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Bildanalyse August Macke Frau des Künstlers mit Hut, 1909

Frau des Künstlers mit Hut, 1909 - th-owl.de · August Macke zählt zu den Hauptvertretern des rheinischen Expressionismus, der sich als dritte Kunstbewegung, neben der der „Brücke“

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BildanalyseAugust MackeFrau des Künstlers mit Hut, 1909

Frau des Künstlers mit Hut, 1909Öl auf Leinwand, 49.7 x 34 cm

LWL - Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, MünsterDauerleihgabe aus Privatbesitz

"Mein zweites Ich“

Bedeutung des Portraits

Biografie

Abb.1 Selbstporträt mit Hut, Öl auf Leinwand, 1909

Abb.2 Elisabeth Gerhardt, Bleistift auf Papier, 1909

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August Robert Ludwig Macke wurde am 3. Januar 1887 im hochsauerländischen Me-schede geboren. 1914 starb er im Ersten Weltkrieg mit nur 27 Jahren als Soldat in der Champagne. Macke wuchs in Köln auf und zog später nach Bonn, wo viele seiner Hauptwerke entstanden. Von 1904 bis 1905 studierte er an der Kunstakademie in Düsseldorf und wechselte später aus Unzufriedenheit mit den dortigen Lehrmetho-den zur nahgelegenen Kunstgewerbeschule. Während seines Studiums und in den Jahren danach reiste er nach Italien, Holland, Belgien, London und Paris und kam dort mit den Impressionisten und Fauvisten in Kontakt. Die Begebung mit den Wer-ken von Gauguin und Cezanne, ein Studium bei Corinth und zwei Reisen nach Paris hatten Einflüsse auf seine Malerei. Macke schloss sich jedoch keiner dieser Kunst-richtungen vollständig an, sondern entnahm ihnen jeweils stilistische Elemente und entwickelte daraus seinen persönlichen und unverwechselbaren Stil.August Macke zählt zu den Hauptvertretern des rheinischen Expressionismus, der sich als dritte Kunstbewegung, neben der der „Brücke“ und des „Blauen Reiters“ bildete. Trotz seines frühen Todes hinterließ er ein riesiges Werk von fast 600 Ölge-mälden, 600 Aquarellen und rund 9000 Zeichnungen1.

Während seiner Schulzeit 1903, lernte er Elisabeth Gerhardt (Abb. 2), die Tochter des Bonner Fabrikanten Carl Gerhardt kennen. Seine tiefe Zuneigung gegenüber Eli-sabeth kam schon früh in zahlreichen Briefen zum Ausdruck, in denen er sie als sein „zweites Ich“ bezeichnete. Er verstand sie als Spiegel seiner selbst, indem er in ihr sein eigenes Ich erkannte2.Im Oktober 1909 heiratete er Elisabeth schließlich und zog mit ihr zum Tegernsee. Das gemeinsame Leben dort, bedeutete für beide eine glückliche, entspannte und sorgenfreie Zeit. Mackes künstlerisches Schaffen erfuhr dort seinen Höhepunkt in einer äußerst produktiven Lebensphase und führte zu der Ausbildung seines per-sönlichen Stils.

In der Zeit von 1909 bis 1911 entstanden auf das Wesentliche reduzierte und über-schaubare Kompositionen, deren leichte expressive Farbkraft und prägnante Form-sprache vor allem auf die Auseinandersetzung mit den Werken der Fauvisten deu-ten, die Macke in Paris und München sah.Der persönliche Stil zu dem er fand, war geprägt durch die Beschäftigung mit der Wirkung des Lichtes und der Verwendung leuchtender Farben. In dem vorliegenden Elisabeth-Portrait ließ er jene farb- und lichtgesättigte Malerei der französichen Mo-derne einfließen, das durch die farbliche Gesamtwirkung eine besondere Arbeit in seinem Werk darstellt.

Im Gegensatz zu seinem Künstlerfreund Franz Marc, den er am Tegernsee kennen-lernte, war für Macke neben der Landschaft, der Mensch ein bevorzugtes Bildmotiv. Die Darstellung des Menschen insbesondere von Personen aus seinem unmittelba-ren Umfeld, inspirierten ihn zu Bildnissen und Portäts und manifestierten sich als ein wesentlicher Bestandteil in seinem künstlerischen Schaffen. Im Zentrum dieser Menschen stand oft seine Frau Elisabeth, deren Erscheinung der in zahlreichen Stu-dien, Zeichnungen, Aquarellen und Gemälden über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren festhielt (vgl. Abb.2).Ihre Porträts besaßen eine zentrale Bedeutung in Mackes Werk und begleiteten und formten seine stilistische Entwicklung durch sämtliche Schaffensphasen. Elisabeth saß dabei nicht nur unzählige Male Modell, sondern wurde schließlich selbst zur „In-karnation seiner Frauengestalten“.3 Mit mehr als 200 Bildnissen war Elisabeth Macke daher die am häufigsten dargestellte Künstlergattin des deutschen Expressionismus vor dem ersten Weltkrieg4.

1 http://web.de/magazine/unterhaltung/kultur/14441958-august-macke-vor-125-jahren-geboren.html, 07.03.2012, 12.15 Uhr 2 http://www.august-macke-haus.de/archiv/zweites_ich/mein_zweites_ich.htm, 07.03.2012, 12.30 Uhr3 vgl. Hrsg.: Verein August Macke Haus e.V., Mein zweites Ich. August und Elisabeth Macke, Ausstellungskatalog. Nr. 56 Schriftenreihe Verein Ausgust Macke Haus, Bonn, 2009/2010, S.145 4 vgl. http://www.august-macke-haus.de/archiv/zweites_ich/mein_zweites_ich.htm. 08.03.2012. 14.30 Uhr

- das Elisabeth- Porträt

Abb.4 Kompositionslinien

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Das Bildnis „Frau des Künstlers mit Hut“ entstand 1909, während Mackes Zeit am Tegernsee. Die hochformatige Ölmalerei ist 49,7 x 34 cm groß. Sie hängt derzeitig als Dauerleihgabe in der Austellung „Ausgewählt. Lieblingsstücke“ des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte in Münster, kurz LWL. In dieser ist das Bild von einem schwarzen Rahmen mit vergoldetem Innenrand umgeben, der die Leuchtkraft des Bildes optimal steigert.Das Bildnis zeigt, schon aus dem Titel deutlich zu erkennen, Elisabeth Macke - eine Schönheit südländischen Aussehens mit anmutiger Präsenz. In dieser Por-trätdarstellung, erscheint sie diesmal nicht als strickende oder lesende Ehefrau, sondern wird als elegante und selbstbewusste Dame charakterisiert. Sie ist mit einem türkisen Oberteil und einer violetten Jacke bekleidet, zu der sie vermut-lich eine Bernsteinkette trägt. Auf ihrem Kopf befindet sich ein schwarz-grüner Velourhut mit blauen Band, rot-orangenem Hutschmuck und einem weiß-grü-nem Fuchsschwanz, der leicht dahinter versetzt als ovale Form ersichtlich wird. Der Kopf wird von einer seitlich einfallenden Lichtquelle, links unten beleuch-tet, dessen Schein als gelb-grünliche Farbfläche am rechten Bildrand angedeu-tet ist. Das Gesicht ist dabei im Verhältnis zum dunklen Hut und der Kleidung hell erleuchtet und wird durch den Schlagschatten des Lichts in seiner Plastizi-tät zusätzlich erhöht. Elisabeth ist vor einem matten Hintergrund dargestellt, der in einer blau-grau-en Farbstimmung in vielfach gebrochenen Weiß-Tönen erscheint. Ihre Kör-perhaltung und Mimik erwecken einen ruhenden Eindruck. Ihr Blick ist dabei damenhaft und modän. Man meint in ihrem melancholischen Ausdruck die Tragödie zu erkennen, die Elisabeth Macke 1914 erleben sollte. Für den Be-trachter bleibt es trotz frontaler Blickrichtung undeutlich, ob sie den Betrachter anschaut oder seinem Blick ausweicht.Das Porträt wurde ursprünglich als Kniestück konzipiert, jedoch immer wei-ter verkleinert, bis letztlich der Ausschnitt des Kopfes mit Hut und ein Teil des Oberkörpers (bis Brusthöhe) zum Gegenstand der Malerei wurde.

Die Porträtdarstellung nimmt einen wesentlichen Teil des Bildraumes ein und wurde spannungsvoll im Goldenen Schnitt auf der Bildfläche angeordnet.Dabei ist ein Drittel der, vom Betrachter aus gesehenen linken Gesichtshälf-te beleuchtet. Der Kopf ist leicht nach links geneigt, sodass der beleuchtete Teil des Gesichtes mit seinen physignomischen Merkmalen (Augen, Nase und Mund) im Mittelpunkt der Komposition steht (vgl. Abb.4) und die Mittelsenk-rechte den beleuchteten und beschatteten Teil des Hutes trennt.

Eine vordergründige Ordnung der Bildstruktur wird durch die Farbflächen er-zeugt. Hierbei wird die Blickführung des Betrachters durch die Beziehung der Farbflächen und Farbgruppen zueinander gelenkt (vgl. Skizze 1). Farbliche Ak-zente in anders farbigen Bildbereichen sollen belebend und auflockernd wir-ken und führen zu einer farblichen Organisation des Bildganzen. So verbindet beispielsweise ein kobaltblauer Farbakzent am türkisen Oberteil im unteren linken Bildbereich, den oberen Teil mit der blauen Farbfläche des Hutes. Ähn-lich verhält es sich auch mit den roten Akzenten der Bernsteinkette und des rot-orangenen Hutschmuckes.

Im Allgemeinen ist die Malerei vereinfacht und reduziert. Macke legt dabei geringen Wert auf die Richtigkeit der Darstellung und betont stattdessen das Eigenleben und den Eigenwert der Farbe durch Verzicht auf Flächenmodellie-rung , Details und Stofflichkeit. Eine realistische Wiedergabe des Bildmotives wird teilweise zugunsten des Ausdrucks aufgegeben. Meist fehlt eine plastische Wirkung, gerade bei den verschatteten Bildteilen, an denen die Farbe flächig aufgetragen wurde, um

Beschreibung

Abb. 3 Frau des Künstlers mit Hut, 1909, Öl auf Leinwand, 49, 7 x 34 cmLandesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster

Dauerleihgabe aus Privatbesitz

Aufbau und Komposition

Abb.5 Physiognomie des Gesichtes

Abb.6 Komplementärkontraste

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diese in ihrer reinen Form und Strahlkraft hervorzuheben. Statt der Wieder-gabe einer stofflichen Beschaffenheit steht der Malvorgang im Vordergrund und zeigt deutliche Pinselspuren in verschiedenen Bildteilen. An einigen Stel-len wird erst durch den Kontext eine sinnvolle, gegenständliche Zuordnung der Farbflächen möglich. Dies zeigt sich z.B. in der reduzierten Darstellung, des Hutschmucks, dem Fuchsschwanz sowie der verschatteten Schulterpar-tie, die sich ohne Kontext von ihrem Gegenstandsbezug lösen. Macke ver-zichtet im Weiteren auf eine wirklichkeitsgetreue Raumdarstellung und stellt den Hintergrund in diffus erscheinenden Farbflächen dar. Dabei schwächt er den kobalttürkisen Hintergrund durch eine starke Weißmischung ab und hebt auf diese Weise die Farbintensität des Gesichtes und der Kleidung in den Vordergrund.Trotz der Vereinfachung von Farben und Flächenformen besitzt das Porträt gerade in der Gesichtspartie eine malerische Weichheit und Differenzierung und ist hinsichtlich der Physiognomie sorgfältig ausgearbeitet (Abb.5).Macke verfolgt zwar in seinem Portrait eine flächenbetonte Darstellungstech-nik im Sinne eines flächigen Farbauftrages, kontrastiert diesen jedoch mit pla-tisch ausgearbeiteten Bildteilen.Eine körperliche Plastizität wird, durch das stark einfallende Licht, auf der lin-ken Schulter- und Gesichtspartie hervorgerufen. Die modellierte Mantel- und Ärmelpartie der linken Seite, steht hier im Kontrast zur flächig dargestellten rechten Schattenpartie. Der Schatteneindruck entsteht dabei durch das Ab-dunkeln der Lokalfarbe mit Preußischblau sowie Schwarz (vgl. Hutpartie) und erzeugt auf diese Weise eine gewisse Körperlichkeit. Dies zeigt sich gut in der Farbigkeit des violetten Mantels, der auf der verschatteten Seite, in ein fast reines Preußischblau spielt. Die Materialität und Tonwertigkeit der Farbe ge-winnt hier an Eigengewicht, sodass in Folge dessen die Bildpartie flächiger erscheint. Dies führt sogar dazu, das die flächig angelegte Schattenpartie der rechten Schulter die Gesamtplatizität des Körpers aufhebt.

Mackes Porträt setzt sich aus einer intensive Farbkomposition zusammen, bei der er die Farben Zitronen- und Indischgelb, Orange, Zinnoberrot, Violett, Schweinfurtergrün, Kobalttürkis und Kobaltblau, Ultramarin-, und Preußisch-blau, verwendete. All diese Farben hellte er mit Weiß auf oder dunkelte diese mit Preußischblau oder Schwarz ab. Durch das Abdunkeln mit Preußischblau wirken die Dunkelheiten daher immer farbig und erscheinen niemals lastend oder düster.

Das Besondere an Mackes Malerei ist das Nebeneinander und Gleichzeitige der Farbkontraste, durch die die Intensität der Farben gesteigert wird.

KomplementärkontrastDas Porträt zeigt eine auf vor allem Komplementärkontrasten aufbauende Farbkomposition. Die in der Malerei verwendeten Rot- und Grün-, Blau- und Orange- sowie Gelb- und Violetttöne bilden jeweils komplimentäre Farben-paare und steigern sich gegenseitig in ihrer Farbintensität. Dabei setzt Macke ein Violett der Jacke, das etwas ins Rötliche spielt gegen ein Bernsteingelb und Kobalttürkis oder ein Orange und Rot gegen ein Blau und Rot der Hutpar-tie (vgl. Abb.6) / Skizze 2).Trotz der Komplementärkontraste, die nebeneinandergesetzt wurden, wird die Darstellung nicht zu einem farblich lauten Bild, sondern wirkt im Gesamt-eindruck dennoch ruhig und harmonisch.

Physiognomie:physis: Körper, gnome: Wissen, hier: Darstellung charakteristischer Gesichtszüge

Farbe als Darstellungsmittel

Farbkontraste

Abb.9 Hell-Dunkelkontraste

Abb.7 Simultankontrast - Blau-Orange

Abb.8 Qualitätskontrast

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SimultankontastMacke verwendte in seinem Porträt in sofern Simultankontraste, um die Kon-trastwirkung zwischen komplementären Farbenpaare zu steigern. Dies zeigt sich beispielweise an den orange-farbenen Flächen am Hutband, die durch die blaue Umgebung in ihrer Leuchtkraft intensiviert werden (Abb.7).

Warm-Kalt-KontrastIn der Malerei werden vor allem warme Farben, an von Licht beschienen Par-tien und kalte Farben an verschatteten eingesetzt. So stehen sich Rotviolett und Preußischblau sowie Gelb-Orange und Kobalttürkis als konträre Farben gegenüber.Dies ist an dem blauen Band und dem rot-orangenen Hutschmuck sehr an-schaulich. Auch der Hintergrund steht im Kontrast zum Gesicht, welches in warmen Farbnuancen dargestellt ist, und lässt dieses durch seine intensive und leuchtende Farbigkeit nach vorn drängen (vgl. Skizze 2).

QualitätskontrastAufhellungen mit Weiß dämpfen die Farbwirkung, sodass Macke die Farbstei-gerung durch einen Qualitätskontrast bewusst einsetzt, indem er diese teil-weise durch Farbbeimischungen trübt und deren Strahlkraft auf diese Weise zurücknimmt. In diesem Sinn wirkt der Hintergrund im Verhältnis zur klaren Darstellung des Gesichtes diffus und matt. Modellierte Farbflächen werden hier reinbunten Flächen gegenübersetzt (Abb.8).

Farbe-an-sich-KontrastDer Farbe-an-sich-Kontrast wird vor allem in der Hut- und Jackendarstellung deutlich. Hier verwendet Macke die Farbe an den verschatteten und von Licht beschienen Stellen in fast ungemischter Form.

Hell-Dunkel-KontrastMackes Bild ist durch starke Helligkeitsunterschiede bestimmt. Die dunkels-ten Bildzonen sind die Schattenpartien des Porträts in Preußischblau. Die Hel-ligkeit des Hintergrundes, die einen Kontrast zu der Dunkelheit der Kleidung und der Haare bildet rahmen das Gesicht ein, welches einen mittleren bis hel-len Ton annimmt. Die Helligkeiten des Gesichtes heben die Dunkelheiten von Augen, Mund und Nasenschatten hervor und verlebendigen die Portraitdar-stellung (Abb.9).

In dem Porträt werden runde und eckige Formen verwendet. So stehen die runden Formen des Gesichtes, Hutschmucks und Fuchsschwanzes im Kont-rast zur eckig anmutenden Silhouette des Oberkörpers der durch die aufstei-genden Linien der Schulterpartien zu einer noch oben strebenden Form ma-nifestiert. Die Fom des Gesichtes und des Hutschmuckes sind wiederum nach unten gerichtete Formen, sodass sich die aufstrebenden und absteigenden Formbewegungen im Einklang befinden.

August Macke schafft mit klaren farbigen Flächen eine eigene bildliche Re-alität, in der das Motiv durch optische Intensität, farbige Leuchtkraft, Hel-ligkeiten und Dunkelheiten und formaler Geschlossenheit als überschaubare Grundform aus dem Bild heraustritt. Diese optische Präsenz von klaren Flä-chen und Farben verdankt er vor allem den Fauvisten. Eine Geschlossenheit und Leuchtkraft der Farbflächen wird vor allem durch die bewusst gesetzen Konturlinien unterstrichen, die die kräftig wirkenden Farbflächen fast körper-haft hervortreten lassen. Dies ist bei der schwarzen Konturlinie des Fuchs-schwanzes am Hut sehr anschaulich.

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Statt der tiefenräumlichen Illusion steht die strukturelle Gliederung der Bildflä-che durch Flächenformen und Farbabstufungen im Vordergrund.

Das Portät wirkt recht flächig vor dem Hintergrund, sodass Macke die Suggestion einer Räumlichkeit in diesem Portät vernachlässigte, jedoch durch die Lichtat-mosphäre ein behagliches Raumempfinden darstellte.Macke verzichtet auf die Licht und Schattendarstellung mit hellen und dunklen Farbwerten, sondern erzielt stattdessen die räumliche Tiefenwirkung durch far-bige Kontraste mittels Kontrastgruppen. Dabei treten helle und warme Töne hervor und betonen die Farbenperspektive.Durch die starke Beleutung von unten links ergeben sich differenzierte Licht- und Schattenzonen die im Kolorit deutlich werden. Von auffallend reiner Farbigkeit sind beispielweise die lichtbeschienenen Partien des Hutes und der Jacke.Auch unter Verwendung des Qualitätskontrastes drängen reine, intensiv leucht-ende Farbflächen vor dem matt zurücktretenden Hintergrund, optisch in den Vordergrund.

August Macke verwendete in seiner Malerei hauptsächlich Ölfarben. Diese trug er in verschiedenen Schichten über- und nebeneinander auf und erzeugte auf diese Weise seine typischen flächenbetonten Farbharmonien. Dabei sind an ei-nigen Stellen die darunterliegenden Farbschichten (Untermalungen) noch sicht-bar und scheinen aus dem Untergrund hervor.Mackes malerischer Stil lässt deutlich seinen lockeren und freien Duktus er-kennen (vgl. Skizze 3). Die teilweise groben Pinselstukturen deuten auf einen Borstenpinsel hin. Der unverkennbare Duktus wird vorallem auf reinen unmo-dellierten Farbflächen deutlich, der diese zusätzlich rhythmisiert. Die sichtbaren Pinselstriche sind vor allem formunterstützend und richtungsweisend. An eini-gen Stellen zeigt sich ein pastoser Farbauftrag, so zum Beipsiel an der recht flä-chig erscheinenden Bernsteinkette und lässt diese Fläche plastisch hervortreten. An anderen Stellen wurde Nass in Nass gearbeitet, wodurch flächige, aber auch plastisch erscheinende Bildpartien entstehen. Diese Nass-in-Nass-Technik lässt sich an den verschleifenden und unklaren Farbübergängen erkennen.

August Macke wollte in seinen Porträts zwei Grundgedanken festhalten: die Ge-borgenheit des Menschen in der Welt und die Schönheit des Lebens. Er interpre-tierte was er sah und nahm wenig Bezug zu der Richtigkeit des Natureindrucks, da für ihn das Kunstwerk „kein Abbild, sondern ein Gleichnis der Natur“5, war. Macke war kein typischer Expressionist, denn anderes als seine Künstlerkollegen zog er weniger das hektische Treiben in der modernen Großstadt, sondern viel-mehr ruhige Motive und Sujets in seinen Bildern vor.Demzufolge ist für Mackes Portraitauffassung der Wille, die Personen nicht nach außen auf den Betrachter zu beziehen, sondern vielmehr nach innen gerichtet und entspannt erscheinen zu lassen, stilistisch. Fern von der Großstadt kommen in diesem Bild die Ruhe und Harmonie einer friedlichen Welt zum Ausdruck , die Mackes malerische Distanz zu der Geschwindigkeit und Betriebsamkeit des modernen Lebens in der Großstadt, zeigt.Er übersetzt die Bewegtheit und den Rhythmus der Lebenswirklichkeit seines Motives in die Bewegung der Farbe an sich. Dabei bildet die optische Leuchtkraft der Farben mithilfe von Harmonien und Kontrasten seinen ganz eigenen Stil.Dieser unverwechselbare Stil wurde von seinem Künstlerfreund Franz Marc in einem Nachruf zu seinem Tod folgendermaßen formuliert: „Er hat uns allen den hellsten und reinsten Klang der Farbe gegeben, so klar und hell rein ganzes Wesen war.“6

5 vgl. Hrsg.: Verein August Macke Haus e.V., Mein zweites Ich. August und Elisabeth Macke, Ausstellungskatalog. Nr. 56 Schriftenreihe Verein Ausgust Macke Haus, Bonn, 2009/20106 http://web.de/magazine/unterhaltung/kultur/14441958-august-macke-vor-125-jahren-geboren.html, 07.03.2012, 12.15 Uhr

Maltechnik und Duktus

Kunstauffassung und Interpretation

Perspektive und Räumlichkeit

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