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Förderliche Leistungsbewertung Thomas Stern, IUS-IFF Wien, IMST Innsbruck, April 2010

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Förderliche Leistungsbewertung

Thomas Stern, IUS-IFF Wien, IMST

Innsbruck, April 2010

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A. Dilemma der Leistungsbewertung

Wie stellt man, ohne das Lernen zu behindern, fest, was jemand kann?

Forschungsergebnisse

Funktionen der Leistungsbewertung

Dilemma Spannungsfelder

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Welche Leistungen zählen?

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„Neues Lernen“ – alte Prüfungsformen (www.qis.at)

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Leistungsbewertung kann kontraproduktiv sein und das Lernen behindern

• Wofür gibt es Prüfungen und Noten? (Perrin 1991) Schülerbefragung an Genfer Elementarschulen:

- Gute Schüler/innen: Lehrer/innen und Eltern brauchen Zeugnisse. - Schwache Schüler/innen: Schlechte Noten machen Druck, mehr zu lernen, aber auch Angst zu versagen.

Entscheidung im Kanton Genf: Weniger summative Tests, mehr formative Bewertungen

• Welches Verhalten rufen Prüfungen hervor? (Broadfoot et.al. 1990)

- Erraten, was die Prüfer/innen hören wollen, - Vergleich mit anderen Prüflingen, - Lernen für den Prüfungserfolg (statt für besseres Verständnis)

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Forschungen zeigen: Lernqualität hängtstark von der Bewertungspraxis ab

• Prüfungen (summative Bewertungen) haben schwerwiegende Rückwirkungen auf das Lernen, u.a. „learning and teaching to the test“, geringere intrinsische Lernmotivation, minimalistische Lernstrategien, Prüfungsangst, kleineres Selbstwertgefühl v.a. bei lernschwachen S/S (Harlan/Deakin Crick 2002)

• Lerndiagnose (formative Bewertung) und kontinuierliches Feedback führen zu Lernerfolgen - auch bei lernschwachen Schüler/innen (Black/Wiliam 1998)

• Partner- und Selbstbewertung wirkt sich positiv auf Lernbereitschaft und -effektivität aus (Black/Wiliam 1998)

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Drei Ebenen der Lernerfolgsmessung

• Leistungsfeststellung (Test)liefert Informationen über den Wissens- und KenntnisstandAufgaben + Kriterien

• Bewertung evaluiert das Testergebnis („Durchschnittliche Leistung“ oder „16 von max. 24 Punkten“ oder „3“)

• Beurteilung

zieht Konsequenzen aus der BewertungErfolg/Misserfolg Lob/Tadel, Belohnung/Bestrafung, (Nicht-)Berechtigung bzw. (Dis-)Qualifikation

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Drei Bezugsnormen der Leistungsbewertung

• Sozial- oder Kollektivnorm (gruppenorientiert)

Vergleich mit der Durchschnittsleistung einer Bezugsgruppe (Normalverteilung? Nachteil: wiederholter Misserfolg für schwache S/S)

• Sachnorm (kriterienorientiert)

Vergleich mit den Lernzielen (absoluter Maßstab)(Misserfolge für viele bei zu schwierigen Aufgaben; Erfolgserlebnisse für alle bei gestuften Aufgaben)

• Individualnorm (personenbezogen)

Vergleich mit einer früheren Leistung derselben Person(Dokumentation persönlicher Lernfortschritte)

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Funktionen von Leistungsbewertung(Kleber 1992, Häußler u.a. 1996)

• Rückmeldungen für Schüler/innen Lernziele erreicht?

• Rückmeldungen für die Lehrperson Unterrichtsqualität? Förderungsbedarf?

• Lernsituation / Sozialisation Lernen aus Fehlern? Gelegenheit zur Bewährung?

• Selektion Berechtigungen, Chancen für Karriere und sozialen Aufstieg

• Disziplinierung „Leistungsdruck“

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Assessment Standards NCTM 1995: „Leistungsbewertung sollte das Lernen unterstützen und

Lehrer/innen wie Schüler/innen brauchbare Informationen liefern“

Dilemma der Leistungsbewertung (Ingenkamp 1997)

Zwei konträre Aufgaben: Erteilung von Qualifikationen und/oder Verbesserung des Lernens.

„ ... verhängnisvoll ... , dass die Erteilung von Qualifikationen und Berechtigungen überwiegend der Schule übertragen wurde und dort

alle anderen diagnostischen Aufgaben überlagert hat.“

Gibt es Auswege aus diesem Dilemma??

• „Trennung von Lern- und Leistungssituationen“ (Externalisierung?)

• Weniger summative, mehr formative Bewertungen

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FORMATIVE BEWERTUNGLERNDIAGNOSE

Während der Lernphase

Prozessorientiert

Möglichkeiten zum Nachbessern

Anerkennend, anspornend

Fehler willkommen

Z.B. verbunden mit Förderangebot

Fehldiagnose ("Missing“): Leistungsschwäche bleibt unerkannt: Lernförderung unterbleibt.

Formative und summative Bewertungen Lern- und Leistungsdiagnosen

SUMMATIVE BEWERTUNGLEISTUNGSDIAGNOSE

Am Ende der Lernphase

Ergebnisorientiert

Endgültig

Neutral

Fehler unerwünscht

Z.B. verbunden mit Berechtigung

Fehldiagnose ("False alarm"): Negative Beurteilung trotz guter

Kenntnisse: Lebenschancen werden verbaut.

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Drei „klassische“ Gütekriterien für die Leistungsbewertung

• Objektivität

Unabhängigkeit von der bewertenden Person

• Verlässlichkeit

Präzision, Trennschärfe, minimaler Messfehler

• Validität

Gemessen wird das, was gemessen werden soll

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B. Förderliche Prüfungskultur

Wie kann Leistungsbewertung das Lernen unterstützen?

B1. Innovative Ansätze bei der Leistungsfeststellung

B2. Einbeziehung von Elementen der Selbsteinschätzung

B1. Innovative Ansätze bei der Leistungsbewertung

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B1. Beispiele für innovative Ansätze bei der Leistungsfeststellung

• Blitzfeedback mit ABCD-Kärtchen (Multiple-Choice-Frage)

• „Minute paper“ / Blitzumfrage / „Exit pass“

• Tests mit versch. Aufgabentypen (z.B. MC, freie Antworten, Begriffszuordnungen, Zeichnungen, „umgekehrte Fragen“ ... )

• Aufsatz oder Referat (mit persönlicher Stellungnahme)

• Zweiphasenarbeit (Möglichkeit zur Überarbeitung)

• Protokolle (Beobachtungsnotizen, Fotos, Ausschnitte, Zusatzinfos ... )

• Themenmappe / Dossier (zu einem selbst gewählten Spezialgebiet)

• Begriffsnetz (Concept Map)

• „Performance Task“ (Experimentier-, Problemlöseaufgabe)

• Partnerarbeit, Gruppenpräsentation

• Bearbeiten und Kommentieren von PISA-, Standards-Aufgaben

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Blitzfeedback mit ABCD-Kärtchen (Wiliam, 2006)

©Wiliam

MC-„Verständnisfrage“ (hinge question)

Was können wir tun, um die OZONSCHICHT zu erhalten?

A. Die Kohlendioxidausstoß von Verkehr und Industrie senken.

B. Die Abholzung der Regenwälder einstellen.

C. Fahrverbot für Autos an Tagen mit hohen Ozonwerten

D. Sorgfältige Entsorgung von Kühl- schränken und Airconditionern

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Minute paper / Blitzfeedback / “Exit Pass“ (Angelo, T.A. & Cross, K.P. (1993): Classroom Assessment Techniques)

• Schüler/innen schreiben am Ende der Stunde auf Kärtchen:

(a) „Was war das Wichtigste, was ich heute gelernt habe?“

(b) „Welche Fragen sind für mich offen geblieben?“

• Die Lehrperson wertet die Antworten bis zur nächsten Stunde aus, gibt Schüler/innen Feedback, greift Anregungen auf.

• Vorteile: Feedback auch für die Lehrperson; Meinungsspektrum der ganzen Klasse;

Informationen für die weitere Unterrichtsplanung.

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Begriffsnetz 1 („concept map“)(Häußler u.a. 1996)

Notiere die Begriffe: Atome, elektrischer Strom, Elektronen, Metall, Plastik, statische Elektrizität. Stelle möglichst viele Verbindungen zwischen ihnen her, markiere sie mit einem Pfeil und beschreibe in wenigen Worten, welchen Zusammenhang du erkennst.

Aufgabenlösung durch einen Schüler der 8. Schulstufe.

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Begriffsnetz 2 („concept map“)(Häußler u.a. 1996)

Rückschlüsse aus den verwendeten Begriffen auf Präkonzepte und aus der Zahl der Verbindungslinien auf das Verständnis von Zusammenhängen.

Aufgabenlösung durch eine Schülerin derselben Klasse.

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Experimentieraufgabe („Performance Task“) (TIMSS II 1998 Natwiss)

Du hast: 6 Stahlkugeln, 10 Büroklammern oder Haarnadeln, 6 Beilagscheiben, 2 Eisen-stifte, 2 Magneten A & B, ein 30cm-Lineal.

Deine Aufgabe: Benütze diese Dinge, um herauszufinden, welcher der beiden Magneten A oder B stärker ist!

1. Experimentiere, dann vervollständige diesen Satz: Ich habe heraus gefunden, dass der Magnet ..... stärker ist.

2. Beschreibe alle Schritte, wie du darauf gekommen bist, welcher Magnet stärker ist. Zeichne Skizzen und Diagramme als Teil deiner Antwort, wenn dir das beim Erklären hilft.

MAGNETEN

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B2. Beispiele für die Einbeziehung von Ele-menten der Selbst- und Partnereinschätzung

• Lernzielreflexion (Auswahl von individuellen Interessensschwer- punkten, Selbstverpflichtung zu eigenverantwortlichem Lernen)

• Lernfortschrittsreflexion (anhand von Schlüsselbegriffen)

• Lernjournal (inkl. Zusammenfassung & Reflexion)

• Kraftfeldanalyse: Reflexion über Motivationsfaktoren

• Wochenrückblick (z.B. für Freiarbeit, Projektwochen, …)

• Portfolio (inkl. Inhaltsverzeichnis und Kommentar)

• „Lernkontrakt“ (Eigenleistungen nach Vereinbarung Verpflichtung zu selbstständigem Lernen)

• “Two Stars and a Wish“ (Partnerfeedback)

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Lernzielreflexion

Informationen über ein Spezialthema sammeln, nämlich: …..

Lerntechnik (Text-zusammenfassung, Lernkartei, Mindmap)

Umwelt-bewusstsein & Technikfolgen

Mehr Wissen über Fliegen & Schwimmen

Teamarbeit & Präsen-tation (Plakat, Referat, Versuchsvorführung)

Heftführung (Inhaltsverzeichnis, Bilder, Protokolle)

Verständnis für Vorgänge in Natur & Technik

Mehr Wissen über Energie & Maschinen

Experimentieren (Beobachten / Beschrei-ben / Begründen)

Mehr Wissen über Forscher/innen und Entdeckungen

Mehr Wissen über Wärme & Strahlung

Mehr Wissen über Schall & Ultraschall

Was möchte ich in Physik lernen? Was interessiert mich am meisten? Meine persönliche Reihung für die 6. Schulstufe:

Bei meinen beiden erstgereihten Lernzielen möchte ich am Ende des Schuljahres mehr können als jetzt!

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Lernfortschrittsreflexion„Vorher-Nachher“-Vergleich

(Stern 2001, www.qis.at)

Tonhöhe (Hertz) & Lautstärke (Dezibel)

Ultraschall (in Tierreich & Medizin)

Lärmschutz

Musikinstrumente: Saiten & Membrane

Töne & Geräusche, Musik & Lärm

Überschall-Knall

Luftwellen: Echo & Schallgeschwindigkeit

Ich kenne mich aus gut teilweise schlechtBegriffe zum Thema SCHALL

VORHER: Markiere mit einem blauen Kreuz x, wie viel du schon weißt!

NACHHER: Markiere mit einem roten Kreis o, wie gut du dich jetzt auskennst. Wie viele Verbesserungssprünge hast du gemacht? Wo hast du nichts dazu gelernt ?

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Lernjournal(Stern, 2001)

Wofür wir uns mehr Zeit nehmen sollten:

Überflüssig fand ich:

Dazugelernt habe ich:

Interessant war für mich:

Nach jeder Lerneinheit eine Seite für deine persönlichen Gedanken!

Datum:

Thema:

Wie war‘s?

++/+/-/--

Das Lernjournal gehört dir.- Deine Lehrerin darf es ohne deine Erlaubnis nicht einsehen.- Wenn du willst und danach gefragt wirst, kannst du am Ende der Stunde daraus vorlesen.- Am Semesterende wirst du es brauchen, um zusammenzufassen, welche Stunden für dich die besten waren, und was du Neues gelernt hast.

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Wochenrückblick(www.qis.at)

Diese Woche hatte ich mir vorgenommen, zu lernen ...

Ich habe gelernt ...

Am meisten hat mir gefallen ...

Ich hätte gerne ... Ich brauche jetzt ...

Als nächstes werde ich ...

Ähnlich (inhaltlich identisch) Schratz/Iby/Radnitzky 2000: 134

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Eigene Fragen erfinden

• Stelle am Ende eines Kapitels zwei wirklich gute „Warum“-Fragen und schreibe sie in dein Heft:

- Eine Frage, die du jetzt beantworten kannst,

- und eine, über die du gerne mehr wüsstest.

Wir werden in einer Klassenstunde die interessantesten Fragen heraussuchen und über sie diskutieren!

• Stelle zu dem Thema zwei gute Fragen mit einem Lösungswort.

Aus diesen Fragen können wir dann gemeinsam ein Kreuzworträtsel bauen!

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Portfolio (z.B. Mathematik, 10. Schulstufe) (Fertl 2004)

• Je ein geometrisches, trigonometrisches, mathematikgeschichtliches und fächerübergreifendes Thema ist auszuwählen und zu bearbeiten.

• Das Portfolio enthält:

- Originell gestaltetes Deckblatt und Inhaltsverzeichnis

- Einleitung: Begründung der Themenwahl

- Vier Themenausarbeitungen (mit Quellenangaben)

- Prozessdokumentation (Entwürfe mit Datumsangaben)

- Zusammenfassender Kommentar und Feedback der Lehrerin.

• Vereinbarung über die Einbeziehung des Portfolios in die Leistungsbewertung. Bewertung der Qualität der Ausführung (z.B.: Verständnis, Kreativität, Eigenständigkeit) und der Rolle für die Gesamtnote (z.B. 30%) im Vergleich zu anderen Leistungen.

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B3. Beispiele für innovative Ansätze bei der Leistungsbewertung

• Verbale Bewertung

• Lernfortschrittsberich, Entwicklungsbericht („records of achievement“)

• Pensenbuch, Lernzielorientierte Bewertung („L.O.B.“)

• „Schülersprechtag“ (Sammeln, Zusammenfassen, Kommentieren von Lehrerrückmeldungen durch die Schüler/innen)

• Kommentierte direkte Leistungsvorlage

• Selbsteinschätzungs-„Mandala“ / Persönliches Lernprofil

• „Notenvertrag“, „Leistungsblatt“

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L.O.B. - Lernzielorientierte Beurteilung(http://www.modellschule.at)

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(Selbsteinschätzungs-)„Mandala“ (oder „Kompetenzen-Zielscheibe“) (HS)

FACHLICHES KÖNNEN

METHODISCHES KÖNNEN

SOZIALES VERHALTEN

SELBSTBEWUSST-SEIN & ARBEITS-EINSTELLUNGEN

Hefte ge-stalten, Texte struktu-rieren

Wichtiges in einem

Text er-kennen,

exzer-pieren

Im Gedächtnis behalten, Zu-

sammenhängeherstellen

Recherchieren,Protokollieren

Rechentechniken anwenden, mit Tabellen & Dia-grammen arbeiten

Konzentration & Ausdauer

Arbeitsplatzgestaltung & Zeiteinteilung

Fröhlichkeit & Offenheit

Ruhe & Gelassen-

heit

Wissen um eigene Stärken & Umgang mit Kritik

Freund-licher

Umgangs-ton

Fairness, Einhalten

von Regeln

Pünkt-lichkeit,

Verläss-lichkeit

Teamfähigkeit (Rücksicht, Geduld,

Hilfsbereitschaft, Initiative)

Übernahme von Ver-

antwortung

Sprachlich-kulturelle Fähigkeiten (Ausdruck,

Kommunikation)

Naturwissenschaftliche & mathematische

Fähigkeiten

Gesellschaftlich-humanistische

Fähigkeiten (u.a. Kritikfähogkeit)

Kreativ-gestalterische

Fähigkeiten

Motorisch-sensorische Fähigkeiten

(Sport, Gesund-

heit)

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„Schülersprechtag“

• Terminvereinbarungen mit Lehrer/innen des Klassenteams.

• Lehrerbefragungen: Anerkennendes & Kritik & Ratschläge.

• Zuhören. Mitschreiben.

• Zusammenfassung: „Bewertungen meiner Lehrer/innen“ (1) Wie werden meine bisherigen Leistungen eingeschätzt?

(Meine Stärken und meine Schwächen) (2) Wie wird mein bisheriges Lernverhalten gesehen? (3) Welche Tipps bekomme ich? (4) Meine Meinung dazu. (5) Meine Vorsätze, wie ich mich verbessern will.

• Abgabe an das Lehrerteam: Schriftliche Stellungnahme ( Portfolio)

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Beispiel für einen „Notenvertrag“

Abmachungen für die Leistungsbewertung im Fach ………(Gültig erst dann, wenn Schüler/in und Lehrer/in einverstanden sind und unterschrieben haben.)

1. Vier Mindestanforderungen sind ausreichend für die Note „Genügend“: (a) Heftführung (Mitschriften, Arbeitsblätter, Hausübungen vollständig); (b) Mitarbeit (produktive Beteiligung an Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit); (c) Tests positiv oder gründlich ausgebessert; (d) Lernfortschritte bei mindestens einem selbst gewählten Lernziel: ……………………….

2. Leistungen, um eine bessere Note zu erreichen: „Befriedigend“: Arbeitsbucheintragungen; Fragenausarbeitung; Stundenwiederholung. „Gut“: zusätzlich Referat, Protokoll einer Schulexkursion. „Sehr gut“: zusätzlich: exzellente Qualität aller Leistungen, Mitgestaltung einer Stunde.3. In der Mappe werden Pflichtaufgaben und selbst gewählte Zusatzaufgaben eingetragen.

Dem Lehrer oder der Lehrerin muss die Selbsteinschätzung bzw. die angestrebte Note mitgeteilt werden, mit Begründung und Belegen, er braucht diese nur zu bestätigen. Falls er/sie anders bewertet, findet eine mündliche Prüfung statt, auf Wunsch mit Beisitzer/in.

Einverstanden. Datum: Unterschriften: Schüler/in: Lehrer/in:

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„Leistungsblatt“ (z.B. Mathematik, 6.Schulstufe)(Aistleitner-Kunze-Stern, Lernende Schule 4/2004, 46-47)

1 Stundenwiederholung (vorher vereinbart). 1 selbstständige Ausarbeitung (mit Lehrbuch oder Computer). 1 Gruppenarbeit (Plakat, Präsentation, ... ).

Mitarbeit, Eigenverantwortlichkeit, Teamfähigkeit

Alle Klassenarbeiten/Tests gemacht und verbessert.

Schul- und Hausübungen ergänzt und Fehler ausgebessert. (Bei Verständnisproblemen nachgefragt.)

Rechnen, Konstruieren - Mathematik verstehen

Mappe/Hefte in Ordnung. Arbeitsgeräte immer mitgebracht. Arbeitsaufträge und Hausübungen zeitgerecht ausgeführt.

Schriftliche Arbeiten, Heftführung, Arbeitshaltung

LehrerkommentarBis 9.6Bis 25.5.Bis 30.3.

In diese Tabelle kannst du selbst eintragen, was du im Mathematikunterricht geschafft hast: Klassenarbeiten/Tests, Schul- und Hausübungen und Mitarbeit. Für eine positive

Bewertung (4) im Semesterzeugnis genügen die Leistungen in der ersten Tabelle.

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1Selbstständige Sonderleistung, z.B. Präsentation/Referat über 1 mathematisches Thema oder 1 Mathematiker/innenbiographie

8

Eine andere selbstständige Leistung (statt 5,6 oder 7)

1 Formelherleitung (z.B. Flächeninhalt) mit Beweisschritten7

1 Aufsatz über 1 interessantes mathematisches Thema, nämlich ....

6

2Noch 3 ausgewählte mathematische Rätsel samt Lösung5

1 andere selbstständige Leistung (statt 1,2,3 oder 4) nämlich ....

1 Protokoll einer Messreihe (z.B. Tageshöchsttemperaturen, Preisvergleich, … ) samt mathematischer Darstellung

4

3 Zeitungsausschnitte mit mathematischen Tabellen, Diagrammen oder Rechnungen samt meinen Kommentaren dazu

3

6 freiwillig ausgeführte Zusatzaufgaben aus dem Lehrbuch2

33 ausgewählte (gute!) mathematische Rätsel samt Lösung 1

StufeLehrerkommentarART DER LEISTUNGDatum

Trage in die zweite Tabelle ein, was du darüber hinaus geleistet hast. Du entscheidest selbst, welche Leistungsstufe du dir zutraust, und wie viel du bereit bist, dafür zu tun!

Lasse deine/n Lehrer/in zu allen drei Terminen dein Leistungsblatt samt Unterlagen sehen. Lasse ihn wissen, welche Leistungsstufe du anstrebst, damit er sich überlegen kann, wie er dich dabei am besten unterstützt!

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C. Qualitätskriterien für die Leistungsbewertung

Was macht eine gute Leistungsbewertung aus?

Gibt es Kriterien und Standards, die eine gute Leistungsbewertung erfüllen muss?

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Folgenreiche Fehldiagnosen

• PISA-2000-Deutschland: Anteil der 15-Jährigen mit schwachen oder sehr schwachen Lesefähigkeiten 23% (!!) (Finnland: 7%) Zusatzstudie MPI-Berlin (Baumert 2001): Befragung der Lehrer/innen dieser Schüler/innen: 90% der Leseschwächen blieben unerkannt

• KESS4-Studie Hamburg (Bos & Pietsch 2004): Untersuchung an Grundschulen der „Kompetenzen und Einstellungen von Schüler/innen – Jahrgangsstufe 4“ mit Leistungstests und Kontextfragebögen und Vergleich mit Lehrerurteilen. Ergebnis: Schullaufbahnempfehlung Gymnasium für ein Kind aus oberen Schichten 3-mal so groß wie für ein Kind aus einer Arbeiterfamilie bei gleichen kognitiven Grundfähigkeiten.

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Mathematik-Kompetenz und Schulnoten(Haider & Schreiner 2006)

PISA-2003-Mathematik-Kompetenz und Noten

nach Leistungsgruppen in8. Schulstufe

1: AHS oder HS 1. LG mit „Sehr Gut“2: AHS oder HS 1. LG mit „Gut“3: AHS oder HS 1. LG mit „Befriedigend“ oder HS 2. LG mit „Sehr Gut“4: AHS oder HS 1. LG mit „Genügend“ oder HS 2. LG mit „Gut“5: AHS oder HS 1. LG mit „Nicht Genügend“ oder HS 2. LG mit „Befriedigend“ oder HS 3. LG mit „Sehr Gut“6: HS 2. LG mit „Genügend“ oder HS 3. LG mit „Gut“7: HS 2. LG mit „Nicht Genügend“ oder HS 3. LG mit „Befriedigend“, „Genügend“ oder „Nicht Genügend“

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Was ist eine faire Leistungsbewertung? (NCTM 1995, NSES 1996)

Faire Leistungsbewertung

• macht deutlich, was wichtig ist

• fördert das Lernen

• trägt zur Chancen- gerechtigkeit bei

ist schlüssig

• ist ein offener Prozess

• ist kohärent (auf lang- fristige Bildungsziele abgestimmt)

„Measure what you value rather than value what you can easily measure“

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"Haben Sie auch mal daran gedacht, dass dieses Zeugnis ein denkbar schlechtes Licht auf Ihre pädagogische

Qualifikation wirft?" (Uli Stein, 1999)

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Literaturhinweise

• Black, P.J. & Wiliam, D. (1998): Inside the Blackbox - Raising standards through class-room assessment. King’s College: London. http://www.pdkintl.org/kappan/kbla9810.htm

• Ingenkamp, H. (1997): Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik, Beltz: Weinheim-Basel • NCTM (1995): „Assessment Standards for School Mathematics“. National Council of Teachers of

Mathematics: Reston, VA, USA. • NSES (1996): „National Standards for Educational Science“

http://books.nap.edu/html/nses• Sirotnik K.A., Kimball K. (1999): „Standards for Standards-Based Accountability Systems“, in

Nov. 99, p 209. http://www.pdkintl.org/kappan/ksir9911.htm• Kleber E.W. (1992): Diagnostik in pädagogischen Handlungsfeldern. Juventa: Weinheim-München• Häußler P. u.a. (1998): Naturwissenschaftsdidaktische Forschung: Perspektiven für die

Unterrichtspraxis, IPN: Kiel• Harlen, W. & Deakin Crick, R. (2003): Testing and motivation for learning. In: Assessment in

Education, 10 (2) 169-208. • Stern, T. (2004): Neue Wege zu einer förderlichen Leistungsbewertung. In: Lernende Schule

4/2004: Mathe ist mehr. Friedrich: Seelze, 16-21• Stern, T. (2001): (a) Was hältst du davon? Selbsteinschätzung von Lernerfolgen.

(b) Beurteilungsmaßstäbe aushandeln? Erfahrungen mit einem Notenvertrag. Beide Artikel in: Friedrichs Jahresheft 2001 Qualität entwickeln: Evaluieren. Friedrich-Klett: Seelze, 2001,10-14, 40-43

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Bloom's Lernzieltaxonomie rev.

(Anderson & Krathwohl 2001: A Taxonomy for Learning, Teaching & Assessing: A Revision of Bloom's Taxonomy of Educational Objectives. NY: Longman)

KREATIVITÄT

EVALUATION

ANALYSE

ANWENDUNG

VERSTÄNDNIS

MERKWISSEN

Komplexität von Lernleistungen, Gestufte Lernzielansprüche,

(keine Intelligenzniveaus!)

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