In Anlehnung an diese Idee ist eine Liste von Bakterienherden entstanden, die uns immer wieder im Alltag begegnen.Durch das Einwickeln in Wolle haben wir Objekte, die man ungern oder gar nicht anfasst zu denjenigen gemacht, die sowohl optisch als auch haptisch zumindest ober-flächlich attraktiver wirken.

Die so gemeinten »Hilfsmaßnahmen«stellen im Grunde genommen eine Kontro-verse dar, da Wolle als Lebensraum ein Optimum für Keime bietet. Dabei sind nicht etwa die Bakterien gemeint, die dem menschlichen Organismus von Nutzen sind, sondern schlichtweg diese, die unge-wollt übertragen werden und zu Krankheiten oder Infektionen führen kön-nen.

R E D U C T I OA DA B S U R D U M

Auf der menschlichen Haut befinden sich bei durchschnittlicher Hygiene etwa eine Billion Bakterien unterschiedlich verteilt. Mit einer Größe von zwei bis drei Mikro-metern sind sie für das menschliche Auge nicht sichtbar.

Diese Tatsache bildet das Fundament der inszenierten Fotoreihe.

Das Anbringen des vermeintlichen Schut-zes gegen den direkten Kontakt mit den betroffenen Objekten ist aufgrund der Beschaffenheit des Materials »Wolle« sym-bolisch zu verstehen und auf dem zweiten Blick durchaus gewollt absurd.

A G A R A P H O B I EV E R S U SB A C T E R I O P H O B I E

Glatte Materialien wirken zugegebenerma-ßen klinisch und somit hygienischer als solche, die eine grobe Oberflächebeschaffen-heit ihr Eigen nennen. Ein weit verbreiteter Irrtum. Die Tatsache, dass sich glatte Oberflä-chen leichter sterilisieren und desinfizieren lassen bedeutet nicht, dass Bakterien sich hier nicht dauerhaft einnisten können.Forscher/-innen der australischen Swinburne Universität für Technologie entdeckten, dass Bakterien auf glatten sogar stärker haften.

I R R EF Ü H R U N G

Mit dieser Fotoreihe werden viel besuchte Orte auf ästhe-tische Weise als Unorte deklariert und aufgespürt. Für den Betrachter erscheinen die mit Wolle eingewickelten Stellen als ungewöhnlich und fremd - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und wird die Andersartigkeit sofort bemerken. Die vermeintlichen Gefahrenstellen werden dem Betrachter - ob unwissentlich oder nicht, durch eine ganz andere Perspektive sichtbar gemacht.

FA Z I T