1
Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Zuger Zeitung Sport 36 ANZEIGE Die dunkle Seite von Monacos «Fürsten» FUSSBALL Sommerpause gleich Sommerloch? Von we- gen. Ligue-1-Aufsteiger AS Monaco sorgt in Europa für Schlagzeilen – mit einem ominösen Oligarchen und vielen Transfer-Geschichten. HANNAH KLUWE [email protected] Richtig viel Handfestes weiss man nicht über Dmitri Rybolowlew (46). Aber eines ist sicher: Der Mann hat Geld. Und zwar jede Menge. Zwischen 9 und 12 Milliarden Franken soll der Russe mit Hauptwohnsitz am Genfersee schwer sein. Rybolowlew ist ein Ge- winner des Falls des Eisernen Vorhangs: zuvor Medizinstudent und Kranken- wagenfahrer, danach unter anderem Investmentbanker, Kopf einer Privat- bank und schliesslich bis 2010 Boss des russischen Mineraldünger-Herstellers Uralkali. Spitzname: Kali-König. Nun herrscht der König als Fussball-Fürst über Ligue-1-Aufsteiger AS Monaco. Zehn Monate im Gefängnis Die Weste des «Monarchen» hat al- lerdings einen Fleck. Einen ziemlich dunklen: Rybolowlew wurde 1996 ver- urteilt, den Mord an einem Konkurren- ten in Auftrag gegeben zu haben. Nach- dem er zehn Monate Gefängnisstrafe abgesessen hatte, widerrief ein Zeuge seine Aussage. Rybolowlew kam frei. Vollständig aufgeklärt wurde der Fall nie. Der 46-Jährige ist äusserst öffent- lichkeitsscheu – seine Reichtümer stellt er aber gern zur Schau. Darunter: eine 92-Millionen-Franken-Jacht, zwei Flug- zeuge (ein Airbus A319), eine Gemälde- sammlung mit echten Picassos und van Goghs im Wert von rund 650 Millionen Franken, das teuerste Appartement New Yorks (81 Millionen Franken) und eine Mittelmeerinsel (nur geleast). Was fehlt da noch zum modernen Bilder- buch-Oligarchen? Genau: ein eigener Fussballclub. Bei Dmitri Rybolowlew sollte es zu- nächst Dinamo Minsk werden. Er ent- schied sich aber doch für den AS Monaco. «Das ist kein rei- nes Erwerbsgeschäft, son- dern der Beginn einer schlagkräftigen und effizien- ten Partnerschaft», kommen- tierte der Milliardär die In- vestition. Es liegt nahe, dass ausser der Liebe zu fürstli- chem Fussball – welche Er- zählungen zufolge echt sein soll – auch rechtliche Gegebenheiten im Steuerparadies Monaco ausschlagge- bend für diese Entscheidung waren. Angriff auf den Meister Der sportliche Erfolg kann es jeden- falls nicht gewesen sein. Denn als der Russe im Winter 2011 zwei Drittel des Clubs übernahm, stand der sieben- malige französische Meister und Cham- pions-League-Finalist von 2004 am Abgrund: auf dem letzten Platz der Ligue 2. Doch der edle Retter kam, besorgte ein paar ordentliche Spieler und engagierte den italienischen Star- Trainer Claudio Ranieri (61). Der Plan ging auf – eineinhalb Jahre später ist der monegassische Club wieder erst- klassig. Nächster Schritt? Weltklasse. Am bes- ten schon in der kommenden Saison soll Meister Paris Saint-Germain her- ausgefordert und das internationale Geschäft gestürmt werden. Dafür wird nun ordentlich Geld investiert. Ricardo Carvalho (35) von Real Ma- drid wurde geholt. Doch das ging in der Öffentlichkeit ein bisschen unter. Der Innenverteidiger war ablösefrei zu haben – unspektakulär. Der erste Coup war dann ein Doppel- schlag: James Rodriguez (21) und João Moutinho (26) vom portugie- sischen Meister FC Porto wurden ver- pflichtet. Kostenpunkt rund 85 Millio- nen Franken. Etwa denselben Betrag investierte der Club noch einmal – in einen einzigen Spieler: Radamel Falcao von Atletico Madrid. Nicht wenige halten den 27-jäh- rigen Kolumbianer für den besten Stürmer der Welt. Entsprechend gross war das Buhei rund um seine Ver- pflichtung. AS- Sportdirektor Wa- dim Wasilyew verkündete be- geistert: «Rada- mel glaubt an unser Projekt.» Und selbst der medienscheue Rybolowlew gab ein State- ment ab: «Wir sind glücklich, dass sich Falcao ent- schlossen hat, die Herausforderung in Monaco anzunehmen. Wir sind stolz, einen der besten Angreifer der Welt in unseren Reihen zu haben.» Cristiano Ronaldo im Gespräch Doch damit haben die Monegassen anscheinend noch lange nicht genug. Kaum ein Tag vergeht ohne neue Ge- rüchte. Im Gespräch unter anderem: Hulk (Zenit St. Petersburg), Carlos Te- vez (Manchester City), Victor Valdes, Eric Abidal (beide FC Barcelona), Fabio Coentrao (Real Madrid), Claudio Mar- chisio (Juventus Turin) – und Cristiano Ronaldo. Für den Superstar von Real Madrid wären wohl fast 125 Millionen Franken Ablöse und 25 Millionen Fran- ken Jahresgehalt fällig. Kein Name scheint zu gross, keine Summe zu hoch. Der Club hat «nun mal nicht die schlechtesten finanziellen Vorausset- zungen», wie es der AS-Captain und ehemalige Bundesligapro- fi Andreas Wolf ausdrückt. Zusätzlich hilft eine mone- gassische Besonderheit beim Bezahlen fürstlicher Gehälter: In Monaco gibt es keine Ein- kommenssteuer. Was AS-Spieler und Verantwortliche freut, stört den Rest der französischen Liga gewaltig. Umso mehr, da in Frankreich Einkom- men von über 1,25 Millionen Franken zukünftig mit 75 Prozent besteuert werden sollen. Der französische Ver- band hat deshalb beschlossen, dass ab der Saison 2014/15 alle Profi-Vereine ihren Hauptsitz in Frankreich haben müssen. Monaco legte Einspruch ein, der Rest der Liga droht mit einem Boykott – das Ende des Streits ist offen. Offen ist auch, ob der eingeschlage- ne Kurs Fans anlockt. Bisher waren im Schnitt gerade einmal 5200 Besucher pro Partie im Stade Louis II. Alles kann eben auch ein Mann wie Dmitri Rybo- lowlew nicht kaufen. «Wir sind stolz, mit Falcao einen der besten Angreifer der Welt in unseren Reihen zu haben.» DMITRI RYBOLOWLEW, BESITZER DER AS MONACO Für rund 85 Millionen Franken von Atletico Madrid zur AS Monaco: Radamel Fal- cao. PA/ Sebastien Nogier Pro Helvetia / Ernst Göhner Stiftung / Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr / Markant-Stiftung / Migros Kulturprozent

Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung ... · Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung ... · Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung

Freitag, 21. Juni 2013 / Nr. 141 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Zuger Zeitung Sport 36

ANZEIGE

Die dunkle Seite von Monacos «Fürsten» Fussball Sommerpause gleich Sommerloch? Von we-gen. Ligue-1-Aufsteiger AS Monaco sorgt in Europa für Schlagzeilen – mit einem ominösen Oligarchen und vielen Transfer-Geschichten.

HANNAH [email protected]

Richtig viel Handfestes weiss man nicht über Dmitri Rybolowlew (46). Aber eines ist sicher: Der Mann hat Geld. Und zwar jede Menge. Zwischen 9 und 12 Milliarden Franken soll der Russe mit Hauptwohnsitz am Genfersee schwer sein. Rybolowlew ist ein Ge-winner des Falls des Eisernen Vorhangs: zuvor Medizinstudent und Kranken-wagenfahrer, danach unter anderem Investmentbanker, Kopf einer Privat-bank und schliesslich bis 2010 Boss des

russischen Mineraldünger-Herstellers Uralkali. Spitzname: Kali-König. Nun herrscht der König als Fussball-Fürst über Ligue-1-Aufsteiger AS Monaco.

Zehn Monate im GefängnisDie Weste des «Monarchen» hat al-

lerdings einen Fleck. Einen ziemlich dunklen: Rybolowlew wurde 1996 ver-urteilt, den Mord an einem Konkurren-ten in Auftrag gegeben zu haben. Nach-dem er zehn Monate Gefängnisstrafe abgesessen hatte, widerrief ein Zeuge seine Aussage. Rybolowlew kam frei. Vollständig aufgeklärt wurde der Fall nie. Der 46-Jährige ist äusserst öffent-lichkeitsscheu – seine Reichtümer stellt er aber gern zur Schau. Darunter: eine 92-Millionen-Franken-Jacht, zwei Flug-zeuge (ein Airbus A319), eine Gemälde-sammlung mit echten Picassos und van Goghs im Wert von rund 650 Millionen Franken, das teuerste Appartement New Yorks (81 Millionen Franken) und eine Mittelmeerinsel (nur geleast). Was fehlt da noch zum modernen Bilder-buch-Oligarchen? Genau: ein eigener Fussballclub.

Bei Dmitri Rybolowlew sollte es zu-nächst Dinamo Minsk werden. Er ent-schied sich aber doch für den AS Monaco. «Das ist kein rei-nes Erwerbsgeschäft, son-dern der Beginn einer schlagkräftigen und effizien-ten Partnerschaft», kommen-tierte der Milliardär die In-vestition. Es liegt nahe, dass ausser der Liebe zu fürstli-chem Fussball – welche Er-zählungen zufolge echt sein soll – auch rechtliche Gegebenheiten im Steuerparadies Monaco ausschlagge-bend für diese Entscheidung waren.

angriff auf den MeisterDer sportliche Erfolg kann es jeden-

falls nicht gewesen sein. Denn als der Russe im Winter 2011 zwei Drittel des

Clubs übernahm, stand der sieben-malige französische Meister und Cham-pions-League-Finalist von 2004 am Abgrund: auf dem letzten Platz der Ligue 2. Doch der edle Retter kam, besorgte ein paar ordentliche Spieler und engagierte den italienischen Star-Trainer Claudio Ranieri (61). Der Plan

ging auf – eineinhalb Jahre später ist der monegassische Club wieder erst-klassig.

Nächster Schritt? Weltklasse. Am bes-ten schon in der kommenden Saison soll Meister Paris Saint-Germain her-ausgefordert und das internationale Geschäft gestürmt werden. Dafür wird nun ordentlich Geld investiert.

Ricardo Carvalho (35) von Real Ma-drid wurde geholt. Doch das ging in der Öffentlichkeit ein bisschen unter.

Der Innenverteidiger war ablösefrei zu haben – unspektakulär. Der erste Coup war dann ein Doppel-schlag: James Rodriguez (21) und

João Moutinho (26) vom portugie-sischen Meister FC Porto wurden ver-

pflichtet. Kostenpunkt rund 85 Millio-nen Franken. Etwa denselben

Betrag investierte der Club noch einmal – in

einen einzigen Spieler: Radamel Falcao

von Atletico Madrid. Nicht wenige halten den 27-jäh-

rigen Kolumbianer für den besten Stürmer der

Welt. Entsprechend gross war das Buhei

rund um seine Ver-pflichtung. AS-

Sportdirektor Wa-dim Wasilyew verkündete be-geistert: «Rada-mel glaubt an unser Projekt.» Und selbst der medienscheue Rybolowlew gab ein State-

ment ab: «Wir

sind glücklich, dass sich Falcao ent-schlossen hat, die Herausforderung in Monaco anzunehmen. Wir sind stolz, einen der besten Angreifer der Welt in unseren Reihen zu haben.»

Cristiano Ronaldo im GesprächDoch damit haben die Monegassen

anscheinend noch lange nicht genug. Kaum ein Tag vergeht ohne neue Ge-rüchte. Im Gespräch unter anderem: Hulk (Zenit St. Petersburg), Carlos Te-vez (Manchester City), Victor Valdes, Eric Abidal (beide FC Barcelona), Fabio Coentrao (Real Madrid), Claudio Mar-chisio (Juventus Turin) – und Cristiano Ronaldo. Für den Superstar von Real Madrid wären wohl fast 125 Millionen Franken Ablöse und 25 Millionen Fran-ken Jahresgehalt fällig. Kein Name scheint zu gross, keine Summe zu hoch. Der Club hat «nun mal nicht die schlechtesten finanziellen Vorausset-

zungen», wie es der AS-Captain und ehemalige Bundesligapro-

fi Andreas Wolf ausdrückt. Zusätzlich hilft eine mone-

gassische Besonderheit beim Bezahlen fürstlicher Gehälter:

In Monaco gibt es keine Ein-kommenssteuer. Was AS-Spieler

und Verantwortliche freut, stört den Rest der französischen Liga gewaltig. Umso mehr, da in Frankreich Einkom-men von über 1,25 Millionen Franken zukünftig mit 75 Prozent besteuert werden sollen. Der französische Ver-band hat deshalb beschlossen, dass ab der Saison 2014/15 alle Profi-Vereine ihren Hauptsitz in Frankreich haben müssen. Monaco legte Einspruch ein, der Rest der Liga droht mit einem Boykott – das Ende des Streits ist offen.

Offen ist auch, ob der eingeschlage-ne Kurs Fans anlockt. Bisher waren im Schnitt gerade einmal 5200 Besucher pro Partie im Stade Louis II. Alles kann eben auch ein Mann wie Dmitri Rybo-lowlew nicht kaufen.

«Wir sind stolz, mit Falcao einen der

besten angreifer der Welt in unseren

Reihen zu haben.»DMITrI rybOLOwLEw,

bESITZEr DEr AS MONAcO

Für rund 85 Millionen Franken von Atletico Madrid zur AS Monaco: Radamel Fal-cao. PA/Sebastien Nogier

Pro Helvetia / Ernst Göhner Stiftung / Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr / Markant-Stiftung / Migros Kulturprozent