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TAT-ORT Wie Polizeischüler trainieren FAN-FRACHT Wie Fußballfans geschützt werden ANTI-TERROR Was in den Sicherheitspaketen steckt wird herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). gibt es als Internet-Portal: www.fluter.de und vierteljährlich neu als gedrucktes Magazin. richtet sich an jüngere Leser. Ihnen und ihren politischen Interessen, ihren Fragen, Sichtweisen, ihren Stimmen und Argumenten will das Magazin ein Forum geben. verdankt seinen Titel der Beleuchtungstech- nik. Dort schafft der Fluter eine gleichmäßige Lichtvertei- lung und sorgt dafür, dass es großflächig hell wird. beleuchtet die Hintergründe zu wichtigen Themen dieser Zeit, liefert Argumente, Meinungen und Provokationen - und präsentiert Menschen, die etwas zu sagen haben. Nur eines gibt es bei fluter nicht: Patentre- zepte. wird von Journalisten gemacht, deren Hand- werk es ist, komplizierte Themen anschaulich zu über- setzen.. entsteht in enger Kooperation mit den Ju- gendseiten und –beilagen von Tageszeitungen. ist kostenlos zu abonnieren. Wenn Sie noch nicht Bezieher sind, nutzen Sie die nebenstehende Post- karte, Sie haben damit den Anspruch auf die nächsten vier Ausgaben. Wenn danach das Magazin weiterhin Ihr Inte- resse findet, können Sie das (kostenlose) Abonnement er- neuern. Ja, ich will die nächsten 4 Ausgaben der Zeitschrift „fluter“ kostenlos an meine Adresse (s. Rückseite) frei Haus zugestellt bekommen. Geburtsdatum: Ich bin: Schüler/in Student/in Azubi Datum,Unterschrift: Ich möchte Ihr Heft weiterempfehlen. Schicken Sie bitte ein kostenloses Probeheft an die folgende Adresse: Vorname / Name Straße / Hausnummer PLZ Ort „Diskussionen über unsere Zukunft brauchen wir wie die Luft zum Atmen: Was können und was müssen wir besser machen, was müssen wir anders machen? Diese Fragen haben mit Politik zu tun, mit der Chance, die uns in einer Demokratie gege- ben ist, selbst zu bestimmen, wie es weitergehen soll. Demokratie ist kein Erbgut, sie muss täglich neu ver- dient, definiert und gestaltet werden. Nur wer sich in- formiert, hat die Chance mitzureden.“ Thomas Krüger Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) G1203 Nr. 2 April 2002

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TAT-ORTWie Polizeischüler trainieren

FAN-FRACHTWie Fußballfans geschützt werden

ANTI-TERRORWas in den Sicherheitspaketen steckt

wird herausgegeben von der Bundeszentralefür politische Bildung (bpb).

gibt es als Internet-Portal: www.fluter.deund vierteljährlich neu als gedrucktes Magazin.

richtet sich an jüngere Leser. Ihnen und ihrenpolitischen Interessen, ihren Fragen, Sichtweisen, ihrenStimmen und Argumenten will das Magazin ein Forumgeben.

verdankt seinen Titel der Beleuchtungstech-nik. Dort schafft der Fluter eine gleichmäßige Lichtvertei-lung und sorgt dafür, dass es großflächig hell wird.

beleuchtet die Hintergründe zu wichtigenThemen dieser Zeit, liefert Argumente, Meinungen undProvokationen - und präsentiert Menschen, die etwas zusagen haben. Nur eines gibt es bei fluter nicht: Patentre-zepte.

wird von Journalisten gemacht, deren Hand-werk es ist, komplizierte Themen anschaulich zu über-setzen..

entsteht in enger Kooperation mit den Ju-gendseiten und –beilagen von Tageszeitungen.

ist kostenlos zu abonnieren. Wenn Sie nochnicht Bezieher sind, nutzen Sie die nebenstehende Post-karte, Sie haben damit den Anspruch auf die nächsten vierAusgaben. Wenn danach das Magazin weiterhin Ihr Inte-resse findet, können Sie das (kostenlose) Abonnement er-neuern.

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„Diskussionen über unsere Zukunft brauchenwir wie die Luft zum Atmen: Was können undwas müssen wir besser machen, was müssen

wir anders machen? Diese Fragen haben mit Politik zutun, mit der Chance, die uns in einer Demokratie gege-ben ist, selbst zu bestimmen, wie es weitergehen soll.Demokratie ist kein Erbgut, sie muss täglich neu ver-dient, definiert und gestaltet werden. Nur wer sich in-formiert, hat die Chance mitzureden.“

Thomas KrügerPräsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)

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Nr. 2 April 2002

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INHALT

Nr.02 Nr.02 32

INHALT THEMA

GEGEN GEWALT Wie ein 16-Jähriger Streit schlichtet 42

> Wie wehre ich mich gegen Angriffe 43> Wie in Schwerin Überwachungskameras helfen sollen 44> Wie in Bochum Schüler gegen Busrandale einschreiten 45

SCHAU PLATZ Wie Leipziger mit ihren Überwachungskameras leben 52

Lesermeinung / Impressum 58 / 59

ANTI TERROR Was in den Sicherheitspaketen steckt 20

> Christoph Gusy: „Vollständige Sicherheit darf es nicht geben“ 25

> Hans-Jürgen Lange: „Die Politik steht unter dem Druck der Öffentlichkeit“ 26

EURO SCHIMANSKI „Wir von Europol vernetzen Informationen“ 32

SPUREN SUCHE Wie das Bundeskriminalamt Fingerabdrücke erkennt? 34

HACKER HATZ Wie sicher ist das Internet? 46

> Hansjürgen Garstka: „...nicht ins Blaue hinein ermitteln“ 51

FAN FRACHT Bundesgrenzschützer beim Fußball-Einsatz 12

TAT ORT Schießen, Sport, Paragraphen – Besuch einer Polizeischule 36

> Wie junge Polizisten Großeinsätze erleben 41

ANTI-TERRORWieviel Sicherheit bringen die neuen Gesetze? Was lässt sich gegendie Bedrohung durch Attentäter und Extremisten tun? Wieviel Risi-ko bleibt? Eine Analyse.

Hintergrund Seiten 20 - 26

HACKER-HATZWie sicher ist das Internet? Wer hat Zugriff auf welche Daten? Kannman sich überhaupt schützen? Ein Bericht über Hacker, User undSicherheitsbehörden.

Hintergrund Seiten 46 - 51

FAN-FRACHTWoche für Woche begleiten Bundesgrenzschützer Fußballfans aufdem Weg zum Auswärtsspiel und zurück. Fluter-Reporter waren beieinem Einsatz dabei.

Reportage Seiten 12 - 17

SCHAM FRIST Gewaltfilme: Hollywood hielt nur kurz inne 30

ÄLTESTEN RAT Peter Frisch, Ralf Dahrendorf 54

RASTER FAHNDUNG Wie das Thema Emotionen auslöst 56

PLATZ ANGST „Wovor ich mich fürchte“ 4

> Umfrage: Hast du Angst, fühlst du dich sicher? 19, 27

SCHUTZ SCHILD Wie sich Lars und Lena unter Dauer-Polizeischutz fühlen 8

BODY GUARD Juliane Schäuble: „Ich hatte eine angstfreie Kindheit“ 10

> Personenschutz 11

GAST FEINDE Wo Neonazis Furcht verbreiten 18

KLAR SICHT Was beim Sicherheitscheck passiert 28

Titelbild: Eine junge Polizistin während einer Übung. Dieses Bild entstand inder Leipziger Polizeifachschule

ARGUMENTEHINTERGRUND

REPORTAGE

MENSCHEN

Liebe Leserin, lieber Leser,Nichts wird mehr so sein, wie es war. Ein Satz, in den Ta-

gen nach dem 11. September 2001 bis zum Überdruss oftwiederholt. Im Blick auf das in Schutt und Asche gelegteWorld Trade Center herrschte kein Mangel an großen Worten.

Wichtiger aber waren Taten. Die Politik hatte Vorsorge zutreffen, Schutz vor Terrorakten und Terroristen zu garantie-ren – vor allem im eigenen Land. Attentäter, die den eigenenTod in Kauf nehmen, sind wandelnde Zeitbomben: als so ge-nannte Schläfer leben sie offensichtlich mitten unter uns. Si-cherheitspakete wurden geschnürt, die Gesetzgebungsma-schinerie lief auf vollen Touren, an Geld fehlte es nicht, dreiMilliarden DM wurden bereit gestellt für das Haushaltsjahr2002.

Die neuen Gesetze sind seit Jahresbeginn in Kraft, dasGeld wird ausgegeben, neue Arbeitsplätze werden geschaf-fen. Die Debatten sind verstummt, andere Themen beherr-schen die Schlagzeilen. Wir zeichnen die Diskussionennach, die es um die Gesetze gab, es waren wichtige Debat-ten für eine Demokratie. Der Spannungsbogen: Der An-spruch auf innere Sicherheit darf nicht dazu führen, dassBürgerrechte auf Dauer und nachhaltig beschädigt werden.Bürgerrechte können sich nur sehr bedingt entfalten, wennder Staat nicht die Sicherheit seiner Bürger garantierenkann. Die viel beschworene offene Gesellschaft kann perfek-te Sicherheit nicht bieten, Freiheit hat ihren Preis. Aber wehe dem Staat, wehe den Verantwortlichen, die nicht allesin ihrer Macht Stehende tun, um terroristischen Verbrechenvorzubeugen. Trotzdem: Die Staatsmacht soll nicht über-mächtig werden. „Wo alles geregelt, alles überwacht und alles gespeichert wird, ist die Freiheit am Ende“ warnt derBielefelder Rechtswissenschaftler Christoph Gusy.

Nicht nur Terroristen bedrohen unsere Sicherheit. Ge-waltverbrechen, organisierte Kriminalität, die Brutalität ran-dalierender Fans, Gewalt auf dem Schulhof, wir bräuchtenviele Sicherheitspakete, wir brauchen den Schutz, den unsdie Organe des Staates gewähren. Die Polizei braucht unse-ren Respekt für ihr schwieriges Handeln. Und wir brauchenuns selbst – Zivilcourage, Menschen, die sich dazwischenwerfen, Streitschlichter: Beispiele hält dieses Heft bereit.

Dieter Golombek

PROJEKTE

www. .de im Aprilunter anderem mit folgenden Themen:Videoüberwachung in Berlin: Ein Spaziergang unter den Linden – von Kamera zu Kamera

Jugendclubs: Brutstätten von Gewalt oder soziale Begegnungsstätten?

Selbstversuch: Was alles passieren kann, wenn man eine Lebensversicherung abschließen will

... außerdem Buch- und Filmtipps zum Thema „Sicherheit“von Vergil („Aeneis“) bis Bret Easton Ellis („Glamorama“) und von „Der Dialog“ (USA 1974) bis „Lebenszeichen“ (USA 2000)

Page 3: Fluter Sicher Leben Kopie

Sebastian heißt in Wirklichkeit anders. Aberseinen Namen möchte er nicht in der Zeitunglesen, jedenfalls nicht in dieser Geschichte. Erhat Angst. Das sagt seine Mutter. Sebastian sel-ber wird dabei rot und fragt nur: „Erkennt manmich auf dem Foto?”

Er hatte auf den Bus gewartet, nachmittagsum vier, an einer Haltestelle im DortmunderStadtteil Brünninghausen. Im Süden übrigens,nicht im verrufenen Norden. Der Realschülersaß im Wartehäuschen. Ein Bus hielt, zweiSkinheads stiegen aus. Kahle Köpfe, Bomber-jacken, Springerstiefel, eine Wodkaflasche inder Hosentasche. „Aus welcher Richtungkommst du? HipHop?” wollte einer wissen. Se-bastian antwortete nicht. Endlich kam sein Bus.Er stieg ein, die Skins auch. Sie kamen zuseinem Sitz. „Der gehört mir”, meinte einer derTypen. So ging das die ganze Fahrt. Sebastian

Nr.02 54 Nr.02

MENSCHEN

Ängste, vor denen kein Sicherheitspaket schützen kann: Im

Alltag gibt es Orte und Situationen, die uns das Fürchten

lehren. Annette Lehmann, Nina Grontzki, Katja Korf, Jan

Schwarzkamp und Martin Spletter haben fünf Jugendliche

begleitet, die den gefährlichsten Ort ihrer Stadt zeigen.

schwieg, wich den Blicken der beiden aus undspeicherte vorsichtshalber die Nummer derPolizei in seinem Handy. Heimlich.

Zum Glück hörten andere Fahrgäste dieDrohungen der Skins. Ein paar stiegen sogarmit Sebastian aus, begleiteten ihn bis nachHause. Doch auch die Glatzen marschiertenmit. Kurz vor der Haustür kam dann die Poli-zei, die irgendjemand alarmiert hatte. „HipHop-Schlampe", pöbelte da gerade einer derSkins Sebastians Schwester an. Die Polizei,offenbar auf der Suche nach den Männern,nahm den einen mit, ließ den anderen aberlaufen.

Sebastian fährt immer noch Bus: „Ich ver-suche einfach, nicht daran zu denken. Und ichhoffe, ich begegne den beiden niewieder.”

44.737 Übergriffe auf offener Straße registriertedie Polizei im Jahr 2000, jedes fünfte Opfer warein Kind oder ein Jugendlicher. Meist werden dieOpfer ausgeraubt und zum Teil schwer verletzt.Tödlich enden die Auseinandersetzungen zumGlück nur sehr selten.

Die Bushaltestelle

Page 4: Fluter Sicher Leben Kopie

Nr.02 76 Nr.02

MENSCHEN

Die TreppeEigentlich ist es schön hier am Rheinufer, ganz in der

Nähe von Düsseldorfs Altstadt. Im Sommer füllen schickeSonntags-Spaziergänger und flotte Inlineskater die Prome-nade, Ausflugsschiffe legen an. Und doch gehört die breiteRheintreppe für Karina Rosenfeld zu den gefährlichsten Or-ten in ihrer Stadt. Gerade jetzt im Winter – und auch sonstimmer dann, wenn es dunkel wird.

„Einmal war hier so ein ausgeflippter Mann. Der wolltetürkischen Frauen ihr Kopftuch mit der Schere zerschnei-den”, erzählt die Schülerin. Da hat sie ihn angesprochen,ziemlich frech sogar. „Du siehst aus wie ein Penner, nicht wieein Friseur”, hat Karina zu ihm gesagt. Und er ist mit seinerSchere fluchend und drohend ein ganzes Stück hinter ihr hergerannt. Seitdem ist die Düsseldorferin vorsichtiger.

Typen, die ihr unheimlich sind, treffen sich abends oft ander Treppe. „Meine Freundin und ich sind schon angespro-chen worden, ob wir Drogen kaufen wollen”, sagt Karina. Einanderes Mal habe eine Gruppe Betrunkener eine Fahne amUfer verbrannt. Prügeleien seien keine Seltenheit. Ganz fernhält sich Karina von der Treppe nicht – dazu ist der großePlatz am Rhein ein viel zu beliebter Treffpunkt, auch für Ju-gendliche. Im Sommer ist ihre Clique jedes Wochenende hier.„Aber abends würde ich nie alleine hierherkommen”, versi-chert Karina.

Der HauptbahnhofGelsenkirchen hat gut 280 000 Einwohner und mit fast sechzehn Prozent die höchste Ar-

beitslosenquote in Nordrhein-Westfalen. Man sieht es am Hauptbahnhof, in dem fast alle Geschäfteverschwunden sind. „Das ist der ekligste Ort in der Stadt”, sagt Kathrin Jeub (17). „Am Wochen-ende steh ich nachts oft da und warte auf ein Taxi. Oder auf jemanden, der mich abholt.” Kathrinmacht eine Ausbildung als Erzieherin, und samstags geht sie gern ins berühmte Essener ,Mudia-Art'. „Ich versuche dann immer, nicht alleine da zu stehen. Und wenn ich irgendwo lang geh: Nieam Rand! Immer in der Mitte!” Ihr sind schon Typen nachgelaufen bis nach Hause, da musste diePolizei kommen. „Einmal hab ich eine Prügelei direkt miterlebt, mein Cousin hat eine Bierflascheauf den Kopf gekriegt.” Dafür bekommt sie blöde Anmach-Sprüche ab – regelmäßig. „Ein bisschenmehr Polizei wär nicht schlecht”, findet Kathrin.

Der MaiplatzDas heißeste Pflaster seiner Heimatstadt? „Der Mai-

platz”, meint Matthias Greth (17). Mitten in Plettenberg,nahe dem einzigen Jugendzentrum in der alten Feuer-wache. Die Fußgänger sehen eher gelangweilt als ge-fährlich aus, aber hier hängen auch Cliquen herum, denganzen Tag, die halbe Nacht. „Viele Ausländer und so”,sagt Matthias. „Gesindel”, sagen manche der 29 000Bürger. „Aber für einige ältere Leute sind alle Jugendli-chen kriminell.” Matthias bemerkt oft misstrauischeBlicke, wenn er Lederklamotten anhat oder seinen lan-gen schwarzen Mantel.

Er und seine Freunde treffen sich meist zu Hause,selten in der Stadt. Aber Matthias hat, wie er versichert,auch im Dunkeln keine Angst, über den Maiplatz zu ge-hen: „Ich halte mich raus, lass mich nicht anmachen.Und wenn andere Jugendliche Streit suchen, gebe ichihnen keinen Grund.”

Abends patrouilliert Polizei – „mit Hunden und fünfLeuten. Da wird man schon mal angesprochen und nachdem Ausweis gefragt.” Das hat Matthias selbst erlebt,aber von Prügeleien auf dem Platz weiß er nur vomHörensagen.

Die UnterführungIm Städtchen Voerde am Niederrhein le-

ben fast 39 000 Menschen. Zu denen gehörtInes Tenter. Die 17-jährige Schülerin hält ihrenHeimatort für harmlos – gäbe es da nicht die-se fiese Strecke zwischen Ines' Stammdiscound ihrem Bett: „Am Wochenende gehe ichgerne ins ,Stone' und erst früh morgens wie-der nach Hause. Doch auf meinem Weg liegtdie Unterführung am Bahnhof, und wenn ichbloß daran denke, dass ich dort durchlaufenmuss, wird mir ganz mulmig. Schließlich binich meistens alleine unterwegs. Was die Si-tuation nicht gerade erleichtert, ist die Tatsa-che, dass dort fast immer zwielichtige Leuterumhängen. Es passiert nicht selten, dass mirirgendwer nachruft, und es ist sogar schonvorgekommen, dass mir so'n Typ nachgelau-fen ist. Das war echt unangenehm, aber pas-siert ist dann doch nichts. Denn eigentlich istVoerde ja ein friedliches Örtchen.”

Page 5: Fluter Sicher Leben Kopie

Nr.02 98 Nr.02

MENSCHEN

Der Samstag, an dem alles begann,schien ein normaler Sommertag zuwerden. Neben der Tageszeitung und

einer Werbesendung steckte ein unscheinba-rer Umschlag im Briefkasten. Ohne Absender.

Der Schreiber des Briefes war jemand, deres angeblich „gut meinte“ mit Lena und ihremFreund, jemand, der sie warnen wollte: WennLars, der Polizist, in dem bevorstehenden Rot-lichtmilieu-Prozess bei seiner Aussage bleibe,müsse er mit Rache rechnen. Es sei doch

SCHUTZ SCHILD„Nachfühlen kann das ohnehin niemand“, sagt Lena. Sie

und Lars1 leben unter Polizeischutz. Was das für die beiden

bedeutet, beschreibt Ute Schröder

schade, wenn Lena zum Beispiel plötzlich mitihrem nagelneuen Wagen von der Fahrbahnabkommen würde. ZumSchluss gratulierte derUnbekannte Lena nochzu ihrer neuen Frisur.

„Diese Leute habenuns so genau ausgekund-schaftet, dass sie nichtnur meine neue Haarfar-be kannten, sondern auch den Weg zu mei-ner besten Freundin. Ich fühlte mich plötzlich

wie nackt vor den Augen einer völlig fremdenPerson“, beschreibt Lena das Gefühl, dasbeim Lesen in ihr aufstieg.

Die Polizei untersuchte den Brief, stellteVerbindungen zu den bisherigen Ermittlungs-ergebnissen her, und dann ging alles sehrschnell: Noch am selben Abend wurden Lars

und Lena zu einem Si-cherheitsgespräch insPolizeipräsidium gela-den. Sofortiger und zeit-lich zunächst unbegrenz-ter Polizeischutz lautetedie „Empfehlung“ des lei-tenden Kommissars.

Lena und Lars sind umgezogen. Lena hatsich von ihrer Firma beurlauben lassen. Spon-

in fo

www.weisser-ring.de• ist die einzige bundesweite Hilfsorganisa-

tion für Kriminalitätsopfer und ihre Familien;

• wurde 1976 in Mainz ins Leben gerufen;• ist eine überparteiliche und unabhängige

Bürgerinitiative, die ihre Arbeit aus den Beiträgen ihrer 70.000 Mitglieder, aus Spenden, Stiftungen, Nachlässen sowie Zuweisungen von Geldbußen finanziert;

• hat inzwischen rund 92 Millionen Euro fürOpferhilfe und mehr als 18 Millionen zur Vorbeugung bereitgestellt;

• unterhält ein flächendeckendes Hilfsnetzvon etwa 400 Anlaufstellen mit 2.500 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern;

• mit der Einrichtung eines zentralen Infotelefons hat der Verein sein Hilfsan-gebot weiter verstärkt. Der Telefon-anschluss 01803-34 34 34 kann aus jedem Ort Deutschlands und zu jeder Tages-und Nachtzeit angewählt werden.

www.anwaltsverein.deWie sich der (Spezial-)Anwalt finden lässt,

was eine Erstberatung kostet und wer An-spruch auf staatliche Beratungs- oder Pro-zesskostenhilfe hat, fasst die Broschüre „Oh-ne Moos nix los?“ zusammen. Herausgeber istder Deutsche Anwaltsverein (DAV). Weitere In-formationen auf der Homepage und unter Tel.030 / 72 61 52-0.

www.bmj.bund.deDie „Opferfibel“ des Bundesministeriums derJustiz erklärt, wie eine Strafanzeige gestelltwird oder welche Rechte und Pflichten Zeu-gen haben. Außerdem gibt es hilfreiche Mus-terschreiben und zahlreiche Adressen vonKontaktstellen für Hilfesuchende. Die Opferfibel kann als PDF-Datei direkt von

der Homepage des Bundesjustizministeriumsheruntergeladen werden.

Wie sich Lars und Lena unter Dauer-Polizeischutz fühlen

„Wenn ich mich un-

unterbrochen auflehne,

gehe ich kaputt“

tane Verabredungen zum Shoppen mit derbesten Freundin gibt es nicht mehr. Auch derschnelle Gang über die Straße zum nächstenZigarettenautomaten ist tabu, es sei denn, Le-na fordert circa zwei Stunden vorher die Si-cherheitskräfte an.

Nichts, was sie und ihr Freund außerhalbihres Hauses unternehmen, machen sie ohne„die Jungs“, wie Lena die Personenschützermit einer Mischung ausGewohnheit und Bewun-derung nennt. Zusätzlichobservieren Polizistenaus einer benachbartenMietwohnung mit Kame-ras das Grundstück unddie Straße in der kleinenReihenhaussiedlung.Schusssicheres Glas schützt die Fenster.

Erst nach und nach wurde Lena die neueSituation bewusst: „Am Anfang fühlte ich michnicht von einem möglichen Attentäter, son-dern von meinen Begleitern beobachtet. Nachdem erstem Einkauf im Drogeriemarkt habeich gedacht: Toll, die wissen jetzt, welchen Lip-penstift und welche Binden ich kaufe. Inzwi-schen weiß ich: Sie halten viel Abstand undschauen gerade bei diesen Sachen nicht hin.Das sind Profis, die wissen, wie wichtig einRest von Intimsphäre für mich ist.“

Ein Auto hat Lena seit Monaten nicht mehrselbst gesteuert. Zum Supermarkt wird sie vonden „Jungs“ im dunkelblauen Mercedes kut-schiert, im Schlepptau immer eine weitere Li-mousine. Wenn sie dann in ihren zerschlisse-nen Jeans, umrahmt von drei muskulösenMännern, auf den Eingang zusteuert, sind alleBlicke auf sie gerichtet: „Überall, wo ich auf-tauche, werde ich begafft, überall wird getu-schelt. Das Gefühl, sich vor diesen Blickennicht schützen zu können, ist am Anfang un-erträglich, später nervig“, berichtet Lena.

Bei jeder Entscheidung, ob und wohin sieausgehen will, startet in ihrem Kopf ein Fra-geraster: Wie sicher bin ich da? Was könntepassieren? Welche Vorkehrungen müssen die

Bodyguards treffen? Wie organisiere ich den„Ausflug“ am besten?

Discobesuche fallen flach: „Die Jungswürden zwar mitgehen, uns aber vorher sa-gen, dass das eine ziemlich dumme Idee ist.Also spare ich mir solche Aktionen“. Die jun-ge Frau vertraut ihren Begleitern vollkommen.Gleichzeitig weiß sie, dass es keine hundert-prozentige Sicherheit gibt.

Über manche Situa-tionen kann sie sogar la-chen. Einmal wurde ihrFreund von einem Teena-ger für einen Bodyguardgehalten und gefragt, wener denn da begleite. Dashabe Lars sichtlich gefal-

len, schmunzelt Lena. Und als eine ältere Fraulautstark über die ungehobelten Kerleschimpfte, die der jungen Frau nicht die Ein-kaufstüten tragen würden, hätte Lena ihre„Jungs“ am liebsten selbst in Schutz genom-men. Denn: Einkaufstüten tragen und die Waf-fe ziehen, das funktioniert nicht. Wenige Se-kunden können entscheidend sein.

Freiheit hat für Lena jetzt eine völlig neueBedeutung. Früher hieß das zum Beispiel, vielGeld zu haben, sooft wie möglich in Urlaub zufahren und das zu machen, worauf sie spon-tan Lust hatte. Heute sind die so genanntenkleinen Dinge des Alltags wichtig: ein Stadt-bummel bei Sonnenschein oder der spontaneSpaziergang im frisch gefallenen Schnee.„Dass ich überhaupt noch Freiheiten habe,verdanke ich den Polizisten.“

Gerade, weil der Drohbrief so ungenau for-muliert ist, kann im Grunde jeder ein Attentä-ter sein. „Mir fehlt ein konkreter Feind, auf denich achten kann und auf den ich manchmalmeine Aggressionen richten kann. Mein allge-meines Misstrauen wird wohl auch dann nochandauern, wenn die Gefahr vorbei sein sollte“,befürchtet Lena. Die Hoffnung, dass nachdem Ende des Prozesses irgendwann alleswieder wie früher sein wird, ist trotzdem derwichtigste Gedanke in ihrem Leben.

„Man merkt, was man

alles als selbstver-

ständlich betrachtet“

Rund um die Uhr wird De Francesco geschützt – und kann sich dennoch nie sicher fühlen: Im italienischen Polizeifilm „Die Eskorte“ leitet er als Staatsanwalt die Er-mittlungen in einem sizilianischen Mafia-Prozess: sein Vorgänger ist den Mafiosi – trotz strengster Bewachung - bereits zum Opfer gefallen

1 Namen von der Redaktion geändert

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Nr.02 1110 Nr.02

MENSCHEN

Für mich ist Sicherheit ein Zustand, indem ich mich nicht fürchten muss, aufdie Straße zu gehen oder allein zu Hau-

se zu sein. Wovor ich keine Angst haben muss-te und auch nie gehabt habe, sind politischeAttentate und Entführungen. Nicht einmal alsKind war das eine reale und greifbare Gefahrfür mich. Bis Anfang der Neunziger Jahre warzum Beispiel die „Rote Armee Fraktion“ gera-de auch für Politiker eine wirkliche Bedro-hung. Es gab sogar so genannte „SchwarzeListen“, auf denen auchder Name meines Vatersauftauchte. Die Mordeam Vorstandssprecherder Deutschen Bank, Al-fred Herrhausen 1989,und an TreuhandchefDetlev Karsten Rohwed-der 1991, machten mirdas damals erst richtig deutlich.

Aber es gab anscheinend eine Art „Eh-renkodex“, der besagte, dass die Familien derPolitiker niemals getroffen werden sollten. Daswussten wir, wahrscheinlich weil unsere Elternuns das immer wieder versicherten und weilauch tatsächlich so etwas meines Wissens nievorgekommen ist.

Wie es gewesen wäre, wenn mich undmeine Geschwister Polizisten zur Schule hät-ten begleiten müssen, mag ich mir gar nichtvorstellen. Ich hoffe und glaube im Übrigenauch, dass mein Vater dann vielleicht einenanderen Beruf ergriffen hätte. Wir wären si-cherlich anders und weniger unbefangen be-ziehungsweise „normal“ aufgewachsen undviel mehr aufgefallen – zumindest für michkein wirklich schöner Gedanke. So aber fuh-ren wir wie alle anderen auch mit Bus oderFahrrad zur Schule, manchmal sogar per An-halter – was wir unseren Eltern natürlich ver-schwiegen. Auf der anderen Seite hatte ich viel

BODY GUARDJuliane Schäuble: „Ich hatte eine angstfreie Kindheit“Wie lebt es sich, wenn die Familie rund um die Uhr bewacht

wird? Juliane Schäuble (26), Tochter des Politikers Wolfgang

Schäuble, erzählt, wie sicher sie sich dabei gefühlt hat

eher Angst vor möglichen Einbrechern. Angstist etwas Irrationales. Mein Elternhaus ist –seit ich mich erinnern kann – ein extrem gutbewachtes und gesichertes Haus. Alarmanla-ge, gepanzerte Türen und kugelsicheres Glaswurden nach und nach eingebaut. Eine Zeit-lang stand sogar Tag und Nacht ein „ziviles“Polizeifahrzeug vor unserem Haus. Kein halb-wegs vernünftiger Einbrecher sollte eigentlichauf die Idee kommen, sich gerade ein solchesGebäude auszusuchen. Dennoch war ich mir

dessen nie ganz „sicher“,vor allem nicht, wenn ichalleine im Haus war.

Vielleicht liegt es ge-rade an den ganzen Si-cherheitsvorkehrungen,dass ich mir eher gefähr-det vorkam. Denn warum

wird etwas beschützt, das nicht bedroht ist?Das würde dann aber bedeuten, dass ver-stärkte und im besonderen Maße sichtbareSchutzvorkehrungen nicht unbedingt zueinem größeren Sicherheitsgefühl des Ein-zelnen beitragen. Im Gegenteil: Mehr Poli-zeipräsenz, zu viele Terror-Warnungen und -Vorkehrungen machen den Menschen viel-leicht erst bewusst, dass sie nie ganz sichersind. Viel lieber würde man diese Erkenntnisaber wahrscheinlich verdrängen. Das erklärtmeines Erachtens die Abneigung vieler ge-genüber intensiver Bewachung, sei es inForm von Polizeipatrouillen oder eben Alar-manlagen und Kameras.

In unserem Fall konnte dies manchmal –vermutlich zur Verzweiflung der Menschen,die mit unserer persönlichen Sicherheit be-traut waren – regelrecht komische Züge an-nehmen. Ich erinnere mich an so mancheFamilienabende, an denen wir versuchten,uns, von unseren „Bewachern“ unbemerkt, inein Restaurant davonzustehlen – was leider

eher selten gelang. Irgendwie haben sie un-sere Spur doch meistens wieder gefunden.Das lag wahrscheinlich an den etwas be-grenzten Auswahlmöglichkeiten bei uns aufdem Land. Genauso konnte es vorkommen,dass unsere Freunde auf einmal mitten imHaus standen, ohne dass irgendjemand etwasbemerkt hatte beziehungsweise sie ihre An-kunft durch Klingeln ankündigen mussten:Hoftor und Haustür standen ja jedem mögli-chen Besucher einladend offen.

Für mich sind das schöne Erinnerungen,denn sie belegen eines: Wir hatten, trotz derProminenz und der daraus resultierenden Ge-fährdung meines Vaters, eine normale undweitestgehend sorglose und angstfreie Kind-heit. Ich hoffe, dass sich an dieser Situation inDeutschland auch in Zukunft nichts ändert.Alles andere wäre in meinen Augen gerade fürKinder unzumutbar.

Juliane Schäuble, Jahrgang 1976, lebte biszum Abitur mit ihren Eltern in Gengenbach inBaden-Württemberg. Sie hat drei Geschwis-ter: Christine (30), Hans-Jörg (27) und Anna(20). Zurzeit studiert sie Politikwissenschaftan der Universität Potsdam und arbeitet alsfreie Journalistin in Berlin.

„Wir fuhren mit

Bus oder Fahrrad

zur Schule“

in fo

Personenschutz

Wolfgang Schäuble, ehemaliger Vorsitzender der CDU, wird auch heute noch auf Schritt und Tritt bewacht. Im Jahr 1990 fiel er einem Attentat zum Opfer, als ein psy-chisch kranker Mann nach einer Wahlveranstaltung die Pistole auf ihn richtete. Seitdem ist er querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl

Nur ranghohe Politiker und Staatsgäste ha-ben Anspruch auf kostenlose Bodyguards.Für den Rest der Bevölkerung gilt: Wer sichbedroht fühlt, muss sich selbst um einen star-ken Begleiter kümmern und dafür viel Geldhinlegen. Der übliche Tarif liegt zwischen 25und 75 Euro pro Stunde. Pro Bodyguard.

Mehrere hundert Security-Firmen bieten inDeutschland Personenschutz an – nicht allesind vertrauenswürdig. Die Bezeichnung„Personenschützer“ ist nicht geschützt.Theoretisch darf sich jeder so nennen und einGewerbe anmelden. Trotzdem lassen sich se-riöse Firmen von schwarzen Schafen unter-scheiden. Als wichtiges Kriterium gilt, ob ein

Anbieter über einen Waffenschein verfügt.Den bekommt man in Deutschland nur nachgründlicher und regelmäßiger Kontrolle durchden Staat. Ein schlechtes Zeichen ist es, wennsich ein Anbieter weigert, mit der Polizei zu-sammen zu arbeiten. Das spricht für unsau-bere Geschäfte und ist äußerst problema-tisch, wenn es ernst wird. Denn die Befug-nisse der Personenschützer sind begrenzt:Bei einem Angriff auf die „Schutzperson“ dür-fen sie nur defensiv agieren, Nothilfe leistenund den Angreifer festhalten. Alles Weiteremüssen sie der Polizei überlassen.

Einen dauerhaften Rund-um-die-Uhr-Schutzkönnen sich aber nur die wenigsten leisten.

Den bekommen auch unter den Politikern nur„Mitglieder der Verfassungsorgane“ wie Bun-despräsident, Bundeskanzler, Ministerpräsi-denten und hohe Staatsgäste. Ein einfacherAbgeordneter erhält Personenschutz nurdann, wenn er als besonders gefährdet ein-gestuft wird.

Für den Schutz gefährdeter Politiker ist dasBundeskriminalamt (BKA) zuständig. Etwa400 staatliche Personenschützer stehen dortzur Verfügung. Im Gegensatz zu den privatenBodyguards müssen sie alle eine langjährigePolizeiausbildung absolviert haben. Im Ernst-fall dürfen sie auch alle polizeilichen Hoheits-rechte wahrnehmen. Lukas Wallraff

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Nr.02 1312 Nr.02

REPORTAGE

Bundesgrenzschutz heißtnicht nur Flughafen und Gren-ze. Sondern auch Fußball.Woche für Woche begleitenBundesgrenzschützer Fußball-fans auf dem Weg zum Aus-wärtsspiel und zurück. JanKeith und Melanie Werlemann(Fotos) waren dabei.

FAN FRACHT

FC-Fans im Anmarsch: Mehr als 600 Fanclubs hat der 1. FC. Köln mittlerweile. Das Fan-Projektzählt über 2.000 Mitglieder, unter ihnen der bekannte Schlagersänger Guildo Horn

FAN FRACHT

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Nr.02 1514 Nr.02

REPORTAGE

21.30 Uhr4:0 für Mönchengladbach. Das ist nicht nur für den 1.FC Köln ein

schlechtes Ergebnis – sondern auch für die Beamten des Bundes-grenzschutzes. Es ist Dienstagabend: Zehn Bundesgrenzschutz (BGS)-Beamte haben sich in der Wache am Mönchengladbacher Hauptbahn-hof versammelt. Ein alter, karger Besprechungsraum, eingerichtet im Stilder 70er-Jahre. „Das Ergebnis könnte die Emotionen der FC-Fans hochkochen lassen“, sagt BGS-Mann Norbert Junge, der den Einsatz in Mön-chengladbach leitet. Alle Beamten sind angespannter als noch vor einpaar Minuten, ihre Gesichter konzentriert.

Bald werden FC- und Gladbach-Fans vom Stadion zum Bahnhofzurückkehren. „Unsere Aufgabe ist es, diese beiden Fangruppen zutrennen und die FC-Fans imSonderzug bis nach Köln zubegleiten“, erklärt BerndPleitgen, der im Zug dasKommando haben wird. DieBeamten stecken die Köpfezusammen, vor ihnen derLageplan des Bahnhofs. Anzwei Stellen soll abgesperrtwerden: Kurz vor Gleis 7, wo der FC-Sonderzug abfahren wird, und anGleis 2, wo noch eine S-Bahn geht. Dazwischen ist Niemandsland: da-mit bloß keine verfeindeten Fans aufeinander treffen.

21.40 UhrEin Beamter unterbricht die Einsatzbesprechung. Das Funkgerät

meldet irgendetwas, Handys klingeln. „Wir erfahren gerade, dass es imStadion zu ersten Ausschreitungen gekommen ist“, sagt einer der BGS-Leute. In diesem Moment randalieren einige Fans auf dem Bökelberg,reißen Zäune ab und werfen Mülleimer auf Beamte der Landespolizei,die für die Sicherheit im Stadion und im Stadtgebiet zuständig sind. „Essoll schon Verletzte gegeben haben“, zitiert der BGS-Mann den Funk-spruch. Vor dem Spiel hatte man sich bereits auf das Schlimmste vor-bereitet: Beide Mannschaften stehen im Abstiegskampf, und die FC- undGladbach-Fans sind traditionell stark verfeindet. „Wenn hier alkoholi-sierte, gewaltbereite Fans aufeinander treffen, kann alles passieren“, soPleitgen. Mehrere Fans hatten schon vor der Abfahrt in Köln angekün-digt, „dass heute die Post abgehen wird.“ Der BGS will dies verhindern:Knapp 50 Beamte werden den Sonderzug nach Köln begleiten, zusätz-lich sind 20 bis 30 Kräfte im Gladbacher Bahnhof präsent. Unterstütztwerden die Kölner und Gladbacher BGS-Beamten von der Beweissiche-rungs- und Festnahmeeinheit, einer Spezialtruppe für solche Einsätze.

21.50 UhrDie Beamten patrouillieren bereits im Bahnhof. Unter ihrer Uniform

tragen sie eine Schutzweste, eine Taschenlampe und einen Knüppel. Je-der hat eine Dienstwaffe und einen Helm, den sie aber nur aufsetzen,wenn´s brenzlig wird, und im Ohr steckt ein Kopfhörer für das Funkgerät.„Nein, Angst habe ich nicht“, erzählt der BGS-Beamte Christoph

„Ich mache mich

auf das Schlimmste

gefasst“Vor dem Einsatz: Die Bundesgrenzschützer bei ihrer Lagebesprechung. Im Stadion übernehmen Ordnungskräfte und Polizei das Kommando – und können dabei hinund wieder auch einen Blick auf das Spiel werfen. An diesem Abend ist die Stimmung im Stadion angeheizt. Beide Mannschaften kämpfen gegen den Abstieg

Eine gute Position und einen klaren Kopf braucht der Bundesgrenzschützer,um alles im Blick zu behalten. Die Fans verfolgen eine gänzlich andere Strate-gie: Da im Stadion striktes Alkoholverbot herrscht, versorgen sie sich schon imZug palettenweise mit bewusstseinstrübenden Substanzen

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Nr.02 1716 Nr.02

REPORTAGE

Nitschke, 25, während er genau die Szenerie beobachtet. „Aber ich binsehr konzentriert und mache mich auf das Schlimmste gefasst.“ Nitsch-ke hat schon einige harte Einsätze erlebt. „Den schlimmsten hatte ich aufSchalke“, erzählt er. Nach einem Spiel gegen einen holländischen Vereinkam es zu schweren Ausschreitungen. „Ein holländischer Fan ist dabeiums Leben gekommen.“ Nitschke hatte die Aufga-be, zusammen mit seinen Kollegen eine Rettungs-gasse zu organisieren. „Aber da war mit normalenMitteln nichts zu machen. Die Schalke-Fans hattenmitgekriegt, dass es ein holländischer Fan war, derim Sterben lag, und machten einfach keinen Platz fürdie Rettungskräfte. Ich verstehe nicht, was in diesemMoment in den Köpfen der Chaoten vorgeht“.

22.00 UhrDie zwei Absperrungen sind eingerichtet, die ersten Fans werden

schon kontrolliert. Flaschen und Waffen sind nicht erlaubt. Die meistenmachen keinen Ärger, murren nur ein bisschen. Über Funk kommt ei-ne neue Meldung: „Einige C-Fans sind im Anmarsch auf den Bahnhof.“C-Fans: Das sind die Hooligans, die auf Randale aus sind. „Unsere Pro-blemgruppe“, so BGS-Beamter Krieger, der sich in der Fußballszene inNordrhein-Westfalen gut auskennt . „A-Fans sind ganz harmlos, B-Fanssind die, die gewaltbereit sind und sich mitreißen lassen können“, er-klärt er weiter. Das Augenmerk der BGS-Beamten ist aber auf die ge-

walttätigen C-Fans gerichtet: „Sie tragen manchmal teure Markenkla-motten und sind nicht unbedingt auf den ersten Blick zu erkennen.“ C-Fans kommen aus allen Bevölkerungsschichten. „Darunter gibt´sRechtsanwälte, Banker oder sogar Polizeibeamte, die sich einmal in derWoche so richtig prügeln wollen.“

Frank, 33, Banker aus Köln, ist einer dieser Hoo-ligans. Bereits auf der Hinfahrt hatte er angekündigt:„Uns geht es nicht um das Spiel, wir fahren nur hin,um uns zu kloppen“. Lässig stand er in einem derGroßraumabteile, mit seiner teuren Chevignon-Jacke, immer darauf achtend, dass er nicht in Hör-weite eines BGS-Beamten ist. „Ich und meine Kum-pels treffen uns mit einer Gladbach-Hooligan-Grup-

pe an einem geheimen Ort – und dann geht´s los.“ Wo dieser geheimeOrt ist, das ist für die BGS-Beamten schwer herauszubekommen.

22.15 UhrDer Sonderzug steht bereits an Gleis 7. Die Lage spitzt sich zu. Etwa

600 FC-Fans sind im Bahnhof, darunter rund 100 der Kategorie C. Plötz-lich wird es hektisch. Man hört Glas zerbrechen, jemand hat eine Fens-terscheibe des Sonderzuges eingeschlagen. Mehrere Beamte setzen ih-re Helme auf und rennen los. Gleichzeitig kommt es zu einer Rangeleian der Absperrung: Zwei Beamte stürzen sich auf einen Mann, reißen

„Einige C-Fans

sind im Anmarsch

auf den Bahnhof“

ihn zu Boden und halten seine Hände auf den Rücken. Eine Beamtinverriegelt die Absperrung, niemand kommt mehr durch. Oben auf demGleis ist die Lage angespannt. Die BGS-Beamten beeilen sich, die FC-Fans in den Zug zu bekommen. Die enttäuschten und frustrierten FC-Anhänger hauen mit Gegenständen gegen den Zug, einige steigen aufder anderen Seite des Zuges wieder aus. Chaos. Die Beamten rennenden „flüchtenden“ FC-Fans hinterher, irgendwo auf den Schienen.

22.45 UhrEndlich. Der Zug setzt sich in Bewegung. Aber nur einige Meter. Ir-

gendwer zieht die Notbremse. Fünf Beamte machen sich im Zug auf dieSuche nach dem Bremsenzieher – ohne Erfolg. Nach ein paar Minutender nächste Versuch. Diesmal klappt´s. Der Zug verlässt den Bahnhof,nach einigen Minuten hat der Sonderzug das „feindliche Territorium“ ver-lassen: Und plötzlich ist die Anspannung der Fans verschwunden. DieFC-Anhänger werden ruhig. „Sie sind müde und alkoholisiert, und zumFeiern gibt´s ja auch nichts“, erklärt BGS-Beamter Nitschke. „Es ist oftso: Sobald man die ´feindliche` Stadt verlassen hat, wird´s ganz still.“

23.35 UhrNach 50 Minuten kommt der Zug in Köln an. Ruhig steigen die Fans

aus, Schlachtgesänge sind kaum zu hören. Innerhalb weniger Minutenhaben alle den Bahnhof verlassen. Nitschke: „Es war ein vergleichswei-

se ruhiger Einsatz.“ Er wird noch 30 bis 60 Minuten auf dem Bahnhofpatrouillieren. Dann darf er endlich nach Hause ins Bett. „Es war ein lan-ger Tag.“

in fo

Das erste Fan-Projekt in Deutschland entstand 1981 in Bremen, mitt-lerweile gibt es sie in 30 Städten von A wie Aue bis Z wie Zwickau. Siewollen in erster Linie ein Gemeinschaftsgefühl erzeugen, um Fußball-Fans davon abzuhalten zu randalieren. Neben dem Besuch der Fuß-ballspiele steht der Austausch im Vordergrund: Fans können sich mitSpielern, Trainern und anderen Vereinsmitgliedern treffen, außerdemwerden Gesprächsrunden mit Polizisten veranstaltet. Viele Projektewären ohne private Geldmittel gar nicht denkbar: In Düsseldorf zum Bei-spiel war es die Punkband „Die Toten Hosen“, die 40.000 Euro für einFanprojekt bereitstellte. Wer mehr über die Fanprojekte wissen möchte,kann sich bei der Koordinationsstelle Fan-Projekte bei der DeutschenSportjugend informieren. Unter www.bsj.org/dsj-fan-projekt.html kannman ein Word-Dokument mit allen wichtigen Fakten zu allen Fan-Pro-jekten herunterladen.Koordinationsstelle Fan-Projekte bei der Deutschen Sportjugend, Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt, Telefon 069-6700276, Fax: 069-67730000, E-Mail: [email protected]

Gedränge im Bahnhof von Mönchengladbach: Mit lautstarken Schlachtgesängen machen die Fans auf sich aufmerksam Waffen und Flaschen sind nicht erlaubt. Die meisten Fans lassen die Kontrollen über sich ergehen und vermeiden es, sich mit BGS-Beamten anzulegen

Fanprojekte

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Nr.02 1918 Nr.02

Blonde Haare, blaue Augen: Frank Ce-dolin sieht aus wie ein Deutscher. Trotz-dem hat sich der französische Schüler,

der im Rahmen des deutsch-französischen Ju-gendwerks das Alexander-Puschkin-Gymnasi-um in Hennigsdorf bei Berlin besuchte, am An-fang seines Aufenthalts einiges anhören müs-sen. „Die haben ihn Froschfresser genanntoder Baguette“, erzählt sein deutscher FreundAlexander Tietze: „Im Grunde genommen wa-ren es nur drei Schüler. Die sehen aus wieRechte und denken auch so.“

Immer wieder hört Arnaud Sete, verant-wortlich für den Schüleraustausch beimdeutsch-französischen Jugendwerk, von sol-chen Vorfällen in den neuen Bundesländern.1999 wurde eine französi-sche Schülerin in Bran-denburg geschlagen. EinJahr später weigerten sichEltern aus Oranienburg,ihre Kinder zu farbigenGastfamilien in Frank-reich zu schicken. Ar-naud Sete will trotzdemweiterhin französische Schüler in den Osteneinladen: „Sonst hätten die Rechten doch ge-nau das erreicht, was sie wollen“, sagt er: „Wirmüssen offensiv mit solchen Vorfällen umge-hen, die ja nur die Spitze des Eisbergs sind.“

Sete meint, dass nur ein kleiner Teil der Pö-beleien und Übergriffe bekannt wird. Die Fol-gen seien verheerend: „Jeder Schüler, dernach Frankreich zurückkommt und erzählt,dass in Ostdeutschland Nazis rumlaufen, sorgtdafür, dass die Angst wächst. Als ich früher mitmeinen Klassen Deutschland besuchte, binich auch lieber in Berlin geblieben, als bei-spielsweise nach Brandenburg zu fahren.“

Das brandenburgische Ministerium für Bil-dung, Jugend und Sport hat vor zweieinhalb

GAST FEINDEImmer wieder kommt es in den neuen Bundesländern zu

Pöbeleien und Gewalt gegen Austauschschüler. Es gibt auch

Zivilcourage. Momentaufnahmen von Sandra Daßler.

Jahren an allen staatlichen Schulämtern so ge-nannte Schulräte angeregt, die vor Ort auf Ras-sismus und Gewalt reagieren sollen. Im Fallvon Frank Cedolin ist allerdings nicht viel ge-schehen. Sein Freund Alexander berichtet,dass viele in Hennigsdorf Angst vor denRechtsextremen haben. Vater Tietze ergänzt:„Von den Lehrern wird fast alles geduldet. Unddie Eltern haben andere Probleme.“ Der Di-plomingenieur ist nach der Wende fast jedesJahr mit seiner Familie nach Frankreich ge-fahren: „Als DDR-Bürger durften wir das nicht.Ich bin so froh, dass unsere Kinder jetzt dieseMöglichkeit haben.“ Auch er möchte, dass dasVoltaire-Programm weitergeht – auch in jenenBundesländern, in denen es immer wiederProbleme gibt.

In Sachsen - Anhaltwurde beispielsweise die16-jährige Französin An-drea Victol beim Osterfeu-er von einem angetrunke-nen Nachbarjungen ihrerGastfamilie angespuckt.Die Gasteltern zeigten den

Jungen an – nachdem sie drei Tage vergeblichauf eine Entschuldigung gewartet hatten. Dafürentschuldigten sich viele andere Dorfbewoh-ner bei Andrea. Das farbige Mädchen war inden Ort völlig integriert.

Sie tanzte in der Frauengruppe der Frei-willigen Feuerwehr, spielte in der Volleyball-mannschaft mit. Andreas Gastmutter, Eva Mar-quardt, hat sich an den Gemeinderat gewandtund einen Artikel in der Zeitung veröffentlicht.Trotzdem ist sie sauer, dass „alle nur über die-sen Vorfall berichten“. Über das Positive, überdie vielen Begegnungen, die das Austausch-programm ermöglicht, werde nicht informiert.„Und es kann doch nicht sein“, meint EvaMarquardt, „dass ein betrunkener Dummkopfalle unsere Bemühungen zunichte macht.“

in fo

"Gemeinsam Handeln – Voneinander Lernen– Zusammenwachsen": Unter diesem Mottofördert die Deutsche Kinder- und Jugendstif-tung (DKJS) Projekte zwischen ost- und west-deutschen Schulen. In den Schulen arbeitendie Schülerinnen und Schüler an einem ge-meinsamen Projekt, in ihren Gastfamilien ler-nen sie das Leben vor Ort kennen. Schirmherrist Bundespräsident Johannes Rau, unter-stützt wird die Aktion durch die Bundeszen-trale für politische Bildung (bpb). Mehr Infor-mationen gibt es unter www.schulpartnerschaften.de oder www.dkjs.de. Ansprechpartner bei der bpb istRonald Hirschfeld ([email protected].)

Schulpartnerschaften

in fo

www.gesicht-zeigen.deDie Seite bietet Informationen für alle diejeni-gen, die sich mit eigenen Aktionen gegen Aus-länderfeindlichkeit und Rechtsextremismusengagieren wollen. Außerdem findet man hierregionale Initiativen gegen Ausländerfeind-lichkeit und bundesweite Veranstaltungster-mine. Schirmherr des Vereins ist Bundesprä-sident Johannes Rau.

www.sos-rassismus-nrw.deDie Homepage von SOS-Rassismus präsen-tiert Projekte und Aktionen, mit denen sich Ju-gendliche in Nordrhein-Westfalen gegen Ras-sismus und für eine Verständigung zwischenden Kulturen einsetzen. Neben praktischenInformationen über ein Anti-Gewalt-Traininggibt es ein Lexikon für Antirassismusarbeit,das Fachbegriffe von A wie Abschiebung bisZ wie Zivilcourage erklärt.

Gegen rechtsextreme Gewalt

Wo Neonazis Furcht verbreiten

Nur ein kleiner

Teil der Übergriffe

wird bekannt

Klar, man kann sich nicht total sicher sein. Am An-fang habe ich mich schon gefragt, ob in Deutsch-land etwas Ähnliches wie in New York passierenkann. Aber jetzt fühle ich mich sicher.

Anne (17), Leimbach

Randgemeinschaften wie Skinheads oder dasSatanisten-Ehepaar, das jetzt vor Gerichtstand – solche Gruppen machen mich unsi-cher. Da kann man sich nur unauffällig ver-halten. Martin (17), Bad Salzungen

Manchmal, wenn ich abends unter-wegs bin, habe ich Angst. Vor Aus-ländern. Manche sind sehr aggres-siv, andere können ganz in Ordnungsein. Ich wohne im Neubaugebiet,dort ist die Angst vor den „Russen“schon ein Thema. Anschläge wie inden USA können hier auch passie-ren. Ich hoffe nicht, aber man kannnie wissen.

Andrea (16), Bad Salzungen

Ich fühle mich nicht so sicher. Ich stamme aus Polen, lebe seitzwölf Jahren hier und fühle mich eigentlich nicht mehr als Aus-länderin. Ich bin ja hier aufgewachsen. Trotzdem habe ich Angstvor rechtsradikalen Übergriffen. Weil man mir ansieht, dass ich ausPolen stamme, weil man es am Namen hört.

Iwona (19), Bad Salzungen

Ich fühle mich sicher in Deutschland. Anschläge kannich mir hier nicht richtig vorstellen. Vor der rechten Sze-ne muss man allerdings Angst haben, das spielt hierschon eine Rolle. Schützen kann man sich davor, wennman nicht allein unterwegs ist und Konfrontationen mitdenen aus dem Weg geht.

Hannes (17), Immelborn

Hast du Angst, fühlst du dich sicher? Diana Fallen-

stein von der Jugendseite „quergestreift“ der

„Südthüringer Zeitung“ fragte 17-und 18-Jährige

MENSCHEN

Page 11: Fluter Sicher Leben Kopie

Nr.02 2120 Nr.02

HINTERGRUND

Was lässt sich gegen die Bedrohung durch Attentäter und Ex-

tremisten tun? Wieviel Risiko bleibt? Volker Thomas beleuchtet

die Gesetze, die mehr Sicherheit garantieren sollen.

Terroranschlag im Frankfurter Banken-viertel. Selbstmordattentat wahrscheinlich.Viele Tote, Verletzte, eine Stadt in Panik. – DieMeldung ist erfunden. Doch wie es soweitkommen kann, lässt sich in Szenarios durch-spielen: Ein Attentäter muss einreisen, erbraucht Geld, Verbindungsleute, eine Unter-kunft. Er braucht jede Menge Daten, die rich-tige Logistik, Know-how, eine günstige Gele-genheit. Alles Anknüpfungspunkte für Beob-achtungen von Polizei und Geheimdiensten.

Eine terroristische Bedrohung schon imAnsatz zu stoppen – das ist das Ziel der bei-den so genannten Sicherheitspakete, die derBundestag Ende des vergangenen Jahres mitbreiter Mehrheit verabschiedet hat. Doch we-der Polizei noch Geheimdienste sprechen vonabsoluter Sicherheit: „Es ist jedem klar, dasses in unserer offenen Gesellschaft niemalslückenlose Sicherheit geben kann. Es gehtdarum einzusehen, dass die Früherkennung

solcher Aktionen notwendig ist.“ (Bundesin-nenminister Otto Schily).

Was an direkten Eingriffen kommen wird,steht im Gesetz: Verschärfte Kontrollen bei derEinreise, Rasterfahndung nach auffälligenMerkmalen, Telefonüberwachung, Kontrollevon Geldtransfers, Ver-stärkung der Sicherheit-schecks an potenziellgefährdeten Gebäuden.Aber ob und wie das ge-gen Terroristen hilft, diesich als „Schläfer“ tar-nen, ist fraglich: VolkerBeck, innenpolitischerSprecher von Bündnis90/Die Grünen: „Die mei-sten Attentäter von New York und Washingtonverbrachten die letzten Jahre und Jahrzehnteihres Lebens im Ausland. Sie verhielten sichangepasst und gesetzestreu, um nicht aufzu-

fallen.“ Es müsse aber klar sein: „Es darf fürTerroristen keinen Platz in Deutschland ge-ben. Wer sich extremistisch betätigt, mussausgewiesen werden. Wer eine Gefahr für dieinnere Sicherheit in Deutschland darstellt, werschwere Straftaten begeht, darf durch dasdeutsche Asylrecht nicht geschützt sein“, soErwin Marschewki, innenpolitischer Sprecherder CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Das Terrorismusbekämpfungsgesetz istein so genanntes Artikelgesetz. Das heißt, esgreift in bestehende Gesetze ein, verändert

einzelne Paragraphen, er-setzt dort eine Bestim-mung durch eine andere,definiert Tatbestände neu,erweitert Zuständigkeitenoder die Möglichkeitender Zusammenarbeit. Dieentsprechende Bundes-tagsdrucksache umfasst(mit Begründung) 72 Sei-ten und enthält Bestim-

mungen, die vom „Asylverfahrens-“ bis „Ver-einsgesetz“ reichen. Im Zusammenhang mitden Aktivitäten ausländischer Terrororganisa-tionen auf deutschem Boden wird vom

Verboten wird, was

gegen „das friedliche

Zusammenleben der

Völker gerichtet“ ist

Was in den Sicherheitspaketen steckt

Ich weiß, dass gerade bei den Nachrichtendiensten wo der Staat sein Handeln teilweise nach außen verbergenmuss, die exakteste Beachtung des Grundgesetzes unverzichtbar ist und der Staat alles, aber auch alles, nur

in den Grenzen dieser Verfassung tun darf. Nur dann ist er ein Rechtsstaat. Dieser Rechtsstaat muss sichimmer bewähren – auch dann, wenn er unbequem wird.

Peter Frisch, ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)

Page 12: Fluter Sicher Leben Kopie

in fo

Der so genannte Personalschlüssel wurde imJahr 1972 auf einen Polizisten für 420 Bür-ger festgelegt. Das hieße: Auf 82 MillionenBürger kämen 195 238 Polizisten. Laut Bun-desinnenministerium gibt es nach der letztenErhebung 262 967 Polizeivollzugsbeamte.Davon entfallen 33 261 auf den Bundes-grenzschutz und cirka 2 300 auf das Bun-deskriminalamt. Der Verfassungsschutz hat2 136 Beschäftigte bei einem Gesamtetat von114,5 Millionen Euro. Beim MAD arbeiten1250 Beamte (Etat 120 Millionen). Insgesamt2300 Stellen zusätzlich sieht das Anti-Terror-Paket im Bereich des Bundes vor.

Wie viel Polizei es gibt

Nr.02 2322 Nr.02

HINTERGRUND

Gesetzgeber darauf verwiesen, dass „diegesetzliche Grundlage zur Beobachtung vonZusammenschlüssen und Einrichtungenafghanischer Taliban in Deutschland nichteindeutig“ gewesen sei. Das gleiche gelte fürandere ausländische Organisationen inDeutschland. Das Terrorismusbekämpfungs-gesetz führt einen neuen Straftatbestand ein:Danach sind „Bestrebun-gen“ verboten, die gegenden „Gedanken der Völ-kerverständigung, insbe-sondere gegen das fried-liche Zusammenlebender Völker gerichtet sind“.

Der Verfassungs-schutz kann jetzt auch Geld- und Kontenbe-wegungen verdächtiger Gruppen oder Perso-nen kontrollieren. Ohne Informationen überGeldflüsse und Kontobewegungen sei es nichtmöglich, „die Gefährlichkeit solcher Gruppie-rungen frühestmöglich einschätzen zu kön-nen“, sagt der Gesetzgeber.

Auch auf den geheimnisvollen IMSI-Cat-cher geht die Bundestagsdrucksache ein. IM-SI-Catcher werden eingesetzt, um die Geräte-

und Kartennummern von Mobiltelefonen unddamit auch die Standorte des Gerätes zu er-mitteln. Der Verfassungsschutz darf laut Ge-setz jetzt das Gerät verwenden, wenn eine Er-mittlung anders „aussichtslos oder wesentlicherschwert wäre“. Denn: „Angehörige terroris-tischer Gruppen nutzen zunehmend Mobilte-lefone, deren Herkunft den Sicherheitsbehör-

den nicht bekannt ist. DieTelefonnummer solcherGeräte kann deshalbauch über einen Providernicht festgestellt werden.“

Mit der Änderung desVereinsgesetzes soll ge-gen den internationalen

Terrorismus und seine deutschen Verbindun-gen vorgegangen werden: Bisher gab es kei-ne Möglichkeit, gegen einen Ausländervereinvorzugehen, der in Deutschland Spenden fürseine ausländische terroristische „Heimator-ganisation“ sammelt, Kämpfer rekrutiert oderdie Organisation auf eine andere Weise unter-stützt (wie das die Taliban oder die kurdischePKK in Deutschland getan haben). Das ändertsich durch die Neufassung der Verbotsgrün-de. Ein Verein kann verboten werden,

in fo

Am 19. September 2001 beschließt die Bun-desregierung, im Haushalt 2002 zusätzlichdrei Milliarden Mark zur Terrorismusbekämp-fung zur Verfügung zu stellen. Außerdem wirddas Vereinsrecht geändert (Streichung desReligionsprivilegs) und ein neuer Tatbestandim Strafgesetzbuch eingeführt, der die Verfol-gung terroristischer Aktivitäten im Ausland be-trifft. Der Bundestag stimmt dem „ersten Si-cherheitspaket“ am 11. Oktober, der Bundes-rat am 30. November zu. Das „Terrorismus-bekämpfungsgesetz“ (auch zweites Anti-Ter-ror-Paket oder „zweites Sicherheitspaket“)wird nach einer Beratung im Innenausschussam 14. Dezember 2001 vom Bundestag ver-abschiedet, der Bundesrat stimmt am 20.De-zember 2001 zu. Die Neuregelungen betref-fen rund 100 Gesetzesänderungen die zum 1.Januar 2002 in Kraft traten.

Die wichtigsten Änderungen in StichwortenBiometrische Daten im Ausweis Biometrische Daten wie Fingerabdrücke,Handform oder die Struktur der Augeniris dür-fen in Ausweise aufgenommen werden. Ins-gesamt können drei zusätzliche Merkmale inverschlüsselter Form gespeichert werden. DieMerkmale müssen computerlesbar sein, dür-fen aber für den Passinhaber nicht erkennbarsein. Derzeit laufen Gespräche auf europäi-scher Ebene, welche Merkmale europaein-heitlich in die Ausweispapiere aufgenommenwerden könnten.

Bundeskriminalamt Das Bundeskriminalamt (BKA) darf unter be-stimmten Voraussetzungen selbst Daten ermit-teln – und muss nicht mehr wie bisher die je-weilige Landespolizei damit beauftragen.Außerdem führt das BKA die Ermittlungen bei

„schweren Formen von Datennetzkriminalität“.Das heißt: die Bundesbehörde greift dann ein,wenn „kritische Infrastrukturen“ des Staatesoder großer Datennetzanbieter wie der Telekomkriminellen Attacken zum Opfer fallen.

Geheimdienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichten-dienst (BND) und Militärischer Abschirm-dienst (MAD) dürfen künftig bei allen BankenInformationen über Konten, Geldbewegungenund Geldanlagen anfordern – wenn der Präsi-dent des jeweiligen Geheimdienstes die Akti-on genehmigt. Der Verfassungsschutz kannbei den Daten der Fluggesellschaften ebensoverfahren. Wenn Verfassungsschutz, BNDoder MAD Daten von Post- und Telekommu-nikationsdiensten abfragen wollen, brauchensie eine Genehmigung des zuständigen Minis-teriums. Außerdem müssen die parlamentari-schen Kontrollausschüsse regelmäßig über al-

ANTI TERROR

Informationen über

Geldflüsse und

Kontobewegungen

le Aktionen informiert werden. Der Betroffeneerfährt zunächst nichts: Er oder sie wird erstdann informiert, wenn dadurch die Ermittlun-gen nicht mehr gefährdet werden können.

Sicherheitsprüfungen Angestellte von sicherheitsrelevanten Einrich-tungen wie etwa Krankenhäusern, Rundfunk-anstalten oder Energieerzeugern sollen künf-tig genau geprüft werden. Das Gesetz ist eben-falls zunächst auf fünf Jahre befristet. Das „Si-cherheitsüberprüfungsgesetz“ (SÜG), dasentsprechend geändert werden soll, betrafbislang nur Menschen, die mit vertraulichenoder gar geheimen „Verschlusssachen“ zu tunhatten, also vor allem in Behörden. Das Atom-gesetz regelt außerdem, wer in den Sicher-heitsbereichen der Kernkraftwerke, das Luft-verkehrsgesetz, wer in Bereichen der Luftfahrtarbeiten darf. In Zukunft ist aber jeder betrof-fen, der in einer Einrichtung beschäftigt ist,

„bei deren Ausfall oder Zerstörung eine er-hebliche Gefährdung für die Gesundheit oderdas Leben von großen Teilen zu befürchtenoder die für das Funktionieren des Gemein-wesens unverzichtbar ist.“ Dazu gehören alleBundeswehreinrichtungen („verteidigungs-wichtig“), aber eben auch andere für die Ver-sorgung der Bevölkerung wichtige und nichtnur staatliche Betriebe.

Sky Marshalls Der Einsatz von so genannten Sky-Marshallsan Bord von Flugzeugen erhält mit dem Si-cherheitspaket eine rechtliche Grundlage. Al-lerdings dürfen keine privaten Sicherheits-dienste eingesetzt werden, sondern nur Bun-desgrenzschutzbeamte und Polizisten.

Ausländerrecht Ausländern, die in Deutschland leben, kanndas Aufenthaltsrecht entzogen werden, wenn

sie die freiheitlich-demokratische Grundord-nung Deutschlands gefährden oder Gewalt-tätigkeiten mit politischen Zielen begehen. Esmüssen allerdings konkrete Belege vorliegen,ein so genannter Anfangsverdacht reicht nichtaus.

Geheimdienste, Polizeibehörden und alle deut-schen Auslandsvertretungen haben Zugriff aufalle Daten des Ausländerzentralregisters. Da-mit sollen schon im Vorfeld über einreisendeAusländer Daten verfügbar gemacht werden.Wer Asyl beantragt, muss künftig damit rech-nen, dass seine Fingerabdrücke automatischmit dem polizeilichen Tatortspurenbestanddes Bundeskriminalamtes abgeglichen wer-den können.

Mehr Informationen zum Downloaden bei:http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/11056/1.html

Neben der Technik ist bei der Kon-trolle vor allem gutes Personal wich-tig: Eine private Sicherheitsfirma,die für die Gepäcküberwachung amDulles Airport in Washington zu-ständig ist, musste 1,2 MillionenDollar Strafe zahlen, weil sie untrai-nierte Sicherheitskräfte mit krimi-neller Vergangenheit beschäftigte

Die wirkungsvollste Maß-nahme zur Erhöhung der

inneren Sicherheit ist die besserepersonelle, finanzielle und techni-sche Ausstattung der Sicherheits-behörden, insbesondere der Poli-zei und der Dienste.

Max Stadler, innenpolitischer

Sprechen der FDP-Bundes-

tagsfraktion

Page 13: Fluter Sicher Leben Kopie

Nr.02 2524 Nr.02

HINTERGRUND

wenn er „Bestrebungen außerhalb des Bun-desgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mitden Grundwerten einer die Würde des Men-schen achtenden staatlichen Ordnung“ nichtvereinbar sind und wenn er „Gewaltanwen-dung“ befürwortet.

Wesentlich erweitert wurden die Zustän-digkeiten des Bundeskriminalamtes, etwa beider internationalen Computersabotage. DieBegründung für die Terrorismusbekämp-fungsgesetze hält ausdrücklich fest: „Daten-netze werden internatio-nal zunehmend miss-braucht, um Straftaten zubegehen. Hier bietet sichgerade für Terroristen einneues Betätigungsfeld.Den Tätern steht globaleine leistungsfähige Infra-struktur, insbesonderezum Angriff auf die Informations- und Kom-munikationssysteme zur Verfügung.“

Die meisten Regelungen im Terrorismus-bekämpfungsgesetz betreffen nicht deutsche,sondern ausländische Bürger. Es geht umAusländer, die nach Deutschland kommenoder sich hierzulande aufhalten. Sie sollenbesser überprüft und leichter abgeschobenwerden können, wenn Beweise vorliegen,dass sie terroristische Gruppen unterstützen.Im Ausländergesetz wird ein „besonderer

Versagungsgrund“ für Visa, Einreise- undAufenthaltsgenehmigungen geschaffen. Er-fasst wird die Mitgliedschaft oder Unterstüt-zung von Vereinigungen, die Anschläge gegenPersonen oder Sachen veranlassen, befür-worten oder androhen, unabhängig davon, wodie Anschläge verübt werden.

Berlin, Potsdamer Platz. Die Kamera links vondem großen Durchgang zum Sony-Center hatübernommen. Sie dreht sich langsam mit demFußgänger bis zum äußersten Anschlagpunkt,

dann gibt sie weiter an dienächste. – Auf dem Pots-damer Platz sind Hunder-te von Video-Überwa-chungskameras ständigim Einsatz. Jede Bewe-gung kann in einer un-sichtbaren Zentrale regis-triert werden. Ein Funk-

signal an den nächsten Sicherheitsmann, derin der Nähe eines Verdächtigen patrouilliert,genügt. Fühlt man sich sicherer?

„Überzeugende Antworten sind schwierig,vielleicht bleiben Ungewissheiten auch unver-meidbar. Es gibt nur einen Ausweg: Gesetzeauf Zeit“, so die Wochenzeitung DIE ZEIT.Tatsächlich sind die Regelungen im Terroris-mus-Bekämpfungsgesetz, die eine Auswei-tung der geheimdienstlichen Befugnisse be-treffen, auf fünf Jahre begrenzt.

ANTI TERROR

„Es gibt nur einen

Ausweg:

Gesetze auf Zeit“

Ist Sicherheit eine Illusion? Vollständige Sicherheit kann und darf es nicht geben. Ein gewisses

Maß an Unsicherheit ist der Preis der Freiheit. Wo alles geregelt, allesüberwacht und alles gespeichert wird, ist die Freiheit am Ende. Das En-de der Freiheit ist allerdings keineswegs vollständige Sicherheit, sondernvollständige Unsicherheit.

Neue gesetzliche Maßnahmen für mehr Sicherheit?Die Vergangenheit hat gezeigt, dass in Sicherheitsdingen der Teu-

fel oft im Detail steckt. Was helfen neue Zentralstellen, die Möglich-keit von Online-Abfragen und geheime Ermittlungsmethoden, wennes immer noch Polizeistellen gibt, die nicht einmal über einen PC ver-fügen?

Christoph Gusy: „Vollständige Sicherheit darf es nicht geben“

Funktionieren denn die Kontrollen? Die Rechtsordnung hat zahlreiche Instrumente zur Verfügung ge-

stellt: Behördeninterne Kontrollen, politisch Verantwortliche, Rech-nungshöfe, Gerichte, parlamentarische Kontrollgremien. Sie alle sollenRechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Effizienz des Handelns der Si-cherheitsbehörden überprüfen. Diese Kontrollen haben sich bewährt.

Und bei den Geheimdiensten? Schwierigkeiten treten immer dort auf, wo staatliche Behörden ge-

heim ermitteln. Diese Heimlichkeit bezieht sich nicht nur auf die Betrof-fenen: Auch Dritte sollen nicht merken, dass gerade eine staatliche Stel-le handelt. Ein transparenter Geheimdienst wäre ein Widerspruch in sichselbst. Mit Christoph Gusy sprach Volker Thomas

Der Bielefelder Rechtswissenschaftler über den Preis der Freiheitin fo

Militärischer Abschirmdienst (MAD), Bundes-amt für Verfassungsschutz (Inland) und Bun-desnachrichtendienst (Ausland) haben dieAufgabe „die Untergrund- und staatsgefähr-dende Arbeit staatsfeindlicher Gruppen undEinzelpersonen“ zu beobachten und zu über-wachen. Für ihre Kontrolle sind parlamentari-sche Gremien verantwortlich.

Die Polizei ist für die Kriminalitätsbekämp-fung zuständig. Polizei ist Ländersache, eineBundespolizei existiert nicht. Das Bundeskri-

Zuständigkeiten minalamt wird – in Abstimmung mit den Lan-deskriminalämtern – erst dann aktiv, „wennsich ein Straftäter über das Gebiet eines Lan-des hinaus betätigt oder betätigen wird.“ DiePolizei wird von Richtern und Staatsanwalt-schaften kontrolliert und muss sich dort dieGenehmigung für bestimmte Sonderermitt-lungen holen (Hausdurchsuchen, Abhörak-tionen etc.) Das kennt jeder aus den „Tatort“-Krimis.

Bisher galt: Polizei und Geheimdienste arbei-ten strikt getrennt voneinander. Das wirddurch das neue Terrorismusbekämpfungsge-

setz anders: Mittel, die Geheimdienste an-wenden dürfen, weil es um die Gefährdungder freiheitlich-demokratischen Grundord-nung, geht, dürfen jetzt auch bei der Krimina-litätsbekämpfung eingesetzt werden.

Seit 1994 („Verbrechensbekämpfungsge-setz“) darf der BND – auch im Inland – Infor-mationen sammeln und an die Polizei weiter-geben, wenn es um Drogenkriminalität, Geld-fälschung oder Geldwäsche geht. Diese Rech-te sind erweitert worden, so dass der Nach-richtendienst auch auf Bank-, Post- und Luft-verkehrsdaten Zugriff hat.

Kontrollinstrument der Zukunft? Eine deutsche Firma, die sich mit organischer Bildtechnik beschäftigt, hat diese Zugangskontrolle mit Gesichtserkennung entwickelt

Mit der Änderung des Vereins-rechts ist eine Grenze über-schritten. Mich stört der zu dif-fuse Begriff der „terroristischen

Vereinigung“. Der „Kalifat-Staat“ in Köln istzum Beispiel mit Recht verboten worden. DerChef des Kalifat-Staats, Kaplan, sitzt wegeneines Mordauftrags im Gefängnis; es gibt eineReihe von Erkenntnissen, die belegen: DieserVerein ist gefährlich. Was aber ist mit Gruppen, die in Oppositionzu einer oft autoritären Regierung in ihremLand stehen? Es gibt einen alten Spruch:Des einen Freiheitskämpfer ist des anderenTerrorist. Da geht es um Leute, die vor politi-scher Verfolgung fliehen mussten, weil sieVereinigungen mit sehr unterschiedlichenSchattierungen angehören. Es gibt Wider-standsbewegungen, die keine Gewalt ausü-ben, es gibt ihnen nahestehende Organisa-tionen. Die türkische Regierung hat dem In-nenminister eine Liste von rund 100 Organi-sationen vorgelegt, die sie in Deutschlandgerne verboten sähe.

Reinhard Marx, FrankfurterRechtsanwalt und Spezialist für

Ausländerrecht

DIE ZEIT:

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HINTERGRUND

Das Sicherheitspaket hatrund 100 Gesetze verändert. DieGesetzgebung verspricht mitharten Eingriffen in Freiheits-

und Bürgerrechte die Sicherheit der Gesell-schaft. Wir fragen: Kann damit dieser An-spruch überhaupt eingelöst werden? Sind die-se Gesetze geeignet, die Probleme zu lösen,die sie lösen wollen?

Bei vielen Maßnah-men haben wir Zweifel.Hier wurden teilweiseTechniken und Erfahrun-gen übertragen, die ausden 70er Jahren, ausdem Kampf gegen denRAF-Terrorismus stam-men. Dieser Terrorismuswar rational und bere-chenbar. Das waren Straftäter, die bei allemFanatismus doch am eigenen Leben hingen.Ein Großteil aller kriminalpolitischen Instru-mente basiert auf Abschreckung. Der jetzigeTerrorismus verzichtet auf die 50 Prozent desVorbereitungsaufwandes, die man braucht,um vom Tatort wieder wegzukommen. Dieseneue Qualität, das ist ein wichtiger Aspekt un-serer Kritik, berücksichtigen die Sicherheits-gesetze nicht.

In den vergangenen Jahrzehnten gab esimmer neue Problemstellungen. Gegen dieOrganisierte Kriminalität, hieß es, muss unbe-dingt etwas geschehen. Maßnahmen wurdenergriffen, Gesetze verändert, sogar die Verfas-sung. Plötzlich ist die Diskussion beendet. Kei-ner fragt mehr, ob es etwas geholfen hat. Dergroße Lauschangriff: Wenn wir den nicht be-kommen, ist die Innere Sicherheit massiv ge-

Hans-Jürgen Lange: „Die Politik stehtunter dem Druck der Öffentlichkeit...“

fährdet, hieß es. Heute wissen wir: Es sind 30Fälle im Jahr. Warum so wenig? Was bringt es?Darüber wird nicht diskutiert.

Dann kam das nächste Problem: derRechtsextremismus. Alle konzentrierten sichauf Rechtsextremismus. Ermittlungsgruppenwurden eingerichtet, alles Mögliche wurdegemacht. Dann kam der 11. September, und

niemand spricht mehrvom Rechtsextremismus.Jetzt kann man sagen –das sind Themenkonjunk-turen der Medien. Aberdas alleine ist es nicht. DiePolitik steht unter demDruck der Öffentlichkeit.Sie setzt wiederum die Po-lizei unter Druck. Diesemuss reagieren und Erfol-

ge vorweisen.

Ich will die Politiker nicht zu Buhmännernmachen. Was sollte ein Innenminister in derMediendemokratie machen? Er steht unter ho-hem Druck und kann schlecht sagen: Wir sindhilflos, wir wissen es auch nicht so genau. DieOpposition würde ihn sofort zum Rücktritt auf-fordern. Aus diesem Dilemmaherauszukommen ist schwierig;die Spielregeln der Politik lassensich nicht ohne Weiteres ändern.

Mit Hans-Jürgen Lange sprach Michael Bechtel

ANTI TERROR

info

1,5 Milliarden Euro zusätzlich werden für dieTerrorismusbekämpfung im Haushaltsjahr2002 bereitgestellt:

• 750 Millionen Euro erhält die Bundeswehr,um für künftige Einsätze in neuen Konfliktge-bieten gewappnet zu sein.

• 250 Millionen Euro gehen an das Bun-desinnenministerium: Die Einsatzfähigkeitdes Bundesgrenzschutzes soll gestärkt, derZivil- und Katastrophenschutz modernisiertwerden. Weitere Mittel gehen an das Bundes-kriminalamt und das Bundesamt für Verfas-sungsschutz.

• Das Auswärtige Amt und das Bundesmi-nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeitverfügen über je 100 Millionen Euro für Auf-bau- und Hilfsprogramme in den betroffenenKrisenregionen, für die Versorgung vonFlüchtlingen und die Stärkung des interkultu-rellen Dialogs. Außerdem soll die Sicherheitdeutscher Auslandsvertretungen verbessertwerden.

• Das Bundesministerium der Justiz unddas Bundesministerium der Finanzen erhal-ten zusammen 25 Millionen Euro, um die Er-mittlungstätigkeit des Generalbundesanwaltszu unterstützen und den Kampf gegen dieGeldwäsche effektiver führen zu können. DerBundesnachrichtendienst soll ebenfalls 25Millionen Euro für eine verstärkte Auslands-aufklärung bekommen.

• Die restlichen 250 Millionen Euro bildeneine Reserve, die je nach Entwicklung der Si-cherheitslage vergeben wird.

Geld für mehr Sicherheit

„... sie muss reagieren und Erfolge vorweisen“, sagt der Spre-

cher des Arbeitskreises Innere Sicherheit, in dem sich Poli-

tikwissenschaftler, Soziologen, Historiker, Rechtswissenschaft-

ler und Kriminologen zusammengeschlossen haben.

Angst habe ich, wenn ichabends alleine durch dieStraßen laufe und nichtweiß, wer mir begegnet. So-bald ich merke, dass ande-re in der Nähe sind, versu-che ich zu erkennen, ob mirdie Leute merkwürdig vor-kommen oder nicht. Wennich mich dann unwohl fühle,gehe ich schneller weiter.Tagsüber fühle ich mich aufder Straße sicherer.

Annika (18), Kerpen

Ängste im Alltag sind normal. Jeder hat zum Beispiel ge-lernt, herumpöbelnden anderen Jugendlichen irgendwieaus dem Weg zu gehen. Es bringt auch nichts, sich überdie Gründe und Motivationen solcher Leute Gedanken zumachen. Große Reden darüber schwingen schon andere,und ändern tut sich ja doch nichts. Mit dieser "natürlichenGewalt" umzugehen gehört eben zum Alltag dazu, man hates irgendwann gelernt, und das hat sich seit dem 11.Sep-tember nicht verändert. Oliver (19), PulheimOliver (19), Pulheim

Zum Thema „Innere Sicherheit“ nur soviel: Ich habe Angst, abends im Dunkelnalleine – zu Fuß oder auf dem Fahrrad –irgendwohin zu gehen. Da ist meiner Mei-nung nach die Gefahr zu groß, ausge-raubt oder, noch viel schlimmer miss-handelt, zu werden. Schützen kann michder Staat hier nicht, das kann ich nur sel-ber. Meine Eltern haben mir schon frühklar gemacht, dass ich mich abends nurin Begleitung oder, wenn alleine, dann imAuto fortbewegen soll.

Teresa (19), Bedburg

Fühlst Du Dich sicher? Alexandra Ringendahl von der Jugendseite

des Kölner Stadt-Anzeigers im Erftkreis fragte ihre Autoren

Ich habe eigentlich weniger Angst vor Schlä-gereien oder anderen Auseinandersetzungenmit Jugendlichen. Ich wurde noch nie ange-griffen oder bedroht. Ich denke, wenn man eingewisses Selbstbewusstsein ausstrahlt, wirdman auch nicht angegriffen. Außerdem kannman dem meisten Ärger aus dem Weg gehen.Große Angst habe ich vor einem übermächti-gen Staat, der zusammen mit einer autoritärenPolizei und den Geheimdiensten immer mehrFreiheiten einschränkt und deshalb für micheine größere Bedrohung ist. Freiheit stirbt mitSicherheit – ich denke dieser Satz trifft es amehesten. Jörn (18), BrühlJörn (18), Brühl

Ich bin eigentlich nicht so der ängstliche Mensch, aber aufGrund von schlechten Erfahrungen fühle ich mich im Dunkelnnicht so sicher. Da ich schon mehrfach von Männern angemachtund verfolgt wurde, habe ich mir Tränengas zugelegt und an ei-nem Anti-Gewalt-Training teilgenommen. Hier habe ich gelernt,auf solche Situationen selbstsicher und ruhig zu reagieren, dieGefahr frühzeitig zu erkennen und dementsprechend zu han-deln. Das Tränengas habe ich inzwischen wieder abgeschafft –dieses Training kann ich nur empfehlen, denn ein selbstbewuss-tes Auftreten kann einen vor vielem schützen.

Kerstin (19), Kerpen

„Die Techniken stammen

aus dem Kampf

gegen den Terrorismus

der 70er Jahre“

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MENSCHEN

Der Mann mittleren Alters sah gepflegtaus. Schicke Klamotten, gut frisiert, se-riös – wie ein ganz normaler Ge-

schäftsmann. „Das Einzige, was mir auffiel,war, dass er es anscheinend sehr eilig hatte“,erinnert sich Brigitte Sylvia Malsy. Wie immerhatte sie damals Dienst an der „Front“: Dort,wo die Passagiere durch den Sicherheits-check des Frankfurter Flughafens müssen.Taschen werden durchleuchtet, Körper abge-tastet. Als der Geschäftsmann an der Reihewar, bat sie ihn höflich, seinen Laptop zu zei-gen. „Plötzlich schäumte er vor Wut“, erzähltdie 29-jährige Frau. Dann ging alles ganzschnell: Der Mann nahm seinen Laptop undwarf ihn mit voller Wucht quer durch die Hal-le auf den Boden. Das Gerät zersplitterte inhunderte Einzelteile. Malsy: „Ich war wiegelähmt. Ich dachte nur, oh je, jetzt wird´sbrenzlig.“ Aber innerhalb von Sekunden wa-ren die Beamten des Bundesgrenzschutzeszur Stelle.

„So etwas passiert aber eher selten“, er-zählt Malsy, die seit sieben Jahren als Luftsi-cherheitsassistentin im Frankfurter Flughafenarbeitet. Normalerweise ist es ruhig: Die Pas-sagiere werden mit einer Sonde abgetastet,mit Händen wird noch einmal nachkontrol-liert. Gleichzeitig checken die Luftsicherheits-

assistenten das Ge-päck. Falls ein Ge-genstand bei derDurchleuchtung ver-dächtig erscheint,wird das Gepäcknoch einmal unter-sucht. „Die meis-ten Passagiere sindfreundlich und las-sen diese Prozedurüber sich ergehen“,meint Malsy. „Es istja für ihre eigene Si-

KLAR SICHTBrigitte Silvia Malsy ist Luftsicherheitsassistentin am Frankfur-

ter Flughafen. Sie fürchtet sich vor plötzlichen Zwischenfällen

und hat Angst, eine Waffe zu übersehen.

cherheit.“ Immer wieder findet sie verboteneGegenstände: Messer aller Art, Tränengas,Nagelfeilen, sogar Pistolen. „Meistens führendie Passagiere diese Dinge aber nicht mit bö-ser Absicht mit sich“, erzählt sie. Fluggäste,die Pistolen dabei haben, sind meist Besitzereines Waffenscheins. „Wir haben viele Jäger,die zum Beispiel nach Südafrika fliegen – zumSchießen.“ Und Frauen mit Tränengas in derHandtasche wissen nicht, dass dies verbotenist. Seit dem 11. September sind die Sicher-heitsmaßnahmen noch verschärft worden. Sowaren vorher Messer mit einer Klingenlängevon bis zu acht Zentimetern an Bord zugelas-sen – jetzt nicht mehr.

„Der Reiz an meinem Job ist, dass wir vielmit Menschen zu tun haben“, sagt sie. „Undes ist eine Herausforderung, so viel Verant-wortung zu tragen.“ Die ersten Wochen an der„Front“, so erinnert sie sich, waren hart. „Alsich anfing, hatte ich das Gefühl, dass jederFluggast ein potenzieller Terrorist ist. Ich hat-te Angst, dass ein Flugzeug entführt wird, nurweil ich etwas übersehen habe.“

Jan Keith

Was beim Sicherheitscheck passiert Schon vor dem 11. September sam-melten die Sicherheitsleute am Flug-hafen jährlich etwa 200.000 „nichterlaubte“ Gegenstände ein. Im ver-gangenen Jahr stieg die Zahl auf375.000, denn durch die verschärf-ten Sicherheitsbestimmungen geratenjetzt nicht nur Schusswaffen und Mu-nition ins Visier der Kontrolleure, son-dern auch Scheren, Messer, Nagelfei-len und Einwegrasierer – allein amFrankfurter Flughafen lassen sich da-mit am Tag zwei Möbelkisten füllen.

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Feind im Anflug: In Roland EmmerichsSchocker „Independence Day“ zer-stören Außerirdische New York. Nach

dem 11. September 2001 war das für Holly-wood tabu: Der deutsche Regisseur WolfgangPetersen zeigte sich überzeugt: „Im Film wirdin nächster Zeit kein Hochhaus mehr explo-dieren, es werden keine Flugzeuge mehr ent-führt und es werden auch keine abstürzen“.Irrtum. Es dauerte nur vier Monate, bis „Inde-pendence Day“ wieder im Fernsehen lief (beiPRO 7 am 13. Januar) und – Rekordquote –8,1 Millionen Zuschauer schaudern ließ. DerStart des Terroristen-Actionthriller „Collateral

Damage“ war am 5. Oktober 2001 verscho-ben worden und geriet dafür beim USA- undEuropa-Start am 21. Februar 2002 zum abso-luten Publikumsrenner. Hauptdarsteller Ar-nold Schwarzenegger: „Bei Gewaltfilmen gibtes in Hollywood keinen moralischen Code.Wenn sich die Filme verkaufen, werden sieauch gemacht. Basta!“ Auch ActionspezialistWolfgang Petersen hat inzwischen eine neueEinsicht gewonnen. Er zitiert seine Hollywood-Kollegen: „Das passiert uns nicht noch ein-mal, dass Terroristen im Umgang mit Gewalteinfallsreicher sind als wir.“ Dieter Gaarz

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HINTERGRUND

Von außen sieht der mit Efeu zugewach-sene Bau im Raamweg 47 nicht unbe-dingt so aus wie die Kommandozentra-

le im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus– eher wie ein alternatives Kulturzentrum. Dieheimelige Öko-Fassade passt zu dem zahmenImage, das Europol lange anhaftete. Seit ihrerGründung im Juli 1999 wurde der europäi-schen Polizeibehörde in Den Haag, die nichtermittelt, sondern ausschließlich Daten sam-melt und Recherchen koordiniert, oft Kompe-tenzlosigkeit vorgeworfen.

Sogar Jürgen Storbeck, der Chef von Eu-ropol, hat vom zahnlosen Tiger gesprochen.Das ist noch nicht so lange her. Doch seit dem11. September hat sich die Wahrnehmung vonEuropol stark verändert. Der ehemalige BKA-Mann Storbeck soll jetzt unter Hochdruck ei-ne Anti-Terror-Einheit aufbauen, die Koopera-tion mit dem FBI vorantreiben und möglichstschnell Ergebnisse vorlegen.

Kennen Sie den Thriller French Connection?Sicher, den habe ich in meiner Studienzeit

gesehen. Gene Hackman als Drogenfahnder,ziemlich beeindruckend. Den zweiten Teil ha-be ich mir natürlich auch angesehen. Im zwei-ten Teil reist Hackman aus den USA nach Mar-

seille, um einen internationalen Drogenringauszuheben. Weil er aber kaum Französischspricht, lassen ihn die Kollegen vor Ort langeim Dunkeln tappen.

Sieht so der Alltag der internationalen Polizei-arbeit aus?

Leider ja. Die Verständigungsproblemesind unser größtes Handicap. Hinzu kommenunterschiedliche Polizeikulturen, oft sogarnoch innerhalb eines Staates. Ein Gendarmoder ein Carabiniere ist anders ausgebildet alssein Kollege von der Kriminalpolizei. Aber dieSprachbarriere ist das größte Problem. Ohnegemeinsame Sprache fehlt das instinktive Ver-trauen. Wenn beispiels-weise ein Deutscher In-formationen in fehlerhaf-tem Englisch weitergibt,ist es fraglich, was einNiederländer oder ein Ita-liener davon versteht. Sokann man zu falschenSchlüssen kommen. AmEnde sagen sich die Beamten: „Mir ist dasGanze zu komplex.“

Sind internationale Akteure in Ihrer Zunft nochin der Minderheit?

Es gibt schon ein paar. Nur hat der interna-tionale Austausch in der Vergangenheit immernur mit Hilfe des „Old Boys Network“ funktio-niert. Das läuft dann so: Ein deutscher Krimi-nalbeamter lernt bei einem Fußballspiel unterKollegen einen Polizisten aus Bordeaux ken-nen. Abends sitzen sie in der Kneipe. Und wennder Deutsche irgendeine Information ausFrankreich benötigen sollte, ruft er einfach sei-nen Kumpel in Bordeaux an. Der wird ihm we-der den Erfolg noch den Fall wegnehmen, wiedas eine internationale Behörde tun könnte.Auf dieser Ebene gibt es eher Vertrauen. Wennman dieses „Old Boys-Network“ nicht nutzt, istes schwieriger, Vertrauen aufzubauen.

Bisher standen Sie mit Ihrem Europol-Teameher am Rand des Spielfelds. Jetzt sollen Siedie Hauptmannschaft gegen den Terrorismusbilden. Sind die Erwartungen zu hoch?

Auch wenn Europol neue Aufgaben be-kommen hat, darf man dabei nicht unser Kon-zept vergessen. Europol ist weder das Bun-deskriminalamt, noch das FBI und auch nichtder „Special Branch“ von Scotland Yard. Dassind alles Behörden, die im Gegensatz zu unsvor Ort ermitteln. Wir vernehmen nicht, wirdurchsuchen nicht, wir nehmen auch nie-manden fest. Ob sich daran etwas ändernwird, muss man sehen.

Würden Sie sich denn ein Euro-FBI mit derLizenz zum Ermitteln wünschen?

Ich bin kein Befürworter eines Euro-FBIs,das verhaften und durchsuchen kann. Jeden-falls nicht, solange wir kein gemeinsamesStraf- und Polizeirecht in Europa haben. Der-

zeit wäre es für uns fastunmöglich, solche Aufga-ben zu bewältigen. Wennich jetzt einen Beamtennach Finnland schickte,um dort zu ermitteln, stell-te sich doch die Frage,nach welchem Recht ervorgehen könnte – nach

finnischem, nach niederländischem oder nachdeutschem Recht? Eine europäische Behördemit umfassenden Befugnissen wie das FBI istgegenwärtig nicht denkbar. Man muss das rea-listisch sehen. Die EU-Minister haben ja nichtgesagt: Europol übernimmt die Ermittlungen,sondern Europol unterstützt und koordiniert.Und das können wir auch leisten.

Was genau leisten Sie denn? Wir haben jetzt beispielweise unsere Leu-

te nach Frankreich geschickt. Die sollen dortaktuelle Ermittlungen beobachten. Ähnlichespassiert in England oder anderen Ländern.Dann sehen wir: „Okay, in Frankreich wird der-zeit dieser Verdächtigenkreis verfolgt, einigeSpuren führen nach Spanien.“ Und diese In-formationen vernetzen wir, gleichen sie mitSpanien ab. Das können die französischenKollegen vor Ort oft nicht leisten. Die sind mit

Früher galten sie als „kompetenzlos“, jetzt sollen sie eine in-

ternationale Anti-Terroreinheit aufbauen: Mit Europol-Chef

Jürgen Storbeck sprachen Martin Scholz und Martin Winter.

Jürgen Storbeck: „Wir von Europol vernetzen Informationen“

EURO

„Wir vernehmen

nicht, wir nehmen

auch niemanden fest“

Nr.02 33

ihren Ermittlungen beschäftigt. Bis die auf ei-nem langen Dienstweg Infos aus Spanien an-fordern, stellen die das erst mal zurück.

Ablage Papierkorb?So ungefähr. Aber wenn wir bei Europol die

Zusammenhänge kennen, die Spuren abglei-chen, können wir wichtige Hinweise geben.Nur ein Beispiel: Angenommen eine Person,nennen wir sie Abdul, wäre ein Verdächtigerin Spanien. Jetzt erfahrenwir: Er hält sich zeitweiseauch in Deutschland aufund heißt dort Abdulla.Wir führen die Puzzle-stücke zusammen. Ha-ben wir Bilder von ihm?Wir könnten die belgischePolizei nach Fotos fragen,weil wir erfahren haben, dass er mal in Belgi-en studiert hat, vielleicht gibt es da einen Stu-dentenausweis. Wir haben hier bei Europol

den Vorteil, dass wir die jeweiligen Sprachenbeherrschen. Wir können uns die spanischenUnterlagen ansehen und das schnell mit demMaterial aus den Niederlanden oder Belgienvergleichen. Inzwischen werden überall in Eu-ropa Verdächtige verhaftet, Verbindungen auf-gedeckt.

Die Polizei muss doch vorher schon eine Mengegewusst haben? Ist man in Europa jetzt eher

bereit, Informationen zuteilen?

Der 11. Septemberhat schon einen Lernpro-zess ausgelöst. Dennoch:Im Terrorismus-Bereichist die Zusammenarbeitgenerell sehr schwierig,weil der Terrorismus-Be-

griff verschieden ausgelegt wird. Was in einemStaat möglicherweise noch als Kampf für einemehr oder weniger berechtigte Sache gilt, ist

in einem anderen Staat womöglich ganz naham Terrorismus. Deshalb war man in der EUlange sehr vorsichtig mit der Weitergabe vonInformationen.

Gibt es V-Männer, die im islamischen Terroris-mus eingesetzt werden?

Wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnennicht sagen. Vielleicht weiß ich es. Aber es istnatürlich schwierig, V-Männer mit westlicherHerkunft in solche Gruppen einzuschleusen.

Gibt es Instrumente, um „Schläfer“ in einer of-fenen, freien Gesellschaft wie unserer zu iden-tifizieren?

Ich glaube schon, dass Sicherheits- undGeheimdienste da einiges tun können. Aberdie Frage ist: Wie weit will man gehen? Wie weitwill eine Gesellschaft, der Staat, der Bürgerkontrolliert werden? Wir leben in einem libera-len Rechtsstaat und liberal heißt eben: Es sollnicht alles überwacht werden.

SCHIMANSKI

„Liberal heißt eben: Es

soll nicht alles

überwacht werden“

Im Gegensatz zu Europol übernimmt das amerikanische FBI handfeste Polizeiaufgaben – wie hier vor dem Haus von Ex-FBI-Agent Robert Philip Hansen. Hansen hatte Informationen an den russischen Geheimdienst KGB verkauft, eine FBI-Agentin beschlagnahmt vor laufenden Fernsehkameras seine Post

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34 Nr.02

HINTERGRUND

An der dänischen Grenze nimmt die Po-lizei einen Geschäftsmann fest – mitfalschem Pass. Ob er wirklich, wie ver-

mutet, ein gesuchter Hehler ist, kann nurdas Automatisierte Fingerabdruck-Identifizie-rungssystem (AFIS) des Bundeskriminalam-tes (BKA) klären. Für die ermittelnden Flens-burger Beamten läuft jetzt die Uhr: Der Ver-dächtige kann nur begrenzte Zeit festgehaltenwerden.

Auf einem Formblatt nehmen die Beam-ten alle Fingerabdrücke des Verdächtigen.Bislang geht das noch herkömmlich mitschwarzer Farbe. In einigen Jahren werdendie Finger nur noch auf eine Glasplatte gelegtund die Abdrücke gehen automatisch per Li-ve-Scan-System zum BKA. Nach der Ab-drucknahme überträgt das polizeiinterne Sys-tem Telebild 2000 die Fingerabdrücke in dreibis vier Minuten nach Wiesbaden. Im Erken-nungsdienst des Bundeskriminalamtes be-ginnt jetzt die Arbeit der Fingerabdrucks-Ex-

perten, der Daktyloskopen. Circa 100 anato-mische Merkmale verbergen sich in einemeinzigen Finger, in der ge-samten Handfläche so-gar bis zu 2000. JederFingerabdruck ist einzig-artig – auch bei eineiigenZwillingen – und bleibtvon der Geburt bis zumTod gleich. Wer versucht,seine Wiedererkennungdurch das Abschneiden von Haut und Gewe-be seiner Fingerkuppen zu verhindern, istzum Scheitern verurteilt: Die Linien wachsenmit genau dem selben Muster nach.

Drei Millionen Fingerabdruckblätter vonStraftätern, aber auch von Asylantragstellern,sind in Wiesbaden gespeichert. Der Computervergleicht die aus Flensburg übermitteltenFingerabdrücke binnen einer Sekunde mit6000 Fingerabdruckbildern des gleichenGrundmusters. Nach wenigen Minuten hat er

SPURENDrei Millionen Fingerabdruckblätter sind in Wiesbaden ge-

speichert. Der Computer hilft bei der Identifizierung. Aber die

eigentliche Arbeit leisten so genannte Daktyloskopen.

10 bis 15 Abdrücke mit bestimmten Überein-stimmungen herausgefiltert.

Für die Daktyloskopen beginnt jetzt dieFeinarbeit. Am PC markieren sie besondereMerkmale des eingesandten Fingerabdrucksund vergleichen sie mit den herausgefiltertenBilddateien. Genau zwölf Merkmale müssen

zwischen zwei Fingerab-drücken übereinstimmen,um eine Person zu identi-fizieren.

Der Vergleich der ausFlensburg eingesandtenFingerabdrücke mit demDatenbestand des BKA ist

erfolgreich: Die Fingerabdrücke sind bereitsgespeichert. Eine Kollegin überprüft den ein-gesandten und die per AFIS ermittelten Ab-drücke noch einmal mit einer Lupe. Dann wer-den mit der AFIS-Referenznummer die zumFingerabdruck gespeicherten Personalien er-mittelt. Zwei bis drei Stunden nach der Fest-nahme wissen die Polizisten in Flensburg: Derangebliche Geschäftsmann ist die gesuchtePerson. Frisur, Haar- und Augenfarbe konnteer verändern. Den Verlauf der feinen Linien aufseiner Fingerkuppe nicht. Ute Schröder

Drei Millionen

Fingerabdruckblätter

sind gespeichert

Nr.02 35

SUCHESeit jeher werden Personalausweise ge-

fälscht, Pässe gestohlen, Passwörterweitergesagt, Codes verraten und

Schlüssel nachgemacht. Jetzt scheint das ein-zige Mittel, die Identität einer Person unwi-derlegbar festzustellen, gefunden: Der Körperist der Ausweis. Messbare biometrische Ei-genschaften einer Person, die sie ihr Lebenlang unverwechselbar machen, sollen zurGrundlage des neuen Personalausweises wer-den, dessen Einführung europaweit ins Augegefasst wird.

Einige biometrische Daten finden sich jetztschon in unseren Ausweisen: Größe, Augen-farbe, besondere körperliche Merkmale. Nichtfälschungssicher genug für die Experten. Sieexperimentieren mit der Regenbogenhaut desAuges – der Iris –, mit Fingerabdrücken, mitGesichts- oder mit Handvermessung. Sogardie DNA-Analyse ist im Gespräch.

Bei der Iris-Analyse machen Datenschüt-zer nicht mit: Aus dem Bild der Regenbogen-haut lassen sich auch Krankheiten ablesen,die Kontrollinstanzen nichts angehen. Diegentechnische Variante wird als extrem sicher,aber zu zeitaufwendig verworfen: Ein DNA-Test dauert Stunden.

Fingerabdrücke gelten als sicher, auchGesichts- oder Handbiometrie. Aber genau dafangen die Bedenken an: Was ist, wenn alleEuropäer in einer Zentraldatei erfasst sind?Wer verhindert die Vernetzung der Daten? Wasist mit denen, die von außen kommen, die alsTouristen einreisen oder einfach nur durchrei-sen? Lassen sich in einer Zeit, in der jeder überScanner-, Laser- und Computertechnologieverfügt, Fälschungen ausschließen? Immer-hin ist ein gestohlener Fingerprintcode nichtso leicht ersetzbar wie eine verlorene Scheck-karte. V.Th.

Was die Biometrieden Experten verrät

Wie das Bundeskriminalamt Fingerabdrücke erkennt

Die Mutter aller biometrischen Merkmale: Seit fast 100 Jahren werden in Deutschland Fingerabdrücke erfasst, um Menschen zu identifizieren Für Laien wirkt ein Fingerabdruck wie der andere – Daktyloskopen erkennen die Unterschiede in Sekunden

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ORTTAT

Nr.02 37Nr.02 37

ORTSchießen, Sport und Paragraphenpauken – die Ausbildung bei der Polizei ist hart: Vorbereitung für denErnstfall am Tatort. Dana Toschner,Valentin Nann und Erol Gurian (Fotos) haben sich unter die Azubis der Polizeifachschule in Leipzig gemischt.

36 Nr.02

INHALT

Nr.0236

REPORTAGE

TAT30 Monate dauert die Ausbildung für den mittleren Poli-zeidienst in Sachsen. Direkt nach der Ausbildung geht eszu den Einsatzhundertschaften der Bereitschaftspolizei

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Nr.02 3938 Nr.02

REPORTAGE

Bring mir sofort mein Radio zurück, du alter Penner, sonst komm’ich mit dem Messer!“ Karin Rothe ist wütend, brüllt ihren Ex-Freund an, tritt ihn vor das Schienbein und schlägt ihm ins Ge-

sicht. Er dreht sich um, geht fluchend weg und demoliert wütend dieScheinwerfer parkender Autos. Ein paar Leute stehen herum, sehen zu,einer filmt das Ganze sogar mit einer Videokamera. Aber keiner greift ein,niemand holt die Polizei.

Ausnahmsweise macht das nichts, denn Karin Rothe heißt in Wirk-lichkeit Jana Reichhardt, und der Streit war nur gespielt. Beim Kommu-nikations- und Verhaltenstraining spielen die Poli-zeischüler Situationen durch, die ihnen später imechten Polizistenleben begegnen können. Und dergespielte Streit war auch nur Nebensache: LehrerGert Wolkwitz will mit der Übung zeigen, dass Zeu-genaussagen immer subjektiv sind und wenigverlässlich. Einige Schüler haben den Streit aus un-terschiedlichen Entfernungen beobachtet, späterwerden sie von Klassenkameraden als Zeugen ver-nommen, und jeder erzählt eine andere Version. Der Streit auf dem Park-platz habe zehn Minuten gedauert, vielleicht eine Viertelstunde, meinendie meisten. Doch das Video zeigt: Es war nur eine einzige Minute. Nichtallein auf Beschreibungen von Zeugen sollen sich die künftigen Polizei-meister verlassen, sondern auf objektive Spuren. „Zu jedem Blutstropfengehört jemand, der sich geschnitten hat“, gibt der Oberkommissar-Leh-rer eine seiner Polizei-Lebensweisheiten weiter.

Die Polizeimeisteranwärter und –anwärterinnen der Lehrgruppe 9/00-21 sitzen vor Gert Wolkwitz im Kreis, in grünen Einsatzanzügen und mitschweren schwarzen Boots an den Füßen.

Seit eineinhalb Jahren sind sie in der Ausbildung, die erste Hürde, dieso genannte Laufbahnzwischenprüfung, haben alle gemeistert. Unter den21 Schülern der Lehrgruppe sind sieben junge Frauen. Die derbe Uni-form will zu ihren langen Haaren nicht so recht passen. Aber sie selbstsehen das anders. Sie wollen keine Extra-Wurst.

„Ich kann mich durchsetzen und mache die Klappe auf, wenn mir et-was nicht passt“, sagt Mandy Reichenberger. Sie hat ihre blonden Haa-re zum Zopf gebunden, die langen Fingernägel sind lackiert. Und trotz-dem: Die Hände können zupacken. „Wer zur Polizei will, muss sich trau-

en, einen Menschen auch mal hart anzupacken,man muss sich wehren können. Und das kann ich.“

Um auf die Polizeifachschule zu gehen, nimmtsie eine ganze Menge auf sich. Jeden Tag fährt die24-Jährige von ihrem Wohnort Güsten in Sachsen-Anhalt eine Dreiviertelstunde mit dem Auto nachLeipzig in Sachsen. Und abends, nach neun Stun-den Unterricht, geht’s zurück.

Hätte Mandy Reichenberger nach dem Realschulabschluss nicht aufihre Eltern gehört, die eine Lehre als Verwaltungsfachangestellte für zu-kunftssicherer und weniger gefährlich hielten, wäre sie wohl heute schoneine Polizistin: „Ich habe eine Lehre gemacht, ein Jahr gearbeitet und wardanach arbeitslos“, erzählt sie. „Jetzt mache ich endlich, was ich schonimmer wollte.“

Nach dem Ende der Ausbildung, wenn Mandy Polizeimeisterin ist undzwei grüne Sterne auf ihren Uniform-Schulterstücken tragen darf, will siezurück nach Sachsen-Anhalt gehen.

Dass die Wirklichkeit unangenehmer werden wird, als es die Rollen-spiele in der Ausbildung zeigen, ist der 24-Jährigen klar. Nach der Aus-bildung wird jeder Schüler zwei bis drei Jahre in den Einsatzhundert-schaften der Bereitschaftspolizei eingesetzt.

„Heute machen wir eine Belastungsübung“, weist SchießtrainerFrank Richter die Schüler ein. Zuerst geht es – mit der etwa sieben Kiloschweren Sicherungsweste am Körper und einer drei Kilo schweren Ma-schinenpistole in der Hand – im Schweinsgalopp zwei Runden durch dasParkhaus. Falk Müller und René Beinecke kommen keuchend undschwitzend zurück in den Übungsraum.

Sie streifen sich die kopfhörerartigen Ohrenschützer über und bezie-hen Stellung hinter der ersten Holzwand. Die Wand verschafft ihnenDeckung, solange sie das Magazin einführen und die Waffe durchladen.Plötzlich taucht in 25 Meter Entfernung vor ihnen eine spärlich bekleide-te junge Dame auf. Sexy Figur, pinkfarbener Slip, enges Top. James Bondhätte sicher seine Freude an ihr. Aber Falk und René eröffnen sofort dasFeuer, denn die zauberhafte Erscheinung – eine an die Wand geworfeneDiaprojektion – hat die Waf-fe auf sie gerichtet.

Die Einschüsse hinter-lassen gelb leuchtendePunkte in den Körpern derjungen Dame und ihres ab-wechselnd auftauchendenmännlichen Komplizen. Pa-tronenhülsen fliegen kreuz und quer durch den Raum. In der Luft hängtein strenger Geruch, irgendwo zwischen Dampflok und Wunderkerzen.

Nach 16 Schuss ist das erste Magazin leer. Ein kurzes Kommandovon René an Falk, die beiden rücken näher heran und postieren sich hin-ter der nächsten Holzwand. Diesmal sollen sie das Ziel aus knieender Po-sition treffen. Wieder peitschen die Schüsse aus der MG. „Höher, höher“,kommt scharf das Kommando von Polizeihauptmeister Richter. Am En-de des Trainings hat die Gruppe mehr als 2000 Patronen verschossen.

Mit seiner Leistung beim Schießtraining ist Falk nicht zufrieden. Dasser zu niedrig gezielt hat, ärgert ihn. Der 21-Jährige ist ehrgeizig. Nach demEnde seiner Ausbildung möchte Falk in die so genannte Beweis- und Fest-nahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei. Das sind die Beamten, dieauf Demonstrationen an vorderster Front stehen und „die Rädelsführerherauslösen“, wie es im Polizeijargon heißt. „Dort wird körperlich nochmehr verlangt.“

Wie fit er ist, kann Falk auch am nächsten Vormittag zeigen. Nachzwei Stunden Informations- und Kommunikationstechnik im Computer-raum steht Selbstverteidigung auf dem Stundenplan. Liegestütze, Kopf-stand und Dehnungsübungen zum Aufwärmen sind für Falk Müller undMandy Reichenberger kein Problem. Dann geht’s richtig zur Sache. Man-dy und Falk schnüren die Gürtel ihrer Judo-Jacken fester. Gemeinsamsollen sie versuchen, den Gegner, einen ihrer Mitschüler, von der

„Ich mache die

Klappe auf, wenn mir

was nicht passt“

Im Schweins-

galopp durch das

Parkhaus

Proben für den Polizei-Alltag: Bei der Ausweiskontrolle ist Höflichkeit gefragt, bei der Festnahme schnelles Zupacken. Beide Situationen werden in Rollenspielen geübt

Aller Anfang ist schwer: die Polizeischüler gehen zwar gekonnt in Stellung undreagieren schnell – doch wie man sieht: Nicht jeder Schuss ist ein Treffer

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Nr.02 4140 Nr.02

REPORTAGE

Bauchlage in die Rückenlage zu drehen. Doch der wehrt sich, macht sichschwer, presst die Ellenbogen eng an den Körper. Falk keucht, auf sei-nem solariumgebräunten Gesicht bilden sich Schweißperlen. Gemeinsammit Mandy versucht er, den Gegner hochzuheben, doch der lässt sichnichts gefallen. Er kämpft, strampelt und plumpst schließlich zurück aufdie Matte. Immer noch in Bauchlage.

Falk und Mandy lassen nicht locker. Später, im richtigen Einsatz, wer-den sie statt des Mitschülers vielleicht einen Hooligan vor sich haben.Beim Training schaffen sie es: auf den Rücken drehen, Arme zusammen,Handschellen um die Gelenke schließen und abführen. Noch einmal undnoch einmal wiederholen sie die Übung. So lange, bis Trainer ReinerHartmann zufrieden ist. „Das muss sitzen“, sagt er, „wer auf dem Bauchliegt, kann sich hochdrücken und weglaufen. Aus der Rückenlage gehtdas nicht, da habt ihr ihn unter Kontrolle.“

Damit die künftigen Polizisten wissen, wie weit sie im Ernstfall gehendürfen und welche Rechte im Gesetz verankert sind, pauken sie am Nach-mittag Paragraphen. In der zweieinhalbjährigen Ausbildung entfallen aufdie Rechtsfächer immerhin fast 20 Prozent der Unterrichtseinheiten.

In der vorletzten Stunde kriecht die Müdigkeit durch die Reihen desKlassenzimmers. Gesellschaftslehre. Heute geht’s um den Islam. Die Köp-fe auf die Hände gestützt, folgen die Schüler mühevoll den Ausführun-

gen von Lehrer und Schuldirektor Horst Riedel. Hier und da ein unter-drücktes Gähnen. Der Direktor hat Verständnis: „Die Schüler sindhochmotiviert, aber manchmal können sie einfach nicht mehr.“ Er gibtihnen die letzte Stunde frei. „Aber nur ausnahmsweise.“

in fo

www.polizei.deOffizielle Seite der deutschen Polizei, mit Links zu den Internetseiten derPolizei in den einzelnen Bundesländern. Dort gibt es dann jeweils nähe-re Informationen und Ansprechpartner zur Ausbildung.

www.unicum.de/abi/a-05-00/as2-0500.htmArtikel aus dem Magazin „Unicum“ über die Ausbildung bei der Polizei

Weitere Infos gibt es auf den Internetseiten des Arbeitsamtes:www.arbeitsamt.de/hst/services/bsw/information/index.html

Ausbildung bei der Polizei

Demonstranten von den Gleisen zu tra-gen, „das ist nicht ganz leicht“, sagtOliver Meyer, weil sie sich schwer ma-

chen. Inzwischen hat er schon mehrere Cas-tor-Atommülltransporte begleitet. Da ent-wickele man eine gewisse Technik: Es brauchtzwei Polizisten für einen Demonstranten. „Je-der nimmt einen Arm und ein Bein.“ Nur wennsie sich wehren, dann benutzen die Beamtenden „Fesselgriff“.

„Normale Sitzblockaden sind legitim“, fin-det Oliver Meyer. Und wenn die Demonstran-ten „Haut ab!“ rufen, dann „nehmen wir dasnicht persönlich und machen unsere Arbeit“.Aber die Proteste laufen nicht immer gewalt-frei ab. Eigentlich müssten Polizisten auch indiesen Situationen wie Maschinen funktionie-ren, sagt er, doch wenn sie angegriffen wür-den, dann komme auch bei ihnen ein „gewis-ser Ärger“ hoch. Deshalb fährt der Polizist mit„gemischten Gefühlen“ zu solchen Einsätzen.„Man weiß nie, was auf einen zukommt“, sagter. „Wir stehen in der Mitte“ zwischen demAtommüll und den Demonstranten. „Es istegal, ob wir das gut finden, dafür oder dage-gen sind“.

*Ihren ersten Einsatz bei einem Castor-

Transport hatte Sylvia Deitmer 1995. Mit da-bei im Portemonnaie der damals 21-Jährigenein kleiner Zettel von ihrer Familie: „Wir sinderst wieder glücklich, wenn du zu Hause bist.“Sylvia Deitmer stammt aus dem Münsterland.30 Kilometer vor der Haustür der Eltern, inAhaus, befindet sich ein Zwischenlager für ra-dioaktive Brennelemente. Als Privatpersonkann sie die Ängste der Anwohner und die Wutmancher Demonstranten gut verstehen.

Aber all das ist vergessen, wenn sie Um-weltschützer und protestierende Anwohnervon den Bahndämmen drängt oder Demons-tranten von den Gleisen trägt. Dann ist sie Po-lizeibeamtin und nicht die „normale“ Sylvia.

„Wer private Gedanken mit in den Job nimmt,kommt auf Dauer in diesem Beruf nicht klar“,weiß sie nach elf Jahren Polizeiarbeit.

Für Polizeiobermeisterin Deitmer kommtes darauf an, die Spielregeln einzuhalten. Beieinem Großeinsatz wie in Gorleben zehrt

Was junge Polizisten bei Großeinsätzen erleben, wenn sie

ihren demonstrierenden Altersgenossen gegenüberstehen.

Oliver Meyer: „Man weiß nie, was auf einen zukommt“schon die Routinearbeit an den Nerven.„Wenn ich fünfzig oder hundert Mal sagenmuss: ‚Verlassen Sie bitte das Gelände!’ unddas nichts bringt, ändert sich irgendwann derUmgangston. Gerate ich dann an einen ein-sichtigen Demonstranten, bei dem der nor-male Tonfall genügen würde, sehe ich dasnicht mehr“, berichtet sie selbstkritisch. Ir-gendwann setze eine Art Schubladendenkenein – bei Polizisten und bei Demonstranten.

Mathias Begalke / Ute Schröder

Durch Kampfsport lernen die Schüler, die im Alltag nötige Spannung aufrechtzuerhalten – auch wenn das am Ende eines langen Tages manchmal schwerfällt

Mit allen Mitteln versuchen die Demonstranten, die Castor-Transporte zu stoppen. Einer hat sich an dieSchienen gekettet, der Polizist greift zum „Leatherman“, um ihn zu „befreien“

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in fo

Wie wehre ich mich gegen Angriffe?

Nr.02 4342 Nr.02

GEGEN GEWALT„Ruck, zuck ist die Fresse dick.“ José Cantinha hat als Streit-

schlichter mit seinen Mitschülern zu tun. Lästereien und Be-

schimpfungen stehen auf der Tagesordnung.

Wenn Mädchen sich schlagen, ist dasrichtig krass. Da wird gekratzt, dawird gebissen, da werden Kleidungs-

stücke zerrissen. Da fließt Blut.“ Bei Jungenseien die Schlägereien fast immer harmloser,könnten aber gefährlich ausarten: „Schläge“,„Tritte“, „rohe Gewalt“.

Der 16-jährige JoséCantinha ist Schüler-Streitschlichter an einerKatholischen Hauptschu-le in Köln. Ganz gelassen– fast ohne eine Miene zuverziehen - sagt er: „Wennzwei auf dem Pausenhofeinen Kampf anfangen, springe ich schon maldazwischen.“ Meist seien die Streitenden soüberrascht, dass sofort Schluss mit ihrer Aus-einandersetzung sei: „Hallo, ich bin José undgehe in die Klasse 10b. Ich und mein Kollegesind hier, um euch zu helfen, eine Lösung füreuer Problem zu finden. Also: Was ist pas-siert?“ Gemeinsam mit seinem Klassenkame-raden Christian Kuban (15) hat er schon mehrals fünfzig Schlichtungsgespräche so begon-nen.

José: „Wenn zwei Schüler Streit haben,können sie ein Gespräch beantragen. Auchdie Lehrer können eine Schlichtung vorschla-gen.“ Dann werde ein Termin ausgemacht:Die Streitschlichter an der Hauptschule habenam Montag und Freitag je eine Sprechstundezur Unterrichtszeit. Zunächst einmal wirdganz offiziell ein so genanntes „Schlichtungs-formular“ ausgefüllt: „Konfliktpartei A“, „Kon-fliktpartei B“, Name der Schlichter und dasDatum. Danach geht es ab ins Schlichtungs-zimmer - eigentlich der Musikraum.

Die Streitparteien sitzen sich am selbenTisch schräg gegenüber, so dass Blickkontaktmöglich ist, sie aber gleichzeitig räumlich ge-

trennt sind. „Jetzt können die beiden Strei-tenden ihren Standpunkt nacheinander vor-tragen“, erklärt José. „In der Ich-Form und oh-ne sich gegenseitig zu unterbrechen.“ Oft seiviel Durchsetzungsvermögen zur Einhaltungdieser Regeln nötig. Ihren Job als Streit-schlichter haben José und Christian deshalb

ein Jahr lang zwei Stun-den pro Woche im Wahl-pflichtunterricht gelernt -dafür mussten sie aufSport verzichten. José:„Da haben wir die mögli-chen Situationen durch-gespielt und gelernt, wiewir reagieren müssen.“

Zur Ausrüstung der Streitschlichter gehörtseitdem auch eine Packung Taschentücher,erzählt er mit einem kleinen Grinsen: „falls eswieder einmal Tränen gibt“.

Lästereien und Beschimpfungen seienam häufigsten Thema der Schlichtungsge-spräche. Gelästert werde meistens über Klei-dung, Frisuren und Aussehen – „hinter demRücken des anderen“. Doch José sagt: „Dukannst auf dem Schulhof nichts Fieses überjemanden sagen, ohne dass er davon erfährt.“In diesen Fällen gebe es fast immer Zeugen,die helfen könnten, den Fall zu rekonstru-ieren. Zuerst fordern Christian und er die Strei-tenden auf, gemeinsam nach einer Lösung zusuchen. Wenn das nicht funktioniert, machensie einen Vorschlag: zum Beispiel eine kleineStrafe für den „Schuldigen“. Beide Parteienmüssen die Lösung akzeptieren und auf demSchlichtungsformular unterschreiben - sonstgilt sie nicht. José zuckt ratlos mit den Schul-tern: „Wenn die Schlichtung einmal scheitert,bitten wir die Betroffenen, sich künftig ersteinmal aus dem Weg zu gehen.“ Seinschlimmster Fall verschlägt dem 16-Jährigenein wenig die Stimme. Vor einem Jahr sei eseinmal um sexuelle Belästigung gegangen. Ei-

nige Jungen aus den mittleren Klassen hätten„Mädchen begrapscht“: „Dieser Fall war soschwierig, da standen wir als Schlichter vonAnfang an unter der Aufsicht unserer Betreu-ungslehrerin.“

Außer einem hätten alle nach der Schlich-tung mit der Belästigung aufgehört. DieserSchüler machte weiter – und musste sich derSchulkonferenz stellen. José erklärt: „Dakonnten wir auch nichts mehr machen.“ Manmüsse wissen, wann nichts mehr zu retten sei.Der Streitschlichter schaut ein wenig verlegenzu Boden. Dann fängt José sich wieder, wech-selt schlagartig das Thema. Großen Spaß ma-che es ihm, Streitereien an der benachbarten

Zur Ausrüstung

gehört eine Packung

Taschentücher

Vereint gegen die Gewalt: JoséCantinha (16) und ChristianKuban (15) bilden das Streit-schlichter-Team an der KölnerHauptschule

Wie ein 16-Jähriger Streit schlichtet Grundschule zu schlichten. Er lacht. „Die den-ken oft, wir wären ganz mächtige Richter undbekommen vor Ehrfurcht am Anfang denMund gar nicht auf.“ Er findet es gut, dassauch die Grundschüler mit den Schlichtem zutun haben. Umso früher lernten sie, mit Kon-flikten sachlich und bedacht umzugehen.

Ablehnen würde er es, einen Fall zuschlichten, in den einer seiner Freunde ver-wickelt ist: „Ich will immer unparteiisch sein.“Nur wird das immer schwieriger: „Seit ichStreitschlichter bin, lerne ich ständig neueLeute kennen.“ Er habe inzwischen viel mehrFreunde an der Schule als früher.

Tobias Peter

Noch schaut keiner der Fahrgäste aufden Eintretenden, der sich offenbarunbeteiligt umblickt. Blitzschnell holt

er ein Butterfly-Messer aus der Hosentasche:„Knete her!“ - „Lassen sie den Mann in Frie-den!“ ruft eine Frau. Gemurmel kocht hoch.Das Opfer versucht erfolglos dem Räuber dieWaffe aus der Hand zu schlagen. Jemandkreischt „Notbremse!“... Ende der Szene.

Alles nur Spiel - aber keiner hat Spaß da-ran. Die Akteure steigen aus der gedachten S-Bahn: der „Täter“ Reinhard Kautz, Kriminal-hauptkommissar, und sein „Opfer“ Theo Bau-er, - und beide atmen auf. Das Rollenspiel istTeil des Seminars zum Umgang mit Gewalt, zudem die Emmaus-Ölberg-Gemeinde in BerlinKreuzberg eingeladen hat. So wie die rund 50an diesem Abend haben sich schon über27.000 in der ganzen Bundesrepublik an-gehört, was der Berliner Kriminalist aus all sei-nen Begegnungen mit Tätern und Opfern, ausStatistiken und psychologischen Forschungenzu einem Konzept zusammengefügt hat.

Was hat Theo, das „Opfer“, gefühlt? „Ichhabe so verbissen wie möglich versucht, diedrohende Gefahr zu ignorieren. Aber ich habesie auf mich zukommen sehen, schon langevor dem Messer, schon lange vor dem erstenWort.“ Um diesen Zeitraum zwischen dem

ersten unguten Gefühl und der eigentlichenTat geht es dem Gewaltexperten Kautz vor-rangig. In diesen Minuten oder auch nur Se-kunden werden die „Regeln“ festgelegt.:Übernimmt der Täter die Kontrolle oder hatdas Opfer eine Chance, dem Angreifer dasHeft aus der Hand zu nehmen?

Der Kriminalist hat Ratschläge parat, aberkeine Patentrezepte: „Der Täter sucht Opfer,keine Gegner. Nutzen Sie die Augenblicke , indenen er noch überlegt, ob Sie als Opfer taug-lich sind. Machen Sie die Bedrohung öffent-lich. Sagen Sie so laut wie möglich: ‘Ich will dasnicht’. Schreien und kreischen Sie, wo nötig.“

Doch nahezu alle in dieser Runde sindsich einig: Es braucht viel Courage, laut zuwerden, sein „ungutes Gefühl“ entgegen allerPeinlichkeit publik zu machen. Es könnte jasein, es wäre gar nichts passiert. Und wie stehtman dann da? Warum hat die denn so hyste-risch gebrüllt? Warum hat der denn gleich dieNotbremse gezogen?

Auch der Anti-Gewalt-Experte warnt vorÜberreaktion: Courage dürfe keine Tapferkeitsein, die den Tapferen selbst zu zerstörendroht. Courage, wo sie nützen soll, heißt, dieeigene Angst zuzulassen, zu fühlen und sieherauszuschreien. Marlies Heinz

PROJEKTE

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44 Nr.02

PROJEKTE

Zum Kotzen! Ich habe echt überlegt, obich nicht die Schule wechseln soll!“ Der15-Jährige, der seinen Namen nicht

nennen will, ist sauer. Sauer auf die Videoka-meras, die seit einigen Wochen nachts denSchulhof der Erich-Kästner-Schule in Schwe-rin überwachen.

Das so ge-nannte ersteSchulsicher-heitskonzept inMecklenburg-Vorpommern willFreizeit-Vanda-len und Graffiti-Sprayern dasHandwerk legen. Denn die Sachbeschädi-gung nimmt zu, an manchen Schulen entstehtim Jahr ein Schaden von über 10 000 Euro.

Mit einer Alarmanlage konnte man zwaretwas gegen Einbrüche in die Erich-Kästner-Schule tun, aber gegen Vandalis-mus war man bisher machtlos,wie der stellvertretende Schullei-ter Ronald Grimm erklärt. Des-halb: Big Brother auf dem Schul-hof. Abends und nachts, immerwenn die Schule abgeschlossenist und die Bewegungsmelderanschlagen, wird aufgezeichnet.Fünf Kameras sind in Bereitschaft. Tut sichwas, gehen die Scheinwerfer an. Stellt sich amMorgen heraus, dass nur eine Katze die Müll-tonne geplündert hat, wird das Band gelöscht.

Ein anderer Fall ist bislang nicht eingetre-ten: „Seit die Videoanlage installiert ist, gibt eskeine neuen Beschädigungen“, freut sichBritta Raabe, Sprecherin beim Landeskrimi-nalamt Mecklenburg-Vorpommern, das die

Aktion mit ins Leben gerufen hat. Für ein end-gültiges Fazit sei es jedoch zu früh. Statt des-sen wird seit Februar eine zweite Schule inSchwerin per Videotechnik überwacht: dieErich-Weinert-Oberschule.

Werner Kessel, Datenschutzbeauftragterdes Landes, ist darüber alles andere als glück-

lich: Er kann den Frust desSchülers verstehen. „Jede Kame-ra ist ein Schritt hin zur flächen-deckenden Überwachung. Unddamit zum Überwachungsstaat“,meint er. „Es ist wichtig, den Sinnsolcher Maßnahmen zu hinterfra-gen. Ich habe erhebliche Zweifel,ob es keine anderen Möglichkeiten

gibt, eine Schule vor Vandalismus zu bewah-ren.“ Aber: Das Hausrecht lässt derartige Me-thoden zu. „Ich habe keine rechtlichen Mög-lichkeiten, dagegen einzuschreiten“, beklagtKessel.

Das gilt auchfür den kritischenund namenlosenSchüler. Auch erhat sich schließ-lich mit den Kame-ras arrangiert: „Eswird ja nur nachtsgefilmt“, meint er

achselzuckend. „Und so gibt es zumindestkeine Beweise dafür, dass wir am Tage heim-lich rauchen.“

Thomas Luczak

Wie in Schwerin Überwachungskamerasgegen Schüler-Vandalen helfen sollenMecklenburg-Vorpommern: Um Freizeit-Vandalen und Graffi-

ti-Sprayern das Handwerk zu legen, werden zwei Schulen in

Schwerin per Video überwacht. Nicht ohne Kritik.

„Seit die Kamera läuft,

gibt es keine neuen

Beschädigungen“

„Jede Kamera ist ein

Schritt hin zum

Überwachungsstaat“

Big Brother in Schwerin? Selbstwenn die Kameras nur nachts an-geschaltet werden, sind sie auch

tagsüber immer präsent

Nr.02 45

Fensterscheiben zerkratzt, Sitzpolsteraufgeschlitzt: Auch in Gelsenkirchenund Bochum wurden Busse und Bah-

nen alles andere als liebevoll behandelt. Hin-zu kamen Klagen von Eltern und Lehrern:Schüler machten sich einen Spaß daraus, jün-gere oder schwächere Mitschüler am Ausstei-gen zu hindern. So entstand die Idee, Schülerauszubilden als Fahrzeugbegleiter: Wieschlichtet man erfolgreich einen Streit? Wiekann man Mitschüler stoppen, die sich im Buseine Zigarette anzünden wollen oder den Na-men ihrer Angebeteten in die Fensterscheiberitzen? Trainer des Verkehrsunternehmensvermitteln seit drei Jahren Hintergrund undpraktisches Handwerkszeug zum Streit-schlichten. „Cool bleiben“ heißt die Devise.

Zum Abschluss des Kurses erhalten dieTeilnehmer einen Ausweis, der sie als offiziel-le Fahrzeugbegleiter erkennbar macht: Eineingeschweißtes Plastikkärtchen an einer Ket-

te, die die Schülerinnen und Schüler um denHals tragen können. „Es bringt einfach mehr,wenn Gleichaltrige sich einschalten“, meintErnst Nieland vom Verkehrsunternehmen.

Die ehrenamtlichen Helfer sollen allerdingskein Sicherheitspersonal ersetzen. Sie können,müssen aber nicht aktiv werden, wenn andererandalieren. „Wenn sie das Gefühl haben, dasssie in Gefahr kommen könnten, sollen sie nichteinschreiten“, sagt Nieland.

Nach drei Jahren steht für die Erfinderfest: Das System hat sich bewährt. Elf Schu-len aus dem Einzugsbereich machen bereitsregelmäßig mit. Immer der achte Jahrgang be-kommt die Chance: 20 Schüler können denKurs besuchen, erhalten den Ausweis – undkönnen bis zum Ende ihrer Schulzeit aktivbleiben. Mehr als 300 Schüler sind mit demKärtchen unterwegs.

Mechthild vom Büchel

Wie in Bochum Schüler gegen Bus-Randale ihrer Mitschüler einschreiten„Cool bleiben“, heißt die Devise der Jugendlichen, die das Bo-

chumer Verkehrsunternehmen als Fahrzeugbegleiter einsetzt.

Schmierereien und aufgeschlitzte Sitze: In jedem Fall kosten die Spuren, die Randalierer in Bussen und Bahnen hinterlassen, eine Stange Geld. In Bochum gibt es dazu ein neues ProjektDie Initiatoren:

Der Kritiker:

GEGEN GEWALT

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Nr.02 4746 Nr.02

HINTERGRUND

Die 16-jährige Lisa hat sich vor ihren PCgesetzt und das Schild „Off Limits – Kein Zu-tritt für Eltern“ an die Türgehängt. Sie startet denRechner, ein paar Maus-klicks, ein paar Eingabenin die Tastatur – schon istsie mitten im virtuellenGeschehen: Sie chattet.Eine aufregende Sache,denn Lisa schlüpft dabeiin eine neue Haut. Jetzt ist sie „Xenia“, ein 20-jähriger Vamp mit langen Haaren und nochlängeren Beinen, der den Jungs mit lässigenSprüchen den Kopf verdreht...

Anonym im Internet agieren – eine reiz-volle Vorstellung. Um so schlimmer,wenn diese Illusion schlagartig zerstört

wird. „Ich sehe, was auf deinem Rechner ist“,heißt es plötzlich im Chat. Oder das CD-ROM-Laufwerk geht ohne erkennbaren Grund auf

und zu. Das sind die harmloseren Dinge.Schlimmer: Die Telefonrechnung schnellt auf

mehrere tausend Eurohoch. Jemand hat dieEinwahlnummer gegeneine 0190er-Nummer ge-tauscht. Oder auf demKontoauszug der Bankerscheinen nie getätigteÜberweisungen. Pro-gramme werden un-

brauchbar, die Installation ist hinüber. Denn:Die weltweite Vernetzung nimmt zu, auf fastallen Rechnern läuft die gleiche Standard-Software. Da wächst die Wahrscheinlichkeit,irgendwann Opfer zu werden. Muss es unterMillionen Surfern gerade mich treffen? Musses nicht, aber der Fortschritt lässt die Gefahrnäher rücken. Java, ActiveX, Flash und Co.machen das Internet bunter und spannender.Damit werden aber immer mehr Prozesse aufdem PC vom Internet aus gesteuert. Fremde

Menschen bekommen leicht Zugriff: Die Toolsgibt es fertig im Internet.

Wer seinen PC ans Internet hängt, kannSchaden erleiden. Sich technisch zu schüt-zen, verringert das Risiko – ausschalten lässtes sich nicht. Heerscharen von Spezialistenarbeiten an besseren Firewalls, Virenschutz-Programmen und raffinierterer Kryptographie-Software. Ihre Arbeit gleicht dem Wettlauf desHasen mit dem Igel: Wenn die Sicherheits-techniker am Ziel sind, ist der Hacker schonda.

Zum Datenaustausch über Internet wer-den die Informationen in kleine Daten-päckchen verpackt und mit der Adresse desZielcomputers auf die Reise geschickt. DieDatenpakete können verschiedenste Wegeum den Erdball nehmen bis ans Ziel. Wer ei-nen Internet-Server betreibt, kann mit so ge-nannten Paket-Sniffern mitlesen, aber nie-manden gezielt ausspähen. Was er mitbe-kommt, ist rein zufällig.

Um Mitlesen zu verhindern, lässt sich dieVerbindung zwischen den Rechnern ver-schlüsseln, zum Beispiel mit der von

Wer hat Zugriff auf welche Daten? Kann man sich überhaupt

schützen? Michael Bechtel und Geert Meyenburg haben sich

bei Hackern, Usern und Sicherheitsbehörden umgehört.

Die Wahrscheinlich-

keit wächst, Hacker-

Opfer zu werden

Wie sicher ist das Internet?

Viele Hacker der ersten Stunde arbeiten mittlerweile auf deranderen Seite: Firmen, die ausspioniert wurden, beschäftigendie Angreifer oft in ihrer Sicherheitsabteilung

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Nr.02 4948 Nr.02

HINTERGRUND

Netscape entwickelten Secure Socket Layer(SSL). Der Nutzer erkennt eine SSL-Verbin-dung an der Adresse (https://). Zertifikat undSchloss-Symbol am unteren Bildschirmrandweisen auf die sichere Verbindung hin.

Elektronische Spuren hinterlässt der Sur-fer mit seiner IP-Adresse. Die bekommt der PCautomatisch, sobald er sich beim Providereinwählt. Sie ist jedes Mal anders, bleibt aberwährend der Internetsitzung gleich. Die be-suchten Websites spei-chern IP-Adresse, Uhr-zeit, aufgerufene Websi-tes, von wo der Besucherkam, welchen Browserund welches Betriebs-system er nutzt. So lässtsich die Attraktivität ver-schiedener Inhalte fest-stellen und das Nutzerprofil eines anonymenSurfers erstellen. Durchbrochen wird die Ano-nymität, sobald der Besucher E-Mail-Adresseoder Kreditkartennummer preisgibt.

Um Besucher beim nächsten Anklopfenwiederzuerkennen, gibt es Cookies (engl. Kek-se). Sie werden auf der Festplatte des Besu-chers (cookies.txt) abgelegt. Darin steht dieausgebende Website, ein beliebiger Inhalt undein Datum, nach dessen Ablauf der BrowserCookies löscht. Mit Cookies können zum Bei-spiel Shop-Systeme ausgewählte Artikel biszur Bestellung speichern. Die Festplatte lässtsich damit nicht ausspionieren oder manipu-lieren.

Mehr Informationen über Surfer-Gewohn-heiten liefern Web-Wanzen („Web Bugs“).Das sind in Websites versteckte winzige Grafi-ken, die nur dem Ausspionieren der Besucherdienen. Bei jedem Seitenabruf sendet der WebBug die IP-Adresse und die Adresse der be-suchten Seite an einem fremden Server. Onli-ne-Werbe-Firmen setzen Web Bugs systema-tisch ein, um die Wege von Internetnutzernüber mehrere Websites hinweg zu ermitteln.

Eine andere Möglichkeit: Data Spills („Da-ten-Überlauf“) sind in Online-Formulare ein-gefügte Miniprogramme. Sie bewirken, dassdie eingegebenen Daten wie z.B. E-Mail-Adressen nicht nur beim eigentlichen Adres-

saten, sondern auch beim Online-Werber lan-den. So etwas ist in Deutschland verboten, inanderen Ländern nicht. Deshalb: Auf auslän-dischen Sites besonders vorsichtig mit per-sönlichen Daten umgehen.

Informationen sammeln ist eine Sache –einen fremden Rechner manipulieren eineganz andere. „Um Zugang zum Rechner ei-nes anderen zu bekommen, muss man dortein entsprechendes Programm installieren“

erklärt Stefan Wolf, Si-cherheitsexperte beimBundesamt für Sicherheitin der Informationstech-nik (BSI) in Bonn.

Es gibt viele Mög-lichkeiten für Angriffe.Schlampig programmier-

te Software kann Angreifern die Tür öffnen.Der Eindringling provoziert zum Beispiel einenPufferüberlauf: Wo ein bestimmter Platz für ei-ne Variable reserviert ist, wird diese mit einemlängeren Wert überschrieben. Das bringt denRechner zum Absturz. Eine andere Möglich-keit: Mit bewusst fehlerhaften Daten kann derParser lahmgelegt werden, der die eingehen-den Signale interpretiert. Solchen Angriffensind überwiegend Server ausgesetzt, wenigerprivate PCs. Der private Anwender schlägtsich mehr mit anderem „Ungeziefer“ herum:

Viren heißen die kleinen Programme, diealles Mögliche anstellen – vom Schabernacküber Spionage bis hin zu Schäden an Pro-gramm und Hardware. Die ältesten Viren ko-pierten sich in *.COM oder *.EXE-Dateien. Ei-ne andere Art, die „Boot-Viren“, befällt nichteinzelne Dateien, sondern den Startbereich.So werden sie bei jedem Start automatisch ge-laden. Um nicht in der Auflistung der Prozes-se oder Dienste eines Systems aufzutauchen,tarnen sich manche Viren durch unauffälligeNamen. Andere manipulieren das Betriebs-system so, dass sie nicht angezeigt werden(„Stealth-Viren“).

Eine andere Tarn-Methode: Der Virus ver-ändert ständig seine Gestalt („polymorphe Vi-ren“). Virenscanner haben es mit ihnenschwerer. „Retroviren“ gehen noch weiter: Siegreifen das Virenschutzprogramm an,

in fo

1. Die Software sollte sicher sein: Regelmäßigim Netz bei Herstellern und auf den Seiten vonComputerzeitschriften nach Patches suchen,die erkannte Sicherheitslücken schließen.

2. Manche Programme nehmen von sich ausKontakt mit Internet-Seiten auf. Das sollte manunterbinden.

3. Browser und E-Mail-Programm auf Si-cherheit testen. Die Computerzeitschrift c’tbietet einen kostenlosen Test: www.heise.de/ct/antivirus/browsercheck undwww.heise.de/ct/antivirus/emailcheck.

4. Ein Antiviren-Programm, das speicher-resistent im Hintergrund wacht, ist ein Muss.Es prüft alle Daten, die hereinkommen.

5. Das Virenprogramm sollte mit dem E-Mail-Programm verknüpft sein – die gefährlichstenViren wurden über E-Mail-Anhänge verbreitet.

6. Wer wichtige Dinge per Mail austauscht,sollte sich ein Verschlüsselungsprogramm an-schaffen.

7. Das Ausfüllen von Formularen auf Websi-tes vermeiden – man gibt E-Mail-Adresse undoft weitere Informationen preis.

8. Eine Firewall ist empfehlenswert, die ver-dächtige Daten von außen abwehrt. Es mussaber genau eingestellt werden, was hineindarfund was nicht.

Ausführliche Infos gibt es unter www.bsi.deund www.sicherheit-im-internet.de

Wie schütze ich mich im Internet?

HACKER HATZ

Vorsicht bei

ausländischen Sites mit

persönlichen DatenDas Internet wird immer schneller und damit auch gefährlicher: Denn viele User verzichten auf Sicher-heitsvorkehrungen, um die Geschwindigkeit ihrer Datenleitung nicht zu bremsen

in fo

„Hacken ist kein Verbrechen“ sagt der ChaosComputer Club (CCC). Die Gesetzgebungsieht das anders: Die Cybercrime-Konventiondes Europarats, der sich Deutschland ange-schlossen hat, verbietet nicht nur Hacker-werkzeuge, sondern auch die Verbreitung vonInformationen darüber. Seit 2001 ist Hackenauch in den USA strafbar. Wer sich an Behör-den vergreift, gilt sogar als Terrorist.

Nach einer Studie des amerikanischen Si-cherheitsunternehmens Riptech wollen diemeisten Hacker ihren Opfern nicht schaden.Sie haben den Ehrgeiz, das Sicherheitssystemvon Unternehmen oder Behörden zuknacken. Sind sie drin, weisen sie meist nurauf die Sicherheitslücke hin. So dienen sie alskostenlose Sicherheitsinspektoren.

Aber nicht jeder, der sich Hacker nennt, istauch einer. Der „Chaos Computer Club“ hateine „Hacker-Ethik“ aufgestellt: „Alle Infor-mationen sind frei“, „Misstraue Autoritäten,fördere Dezentralisierung“, „Mülle nicht inden Daten eines anderen“ und „ÖffentlicheDaten nutzen, private Daten schützen“.

„Cracker“ nennt man diejenigen, die nurhacken, um zu schnüffeln, zu schmarotzenund zu zerstören. Richtige Hacker vergleichensie mit Leuten, die sich KFZ-Mechaniker nen-nen, weil sie ein Auto kurzschließen können.

Das schlimmste Schimpfwort für einenHacker ist „Script-Kiddie“. Der Name unter-stellt, dass der Hacker gar nicht programmie-ren kann und sich lediglich fertige Hackuten-silien als Script aus dem Internet herunter-lädt.

Hacker-Ethik

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Nr.02 5150 Nr.02

HINTERGRUND

um es zu manipulieren. Relativ neu sind „Ma-kro-Viren“. Moderne Software lässt das Ab-speichern von in einer Hochsprache definier-ten Befehlen in der Datei zu, zum Beispiel ei-ne Feldfunktion in einem Word-Dokument, dieautomatisch das aktuelle Datum einfügt. EinVirus, der in einer Makrosprache geschriebenist, kann in einem Bild oder einem Text ver-steckt werden. Öffnet der Benutzer das Doku-ment, werden die Befehle meist ohne Rück-frage ausgeführt. Am häufigsten sind Micro-soft Office-Dokumente befallen. Es gibt aberauch PDF-Viren, Corel Draw-Makroviren,PostSkript-Viren – sogar in einem JPEG-Bildlässt sich ein Virus oder Wurm platzieren.

Würmer machen dasselbe, verbreiten sichaber anders. Sie suchen oder öffnen Daten-verbindungen zu fremden Systemen. Dannkopieren sie sich über diese auf andere Rech-ner. Der berühmte Wurm „l Love You“ wurdeals E-Mail-Anhang verschickt. Es nistete sichim Windows-System ein und verschickte sichanschließend per E-Mail an alle Adressen imOutlook Express-Adressbuch des Benutzers.

Trojanische Pferde holt sich der ahnungs-lose Surfer mit Bildschirmschonern, Sex-Bildchen oder Spielen auf die Platte. Auchbösartige Sites schaufeln mit Hilfe von Ja-vaScript-oder ActiveX-Programmen nebender gewünschten Seite solche Programme aufden PC. Trojanische Pferde können Schädenanrichten wie Viren oder Würmer. Oft wollensie aber eine Hintertür auf dem PC einrichten(Programme wie Back Orifice 2000, NetBusPro oder SubSeven). Über die kann der An-greifer auf das System zugreifen, sobald es on-line ist. Der Trojaner läuft ständig im Hinter-grund. Er kann Tastaturfolgen aufzeichnen,Bildschirmfotos anfertigen, Kennwörter ausle-sen und Dateien manipulieren oder austau-schen.

Im Kampf gegen die Computerkriminalitätgehen die Meinungen auseinander. Die Ame-rikaner wollen Spezialeinheiten unter demProjektnamen CHIP (Computer Hacking andIntellectual Property) aufbieten. Sicherheits-experten wie Richard A. Clarke warnen: Koor-dinierte Angriffe auf das Finanzsystem durchManipulation von Börsen-Rechnern, auf dieComputer von Stromversorgern, Notfallzentra-

len und Militärstützpunkten, auf das Telefon-system und so auf den Online-Datenverkehrselbst seien denkbar.

Auch in Deutschland machen sich Regie-rungsexperten Sorgen. In einer vertraulichenStudie warnten sie laut „Spiegel“: Mit geziel-ten Attacken lasse sich das öffentliche Lebenlahm legen. Versorgungs- und Kommunikati-onsanlagen, Strom-, Gas- und Ölversorgungseien gefährdet. Mehr Geld für Schutztechno-logie müsse her. Eine neue Behörde sollFrühwarn-Systeme aufbauen und Notfallplä-ne erarbeiten.

Der Staat darf zu viele Daten erheben, kritisiert der Berliner

Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Datenschutz – was heißt das?Der Staat darf Daten von Bürgern nur dann

erheben, wenn er begründen kann, warum erdas tut. Der Bürger soll selbst entscheiden,wem welche Daten weitergegeben werden.

Und das sehen Sie bedroht?Die Grenzen werden aufgeweicht. So darf

das Bundeskriminalamt künftig Daten erhe-ben, ohne dass ein konkreter Verdacht be-steht, dass eine Straftat begangen worden ist.Die Nachrichtendienste erhalten zusätzlicheBefugnisse: Künftig werden Banken, Versi-cherungen, Post, Luftverkehrsunternehmenverpflichtet, gegenüber den Diensten Anga-ben zu machen. Das gab es bisher nicht, dasgeschah auf freiwilliger Basis. Auch Internet-anbieter müssen dem Verfassungsschutz An-

gaben darüber machen, wer welche Dienstebenutzt hat.

Aber wie soll man heutzutage Terroristen bei-kommen?

Das ist das große Dilemma nach dem 11.September. Wir gehen von dem rechtsstaatli-chen Prinzip aus, dass die Behörden danntätig werden, wenn sie einen konkreten Ver-dacht haben. Also eine Information, die be-sagt, von bestimmten Personen könnten be-stimmte Gefahren ausgehen. Das Problem:Was tut ein Dienst, der solche Informationennicht hat? Er kann nicht ins Blaue hinein er-mitteln. Dass einer Moslem ist und in eine Mo-schee geht, wo ab und zu radikale Reden ge-schwungen werden, genügt doch nicht als Er-mittlungsgrund.

Hansjürgen Garstka: „... nicht ins Blaue hinein ermitteln“Der Staat ist machtlos?

Das will ich nicht sagen. Man hat im Aus-länderbereich eine Menge geregelt, was manbisher nicht hatte, wie z.B. die Erfassung allerVisumanträge, die abgelehnt worden sind, dieErfassung von Daten aus ausländischen Bot-schaften. So kann man verhindern, dass Visamehrfach beantragt werden.

Warum Ihre Kritik?Es gibt ein Prinzip, das vom Bundesver-

fassungsgericht in seinem Volkszählungsurteilunterstrichen wurde: Die Behörden dürfenDaten nicht auf eine Weise sammeln, die dieBetroffenen daran hindert, von ihren Frei-heitsrechten Gebrauch zu machen. Die Ame-rikaner nennen das „Freezing of rights“, alsoEinfrieren von Grundrechten. Das bedeutet:Der Staat darf mit seinen Maßnahmen nichtbewirken, dass Leute einfach keinen Mutmehr haben zum Beispiel zu demonstrieren.

Das Gespräch führte Volker Thomas

Bis 2005 werden 70 Prozent aller Deutschen das Internet nutzen. 61.000 Computer-Viren sind den Experten heute bekannt, jeden Monat kommen 500 neue dazu

„Wir leben in einem Zeitalter, indem ein Cyberterrorist mit ei-nem Keyboard und einem Mo-dem genau so viel anstellen

kann wie mit einer Bombe.“John Edwards,

US-Senator

HACKER HATZ

info

Langweilig sei sein Job noch nie gewesen,meint Björn Dehms. Der 26-Jährige arbeitetals Firewall-Experte. Er berät die Sicherheits-experten der Bundesbehörden, die mit Hilfeder „Firewall“-Abwehrmauer den Datenver-kehr an der Schnittstelle zwischen Intranetund Internet überwachen. Dieser Punkt ist dieempfindlichste Stelle eines Computernetz-werks, weil sich hier Hacker gerne Einlass ver-schaffen. „Erfolgreiche Angriffe kommenaber so gut wie nie vor“, erzählt Dehms, weildie Behörden wissen, dass sie ein beliebtesZiel sind und sich besonders schützen. „Stän-dig passiert etwas Unvorhergesehenes“,bringt Dehms den Einfallsreichtum derHacker auf den Punkt. Ein großer Teil seinerArbeit sind so genannte White-Box-Tests undBlack-Box-Tests. Beim White-Box-Test unter-sucht er vor Ort, wie die Computer vernetztsind, welche Systeme eingesetzt werden undwie die Firewall eingestellt ist. So kann erSchwachstellen finden. Der Black-Box-Testist der Härtefalltest: er simuliert den Angriff ei-nes Hackers.

Firewall-Experte

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„Wennman vielleichtnur die Masseabbildet, um die Er-eignisse festzuhalten, aber nicht Einzelleuteherausfiltert?“ versucht Christoph Rostig (17)Grenzziehungen.

„Wie sicher kann man eigentlich sein, dassnur die Polizei eventuelle Mitschnitte benutztund nicht gleich noch die Geheimdienste?“fragt sich Christoph weiter. Und Singun Kim(15) beschäftigt der technisch mögliche Big-Brother-Blick in die Privatsphäre. „Die Polizeimuss ja eigentlich der Hüter des Gesetzessein“, überlegt David Lochner (16). „Wennman ihr den Missbrauch der Videos unterstellt– wem sollte man dann noch vertrauen?“

SCHAU

Nr.02 5352 Nr.02

PROJEKTE

Die Augen der jungen Beamtin sind aufden Bildschirm gerichtet. Ihre Hand umfasstden Joystick. Sie lässt das Sichtfeld der Ka-mera, die sie von hier aus bedient, über denLeip-ziger Bahnhofsvorplatz schweifen. Siezoomt, bis sie jenen Mann erkennen kann,der über den Parkplatz schlendert und diePkw umkreist. Sucht er in den Fahrzeugennach Brauchbarem, Verkaufbarem? Versuchter, die Autotüren aufzubrechen? Nein, er triffteine Frau und geht mit ihr forschen Schrittesdavon. Ein anderer spaziert vor der Unter-führung hin und her. Wartet er auf Kundenfür kleine Paketchen? Vielleicht? Vielleichtauch nicht? Er verschwindet in RichtungBahnhof. Allein.

Fast gleichzeitig be-obachtet die Beamtinnoch einen zweiten Bild-schirm, lenkt eine ande-re Kamera. Entlang denGrünanlagen am Ditt-richring, Meter für Metereinige Querstraßen wei-ter. Nach links. Nachrechts. Ein paar Autosrollen. Ein paar Passan-ten hasten. Zwei Rad-fahrer bremsen undschwatzen. Nichts Auf-fälliges.

Der große weißeSchalter im Büro derPolizistin bleibt unange-tastet – keine Mitschnit-te. Und auch die Streifenpolizistendraußen ruft sie nicht, schickt sie nicht,zweifelhafte Personen aus der Nähe zu be-trachten. Heute nicht.

1996 drehte sich inLeipzig die erste Überwa-chungskamera der Poli-zei. Anlass, zu dieserTechnik zu greifen, sei dieKonzentration des Dro-genhandels einschließ-lich der Beschaffungskri-minalität am Innenstadt-ring gewesen, sagen die Befürworter. Zuerstwar das Gerät nur während einer Testphaseinstalliert. Danach wurde das sächsische Poli-zeigesetz novelliert und darin definiert, was ein„verrufener Ort“ ist. Verrufen heißt, dassStraftaten dort in verstärktem Maße vorbereitetund ausgeführt werden. Und an solchen Orten

ist die Installation von Kameras seitdemerlaubt.

Nach der neuen Ge-setzgebung wurde die Ka-mera zur festen Einrich-tung. Eine weitere folgte1999 in Connewitz, demlinks-alternativen Szene-viertel Leipzigs. Währendder Silvesterfeiern 1998/99 und noch einmal imHerbst war es dort zu Ge-waltexplosionen aus derMenge heraus gekom-men. Scheiben klirrten.Sachschaden. Landfrie-densbruch.

Zur Zeit gibt es drei vonder Polizei genutzte Kame-

ras. Alle anderen – in Tiefgaragen, Straßen-bahnen, Banken, Tankstellen, Kaufhäusern,Passagen und wo auch immer – gehören denUnternehmen, auf deren Betriebsgelände sichder Beobachtete bewegt. Diese Betreiber der

Kameras dürfen durchgängig mitschneiden,die Videos archivieren und auswerten. Die Po-lizei kann auf das Material im Zuge von Ermitt-lungen zurückgreifen und es sogar beschlag-nahmen. Durch die Menge der „Spione“ an al-len Fassaden ist es allerdings schwer einzu-schätzen, ob Leipzig nun wirklich, wie es da-mals durch die Medien ging, die am bes-

ten überwachte Stadt inDeutschland ist. Fest stehtnur: Leipzig war Vorreiter,viele andere Großstädtezogen nach.

Es ist ziemlich klar ge-regelt, was die Polizei darfund was nicht: Der Beam-

te im Revier beobachtet, schneidet im Falle ei-nes Verdachtes mit und dirigiert notfalls den Zu-griff der Streifenpolizisten draußen. Ein Mit-schnitt wird in jedem Falle registriert. Zerschlägtsich der Verdacht, muss die Aufzeichnunggelöscht und diese Löschung ebenfalls in denAkten vermerkt werden. „Manche Leute glau-ben, wir schneiden rund um die Uhr mit“, sagt

PLATZDie „bestüberwachte Stadt Deutschlands“: Videoüberwa-

chung auf öffentlichen Plätzen gehört in Leipzig seit 1996

zum Alltag. Marlis Heinz hat einen Blick hinter die Kulissen

geworfen, mit Befürwortern und Gegnern gesprochen.

Polizeihauptkommissar Bernd Turowski, Ein-satzsachbearbeiter des Reviers. „Sie kommendann und verlangen unsere Videos, um bei-spielsweise ihre Unschuld an einem Verkehrs-unfall oder ihre Anwesenheit an einem von unsbeobachteten Ort zu beweisen – da können wirnicht helfen.“

Besonders geheim ist der Überwachungs-mechanismus übrigens nicht. Wer sich aufdem Fußweg von dem Revier etwas auf die Ze-henspitzen stellt, kanndurch die großen Fensterdie Beobachter beim Be-obachten beobachten.Und wer noch mehr wis-sen will, müsste sich zu ei-nem Besuch anmeldenoder am Tag der OffenenTür hereinspazieren.

*Juliane Nagel, 23 Jahre, gehört zu den ent-schlossensten Gegnerinnen des „Überwa-chungswahns“. Ihr Schreibtisch steht im BüroLinXXnet. Die Kamera von Connewitz, nur einpaar Schritte vom Büro entfernt, ist längst de-montiert. Doch auf den Fassaden leuchtet

noch immer die Warnung: „Big Brother is wat-ching you!“. Und die Web-Site der „Kampagnezur Rückgewinnung öffentlicher Räume“(www.nadir.org/camera) wird ständig aktuali-siert.

„Wir sind nicht damit zufrieden, dass dieAnlage vor unserer Tür wieder verschwundenist“, sagt sie. „Es geht nicht um einen einzel-nen Beobachtungspunkt. Es geht ums Prinzip.Wohin soll das – immer weiter perfektioniert –

mal führen? Zur absolutflächendeckenden Über-wachung? Bis hin zur Be-spitzelung am Arbeits-platz? Und wer zieht dieangeblich scharfen Gren-zen zwischen öffentlichund privat? Wer verhinderthundertprozentig jegli-

chen Missbrauch? Das ist doch Horror.“

Dass die Mehrzahl der Leipziger und auchdie Mehrzahl der jungen Leute in der Stadt dieKameras gut findet oder schulterzuckend hin-nimmt, entmutigt Juliane Nagel und ihre Mit-streiterinnen nicht.

*Vier junge Gemeindemitglieder und PfarrerChristian Führer sitzen über Papiere gebeugt.Eine Unterschriftenaktion gegen nationalisti-sche Gewalt, gegen legale braune Aufmärschewird vorbereitet. Es geht um Angst, Gewalt, Si-cherheit.

Wäre eine Kamera, die das Gescheheneauf der Straße dokumentiert, nicht eine be-grüßenswerte Sache? Die Jungen überlegen.Christian Führer, ein Mann der DDR-Bürger-rechtsbewegung, überbrückt die Pause: „Poli-tische Demos – gleich welcher Richtung – vonvornherein zu filmen, halte ich für problema-tisch. Ich kenne sie noch, die Stasi-Kameras,die hier auf unserem Kirchhof alle ‚Zusam-menrottungen’ registrierten. Wir fühlten unswie unter dem erhobenen Zeigefinger dessen,der immer Recht hat. Mehr noch – wir fühltenuns bedroht, so, als seien schwenkbare Ma-schinengewehre schussbereit auf uns gerich-tet. Und diese Erinnerung lässt sich nicht soeinfach verdrängen, selbst wenn man weiß,dass heutzutage andere Regeln gelten.“

in fo

Überwachungskameras auf Leipziger Dächern– das erinnert an die Jahre 1988/89. Dass näm-lich die „Zusammenrottungen“ auf dem Niko-laikirchhof und später auch die so genanntenMontagsdemonstrationen von der DDR-Staats-sicherheit (Stasi) gefilmt wurden, ist bewiesen.Jeden Montag wurde gegen Mittag die teureTechnik namens „Zentrales operatives Fernse-hen des Ministeriums des Inneren“ (ZOF) ins-talliert und in der Nacht wieder demontiert.Aufnahmen von den Kamerapositionen wurdenin einem Ü-Wagen von einem „Regisseur“ ge-sichtet und als „Sendung“ in die Befehlszent-ralen von Leipzig und ab dem 9. Oktober 1989auch von Berlin übertragen. Dort fielen unteranderem Entscheidungen über Polizeieinsatzund sofortige Verhaftungen. Entdeckten dieMitarbeiter in der Menschenmenge jemandenvon denen, die Ausreiseanträge gestellt hatten,wurde der besonders scharf ins Auge gefasstoder – gegen Ende der DDR – seinem Antrag inder Regel schleunigst stattgegeben. Mehr Infos unter www.runde-ecke-leipzig.de

Es ist geregelt,

was die Polizei darf

und was nicht

„Wer zieht die Grenzen

zwischen

öffentlich und privat?“

Wie die Leipziger mit ihren Überwachungskameras leben

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Nr.02 5554 Nr.02

ARGUMENTE

Arabische Terroristen halten deutsche Sicherheits-behörden – so hört und liest man – für naive Weichlin-ge, weshalb man hierzulande angeblich relativ unbe-helligt Anschläge vorbereiten kann. Tut Ihnen eine sol-che Einschätzung weh?

Nein – weil ich sie nicht teile. Erst recht nicht nachden neuen Sicherheitsmaßnahmen und der allge-meinen Aufmerksamkeit für das Thema seit dem11.September 2001. Weh getan hat mir allerdings,dass das Bundesamt für Verfassungsschutz seit Mit-te der 90er Jahre intensiv auf die Gefahren durch denIslamismus hingewiesen hat – aber man hat das nichtso ernst genommen.

Warum nicht?Das hatte verschiedene Gründe. Die einen argwöhnten, uns sei nach dem

Zusammenbruch des Ostblocks der Gegner abhanden gekommen und wirwürden nur schwarz malen. Andere befürchteten – nicht ganz unbegründet– eine Zunahme der ausländerfeindlichen Gewalttaten, die sich ja auch ge-gen Türken und andere Moslems richteten – wie in Mölln und Solingen.

Welche Maßnahmen halten Sie für notwendig?Wichtig sind mehr Informationen über den Islam und den Islamismus. Das

beginnt schon bei den Begriffen. So werden Fundamentalismus und Islamis-mus oft gleichgesetzt. Das ist falsch. Die Fundamentalisten wollen den Islamzum Koran und zur Scharia der islamischen Rechtsprechung, zurückführen.Die Islamisten möchten die Weltherrschaft des Islam errichten – die einen aufpolitischem Weg, die anderen mit Gewalt. Die einen bereiten allerdings denanderen Islamisten den Weg, die ihr Ziel durch die Beseitigung von Personenund durch die Verbreitung von Furcht und Schrecken erreichen wollen.Die meisten Moslems – und darauf kann man nicht genug hinweisen – lehnendas ab.

Kann der ,,Dialog zwischen den Kulturen" das Verständnis füreinander ver-bessern?

Wenn er zustande kommt – natürlich. Ich vermisse aber bei manchenVeranstaltungen mit türkischen Bürgern die Dialogbereitschaft. Da wird bei-spielsweise gefordert, dass deutsche Kinder und Jugendliche auch einmaleinen Gottesdienst in der Moschee besuchen. Wenn ich dann aber sage:,,Einverstanden. Aber schickt dann Eure Kinder bitte auch einmal in die Kir-che", herrscht plötzlich Schweigen.

Das Gespräch führte Sandra Daßler

Ich persönlich fühle mich nicht mehr oder weniger be-droht als vor den Anschlägen. Aber dass die Welt nichtganz dieselbe ist, glaube ich schon. Man kann sichdarüber streiten, wie stark die Veränderung ist. Mein

Freund und Nachfolger an der London School of Economists, An-thony Giddens, vergleicht es manchmal mit der Erfahrung, die wirhaben, wenn wir stundenlang ein bisschen zu schnell Auto gefah-ren sind und plötzlich ist auf der anderen Fahrbahn ein schwererUnfall zu sehen. Und wir fahren die nächste Stunde etwas langsa-mer, etwas vorsichtiger und etwas nachdenklicher. Aber dann setztdoch wieder Normalität ein. Ich bin nicht seiner Meinung, dass dasin dem Maße wieder verschwinden wird aus unserem Bewusstsein.Ich glaube, es bleibt das Element einer diffusen Bedrohung, bei derman den Feind eigentlich nicht sehen kann und auch nicht so klaridentifizieren kann, wie in historischen Auseinandersetzungen.

Ich glaube, wir sind eher zu großzügig gewesen im Nachgeben ge-genüber voraufklärerischen Haltungen! Und was mich betrifft, sowerde ich jetzt noch entschiedener diejenigen attackieren, die ineiner Weise reden, die einfach völlig unvereinbar ist mit den Grund-werten einer offenen Gesellschaft. Wenn ein Moslem sagt, unserGott hat alles vorentschieden, und wenn das unsere Gesellschaftnicht sehen will, dann habe er nichts mit dieser Ge-sellschaft im Sinn, dann sage ich zu ihm: Warum bistDu dann hier? Dann gehe gefälligst dahin, wo DeineWerte vorherrschen.

Peter Frisch: „Die meisten Moslems – und darauf kann man nicht genug hinweisen – lehnen Gewalt ab“

Ralf Dahrendorf: „Ich glaube, wir sind eher zu großzügig gewesen“

ÄLTESTEN RATDer 66-Jährige Jurist war von 1996

bis 2000 Präsident des Bundesamtes für

Verfassungsschutz (BVS) in Köln.

Der 72-jährige Professor der Soziologie

und ehemalige FDP-Politiker gehört seit

seiner Ernennung zum Lord 1993 dem

britischen Oberhaus an.

Das Bundeskriminalamt erhält in diesemJahr zusätzlich 43 Millionen Euro für 244neue Planstellen unter anderem im Perso-nenschutz

Lord Ralf Dahrendorf beschreibtseine Eindrücke von der Bedrohungnach den Terroranschlägen undwehrt sich entschieden gegen dieThese, dass die westliche Welt dieAnschläge provoziert hat.

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Streitthema Rasterfahndung: „Es gibt einen Zwiespalt zwischen Verstand und Gefühl“, sagt ei-

ner der drei Bonner ausländischen Studenten, deren Stimmen stellvertretend für viele stehen.

„Sie soll ja auch nicht gegen Ladendiebe eingesetzt werden“, entgegnet der Polizist.

Art und Weise ist für Muslime allerdings verunsichernd. Viele muslimi-sche Studenten fühlen sich in die Ecke gedrängt und zogen sich nachdem 11. September teilweise aus Aktivitäten wie denen der islamischenHochschulvereinigung zurück. Ich denke, das gilt auch für mögliche Fa-natiker oder „Schläfer“. Deshalb bezweifle ich, dass man ihnen mit derRasterfahndung auf die Spur kommt.

Haluk (35), ist Vorsitzender der islamischen Hochschulvereinigung an der Universität Bonn

Wenn ich auf der Straße unterwegs bin, in die Moschee gehe oder zuHause bin, kommt mir manchmal der Gedanke: Werde ich als Muslimabgehört? Hört ein Dritter mir die ganze Zeit über meinHandy zu?

Kareem (22), studiert Jura in Bonn und lebt seit 17Jahren in Deutschland

Nr.02 5756 Nr.02

ARGUMENTE

Ich bin nicht total gegen die Rasterfahndung, aber auchnicht hundertprozentig dafür. Ich denke, es ist viel wichti-ger, bei der Polizei und anderen Behörden Beamte einzu-setzen, die intensive Kontakte zu Muslimen haben und

erkennen, wenn irgendwo extremistische oder terroristische Gruppie-rungen entstehen. Dafür müssen sie die arabisch-muslimische Kultursehr gut kennen.

Marwan (24), ist Palästinenser und Christ. In seiner Heimat besuchte er eine deutsche Schule, jetzt studiert er

Lebensmitteltechnologie in Bonn

Es gibt einen Zwiespalt zwischen Verstand und Gefühl: Ich weiß, dassich nichts zu verbergen habe. Dadurch, dass ich eventuell überprüft wer-de, empfinde ich das als Kriminalisierung. Ich verstehe, dass der Staatversucht, seine Bürger vor terroristischen Anschlägen zu schützen. Die

Die Rasterfahndung ist unerlässlich für die Polizeiarbeit –und das übrigens schon sehr lange Zeit. Wer an einem Tat-ort zum Beispiel Reifenspuren von einem VW Golf findet,und dann alle Golf-Fahrer in der Umgebung befragt, macht

ja auch eine Rasterfahndung. Die elektronische Rasterfahndung, überdie wir heute sprechen, unterscheidet sich nur dadurch, dass sie die Da-ten schneller verarbeiten kann. Natürlich muss die Polizei darauf ach-ten, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Aber die Rasterfahndungsoll ja auch nicht gegen Ladendiebe eingesetzt werden, sondern gegenTerroristen und organisierte Kriminelle. Oft hat die Polizei auch keine an-deren Mittel – es ist zum Beispiel unheimlich schwierig, einen verdeck-

ten Ermittler in eine ethnisch geschlossene Gruppe – wie es die Islamis-ten sind – einzuschleusen. Wenn dann eine Katastrophe passiert, stehtdie Polizei in der Kritik, weil sie die Informationen nicht vorher hatte. DieRasterfahndung dient dazu, möglichen Terroranschlägen vorzubeugen.Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn jemand eine Autobahnbrückeauf der A3 von Köln nach Frankfurt in die Luft sprengt? Solche Szena-rien sind seit dem 11. September keine abstrusen Phantasien mehr. DieTerroristen haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, solcheAnschläge zu verüben.

Konrad Freiberg, Bundesvorsitzenderder Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Haluk: „Die Art und Weise ist für Muslime verunsichernd“

Konrad Freiberg: „Was passiert, wenn jemand eine Autobahnbrücke auf der A3 in die Luft sprengt?“

RASTER

FAHNDUNG

Wir werden Ihrer Katze die Krallen ziehen müssen!

Das Essen ist so la-la, aber von der Sicherheit her – fantastisch!

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LESERMEINUNG

Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung • Ausgabe 02 • April 2002

Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Berliner Freiheit 7, 53111 Bonn, Telefon: 01888-515-0

Redaktion:Dieter Golombek (verantwortlich) Bundeszentrale für politische Bildung ([email protected]);Dieter Gaarz (Koordination) media.team.gaarz ([email protected])

Redaktionsanschrift / Leserbriefe: fluter – Magazin der Bundeszentrale für politische Bildungmedia.team.gaarz Friedrich-Ebert-Straße 51429 Bergisch GladbachTelefon: 02204-84 32 40 Fax: 02204-84 32 45 E-Mail: [email protected]

Redaktionelle Mitarbeit und Texte:Dr. Enno Bartels, Michael Bechtel, Mathias Begalke, Mechthild vom Büchel, Ralf Dahrendorf, Sandra Daßler,Diana Fallenstein, Konrad Freiberg, Dr. Peter Frisch, Dr. Yvonne Fritsche, Nina Grontzki, Marlis Heinz, JanKeith, Katja Korf, Annette Lehmann, Thomas Luczak, Geert Meyenburg, Valentin Nann, Tobias Peter (Köl-ner Stadt-Anzeiger), Alexandra Ringendahl, Juliane Schäuble, Martin Scholz (Frankfurter Rundschau), UteSchröder, Jan Schwarzkamp, Martin Spletter, Volker Thomas, Dana Toschner, Lukas Wallraff, Martin Winter(Frankfurter Rundschau)

Titel: Erol Gurian

Fotos & Illustrationen:AP S.33,41,49 (4); argum S.28-29 (1); Udo Beißel S.27 (5); Cartoonbank S.56-57 (2); cinetext (S.8), ddpS.11,45 (2); dgf S.51 (1); dpa S.30-31,54,55 (3); Cornelia Fischer S.4-5 (1); Das Fotoarchiv S.25,34 (2);GAFF S. 52-53 (2); Erol Gurian S.36-40,54(8); Volkmar Heinz S.52; Keystone S.21; Heiko Matz S. 19 (5);Guido Raith S.6; Pascal Rest S.6; Konstantin Sachariew S.44; Raphael Schwiertz S.7; Stock 4B S.23,47 (2);Alexandra Umbach S.7; vario-press S.32 (1); Melanie Werlemann S.12-17 (7); Stefan Worring S.42-43 (1)

Kooperation mit Jugend-Redaktionen:Cocktail/WAZ-Verlagsgruppe (S.4-7), Jups/Peiner Allgemeine Zeitung (S.41), Kölner Stadt-Anzeiger/Ju-gendbeilage Erftkreis (S.27), Ozelot/Ostsee-Zeitung (S.52), Quergestreift/Südthüringer Allgemeine (S.19)

Gestaltung und Layout: Marc Tulke ([email protected])

Satz + Repro: Reprotechnik Mirgel+Schneider GmbH, Bonn

Druck: Tiefdruck Schwann-Bagel GmbH, Mönchengladbach

Vertrieb, Bestellungen und Abbestellungen: Universum Verlagsanstalt, Taunusstraße 54, 65183 Wiesbaden,Telefon: 0611-90 30-267 Fax: 0611-90 30-277 oder 0611-90 30-281

Redaktionsschluss: 6.3.2002

Papier: Dieses Magazin wurde auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt

ISDN 1433-2906

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IMPRESSUM

Auf den ersten Blick würde ich esnicht für eine politische Zeitung hal-ten. Würde etwas für politisch halten,wenn da Politiker sind. Das würde ichfür ein Stadtmagazin halten.

Marlis, 17, Azubi (Hotelfachfrau)

Ziel ist, dass sich die Jugendlichenmehr für die Politik interessieren. DieZeitung ist neutral.

Ines, 17, Schülerin

Die Zeitschrift würde ins Wartezim-mer passen, weil mich dieses ganzePromigetue der Zeitungen wie „Gala“nicht interessiert. Hier könnte mansich weiterbilden, ich bin mir sicher,dass es da Informationen gibt, die ichnoch nicht kenne. Das Thema Terro-rismus ist ja schon interessant und esgibt ja auch immer wieder was Neu-es drüber ... aber kaufen würde ich´smir nicht ...

Saskia, 19, Schülerin

Die versuchen verzweifelt, die Ju-gend für Politik zu interessieren. Diemüssen versuchen, die Jugend po-litisch zu interessieren, schon des-halb, damit die Wahlbeteiligungnicht noch mehr fällt. Hinter derBundeszentrale stecken ältliche,weise Beamte, die die Jugendlichensachte auf den ‚richtigen‘ Wegführen wollen – zur Demokratie hin.

Peter, 21, zur Zeit arbeitslos

Die Zeitschrift passt gut für Leutemeines Alters. Das Design ist nichtaltmodisch und nicht zu verspielt.Das seriöse Thema ist aufgelockertaber auch nicht zu sehr aufgelockert.

Britt, 18, Schülerin

Die wird ausgegeben von der BpB,damit die Jugend auch weiß, was ge-rade so passiert, damit die eben jetzt

nicht nur die RTL- und Pro7-Infor-mationen kriegen, sondern auchrichtige Hintergründe und so. Damitsie sich auch damit auseinanderset-zen. Es gibt ja ziemlich viele Moslemsin Deutschland, eigentlich an jederSchule. Und dass da nicht Situatio-nen entstehen, dass die ausgegrenztwerden jetzt nach dem Anschlag,deshalb glaube ich, hat man das ge-macht.

Gerald, 17, Schüler

Die Zeitschrift ist informativ. Ich glau-be, mein Informationsbedarf würdegedeckt. Es ist viel auf einmal, aberwenn man sich heineingelesen hat,ist es wie ein Buch. Es ist für Ju-gendliche, weil viele Bilder enthaltensind und die Texte leicht leserlichsind.

Carmen, 20, Studentin (VWL)

„Ich kenne keine ähnlichen Zeit-schriften. Hier sind ziemlich vielegroße Bilder und eher wenig Text. Eswirkt nicht so geballt. Im „Spiegel“sind nicht so große Bilder. Hier hatman auch mal eine Seite, auf der nurBilder sind. ... Es dreht sich mehroder weniger alles um ein Thema. Eswerden verschiedene Aspekte be-leuchtet, man bekommt auch Hin-tergrundinformationen, z.B. überden Islam. Es wird nicht die vorherr-schende Meinung dargestellt, son-dern man zeigt auch, dass Moslimegegen Hass demonstrieren, das fin-de ich gut.“

Sabine, 18, Studentin (Medientechnik)

Typisches Medienschockbild am An-fang, aber trotzdem, es ist für politik-interessierte Leute. Auch wenn hiernicht Bundeszentrale für politischeBildung stehen würde, wäre es sofortklar, dass es hier um Politik geht. Das

sind Profis, die das machen. DieÜberschriften sprechen an, es istkeine Unterhaltungszeitung ... manerkennt auch, dass es keine so nor-male kommerzielle Zeitung ist.

Leo, 19, zur Zeit arbeitslos

Mich nervt das. Man ist sowieso im-merzu mit dem Thema bepflastertworden: seit September die ganzeZeit. Es ist schon ziemlich viel. Über50 Seiten zum Terrorismus-Thema.Zusätzlich zu Fernsehen, Zeitungen,auch in der Schule haben wir darü-ber geredet. ... Ich bin jetzt nicht sobegeistert davon. Es kann schon fürLeute, die nicht so viel wissen, wennsie sich dafür interessieren, vielleichthilfreich sein. Für die Schule, wennman da mal was machen muss.

Bernd, 17, Schüler

Die Zeitschrift ist für Jugendliche ge-macht, 14 – 20 Jahre. Auch für Er-wachsene, aber eher für Jugendli-che. Es sind viele Jugendliche (S. 15-19) abgebildet. Die Zeitschrift passtzu jungen Leuten, weil das Thema al-le interessiert und viele wissen nichtsüber die Hintergründe, zum BeispielTaliban.

Tom, 18, Schüler

Übersichtlich, große Bilder, kurze Ar-tikel, große Überschriften, auch maleine Doppelseite nur Bild, Inhaltsver-zeichnis ist groß. So Infosachen sindauch ganz nett. Wirklich neumodischist sie nicht, soll sie wahrscheinlichauch nicht sein. Es wurde nicht ver-sucht, was reinzumischen, was sieglauben, was für junge Leute interes-sant ist. Das ist besser. Wahrschein-lich haben sie gemerkt, dass es nichtgut ankommt, wenn das doof ver-mischt ist und beides nicht richtigrüberkommt.

Anne, 20, Azubi (Köchin)

Also ich denke schon, man musszwar nicht hoch intelligent sein, aberdoch mehr als Hauptschule.

Boris, 16, Schüler

Die Gestaltung ist ganz okay. Ich wür-de es auf jeden Fall lesen. Es ging si-cherlich noch irgendwo besser, ichfinde das Hellblau nicht so schön. Esbeißt sich ein bisschen mit dem Gelb.Ansonsten übersichtlich scheint esmir schon. Ich mag das nicht, wenndie Überschriften so groß und so her-ausstechend sind. Wenn die Über-schriften so groß sind, da habe ichimmer das Gefühl, dass der Textnicht wichtig ist.

Wibke, 16, Schülerin

Das finde ich ganz gut gemacht, dassdas so gegliedert ist mit Reportage,Menschen, Hintergrund, Argumen-te, auch die verschiedenen Farben.Findet man gut, wo was ist.

Doreen, 17, Schülerin

Wenn ich es richtig verstanden habe,sind das Berichte aus verschiedenenStädten, wie Muslime hier inDeutschland leben, wie sieht ihr Alll-tag seit dem 11.9. aus. Das ist schonsehr interessant, weil es eine andereSicht ist. ... auch die Frage, ob es Un-terschiede dann gibt in den Gemein-den. Es sind ja nicht alle Moslemsgleich.

Rico, 17, Schüler

Das mit der RAF, das war ein bis-schen interessant, weil man über dieGeschichte nicht soviel hört. Das istnoch zu jung, um in Geschichts-büchern zu stehen. Und das wird vonden Medien nicht so oft vorgeholt. Ichglaube, ich würde da sogar das In-terview lesen. Gerade mit den ehe-maligen Mitgliedern. Das würde michschon interessieren, was die dazu sa-gen.

Ralf, 20, Bundeswehrsoldat

Ich habe von der Zeitung noch nieetwas gehört, man sollte Werbungmachen. Die Internetadresse istnicht schwer zu merken, aber wo ichdie Zeitung bekomme, weiß ich im-mer noch nicht, außer dass ich siebestellen kann. Vielleicht Fernseh-werbung? Dort gucken die meistenLeute.

Sigrid, 18, Schülerin

Ist nicht krampfhaft auf Jugendlichegemacht, aber es spricht Jugendli-che an.

Yasemin, 19, Schülerin

1 Vornamen verändert

Lesermeinung – diesmal nicht als E-Mails oder Leserbriefe. Das Frankfurter Psydata-Institut

befragte Jugendliche zwischen 16 und 22 Jahren. Stimmen1 zu Fluter Nr. 1

Noch mehr fluter gibt es online:

fluter.de – das neue Jugendmagazin im Netz. Wöchentlich Kino-News, monatlich aktuelle Ereignisse aus Politik, Gesellschaft und Literatur – in Texten, Bildern und Videos.

Wir wollen wissen was unsere User denken, des-halb neu auf fluter.de: Foren und Polls.

Ab Mai noch mehr Interaktivität mit Terminplaner, Newslettern und Chat-Events.

Unter www.fluter.de/mitreden/ gibt es ein Forumzum Thema „Sicher Leben“, in dem Leser mit anderen Lesern und der Redaktion diskutierenkönnen.

Die Online-Ausgabe steht ab 1. April im Netz, dieMai-Ausgabe von fluter-online widmet sich demThema „Gentechnik“.

Die Online-Redaktion

Wählen gehen ...„Ich kann doch nichts verändern“ – „Die Politiker machen doch, was sie wollen“ – „Jugendliche ha-ben keine Lobby“ – typische Aussagen von jungen Leuten, die am 22. September zum ersten Mal dieMöglichkeit haben, bei einer Bundestagswahl ihre Stimme abzugeben? Haben sie Recht? Macht esSinn, die Politik links liegen zu lassen? Ist es sinnlos, wählen zu gehen? Wie ist Ihre Meinung?

Die nächste Ausgabe von widmet sich dem Thema Wahlen. Erscheinungsterminist der 1. Juni 2002. Sagen Sie uns, was Sie zum Thema Wahlen/Politik zu sagen zu haben.

Redaktion flutermedia.team.gaarz, Friedrich-Ebert-Straße, 51429 Bergisch [email protected]