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OPHTHALMOLOGISCHE NACHRICHTEN | 01.2016 18 | SPECIAL | INTRAOKULARLINSEN Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichen Fortschritte der klassischen Phakoemulsifikation und IOL-Implantation – Ein Überblick KÖLN Schwerpunkte der modernen refraktiven Kataraktchirurgie sind die Sicherheit, die refraktive Korrektur – eine brillenfreie Sehfunktion bei Tag und Nacht und in allen Entfernungen – und ein vollständig maßgeschneidertes Verfahren für jeden Patienten. Eine Premium-Katarakt-Behandlung sollte eine Premium-Diagnostik, eine Premium- Performance im Operationssaal und eine Premium-IOL-Implantation umfassen. Neue technologische Fortschritte lassen Chirurgen diese Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichen. E s scheint, dass es heute zwei Welten in der Kataraktchirurgie gibt. Die eine Welt wird durch das begrenzt, was medizinisch not- wendig und ohne Alternative ist. Hier ist das Ziel, so viele Kataraktoperatio- nen wie möglich innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und Budgets durchzuführen. Die Wertschöpfung aus der postoperativ notwendigen optischen Rehabilitation wird dem Augenoptiker überlassen. Der Hinter- grund für diese Welt ist, dass die Erstattung der gesetzlichen Kranken- versicherung kontinuierlich fällt, wäh- rend die Zahl der Kataraktpatienten stetig steigt und sich in Zukunft weiter erhöhen wird, denn auch die Baby- Boomer-Jahrgänge werden älter. In der anderen Welt der Katarakt- chirurgie zielt die medizinische und technologische Entwicklung neben der Verbesserung der OP-Verfahren gerade auf die refraktive Korrektur der Kataraktpatienten. Das Ziel ist die brillenfreie Sehfunktion am Tage und in der Nacht sowie in allen Entfernun- gen. Jede einzelne Katarakt-Operation wird notwendigerweise in hohem Maße individualisiert sein müssen. In dieser Welt wird kein Aufwand als zu hoch angesehen, um das beste Ergeb- nis zu erzielen und den hohen Anfor- derungen des selbstzahlenden oder privat versicherten Patienten gerecht zu werden. Fließband-OP oder Customized? Unabhängig davon, ob die Katarakt- operation wie am Fließband oder indi- vidualisiert und mit einer Zielrefrak- tion von ±0,50 dpt durchgeführt wird, neue technologische Entwicklungen machen auch die konventionelle Behandlung effektiver und sicherer. Innovationen in der Kataraktchirurgie werden weiterhin einen Einfluss auf die beiden beschriebenen Welten in der Kataraktchirurgie haben. Keine der beiden Welten wird ohne die Wür- digung der jeweils anderen nachhaltig sein können. Schmerzen bei der OP muss kein Patient mehr befürchten. Die Intuba- tionsnarkose ist eher eine Ausnahme und bleibt Kindern und Menschen mit relevanten Begleiterkrankungen vor- Fortsetzung siehe Seite 19 ( Kermani (10) Omid Kermani Abb. 1a/b: Astigmatismus-korrigierende Inzisionen. Die steilen Hornhautachsen sind in Blau markiert. Die primäre und die opposite Inzision haben die gleiche Breite und Länge sowie den gleichen Abstand zum Limbus. Nur die primäre Inzision wird im weiteren Verlauf der Operation genutzt. Die opposite Inzision hat lediglich einen refraktiven Effekt. Abb. 2: Irisprolaps bei Floppy-Iris- Syndrom nach systemischer Tamsulosin- Medikation. a b

Fortschritte der klassischen phakoemulsifikation und iol ... · Ozil-IP-Technologie. Ozil steht für eine rotatorische Bewegung des Pha-ko-Tips, IP für „intelligent Phako“, was

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Page 1: Fortschritte der klassischen phakoemulsifikation und iol ... · Ozil-IP-Technologie. Ozil steht für eine rotatorische Bewegung des Pha-ko-Tips, IP für „intelligent Phako“, was

OphthalmOlOgische NachrichteN | 01.201618 | special | intraokularlinsen

Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichenFortschritte der klassischen phakoemulsifikation und iol-implantation – Ein Überblick

KÖLN Schwerpunkte der modernen refraktiven Kataraktchirurgie sind die Sicherheit, die refraktive Korrektur – eine brillenfreie Sehfunktion bei Tag und Nacht und in allen Entfernungen – und ein vollständig maßgeschneidertes Verfahren für jeden Patienten. Eine Premium-Katarakt-Behandlung sollte eine Premium-Diagnostik, eine Pre mium-Performance im Operationssaal und eine Premium-IOL-Implantation umfassen. Neue technologische Fortschritte lassen

Chirurgen diese Ziele der refraktiven Kataraktchirurgie leichter erreichen.

Es scheint, dass es heute zwei Welten in der Kataraktchirurgie gibt. Die eine Welt wird durch

das begrenzt, was medizinisch not-wendig und ohne Alternative ist. Hier ist das Ziel, so viele Kataraktoperatio-nen wie möglich innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens und Budgets durchzuführen. Die Wertschöpfung

aus der postoperativ notwendigen optischen Rehabilitation wird dem Augenoptiker überlassen. Der Hinter-grund für diese Welt ist, dass die Erstattung der gesetzlichen Kranken-versicherung kontinuierlich fällt, wäh-rend die Zahl der Kataraktpatienten stetig steigt und sich in Zukunft weiter erhöhen wird, denn auch die Baby-Boomer-Jahrgänge werden älter.

In der anderen Welt der Katarakt-chirurgie zielt die medizinische und

technologische Entwicklung neben der Verbesserung der OP-Verfahren gerade auf die refraktive Korrektur der Kataraktpatienten. Das Ziel ist die brillenfreie Sehfunktion am Tage und in der Nacht sowie in allen Entfernun-gen. Jede einzelne Katarakt-Operation wird notwendigerweise in hohem Maße individualisiert sein müssen. In dieser Welt wird kein Aufwand als zu hoch angesehen, um das beste Ergeb-nis zu erzielen und den hohen Anfor-derungen des selbstzahlenden oder privat versicherten Patienten gerecht zu werden.

Fließband-Op oder customized? Unabhängig davon, ob die Katarakt-operation wie am Fließband oder indi-vidualisiert und mit einer Zielrefrak-tion von ±0,50 dpt durchgeführt wird, neue technologische Entwicklungen

machen auch die konventionelle Behandlung effektiver und sicherer. Innovationen in der Kataraktchirurgie werden weiterhin einen Einfluss auf die beiden beschriebenen Welten in der Kataraktchirurgie haben. Keine der beiden Welten wird ohne die Wür-digung der jeweils anderen nachhaltig sein können.

schmerzen bei der Op muss kein Patient mehr befürchten. Die Intuba-tionsnarkose ist eher eine Ausnahme und bleibt Kindern und Menschen mit relevanten Begleiterkrankungen vor-

Fortsetzung siehe Seite 19 (

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Omid Kermani

Abb. 1a/b: Astigmatismus-korrigierende Inzisionen. Die steilen Hornhautachsen sind in Blau markiert. Die primäre und die opposite Inzision haben die gleiche Breite und Länge sowie den gleichen Abstand zum Limbus. Nur die primäre Inzision wird im weiteren Verlauf der Operation genutzt. Die opposite Inzision hat lediglich einen refraktiven Effekt.

Abb. 2: Irisprolaps bei Floppy-Iris- Syndrom nach systemischer Tamsulosin-Medikation.

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intraokularlinsen | special | 19OphthalmOlOgische NachrichteN | 01.2016

mit der Entwicklung der Centurion-Maschine neue Standards gesetzt. Hier ersetzt das Fluid-Management-System (FMS) durch eine computergesteuerte Balance von BSS-Injektion und Emul-gat-Aspiration den konventionell üblichen schwerkraftbetriebenen Ein-fluss von BSS. Das FMS kann auf-grund sensorgesteuerter Vorgaben durch den Operateur einen physiolo-gischen Spüldruck regeln. Bei her-kömmlichen I/A-Systemen wird die Flaschenhöhe in der Regel bei 100 cm H2O eingestellt, was einem IOD von 74 mmHg entspricht. Mit FMS hat der Chirurg die Möglichkeit, den gewünschten IOD während der OP vorzugeben. Üblicherweise verwende ich jetzt einen IOD von 30  mmHg (entspricht 40  cm H2O) für die Rou-tineverfahren. Diese Low-pressure-Situation hat keinerlei Nachteil in Bezug auf die Stabilität der Vorder-kammer während der Opration. Im Ergebnis verbrauche ich bei den Rou-tine-Eingriffen nur ein Drittel der Flüssigkeit im Vergleich zu einer her-kömmlichen Phako-Maschine. Es ist ganz einfach: Weniger Flüssigkeit, die durch das Auge fließt, bedeutet weni-ger Stress für das Auge.

Auch der Phako-Tip ist bei dieser Maschine weiterentwickelt worden und arbeitet mit der sogenannten

Ozil-IP-Technologie. Ozil steht für eine rotatorische Bewegung des Pha-ko-Tips, IP für „intelligent Phako“, was bedeutet, dass die konventionelle koaxiale Ultraschall-Ausrichtung der Tip-Bewegung nach wie vor möglich ist, aber nur zur Anwendung kommt,

wenn ein gewisser Vakuumdruck ent-steht – das heißt, wenn der Tip beginnt, durch angesaugtes Material zu okkludieren. Geschieht dies, setzt das IP zusätzlich zum sanfteren Ozil ein, und die Wirkung ist wie bei einem Turbolader in der Motorentechnolo-gie. Die Wirkungsleistung des Tips wird unmittelbar signifikant gesteigert ohne dass ein sogenannter „surge“ entsteht. Das heißt, extreme Druck-schwankungen, wie sie bei herkömm-

lichen Phako maschinen häufig beob-achtet werden, können deutlich abgemildert werden.

Mit der Kombination aus niedrigem Druck (low-pressure), sensorgesteuer-tem FMS und der sanften Power von Ozil-IP bleibt die Vorderkammer zu jeder Zeit stabil, ohne dass es zu aus-geprägten Schwingungen von Iris- oder Linsendiaphragma kommt. Die Phakoemulsifikation bleibt immer unter der Kontrolle des Operateurs, physikalische Nebeneffekte durch ungewollte Druckschwankungen blei-ben aus und der durchflussbedingte Stress für das Auge ist bei physiologi-schem IOD auf ein Minimum reduziert.

integrierte systeme. Bei der Ent-wicklung des Verion Image-Guided-System haben wir bereits in einer sehr frühen Phase mitgewirkt. Die Firma SMI Berlin, die ursprünglich das Sys-tem entwickelt und dann an Alcon verkauft hat, ist der Marktführer in optischen Trackingsystemen weltweit. Anfang der 2000er-Jahre haben wir die Entwicklung eines Ausgleich-systems für Torsionsfehler in der refraktiven Laserchirurgie initiiert und gemeinsam mit SMI zur Marktreife geführt. Das System fand dann später auch Einzug in die IOL-Chirurgie, hier

behalten. Meist erfolgt die Operation unter einer Parabulbäranästhesie, wel-che während einer Kurznarkose unter Dormicum und Porpofol gesetzt wird. Während der Operation ist der Patient dann noch einigermaßen sediert und ruhiggestellt, aber ganz sicher absolut schmerzfrei. Alternativ kann auch in reiner Tropfenanästhesie behandelt werden. Dieses Vorgehen hat sich weithin bewährt, ist aber sowohl für Patienten als auch den Operateur mit etwas mehr Stress behaftet.

Die inzisionen. Bewährt haben sich primäre Inzisionen mit einer Breite zwischen 1,8 mm und 2,3 mm. Diese Inzisionsbreite ist hinreichend schmal, um astigmatismusneutral zu bleiben. Gleichwohl ist die Mehrheit der heute verfügbaren IOL über diese Inzisions-breite auch sicher zu implantieren. Sogenannte MICS (Micro Incisional Cataract Surgery) mit Schnittbreiten unter 2,0 mm haben sich in der Breite nicht durchsetzen können. Die Aus-

wahl der verfügbaren IOL ist zu gering und die sehr dünnen Optiken neigen zu Stauchung und Dezentrierung infolge der natürlichen Kapselsack-schrumpfung nach dem Eingriff.

Eine Spielart der Astigmatismus-korrektur in Zusammenhang mit einer Kataraktoperation lässt sich auch durch die geeignete Wahl der Inzi-sionslage, Breite und die Anzahl der Inzisionen beschreiben. So kann der Operateur die Inzision ganz gezielt auf die steile Achse des cornealen Astig-matismus legen, die Inzision etwas breiter anlegen (z. B. 3,0  mm) und auch noch als Clear Cornea, also wei-ter corneal platzieren. Bis zu 0,75 cyl lassen sich so zuverlässig reduzieren. Mittels einer sogenannten oppositen Inzision kann der Effekt auf bis zu 1,5  cyl erhöht werden. Hier wird gegenüber der primären Inzision eine

zweite mit gleicher Breite und Länge angelegt. Die opposite Inzision dient nur der Relaxierung der Hornhaut und wird im weiteren Verlauf der OP nicht mehr gebraucht (Abb. 1a/b).

parazentesen (1,0  mm) dienen dann noch der Einführung der Hilfs-instrumente für die Phakoemulsifika-tion. In Einzelfällen kann postoperativ über die Parazentese auch schon ein-mal Druck in der Vorderkammer abge-lassen werden. Arbeitet der Operateur mit einem bimanuellen Irrigations-/Aspirations(I/A)-System, braucht er zwei Parazentesen. Bei koaxialer I/A genügt auch eine Parazentese.

Die Kapsulorhexis hat sich als Standardmethode der Kapseleröff-nung fest etabliert. Diese kann mit einer speziellen Rhexispinzette oder mit einer gebogenen und scharf-kantigen Injektionsnadel durchge-führt werden. Es gibt mittlerweile konfektionierte Rhexisnadeln als Ein-malartikel, welche den Vorgang noch sicherer und reproduzierbarer machen. Ziel ist es, eine Kapseleröffnung mit einem Durchmesser von 4,8  mm bis 5,2 mm anzulegen. So ist gewährleis-tet, dass die Kapselränder die IOL-Ränder gerade eben abdecken und so den Kapselsack versiegeln und zugleich eine asymmetrische Kapsel-sackschrumpfung mit konsekutiver IOL-Dezentrierung verhindern helfen. Ein weiterer Vorteil dieses Öffnungs-durchmessers ist der Umstand, dass bei Ruptur der hinteren Kapsel im Laufe der Phakoemulsifikation die IOL in die vordere Kapselöffnung ein-geknöpft und so sicher zentriert und stabilisiert werden kann.

Floppy iris bezeichnet ein Phäno-men, welches infolge der systemi-schen Verabreichung von Tamsulosin entsteht und die Katarakt-OP erheb-lich komplizieren kann. Tamsulosin ist ein Alpha-Blocker und bei Prostata-beschwerden das Mittel der ersten Wahl für die meisten Urologen. Das Problem für den Augenchirurgen ist, dass sich die Pupille kaum mehr ver-nünftig erweitern lässt und diese meist während der OP sehr stressanfällig wird und mit deutlicher Miosis reagiert. Aber auch die Biomechanik des Iris gewebes verändert sich nach-teilig. Die Iris verliert Festigkeit und neigt dazu, unter Irrigation zu flattern und bei Aspiration angesaugt zu wer-den. Oft prolabiert das Irisgewebe durch eine der Inzisionen und kompli-ziert so den weiteren OP-Verlauf (Abb. 2). Das Absetzen von Tamsulo-sin ist nicht ungefährlich, es kann zu Harnverhalt und anderen Komplika-tionen kommen. Wir begegnen daher dem Floppy-Iris-Syndrom mit einem kleinen, sehr effektiven chrirugischen Hilfsmittel. Der Pupillenspannring von Malyugin wird zusammengefaltet in das Auge injiziert und in der Pupille über den Irissphinkter verankert. Die Pupille kann so auf 6,0  mm sicher erweitert und stabilisiert werden (Abb. 3a–c). Das Entfernen des Spann-ringes erfolgt genauso wie die Implan-tation, diesmal über eine Rückfaltung in den Injektor.

phako-Upgrade. Unabhängig davon, ob die Linsenentfernung refraktiv-chirurgisch oder medizinisch indiziert ist, konventionell oder laser-gestützt durchgeführt wird, die Linse muss mit Ultraschall emulsiert und mit einem effizienten I/A-System abgesaugt werden. Die Fa. Alcon hat

Fortsetzung siehe Seite 20 (

( Fortsetzung von Seite 18

Abb. 3a–c: Die enge Pupille eines Glaukompatienten wird für die Kataraktoperation mit einem Malyugin-Spannring erweitert und fixiert.

Abb. 4: Die Referenzeinheit des Verion- Systems erfasst alle für die Planung und Durchführung der OP relevanten Daten des Auges.

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OphthalmOlOgische NachrichteN | 01.201620 | special | intraokularlinsen

zur korrekten Positionierung torischer Linsen.

Das System arbeitet vollständig integriert. Es schließt sich somit der Kreis zwischen Diagnostik und OP-Planung, OP-Durchführung und post-operativer Qualitätskontrolle. Andere Hersteller bieten ähnliche Lösungen, und einige Technologieanbieter arbei-ten mit Anordnungen von Kompo-nenten unterschiedlicher Hersteller. Das Ziel integrativer Systeme besteht darin, die refraktive Kataraktchirurgie weiter zu perfektionieren.

Bildgeführte Navigation durch die Op. Wenn ein Patient sich für eine Premium-Katarakt-Behandlung ent-scheidet, umfasst diese Behandlung Premium-Diagnostik, Premium-Per-formance im OP, die Implantation einer Premium-IOL sowie eine abschließende Qualitätskontrolle. Das Verion Image-Guided-System® wird verwendet, um die Behandlung zu pla-nen, zu navigieren und das Ergebnis zu überprüfen. Die sogenannte Refe-renzeinheit ist im Voruntersuchungs-raum direkt neben dem IOLMaster (Carl Zeiss Meditec) positioniert und misst die optische, visuelle und die geometrischen Achsen des Auges. Mesopische sowie photopische Pupillen durchmesser werden in Bezug gesetzt (Abb.  4). Im selben Messvor-gang werden die Hornhautradien und eine Vielzahl markanter Bezugspunkte auf dem Limbus und auf der Iris für

das Eye-Tracking-System (Digital-Marker), welches in das OP-Mikroskop integriert ist, aufgenommen.

Der Digital-Marker dieses Systems verfügt über einen Eye-Tracker, wel-cher ankoppeln kann, sobald er die von der Referenzeinheit identifizierten Bezugspunkte erkannt hat. Im weite-ren Verlauf der Operation navigiert das System robust und reproduzierbar.

Es besteht keine Notwendigkeit für die manuelle Farbmarkierung, und dies erleichtert die Arbeitsabläufe erheblich. Bevor wir mit diesem System gearbei-tet haben, musste jeder Patient mit einem eingefärbten torischen Marker vor der topischen Anästhesie manuell in aufrecht sitzender Position unter Anwendung eines Lidsperrers markiert werden. In meiner Praxis umfasst eine von vier Opera tionen entweder eine torische IOL-Implantation oder eine astigmatische Keratotomie. Für jeden

dieser Patienten musste ich den OP-Saal verlassen, um die individuelle Markierung für die Behandlung zu setzen. Nun werden die individuellen Daten aus der Verion-Referenzeinheit aus dem Voruntersuchungsraum über unser Haus-Netzwerk an den digitalen Marker im OP-Saal übertragen. Mit der Eingabe der ID des Patienten stehen die Daten unmittelbar im OP-Saal zur Ver-fügung (Abb. 5).

Die koaxiale Ausrichtung des Auges mit dem Mikroskop ist eine Voraus-setzung für eine genaue und fehlerfreie digitale Kennzeichnung. Das System kann verwendet werden, um eine manuelle Kapsulorhexis in Bezug auf Größe und Position zu führen. Torische und multifokale IOL können sicher im Verlauf des Eingriffes auf die richtige Position zentriert und eingestellt wer-den. Gelegentlich können eine aus-geprägte Chemosis der Bindehaut oder Blutungen im Limbusbereich das Eye-Tracking stören. Nach meiner Erfah-rung ist das System jedoch zuverlässig und konsistent in 98 von 100 Fällen.

Postoperativ kann dann die Refe-renzeinheit zur Überprüfung der Aus-richtung der torischen IOL wieder ver-wendet werden. Dies ist sowohl für Dokumentation als auch Feinabstim-mung der chirurgischen Nomo gramme nützlich, da diese Vorgehensweise objektive Daten liefert. So muss die Qualitätskontrolle funktionieren. Mit der postoperativen Untersuchung schließt sich der Kreis von Planung, Ausführung und Überprüfung.

infektionsprophylaxe ist heute Standard in der Kataraktchirurgie. Präoperativ wird das OP-Feld natür-lich desinfiziert. Heute verzichtet man auf ein Abschneiden der Zilien. Die intracamerale Verabreichung von Cefuroxim zum Abschluss der Opera-tion ist zwar wissenschaftlich immer noch umstritten, wird aber von allen Fachgesellschaften empfohlen und von uns daher auch praktiziert.

Die sicherste Infektionsprophylaxe sind aber wohl nach wie vor 1.) eine kurze OP-Zeit und 2.)  ein sicherer Wundverschluss.

Postoperativ werden antibiotische Augentropfen für wenigstens zwei Wochen verabreicht.

Die postoperative therapie gerade

nach Premium-IOL-Implantation sollte neben der Verabreichung von topischen Antibiotika und Steroiden auch auf eine Stabilisierung des Tränen filmes abzielen. Die meisten Seh beschwerden nach einer Katarakt-OP sind Folge eines instabilen Tränen-filmes und können mit Tränenersatz-mitteln gelindert werden. Steroid responder – Patienten, die auf Steroide mit erhöhtem Augendruck reagieren - sind nicht selten. Daher ist auch eine IOD-Messung etwa eine Woche nach der OP zwingend. Bei erhöhtem Augendruck kann auf nicht steroidale Antiphlogistika umgestellt werden.

ein Nachstar nach der Katarakt-OP ist auch heute noch der Normalfall. Die Inzidenz hat aber aufgrund der modernen IOL-Designs nachgelassen. Sie liegt in etwa bei 15  Prozent der Fälle innerhalb der ersten zwölf Monate nach OP. Die YAG-Laser-Kap-sulotomie ist immer noch das Verfah-ren der Wahl zur Nachstarbehandlung (Abb. 6). Patienten, die MIOL im Auge tragen, sind anfälliger gegenüber geringfügiger Nachstarbildung. Sie müssen früher und konsequenter behandelt werden, nur so lassen sich die sonst irritierenden Streulicht-phänomene wirkungsvoll beheben. W

( Autor: Dr. Omid Kermani Augenklinik am Neumarkt Schildergasse 107–109, 50667 Köln Tel.: 0221-650-722-0 E-Mail: [email protected]

( Fortsetzung von Seite 19

Welche MIOL ist die Beste?Kenntnis der Defokuskurven und Halointensitäten von entscheidender Bedeutung

DÜSSELDORF Der Wunsch nach Bril-lenunabhängigkeit ist in den letzten Jah-ren auch bei Kataraktpatienten immer stärker geworden. Verbesserungen der MIOL-Designs mit optimierter Asphärizi-tät und verbesserter Lichtausbeute haben die Akzeptanz deutlich erhöht. Der Wunsch, auch im Intermediärbereich ohne Korrektur lesen zu können, führte bei vielen Herstellern zur Entwicklung von MIOL mit reduzierter Nahaddition.

Z iel dieses Beitrages ist es, einen Überblick über die klinischen Ergebnisse zu schaffen und

herauszufinden, welche MIOL für wel-chen Patientenwunsch die Beste ist. Der Operateur muss sich bei der Lin-senauswahl auf ein Optikdesign, auf

die Fokalität, die Nahaddition und auf die Zielrefraktion festlegen (Abb.  1). Daher ist es für die erfolgreiche MIOL-Implantation wichtig, die optischen Eigenschaften zu kennen, um den Patienten individuell zu versorgen.

Ausgewertet wurden für diese Arbeit folgende Implantate:1. AMO: Tecnis MIOL (2,75, 3,25, 4,0)2. Oculentis MIOL: MplusX, Lentis Comfort 1,53. Zeiss: bifokale und trifokale Lisa4. Alcon: Restor 2,5, 3,0.

Wie kann man Miol leichter vergleichen?

Um Multifokallinsen miteinander ver-gleichen zu können, bedarf es einer Maßzahl.

Die MIOL–Kapazität – oder auch Defokuskapazität – ist dabei eine sehr praktische Möglichkeit, dies auszudrü-cken. Sie ist definiert als die Fläche unter der Defokuskurve zwischen den Werten -3 dpt und 0 dpt. Diese wird am besten in 0,5-dpt-Schritten ermittelt.

Als Referenzkurve ist ein konstan-ter Visus von 1,0 Grundlage. Die dazugehörige Fläche ist demnach 100 Prozent. Um die beste MIOL für eine bestimmte Distanz zu ermitteln, ist die Defokuskapazität in Ferne, Intermediärbereich und Nähe unter-teilbar (Abb. 2). Unsere Auswertungen führten zu folgenden Ergebnissen:

Visus:1. Die höchste Defokuskapazität über 0 bis -3 dpt hatte in unserer Arbeit die trifokale Lisa der Firma Zeiss. Sie ist demnach der Allrounder unter den Multifokallinsen.2. Die Oculentis Comfort eignet sich für den Intermediärbereich am besten und hat im Vergleich zu der trifoka-len MIOL weniger photopische Phäno mene.3. Für einen guten Nahvisus auch bei schlechten Lichtbedingungen ist die Tecnis 4.0 die sicherste Leselinse.4. Diffraktive Linsen mit höherer Nahaddition bei kleiner Pupillen-

weite (2,7  mm) haben eine hohe Tiefenschärfe und somit auch einen guten Intermediärvisus.

halos:Jede Multifokallinse führt aufgrund der verschiedenen Brennpunkte zu einem Halo. Die meisten Patienten gewöhnen sich nach ein paar Mona-ten an dieses Phänomen und können es aufgrund der Neuroadaptation ausblenden. Trotzdem stellt sich aber die Frage, ob man durch eine gezielte Auswahl der MIOL Einfluss auf Halos

Fortsetzung siehe Seite 22 (

Kaym

ak (4

)

Neue Ansätze mit einer Kombina tion von unterschiedlichen Nahaddi tionen in beiden Augen führen nicht nur zu einem zentralen Sum­mationseffekt und verbessern den binokula­ren Visus, sondern redu­zieren zugleich die Wahr­nehmung von optischen Phänomenen wie Halos und Glare. Dr. Hakan Kaymak

Abb. 6: Frühe YAG-Laser-Kapsulotomie nach Implantation einer torischen MIOL.

Abb. 2: Die Defokuskapazität ist unterteilbar in Ferne, Intermediärbereich und Nähe.Abb. 1: Optikdesign, Fokalität, Nahaddition und Zielrefraktion sind bei der MIOL-Auswahl zu berücksichtigen.

Abb. 5: Der „digital marker“ des Verion Image-Guided-System® unterstützt den Operateur bei der korrekten Ausrichtung zum Beispiel einer torischen IOL. Das Navigationsbild ist in den Strahlengang des OP-Mikroskopes eingeblendet (Head-Up-Display).