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764 Freies Schweben diamagnetischer K6rper im Magnetfeld. Von Werner Braunbek in Ttibingen. Mit 3 Abbitdungen. (Eingegangen am 17. April 1939.) Ira AnsehluB an die vorhergehende Arbeit wird fiir ein spezielles Magnetfeld die M6gliehkeit eines freien, stabflen Sehwebens kleiner, diamagnetiseher K6rper nachgewiesen. Praktisch gelang es so, mit Hilfe eines kr~ftigen Elektromagneten WismutkristMlehen bis 8 nag Gewieht, und Kohlesttickchen sogar bis 75 nag Gewieht zum freien Sehweben zu bringen. I. Stabilitgit des Schwebens. In der vorliegenden Arbeit wurde bewlesen, dal~ freies, stabiles Sehweben eines bewegliehen STstems mittels elektrostatischer Kr~fte iiberhaupt nicht, und mittels magnetostatischer Kriifte nut dann mSglieh ist, wenn entweder in dem System selbst oder auBerhalb diamagnetische Stoffe vorhanden sind. Ftir eine pmktische Verwirklichung des Sehwebens kommt nur die erstere MSglichkeit in Frage, da im zweiten Falle das sehwebende System kri~ftige permanente oder Elektromagnete enthalten miiBte, was sieh aus Gewichtsgriinden verbietet. Ein sehr kleines 1) Sttiekehen eines diamagnetischen Stoffes vom u 1 -- # lumen V und der diamagnetisehen Suszeptibiliti~t Z- erf~hrt in 4~ einem Magnetfeld ~ die Kraft ~): .R = 7~ V grad .~2. (1) Die Kraft wirkt in der Riehtung sehw~cher werdenden l%ldst~rkebetrages. Um mit ihr die Schwere zu kompensieren, mui~ ein Feld aufgebaut werden, das nach oben mSgliehst raseh abnimmt. Eine Uberschlagsrechnung zeigt sofort, dab mit eisenlosen Feldern die notwendige hohe Inhomogenitii~ des Feldes jedenfalls nieht erzielt werden kann. Wit benutzen das (etwa dutch eine Stromwieklung erregte) 1%ld zwisehen zwei zylindrisehen Eisenioolen (Fig. 1) im Abstand a. Die Feld- 1) Klein gegen eine Strecke, auf der sieh das Magnetfeld merklioh ~ndert. -- 2) Hier sind, im Gegensatz zur vorhergehenden Arbeit, wegen des Ansehlusses der Zahlenreehnung nicht rationale, sondern gewShnliche magnetisehe Ein- heiten zugrunde gelegt.

Freies Schweben diamagnetischer Körper im Magnetfeld

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Freies Schweben diamagnetischer K6rper im Magnetfeld.

Von Werner Braunbek in Ttibingen.

Mit 3 Abbitdungen. (Eingegangen am 17. April 1939.)

Ira AnsehluB an die vorhergehende Arbeit wird fiir ein spezielles Magnetfeld die M6gliehkeit eines freien, stabflen Sehwebens kleiner, diamagnetiseher K6rper nachgewiesen. Praktisch gelang es so, mit Hilfe eines kr~ftigen Elektromagneten WismutkristMlehen bis 8 nag Gewieht, und Kohlesttickchen sogar bis 75 nag

Gewieht zum freien Sehweben zu bringen.

I. Stabilitgit des Schwebens.

In der vorliegenden Arbeit wurde bewlesen, dal~ freies, stabiles Sehweben eines bewegliehen STstems mittels elektrostatischer Kr~fte iiberhaupt nicht, und mittels magnetostatischer Kriifte nut dann mSglieh ist, wenn entweder in dem System selbst oder auBerhalb diamagnetische Stoffe vorhanden sind.

Ftir eine pmktische Verwirklichung des Sehwebens kommt nur die erstere MSglichkeit in Frage, da im zweiten Falle das sehwebende System kri~ftige permanente oder Elektromagnete enthalten miiBte, was sieh aus Gewichtsgriinden verbietet.

Ein sehr kleines 1) Sttiekehen eines diamagnetischen Stoffes vom u 1 -- #

lumen V und der diamagnetisehen Suszeptibiliti~t Z - erf~hrt in 4~

einem Magnetfeld ~ die Kraft ~):

.R = 7~ V grad .~2. (1)

Die Kraft wirkt in der Riehtung sehw~cher werdenden l%ldst~rkebetrages. Um mit ihr die Schwere zu kompensieren, mui~ ein Feld aufgebaut werden, das nach oben mSgliehst raseh abnimmt. Eine Uberschlagsrechnung zeigt sofort, dab mit eisenlosen Feldern die notwendige hohe Inhomogenitii~ des Feldes jedenfalls nieht erzielt werden kann.

Wit benutzen das (etwa dutch eine Stromwieklung erregte) 1%ld zwisehen zwei zylindrisehen Eisenioolen (Fig. 1) im Abstand a. Die Feld-

1) Klein gegen eine Strecke, auf der sieh das Magnetfeld merklioh ~ndert. -- 2) Hier sind, im Gegensatz zur vorhergehenden Arbeit, wegen des Ansehlusses der Zahlenreehnung nicht rationale, sondern gewShnliche magnetisehe Ein- heiten zugrunde gelegt.

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linien im Luftraum haben etwa den eingezeichneten Verlauf. Ein stabiler Schwebepunkt kann aus Symmetriegrtinden nut auf der durch die Magnet~ achse (x-Richtung) gehenden Mittelsenkrechten A B (y-Richtung) liegen. AuI dieser Senkrech~en verliiuft das Feldstiirkequadrat wie in Fig. 2 angegeben. Der Verlauf besitz~ einen Wendepunkt C. Nut oberhalb C

,8

3r

Fig. 1. Das zum Schweben geeigne{e Magnetfeld.

ist ein Gleichgewicht gegen u in der y-Richtung stabfl, da zwischen A und C der magnetische Auftrieb bei einer Senkung des ProbekSrpers abnirnmt.

Uber die seitl~che Stabiliti~t (in der x-Richtung) ist folgendes zu sagen: Zwischen den Polen, in der N~he yon A, ist, wie aus dem Verlauf der Feld-

A C' 8,.,u Fig. 2. Der Feldverlauf entlang A B.

linien hervorgeht, das Feld in der Mittelebene etwas schwdcher als rechts oder links davon. Da der diamagnetische ProbekSrper zu Stellen schw~icheren Feldes hin strebt, ist hier die MRtellage in bezug auf seitliche Verschiebungen stab~l. Weir aul~en bei B ist abet umgekehrt alas Feld in der Mittelebene ~tdrker als rechts oder links davon, die Mittellage gegen seitliche u schiebungen labil. Es muB also einen Punkt D geben, in dem die x-Stabilitiit in eine x-Labilitiit tibergeht.

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766 Wemer Braunbek,

Die ganze Streeke A B zerfallt jetzt in drei Gebiete:

A C x-Stabilitiit, y-Labilitiit, CD x- und y-Stabiliti~t, D B x-Labilit~t, y-Stabilit~t.

Es muB abet noch gezeigt werden, dab das x- und y-stabile Sttiekchen CD

wirklieh existierL d.h. dab nieh~ etwa C und D zusammenfallen, oder C oberhalb D liegen kann.

Wtirde C und D zusammenfallen, so wiirde dort sowohl in bezug auf die x- wie auf die y-Riehtung Stabilitiit in Labilit~t umsehlagen, also

0 ~- 14~ 02 Wm sowohl ~ wie - - - - 0 sein, wenn Wm die magnetisehe Energie

Oy 2

eines kleinen, an der Stelle (x, y) befindliehen diamagne~isehen KSrpers bedeutet.

02 Wm (z Riehtung _L Zeiehenebene) w~ire wegen der naeh auSen

Oz~ konvexen Krtimmung der Polkanten (z-Labilitiit!) negativ, k6nnte aber durch VergrSBerung der Radien der Eisenzylinder beliebig klein gemaeht

werden. Es k~me also: O~W,. 0 2W,,, O~W.~<O

Aw, = +

in Widersprueh zur Gleichung (18) der vorhergehenden Arbeit, naeh der das A Wra fiir reiia diamagnetisehe Systeme positiv sein mul3 ~).

Erst reeht kann C nicht oberhalb D liegen, da dann zwisehen C und D 02 W,. 02 W~

x- und y-Labilit~it herrsehen, also ~ und . . . . . . nega~iv Sein wiirden, 0 y~

womit /1 W m im Widerspruch zu (18) erst reeht negativ w~ire.

Es gibt somit ein endliehes S~aek CD (Ausdehnung yon der GrSi3en- ordnung des Polabstandes a), innerhalb dessen Sehwebepunkte E sowohl naeh der x- wie aueh naeh der y-Riehtung stabil sind.

In der z-Riehtung ist, wie sehon vorhin betont, die Schwebelage da- �9 gegen bei der besehriebenen Anordnung nicht stabil, da die Kanten der

Eisenpole naeh oben konvex sind. Da die Querschnittsform der Pole

1) Diese Gleichung (18) bezieht sich aUerdings auf das Gesamtsystem und dieses ist hier, da es auch die eisernen Polzylinder umfaBt, durehaus nieht rein diamagnetisch. Da aber die Riickwirkung des kleinen diamagnetisehen Probe- k6rpers auf das iibrige System vernaehl~ssigbar klein ist, kann man fiir die ~nderung der magnetischen Energie des Gesamtsystems die magnetische Energie des kleinen ProbekSrpers allein heranziehen.

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jedoeh auf den eharakteristisehen Feldverlauf zwisehen den Polkanten nicht von wesentliehem EinfluB ist, solange der Krttmmungsradius der Kante grol3 gegen a bleibt, kann man ohne StSrung der x- und y-Stabitit~tt die z-Stabilit~it leieht noeh zus~tzlieh erreiehen, indem man den Eisenpolen oben eine nach oben sehwaeh konkave Krtimmung gibt, etwa dureh die in Fig. 3 gezeichnete Quersehnittsform. Solange diese Krtimmung so klein

0~ wm bleibt, dal~ dutch das jetzt positive die obea abgeleitete Bedingung

0z ~ fiir das Vorhandensein der x- und y-stabilen [ Streeke CD nieh~ aufgehoben wird, ist eine naeh , r allen Riehtungen ~tabile Schwebelage E ftir einen kleinen diamagnetisehen KSrper gewiihrleistet. In der x- und y-Riehtung muB dieser KSrper jedenfalls husdehnungen haben, die klein gegen den Polabstand a sind; in der z-Riehtung wird

Fig. 3. Polschuhquersehnitt.

er aber ausgedehnter sein d~fen. Er ,,sehwimmt" dann sozusagen auf tier ,,Oberfl~ehe" des kr~iftigen, zwisehen den Polen herrschenden Feldes.

11. Die GrOfle der Kraft.

Soll der ,,magnetisehe Auftrieb" die Sehwere des sehwebenden KSrpers gerade kompensieren, so muB naeh (1) sein:

z V T I grad 921 = 9 Vg

oder:

I grad .~s I 2 g = z--7, (2)

wenn 9 die Diehte des KSrpers, Z' = g-- seine spezi/ische Suszeptibilit~t, Q

und g die Sehwerebesehleunigung bedeutet.

Ftir den am stiirksten diamagnetischen Stoff, Wiemut ist z. ]3. Z ' = 1,3.10 -6, und dies liefert naeh (2) mit g ~ 103 eine notwendige Feldinhomogenitiit:

lg tad ~sl ~ 1,5 �9 109.

/)as ist aul3erordentlieh viel. Es bedeutet z. B. die ~nderung von 20000 Oersted auf Null auf eine Streeke von 21/u ram! Bei einem Felde naeh Art der Fig. 1 is~ nun die InhomogenR~it in der N~he von E so, als ob das voile, zwisehen den Polen herrsehende Feld auf einer Streeke von etwa dem Polabstand a auf Null abfiele. Es kann also die ftir das Sehweben

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768 Werner Braunbek,

von Wismut notwendige Inhomogenit~t mit ehmm kr~ftigen Elektromagueb bei einem Polabstand von etwa 2 mm wirklich erzielt werden. Die Aus- dehnung des Wismutteilchens ist dunu in der x- und y-:Richtung praktisch auf wenigsr als 1 mm beschr~nkt, w~ihrend in der z-Riehtung etwas mehr zur Verfiigung s~eht.

Wesentlich gtinstiger noch als bei Wismut lisgsn dis Verh~ltnisse bei Kohle, die zwar eine kleiners diamagnstische Suszeptibilit~t g sis Wismut besitzr jedoch wsgen ihrsr viel gsringsren Dichte ein fast doppel~ so grot~es g'. So kann bei Kohle ein grSi3erer Polabs~and, und entsprechend anch ein grSl]eres Teilchen gew~ihlt werden.

III . Die Aus/~thrung des Versuches.

Als Magnet wurde ein kr~ftiger Elektromagnet verwendet, der seiner- zeit yon Herrn G e r t h s e n im Ttibinger Institut konstruiert worden war, und bei maximal 580 Watt Erregerleistung mit ebenen Polschuhen von 7 cm Durehmesser und 5ram Abstand maximal 28000 Oersted ergab. Die Polsehuhe wurden nach Fig. 8 mit einem Kriimmungsradius yon 75 mm oben ausgefrast.

Die Versuehe wurden einerseits mit Wismutkrist~illehen (kiiufliches Wismut), andererseits mit Sttickehen ans Bogenlampenkohle ansgeftihrt. Mit Bogenlampenkohle (Homogenkohle) gelingen ,die Versuche nut, wenn Stticke des angebrannten Endes einer sehon benutzten Kohle verwendet werden. Offenbar befindet sieh in der neuen Kohle ein paramagnetisches Bindemittel, das beim starken Gliihen wegverdampft.

Bei den Versuchen mit Wismut betrug der Polabstand knapp 2 ram, das Feld zwischen den Polen 28000 bis 24000 Oersted. Das gr613te zum Schweben gebrachte Sttickehen hatts eine Dicks ~-on etwa s/4 ram, eine Lil.nge yon etwa 2 mm und ein Gewicht von 8 rag.

Bei Kohle war ein Schwsben noch mit 5 mm P~)labstand (Feld zwischen den Polen 21000 bis 28000 Osrsted) zu errsichsn. Das grSBte zum Schweben gebrachte Sttickchsn war 2 mm dick, 12 mm lang und wog 75 rag.

Bei sorgf~iltiger Zubereitung der Schwebeteilchen kSnnte man unschwer mit dem Gewicht noch etwas hSher kommen. Ein um mehrere GrSBen- ordnungen hSheres Gewicht wird jsdoch auf'dissem Wege hie zum Schweben zu bringen sein, da sich die notwendige sehr hohe Fsldinhomogenittit nieht auf viel grSBeren R~umen erreiehen l~l~t.

Die Stabilit~ des Schwebens ist recht gut. Man kann das sehwebende Teilchen vorsichtig mit dem Finger beriihren, und kann es durch vor-

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sichtiges Anblasen in der z-Richtung in Schwingungen yon fast 1 em Am- plitude versetzen. Die Sehwingtmgen entsprechen denen eines Pendels mit 75 mm Fadenl~nge (bzw. ein weniges weniger).

Sehwebeteilchen unregelm~iBiger Form haben meist mehrere stabile Schwebelagen, und kSnnen oft yon einer in die andere umklppen.

Das Feld muI3 ftir jedes Teilchen sorgfgdtig einreguliert werden, da ja der stabile Bereich nut klein ist. Geringfiigige Schwiiehung des Feldes verursaeht Herunterfallen, geringfiigige Verstiirkung seitliches Abgleiten des Teilchens zu einem der Polschuhe hin.

Die Versuehe warden in freier Luft ausgefiihrt. Dies begimstigt das Schweben ein klein wenig, erstens wegen des Luftauftriebes, und zweitens wegen des magnetisehen Differenzauftriebes des diamagnetischen Stoffes in der paramagnetisehen Luf~. Da abet die paramagnetisehe Suszeptibilitii~ der Luft nut 6O/oo der diamagnetischen Suszeptibilitiit der Kohle, und das spezifische Gewicht der Luft nut knapp lO/oo desjenigen der Kohle betriigt, ist die Begtinstigung des Schwebens dutch die Anwesent~eit der Luf~ bei Kohle nut 7O/oo, bei Wismut noeh wesentlieh weniger. Da diese geringfiigige Differenz leieht durch eine kleine Feldsteigenmg ausgeglichen werden kSnnte, w~e das Sehweben prinzipiell ebensogut auch im Hoehvakuum, also als wirklich ,,freies" Sehweben, zu erreiehen.

Ti$bingen, April 1989.