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Management I STRATEGIE

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Vernetzung und Community Building sind dieErfolgsparameter der Zukunft. Das jedenfallsist eine der Thesen aus dem kürzlich veröffent-lichten „Manifest“ der Münchner Agentur Web-guerillas. Ihre insgesamt „Zwölf Thesen zurkünftigen Mediaplanung“ (www.webguerillas.de/manifest) skizzieren die Herausforderung derSozialisierung des Webs. Die Werbeagentur, dieu.a. das Corporate Foodblog „Total Zottarella“von Zott betreut, und im letzten Jahr die Bacar-di-Razz-Kampagne „Die perfekte Party“ aufFacebook und Myspace inszeniert hat, bringt eswie folgt auf den Punkt: Künftig wird es für Mar-ken vorrangig darum gehen, Konsumenten zuanimieren, zu aktivieren und ihre persönlichenNetzwerke in Kampagnen mit einzubeziehen.Anstelle von Zielgruppen müssen Fan-Gemein-den mit eigenen Content-Strategien im Weberreicht werden. „Entscheidend wird künftig

sein, wie aktiv und wie häufig Konsumentenmit Marken agieren und wie sehr sie sich fürdie Marke engagieren“, schreibt der Autor des„Manifestes“, David Eicher. „Social Communi-ties laufen den klassischen Content-Sites undPortalen in der Gunst der User den Rang ab.“

Was das in der Konsequenz auch für Unterneh-men bedeuten könnte, hört man aus dem Mundeines jeden Social-Media-Beraters: Wer dieneuen Möglichkeiten des Social Webs undpotenzielle Kommunikations- und Marketing-Tools wie Twitter oder Facebook nicht nutzt,wird im Internet bald gar nichts mehr zu mel-den haben. Schon redet man vom „ROI“ nichtmehr nur als „Return on Investment“, sondernauch als „Risk of Ignorance“. In der Tat bauenMarken wie Starbucks, Veltins oder Bacardi ihrePräsenzen bei Facebook und in anderen Social

Networks auf, um Gäste und Fans über Aktio-nen, neue Produkte oder Promotions auf demLaufenden zu halten. Auch die großen Night-lifeportale wie virtualnights.com oder nacht-agenten.de nutzen und generieren inzwischenüber entsprechende Schnittstellen weitereZugriffe über Facebook oder Twitter.

SAUSALITOS: TWITTER-COCKTAIL

Auch die Zahl der Gastronomiebetriebe, dieSocial Networks für sich entdecken, steigt. Seies, um ihre Marke im Online-Bereich besser zupromoten oder sich webaffin und trendorien-tiert zu positionieren. Die Systemgastronomie-Kette „Sausalitos“ ist ein Beispiel dafür, wieman über Social-Media-Maßnahmen das Ver-trauen in die eigene Marke fördern kann. Eine

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DAS INTERNET BIETET VIELEMÖGLICHKEITEN, SICH UND SEINEN BETRIEB

DIREKT ODER INDIREKT, LOKAL ODERGLOBAL ZU VERMARKTEN. VOR ALLEM

SOCIAL COMMUNITIES WIE FACEBOOK ODERTWITTER STEIGEN IN DER BELIEBTHEITS-

SKALA DER USER – WAS SICH BEREITS IM KOMMUNIKATIONSVERHALTEN

VIELER GASTRO-BETRIEBE AUSWIRKT.

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dieser Maßnahmen ist die Cocktailkreation„tweet-tail“, die seit November 2009 in 26 „Sau-salitos“-Filialen auf der Karte steht und farblichan den Blauton des Mikroblogs Twitter ange-lehnt ist. Die mehr als 900 Follower des „Sausa-litos“-Twitterfeeds (twitter.com/sausalitos) kön-nen nun online über Geschmack und Präsenta-tion des Cocktails befinden. Für jeden Tweetvergibt der Systemer einen Cocktailgutscheinals Dankeschön. Die Aktion wurde auf dem fir-meneigenen Twitteraccount und im Kundenma-gazin kommuniziert. Für Andreas Steinbeißer,Initiator der Aktion und Leiter der „Sausalitos“-Kommunikationsabteilung, ist die Kampagneein voller Erfolg: „Neben einem hohen Abver-kauf in den Filialen und der Generierung vonOnlinebesuchern auf sausalitos.de findet gera-de eine interaktive, virale und bewusste Kom-munikation über diesen Cocktail und die Kam-pagnen-Idee statt, auf Twitter, in Blogs und inder Presse.“ Das bringe zwar nicht automatischmehr Umsatz, aber unter dem Strich besteheder Erfolg darin, Werte zu schaffen, Einfluss aufeine Meinungsbildung zu haben, Wissen zugenerieren sowie transparent und authentischmit der Zielgruppe zu kommunizieren. „Es istaber auch selbstverständlich, Menschen einenGrund zu geben, eine unserer Filialen zu besu-chen. Das ist dann quasi die Brücke von Onlinezu Offline“, sagt Andreas Steinbeißer. Dienächste Twitter-Aktion ist schon in Planung:Dann soll noch ein alkoholfreier „tweet-tail“kreiert werden – und die Follower dürfen einenneuen Namen dafür suchen.

Aus Sicht von Andreas Steinbeißer eignet sichTwitter aber auch für den Umgang mit Gästekri-tik. Wenn sich ein Gast z.B. über zu klein gera-tene Dipschälchen beschwert, gibt es einenCocktail-Gutschein. So viel Kundennähe kostetnatürlich Zeit, und Andreas Steinbeißer inves-tiert in der Sausalitos-Zentrale täglich zwi-schen ein und drei Stunden für die Betreuungder Social-Media-Kanäle. Aus seiner Sicht istder Mehraufwand durchaus vertretbar: „Nochnie gab es die Möglichkeit, so aktiv an (Netz-)Gesprächen teilzunehmen und eigene Perspek-tiven zu kommunizieren wie aktuell. JedeBeziehungs- und Vertrauensbasis zwischenUnternehmen und Konsumenten führt auch

mittel- und langfristig zu einem Return onInvestment.“

FOTOS UND CODES

Natürlich macht es einen Unterschied, ob manvon der Kommunikationsabteilung aus Social-Media-Aktiviäten steuert oder als Einzelkämp-fer in einem gastronomischen Betrieb agiert.Wer keine Zeit und nicht das nötige Know-howfür die entsprechenden Tools hat, kann jedochauch externe Agenturen mit entsprechendenMaßnahmen beauftragen. Immer mehr PR-Agenturen und Berater haben sich auf SocialMedia spezialisiert und bieten zum Teil auchFull-Service-Leistungen von der Konzeption biszum Monitoring an (siehe auch Interview aufSeite 6). Die Kölner Szenegastronomen PeterHeising und Rainald Adelmann von „Heisingund Adelmann“ haben bereits vor drei Jahrenvon der Kölner Unternehmensberatung BrainInjection eine Foto-Community ins Leben rufenlassen. Ihr Ziel war es, das Restaurant an denWochenenden stärker als Party-Location zupositionieren und mehr Gäste anzulocken. DieLösung wurde in die Firmen-Website integriert(h-und-a.koelsch-community.com). Regelmäßigwerden Partygäste mit Hilfe einer speziellenBild-Erkennungs-Software mit Flyern in derHand fotografiert, die jeweils mit einem Erken-nungscode gekennzeichnet sind. Anschließendwerden die Fotos direkt auf der Website hoch-geladen. Anhand ihres persönlichen Codeskönnen sich die Mitglieder online anmeldenund werden automatisch mit ihrem Bild identi-fiziert.

Laut Brain Injection erreichte die Foto-Commu-nity schon in der ersten Woche über 200.000Seitenabrufe. Neben den Möglichkeiten für dieMitglieder, sich untereinander auszutauschen,und damit mehr Gäste an die Location zu bin-den, bietet die Lösung auch den Vorteil, direktesMarketing zu betreiben. Mailings für bestimm-te Events hatten den Effekt, dass die Locationbis zu 30 Prozent mehr Gäste anzog, wie Co-Betreiber Peter Heising betont. Zurzeit sind3.000 Mitglieder Teil der Community. Seit kur-zem betreibt „Heising & Adelmann“ zusätzlicheine eigene Facebook-Seite. Für Brain Injection

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Wer interaktive Webangebote nutzenmöchte, findet im Web kostengünstigeMöglichkeiten, etwa zum Aufbau einer eigenen Community. Mixxt.de z.B.bietet eine Lösung, mit der nach demBaukasten-Prinzip einzelne Module wieForen, Wikis, Bildergalerien, Chats, Kalender, Newsletter oder Blogs in dieeigene Firmen-Website integriert werdenkönnen.

Wer seine Website um einen multi-medialen Chatroom erweitern möchte,kann das mit Hilfe des Web-TV-PortalsPeople Zapping (peoplezapping.com) tun.Die Plattform ermöglicht es jedemWebseiten-Betreiber, Live-Video-Chat undLive-Video-Inhalte in die eigenen Portal-seiten einzubauen. Per Video-, Audio- undText-Verbindung können sich User bei Live-Events treffen, unterhalten, diskutierenund anfreunden. Das Widget zum Einbetten der Technologie ist vorerstkostenlos. Die „Niederlassung“ in München nutzt beide Lösungen.

Interaktiv auf Knopfdruck

<<< Alex Schwarzhat mit der „Niederlassung“ einen Treffpunktfür Social-Media-User geschaffen, die sich auch mal „offline“ untereinander austauschenwollen. Via Twitter oder Facebook machtSchwarz auf seine Bar aufmerksam. AuchBestellungen und Reservierungen wickelt die „Niederlassung“ über Twitter ab.Heute hat twitter.com/Niederlassung mehr als 1.400 Follower.

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Director Frank Mühlenbeck ist das ein weitererSchritt in Richtung Zukunft. Denn nun gehe esvorwiegend darum, die bestehende Communityaufzubrechen und mit anderen Social Networkszu verbinden, um mehr Reichweite zu bekom-men. Mit einer eigenen Facebook-Applikationmit Gewinnspiel-Funktion sollen u.a. weitereAdressdaten generiert werden. „Die App hat fürden Gastronomen den entscheidenden Vorteil,dass die Adressen separat in einer anderenDatenbank abgespeichert werden und so derteilweise restriktive Umgang von Facebook mitUser-Daten umgangen werden kann. Wennman eine Gruppe aufbaut, und die hat mehr als5.000 Mitglieder, können Sie die Fans überFacebook nicht mehr direkt anschreiben.“

SOCIAL MEDIA ALS NISCHE

Wer sich an einem Abend in die Münchener Bar„Niederlassung“ begibt, könnte auf eine Gruppevon Leuten stoßen, die alle mit Smartphone inder Hand an einem Tisch sitzen und sich malmehr, mal weniger auf das Gespräch fokussiert,um Real-Life-Konversation bemühen. Dennneben Veranstaltungen wie multimedialenLesungen, Ausstellungen, kleinen Konzerten,Tatort- und DJ-Abenden ist die „Niederlassung“ein beliebter Treffpunkt für aktive Twitter-User,die sich auch mal „offline“ untereinander aus-tauschen wollen. Dass es Betreiber AlexSchwarz gelungen ist, seinen Betrieb seit derEröffnung 2008 für eine webaffine Klientel zuetablieren, ist in erster Linie seiner eigenenWeb-Begeisterung zu verdanken. Ein Blick aufdie multimediale Firmen-Website niederlas-sung.org, die Schwarz selbst gebaut hat, verrät,dass sich hier alles um die optimale Vernet-zung dreht. Von Anfang hat an hat er Kanälewie Twitter oder Facebook gezielt dazu genutzt,potenzielle Gästekreise auf seine Bar aufmerk-sam zu machen. Auch Bestellungen und Reser-vierungen wickelt die Location über den Twit-ter-Account ab (twitter.com/Niederlassung), deres inzwischen auf mehr als 1.400 Followerbringt. Mit Events wie dem „Girl Geek Dinner“für technologiebegeisterte Frauen oder „Mün-chens erster Twitterlesung“, die auch per Live-Stream im Internet verbreitet wurde, scheintdie „Niederlassung“ eine neuartige Nische zu

bedienen. Alex Schwarz spricht sogar von einereigenen Szene – welche die „Niederlassung“ zuihrer Homebase erklärt hat.

Schon marketingtechnisch war die Fokussie-rung auf das derzeit gehypte Social-Media-Thema ein Glücksgriff: Denn die Events spra-chen sich auch bei lokalen und überregionalenMedien schnell herum, die ausführlich über diemerkwürdigen Aktionen in der „Niederlassung“berichteten. Zuletzt erregte die Bar mit einerLesung des Münchener Bloggers Deef Pirma-sens bundesweit Aufsehen, der den Literatur-skandal um Jungautorin Helene Hegemann undihren Roman „Axolotl Roadkill“ losgetretenhatte. Er las aus dem Buch „Strobo“ des Blog-gers Airen vor, der die Vorlage für einige Passa-gen aus Hegemanns Buch geliefert hatte. DemNetzwerker Schwarz ist es auch gelungen, dieKünstlerin Michaela von Aichberger („Ich malemeine Follower“) für eine Ausstellung in der„Niederlassung“ zu gewinnen.

DEM „MAYOR“ EIN BIER

Beim Thema Mobile schließt sich der Social-Media-Kreis. Künftig werden immer mehr Men-schen auch außerhalb des Webs mittelsSmartphone permanent online sein. Trendfor-scher sprechen in diesem Zusammenhangvom „Outernet“, bei dem die Grenzen zwischenOff- und Online-Welt aufgehoben sind. Damitgehen wieder ganz neue Möglichkeiten für dasMarketing einher. Gastrobetriebe wie „Nieder-lassung“ und „Sausalitos“ tasten sich bereitsvorsichtig an neue, ortsbezogene Netzwerkewie Foursquare oder Gowalla heran, innerhalbderer sich User gegenseitig Empfehlungen fürbestimmte Locations geben und Punkte für ihreAktivitäten, etwa Restaurantbesuche, sammelnkönnen. Bei Foursquare können User durch denmehrmaligen Besuch einer bestimmten Loca-tion Punkte sammeln und sich den Rang eines„Mayors“ verdienen, wenn sie an einem Ort ineiner bestimmten Zeitspanne die meistenCheck-ins hatten. Diese Kundentreue wird auchbelohnt: Die Münchener „Niederlassung“ gibtdem „Mayor“ ein Freibier aus, „Sausalitos“ ver-gibt Gutscheine. Natürlich steckt dahinter dieIdee, dauerhaft Gäste an die eigene Location zu

binden. (Mehr zu Netzwerken wie Foursquareund Gowalla lesen Sie in der nächsten FIZZZ.)

Florian Bauhuber von Tourismuszukunft, einemExpertenteam rund um das Thema E-Touris-mus mit Sitz in Eichstätt, sieht in Entwicklun-gen wie diesen enormes Potenzial, vor allemfür das mobile ortsbezogene Marketing. „Vorteilist, dass bei der ortsbasierten Werbung dieInformation nicht mehr gestreut, sonderndirekt vor Ort das mobile Endgerät eines poten-ziellen Gastes erreicht“, erläutert Florian Bau-huber. „Das Internet ist in der Realität ange-kommen und beeinflusst unsere realen Kauf-Entscheidungen.“ Das passiert auch, wennInhalte wie Restaurantbewertungen in Echtzeitund ortsunabhängig on-the-go abgerufen wer-den können. Florian Bauhuber: „Das mobileInternet berührt jetzt schon die Leistungsträgerin Tourismus und Gastronomie, nur dass es diewenigsten unter ihnen ahnen. Denn auch vonunterwegs wird auf den gleichen Content imWeb zugegriffen. Wenn ich vor einem Restau-rant stehe, das schlecht bewertet wurde, danngehe ich einfach weiter.“ „Always on“ gilt nunmal auch für Kritiker. NATHALIE KOPSA

Andreas Steinbeißer >>>(Sausalitos Holding, München): „Noch nie gab

es die Möglichkeit, so aktiv an (Netz-)Gesprächen teilzunehmen und eigene

Perspektiven zu kommunizieren wie aktuell.Jede Beziehungs- und Vertrauensbasis

zwischen Unternehmen und Konsumentenführt auch mittel- und langfristig zu einem Return on Investment.“

Gesellschaftsspieler

>>> sausalitos.de

>>> heising-und-adelmann.de

>>> niederlassung.org

>>> brain-injection.com

>>> tourismuszukunft.de

>>> talkabout.de

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