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Wissenschaftliche Forschungsarbeit 543/77 - Synopse CHEMIE INGENIEUR TECHNIK Fluiddynamische Untersuchungen an einer zweidimensionalen Wirbelschicht mit seitlicher Gaszufuhrung Klaus 1. Hiittinger und Paul Schleicher' Im Hinblick auf die Behandlung von Gas/Feststoff-Systemen in der Wirbelschicht, welche zur Agglomeration neigen, wurde als Alternative zur :iprudelschicht eine sog. rotierende Wirbelschicht untersucht. Die rotierende Wirbelschicht entsteht durch seitliche Zufuhrung des Gasstromes uber einem schragen Boden. Vorzugs- weise wird ein Apparat mit rechteckigem Querschnitt verwendet. Fur orientierende fluiddynamische Untersuchungen an einer der- artigen rotierendsn Wirbelschicht wurde ein zweidimensionales Modell mit 200 mm Breite und 40 mm Tiefe verwendet. Als Wirbelgut diente Polyathylen-Granulat und als Anstromgas Luft. Zum Studium des allgemeinen Bettverhaltens, d. h. der Bewegung von Einzelpartikzln und Partikelkollektiven, wurden auf der Innenseite der du rchsichtigen Frontplatte des Wirbelschicht-Appa- rates 200 Faden 'ion ca. 2cm Lange in aquidistanten Abstanden angebracht. Als diarakteriscische Groflen der rotierenden Wirbel- schicht wurden der Druckverlust langs des Bettes und der Wirbel- durchmesser in Abhangigkeit von Schutthohe, Luftdurchsatz, Dii- senoffnung, Teilchengrofle und der Neigung des Apparatebodens verfolgt. Schliefllich wurde zur Erfassung des Verweilzeit-Ver- haltens das Verweilzeitspektrum fur einen ausgewahlten Betriebs- zustand ermittelt. Abb. 1 zeigt die rotierende Wirbelschicht beim Betrieb von einer bzw. von zwei Diisen. Die dunklen Faden an der Frontplatte des Apparates markieren die Teilchenbahnen. Die Wirbel dehnen sich mit steigendem Gasdurchsatz im Extremfall bis uber die gesamte Bettbreite aus. Irr letzteren Falle kann .die rotierende WTrbel- schicht in ein Stoflen ubergehen. Der Druckverlustverlauf mit steigendem Gasdurchsatz ist durch drei ausgezeichnete Punkte gekennzeichnet, namlich 1) den Beginn der Wirbelbildung, 2) den Blasenbildungspunkt und 3) den Beginn des Stoflens. Im P mkt der Wirbelbildung durchlauft die Druck- verlustkurve einen Wendepunkt. Bei weiterer Steigerung des Gas- durchsatzes tritt ei.ie Unstetigkeit in der Drudwerlustkurve auf, d. h. eine plotzliche Abnahme des Druckverlustes, die sich dem Abb. 1. Stromlinier,bilder beim Betrieb einer Duse und 250 mm Schiitthohe (links) uid beim Betrieb von zwei Diisen und 400 mm Schutthohe (rechts); Teilchengrofle 3 bis 4 mm. 'i Prof. Dr.-Ing. K. J. Huttinger und Dip1.-Chem. P. Schleicher, Institut fur Chemische Technik, Universitat Karlsruhe, Kaiser- strafle 12, 7500 Karlsruhe 1. Blasenbildungspunkt zuordnen last. Blasenbildung bedeutet Ab- losen einzelner Blasen vom oberen Rand des Wirbels. Das Stoflen macht sich bei weiterer Steigerung des Gasdurchsatzes durch einen erneuten Druckanstieg nach dem Abfallen des Drudcverlustes im Blasenbildungspunkt bemerkbar. Im Prinzip ahnelt der Druck- verlust-Verlauf mit steigendem Gasdurchsatz demjenigen einer Sprudelschicht. Es wurde gefunden, dafl der Druckverlust am Blasenbildungspunkt direkt proportional der Schurthohe und un- abhangig vom Dusenquerschnitt ist. Der Wirbeldurchmesser als charakteristische Grofle drr rotierenden Wirbelschicht konnte mit dem Gasdurchsatz, der Schutthohe, dem Dusenquerschnitt und der Bodenneigung korreliert werden. Es gelang, die Abhangigkeit des Wirbeldurchmessers vom Gasdurch- satz zunachst durch zwei in verschiedenen Bereichen des Gas- durchsatzes giiltige Beziehungen darzustellen. Hierbei erstreckt sich der erste Bereich vom Wirbelanfang bis zum Blasenbildungs- punkt, wahrend der zweite Bereich fur hohere, sich daran an- schlieflende Gasdurhsatze bis zu relativen, d. h. auf die Bett- breite bezogenen Wirbeldurchmessern von 1 erstredit. Lediglich im ersten Bereich ist der Wirbeldurchmesser von der Schutthohe abhangig. In beiden Bereichen ist der relative Wirbeldurchmesser von der Bodenneigung unabhangig, jedoch eine Funktion des Dusenquerschnitts. Durch diese Korrelationen konnen die in den Druckverlustkurven erkannten ausgezeichneten Punkte wie Wir- belanfang und Blasenbildungspunkt sinngemafl bestatigt werden. Unter Verwendung der Impulsstromdichte ist es moglich, den Wirbeldurchmesser in Abhangigkeit samtlicher Grofien durch eine allgemeingiiltige Beziehung zu beschreiben, welche den ge- samten Bereich des relativen Wirbeldurchmessers von 0 bis 1 er- faf3t. In dieser Beziehung erscheinen weder die Schiitthohe noch der Dusenquerschnitt als Parameter: (d,.?~ [ -1 relativer Wirbeldurchmesser, i/F [kg/m h?] Impulsstrom- dichte, A [h mI'2/kg1/2] = 3,5 . 10-5 (Proportionalitatsfaktor), B [kg/m h2] = 6. lo7 (Konstante)). Die Impulsstromdichte l/F in GI. (1) erfordert die Kenntnis der Austrittsgeschwindigkeit des Gases aus der Duse. Diese ist wegen der Strahlkontraktion nicht direkt zuganglich. Demzufolge wurde die Impulsstromdichte aus dem gemessenen Gesamtdruckverlust von Diise und Bett ermittelt. Fortfuhrende Untersuchungen miissen zeigen, inwieweit diese Be- ziehung bei anderen Apparateabmessungen und bei Verwendung anderen Wirbelgutes bzw. -Wirbelgases anwendbar ist. Die Untersuchung des Verweilzeitverhaltens bei kontinuierlichem Betrieb ergab, dafl das Verweilzeitspektrum der rotierenden Wir- belschicht beim Betrieb sowohl von einer als auch von Lwei Dusen demjenigen einer nichtidealen Ruhrkesselkaskade entspricht. Es kann gefolgert werden, dafl sich das Verweilzeitspektrum mit steigender Dusenzahl verbreitert. Ursache hierfiir ist ein Teilchen- austausch zwischen den einzelnen Wirbeln, wie er aus dem rechten Teil von Abb. 1 entnommen werden kann. Inwieweit das unter- suchte Wirbelschichtrnodell zur Durchfuhrung verfahrenstechnischer und reaktionstechnischer Prozesse anwendbar bzw. von Vorteil ist, kann nur nach Vorliegen von Stoff- und Warmeaustauschmessun- gen entschieden werden. Eingegangen am 27. September 1977 Schlusselworte: rotierende Wirbelschicht, Polyathylen-Granulat, Druckverlust, Wirbeldurchmesser, Schutthohe, Luftdurchsatz, Du- senoffnung, Dusenzahl, Teilchengrofle, Verweilzeitspektrum. Das vollstandige Manuskript dieser Arbeit umfaBt 54 Seiten mit 29 Abbildungen, 5 Tabellen und I4 Literaturzitaten. Es ist als Fotokopie oder MikroFiche MS 543177 erhaltlich. €me Bestell- karte Finden Sie am SchluR dieses Heftes. Chem -Ing -Tech 49 (1977) Nr 72 Q Verlag Chemie, GmbH. 0-6940 Weinhem. 1977 977 Seite 978-980. Anzeige

Fluiddynamische Untersuchungen an einer zweidimensionalen Wirbelschicht mit seitlicher Gaszuführung

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Wissenschaftliche Forschungsarbeit 543/77 - Synopse

CHEMIE INGENIEUR TECHNIK

Fluiddynamische Untersuchungen an einer zweidimensionalen Wirbelschicht mit seitlicher Gaszufuhrung

Klaus 1. Hiittinger und Paul Schleicher'

Im Hinblick auf die Behandlung von Gas/Feststoff-Systemen in der Wirbelschicht, welche zur Agglomeration neigen, wurde als Alternative zur :iprudelschicht eine sog. rotierende Wirbelschicht untersucht. Die rotierende Wirbelschicht entsteht durch seitliche Zufuhrung des Gasstromes uber einem schragen Boden. Vorzugs- weise wird ein Apparat mit rechteckigem Querschnitt verwendet.

Fur orientierende fluiddynamische Untersuchungen an einer der- artigen rotierendsn Wirbelschicht wurde ein zweidimensionales Modell mit 200 mm Breite und 40 mm Tiefe verwendet. Als Wirbelgut diente Polyathylen-Granulat und als Anstromgas Luft. Zum Studium des allgemeinen Bettverhaltens, d. h. der Bewegung von Einzelpartikzln und Partikelkollektiven, wurden auf der Innenseite der du rchsichtigen Frontplatte des Wirbelschicht-Appa- rates 200 Faden 'ion ca. 2 c m Lange in aquidistanten Abstanden angebracht. Als diarakteriscische Groflen der rotierenden Wirbel- schicht wurden der Druckverlust langs des Bettes und der Wirbel- durchmesser in Abhangigkeit von Schutthohe, Luftdurchsatz, Dii- senoffnung, Teilchengrofle und der Neigung des Apparatebodens verfolgt. Schliefllich wurde zur Erfassung des Verweilzeit-Ver- haltens das Verweilzeitspektrum fur einen ausgewahlten Betriebs- zustand ermittelt.

Abb. 1 zeigt die rotierende Wirbelschicht beim Betrieb von einer bzw. von zwei Diisen. Die dunklen Faden an der Frontplatte des Apparates markieren die Teilchenbahnen. Die Wirbel dehnen sich mit steigendem Gasdurchsatz im Extremfall bis uber die gesamte Bettbreite aus. Irr letzteren Falle kann .die rotierende WTrbel- schicht in ein Stoflen ubergehen.

Der Druckverlustverlauf mit steigendem Gasdurchsatz ist durch drei ausgezeichnete Punkte gekennzeichnet, namlich 1) den Beginn der Wirbelbildung, 2) den Blasenbildungspunkt und 3) den Beginn des Stoflens. Im P m k t der Wirbelbildung durchlauft die Druck- verlustkurve einen Wendepunkt. Bei weiterer Steigerung des Gas- durchsatzes tritt ei.ie Unstetigkeit in der Drudwerlustkurve auf, d. h. eine plotzliche Abnahme des Druckverlustes, die sich dem

Abb. 1. Stromlinier,bilder beim Betrieb einer Duse und 250 mm Schiitthohe (links) u i d beim Betrieb von zwei Diisen und 400 mm Schutthohe (rechts); Teilchengrofle 3 bis 4 mm.

'i Prof. Dr.-Ing. K. J. Huttinger und Dip1.-Chem. P . Schleicher, Institut fur Chemische Technik, Universitat Karlsruhe, Kaiser- strafle 12, 7500 Karlsruhe 1.

Blasenbildungspunkt zuordnen last. Blasenbildung bedeutet Ab- losen einzelner Blasen vom oberen Rand des Wirbels. Das Stoflen macht sich bei weiterer Steigerung des Gasdurchsatzes durch einen erneuten Druckanstieg nach dem Abfallen des Drudcverlustes im Blasenbildungspunkt bemerkbar. Im Prinzip ahnelt der Druck- verlust-Verlauf mit steigendem Gasdurchsatz demjenigen einer Sprudelschicht. Es wurde gefunden, dafl der Druckverlust am Blasenbildungspunkt direkt proportional der Schurthohe und un- abhangig vom Dusenquerschnitt ist.

Der Wirbeldurchmesser als charakteristische Grofle drr rotierenden Wirbelschicht konnte mit dem Gasdurchsatz, der Schutthohe, dem Dusenquerschnitt und der Bodenneigung korreliert werden. Es gelang, die Abhangigkeit des Wirbeldurchmessers vom Gasdurch- satz zunachst durch zwei in verschiedenen Bereichen des Gas- durchsatzes giiltige Beziehungen darzustellen. Hierbei erstreckt sich der erste Bereich vom Wirbelanfang bis zum Blasenbildungs- punkt, wahrend der zweite Bereich fur hohere, sich daran an- schlieflende Gasdurhsatze bis zu relativen, d. h. auf die Bett- breite bezogenen Wirbeldurchmessern von 1 erstredit. Lediglich im ersten Bereich ist der Wirbeldurchmesser von der Schutthohe abhangig. In beiden Bereichen ist der relative Wirbeldurchmesser von der Bodenneigung unabhangig, jedoch eine Funktion des Dusenquerschnitts. Durch diese Korrelationen konnen die in den Druckverlustkurven erkannten ausgezeichneten Punkte wie Wir- belanfang und Blasenbildungspunkt sinngemafl bestatigt werden.

Unter Verwendung der Impulsstromdichte ist es moglich, den Wirbeldurchmesser in Abhangigkeit samtlicher Grofien durch eine allgemeingiiltige Beziehung zu beschreiben, welche den ge- samten Bereich des relativen Wirbeldurchmessers von 0 bis 1 er- faf3t. In dieser Beziehung erscheinen weder die Schiitthohe noch der Dusenquerschnitt als Parameter:

(d,.?~ [ -1 relativer Wirbeldurchmesser, i / F [kg/m h?] Impulsstrom- dichte, A [h mI'2/kg1/2] = 3,5 . 10-5 (Proportionalitatsfaktor), B [kg/m h2] = 6 . l o7 (Konstante)). Die Impulsstromdichte l / F in GI. (1) erfordert die Kenntnis der Austrittsgeschwindigkeit des Gases aus der Duse. Diese ist wegen der Strahlkontraktion nicht direkt zuganglich. Demzufolge wurde die Impulsstromdichte aus dem gemessenen Gesamtdruckverlust von Diise und Bett ermittelt. Fortfuhrende Untersuchungen miissen zeigen, inwieweit diese Be- ziehung bei anderen Apparateabmessungen und bei Verwendung anderen Wirbelgutes bzw. -Wirbelgases anwendbar ist.

Die Untersuchung des Verweilzeitverhaltens bei kontinuierlichem Betrieb ergab, dafl das Verweilzeitspektrum der rotierenden Wir- belschicht beim Betrieb sowohl von einer als auch von Lwei Dusen demjenigen einer nichtidealen Ruhrkesselkaskade entspricht. Es kann gefolgert werden, dafl sich das Verweilzeitspektrum mit steigender Dusenzahl verbreitert. Ursache hierfiir ist ein Teilchen- austausch zwischen den einzelnen Wirbeln, wie er aus dem rechten Teil von Abb. 1 entnommen werden kann. Inwieweit das unter- suchte Wirbelschichtrnodell zur Durchfuhrung verfahrenstechnischer und reaktionstechnischer Prozesse anwendbar bzw. von Vorteil ist, kann nur nach Vorliegen von Stoff- und Warmeaustauschmessun- gen entschieden werden.

Eingegangen am 27. September 1977

Schlusselworte: rotierende Wirbelschicht, Polyathylen-Granulat, Druckverlust, Wirbeldurchmesser, Schutthohe, Luftdurchsatz, Du- senoffnung, Dusenzahl, Teilchengrofle, Verweilzeitspektrum.

Das vollstandige Manuskript dieser Arbeit umfaBt 54 Seiten mit 29 Abbildungen, 5 Tabellen und I4 Literaturzitaten. Es ist als Fotokopie oder MikroFiche M S 543177 erhaltlich. €me Bestell- karte Finden Sie am SchluR dieses Heftes.

Chem -Ing -Tech 49 (1977) Nr 72 Q Verlag Chemie, GmbH. 0-6940 Weinhem. 1977 977

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