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Hass auf die Obrigkeit Dominik Breuer liest im Geschichtslesesommer aus »Georg B.« »Tote gibt es, die sind lebendiger als Le- bende.« Dass sich dieses Zitat von Georg Büchner auch auf dessen bis heute anhalten- de Breitenwirkung anwenden lässt, zeigte ei- ne Lesung mit anschließender Diskussions- runde des Literarischen Zentrums Gießen. »Hochaktuell« seien die Themen, die den früh verstorbenen Revolutionär und Litera- ten bewegt hätten, fand Schauspieler Domi- nik Breuer, der auf Einladung des LZG und der Fachdidaktik Geschichte der JLU im Rahmen des Geschichtslesesommers mit sei- ner Interpretation den Dichter zum Leben erweckte. Breuer, der von 2009 bis 2011 am Stadttheater Gießen tätig war, las aus dem biogra- fischen Roman »Georg B.« des zweifachen Jugendbuchpreis- trägers Frederik Hetmann. Eindringlich erzählte er von Büchners Hass auf die Obrig- keit, seinen Wanderungen durch das Hessische, medizi- nischen Studien, der Liebe zur Verlobten Minna, von Verhö- ren und heimlichen Treffen der Herausgeber des »Hessi- schen Landboten«. Die Flug- schrift wurde im Wortlaut zi- tiert, wie auch der Dichter, der Gießen für ein »provinzielles Kaff« hielt. Das Buch sei »fast wie eine Anleitung zur historischen Narration«, fand ein Student, dem die spezielle Art der Ver- gangenheitsaufarbeitung gefiel. Tatsächlich ist »Georg B.« weder Biografie noch Roman, eher ein Mosaik verschiedener Erzählformen. Fiktionale Passagen wechseln mit faktischen, eingeschobene Dokumente regen zum Quel- lenstudium an, unterschiedliche Schriftarten kennzeichnen die Ebenen. Dieses eigne sich damit ideal zum fächer- übergreifenden Unterricht, nämlich sowohl für den Deutsch- wie für den Geschichtsun- terricht, schlug Susan Zeh-Fiedler vor, die das Buch in Eigeninitiative neu herausgege- ben hat. Neben Büchner selbst hat dadurch auch Hetmanns »Georg B.« nun einen beson- deren Bezug zu Gießen: Weil es ihr selbst so gut gefallen habe, erzählte Zeh-Fiedler, habe sie sich für eine Neuauflage des vergriffenen Buches eingesetzt, und als der Verlag sich nicht kooperativ zeigte, zu den Büchnerjah- ren 2012/13 im Eigenverlag eine »Gießen Edition« herausgebracht und an allen Gieße- ner Schulen »mit guter Resonanz« verteilt. Die Veranstaltung zeugte auch von der gu- tenVernetzung des LZG mit der JLU. In gleich vier Seminaren, drei geschichtsdidaktischen und einem literaturwissen- schaftlichen, war in diesem Se- mester »Georg B.« im Vorlauf der Lesung bearbeitet worden. Die Geschichtler hatten Medien und Methoden sowie Materia- lien für den Unterricht heraus- gearbeitet, zudem hatte Rita Rohrbach in ihrem Seminar ge- meinsam mit Breuer eine Dra- maturgie eingeübt, sodass die Studierenden bei der Lesung im Wechsel mit dem Schauspie- ler einige der Erzählstimmen übernahmen und das Revoluti- onslied »Brüder, so kann’s nicht gehen« anstimmten. Die Litera- turstudenten von Dr. Norman Ächtler hatten das für ein Jugendbuch unge- wöhnlich komplexe Erzählverhalten im Ro- man untersucht, das etwa mittels Leseranre- den die Identifikation der (jugendlichen) Le- ser mit dem selbst jugendlichen Revolutio- när erleichtert: »Georg lief zweimal zu Fuß von Gießen nach Offenbach und wieder zu- rück. Kannst du dir das vorstellen?« Ob sich Hetmanns »Georg B.« eher für den Deutsch- oder den Geschichtsunterricht eignet, wurde in der angeregten Diskussionsrunde durch- aus kontrovers gesehen. juw Dominik Breuer (juw)

Fr hlingsk onzert der Ricarda-Huc h-Schule zum ¯B c …...2013/05/16  · Stimmv erteilung für den Song »Grenade« von Bruno Mars hatten sie selbstständig er-arbeitet. »The Jovial

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Page 1: Fr hlingsk onzert der Ricarda-Huc h-Schule zum ¯B c …...2013/05/16  · Stimmv erteilung für den Song »Grenade« von Bruno Mars hatten sie selbstständig er-arbeitet. »The Jovial

Donnerstag, 16. Mai 2013 Nummer 112 - Seite 29Kultur aus der Stadt Gießen

Hass auf die ObrigkeitDominik Breuer liest im Geschichtslesesommer aus »Georg B.«

»Tote gibt es, die sind lebendiger als Le-bende.« Dass sich dieses Zitat von GeorgBüchner auch auf dessen bis heute anhalten-de Breitenwirkung anwenden lässt, zeigte ei-ne Lesung mit anschließender Diskussions-runde des Literarischen Zentrums Gießen.»Hochaktuell« seien die Themen, die denfrüh verstorbenen Revolutionär und Litera-ten bewegt hätten, fand Schauspieler Domi-nik Breuer, der auf Einladung des LZG undder Fachdidaktik Geschichte der JLU imRahmen des Geschichtslesesommers mit sei-ner Interpretation den Dichter zum Lebenerweckte.

Breuer, der von 2009 bis2011 am Stadttheater Gießentätig war, las aus dem biogra-fischen Roman »Georg B.« deszweifachen Jugendbuchpreis-trägers Frederik Hetmann.Eindringlich erzählte er vonBüchners Hass auf die Obrig-keit, seinen Wanderungendurch das Hessische, medizi-nischen Studien, der Liebe zurVerlobten Minna, von Verhö-ren und heimlichen Treffender Herausgeber des »Hessi-schen Landboten«. Die Flug-schrift wurde im Wortlaut zi-tiert, wie auch der Dichter, derGießen für ein »provinziellesKaff« hielt.

Das Buch sei »fast wie eineAnleitung zur historischen Narration«, fandein Student, dem die spezielle Art der Ver-gangenheitsaufarbeitung gefiel. Tatsächlichist »Georg B.« weder Biografie noch Roman,eher ein Mosaik verschiedener Erzählformen.Fiktionale Passagen wechseln mit faktischen,eingeschobene Dokumente regen zum Quel-lenstudium an, unterschiedliche Schriftartenkennzeichnen die Ebenen.

Dieses eigne sich damit ideal zum fächer-übergreifenden Unterricht, nämlich sowohlfür den Deutsch- wie für den Geschichtsun-

terricht, schlug Susan Zeh-Fiedler vor, diedas Buch in Eigeninitiative neu herausgege-ben hat. Neben Büchner selbst hat dadurchauch Hetmanns »Georg B.« nun einen beson-deren Bezug zu Gießen: Weil es ihr selbst sogut gefallen habe, erzählte Zeh-Fiedler, habesie sich für eine Neuauflage des vergriffenenBuches eingesetzt, und als der Verlag sichnicht kooperativ zeigte, zu den Büchnerjah-ren 2012/13 im Eigenverlag eine »GießenEdition« herausgebracht und an allen Gieße-ner Schulen »mit guter Resonanz« verteilt.

Die Veranstaltung zeugte auch von der gu-tenVernetzung des LZG mit derJLU. In gleich vier Seminaren,drei geschichtsdidaktischenund einem literaturwissen-schaftlichen, war in diesem Se-mester »Georg B.« im Vorlaufder Lesung bearbeitet worden.Die Geschichtler hatten Medienund Methoden sowie Materia-lien für den Unterricht heraus-gearbeitet, zudem hatte RitaRohrbach in ihrem Seminar ge-meinsam mit Breuer eine Dra-maturgie eingeübt, sodass dieStudierenden bei der Lesungim Wechsel mit dem Schauspie-ler einige der Erzählstimmenübernahmen und das Revoluti-onslied »Brüder, so kann’s nichtgehen« anstimmten. Die Litera-turstudenten von Dr. Norman

Ächtler hatten das für ein Jugendbuch unge-wöhnlich komplexe Erzählverhalten im Ro-man untersucht, das etwa mittels Leseranre-den die Identifikation der (jugendlichen) Le-ser mit dem selbst jugendlichen Revolutio-när erleichtert: »Georg lief zweimal zu Fußvon Gießen nach Offenbach und wieder zu-rück. Kannst du dir das vorstellen?« Ob sichHetmanns »Georg B.« eher für den Deutsch-oder den Geschichtsunterricht eignet, wurdein der angeregten Diskussionsrunde durch-aus kontrovers gesehen. juw

Dominik Breuer (juw)

Kunstobjekte vonMatthias Biedenkopf-Riedel

Der Verein für Interkulturelle Bildung undBegegnung lädt von diesem Freitag bis Sonn-tag zur Ausstellung »Matthias Biedenkopf-Riedel: Kunstobjekte« ins Zentrum für inter-kulturelle Bildung und Begegnung (ZiBB),Hannah-Arendt-Str. 8, ein. Die Eröffnungfindet am Freitag, 24. Mai, um 17 Uhr statt.Es gibt ab 17.30 Uhr Lieder von Leo und In-geburg und ab 19 Uhr Filme und Musik mitund von Krautrock.

Biedenkopf-Riedel wurde 1960 in Sachsengeboren. Der Facharbeiter für Textiltechnikwurde 1983 aus der damaligen DDR ausge-wiesen und kam nach Gießen. Schon frühversuchte er sich auf eigene kreative Wurzelnzu besinnen. Es resultierte eine Schaffenspe-riode im experimentellen und gesellschafts-kritischen und autobiografischen Bereich.

Die Ausstellung zeigt Kunst im Experi-mentellen, bestehend aus dem Zusammen-bringen von in der Kunstwelt untypischenMaterialien wie z.B. Holz-Metall oder Glas-Metall. Sein Spektrum reicht von der dar-stellenden bis zur multimedialen Kunst, auchFoto, Film und musikalischer Bereich. In derAusstellung bekommen die Besucher einenkleinen Ausschnitt aus seinem Gesamtwerkzu sehen. Die Schau ist den Minderheiten derWelt (Naturvölker) gewidmet, vor allem denUreinwohnern Australiens, den Aborigines.Biedenkopf-Riedel möchte sich für den Er-halt ihrer Kultur einsetzen und andere Men-schen dafür interessieren.

Am Samstag ab 13.30 Uhr beantwortetBiedenkopf-Riedel in der Ausstellung Fragender Besucher, am Sonntag ist von 11 bis 14Uhr Austellungsausklang mit Diskussions-runde zum Thema »Der Individualist als Au-ßenseiter«. pm

»Hessischer Landbote« im Pop-GewandFrühlingskonzert der Ricarda-Huch-Schule zum »Büchner-Tag« – Gesang und Tanz

Im Konzertsaal des Rathauses fand dasFrühlingskonzert zum Abschluss des »Büch-ner-Tages« der Ricarda-Huch-Schule statt.Die Klasse 8bG eröffnete mit ihrem Titel»Hessischer Landbote« das Programm. Mitgroßer Besetzung, Bezügen zur Flugschriftund poppigen Rhythmen schlug die Klassemit der Eigenkomposition ihres MusiklehrersMarco Weisbecker einen stimmungsvollenBogen zum Büchner-Jahr. Die Band AG derKlasse 6 feierte mit »Einmal um die Welt«Bühnenpremiere und bestand mit Bravour.Sevda Gözenoglu, Alba Temelci, Julian Väth(Gesang). Lukas Rink (Klavier), LeonardDönges (Keyboard), Tom Dörner (E-Gitarre),

Paul Wolkenstein (E-Bass), Omid Kamali undSebastian Scheuerlein (beide Percussion) er-arbeiten unter Leitung Weisbeckers aktuelleTitel und stellen sie in neuem Stil vor.

Überzeugend war auch der Beitrag derBand AG der Klasse 5a. Sie besteht aus zehnSchülerinnen, die erst seit zwei Monaten ge-meinsam proben. Die Choreografie und dieStimmverteilung für den Song »Grenade«von Bruno Mars hatten sie selbstständig er-arbeitet. »The Jovial broome man« ließ dieKlasse 10aG von Ute Kamill erklingen, dieihre eigene ansprechende Interpretation desenglischen Folksongs erarbeitet hatte.

Aus dem kürzlich stattgefundenen Kam-

mermusikkonzert der Ricarda präsentierteder Grundkurs Musik eine äußerst gelungeneDarbietung eines Arrangements (Christa Li-ßel) der »Morgenstimmung« von EdvardGrieg. Manuel Stroech aus dem GrundkursMusik der Jahrgangsstufe 13 hat es sich trotzAbiturstress nicht nehmen lassen, einenGershwinsong einzustudieren und mit eige-ner Klavierbegleitung vorzutragen. Rockigangehen ließ es die Instrumentalwerkstatt(Jahrgang 12 von J. Reklies) mit einer klassi-schen Fassung des Hits »Eye of the tiger«(Juliane Pitz, Nicklas Kleinmichel, KonradWeberling).

Die Songwerkstatt eröffnete ihren Auftrittmit »Against all odds« von Phil Collins, in ei-nem vierstimmigen Chorarrangement Lißels.Die seit nunmehr acht Jahren bestehendeSongwerkstatt steigert von Jahr zu Jahr ihremusikalischen Ansprüche, was sie mit der»Bohemian Rhapsody« von Queen unter Be-weis stellte. Eindrucksvolle Begleitung botenMoritz Kehr am Flügel, Jens Reitz (Gitarre)und Jürgen Reklies (Bass). Mitreißender Ab-schluss ihrer Darbietung wurde der Song»Some nights«, bei dem Schülerinnen der10 cG den Chor verstärkten. Eine gelungeneSymbiose von Musik und Sport wurde vondem WPU-Kurs »Tanz« (R. Enzmann) unterBeweis gestellt. Die Choreografie »Dance-DanceDance« – die größtenteils von denSchülerinnen selbst erarbeitet wurde – zeig-te, dass die Verbindung klassischer Tanzele-mente mit den Figuren des Video-Clip-Dancing durchaus harmonieren kann. DasPublikum dankte es den Schülern und Leh-rern mit lang anhaltendem Applaus. pmSeit nunmehr acht Jahren besteht die Songwerkstatt unter Leitung Christa Lißels. (pv)

Die Jugendlichen der IGS Busecker Tal auf der Treppe im Jokus mit den Tänzern EstebanBarias (sitzend, 2. v. r.) und Michael Bronczkowski (3. v. r.). (Foto: Wegst)

ZumThema MobbingTanzcompagnie und IGS Busecker Tal zeigen Ergebnis des Education-Projekts

Das kreative Ergebnis des dritten Educa-tion-Projekts der Tanzcompagnie Gießen(TCG) mit der Integrierten Gesamtschule(IGS) Busecker Tal wurde nun im Jugendzen-trum Jokus vorgestellt. Die Fördermittel für»IGSpress yourself« kommen von der Bun-deskulturstiftung in Berlin und laufen überzwei Jahre. Das Konzept sieht vor, dass dievon Schulleiter Matthias Brodkorb ausge-wählte Schulklasse sich das jeweils neueTanzstück der TCG anschaut und auf dieserBasis, begleitet von zwei Tänzern oder Tanz-trainern der TCG, Eigenes erarbeitet. Für dieBetreuung insgesamt ist die TanzpädagoginMaike Hild zuständig.

Das erste Mal war bei der TanzArt ostwestim vergangenen Jahr von den Schülern zu se-hen und zu hören. Die Klasse 4 hatte sichzum Thema »Hausrat« tänzerisch einiges ein-fallen lassen. Das aktuelle Projekt ging vondem Tanzstück »Hypnotic Poison« aus, indem es um Ausgrenzung und Geheimnisseging, daher waren mit der Klasse 9e etwasältere Schüler ausgewählt worden. Die Jun-gen und Mädchen um die 14 tanzen nicht, siehaben in getrennten Gruppen Filme zum

Thema Mobbing gedreht. Sie haben selbstgespielt und sich gegenseitig gefilmt, die Mu-sik dazu ausgewählt und Informationstafelngemacht. Begleitet wurden sie von den Tän-zern Michael Bronczkowski und Esteban Ba-rias.

Eingangs stellten die Jugendlichen kurzeStandbilder zum Thema Gewalt in Gruppen.Nach der Begrüßung durch BallettdirektorTarek Assam wurde der professionell ge-schnittene Film gezeigt. Darin gibt eine Jun-gen-Szene, in der es um Ausgrenzung amRande eines Fußballspiels geht, oder es wirdeiner, der liest, von anderen geärgert, es wirdauch geschlagen und getreten. Die Mädelsgehen eher subtiler vor, sie stören sich an denschlechten Gerüchen, die andere verbreiten.

Diese Kurzfilme werden im Rahmen desFestivals »TanzArt ostwest« auf Bildschir-men an weiteren Orten in der Stadt zu sehensein. Wann sie im Nordstadtzentrum gezeigtwerden, hängt davon ab, wann die Renovie-rung beendet ist. Das vierte Education-Pro-jekt läuft gerade an, inspiriert vom neuenTanzstück »Siddhartha«, das heute Abend imTiL uraufgeführt wird. dkl

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bis Samstag, 18. Mai