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Von Curd Tönnemann Lübeck – Ackerland in Schleswig- Holstein ist so teuer wie nie. Denn für Geldanleger ist es zu einem inte- ressanten Spekulationsobjekt ge- worden. Nachdem der Häuser- und Wohnungsmarkt nahezu abge- grast scheint, stürzen sich private Investoren jetzt auf Agrarflächen. Auf Fehmarn werden in Spitzenla- gen bereits bis zu 60 000 Euro je Hektar gezahlt, das sind sechs Euro pro Quadratmeter. Weil im- mer mehr Agrarland gleichzeitig als Ausgleichsfläche geschluckt und deshalb knapper wird, ist laut Bauernverband damit zu rechnen, dass die Preise noch anziehen. Die Landwirte im Norden sehen die Entwicklung mit Sorge. „Die Tendenz zu weiteren Preis- steigerungen ist spürbar“, berich- tet Bernd Straßburger, Kreisbaudi- rektor in Eutin. In Ostholstein wit- tern Investoren offenbar ein gutes Geschäft, indem sie Flächen kau- fen oder sich ein Vorkaufsrecht da- rauf sichern, die entlang der Tras- senplanung für die Hinterlandan- bindung des künftigen Belttunnels liegen. „Besonders auf Fehmarn wird hoch gepokert“, sagt Straßbur- ger. „Immer mehr zahlungskräfti- ge Privatleute greifen zu, wo Land- wirte aufgeben. Statt in Betongold wird in Ackergold investiert.“ Aber auch Bauern selbst sind längst ak- tiv geworden. Im Kreis Segeberg sind besonders Flächen begehrt, die sich im Einzugsbereich der künftigen A 20 (Bad Sege- berg–Glückstadt) befinden. In die Höhe getrieben werden die Preise für Agrarland auch durch den Bau von Windkraftanla- gen. Während Landwirte jüngst ei- nen Hektar Land für 600 Euro dazu- pachten konnten, booten Wind- kraftbauer sie neuerdings mit Ge- boten von 1000 Euro und mehr aus. Laut Statistikamt Nord stieg der durchschnittliche Kaufwert für Ackerland in Schleswig-Holstein zuletzt um acht Prozent auf ein Re- kordhoch von 25 013 Euro je Hek- tar. Auf Fehmarn erzielte ein Bauer 53 648 Euro. Im Süden Lübecks be- wegen sich die Hektarpreise noch bei 25 000 bis 40 000 Euro. Inner- halb von acht Jahren haben sich die Preise damit verdoppelt. „Und das ist nicht das Ende“, befürchtet Bauernpräsident Werner Schwarz. Nur die Kleinteiligkeit der Flächen schütze Schleswig-Holstein davor, dass Investoren in noch größerem Maße zuschlagen – wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern. Schwarz beklagt, dass deutsch- landweit jeden Tag 70 Hektar als landwirtschaftliche Produktionsflä- che wegfallen – nicht nur, weil sie verkauft werden, sondern auch weil sie unter Autobahnen, Eisen- bahnschienen und Windrädern ver- schwinden. Eine Petition an den Bundestag, den Flächenverbrauch auf 30 Hektar täglich zu reduzie- ren, verlief im Sande. In Schles- wig-Holstein werden 665 000 Hek- tar als Ackerland genutzt. Seite 2 Der Flächenbedarf ist riesig: Der Wei- terbau der A 20 verschlingt 1600 Hek- tar. In Ostholstein verschwindet Agrar- land für Stromtrassen, Windparks und die Beltschiene, Ausmaß offen. Umwelt- minister Robert Habeck (Grüne): „Der Druck auf landwirtschaftliche Flächen hat enorm zugenommen.“ Für Preisstei- gerungen macht Habeck auch konkurrie- rende Ansprüche aus Versiegelung, Stra- ßenbau, größeren Viehbeständen und verstärktem Maisanbau verantwortlich. Wie immer mehr Agrarfläche im Norden verschwindet . - Spekulanten treiben Preise für Ackerland auf Rekordniveau Auf Fehmarn kostet ein Hektar bereits 60 000 Euro. Pläne für Weiterbau der A 20 und das Hinterland des Belttunnels machen Boden immer teurer. Bauernverband ist besorgt. n - - - - n - e -

Frank Schi- schefski. Spekulanten treiben Preise für ... · PDF filekünftigen A 20 (Bad Sege-berg–Glückstadt)befinden. ... Fotos: Tibor Illyes/dpa, Neelsen, Peter, AFP, dpa Anzeige

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Ü B E R PA R T E I L I C H, U N A B H Ä N G I G

Lübe¬er Na¡ri¡tenOstholsteiner Nachrichten · Nord

www.LN-online.de | Freitag, 1. August 2014 Nr. 178 | 31. Woche | 69. Jahrgang | 1,00 €

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Nachdem die Verhandlungen miteinem US-Hedgefonds-Managergescheitert sind, ist Argentinienpraktisch pleite. Denn das Landkann nun seine Schulden nicht be-dienen – und bekommt auch keinfrisches Geld mehr. Wie es dazukommen konnte: Seiten 2 und 3

Das Bundesverkehrsministeriumwill die Anschnallpflicht für Taxi-fahrer während der Beförderungvon Kunden durchsetzen. Auch Lü-becker Taxifahrer diskutierten ges-tern über die Pläne. Viele sind be-reits durchgehend angeschnallt,trotzdem äußern einige Fahrer ihreBedenken. Seite 5

Der Moderator (64, Foto) ist Sprecher einer vierteiligen RTL-Dokumentation, die abheute die Musikgeschichte von Elvis bis Justin Bieber beleuchtet. Seite VII

D)D) Gewähre Erholung;der Acker, der sich erholt,gibt reichlich, was er dirschuldet, zurück.“Ovid, römischer Dichter

Gottschalk präsentiert 60 Jahre Rock & Pop

Von Curd Tönnemann

Lübeck – Ackerland in Schleswig-Holstein ist so teuer wie nie. Dennfür Geldanleger ist es zueineminte-ressanten Spekulationsobjekt ge-worden. Nachdem der Häuser-und Wohnungsmarkt nahezu abge-grast scheint, stürzen sich privateInvestoren jetzt auf Agrarflächen.Auf Fehmarn werden in Spitzenla-gen bereits bis zu 60 000 Euro jeHektar gezahlt, das sind sechsEuro pro Quadratmeter. Weil im-mer mehr Agrarland gleichzeitigals Ausgleichsfläche geschlucktund deshalb knapper wird, ist lautBauernverband damit zu rechnen,dass die Preise noch anziehen. DieLandwirte im Norden sehen dieEntwicklung mit Sorge.

„Die Tendenz zu weiteren Preis-steigerungen ist spürbar“, berich-tet Bernd Straßburger, Kreisbaudi-rektor in Eutin. In Ostholstein wit-tern Investoren offenbar ein gutesGeschäft, indem sie Flächen kau-fen oder sich ein Vorkaufsrecht da-rauf sichern, die entlang der Tras-

senplanung für die Hinterlandan-bindung des künftigen Belttunnelsliegen. „Besonders auf Fehmarnwirdhoch gepokert“, sagt Straßbur-ger. „Immer mehr zahlungskräfti-ge Privatleute greifen zu, wo Land-wirte aufgeben. Statt in Betongoldwird in Ackergold investiert.“ Aberauch Bauern selbst sind längst ak-tiv geworden. Im Kreis Segebergsind besonders Flächen begehrt,die sich im Einzugsbereich der

künftigen A 20 (Bad Sege-berg–Glückstadt) befinden.

In die Höhe getrieben werdendie Preise für Agrarland auchdurch den Bau von Windkraftanla-gen. Während Landwirte jüngst ei-nenHektar Land für 600 Eurodazu-pachten konnten, booten Wind-kraftbauer sie neuerdings mit Ge-boten von 1000 Euro und mehr aus.Laut Statistikamt Nord stieg derdurchschnittliche Kaufwert für

Ackerland in Schleswig-Holsteinzuletzt um acht Prozent auf ein Re-kordhoch von 25 013 Euro je Hek-tar. Auf Fehmarn erzielte ein Bauer53 648 Euro. Im Süden Lübecks be-wegen sich die Hektarpreise nochbei 25 000 bis 40 000 Euro. Inner-halb von acht Jahren haben sichdie Preise damit verdoppelt. „Unddas ist nicht das Ende“, befürchtetBauernpräsident Werner Schwarz.Nur die Kleinteiligkeit der Flächenschütze Schleswig-Holstein davor,dass Investoren in noch größeremMaße zuschlagen – wie etwa inMecklenburg-Vorpommern.

Schwarz beklagt, dass deutsch-landweit jeden Tag 70 Hektar alslandwirtschaftliche Produktionsflä-che wegfallen – nicht nur, weil sieverkauft werden, sondern auchweil sie unter Autobahnen, Eisen-bahnschienenund Windrädernver-schwinden. Eine Petition an denBundestag, den Flächenverbrauchauf 30 Hektar täglich zu reduzie-ren, verlief im Sande. In Schles-wig-Holstein werden 665 000 Hek-tar als Ackerland genutzt. Seite 2

Es geht weiter abwärts für denDax: Er schloss mit minus 1,94 Pro-zent bei 9407,48 Punkten. Seite 7

Telefon: (0451) 144-0Anzeigenservice: 144-11 11

Leserservice: 144-18 00

BÖRSE

LN SERVICE

Der SSV Kassau bereitet sich aufdie Deutschen Meisterschaften inMünchen vor. Dafür legen dieSportschützen extra Trainingsein-heiten in den Sommerferien ein.Den LN erzählten sie auch von Vor-urteilen, denen sie im Alltag begeg-nen und warum das Schießen ih-nen in der Schule hilft. Seite 11

BLICKPUNKTArgentinien –Ein Staat ist pleite

NORDDEUTSCHLANDGurtpflicht? Taxifahrerhaben Bedenken

Der Flächenbedarf ist riesig: Der Wei-terbau der A 20 verschlingt 1600 Hek-tar. In Ostholstein verschwindet Agrar-land für Stromtrassen, Windparks unddie Beltschiene, Ausmaß offen. Umwelt-minister Robert Habeck (Grüne): „DerDruck auf landwirtschaftliche Flächenhat enorm zugenommen.“ Für Preisstei-gerungen macht Habeck auch konkurrie-rende Ansprüche aus Versiegelung, Stra-ßenbau, größeren Viehbeständen undverstärktem Maisanbau verantwortlich.

Auch heute kön-nen Sie getrosteine Pause insFreie verle-gen. Es gibtviel Sonne, einpaar Wolken,und bei bis zu

26 Grad bleibt es trocken. Seite VII

Lübeck – Um 13.10 Uhr hob eineBoeing mit gut 100 Passagieren anBord gestern das letzte Mal vonBlankensee nach Palma de Mallor-caab. Nach 14 JahrenstreichtRyan-air ab heute alle Verbindungen vonund nach Lübeck. Grund dafür istdie unsichere Situation durch dieInsolvenz des Regionalflughafens.Für viele Passagiere bedeutet dasviel Aufwand und hohe Kosten fürdie Umbuchung der geplanten Flü-ge. Auch die Airportbusse verkeh-ren künftig seltener zwischen Lü-beck und Hamburg. Lokales

Wie immer mehr Agrarfläche im Norden verschwindet

Berlin – Der Wirt-schaftsflügel derUnion begehrt ge-gen die Steuerpoli-tikvonBundeskanz-lerin Angela Mer-kel auf. Er wirft derCDU-Vorsitzendenheimliche Steuererhöhungen vor.Es geht um die sogenannte „KalteProgression“, die den Lohnzu-wachs für viele Menschen zunichtemache. Seiten 2 und 4

Ryanair: Der letzte Start in Lübeck

Spekulanten treiben Preise fürAckerland auf Rekordniveau

Auf Fehmarn kostet ein Hektar bereits 60 000 Euro. Pläne für Weiterbau der A 20 und dasHinterland des Belttunnels machen Boden immer teurer. Bauernverband ist besorgt.

OSTHOLSTEINNachwuchs-Schützentrainieren für den Titel

ZITAT DES TAGES

Merkel-Kritikaus der CDU

Wer sich ein wenig mit der Theoriedes Lottospiels befasst, der weiß,dass die Chance auf einen Haupt-

gewinn mit den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 genausogroß ist wie mit jeder anderen Zahlenreihe.Das Verrückte ist: Viele versuchen ihr Glücktatsächlichmit solchen Reihen. Noch verrück-ter: Beim Mittwochslotto wurden die Zahlen9, 10, 11, 12, 13, 37 gezogen – und es gab dreiLottospieler,die sich über sechs Richtige freu-en konnten. Warum sie die Zahlenfolge tipp-ten, ist eigentlich auch klar: In Wahrheit istdie Chance nämlich nicht genauso groß, son-dern genauso verschwindend klein wie mitallen anderen Zahlen. Seite 8 nes

Sind das die Weltmeister von morgen? DieU19-Junioren des DFB holten sich gesternAbend den Titel des Europameisters, im End-

spiel schlugen sie Portugal im ungarischenBudapest verdient mit 1:0. Den siegbringen-den Treffer erzielte Hany Mukhtar von Hertha

BSC (39.). Dies ist der dritte EM-Titel für eindeutsches U19-Team nach den Jahren 1981und 2008. Seite 18

Kiel – Dem UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein (Kiel, Lübeck)drohennach Angaben der Gewerk-schaft Ver.di „ab sofort“ Streiks.Bei einer Urabstimmung hätten97,59 Prozent für Arbeitsniederle-gungen gestimmt, sagte Ver.di-Sprecher Frank Schischefsky ges-tern in Kiel. Nähere Angaben überdie geplanten Arbeitskampfmaß-nahmen machte er nicht. Empö-rung löste bei Ver.di am Mittwochdie überraschende EntscheidungderLandesregierung aus, dieRück-kehr des UKSH in den Flächentarif-vertrag der Länder zügig auf denWeg zu bringen. Bisher gilt ein vonVer.di hart kritisierter Haustarif.Jetzt fühlt sich die Gewerkschafthintergangen. Sie wirft der Landes-

regierung Einmi-schung in die Tarif-autonomie vor: „EinTabubruch, den icheiner sozialdemo-kratisch geführtenLandesregierungnicht zugetraut hät-te“, sagte Schischef-sky. Seite 6

Wulfen a. F. – Die Insel wird orange,grün, bunt: Das indische Farben-fest Holi kommt morgen zum ers-ten Mal nach Fehmarn. Bis zu 1500Besucher werden erwartet. DasEvent, bei dem Menschenmassenmit farbigem Pulver um sich wer-fen, war schon in Lübeck ein Er-folg. Die Insel Fehmarn steht damitauch für Toleranz und Vielfalt,denn durch die unvermeidbare„Körperbemalung“ werden Unter-schiede unsichtbar. Seite 9

SOMMERANDERO

STSEE

ALLETIPPS

– ALLE TER

MINE

Ist das jetzt Glück?

Ein letztes Mal hebt die Ryanair-Maschine in Blankensee ab.

Frank Schi-schefski.

DFB-Junioren holen den EM-Titel

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DES TAGES

WETTER

Beim UKSHstehen die

Zeichen aufStreik

Erstes Holi-Festauf Fehmarn

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