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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 1 Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 1 Vorlesung: PD. Dr. habil. Michael Wyrwich, Mittwochs, 8:15 – 9:45 h, HS 8, Beginn: 11. April Übung: Moritz Zöllner M.A., Donnerstags, 10:15 – 11:45 h, SR 4.119, Beginn: 26. April Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 2 Kontakt Friedrich-Schiller-Universität Jena Lehrstuhl für Unternehmensentwicklung, Innovation und wirtschaftlichen Wandel Carl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena Sekretariat: Frau Anja Ladig, Raum 5.10 Tel.: (036 41) 9 - 4 32 30, [email protected] PD Dr. habil. Michael Wyrwich [email protected] Raum 5.12, Tel.: – 43 223 Sprechzeit: nach Vereinbarung Moritz Zöllner [email protected] Raum 5.17, Tel.: - 43 226 Sprechzeit: nach Vereinbarung

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 1

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 1

Vorlesung: PD. Dr. habil. Michael Wyrwich,Mittwochs, 8:15 – 9:45 h, HS 8, Beginn: 11. April

Übung: Moritz Zöllner M.A., Donnerstags, 10:15 – 11:45 h, SR 4.119, Beginn: 26. April

Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung

SS 2018

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 2

Kontakt

Friedrich-Schiller-Universität JenaLehrstuhl für Unternehmensentwicklung, Innovation

und wirtschaftlichen WandelCarl-Zeiss-Str. 3, 07743 Jena

Sekretariat: Frau Anja Ladig, Raum 5.10Tel.: (036 41) 9 - 4 32 30, [email protected]

PD Dr. habil. Michael [email protected]

Raum 5.12, Tel.: – 43 223 Sprechzeit: nach Vereinbarung

Moritz Zöllner [email protected]

Raum 5.17, Tel.: - 43 226Sprechzeit: nach Vereinbarung

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 2

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Gliederung

1. Entrepreneurship, Gründungen, Marktdynamik

2. Überblick über unternehmerische Selbständigkeit, Gründungsgeschehen und Marktdynamik in Deutschland

3. Die Entscheidung für unternehmerische Selbständigkeit: Theorie

4. Unternehmerische Fähigkeiten von Gründern

5. Demografische Merkmale und Berufsverläufe von Gründern

6. Gründungsfinanzierung

7. Determinanten von Gründungen und Entrepreneurship

8. Wie entwickeln sich junge Unternehmen?

9. Erfolgsfaktoren und Scheiterursachen von Unternehmensgründungen

10. Wirkungen von Gründungsprozessen auf wirtschaftliche Entwicklung

11. Entrepreneurship-Politik

Grundlegende Literatur

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Wiesbaden 2016

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 3

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Weitere Literatur

Parker, Simon: The Economics of Entrepreneurship. Cambridge 2009: Cambridge University Press.

Weitere Literaturangaben in der Veranstaltung.

Eine Reihe der angeführten Quellen stehen als PDF-Files in der

Entrepreneurship Library http://www.uiw.uni-jena.de/index.php/teaching/downloads/114-eplibrary

des Lehrstuhls zur Verfügung (Password-geschützt). Die Nutzung der Entrepreneurship Library ist nur für die Veranstaltungen des Lehrstuhls zulässig!

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 6

1. Einführung: Entrepreneurship, Gründungen, Marktdynamik

1.1 Entrepreneurship

1.2 Entrepreneurship und Gründungen

1.3 Arten von Gründungen

1.4 Mögliche Wirkungen des Gründungsgeschehens auf die Wirtschaftsentwicklung

1.5 Von der „gemanagten“ zur „unternehmerischen“ Gesellschaft

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 4

Literatur zu Kapitel 1

Grundlegend:

Fritsch, Michael (2016): Entrepreneurship – Theorie, Empirie, Politik. Wiesbaden: Springer, Kapitel 2.

Parker, Simon: The Economics of Entrepreneurship. Cambridge 2009: Cambridge University Press, S. 6-14 und S. 32-36.

Baumol, William J. (2004): Entrepreneurial Enterprises, Large Established Firms and other Components of the Free-Market Growth-Machine. Small Business Economics, 23, 9-21.

Vertiefend:

Baumol, William J. (1990): Entrepreneurship: Productive, Unproductive and Destructive. Journal of Political Economy, 98, 893-921.

Wennekers, Sander und Roy Thurik (1999): Linking Entrepreneurship and Economic Growth. Small Business Economics, 13, 27-55.

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Vorstellungen von Unternehmertum

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Die Herkunft des Begriffs „Entrepreneurship“

Der Begriff entstammt der französischen Sprache. Das französische Verb entreprendre meint „etwas tun“, „etwas unternehmen“. Wurde bezogen auf Geschäftstätigkeit erstmals im 16. Jahrhundert gebraucht.

Erste Erwähnung in der wissenschaftlichen Literatur durch Richard Cantillon (1680-1734) in seinem “Essai Sur la Nature du Commerce en Général“. Bezeichnet dort jemanden, der ein ökonomisches Projekt mit unsicheren Gewinnaussichten durchführt, also einen Träger von Unsicherheit.

Jean-Baptiste Say (1767-1831) beschreibt den Entrepreneur in seiner “Treatise on Political Economy” als “master agent”, der Ressourcen kombiniert um Bedürfnisse zu befriedigen. Say betont, dass Entrepreneurship Wissen, Urteilsfähigkeit und Risiko beinhaltet.

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Was ist Entrepreneurship? Charakterisierungen vonJoseph A. Schumpeter I

J.A. Schumpeter (1942): „Die Funktion der Unternehmer besteht darin, die Produktion durch Anwendung einer Erfindung oder einer neuen technischen Möglichkeit zu verändern oder zu revolutionieren, also ein neues Produkt oder ein herkömmliches Produkt auf eine neue Weise zu erzeugen. … Solche neuen Dinge zu unternehmen ist schwierig und begründet eine besondere ökonomische Funktion, erstens weil es außerhalb der Routine-Aufgaben liegt, auf die sich jeder versteht, und zweitens wegen der mannigfachen Widerstände der Umwelt. …

Diese Funktion besteht ihrem Wesen nach weder darin, irgend etwas zu erfinden, noch sonst wie Bedingungen zu schaffen, die die Unternehmung ausnützt. Sie besteht darin, dass sie Dinge in Gang setzt.”

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Was ist Entrepreneurship? Charakterisierungen vonJoseph A. Schumpeter II

J.A. Schumpeter (1911/1934): “Whatever the type, everyone is an entrepreneur only when he actually carries out new combinations and loses that character as soon as he has built up his business, when he settles down to running it as other people run their business” (p. 78).

“And what have they done: they have not accumulated any kind of goods, they have created no original means of production, but have employed means of production differently, more advantageously. They have carried out new combinations! They are the entrepreneurs. And their profit, the surplus to which no liability corresponds, is the entrepreneurial profit.” (Schumpeter 1911/1934, p. 132).

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Andere Definitionen von Entrepreneurship I

Frank Knight (1921): Die volkswirtschaftliche Funktion des Unternehmers besteht darin, nicht berechenbare Unsicherheiten (Ungewissheit) einzugehen.

Hebert und Link (1989): „Der Entrepreneur ist jemand, der Verantwortung übernimmt und Entscheidungen fällt über den Standort, die Form und den Einsatz von Gütern, Ressourcen oder Institutionen“.

Sahlmann und Stevenson (1991): „Entrepreneurship ist eine Art des Managements … . Entrepreneure identifizieren Gelegenheiten, organisieren die benötigten Ressourcen, setzen einen Aktionsplan in die Praxis um und ernten zu gegebener Zeit und auf flexible Weise den Erfolg“.

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Andere Definitionen von Entrepreneurship? II

„Entrepreneurs sind Agenten des Wandels und des Wachstums in einer Marktwirtschaft. Sie können dazu beitragen, die Erzeugung, Verbreitung und Anwendung innovativer Ideen zu beschleunigen. … Entrepreneure suchen und identifizieren nicht nur potentiell profitable wirtschaftliche Gelegenheiten, sondern sind auch bereit, Risiken zu übernehmen um herauszufinden, ob ihre Intuition richtig ist.“ (OECD, 1998,12).

Israel Kirzner (1973): Der Entrepreneur entdeckt Gelegenheiten zur Arbitrage und nimmt diese wahr. Er trägt auf diese Weise dazu bei, dass sich die Märkte an ein Optimum bzw. Gleichgewicht annähern oder es sogar erreichen.

Schumpetersches und Kirznersches Entrepreneurship

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X

Y

A

C

Kirzner

SchumpeterB

Transformationskurve

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Elemente von Entrepreneurship

Erkennen von Gelegenheiten (opportunity recognition)

Wachheit (alertness)

Kreativität

Initiative, Gestaltungswille

Innovation

Streben nach Selbstverwirklichung

Eigenverantwortung

Durchsetzungswille und -fähigkeit

Bereitschaft und Fähigkeit zum Tragen von Risiko

Gründung einer neuen Organisation (Unternehmen)

Entrepreneurship als ökonomisches Experiment

Entrepreneurship ist das Experimentieren mit neuen Produkten bzw. Geschäftsideen; allgemein: ein neuer Versuch ökonomischer Wertschöpfung. Inwiefern und in welcher Form sind neue Produkte bzw. bestimmte Geschäftsideen ökonomisch tragfähig?

Drei Arten von Experimenten:

Technologische Experimente: Umsetzung wissenschaftlicher Entdeckungen oder technischer Möglichkeiten in Gewinn.

Markt-Experimente: Identifikation und ökonomischen Erschließung von Märkten für bekannte Lösungen.

Organisatorische Experimente: Neue Kombination von Menschen und Ressourcen.

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Charakteristika von Entrepreneurship als Experiment

Hohes Maß an Unsicherheit über das Gelingen des Experiments!

Diese Unsicherheit ist keineswegs auf die Einführung von Innovationen bzw. auf innovative Gründungen beschränkt. Auch der Erfolg einer Unternehmensgründung, die allein auf einer Imitation herkömmlicher Produkte bzw. Konzepte beruht, kann nicht mit Sicherheit prognostiziert werden. Aufgrund dieser Unsicherheit muss der Entrepreneur dazu bereit und in der Lage sein, Risiken einzugehen.

Ökonomische Experimente konkurrieren mit anderen Ansätzen!

Der Wert ökonomischer Experimente ergibt sich durch den Wettbewerb mit anderen Lösungen und dabei insbesondere dadurch, dass sie weitere Experimente herausfordern.

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Zwischenergebnis: Die Rolle von Entrepreneurship im Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung

J.A. Schumpeter: Entrepreneurship bzw. Unternehmensgründung als die wesentliche Triebfeder wirtschaftlicher Entwicklung.

Wichtig vor allem: innovatives Entrepreneurship entsprechend einem weiten Innovationsbegriff, der sowohl neue Produkte (Produktinnovation), neue Produktionsverfahren (Verfahrensinnovation), Erschließung neuer Bezugsquellen (Beschaffungsinnovation) und/oder die Erschließung neuer Absatzmärkte (Marketinginnovation) umfasst.

Folge von innovativem Entrepreneurship: kreative (schöpferische) Zerstörung, d.h. Strukturwandel und Wachstum!

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Gründungen und Innovation: Beispiele für grundlegend neue Produkte, die durch neue Unternehmen am Markt

eingeführt worden sind

KlimaanlageTragbarer ComputerFlugzeug, Hubschrauber CellophanProgrammierbarer ComputerTonbandgerätBiosynthetisches InsulinNierensteinzertrümmererSechs-Achsen RoboterarmWeiche KontaktlinsenFeststoff-RaketenantriebVerhütungspille

MikroprozessorIntegrierter Schaltkreis DNA ‚Fingerabdruck‘UKW RadioHerzschrittmacher FotokopieKreiselkompassPolaroid KameraReisverschlussStranggießenInternet-BrowserInternet-Suchmaschine

Quelle: Baumol (2004).

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Erfindungen aus Deutschland, die im Ausland kommerzialisiert wurden

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Entrepreneurship und ökonomische Theorie

Im Modell der vollständigen Konkurrenz (und damit in der traditionellen Theorie der Unternehmung wie auch in der Wachstumstheorie) fehlt der Schumpeter‘sche Entrepreneurals entscheidender Wachstumsmotor!

J.A. Schumpeter (1942) bzw. W. Baumol (1968): Die Analyse von wirtschaftlicher Entwicklung ohne Berücksichtigung des Entrepreneurs ist als würde man bei der Diskussion von Hamlet den Prinzen von Dänemark ausblenden!

Man sollte versuchen Entrepreneurship in der Theorie wirtschaftlicher Entwicklung auf angemessene Weise zu berücksichtigen.

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Entrepreneurship und Gründungen

Entrepreneurship als Gründung eines Betriebs bzw. Unternehmens.

Entrepreneurship als Marktzutritt.

Entrepreneurship allgemein als unternehmerische Tätigkeit bzw. nicht-abhängige Beschäftigung (berufliche Selbständigkeit) unabhängig vom Zeitpunkt der Gründung des betreffenden Unternehmens.

Entrepreneurship als abhängig Beschäftigter innerhalb eines bestehenden Betriebs bzw. Unternehmens („Intrapreneurship“).

Frage: Sind angestellte Manager oder Inhaber etablierter Unternehmen Entrepreneure?

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Arbeitsdefinition „Entrepreneurship“

Entrepreneurship wird im Folgenden verstanden als Aktivität, die mit

der Gründung eines eigenen Unternehmens bzw.

mit beruflicher Selbständigkeit

verbunden ist.

Tätigkeit von abhängig Beschäftigten innerhalb bestehender Organisationen/Unternehmen wird als Intrapreneurshipangesehen und bleibt hier weitgehend unberücksichtigt.

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Arten von Entrepreneurship I:Unterteilung nach der Innovationsrelevanz

Innovative Gründungen: Die Gründung ist mit einer wesentlichen Innovation verbunden (i.d.R. Produktinnovation). Z.B. High-tech-Gründung bzw. Technologieorientierte Unternehmensgründung (TOU).

Wissensintensive Gründungen: Für die Gründung ist spezielles Wissen erforderlich bzw. es werden wissensintensive Güter produziert. [Wichtige Kategorie im Dienstleistungssektor!]

Nicht-innovative (imitative bzw. replikative) Gründung: Die Gründung ist nicht mit einer wesentlichen Innovation verbunden.

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Arten von Entrepreneurship II:Unterteilung nach dem Motiv

Opportunity E.: Gründung um eine sich bietende Chance zu ergreifen, eine Idee zu realisieren (z.B. Gründung eines innovativen Unternehmens).

Necessity E.: Gründung aus einer Notlage heraus (z.B. Gründung eines Unternehmens aufgrund drohender oder tatsächlich eingetretener Arbeitslosigkeit).

Ambitious E.: Gründungen mit starker Wachstumsorientierung – in der Regel innovative Gründungen (Schumpeter‘scher Unternehmer).

Social E.: Gründung einer Organisation, die sich für einen positiven Wandel der Gesellschaft einsetzen will – nicht vorwiegend gewinnorientiert.

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Arten von Entrepreneurship III:Unterscheidung nach den Wirkungen (Baumol 1990)

Produktives E.: Trägt direkt oder indirekt zur Steigerung der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt bei (Schumpeter‘scherUnternehmer). Z.B.: Innovative Gründungen.

Unproduktives E.: Bewirkt lediglich eine Umverteilung von Einkommen. Z.B. nicht-innovative Gründungen, Rent-Seeking, Aufwand zur Steuervermeidung, Abschreibungsgesellschaften.

Destruktives E.: Führt zu einer Verringerung der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt. Z.B.: Raubrittertum, Korruption, Kriminalität, Krieg, Sklavenhandel.

Da viele Formen des unproduktiven Entrepreneurship (z.B. Rent-Seeking) die Effizienzanreize mindern, wirken sie längerfristig destruktiv. Der Übergang von unproduktivem E. zu destruktivem E. ist fließend.

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Produktives, unproduktives und destruktives Entrepreneurship

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X

Y

A

C

destruktiv

produktivB

Transformationskurve

B‘ unproduktiv

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Arten von Gründungen IV:Unterteilung nach der Vorerfahrung des Gründers

Novice Entrepreneur: Jemand gründet erstmalig ein Unternehmen.

Habitueller Entrepreneur: Jemand gründet wiederholt Unternehmen.

Portfolio-Gründer (Parallel Entrepreneur): Jemand, der ein Unternehmen gründet und ein früher von ihm gegründetes Unternehmen weiter führt.

Seriengründer (Serial Entrepreneur, Re-Starter): Gründer hat vorher bereits ein Unternehmen gegründet hat und nach Schließung oder Verkauf des Unternehmens wieder gründet.

Spin-Off Gründung: Der Gründer war vor dem Schritt in die Selbständigkeit in einer Organisation (Unternehmen, Hochschule, Forschungsinstitut) tätig und knüpft mit dem neuen Unternehmen direkt an diese Tätigkeit an. In der Regel stellt die Spin-off-Gründung einen Wissenstransfer in das neue Unternehmen dar.

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Arten von Gründungen VI:Unterteilung nach der Anzahl der beteiligten Personen

Einzelgründer: Nur eine Person ist in dem Unternehmen als Gründer tätig.

Team-Gründer: Mehrere Gründer tun sich zusammen und gründen ein Unternehmen, in dem sie gemeinsam tätig sind.

Solo-Entrepreneur: Unternehmer, der die alleinige Arbeitskraft in dem Unternehmen ist (Selbstbeschäftigung; evtl. einschließlich mithelfender Familienangehöriger).

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Arten von Gründungen VII: Unterteilung nach dem Neuheitsgrad des Unternehmens und seiner Selbständigkeit

Originäre Gründung: Für die Gründung werden neue Kapazitäten errichtet.

Derivative Gründung: Für die Gründung werden keine neuen Kapazitäten errichtet (z.B. Übernahme eines bestehenden Betriebs/Unternehmens).

Selbständige Gründung: Der Gründer ist unabhängig.

Unselbständige Gründung: Der Gründer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Unternehmen (z.B. Übernahme einer Filiale, Franchise-Nehmer, etc.).

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Arten von Gründungen VIII: Unterscheidung nach der Phase des Gründungsprozesses

Latenter oder potenzieller Entrepreneur: Personen, die ein Unternehmen gründen könnten, aber bisher noch keine konkreten Schritte hierzu unternommen haben.

Nascent Entrepreneur: Jemand, der dabei ist, ein Unternehmen zu gründen oder der die Gründung eines Unternehmens konkret plant.

Junger Unternehmer (Young Entrepreneur): Leiter eines jungen Unternehmens – im Global Entrepreneurship Monitor (GEM) operationalisiert als Gründungen, die weniger als 3,5 Jahre alt sind.

Etablierter Unternehmer (Established Business Ownership): Leiter eines am Markt etablierten Unternehmens – im Global Entrepreneurship Monitor (GEM) operationalisiert als Gründungen, die 3,5 Jahre und älter sind.

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Wirkungen von Gründungen ─ Grundsätzliches

Die Gründung eines neuen Unternehmens stellt einen Marktzutritt dar. Der Gründer bestreitet in der Regel etablierte Marktpositionen. Hierdurch nimmt die Wettbewerbsintensität in der Regel zu. Marktselektion (Überleben und Austritte).

Die Wirkungen von Gründungen ergeben sich aus dem Wettbewerbsprozess.

Die Wirkungen von Gründungen hängen u.a. ab von

Inwieweit die etablierten Anbieter durch den Newcomer herausgefordert sind (z.B. innovative Gründungen vs. imitative Gründungen).

Die Reaktion der etablierten Anbieter.

Die Gegebenheiten des marktlichen (z.B. Marktphase) und des regional-nationalen Umfeldes (z.B. institutionelle Rahmenbedingungen).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 17

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 33

Mögliche Wirkungen von Gründungen

Höhere Effizienz durch mehr Wettbewerb

Beschleunigung des Strukturwandels („kreative Zerstörung“)

Vermehrte Innovation, Schaffung neuer Märkte

Neues Wissen und Wissens-Spillover

Mehr Vielfalt und bessere Möglichkeiten der Arbeitsteilung

Höherer Wohlstand (z.B. BIP/Kopf)

Ermöglicht Selbstverwirklichung / Schaffung persönlicher Freiheitsgrade

Verbessert die Möglichkeiten für gesellschaftliche Aufstieg (vertikalen Mobilität in der Gesellschaft)

Zusätzliche Arbeitsplätze?

Von der „gemanagten“ zur „unternehmerischen“ Gesellschaft

„Gemanagte“ Gesellschaft: Industrielle Massenproduktion; Großunternehmen mit erheblicher Marktmacht (Oligopole); viele wesentliche wirtschaftliche Entscheidungen werden von angestellten Managern getroffen; stark ausgeprägte hierarchische Strukturen; Karriere erfordert formale Qualifikation, Unterordnung und Disziplin („Ochsentour“) Deutlicher Gegensatz zu Entrepreneurship im Sinne von Schumpeter!

„Unternehmerische“ Gesellschaft: Erfolgsfaktoren sind Merkmale unternehmerischen Handelns, also z.B. Initiative, Gestaltungswille, Eigenverantwortung, Kreativität, Flexibilität und Risikobereitschaft.

Empirische Beobachtung: Seit Beginn der 1970er Jahre in vielen Industriestaaten Entwicklung von der gemanagten zur unternehmerischen Gesellschaft !

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 18

Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse von Kapitel 1

Entrepreneurship bezeichnet Unternehmertum im Sinne der Gründung und Leitung eines Unternehmens.

Erfolgreiches Entrepreneurship erfordert das Erkennen von unternehmerischen Gelegenheiten, Kreativität, Initiative, Gestaltungswillen, Eigenverantwortung, Durchsetzungsfähigkeit sowie die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Tragen von Risiko.

Ein wesentliches Motiv für die Beschäftigung mit dem Phänomen des Entrepreneurship besteht in der Erkenntnis, dass Innovation, Strukturwandel und Wachstum wesentlich auf dem Wirken von innovativen Unternehmerpersönlichkeiten beruhen.

Seit Beginn der 1970er-Jahre ist in vielen Ländern eine Entwicklung von einer ‚gemanagten‘ Gesellschaft hin zu einer mehr durch Entrepreneurship geprägten unternehmerischen Gesellschaft (Entrepreneurial Society) zu verzeichnen.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 35

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 36

2. Überblick über unternehmerische Selbständigkeit, Gründungsgeschehen und Marktdynamik

2.1 Wesentliche Ausprägungen des Gründungsgeschehens

2.2 Die empirische Erfassung von Gründungen und Selbständigkeit

2.3 Datenquellen für eine Analyse des Gründungsgeschehens

2.4 Gründungen und Selbständigkeit in West- und Ostdeutschland

2.5 Die sektorale Struktur von Gründungen

2.6 Regionale Unterschiede des Gründungsgeschehens

2.7 Die Gründungsaktivitäten im internationalen Vergleich

2.8 Marktdynamik im Industrie-Lebenszyklus

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 19

Literatur zu Abschnitt 2

Grundlegend:

Fritsch, Michael (2016): Entrepreneurship – Theorie, Empirie, Politik.Wiesbaden: Springer, Kapitel 3.

Fritsch, Michael, Alexander Kritikos and Alina Rusakova (2012): Who Starts a Business and Who is Self-Employed in Germany? Jena Economic Working Papers# 001-2012, Friedrich Schiller University and Max Planck Institute of Economics Jena.

Parker (2009): S. 6-27.

Sternberg, Rolf, Arne Vorderwühlbecke und Udo Brixy (2015): Global Entrepreneurship Monitor. Länderbericht Deutschland 2014, Hannover und Nürnberg.

Vertiefend:

Kelley, Donna, Slavica Singer and Mike Herrington (2016): José Ernesto und Niels Bosma (2014): Global Entrepreneurship Monitor 2015/16 Report. Babson Park (MA): Babson College.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 37

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 38

Wesentliche Ausprägungen der Marktdynamik

Bezeichnung Definition

Gründung Errichtung eines Betriebes bzw. Unternehmens Veränderung der Population wirtschaftlicher Einheiten.

Marktzutritt Eintritt in eine Konkurrenzbeziehung zu anderen Unternehmen Veränderung der Wettbewerbsbedingungen auf dem betreffenden Markt.

Stilllegung Schließung eines Betriebes bzw. Unternehmens.

Marktaustritt Aufgabe der Geschäftstätigkeit in einem Markt. Auflösung der Konkurrenzbeziehung zu anderen Unternehmen.

Netto-Marktzutritt

Marktzutritte abzüglich Marktaustritte. Meist operationalisiert als Gründungen abzüglich Stilllegungen.

Turbulenz Marktzutritte plus Marktaustritte. Meist operationalisiert als Gründungen plus Stilllegungen.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 20

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 39

Die empirische Erfassung von Gründungen und Selbstständigkeit: Zweifelsfälle

Nebenerwerbstätigkeit

Übernahme einer bestehenden Einheit durch einen neuen Eigentümer

Veränderung der Rechtsform einer bestehenden Einheit (Umgründung)

Aufspaltung einer bestehenden Einheit / Spin-Off.

Scheinselbständigkeit (Abhängige Geschäftstätigkeit auf eigene Rechnung)

Veränderung des Branchenschwerpunktes (Marktwechsel?)

Räumliche Verlagerung (Marktwechsel?)

Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit nach Unterbrechung

Scheingründung (Gewerbeanmeldung ohne Geschäftstätigkeit)

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 40

Die empirische Erfassung von Gründungen:Die Definition des Gründungszeitpunktes

Entschluss zur Selbständigkeit ( „nascent“ entrepreneur)

Aufstellung eines Geschäftsplanes

Gewerbeanmeldung

Eintrag ins Handelsregister bzw. in die Handwerksrolle

Erwerb der ersten Produktionsmittel

Aufnahme von Fremdkapital

Aufnahme der Produktion

Erster Umsatz

Statistisch häufig: Überschreitung einer Größenschwelle

Zeit

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 21

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 41

Wesentliche Datenquellen zur flächendeckenden Analyse des Gründungsgeschehens in Deutschland

Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Beschäftigungsstatistik) der Bundesagentur für Arbeit: Nur Betriebsebene, nur Betriebe mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Verfügbar unter http://www.wiwi.uni-jena.de/uiw/gruendungsatlas/gruendungsatlas.html bzw. http://www.iab.de/de/389/section.aspx/Publikation/k071128f14

Gründungspanels des „Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung“ (ZEW, Mannheim): Nur Unternehmensebene, in der Regel nur Unternehmen mit Nachfrage nach Fremdfinanzierung. http://www.zew.de/de/forschung/datenbanken.php3

Gewerbemeldungen.

Unternehmensregister der amtlichen Statistik (im Aufbau).

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 42

Wesentliche Stichproben-Daten zur Analyse des Gründungsgeschehens in Deutschland I

Global Entrepreneurship Monitor (GEM). Repräsentative telefonische Bevölkerungs-Befragung (jährlich seit 1999). Zu Publikationen siehe http://www.wigeo.uni-hannover.de/laufend.html

Gründungs-Monitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Repräsentative telefonische Bevölkerungs-Befragung (jährlich seit 2000). http://www.kfw.de/DE_Home/Research/Forschungsergebnisse_und_Datensaetze/KfW-Grndun29/Aktueller_Ergebnisbericht.jsp

Mikrozensus der Statistischen Ämter. http://www.forschungsdatenzentrum.de/bestand/mikrozensus/index.asp

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 22

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 43

Wesentliche Stichproben-Daten zur Analyse des Gründungsgeschehens in Deutschland II

Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Jährliche Befragung einer repräsentativen Gruppe von Betrieben (einschließlich junger Betriebe). http://betriebspanel.iab.de/

Sozioökonomisches Panel (SOEP). Jährliche repräsentative Bevölkerungs-Befragung zur allgemeinen Lebensssituation, die auch Informationen zur beruflichen Selbständigkeit umfasst. Panel seit 1984. http://www.diw.de/deutsch/soep/29004.html

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 44

Wesentliche Datenquellen für internationale Vergleiche des Gründungsgeschehens

Global Entrepreneurship Monitor. http://www.gemconsortium.org/

Global Entrepreneurship and Development Index. https://thegedi.org/global-entrepreneurship-and-development-index/

Compendia: Informationen zum Gründungsgeschehen in 23 OECD-Staaten. http://data.ondernemerschap.nl/WebIntegraal/Toelichtingen/Compendia.htm

International Benchmark of Entrepreneurs: Angaben zur Marktdynamik (Gründungen, Stillegungen, etc.) in 9 EU-Ländern, Japan und den USA. http://data.ondernemerschap.nl/WebIntegraal/Toelichtingen/International_Benchmark_Entrepreneurs.htm

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 23

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 45

Selbständige in Deutschland 1991 – 2012

Quelle: Mikrozensus (eigene Auswertung).

Selbständige mit und ohne weitere Beschäftigte in Deutschland 1991 – 2012

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 46

Quelle: Mikrozensus (eigene Auswertung).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 24

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 47

Gründungen in Deutschland 1996 – 2012

Quelle: Mikrozensus (eigene Auswertung).

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 48

Gründungen mit und ohne weitere Beschäftigte in Deutschland 1996 – 2012

Quelle: Mikrozensus (eigene Auswertung).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 25

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 49

Sektorale Struktur der Gründungen in Deutschland 2005-2010 (jährliche Durchschnittswerte)

Quelle: Beschäftigtenstatistik

Sektor bzw. BrancheDurchschnittliche jährliche Anzahl der Gründungen

Gründungen pro 1.000

Beschäftigen in der Branche

Anteil an der durchschnittlichen

Anzahl aller Gründungen in %

Land- und Forstwirtschaft 3.016 7,00 3,3Bergbau, Energie, Wasser 372 1,02 0,4Verarbeitendes Gewerbe 5.830 0,81 6,4davon:- Spitzentechnologie 456 0,58 0,5- Hochwertige Technologie 1.018 0,48 1,1- Nicht-technologieintensive Branchen

4.357 1,01 4,8

Baugewerbe 10.911 6,18 11,9Dienstleistungen 71.196 4,89 78,0davon:- Handel und Gastgewerbe 37.394 5,62 40,9

- Verkehr und Nachrichtenübermittlung 5.558 3,01 6,1

- Kredit- und Versicherungsgewerbe 3.527 3,45 3,9

- Sonstige Dienstleistungen 12.344 4,55 13,5- Wissensintensive Branchen 12.373 5,33 13,5

Insgesamt 91.326 3,75 100

Gründungen und mindestoptimale Größe (MOG)

Output

Durchschnitts-kosten

DKI DKII

MOGI MOGII

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 50

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 26

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 51

Durchschnittliche jährliche Gründungsraten 2005-2010 in der privaten Wirtschaft

Quelle: Beschäftigtenstatistik.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 52

Warum und wie bildet man eine Gründungsrate ?

Problem: Regionen bzw. Branchen haben jeweils unterschiedliches ökonomisches Potential. Da die Anzahl der Gründungen u.a. durch dieses ökonomische Potential geprägt ist, werden Vergleiche (z.B. der Gründungsneigung) dadurch erschwert.

Ausweg Gründungsrate: Die Anzahl der Gründungen wird auf eine Kennziffer für das ökonomische Potenzial bezogen.

Zwei wesentliche Alternativen (Audretsch & Fritsch, 1994):

Arbeitsmarktansatz: Anzahl der Gründungen bezogen auf die Anzahl der Erwerbspersonen (= Wahrscheinlichkeit für Gründung durch eine Erwerbsperson).

Ökologischer Ansatz: Anzahl der Gründungen bezogen auf die Anzahl der Betriebe bzw. Unternehmen.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 27

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 53

Die Persistenz regionaler Gründungsaktivitäten in westdeutschen Raumordnungsregionen 1976-2009

0

10

20

30

40

50

60

70

0 10 20 30 40 50 60 70

Rang (t-10)

Ran

g (t

)

0

10

20

30

40

50

60

70

0 10 20 30 40 50 60 70

Ran

g (t

)

Rang (t-30)

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 54

Die Messung von Entrepreneurship im GEM I:Nascent Entrepreneurs

Nascent Entrepreneurs: Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die

zum Zeitpunkt der Befragung versuchen, alleine oder mit Partnern ein neues Unternehmen zu gründen,

in den letzten zwölf Monaten etwas zur Unterstützung dieser Gründung unternommen haben,

die Inhaber- oder Teilhaberschaft im Unternehmen anstreben und

während der letzten drei Monate keine Vollzeitlöhne oder -gehälter gezahlt haben

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 28

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 55

Die Messung von Entrepreneurship im GEM II:Young Entrepreneurs und Total Entrepreneurial Activity

Young Entrepreneurs: Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die

Inhaber oder Teilhaber eines bereits bestehenden Unternehmens sind, bei der Geschäftsleitung mithelfen und

aus diesem Unternehmen nicht länge als 3,5 Jahre Gehälter, Gewinne oder Sachleistungen erhalten haben.

Early Stage Entrepreneurial Activity = Nascent + Young Entrepreneurs bzw. deren Anteil an der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 64 Jahren.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 56

Die Definition von Entrepreneurship im Global Entrepreneurship Monitor (GEM)

Quelle: Reynolds et al. (2005, 209)

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 29

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 57

Die Early-Stage Entrepreneurial Activity2010 und Wohlstandsniveau im internationalen Vergleich

Quelle. GEM Global Report 2010.

Necessity-based Early-Stage Entrepreneurial Activity2010 und Wohlstandsniveau im internationalen Vergleich

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 58

Quelle. GEM Global Report 2010.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 30

Die Total Early-Stage Entrepreneurial Activity 2014 in verschiedenen Ländern

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 59

Quelle: GEM.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 60

Marktzutritte und Marktaustritte im Verlauf des Industrie-Lebenszyklus

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 31

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 61

Entrepreneurhaftes und routinisiertes technologisches Regime (Nelson/Winter)

Entrepreneurhaftes Regime

Frühes Stadium eines technologischen Pfades. Wenig pfad-spezifisches Wissen

Kein dominierendes tech-nologisches Paradigma.

Eher Qualitäts- als Preiskonkurrenz.

Hoher Anteil an kleinen und jungen Firmen an der Innovationstätigkeit.

Marktzutritt relativ leicht möglich.

Routinisiertes Regime

Fortgeschrittenes Stadium eines technologischen Pfades. Erhebliches pfad-spezifisches Wissen

Es existiert ein dominie-rendes technologisches Paradigma.

Stark ausgeprägte Preiskonkurrenz.

Hoher Anteil großer und alt-etablierter Firmen an der Innovationstätigkeit

Marktzutritt nur schwer möglich.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 62

Beispiele für Unternehmensdynamik im Lebenszyklus I

Quelle: Klepper und Simons (2005).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 32

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 63

Beispiele für Unternehmensdynamik im Lebenszyklus II

Quelle: Klepper und Simons (2005).

Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse von Kapitel 2

Die genaue Identifikation von Unternehmensgründungen ist mit konzeptionellen Problemen verbunden. Auch für die Festlegung des Zeitpunktes einer Gründung bestehen Alternativen. Es gibt keine objektiv richtige Information zur Anzahl der Gründungen; vielmehr sind solche Angaben immer nur als Näherungswerte aufzufassen.

In Deutschland – insbesondere in den neuen Bundesländern – ist die unternehmerische Selbstständigkeit in den letzten 20 Jahren deutlich angestiegen. Dabei findet der ganz überwiegende Großteil der Gründungen im Dienstleistungssektor statt.

Es gibt große regionale Unterschiede im Niveau der der Gründungstätigkeit bzw. der unternehmerischen Selbstständigkeit. Diese Unterschiede weisen ein hohes Maß an Persistenz aufweist, was als Indiz für die Existenz einer regionalen Entrepreneurship-Kultur angesehen werden kann.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 64

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 33

Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse von Kapitel 2 (Fortsetzung)

Im internationalen Vergleich fällt das Niveau der Gründungsaktivitäten in Deutschland eher gering aus.

Gründungen sind vor allem in der Frühphase der Entwicklung eines Marktes unter den Bedingungen eines entrepreneurhaftentechnologischen Regimes von Bedeutung. In späteren Phasen des Industrielebenszyklus, wenn die Bedingungen eines routinisiertentechnologisches Regimes gelten, spielen Gründungen keine wesentliche Rolle mehr.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 65

3. Die Entscheidung für unternehmerische Selbständigkeit: Theorie

3.1 Der Ansatz des Occupational Choice

3.2 Das Grundmodell

3.3 Einige Erweiterungen des Grundmodells

3.4 Zusammenfassung: Was die Theorie erklärt – und was nicht

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 66

„Praxis ohne Theorie ist blind.“ (nach Immanuel Kant 1781)

„Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Kurt Lewin 1951, 169)

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 34

Literatur zu Abschnitt 3

Grundlegend:

Fritsch, Michael (2016): Entrepreneurship – Theorie, Empirie, Politik. Heidelberg: Springer, Kapitel 4.

Parker, Simon (2007): Entrepreneurship as Occupational Choice. In Maria Minniti (ed.), Entrepreneurship: The Engine of Growth. vol. 1, Westport (Conn.): Praeger, 81-100.

Vertiefend:

Lucas, Robert E. (1978): On the Size Distribution of Business Firms. Bell Journal of Economics, 9, 508-523.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 67

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 68

Der Ansatz des Occupational Choice

Grundannahme: Jede Erwerbsperson hat die Wahl zwischen unternehmerischer Selbständigkeit und Nicht-Selbständigkeit, also dem Verbleib in abhängiger Beschäftigung oder Nicht-Beschäftigung. Der Arbeitsmarkt-Ansatz fragt nach den Bestimmungsgründen einer Entscheidung für Selbständigkeit.

Allgemeine Hypothese (Frank Knight): Die Gründungsentscheidung wird bestimmt durch die subjektive Einschätzung der Vor- und Nachteile der Selbständigkeit im Vergleich zu abhängiger Beschäftigung oder zu Nicht-Beschäftigung.

Problematisch: Der Ansatz impliziert, dass Arbeitslosigkeit auf einer freiwilligen Entscheidung beruht bzw. schließt den Fall unfreiwilliger Arbeitslosigkeit aus.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 35

Grundmodell des Occupational Choice

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 69

p*=g(π-w, Z)

Einkommen

Arbeitslohn w

Gewinn π (x)

Unternehmerische Fähigkeiten (x)

Abhängig Beschäftigte Unternehmer

Marginaler Unternehmer

~x

Wesentliche Aussagen des Grundmodells des Occupational Choice

Zentrale Determinante der Entscheidung für oder gegen unternehmerische Selbständigkeit sind die unternehmerischen Fähigkeiten einer Person. Je weiter verbreitet die unternehmerischen Fähigkeiten in der Bevölkerung, desto höher die Selbständigenrate.

Je höher die in abhängiger Beschäftigung zu erzielenden Einkommen (Löhne, w), desto niedriger die Selbständigenrate.

Wenn sich im Lauf der Zeit die Kapitalintensität pro Beschäftigtem (K / L) ansteigt, erhöht sich die Arbeitsproduktivität

→ die Löhne (w) steigen. → die Selbständigenrate sinkt → die unternehmerischen Fähigkeiten des marginalen Unternehmers nehmen zu. [Steht im Widerspruch zur Entwicklung während der letzten Jahrzehnte !]

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 70

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 36

Einige Erweiterungen des Grundmodells I

Auch die Einkommen der abhängig Beschäftigten steigen mit ihren Fähigkeiten an. Kurve für Einkommen in abhängiger Beschäftigung hat eine positive Steigung. Welche Fähigkeiten sind hier relevant?

Unternehmerische Fähigkeiten sind nicht fest vorgegeben und vor der Gründung vollständig bekannt.

Die Unternehmer sind über ihre unternehmerischen Fähigkeiten unsicher und können ihre Fähigkeiten erst im Verlauf der Selbständigkeit einschätzen (e.g., Jovanovic, 1982).

Die Unternehmer erwerben während der Selbständigkeit durch learning by doing höhere unternehmerische Fähigkeiten Personen sind mit der Zeit weiter rechts platziert.

71Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 71

Einige Erweiterungen des Grundmodells II

Steigung der Gewinn-Geraden wird von institutionellen Rahmenbedingungen wie z.B. Steuerrecht, Arbeitsmarktregulierung etc. geprägt. Je höher die Profitabilität der unternehmerischen Gelegenheiten, desto stärker die Steigung der Gewinn-Gerade.

Berücksichtigung des unternehmerischen Risikos durch einen Risikoabschlag in der Gewinn-Funktion. Berücksichtigung der individuellen Risikoneigung durch Gewichtung des Risikoabschlags in der Gewinn-Funktion (in Z).

Berücksichtigung von Möglichkeiten der Risikoteilung (z.B. über den Kapitalmarkt) und der Höhe des individuellen Risikos aufgrund des Insolvenzrechts über Z.

Berücksichtigung der Fähigkeit zum Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten über die unternehmerischen Fähigkeiten und/oder über Z.

72Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 72

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 37

Einige Erweiterungen des Grundmodells III

Berücksichtigung nicht-monetärer Motive für unternehmerische Selbständigkeit (z.B. Unabhängigkeit, Streben nach Selbstverwirklichung) über Z.

Unterscheidung nach Art der Gründung (Holmes und Schmitz 1990): Je höher die unternehmerischen Fähigkeiten, desto höher die Qualität einer Gründung.

Hohe Fähigkeiten: Schumpetersches Entrepreneurship

Geringe Fähigkeiten: Kirznersches Entrepreneurship.

73Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 73

Zusammenfassung: Was die Theorie erklärt – und was nicht I

Das Modell erklärt auf abstrakt vereinfachende Weise wesentliche Determinanten der individuellen Entscheidung für oder gegen unternehmerische Selbständigkeit. Dabei ergeben sich zwei wesentliche Ansatzpunkte für politische Maßnahmen

Die unternehmerischen Fähigkeiten.

Die Rahmenbedingungen.

Offene Fragen:

Was genau sind unternehmerische Fähigkeiten? → Kapitel 4

Wie entstehen unternehmerische Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale? → Kapitel 4

Genauere Spezifikation der nicht-monetären Bestimmungs-gründe im Rahmen des Occupational Choice (Z)! Wie variiert die Gewichtung dieser Faktoren mit dem gesellschaftlichen Wohlstandsniveau? → Kapitel 4

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 74

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 38

Zusammenfassung: Was die Theorie erklärt – und was nicht II

Offene Fragen (Fortsetzung):

Wie wirken sich welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Steigung der Gewinn-Funktion aus? → Kapitel 7

Wie können regionale Unterschiede im Niveau unternehmerischer Selbständigkeit erklärt werden? → Kapitel 7

Inwiefern sind u.U. die vorhandenen unternehmerischen Gelegenheiten ein Engpass? → Kapitel 7

Unterscheidung verschiedener Arten von Entrepreneurship wie z.B. originäre Gründung, Übernahme eines bestehenden Unternehmens, Solo-Entrepreneurship vs. Unternehmen mit abhängigen Beschäftigten.

Occupational Choice als Abfolge mehrerer Entscheidungen, wie z.B. Wahl des Ausbildungsweges, Berufswahl, etc.?

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 75

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 76

4. Unternehmerische Fähigkeiten von Gründern

4.1 Was sind unternehmerische Fähigkeiten?

4.2 Gründungen und Qualifikation des Gründers

4.2.1 Qualifikationsniveau

4.2.2 Die Struktur der Qualifikationen (‚Skill Balance‘)

4.3 Die unternehmerische Persönlichkeit: Für eine Gründung förderliche Persönlichkeitsmerkmale

4.4 Wie entstehen unternehmerische Fähigkeiten?

4.4.1 Der Transfer der Gründungsneigung zwischen Generationen

4.4.2 Genetische Faktoren, Erziehung und Familie

4.4.3 Ausbildung und Beruf

4.4.4 Gesellschaftliches Umfeld

4.5 Was fördert und prägt das Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten?

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 39

Literatur zu Abschnitt 4

Grundlegend:

Fritsch, Michael (2016): Entrepreneurship – Theorie, Empirie, Politik. Heidelberg: Springer, Kapitel 5.

Parker, Simon (2009): The Economics of Entrepreneurship, 115-132, 134-139.

Vertiefend zur Persönlichkeitsstruktur:

Caliendo, Marco, Frank Fossen und Alexander Kritikos (2014): Personality Characteristics and the Decision to Become and Stay Self-Employed. Small Business Economics, 42, 787–814.

Schmitt-Rodermund, Eva (2005): Wer wird Unternehmer? Persönlichkeit, Erziehungsstil sowie frühe Interessen und Fähigkeiten als Vorläufer für unternehmerische Aktivität im Erwachsenenalter. Wirtschaftspsychologie, H. 2, 7-23.

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 77

Persönlichkeit und Qualifikationen als Determinanten unternehmerischer Fähigkeiten

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 78

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 40

Unternehmerische Selbständigkeit in Deutschland nach Qualifikationsniveau

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 79

Gründer in Deutschland nach Qualifikationsniveau

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 80

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 41

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 81

Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Gründungswahrscheinlichkeit und Qualifikation

Empirische Beobachtung: Viele Gründer verfügen über ein relativ hohes Qualifikationsniveau.

Mögliche Erklärungen:

Die Gründung eine Unternehmens erfordert eine hohe Qualifikation. Personen mit hoher Qualifikation schätzen ihre unternehmerischen Fähigkeiten offenbar relativ hoch ein.

Hohe Qualifikation hohes Einkommen bzw. großes Vermögen gute Ausstattung mit Ressourcen zur Finanzierung der Gründung.

Hohe Qualifikation erleichtert das Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten.

Formale Qualifikation versus Erfahrung?

Lazear (2004, 2005): Gründer benötigen eine Vielzahl unterschiedlicher Qualifikationen („Jack of all Trades“-Hypothese).

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 82

Die „Jack of all Trades“ – Hypothese (Lazear, 2002, 2004)

Hypothese: Die (erfolgreiche) Gründung eines Unternehmens erfordert vielfältige Qualifikationen – Spezialwissen auf einem einzelnen Gebiet reicht nicht aus. Gründer verfügen über eine Vielzahl unterschiedlicher Qualifikationen („Skill Balance“).

Modell:

x1, x2: spezifische Fähigkeiten.

Einkommen des Spezialisten = max [x1, x2]

Einkommen des Entrepreneurs = λ min [x1, x2], d.h. das Ein-kommen des Entrepreneurs ist durch den am schwächsten ausgeprägten Faktor begrenzt. λ = „Marktwert“ eines Entrepreneurs bzw. unternehmerisches Talent.

Gründung rational wenn λ min [x1, x2], > max [x1, x2].

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 42

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 83

Wahrscheinlichkeiten für Nascent Entrepreneurship in Abhängigkeit von der Vielfalt von Fähigkeiten

Number of fields of experience

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Number of 0 2.4 2.6 2.8 3.0 3.2 3.4 3.7 4.0 4.4 4.7

professional 1 3.4 3.7 3.9 4.3 4.6 4.9 5.3 5.6 6.1 6.5

degrees 2 4.8 5.2 5.5 6.0 6.4 6.9 7.5 8.0 8.5 9.2

3 6.7 7.3 7.8 8.3 9.1 9.6 10.3 11.1 11.8 12.7

Quelle: Wagner (2006).

Aber: Die Kombination der relevanten Qualifikationen bzw. Erfahrungsfelder ist nicht beliebig – sie müssen zueinander passen! (Moog, 2004)

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 84

Persönlichkeitsmerkmale von Gründern

Zu beachten:

Eventuell ist die Kombinationbestimmter Merkmale wichtig.

Bedeutung einzelner Merkmale wahrscheinlich auch abhängig von Umfeldbedingungen bzw. von der Art der Gründung (z.B. Necessityvs. Opportunity Entrepreneurship).

Empirisch zeigen sich deutliche Zusammenhänge.

Entsprechende Persönlichkeitsmerkmale zeigen sich z.T. schon deutlich in der Kindheit. Frage: inwieweit sind diese Eigenschaften genetisch bzw. durch Vorbildeffekte im Elternhaus bedingt?

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 43

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 85

Persönlichkeitsmerkmale und Gründung

Förderliche spezifische Persönlichkeitsmerkmale

Fähigkeit zum Tragen von Risiko

Kreativität

Selbstvertrauen

Handlungsbereitschaft

Wachheit („Alertness“)

Eigenverantwortlichkeit

Änderungswille

Stress-Toleranz

(Über-)Optimismus

Persönlichkeitsdimensionen (Big Five)

Positiv für Gründungsneigung:

Offenheit für Erfahrungen

Extraversion

Gewissenhaftigkeit

Negativ für Gründungsneigung:

Neurotizismus

Verträglichkeit

Definition: Risikoneigung

Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 86

Income

Nutzen

risikoscheu

risikoliebend

risikoneutral

Die meisten Menschen (einschließlich Unternehmer) sind eher risikoscheu !

Quelle: Parker (2009, 37).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 44

Entrepreneurship und Risikopräferenz

Die Einstellung zum Risiko ist über die Lebenszeit relativ konstant.

Gründer bzw. Unternehmer sind tendenziell weniger risikoscheu als Nicht-Unternehmer!

Der Zusammenhang zwischen Risikopräferenz und Unternehmenserfolg ist nicht ganz klar.

Die Risikopräferenz kann über die Big-FivePersönlichkeitsmerkmale erklärt werden. Ist die Risikopräferenz ein grundlegendes Persönlichkeitsmerkmal?

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Sind Unternehmer eher sozial ‘unangepasste’ Persönlichkeiten?

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 45

Obschonka, Andersson, Silbereisen and Sverke (2013): Rule-breaking, Crime, and Entrepreneurship: A Replication

and Extension Study with 37-year Longitudinal Data. Journal of Vocational Behavior, 83, 386-396.

Empirische Untersuchung mit Längsschnitt-Daten für ein repräsentatives Sample von Personen aus ländlichen RegionsnSchwedens.

Ergebnisse:

Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen ‘weichen’ Formen von Regelverstößen und Entrepreneurship.

Kein Zusammenhang zwischen antisozialem Denken und Entrepreneurship.

Kein Zusammenhang zwischen kriminellem Verhalten und Entrepreneurship.

Der Effekt ist nur für männliche Probanden statistisch signifikant, nicht für Frauen.

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Übertragung von Entrepreneurship zwischen Generationen – Das Muster

Kinder von unternehmerisch selbständigen Eltern haben eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Wenn der Vater selbständig war ist der Effekt in der Regel stärker ausgeprägt als für selbständige Mütter.

Ein solcher positiver Effekt ist auch für unternehmerische Selbständigkeit von Großeltern feststellbar.

Bei Kinder von Eltern, die als Unternehmer relative erfolgreich waren, ist der Effekt stärker ausgeprägt als im Falle von ökonomisch weniger erfolgreichen Eltern.

Der Einfluss eines unternehmerischen Rollenmodells der Eltern hängt auch von der Persönlichkeit des Nachwuchses ab.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 46

Übertragung von Entrepreneurship zwischen Generationen – Mögliche Erklärungen

Aneignung von allgemeinen unternehmerischen Kenntnissen durch die Nähe zu einem Familienunternehmen; Nähe zu branchenspeifischen Netzwerken; Peer-Effekte.

Weitergabe von Unternehmen zwischen den Generationen (Nachfolge). [von eher geringer Bedeutung!]

Finanzielle Unterstützung einer Gründung durch die Eltern.

Korrelation der Präferenzen für unternehmerische Selbständigkeit zwischen den Familienmitgliedern (z.B. Präferenzen für Autonomie, Risikopräferenz). [von eher geringer Bedeutung!]

Genetische Faktoren.

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Lindquist, Sol and van Praag (2015): Why do Entrepreneurial Parents Have Entrepreneurial Children? Journal of Labor

Economics, 33, 269-296.

Frage: Inwiefern beruht der positive Zusammenhang zwischen unternehmerischer Selbständigkeit der Eltern und deren Kindern auf genetischen Faktoren?

Empirischer Ansatz: Untersuchung der Karrieren von adoptierten Kindern unter Berücksichtigung des Beschäftigungsstatus der Adoptiveltern und der biologischen Eltern.

Befund: Sowohl unternehmerische Selbständigkeit der Adoptiveltern wie auch der biologischen Eltern zeigt einen positiven Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit für unternehmerischen Selbständigkeit der Kinder. Der Effekt der Adoptiveltern ist ca. doppelt so stark wie der Einfluß der biologischen Eltern.

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 47

Erziehungsstil und Entrepreneurship (Eva Schmitt-Rodermund 2005, in: Wirtschaftspsychologie, H. 2, 7-23)

Schmitt-Rodermund (2005): Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen unterstützender und anregungsreicher Erziehung und der Wahrscheinlichkeit von unternehmerischer Selbständigkeit. Dies steht im Zusammenhang mit der Herausbildung einer unternehmerischen Persönlichkeit und entsprechenden Verhaltensweisen und Interessen.

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Quelle: Schmitt-Rodermund (2005).

Der Effekt von Ausbildung und Beruf auf die Gründungsneigung

Wahl eines Ausbildungsweges und des Berufs als Vorentscheidung für unternehmerische Selbständigkeit.

Der Einfluss der Persönlichkeitsstruktur.

Berufsspezifische Rollenmodelle unternehmerischer Selbständigkeit (z.B. niedergelassener Arzt oder Rechtsanwalt) als Determinante der Berufswahl.

Erwerb unternehmensspezifischer Fähigkeiten während der Ausbildung und der Ausübung eines Berufes.

Berufsspezifische Beschäftigungssituation (Lohnniveau, Arbeitsplatzsicherheit) als Determinante unternehmerischer Selbständigkeit.

Berufsspezifische Rollenmodelle (Kommunizierbarkeit, Peer-Effekte).

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Einflussfaktoren auf die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten

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Gründungsneigung und soziales Umfeld

Empirischer Befund: Gründungsneigung ist höher

wenn sich selbständig tätige Personen in der Familie bzw. im Bekanntenkreis befinden.

in Regionen mit hohem Anteil an selbständig tätigen Personen.

Mögliche Erklärung: Vorbildfunktion, direkter Kontakt zum Rollenmodell „Unternehmer“ („Peer-Effekt“).

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 49

Informationsstand, Suchprozesse und Zugang zu Informationen.

Lebenserfahrung, Bildungsniveau, Fähigkeiten.

Einbindung in professionelle und soziale Netzwerke.

Aktive Suchprozesse.

Die Fähigkeit zum Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten.

Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge, Märkte und über (potenzielle) Bedürfnisse.

Kognitive Prozesse (z.B. Wachheit, Wahrnehmungsfähig-keit, Intelligenz, Kreativität, Assoziation, Denken „out of thebox“).

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Was fördert und prägt das Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten (opportunity recognition) ?

Die Umsetzung unternehmerischer Gelegenheiten

Die Art der Umsetzung unternehmerischer Gelegenheiten ist häufig durch die Vorbildung und den Kontext geprägt!

Beispiel: Shane, Scott A. (2000): Prior Knowledge and theDiscovery of Entrepreneurial Opportunities. Organization Science, 11, 448-469.

Untersucht acht Gründungen aus dem MIT, die auf der gleichen technologischen Entwicklung beruhen (3D Drucken).

Alle acht unternehmerischen Konzepte sind unterschiedlich und durch Vorwissen und Vorerfahrung der Gründer geprägt.

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Vorwissen

Technologi-sche

Entwicklung

OpportunityRecognition

Unternehme-rische

Umsetzung

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Wyrwich: VL Entrepreneurship und Unternehmensentwicklung SS 2018 Teil I 50

Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse von Kapitel 4

Es lassen sich zwei Komponenten der unternehmerischen Fähigkeiten unterscheiden, nämlich zum einen die erlernbaren Qualifikationen und zum anderen bestimmte Persönlichkeits-merkmale, deren Struktur im Zeitablauf weitgehend stabil ist.

Zwischen dem Ausbildungsniveau und der Gründungswahr-scheinlichkeit besteht ein positiver Zusammenhang.

Neben dem Qualifikationsniveau ist insbesondere die Vielfalt und Struktur der Qualifikationen (Skill Balance) für erfolgreiches Unternehmertum von Bedeutung.

Es lassen sich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale identifizieren, die sich positiv auf den Erfolg von Gründungen auswirken.

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Zusammenfassung wesentlicher Ergebnisse von Kapitel 4 (Fortsetzung)

Die Fähigkeit und die Bereitschaft einer Person zu unternehmerischer Selbstständigkeit entwickelt sich meist über einen längeren Zeitraum. Dabei kommt dem sozialen Umfeld im Verlauf von Erziehung und Sozialisation, der Ausbildung, der Berufswahl und der Berufserfahrung ein prägender Einfluss zu.

Die Gründungsneigung einer Person ist deutlich höher, wenn ein direkter Kontakt zu selbstständig tätigen Personen, wie z.B. Eltern, Geschwistern, Freunden und Bekannten besteht (Peer Effekt).

Das Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten erfordert einen gewissen Informationsstand, insbesondere auch das Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge sowie weitere kognitive Fähigkeiten.

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