Fremdsprache Deutsch Sehen d Lernen1

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Fremdsprache DeutschSehen(d) lernen Zeitschrift fr die Praxis des DeutschunterrichtsHeft 36 I 2007Hueber Freude an Sprachen35 Anne SassFilme im Unterricht Sehen(d) lernenAllgemeine Artikel zum Thema14 Dr. Sebastian ChudakDer deutsche Film auf Erfolgskurs? Warum nicht auch im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht?17 Lydia RsslerViel weniger an Film ist mehr!21 Tina Welke Ein Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im Unterricht Deutsch als FremdspracheThemenschwerpunkt: Landeskunde26 Luisa Gregori, V clav Kubecka, Elena TschudinovaSchwarzfahrer 29 Angelika Lundquist-Mogtrkisch fr Anfnger Didaktisierungen zu aktuellen Filmen36 Claudia SalokannelGood Bye, Langeweile. Stationenlernen zum Film Good Bye, Lenin!42 Dr. Hans Erich HerfurthDie fetten Jahre sind vorbei 48 Germana DAlessio, Martin SaurerSophie Scholl Die letzten Tage Film und Computer53 Frank LeppertVideosequenzen in Hot PotatoesFilm in der Lehrerfortbildung57 Niko Georgi, Rainer E. WickeTreibhuser der Zukunft auch im eigenen Deutsch-als-Fremdsprache-UnterrichtRubriken 4 Impressum/Editorial60 Filmographie61 Kommentierte Linkliste62 Glossar64 Unsere Autorinnen und AutorenInhalt Heft 36Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 20074IMPRESSUMFremdsprache DeutschZeitschrift fr die Praxis des Deutschunterrichts herausgegeben vom Vorstand des Goethe-Instituts und Peter Bimmel, Britta Hufeisen, Hans-Jrgen Krumm, Gerhard Neuner, Rainer E. Wicke im Verlag Hueber GmbH & Co KG, IsmaningSchriftleitung und Vertretung des Goethe-Instituts:Rosemarie BuhlmannRedaktionsbeirat des Goethe-Instituts: Karin Ende, Klaus-Thomas Frick, Dr. Werner SchmitzVerantwortliche Themenheftherausgeberin: Anne SassRedaktion: Veronika KirschsteinGestaltung und Realisation: Thomas SchackAnzeigenleitung: Hueber Verlag GmbH & Co KGDruck: Ludwig Auer GmbH, DonauwrthTitelbild: Creatas ImagesThemen der nchsten Hefte: Deutsch als plurizentrische Sprache Theorien und Modelle des fremdsprachlichen Lernens Textkompetenz CLIL Content and Language Integrated LearningEin Einzelheft Fremdsprache Deutsch kostet EUR 9,60zuzglich Versandkosten. Ein Jahresabonnement umfasstzwei regulre Ausgaben und kostet EUR 16,50 zuzglichVersandkosten. Die Dauer eines Abonnements betrgt einKalenderjahr und verlngert sich automatisch jeweils um einJahr. Kndigung des Abonnements ist bis zwei Monate vorAblauf eines Kalenderjahres mglich. Die Beitrge sind urheberrechtlich geschtzt. Alle Rechtevorbehalten. Die als Kopiervorlage bezeichneten Unterrichts-mittel drfen bis zur Klassen- bzw. Kursstrke vervielfltigtwerden. Auch unverlangt eingesandte Manuskripte werdensorgfltig geprft. Unverlangt eingesandte Bcher werdennicht zurckgeschickt. Adresse der Schriftleitung: Rosemarie BuhlmannGoethe-InstitutBereich 313Postfach 190419, D-80604 MnchenTel.: +49 (0)89-15921-295, E-Mail: [email protected]: Ludwig Auer GmbH LeserserviceHeilig-Kreuz-Str. 1686609 DonauwrthTel.: +49 (0)906-73-478, Fax: +49 (0)906-73-122E-Mail: [email protected] Internet: www.hueber.de/fremdsprache-deutschKontakt Verlagsredaktion: Annette AlbrechtTel.: +49 (0)89-9602-233, Fax: +49 (0)89-9602-254E-Mail: [email protected] ISBN 978-3-19-369183-5Download ISBN 978-3-19-999183-0ISSN 0937-3160Heft 36/2007EDITORIALLieber Leser, liebe Leserin,Spielfilme im Unterricht wozu denn das? Welcher?Und wie einsetzen? Dass die Schler etwas lernen undnicht nur einfach konsumieren und genieen?Das sind Fragen, die bei Fortbildungsveranstaltungen schon einmal von Lehrerseite kommen. Dem gegenber stehen Ergebnisse von Umfragen, in denen die Mehrheitder Lernenden darber klagt, dass fast ausschlielich mitdem Lehrbuch gearbeitet wird und allenfalls Kopien aus Zeitungen und Zeitschriftenaus den D-A-CH-Lndern zum Einsatz im Unterricht kommen, originales Illustra-tionsmaterial auf Papier eher selten und Videoaufnahmen sehr selten oder nie.Dieses Heft von Fremdsprache Deutsch mchte dazu bei-tragen, dass der Einsatz von Filmen als vielschichtiges undattraktives Medium im Deutsch-als-Fremdsprache-Unter-richt zunimmt. Es hat sich zum Ziel gesetzt, Einsatz- undDidaktisierungsmglichkeiten sowie den praktischenNutzen von Spielfilmen im Unterricht aufzuzeigen undAppetit darauf zu machen, ihr Potenzial fr die Attraktivi-tt des eigenen Unterricht nutzbar zu machen.Es mchte Anregungen zur Arbeit mit Spielfilmen fr unterschiedliche Lernergruppen geben, einerseits durch Beispiele aus der Praxis, andererseits durch die erforderli-chen Grundlageninformationen und weiterfhrendeBezugsnachweise geeigneter Filme.Das vorliegende Heft ist brigens das erste, das der Hueber Verlag herausgibt. Die Konditionen fr den Bezugsind gleich geblieben, lediglich die Bezugsadresse hat sichgendert:Ludwig Auer GmbHLeserserviceHeilig-Kreuz-Str. 1686609 DonauwrthTelefon: 0906/73-478, Telefax: 0906/73-122E-Mail: [email protected] Internet: www.hueber.de/fremdsprache-deutschIch mchte mich mit diesem Heft von Ihnen verabschiedenundIhnen viel Spa mit Fremdsprache Deutsch wnschen.Die Schriftleitung und die Vertretung des Goethe-Institutsbernimmt Herr Dr. Werner Schmitz (Abt. Sprache /Bildungs-kooperation Deutsch).IhreRosemarie BuhlmannFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Das deutsche Kino ist wieder daDas deutsche Kino ist wieder da; allein auf derBerlinale 2006 liefen mehr als 50 deutsche Filme(Die Zeit, 11.05.2006) und auch international ha-ben deutsche Spielfilme, wie Nirgendwo in Afrika(2002), Good Bye, Lenin (2003) oder auch SophieScholl die letzten Tage (2005) groe Erfolge er-zielt. Der aktuelle Kinder- und Jugendfilm beziehtsich ebenfalls auf das Alltagsgeschehen: DerTrend, Geschichten aus der Lebensrealitt inDeutschland zu erzhlen, der schon dem deut-schen Film an sich wieder zu mehr Aufmerk-samkeit und Erfolg verhalf, setzt sich damit nunauch fr Kinder und Jugendliche durch(www.goethe.de/kue/flm/dos). Hier ist eine junge Generation von Filme-machern am Werk, die es schaffen, mit einer neu-en Leichtigkeit und zugleich Tiefe Geschichten zuFilme im Unterricht Sehen(d) lernenAnknpfend an die bekannten Produktionen der siebziger und frhen achtziger Jahren von Regisseurenwie Volker Schlndorff, Rainer Maria Fassbinder und Margarete von Trotta, entstanden und entstehen inden letzten Jahren Werke von zumeist jungen Regisseuren, die ein breites Publikum ansprechen.Dabei sind Filme wie Gegen die Wand, Sophie Scholl, Good Bye, Lenin! nicht nur einfach gut gemacht.Sie tauchen in die eigene Tradition ebenso ein wie in die Gegenwart. Sie betreiben historischeSpurensuche und stellen sich furchtlos all den Verletzungen und sozialen Spannungsfeldern, die einenationale Kinematografie erstrechtfertigen (Mirito Torreiro, in: Die Zeit, 11.05.2006).Von Anne Sass Mickel Rentsch-Film Szene aus Talks 1, Goethe-InstitutFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen6erzhlen, so ist das deutsche Kino reif fr eineEntdeckung (Bradshaw, in: Die Zeit, 11.05.06).Dieses Heft mchte Sie dabei untersttzen,diesen neuen deutschen Film fr Ihren Sprachun-terricht zu entdecken.Filme in den Klassenraum Aufgrund der Flle der vorhandenen Spielfilme,Kurzfilme, Dokumentationen, Fernsehfilme und -serien, sind schon bei der Auswahl der Filme undMethoden zahlreiche Fragen zu klren, wie z.B. Wie und wo integriere ich das Seh-Verstehen inden Unterricht? Welche technischen Voraussetzungen brauche ich? Wie gehe ich methodisch vor?Darber hinaus stellt sich fr Lehrende in der modernen Wissensgesellschaft die bergeordneteFrage:Wie kann ich Medienkompetenz vermittelnund die visuelle Verstehensleistung schrfen?Ich mchte zunchst einen Blick auf die letzte Frage werfen. Die Schrfung des Seh-Vermgens frdert das LernenNie hat es eine Zeit gegeben, in der Menschen sovielen Bildern visuellen Reizen ausgesetzt wa-ren, wie heute. Kino, Fernsehen, Werbeplakate unddas Internet sind die Hauptvermittler dieser Bilder-flut. Unser Gehirn ist somit stndig damit beschf-tigt, diese Bilder zu sortieren und zu selektieren.Unsere Wahrnehmung passt sich an diese radikaleVernderung der Vermittlung von Information undWissen an:Wir leben in einer Zeit des Umbruchs von ei-ner sprach- zu einer bildzentrierten Kultur. So ha-ben Jugendliche heute eine 30 Prozent hhere vi-suelle und akustische Wahrnehmungsgeschwin-digkeit als vor zwanzig Jahren. (Ballstaedt, 2004).Diese Beschleunigung der Rezeption heit abernicht, dass ein wirklich intensiver Lernprozesseinsetzt, denn ohne die Hinwendung der Auf-merksamkeit zu den zu lernenden Reizen ge-schieht auch bei massiver Bombardierung des Gehirns mit diesen Reizen nichts (Spitzer, S. 155). Unser Gehirn nimmttrotz oder gerade wegen dieser stndigen Reizberflutung nur neueund interessante Dinge auf, um sie als Wissen zuspeichern. Damit spielt ja beispielsweise die Wer-bung, die stets neue Geschichten erzhlt und unge-whnliche Bild-Satz-Montagen whlt, um die Zu-schauer fr den Kauf des beworbenen Produkteszu gewinnen. Auch im Unterricht gewinnen wir durch eineinteressante Unterrichtsgestaltung die Aufmerk-samkeit der Lernenden, denn nur was wir mitden Augen fixieren oder mit den Ohren fokussie-ren, hat eine Chance konzeptuell und bewusst zuWissen verarbeitet zu werden. Mit dem Aufmer-ken beginnt das Merken. (Assmann in: Ball-staedt, S. 4). Filmmaterial eignet sich besonders dazu, die-ses Aufmerken zu initiieren und so das Sich-Mer-ken zu frdern. Die Forschung unterscheidet zweiArten von Aufmerksamkeit: die unwillkrlicheund die willkrliche. Unwillkrliche Aufmerksamkeit ist die auto-matische Zuwendung zu unerwarteten Reizen,also das, was uns im Alltag stndig widerfhrt: Wirsehen eine grelle Leuchtreklame und schauen un-willkrlich dorthin, auch wenn uns die Inhaltenur wenig interessieren. Willkrliche Aufmerk-samkeit istdie intentionaleZuwendung zu be-stimmten Inhalten, sie ist das ausfhrende Organder Interessen (.) jeder pickt sich aus dem Ange-bot heraus, was ihn speziell interessiert (Ballsta-edt, S. 4).Da auch die willkrliche Aufmerksamkeitschnell nachlsst, ist es umso wichtiger, unge-whnliche und/oder mit dem eigenen Leben ver-knpfte Inhalte zu zeigen; auch hier ist Film einsehr brauchbares Medium. Wichtig ist darberhinaus, dass die Lerner das Arbeiten mit Film,nicht mit dem passiven Fernsehkonsum in derFreizeit verwechseln. (Harms, S. 251) Oftmals schauen wir uns ein Bild nur sehr kurzan, und fhlen uns bereits im Bilde (Ballstaedt, S. 7).Klare Aufgabenstellungen und Zielorien-tierung fhren dazu, dass die Lernenden die Kom-petenzen entwickeln, die sie brauchen, um dieSprache der Bilder zu dekodieren. Erst beim ge-naueren Hinschauen entdecken sie Details, zu-stzliche Bedeutungen und Hintergrnde.Dieses Innehalten und Entschleunigen ist einewichtige Fhigkeit, die in einem lernerzentriertenUnterricht mit Bildmedien erworben wird. Whlen wir interessantes visuelles Material frden Unterricht aus und bearbeiten die Lernendendies mit spezifischen Arbeitsauftrgen und Beob-achtungsaufgaben, so wirddie willkrliche Auf-( )Wie kann ich Medienkompetenz ver-mitteln und die visuelle Verstehensleistungschrfen?Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen7merksamkeit gesteigert. Die Lerner konzentrierensich auf einen klar definierten Fokus und eineoberflchliche Verarbeitungstiefe wird gemieden(Harms, S. 251). Die Lernenden folgen den Inhalten aufmerksamund verknpfen diese mit ihrem Vorwissen: sielernen.Filme ermglichen mit Emotionen verknpftes LernenWie knnen wir unseren mit Visuellem bereitsbersttigten Lernerinnen und Lernern den kriti-schen Umgang mitFilmmaterial schmackhaftmachen?Ganz im Sinne der aktuellen, konstruktivi-stisch ausgerichteten Lerntheorien, verknpfenwir alles, was wir sehen, hren oder fhlen, zu-nchst mit unseren eigenen Erfahrungen. Wasden Menschen umtreibt, sind nicht Fakten undDaten, sondern Gefhle, Geschichten und vor al-lem andere Menschen. (Spitzer, S. 160).Dies ist der groe Schatz, den Filme in denUnterricht transportieren, denn sie erzhlen vonMenschen und sie erzhlen Geschichten. Wenndiese Geschichten mit den Erfahrungen der Ler-nenden korrespondieren oder kollidieren, ist diesein wahrer Fundus fr authentische Sprechanls-se: Die Lernenden sprechen ber Geschichtenund Gefhle oder besser gesagt: ber ihre Ge-schichten und ihre Gefhle. Der gezielte Einsatz von Bildmedien im mo-dernen Deutschunterricht frdert somit nicht nurdie Verstehens- und Sprachfertigkeit der Lernen-den, sondern schrft auch ihren Blick fr die Spra-che der Bilder und baut auf diese Weise visuelleLiteralitt auf. Je wichtiger der Stellenwert von Bildern in un-serer Gesellschaft sein wird, desto wichtiger ist derkritische Umgang mit visueller Information; dieswird eine immer zentralere Komponente menschli-cher Intelligenz darstellen. (Ballstaedt, S. 6).Seh-Verstehen als fnfte FertigkeitDiese Aussagen aus der Kognitionsforschung un-terstreichen die These, Hr-Sehverstehen, diebersehene fnfte Fertigkeit, (Schwerdtfeger, 1989)nicht nur als Bonbon am Ende einer Lerneinheitoder am Ende des Schuljahres, sondern regelm-ig ins Klassenzimmer zu holen.Eine mehrkanalige Aufnahme von Informatio-nen ist fr den Menschen typisch. EindeutigerSchwerpunkt ist der visuelle Kanal: Wir nehmenmit dem Auge 70-80 Prozent unserer Informatio-nen auf und nur 13 Prozent durch das Ohr (Harms,S. 247). Die vier Fertigkeiten Leseverstehen, Hrver-stehen, Schriftlicher Ausdruck und MndlicherAusdruck tauchen gleichwertig in allen modernenLehrwerken auf. Wie sieht es dagegen mitSeh-Verstehen oder genauer gesagt mit Hr-Sehverste-hen aus?Das in den neunziger Jahre konzipierte und2005-2007 berarbeitete Lehrwerk em(Niveaustu-fen B1C1) enthlt in fast jeder Lektion einen Vi-deotipp. Diese Tipps beziehen sich jeweils auf ei-nen zum Thema der Lektion passenden Film. Es entstanden auch speziell fr den Unterrichtentwickelte Filme, so zum Beispiel fr die Niveau-stufen A1/A2 Susanne, Hallo aus Berlin und Re-daktion D, und fr die Niveaustufen B1/B2 Ein-drcke. Hr-Sehverstehen wird zwar nicht mehrbersehen, aber es ist noch lngst keine integrier-te Fertigkeit. Erst in den letzten Jahren zeichnetsich eine neue Tendenz ab: speziell zu Lehrwer-ken entwickelte Filmsequenzen. Zum Beispiel gibtes zu den Anfngerlehrwerken (Niveaustufe A1/A2) Studio D, geni@l und Planet eigens entwickel-te Videomaterialien. Auch zu dem LehrwerkWirtschaftskommunikation Deutsch liegt zustz-lich ein Video vor. Keine beweglichen Bilder aber eine intensiveBild-/Textsprache bieten die Foto-Hrgeschichtenin Schritte und Schritte international und bedie-nen so sicherlich die Hr- und Seh(!)-gewohnhei-ten der jngeren Deutschlernenden. Gerade bei den aktuellen Materialien handeltes sich nicht um herkmmliche, progressions-orientierte Sprachlehrfilme, sondern um solche,die an die Lebenswirklichkeiten und Emotionender Lerner anknpfen. Bilder haben hier nicht nureine illustrative, sondern eine bedeutungstragen-de Funktion.Hier zeigt sich ganz im Sinne von Schwerdtfe-ger (1989, 2003) eine neue Herangehensweise andas Medium, die den Lerner als emotionales, neu-gieriges Wesen und Sprache als lustbetontemenschliche Fertigkeit begreift (Harms 2005).Filme eignen sich folglich fr den Sprach-unterricht,Ausdrcke und RedewendungenSchon die deutsche Alltags-sprache enthlt zahlreicheRedewendungen, die den wichtigen Stellenwert desVisuellen widerspiegeln: ins Blickfeld geraten mit jemandem unter vierAugen sprechen etwas mit anderen Augensehen das Versehen, etwas ver-sehentlich machen etwas durch eine rosaroteBrille sehen neue Perspektiven aufzeigen durchblicken Ich blicke danicht durch! ( )Klare Aufgabenstellungen und Zielorien-tierung fhren dazu, dass die Lernendendie Kompetenzen entwickeln, die siebrauchen, um die Sprache der Bilder zudekodieren.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen8 wenn sie spannende Geschichten erzhlen, wenn sie auf das Zielsprachenland neugierig machen, wenn sie Einblick in eine andere Welt gewhren, wenn sie Unerwartetes zeigen, wenn sie etwas Neues, Interessantes zum Mitteilen, zum Nachdenken und zum Diskutieren beinhalten.Rechtliche Aspekte und technische VoraussetzungenBevor Sie die Welt des Films ins Klassenzimmerholen, mssen Sie die folgenden urheberrechtli-chen Aspekte beachten: Fr eine Vorfhrung eines Films im Unter-richt bentigen Sie entsprechende Nutzungsrech-te und das Recht der ffentlichen Wiedergabe. Bedenkenlos eingesetzt werden drfen: Schulfunksendungen, Filme, die mit dem Recht der ffentlichen Vor-fhrung (z. B. durch die Medienstelle) erworbenwurden, DIFAuszug aus Foto-Hrgeschichte in Schritte international 1Als Filmtipp in em: Herbstmilch Hueber VerlagFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen9 eigene Produktionen, Filme, fr die Sie die notwendigen Rechte er-worben haben. Nicht eingesetzt werden drfen: Filme, die nur fr den privaten Gebrauch zuge-lassen sind, eigene Mitschnitte (Vervielfltigungen), es sei denn, es handelt sich um Schulfunksendungen oder Beitrge des aktuellen Tagesgeschehens.(Comenius Institut)An den Goethe-Instituten knnen Sie Filme aus-leihen, die eine Vorfhrlizenz zu nichtkommer-ziellen Bildungszwecken aufweisen (vgl. auch Fil-mographie, S. 60).Die technischen Voraussetzungen fr den Ein-satz von audiovisuellen Medien im Unterrichtsind entweder ein Videorekorder, ein DVD-Playeroder Computer. Der Vorteil von DVDs ist, dass Sieschnell und einfach einzelne Sequenzen auswh-len und diese auch per Computer/Laptop an-schauen knnen. So ist es auch etwas unkompli-zierter, mehrere Wiedergabegerte gleichzeitig zunutzen (vgl. die Beitrge von Claudia Salokannel,S. 36 undFrank Leppert, S. 53).Viele DVDs bieten auerdem die Mglichkeit,die Filme wahlweise mit (deutschen) Untertitelnzu sehen und dies erleichtert das Verstndnis er-fahrungsgem um circa 30% (vgl. Beiheft zuKurz und gut macht Schule). Fr diejenigen von Ihnen, die Spa an Schnitt-techniken und Erstellung von eigenen Materialienhaben, bietet der Computer vielfltige Mglichkei-ten. Sie knnen mit Software, wie z.B. Nero oderPinnacle Studio einzelne Standbilder oder Filmse-quenzen ausschneiden. Passend zu Ihren Aufga-benstellungen lassen sich Filmsequenzen zusam-menschneiden: Sie lschen z.B. eine Sequenz, dieLernenden sehen die Passage davor und danachund bilden Hypothesen darber, was in der feh-lenden Sequenz alles passiert sein knnte. Auch das Erstellen von eigenen Videosequen-zen wird aufgrund digitaler Kameras und der da-zugehrigen Software immer einfacher und es istspannend und motivierend diese Technik fr denUnterricht zu nutzen (vgl. Artikel von Frank Lep-pert, S. 53).Die rechtlichen und die technischen Punktesind geklrt, dann knnen Sie nun beginnen, dierichtigen Aufgaben und bungen fr Ihre Lern-gruppe, fr Ihre Unterrichtsziele auszuwhlen.Dabei hilft ein kurzer Blick auf die methodischeEntwicklung. Film im Unterricht methodische EntwicklungenMachen Sie doch mal eine kleine Phantasiereise,halten Sie kurz beim Lesen inne und berlegenSie, wann Sie in ihrer eigenen Lerngeschichte daserste Mal einen Film gesehen haben? WelcherFilm war das? Wie und was haben Sie in IhrerKlasse/Lerngruppe damit gelernt? Was ist bei Ih-nen hngengeblieben?Ich jedenfalls erinnere mich gut daran, dasswir zum Ende des Schuljahres oder in Vertre-tungsstunden Filme zu sehen bekamen, ohnekonkrete Aufgabe; das war fr den Lehrer und fruns entspannend, aber gelernt haben wir wenig.Wurden wir gefragt, Was mchtet ihr in der letz-ten Stunde machen?, antworteten alle ohne zuzgern, Einen Film sehen!.Das war in den siebziger Jahren und wir, dieGeneration der Fernsehkinder, genossen denKonsum der neuen Bilderwelten.In den achtziger Jahren entstand eine erste sy-stematische Methodik (z.B. Lonergan, 1987) frdas neue, nun dank der Videotechnik einfacherverfgbare Medium Film. In der Zeit der kommu-nikativen Methode galten Filme als Trger von In-formationen, die durch die zustzlichen Fragendes Lehrers erschlossen wurden. Aufgabe der Ler-ner war es, auf das Gesehene zu reagieren und dieInhalte zu reproduzieren (vgl. Biechele, S. 324). In den neunziger Jahren entwickelte sich derkommunikativ-situative, handlungsorientierteAnsatz, der aktive Lerner rckte in den Mittel-punkt des Lerngeschehens. Ganzheitlichebungsformen auch bei der Arbeit mit Film be-lebten den Unterricht (Brandi/Helmling, 1996),Filmverstehen ist als Prozess der Informationsver-arbeitung zu betrachten. Durch strukturierte Auf-gaben vor, whrend und nach dem Anschauendes Films, wurde der Hr-Seh-Prozess in Teilkom-ponenten zerlegt (vgl. Biechele, S. 324). Die Lerner sind kognitiv gefordert und reprodu-zieren die Inhalte, indem sie mndlich oder auchschriftlich das Verstandene oder ihre Interpreta-tionen wiedergeben.Die neuesten Ergebnisse der Kognitions-forschung beeinflussen die Methodik des Fremd-( )Lernen wird nun als ein konstruktiverProzess gesehen, der bei jedem Lernendenindividuell verluft. Dies gilt auch fr dieFilmverarbeitung.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen10sprachenunterrichts. Lernen wird nun als ein kon-struktiver Prozess gesehen, der bei jedem Lernen-den individuell verluft. Dies gilt auch fr die Film-verarbeitung: Sie ist eine autonom-subjektive,medienspezifische, intentionale Rezeption undKonstruktion (Biechele, S. 324). Die Lernerrolleist aktiv, initiativ, interaktiv, konstruktiv. Die Ler-nenden arbeiten in sozial orientierten Arbeitsfor-men und offener Lernumgebung (Biechele, S. 324).Welche Methoden eignen sich, um diesemneuen Bild des Lehrens und Lernens gerecht zuwerden?Filme im Unterricht fr aktive Schlerberlegen Sie zunchst, welcher Film, welcheFilmsequenz zum Unterrichtsthema passt. Be-ziehen Sie bei dieser Auswahl die Lernenden ein,die ja hufig aus Kino und Fernsehen Adaptionendeutscher Filme kennen. Je nach Unterrichtsziel, Niveau der Lerngruppe,technischen Mglichkeiten und zeitlichem Rah-men knnen Sie die gewnschten bungen undAufgaben auswhlen bzw. selbst entwickeln. Hier-bei sollten Sie auch stets beachten, ob der ausge-whlte Film in Ihren kulturellen Raum passt. Sie alsLehrkraft tragen die Verantwortung dafr, welcheThemen Sie ansprechen mchten.Sie sollten sorgfltig entscheiden, mit welchenFilmsequenzen Sie arbeiten; die Lnge der einzel-nen Sequenz sollte 10-15 Minuten nicht ber-schreiten, um eine optimale Aufmerksamkeit zusichern. Den gesamten Film knnen Sie beispielsweisenach einer zwei- bis vierstndigen Arbeit mit die-sem Film whrend eines Filmnachmittags oder -abends zeigen. Vielfltige Methoden bereichern den Unterrichtbungen und Aufgaben, die den Inhalt des Filmsin den Vordergrund setzen, erweitern die sprachli-che Kompetenz: Die Lernenden setzen ihren(neuen) Wortschatz bewusst ein und erweiterndiesen vor allem im deskriptiven Bereich (Spre-chen ber menschliche Beziehungen und Ablu-fe, Charakterisierung von Menschen und Situatio-nen) (DAlessio, S. IV).Neben diesen inhaltlichen Fragen knnenfilmsthetische Aspekte in den Mittelpunkt r-cken: Derartige bungen erweitern den kritischenUmgang mit dem Medium Film und schulen so-mitdie Medienkompetenz. In diesem Kontextbieten sich Fragen zur Bildsprache, zur Kamera-fhrung oder auch zur Filmmusik an (vgl. Glossar,S. 62).Ein Film lsst sich auch unter einer landes-kundlichen/interkulturellen Perspektive betrach-ten: Wie verhalten sich die Personen. Was ist ty-pisch deutsch? Was wre bei uns anders? Alleindie genaue Betrachtung von Kleidung, Frisur, undKrpersprache erffnet hier einen differenziertenBlick auf den deutschen Alltag und bietet zahlrei-che interkulturelle Sprechanlsse.Bei Filmen, deren Charaktere sich nicht aufAnhieb erschlieen, da sich diese fremd oder un-gewhnlich verhalten, kann es sehr aufschluss-reich sein, reine Beobachtungsaufgaben zu geben:Die Lernenden beschreiben zunchst wirklichnur, was sie beobachten und gehen erst im zwei-ten Schritt darauf ein, wie sie dieses Verhalten in- Vor dem Sehen Klren Sie die Nutzungsrechte. Whlen Sie nur Filme aus, die interessant und relevant fr die Lernenden sind. Beachten Sie, wie viel Zeit Ihnen fr die Filmarbeit zur Verfgung steht.Whrend des Sehens Schauen Sie den Film (die Filmsequenzen) mehrere Male an und entscheiden Sie, an welcherStelle Sie den Film im Unterricht integrieren (z.B. als Einstieg in ein neues Thema oder zumAbschluss). Whlen Sie fr Ihre Unterrichtsziele passende Filmausschnitte aus (Lnge 1015 Minuten).Nach dem Sehen Entscheiden Sie nun, ob und wenn ja welche sprachliche, landeskundliche oder filmstheti-sche Vorentlastung notwendig ist. Suchen Sie die passenden bungen und Aufgaben oder entwickeln Sie diese selbst.Hausaufgabe Evaluieren und reflektieren Sie Ihre bungseinheit: Was ist gelungen? Was war motivierend?Was wrden Sie beim nchsten Mal anders machen?Tipps zur Auswahl von FilmmaterialBIG-ModellB = BeobachtenI = InterpretierenG = GefhlHans-Jrg Keller: BIG-Modell nach Milton Bennett (DMIS) Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen11terpretieren und benennen in einem drittenSchritt ihr Gefhl zu diesem Verhalten. Analog zum Hrverstehen ist es auch fr dasSeh-Verstehen sinnvoll, den Lernenden bungenvor, whrend und nach der Betrachtung der ein-zelnen Sequenzen anzubieten. bungen vor dem SehenDa es fr die Lernenden hufig leicht ist, die Bilderspontan zu dekodieren, aber sie nicht gleich allegesprochenen Informationen erschlieen knnen(vgl. DAlessio), dienen bungen vor dem Sehendazu, Hypothesen zu bilden und Bedeutungen undGeschichten zu konstruieren. Dies ermglicht einerstes Einfinden in die Charaktere und Geschich-ten. Hier bietet es sich beispielsweise an, mitStandbildern oder auch mit Minidialogen ausdem Film zu arbeiten.Auch knnen Schlsselbegriffe oder der Titelvorgegeben werden, zu denen die TN Assozia-tionen sammeln, umschon vorab ihre eigenenGeschichten zu erfinden. Ist das Thema des Films von der Lebenswirk-lichkeit der Lernenden sehr weit entfernt, so er-leichtern kurze Informationen zum (historischen)Kontext den Zugang.Whrend des SehensDa Filmstorys und auch deren Figuren oft rechtkomplex sind, ist es sinnvoll, whrend des Sehenskonkrete Beobachtungsaufgaben zu stellen, dieauch arbeitsteilig vergeben werden knnen. Soknnen sich einzelne Lernende auf bestimmtePersonen konzentrieren, um diese nach dem Se-hen genau beschreiben zu knnen. Ein Filmaus-schnitt wird zunchst nur einem Teil der Gruppegezeigt, dieser erzhlt dann den Inhalt dem Restder Gruppe. Hier wird vor allem die narrative unddeskriptive Kompetenz der Lernenden geschult. Eine weitere Mglichkeit fr eine arbeitsteilige,interaktive Vorgehensweise whrend des Sehensist folgende Aufgabe: Ein Teil der Lernendenschaut eine Filmsequenz ohne Ton an, um zu-nchst anhand der Bilder den Inhalt zu erschlie-en. Der andere Teil arbeitet nur mit dem Sequen-zenprotokoll oder dem Transkript der Dialoge.Anschlieend findet zu zweit ein Austausch berdas Gesehene beziehungsweise Gelesene statt. Zuordnungsbungen, Text- oder Bildpuzzleund Multiple-Choice-Aufgaben sind sinnvoll, umden Inhalt und die Erzhlstruktur einzelner Se-quenzenzu erschlieen.Aufgaben zum Sprachregister knnen auchwhrend des Sehens bearbeitet werden, z.B. welcheAusdrcke sind typisch fr die Erwachsenen indem Film, welche sind typisch fr die Jugendli-chen? Gerade die Beschftigung mit Jugendspracheist fr viele Lerner sehr motivierend.Nach dem SehenDiese bungsformen knnen Sie nach einzelnenSequenzen oder nach dem Sehen des gesamtenWerkes anbieten.Die Lernenden knnen die Geschichte weiter-spielen oder zu Ende erzhlen, sie knnen dieseauch neu konstruieren und ein anderes Ende fin-den. Hat der Film eine eindeutige Erzhlperspek-tive, zum Beispiel aus der Sicht des Hauptprota-gonisten, kann der Film/die Sequenz auch aus ei-ner anderen Perspektive erzhlt/gespielt werden.Eine Vernderung des Ortes und der Zeit erffnetoftmals auch einen neuen Blick auf die Handlungdes Films.Die Zuschauer knnen ganz in die Geschichteeintauchen, indem Sie sich selbst mit einer (neu-en) Rolle in das Drehbuch einfgen.Mchten Sie eher einen kritischen Blick aufdie Inhalte richten, so bietet es sich an, nach demSehen Diskussionen, Podiumsgesprche oderRundgesprche zu inszenieren, um so aus derPerspektive von Journalisten oder bekannten Per-sonen aus Gesellschaft und Politik den Inhaltendes Films auf die Spur zu kommen.Schreibaufgaben lassen sich hervorragend mitHr-Sehverstehen verknpfen. So knnen die Lernerinnen und Lerner zum Beispiel ins Filmge-schehen eingreifen, indem Sie einen Brief, eine E-Mail an Personen aus dem Film schreiben.Fr hhere Niveaustufen bietet es sich an,Filmkritiken verfassen zu lassen. Diese knnendann in der darauffolgenden Stunde in einer Dis-kussionsrunde besprochen werden.Das Seh-Verstehen ist zwar ein individuellerProzess, aber das heit nicht, dass die Aufgabenund bungen nur in Einzelarbeit durchgefhrt wer-den knnen. Wie das Beispiel Talks 1 zeigt , knnenSie alle Sozialformen nutzen und so motivierendeUnterrichteinheiten gestalten (siehe Arbeitsblatt). Dies ist nur ein kurzer keineswegs vollstndi-ger berblick ber Methoden zum Erschlieenvon Filmen im Sprachunterricht. In den folgen-den Unterrichtsvorschlgen finden Sie weitereAnregungen.Die Beitrge in diesem HeftSebastian Chudak bietet eine Zusammenfassungeiner Umfrage bei Deutschlernenden in PolenFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen12zum Thema Einsatz von Filmen im Unterricht.Claudia Rssler macht in ihrem Artikel Viel we-niger an Film ist mehr detailreiche und spannen-de Vorschlge zum Einsatz einzelner, kurzer Film-sequenzen. Und Tina Welke zeigt an dem Kurzfilm Allesfr den Hund wie Kurzfilme den Unterricht berei-chern knnen.In den vergangenen Jahren sind wie oben be-schrieben neue deutsche Filme entstanden, dieein Stck deutsche Lebenswirklichkeit ins Klas-senzimmer bringen knnen. Es handelt sich um Filme mit jungen Akteuren, wie Julia Jentschund Daniel Brhl. So wird zum Beispiel in den Filmen Die fetten Jahre sind vorbei und in SophieScholl der Blick konsequent auf Menschen gerichtet, die in ihrem jeweiligen sozialen Um-feld etwas ndern wollen. Diese Protagonisteneignen sich als Identifikationsfigur fr die zu-meist jugendlichen Deutschlernenden in allerWelt. Ausfhrliche Unterrichtsvorschlge zu diesen beiden bieten die Beitrge von Hans-Erich Herfurth und Germana DAlessio / MartinSaurer. Auch Filme, die internationale Anerkennungerlangten und weltweit im Kino und Fernsehenausgestrahlt wurden, eignen sich, um neue metho-dische Zugnge zu erproben. So sagt Claudia Salo-kannel, Good bye Langeweile und stellt vor, wiedie Lernenden den Film Good bye, Lenin in Lern-stationen mit jeweils unterschiedlichen Lernzielenund Aufgabenstellungen bearbeiten (vgl. hierzuauch Heft 35 Stationenlernen). Das Thema Auslnder in Deutschland ist einfester Bestandteil in Lehrbchern und Curriculaund dieses lsst sich mit Hilfe von Filmen undKurzfilmen ausgezeichnet vertiefen.Der Kurzfilm Schwarzfahrer setzt sich ironisch mitdem Thema Auslnderfeindlichkeit auseinan-der. Zu diesem Film liegt bereits eine ausfhrlicheDidaktisierung vor (vgl. DAlessio, S. 117). DerBeitrag von Luisa Gregori, V clav Kubecka undElena Tschudinova richtet das Augenmerk auf zu-stzliche Aspekte zur Analyse dieses Films mitfortgeschrittenen Lernern (Niveaustufe B2).Aus einem ganz anderen Blickwinkel betrach-tet Angelika Lundquist-Mog mit der Sitcom tr-kisch fr Anfnger die Situation von auslndi-schen Mitbrgerinnen und -brgern in Deutsch-land. Dieser Beitrag ist auch ein gutes Beispiel da-fr, wie aktuelles Filmmaterial fr den DaF, aberauch fr den DaZ-Unterricht genutzt werdenkann. Dass Film nicht als isoliertes, modernes Medi-um im Klassenzimmer zu betrachten ist, zeigtFrank Leppert, indem er erlutert, wie Sie Video-sequenzen mit dem Autorenprogramm Hot Pota-toes verknpfen und so selbst bungssequenzenzusammenstellen knnen. Auch in derLehrerfortbildung haben Filme ih-ren Platz. Dies macht der Beitrag Treibhuser derZukunft auch im eigenen Deutsch-als-Fremd-sprache-Unterricht von Niko Georgi und RainerE. Wicke deutlich.ARBEIT MIT DEM KURZFILM TALKS 1(Kurz & gut macht Schule, Goethe-Institut)Niveau: ab B1.1Thema: Jugendliche in Deutschland/KommunikationUnterrichtsziel: Die Lernenden knnen das Aussehen/Verhalten einer Person genau beschreiben sich ber das Kommunikationsverhalten des Protagonisten austauschen Wrter der Jugendsprache kennenlernen einen Kurzfilm weiter/neu erzhlen das eigene Kommunikationsverhalten reflektierenVor dem SehenStandbild Assoziationen zu dem jungen Mann (Stefan) Was hat er vorher gemacht? Was wird er gleich machen? Wie sieht sein Alltag aus? Was macht er gern? Was macht er nicht so gern?Sozialform: GruppenarbeitWhrend des SehensAnschauen der 1. Sequenz (ohne Ton) Vergleich mit den eigenen Assoziationen Sozialform: PlenumAnschauen des gesamten Films, 7 Minuten (mit Ton)Beobachtungsaufgabe whrend des Sehens:Fokus 1: Sprache typische Ausdrcke (Jugendsprache)(Anmerkung: Bei Lernenden auf dem Niveau B1, die noch nie inDeutschland waren, eine Liste mit ca. 20 Wrtern zur Auswahl vorgeben) Fokus 2: Welche Kleidung trgt Stefan? Welche Frisur hat er? Was drckt seineKrpersprache aus?Fokus 3: Mit welchen Personen telefoniert er?Fokus 4: Aus welchen Grnden telefoniert Stefan?Fokus 5: Was machen die beiden anderen Personen?Sozialform: Einzelarbeit (pro Person ein Fokus)anschlieend Austausch in Kleingruppen zu fnft. Jeder erlutert seineBeobachtung. Gemeinsam in der Gruppe sammeln von Interpretationen zu demGesehenen. Anschlieend Auswertung im Plenum. Nach dem Sehen Dialoge/Szene nachspielen lassen eigene Telefondialoge schreiben und spielen andere Personen setzen sich zu Stefan auf die Bank, z.B. eine junge Frau DieseSituationen inszenieren Stefan kommt nach Hause, Gesprch mit den Eltern/Geschwistern ein Treffen von Stefan mit seinen Freunden spielenSozialform: Einzel-, Partner- und GruppenarbeitSzenen werden fr das Plenum inszeniert und so der Film neu bzw. weitererzhlt(Dialog des Films: www.goethe.de/filmschule)Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Filme im Unterricht Sehen(d) lernen13FazitZeigt uns mehr davon schreibt Die Zeit ber denneuen deutschen Film (Die Zeit, 11.05.06). Warumdies auch fr den Deutsch-als-Fremdsprache-Un-terricht gilt, lsst sich wie folgt zusammenfassen:Filme (Kurzfilme, Spielfilme, Fernsehfilme, Doku-mentationen ) sind ein Trffner in eine neue Welt und frdern das Eintauchen in die Zielsprachenkul-tur vermitteln landeskundliches Wissen bieten zahlreiche Verbindungen zum eigenen Alltag erweitern den interkulturellen Blick bedienen die Seh- und Lerngewohnheiten vonJugendlichen und jungen Erwachsenen ermglichen neue methodische Herangehens-weisen, wie z.B. Stationenlernen, Projektarbeit lassen sich mit anderen neuen Medien verknpfen, wie z.B. computergesttzte Ar-beitsformen untersttzen einen interaktiven, lerner-zentrierten Unterricht sind in Zukunft integrierter Bestandteil von Lehrwerken dienen einfach nur zum Anschauen, Entspan-nen und Genieen. Je nach persnlicher Erfahrung und subjektiverWahrnehmung finden Sie gewiss noch viele weite-re Grnde, die in diesem Heft vorgestellten Filmein Ihrem Unterricht einzusetzen oder auch die be-schriebenen bungen und Aufgaben auf weitereFilme anzuwenden und zu bertragen sowie neueArbeitsformen zu entwickeln. Nicht alle aktuellen Filme konnten in den Bei-trgen bercksichtigt werden. Doch viele der be-schriebenen bungen und Aufgaben lassen sichfr Filme, wie zum Beispiel Das Leben der Anderen(2005 ausgezeichnet mit dem Oscar fr den be-sten auslndischen Film), Sommer vorm Balkon(2005), Requiem(2006) und die WM-Dokumenta-tion Deutschland, ein Sommermrchen (2006)adaptieren. So bleibt die Arbeit mit Film fr Sieund Ihre Lernenden spannend, kreativ und bietetimmer wieder neue landeskundliche Informatio-nen und vielseitige Sprechanlsse. Vielleicht sindes ja auch Ihre Lernenden selbst, die nach erstenpositiven Erfahrungen mit der Fertigkeit Seh-Ver-stehen eigene Ideen in den Unterricht mit Filmeinbringen, wie das krzlich die Deutschlernen-den in Schweden getan haben (vgl. hierzu vomGoethe-Institut initiierter WerbefilmwettbewerbKauf das), oder vielleicht sogar mal selbst zurKamera greifen!LiteraturBallstaedt, Steffen-Peter: Kognition und Wahrnehmung in der Informations- und Wissensgesellschaft, Konsequenzengesellschaftlicher Vernderungen fr die Psyche. In: Kbler, Hans-Dieter et al. (Hrsg.): Wissensgesellschaft. Neue Medien und ihre Konsequenzen. Bonn: Bundeszentrale fr politische Bildung 2004 (Dieser Aufsatz auf CDRom)Biechele, Barbara: Film/Video/DVD in Deutsch alsFremdsprache. In: Umbrche. Materialien Deutsch alsFremdsprache, Heft 76, 2006, S. 310 328Comenius Institut: http://www.sn.schule.de/~ci/1024/me_mp_recht.htmlBrandi, Marie-Luise/Helmling, Barbara: Arbeit mit Video am Beispiel von Spielfilmen. Mnchen: Langenscheidt 1996DAlessio, Germana: Deutsche Spielfilme der neunziger Jahre. Arbeitsheft fr den Unterricht. Mnchen: Goethe-Institut 2000Harms, Michael: Augen auf im Fremdsprachenunterricht psychologische und didaktische Aspekte des Lernens mitBildmedien. In: Grenzen berschreiten. Menschen, Sprachen, Kulturen, Festschrift fr Inge C. Schwerdtfeger. Duxa, Susanne / Hu, Adelheid / Schment, Barbara (Hrsg.):Tbingen: Narr 2005, S. 245 256Lonergan, Jack: Fremdsprachenunterricht mit Video. Ein Handbuch mit Materialien. Mnchen: Hueber 1987Schwerdtfeger, Inge C.: Sehen und Verstehen. Zur Arbeit mit Film und Video im Fremdsprachenunterricht. In: Fremdsprachenunterricht in Theorie und Praxis. Berlin / Mnchen: Langenscheidt 1989Schwerdtfeger, Inge C.: bungen zum Hr-Sehverstehen. In: Bausch, Karl-Richard / Christ, Herbert / Krumm, Hans-Jrgen (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht. Tbingen: Francke 2003, S. 299 -302Spitzer, Manfred: Lernen, Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg / Berlin: Spektrum 2002 (korrigierter Nachdruck 2003)Bradshaw, Peter/Crockrell, Eddie/Lefort, Grard/Torreiro, Mirito: Zeigt uns mehr davon. In: Die Zeit, 11.05.2006Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007 PhotodiscWas Lehrerinnen und Lehrer sagen Befragt man Lehrerinnen und Lehrer zu den Ursa-chen, warum Spielfilme im Unterricht selten einge-setzt werden, bekommt man meistens folgende Re-aktionen: Zu viele Filme, zu wenig Zeit., Wiewhle ich eigentlich einen Film fr meinen Unter-richt?, Ich kenne mich mit deutschen Filmpro-duktionen nicht aus., Dafr habe ich doch keineZeit im Unterricht!, Kannst du mir vielleicht ei-nen Tipp geben? Und wo finde ich Didaktisierungs-vorschlge / bungsmaterial zu dem Film? Was die Lernenden meinen Auf die Frage, ob sie im Unterricht gerne mit Film-material arbeiten, antworten die Lernenden einer-seits nicht viel berraschendes. Der ein oder ande-re Punkt gibt aber dennoch zu denken. Wie eine imakademischen Jahr 2005 / 2006 unter insgesamt 190Germanistikstudenten des ersten und zweiten Stu-dienjahres u.a. an der Adam-Mickiewicz-Universi-tt in Poznan (Polen) durchgefhrte Umfrage zeigt,sind Fremdsprachenlernende mit der Wahl der Me-dien im Unterricht nicht immer zufrieden. Die be-Der deutsche Film auf Erfolgskurs!Warum nicht auch im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht?Beim Durchblttern von Tageszeitungen und Magazinen stt man immer wieder auf Berichte ber die Erfolge der deutschen Filmindustrie. Den Schlagzeilen zufolge ist der deutsche Film stark wie nie und angesagt (vgl. Mller 2005, Hbner 2006). Warum findet dieser erfolgreiche deutsche Film keinen Eingang in die Unterrichtspraxis? Arbeit mit Film und Video nimmt zwar seit Anfang der 80er Jahre einen festen Platz in der fach-didaktischen Diskussion um den DaF-Unterricht ein, aber Spielfilme werden immer noch selten im Unterricht eingesetzt, obwohl sie zu den motivierenden Textsorten fr den Fremdsprachen-unterricht zhlen.Von Dr. Sebastian ChudakFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Der deutsche Film auf Erfolgskurs!15fragten Studentinnen und Studenten wurden gebe-ten, auf ihre Schulzeit zurckzublicken und anzu-geben, welche Arten von sprachdidaktischen Mate-rialien sie dort benutzt htten. Des Weiteren konn-ten sie Beispiele von Unterrichtsmaterialien nen-nen und diese subjektiv bewerten. Anschlieenduerten die Befragten noch ihre eigenen Wnschein Bezug auf attraktives Unterrichtsmaterial.Das UnterrichtsmaterialDie Mehrheit gibt an, dass im Unterricht fast aus-schlielich mit Lehrbchern gearbeitet wird, dieSeite fr Seite durchgenommen werden. Das Lehrbuchangebot wird meistens ergnzt durchzustzliche Arbeitsbltter, die die Lehrenden selbst-stndig konzipieren, sowie durch die zum Lehr-werk gehrenden Audioaufnahmen. Gefragt nach im Unterricht verwendetem Original-material aus den D-A-CH-Lndern, nennen diemeisten Befragten Artikel aus Zeitschriften, Maga-zinen, Kopien von Dokumenten, Formulare, Flug-bltter usw. Mit visuellem Material (Bildern, Diagrammen)haben die meisten Befragten nur selten im Unter-richt gearbeitet. hnlich selten kamen Originalaufnahmen ausdem Rundfunk (z.B. Interviews, Reportagen) zumEinsatz. Aber wenn die Befragten in ihrem Unter-richt Originalhrtexte hrten, so waren dies mei-stens Nachrichtentexte aus dem Rundfunk, Pop-Lieder (z.B. Die Prinzen, Die Toten Hosen, Nena)oder Mrchen.Obwohl Filmmaterial sehr selten im Unterrichteingesetzt wurde, fllt dennoch die Vielfalt der ge-nannten Filme auf, z.B. Das Wunder von Bern, Gegen die Wand, Good Bye Lenin!, Fernsehaufnah-men von Theaterauffhrungen, z.B. Der Besuch der alten Dame, Fernsehreportagen oder Doku-mentationen, z.B. Der IKEA-Kult (RTL, 2004) oder(Werbe-) Spots, z.B. von Greenpeace.Bei der Beurteilung der Qualitt und der Attraktivi-tt des gebotenen Filmmaterials sind sich die Be-fragten uneinig: Viele von ihnen finden es ausge-zeichnet (28%), sehr gut (30%) oder gut (11%). Im-merhin fast ein Drittel halten es entweder fr eherschlecht (23%) oder gar schlecht (8%). Dabei kla-gen sie entweder ber die mangelnde Aktualitt,das zu schnelle Sprechtempo oder was in Zeitender digitalen Medien besonders erstaunlich ist ber die schlechte Bild- und Tonqualitt des Mate-rials. Letzteres lsst schlussfolgern, dass ihre Lehrerhufig alte Aufnahmen mit zum Teil veralteten In-halten verwendet haben.Gefragt nach Beispielen von Materialien, mitdenen sie am liebsten im Unterricht arbeiten wr-den, behaupten viele, ihnen wrde die Arbeit mitPresseartikeln und anderen Print-Materialien denmeisten Spa bereiten und den grten Nutzenbringen. Dies begrnden sie vor allem damit, dasssie so in ihrem eigenen Arbeitstempo arbeiten undbestimmte Textstellen mehrmals lesen knnten,und, sozusagen nebenbei, die Schreibweise vonneuen Wrtern lernen wrden. Neben interessan-ten Presseartikeln ber aktuelle Themen, Original-aufnahmen aus dem Rundfunk oder Liedern sindauch Fernsehreportagen und -interviews, Talk-Shows, Werbespots und Filme fr die Lernendenvon Interesse. Von diesen Materialien erhoffen sie sich einenattraktiveren Unterricht. Es sei eine Abwechslungzur Lese- und Hrtextarbeit, die den Unterricht do-minieren. Die Befragten wnschen sich aber auchden Kontakt wie sie sagen zur lebendigen Spra-che und ihren verschiedenen Sprachvarianten (ver-schiedene Sprecher, Umgangssprache oder Dialek-te). Als weiteren Vorteil nennen sie die Erweiterungdes Wortschatzes zu relevanten Themen und deslandeskundlichen Wissens (Alltag in den D-A-CH-Sprachdidaktische Materialien im UnterrichtEinsatz von Originalmaterial aus den D-A-CH Lndernim DaF-Unterricht Sebastian Chudak Sebastian ChudakFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Der deutsche Film auf Erfolgskurs!16Lndern, Ergnzung und eventuell Vernderungdes Bildes von der Zielsprachenkultur). Aus Sicht der Lernenden bieten Filme also au-thentische Sprechanlsse und untersttzen durchdie Verbindung von Bild und Ton den Lernprozess. Von vereinzelten Lernenden wird Videomaterialnur als eine Art Abwechslung vom Schulalltag be-trachtet und nicht als eine Mglichkeit zum Lernen. Es ist anzumerken, dass es auch einige wenige Lernende gibt, die sich zwar fr den Einsatz vonVideomaterialien im Unterricht aussprechen,gleichzeitig aber darauf hinweisen, dass heutzutagefast jeder die Mglichkeit habe, sich DVDs zu be-sorgen und sich Filme im Originalton anzuschauenoder Fernsehprogramme via Satellit zu empfangen,so dass die Arbeit mit Videomaterial im Unterrichtsich erbrige und nur Zeitverschwendung bedeute.Ein Teil der Befragten weist aber darauf hin,dass die Verwendung von Filmmaterialien keines-wegs den Verzicht auf regulren Unterricht bedeu-ten drfe. Manche Lerner sind hierbei erstaunlichprzise und geben an, dass Filmmaterial eine Ln-ge von maximal 20 bis 30 Min. nicht berschreitensollte, da andernfalls kein sinnvoller Unterrichtmglich sei (vgl. Fu 2001, S.193). Es biete sich an,mit Filmausschnitten, Kurzfilmen oder Reportagenzu arbeiten. Sie nennen auerdem noch einen wei-teren, nicht minder wichtigen Aspekt: den sprachli-chen Schwierigkeitsgrad, der sich falls (zu) hoch auch demotivierend auswirken knne. Fazit: Der Einsatz filmischer Materialien im Fremd-sprachenunterricht ist nicht nur aus der Sicht derDidaktik sinnvoll , sondern auch von den Lernen-den erwnscht, wenn dieser sie zu einer aktivenMitarbeit einldt. LiteraturBrandi, Marie-Luise: Video im Deutschunterricht. Eine bungs-typologie zur Arbeit mit fiktionalen und dokumentarischenFilmsequenzen. Fernstudieneinheit 13. Berlin u.a.: Langen-scheidt 1996.Chudak, Sebastian: Der Schwarzfahrer, Lola rennt, Good Bye,Lenin!, ... Zastosowanie materialw audiowizualnych nalekcjach j ezyka niemieckiego (mozliwosci problemy pro-pozycje). In: Jezyki Obce w Szkole 5/2004, Warszawa: Wydawnictwo CODN, S. 40-49.Fu, Albert: Videomaterial fr den fremdsprachlichen Landes-kundeunterricht. In: Jung, Udo O. H. (Hrsg.): Bayreuther Bei-trge zur Glottodidaktik, Band 2, Praktische Handreichungfr Fremdsprachenlehrer. 3. Auflage, Frankfurt am Main u.a.:Peter Lang Verlag 2001, S. 190-196.Hbner, Wolfgang: Der deutsche Film auf der Erfolgswelle. In:STERN, 06.12.2004. Internetquelle: www.stern.de/unterhal-tung/film/533208.html?nv=cb (Stand vom 10.07.2006).Mller, Barbara: Deutscher Film stark wie nie. In: HamburgerAbendblatt, 09.02.2005. Internetquelle:www.abendblatt.de/daten/2005/02/09/396782.html (Standvom 16.11.2006).Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Spielfilme wecken auerdem Emotionen und er-lauben dennoch Distanzierung. Verschiedene Rol-len und unterschiedliche Interpretationsmglich-keiten stehen den Lernenden zur Verfgung. Frden Sprachunterricht bringt das groe Vorteile:Spielfilme haben viel mit der Lebenswirklichkeitauerhalb des Unterrichts zu tun. Ihr Einsatz imKlassenzimmer macht nicht nur den Unterrichtzeitgem und vollstndiger, sondern bereitet auchdarauf vor, dass nach dem Unterricht drauenbesser weitergelernt werden kann. Die Schler er-leben die Fremdsprache als Teil eines offenen Sys-tems, in dem sie mitspielen knnen und in demman aber auch nie ausgelernt hat. Aus didaktischen und zeitlichen Grnden ist essinnvoll, mit einem oder mehreren Ausschnittenvon Filmen im Unterricht zu arbeiten. VorliegenderBeitrag will praktische Hilfestellungen anbieten,wie man mit Filmen im Unterricht arbeiten kann,damit sich das Hr-Sehverstehen (vgl. Schwerdtfe-ger, 2003) als produktive und rezeptive Komponen-te im Sprachlernprozess entfalten kann. Die eigene Wahrnehmung schrfenund sich persnlicher Erfahrungen bewusst werden Filme bilden landeskundliche Informationen an-schaulich und differenziert ab und sind trotzdemleicht nachvollziehbar. Dialoge in Filmen sindmehrdimensionaler als in Hrtexten: nonverbaleAspekte, soziale Beziehungen sind umfassenderdargestellt und es gibt viele Halbstze, Ausrufe usw.Wenn Sie sich an Ihren eigenen Sprachunterricht er-innern, stellen Sie vielleicht fest, dass authentischeFilme im eigenen schulischen Kontext kaum eineRolle gespielt haben, aber Sie lernen vielleicht bisheute mit Hilfe von Filmen immer noch etwas dazu. Ein Beispiel: Ich persnlich denke dabei sofortan einen Moment aus dem russischen Film DieSonne, die uns tuscht von Nikita Mikhailkov (Titeldes Originals Utomljonnije solntsemFrankreich/Viel weniger an Film ist mehr!Spielfilme sind in mehrfacher Hinsicht authentisch: Sie werden nicht zu Unterrichtszwecken produziertund sie laden die Zuschauer grundstzlich zum Mitspielen ein. Denn sie sprechen die Imaginations-fhigkeit und das narrative Verstndnis der Rezipienten durch zahlreiche nonverbale Komponenten an.Sie gewhrleisten eine gewisse Verstndlichkeit jenseits von Sprache, was fr Fremdsprachenlerner dasMitkommen erleichtert.Von Lydia Rssler Kinowelt Home Entertainment GmbHRussland, 1994). In diesem an und fr sich etwasdsteren Film, der zu Beginn der stalinistischenRepressionen in der Sowjetunion spielt, fhrt einelegantes schwarzes Auto in einer Datschensied-lung vor und parkt dort. Es herrscht eine sehr ange-spannte Atmosphre, der Besuch verheit nichtsFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Viel weniger an Film ist mehr!18Gutes fr die Hauptfigur, einen pensionierten Ge-neral, der whrend der Revolution Karriere ge-macht hat. Die Erwachsenen sind alle im Haus, nurdie kleine Tochter des Generals umkreist das gln-zende, in Groaufnahme prsentierte Gefhrt vollBewunderung und murmelt immer wieder nit-schevo sebe eine Wendung, die ich mit einemumgangssprachlichen nicht schlecht ins Deut-sche bersetzen wrde. Das Besondere an diesemLernmoment: Diese Wendung habe ich bis heute inkeinem russischen Sprachlehrbuch gefunden, aberin der Alltagssprache doch fter gehrt und schonselbst angewendet. Es ist in diesem Film ein dra-maturgisch sehr gelungener Moment, in dem diebedrohliche Spannung gerade durch das unbefan-gene kindliche Verhalten fr die Zuschauer deut-lich sprbar wird. Besonders wenn die Begegnung mit dem jeweili-gen Film schon lnger zurckliegt, bleiben in derErinnerung vor allem atmosphrische Eindrcke. Auch das kann eine die Lernmotivation strkendeFunktion in einem lngerfristigen Sprachlernpro-zess haben, da wir uns lnger an Dinge erinnern, die mit Emotionen verbunden sind.Wenn man mit Film im Sprachunterricht arbei-ten will, lohnt es sich, die Reflexion der eigenenHr-Seherfahrungen fortzusetzen und die Selbstbe-obachtung zu pflegen (z. B. anhand von Notizen) alseine Art Fort- und Vorbildung fr den Unterricht.Ihre eigenen Hr-Seherlebnisse und Ihre Lernerfah-rungen sind wichtiger Teil Ihrer Lehrkompetenz. Bei Filmen ist es angeraten, sich aus zwei Grn-den auch vom persnlichen Geschmack leiten zulassen: 1. In der Vorbereitung mssen Sie ausgewhlte Se-quenzen vermutlich hufiger durchgehen als z.B.Lesetexte oder Hrbeitrge. Im Unterricht werdenSie vermutlich Filmausschnitte bis zu dreimal hin-tereinander zeigen. Erfahrungsgem ist das mitgelungeneren Filmen leichter zu ertragen, als mitsehr vordergrndigen Produktionen.2. Wenn Sie zu Ihrem subjektiven Zugang stehenund diesen auch im Unterricht kommunizieren, er-ffnen Sie den Lernenden auch die Mglichkeit,dass ihre individuell sehr unterschiedlichen Sicht-weisen zur Sprache kommen knnen.Auch in sehr kurzen Ausschnitten von 30 bis 50 Sekunden und in Werbespots, die oft noch krzersind, gibt es aufgrund der Komplexitt des Medi-ums Film immer wieder neue Details zu entdek-ken. Der Groteil Ihrer Schler bringt ja viel an Vor-erfahrung im Hr-Sehverstehen in den Unterrichtmit und das sollte genutzt werden. Bewusst hren UND sehen Bevor Sie mit einem Film im Unterricht zu arbeitenbeginnen, ist es sehr zu empfehlen, auch die Sch-ler auf die besonderen Qualitten des MediumsFilm bewusst vorzubereiten. Die Lernenden kn-nen dann bestimmte Aufgabenstellungen bessernachvollziehen und sie lernen, damit umzugehen,dass wenige Sequenzen (auch isolierte Szenen) vielmehr sein knnen. Appetit- und Fantasieanreger:Filmmusikbersehen (eigentlich berhrt) wird oftmals diezentrale dramaturgische Bedeutung von Filmmu-sik, vor allem wenn sie wortlos daher kommt.Auch losgelst vom Film weckt sie Gefhle, erzeugtSpannung und ldt zum Assoziieren ein.In vielen Fllen ist es ausreichend, ein musikali-sches Thema nur kurz anzuspielen, um dann in derKlasse gemeinsam Vermutungen ber den Film an-zustellen, einen Titel zu erfinden oder eine Szenezu beschreiben, zu der diese Untermalung passenwrde. Die Schler werden durch den vorerst nochisolierten Kontakt mit Filmmusik generell fr Mu-sik und Geruschkomponenten in Filmen sensibi-lisiert. Eine ausdrckliche Empfehlung (stellvertretendfr viele): Die sehr eingngige Musik von Niki Rei-ser zur Neuverfilmung des Romans von Erich Kst-ner Das fliegende Klassenzimmer (Deutschland,2002). Besonders das Stck Jonathans Melodieeignet sich sehr fr alle Alters- und Niveaustufen.Wie im Traum: Zu Bildern Geschichten assoziierenDie menschliche Wahrnehmung ist davon be-stimmt, dass wir Bekanntes und Unbekanntes in(neue) Zusammenhnge setzen, Abfolgen zu sinn-vollen Zusammenhngen interpretieren usw.Diese Wahrnehmungsmechanismen, die z.B. unse-ren Umgang mit Trumen bestimmen, werdenauch von einzelnen Bildern in Gang gesetzt.Standbilder aus Filmen (sogenannte Stills) habengenau diese Funktion. Sie sind im Internet zu fin-den (solange die Homepage zu einem bestimmtenFilm noch aktiv ist) und auch in TV-Zeitschriften.( )Spannung erzeugt Aufmerksamkeit: Auchdarin liegt das besondere Potenzial vonSpielfilmen fr den Sprachunterricht.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Viel weniger an Film ist mehr!19Diese Bilder knnen im Unterricht sowohl mit alsauch ohne den konkreten Film eingesetzt werden. Die folgenden Abbildungen sind Stills aus Grba-vica Esmas Geheimnis (sterreich/Bosnien undHerzegowina/Deutschland/Kroatien, 2005, Regie:Jasmila Zbanic) und Cach (Frankreich/sterreich/Deutschland/Italien, 2005, Regie: Michael Haneke)Vorschlag fr den Unterricht: Die Schler arbeitenpaarweise oder in Kleingruppen. Jede Gruppewhlt ein Bild aus und gibt ihm einen (ein- biszweizeiligen) Titel. Dann werden die Bilder zwi-schen den Gruppen getauscht. Die betitelten Bilderwerden nun mit einer passenden Geschichte (er-stellt anhand der W-Fragen) von den Gruppen er-gnzt. Die Ergebnisse werden ausgestellt. In der ab-schlieenden Phase im Plenum knnen sich dieLernenden darber austauschen, wie sie im Fern-sehprogramm nach Filmen suchen: Achten Siemehr auf Titel oder Bilder?Ohne Fachvokabular: Inszenierungenerkennen und beschreibenSie mssen keinen Kurs in Kamerafhrung belegthaben, um im Unterricht darber zu reden, wie Bil-der in Szene gesetzt werden, wie sie den Blick derZuschauer bestimmen und so entscheidend dasFilmgeschehen formen. Zur Veranschaulichung der Wirkung und Be-deutung der Bildinszenierung im schulischen Un-terricht sind Bilderbcher gut geeignet. Mit ihnenlsst sich viel ber Perspektiven und Bildinszenie-rungen in Zeit und Raum ablesen.Eine Empfehlung, die mit dem Deutschen Ju-gendliteraturpreis ausgezeichnet wurde und ausFrankreich kommt: Detektiv John Chatterton vonYvan Pommaux ist eine Rotkppchenvariante imStil des film noir. Alle Bilder in diesem Buch kn-nen bestimmten Kameraeinstellungen zugeordnetwerden. Das Tempo im Wechsel der Einstellungenwird auf die Ausdehnung der Bilder umgelegt.(Hier knnen die Fachausdrcke Totale, Halbto-tale, Groaufnahme usw. eingefhrt werden,das ist aber nicht in jeder Alters- und Niveaustufenotwendig bzw. sinnvoll.)Minisequenzen als SprachanlassExemplarisch mchte ich hier eine sehr kurze Se-quenz aus dem FilmSams Der Filmvorstellen(siehe Marginalspalte) und Didaktisierungsvor-schlge bringen. Die Sams-Filme basieren auf dengleichnamigen literarischen Vorlagen von PaulMaar, der auch an den Drehbchern der Filme mit-gearbeitet hat. Das Sams eignet sich vor allem frden Unterricht mit 1012jhrigen.Diese Szene kann isoliert im Unterricht eingesetztwerden. Das Missverstndnis ist so knapp undpointiert vorbereitet, dass der Reiz an der Szenedurch mehrfaches Vorspielen nicht verloren geht.Das Spiel mit Stereotypen (der Portier ist natrlichmrrisch) macht den Hergang der Szene leicht er-kennbar. Ausgehend vom Sams und dem Portierknnen Hflichkeitsformen und / oder Personen-beschreibungen gebt werden. Die Lernendenspielen die Szene nach und / oder entwickeln dar-an anknpfend Rollenspiele. Auf den NiveaustufenA1 / A2 erhalten sie zur Untersttzung die entspre-chenden Redemittel.Allein diese sehr kurze Sequenz erffnet weitereMglichkeiten fr den Unterricht: Die Lernendenversetzen sich in die Rolle des Portiers und berich-ten das Erlebte per Telefon an einen Freund.Methodentipp: die eine Hlfte der Lernendenspielt den Portier, die andere Hlfte den Freund.Die beiden Gruppen stehen einander gegenber.Der 1. Portier beginnt, der 1. Freund reagiert undfragt nach. Darauf antwortet der 2. Portier. Bei die-ser bung sind alle Lernenden gefordert und ms-sen dem gespielten Dialog konzentriert folgen. Sequenz aus Das Sams (ca.1 Minute)Das Sams, ein Wesen schwerdefinierbaren Ursprungs mitCharakterzgen eines anar-chischen Kleinkindes, geht dieStiege eines Brohauses hin-unter. Seine unfrmigeGestalt steckt in einem blau-en Taucheranzug, in der Handtrgt es einen Fallschirm. DerPortier hlt das Sams auf undfragt in einem sehr unfreund-lichen Ton, was es denn da zusuchen habe.Das Sams antwortet inReimen und duzt den Portier,dessen Irritierung sichtlichzunimmt. Sie, brllt er dasSams an, das ihn missverstehtund nach einer Frau Ausschauhlt. Dieses Unverstndnisbringt den Portier immermehr in Rage, bis er das Samsschlielich hinauswirft. defd picture-alliance/KPAFilmstills: Bewegte Menschen fr einen Moment eingefrorenEin entscheidenderMoment, der blitz-schnell vor sich geht:John Chatterton nimmtden Ziegelstein, um dasMdchen vom Wolf zubefreien. Eine Detailauf-nahme, die nur wenigPlatz einnimmt.aus John Chatterton von Yvan Pommaux Moritz VerlagFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Werbespots als EinstiegshilfenGelungene Werbung weckt Emotionen. BesondersTV- und Kinowerbung tut dies mit allen Mitteln:mit Musik, schnen Bildern, Anspielungen, Zitatenund auch Klischees.Werbespots sind leicht verstndlich und im be-sten Fall auch witzig. TV-Spots dauern meistenszwischen 20 und 50 Sekunden, Kinowerbung istmanchmal geringfgig lnger.Gute Grnde, Werbespots als bungsmaterialfr das Hr-Sehverstehen in den Unterricht zuholen.Zahlreiche Unternehmen gewhren auf ihrenInternetseiten Einblick in ihre aktuelle Kampagne.Falls es technisch mglich ist, knnen Sie per Bea-mer die entsprechenden Spots ins Klassenzimmerprojizieren. Es stehen aber auch ausgewhlte Spotsauf DVD zur Verfgung. Bestellen knnen Sie diesebei den Sendern, z.B. beim ORF (vgl. Linkliste aufwww.hueber.de/fremdsprache-deutsch). Wennmehrere Spots zur Auswahl stehen, knnen dieLernenden mitentscheiden, welchen sie sehen undbearbeiten mchten.In den hheren Jahrgangsstufen entwickeln dieSchler der Werbung gegenber eine sehr kritischeSichtweise: Auch das regt zu sprachproduktivenLeistungen an. Interessant ist es, mit Werbefilmen von Unter-nehmen zu arbeiten, die in dem Land, in dem Sieunterrichten, auch prsent sind.Viele Werbespots sind zwar auf den Homepageszu finden, die Pfade dorthin sind mitunter sehr ver-schlungen. Ausfhrliche Internettipps dazu findenSie auf der Linkliste. KurzfilmeEine eindeutige Definition dieser Filmart gibt esnicht. Die Bezeichnung orientiert sich meistens ander Lnge oder besser gesagt der Krze des Filmes.Unter Kurzfilmen finden sich Dokumentationen,Animationsfilme und Spielfilme, nicht selten vonexperimentellem Charakter (siehe auch in diesemHeft im Artikel von Tina Welke, S. 21.Die Mglichkeiten, sich ber Kurzfilme zu in-formieren und diese auch (meist ausschlielich)Viel weniger an Film ist mehr!20auf DVD zu erwerben, sind mittlerweile vielfltig. Zwei Empfehlungen fr den Unterricht, die zuspannenden Auseinandersetzungen fhren knnen:Copy Shop (sterreich, 2001, Virgil Widrich, 12 Mi-nuten. Hier erlebt jemand den Alptraum, dass sei-ne ganze Umgebung mit Doppelgngern seinerselbst befllt wird) und Fast Film(sterreich 2003,Virgil Widrich, 14 Minuten. Ein Liebespaar wirdauseinander gerissen und durchluft bei der Verfol-gungsjagd beinahe die gesamte Filmgeschichte). In beiden Filmen sind technische Machart undInhalt nicht voneinander zu trennen (Fast Filmbe-steht etwa aus vielen kleinen Teilen von Kopien be-rhmter Filme). Sie sprechen gerade dadurch man-che Jugendliche stark an. Diese Streifen wurdenmehrfach international ausgezeichnet und sind alsDVD erhltlich.Die Arbeit mit Filmsequenzen bringt spannen-des Vokabular und bewegte Bilder in den Klassen-raum und ermglicht darberhinaus eine damitverbundene Reflexion von Lernstrategien.Begonnen hat dieser Beitrag mit dem Hinweisan Sie, eine Art Film- und Fernsehtagebuch zu fh-ren. Auch das lsst sich auf den Unterricht bertra-gen. Die Schler knnen z.B. selbst ein Lerntage-buch anlegen, in dem sie die Filme, die im Unter-richt behandelt wurden, dokumentieren und er-gnzen mit Ihren Erfahrungen im Hr-Sehverste-hens in deutscher Sprache auerhalb des Unter-richts. Oder z.B. in Form von Plakaten, die whrendder Arbeit mit einem Spielfilm entstanden sind undlnger im Klassenraum sichtbar bleiben. Hr-Sehverstehen in den Sprachlernprozess zuintegrieren beginnt und endet mit der Wertscht-zung, die Lehrende und Lernende dieser Fertigkeitgegenber aufbringen.Vielerorts wird allerdings zuwenig und vor allem immer der Wirklichkeit nurhinterherhinkendes medienkundliches Wissen ver-mittelt. Wer sich mit Film im Unterricht beschf-tigt, muss laufend weiterlernen und dazulernen ...aber das ist ja auch durchaus reizvoll.LiteraturMaar, Paul: Eine Woche voller Samstage. Hamburg: Oetinger 1973.Pommaux, Yvan: John Chatterton. Weinheim: Moritz Verlag, 3. Auflage 2003.Schwerdtfeger, Inge C.: bungen zum Hr-Sehverstehen. In: Bausch, Karl-Richard / Christ, Herbert / Krumm, Hans-Jrgen (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht.Stuttgart: UTB Francke, 4. Auflage 2003, S. 299-302.Tipp: Wie entsteht ein Film? Eine umfassende und gut ver-stndliche Beschreibung, verfasst von Paul Maar, kannman auch im Internet finden: http://www.dassams.de.Dort findet man brigens auch eine Anleitung, wie manein Daumenkino bastelt.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Was ist ein Kurzfilm?Beim Medium Kurzfilm handelt es sich um fik-tionale Texte, die konventionellen Erzhlmu-stern unterliegen.Sie sind aber keine Mini-Lang-spielfilme, sondern haben ihre eigenen Mglich-keiten und Besonderheiten. So beeinflusst dieKrze der Erzhlzeit die Erzhlstrukturen der Fil-me. Dies uert sich in einer Reduktion in Bezugauf Komplikationsgrad, Zahl der Ereignisse undFiguren. Die erhhte Komplexitt von Kurzfilmenvollzieht sich durch verdichtete Formmittel wieder fragmentarischen Darstellung der erzhltenEin Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im UnterrichtDer Einsatz von Kurzfilmen versteht sich als ein Beitrag zur Medienvielfalt im Sprachunterricht. Er er-mglicht, ohne groen zeitlichen Aufwand an die Sehgewohnheiten der Teilnehmer anzuknpfen unddas darin liegende Potenzial fr das Sprachenlernen zu nutzen. Dieser Beitrag bezieht sich exemplarischauf narrative Kurzfilme einer Lnge von 1020 Minuten und mchte zeigen, dass sich diese sowohl alsreine Impulsgeber als auch zu einer integrierten Frderung der verschiedenen Fertigkeiten eignen. Mitihrer Hilfe kann Wortschatz erweitert und das bereits erworbene Sprachwissen angewendet werden. Sieeignen sich sowohl zur Thematisierung von Fragen der Landeskunde als auch der Interkulturalitt. DieArbeit mit Kurzfilmen kann sich auch auf nonverbale und / oder filmische Aspekte beziehen. Kurzfilmesind grundstzlich auf allen Niveaustufen einsetzbar. Von Tina Welke panthermedia.net/C.P.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Ein Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im Unterricht22Zeitspanne und einer Abruptheit von Anfang undSchluss. Kennzeichnend ist die Wichtigkeit desEinstiegsmoments: Alles, was fr die Geschichteund das Thema relevant ist, wird unmittelbar da-nach dargeboten, d.h. der Kurzfilm baut, im Ge-gensatz zum Langspielfilm, auf keiner Vorge-schichte auf. Die Handlung bezieht sich meist nurauf einen Aspekt, sie verluft prgnant, deutlichund schnell. Im Unterschied zu Langspielfilmenund deren dreiaktiger Struktur fallen bei Kurzfil-men oft Hhepunkt und Ende zusammen. Dersubtile Eindruck, den Kurzfilme hufig hinterlas-sen, geht ber die Rezeptionszeit hinaus. DasReizpotenzial des Themas, der Rtselcharakterdes Titels und die Bedeutung von Symbolen undMetaphern sollen in besonderer Weise die Auf-merksamkeit des Zuschauers erregen.Wozu Kurzfilme im DaF-Unterricht?Die Arbeit mit Kurzfilmen ermglicht einen unmit-telbaren Zugang zum Medium Film und ein spon-tanes Eintauchen in Themen und Geschichten.Generell schafft das gemeinsame Sehen einererzhlten Geschichte etwas gemeinsam Erlebtes,ber das die Lernenden miteinander reden undschreiben knnen. Visuelle Medien sind sowohl fr heterogeneGruppen als auch fr verschiedene Lernertypengeeignet, da sie die Koordination der jeweiligenFhigkeiten erleichtern. Darber hinaus bietet der Einsatz von Kurzfil-men im DaF-Unterricht die Mglichkeit, mit einemin sich geschlossenen eigenstndigen Medium zuarbeiten. Die Arbeit mit Langspielfilmen im Fremd-sprachenunterricht erfordert meistens eine Redu-zierung bzw. Komprimierung des Filmmaterials.Diese Reduktion erfolgt in der Regel durch die Au-toritt der Lehrenden bzw. der Verlage. Beim Kurz-film liegt die Reduktion im Medium selbst.Ein Potenzial des Kurzfilms liegt auf Grund sei-ner Wesensmerkmale genau im Umgekehrten,nmlich der Mglichkeit zur Expansion. Der abrupte, meist offene Schluss von Kurzfil-men regt zu aktiver Ergnzung an. Ist das Ende ge-schlossen, enthlt es oft eine berraschende Wen-dung, die dem Gesehenen eine neue Bedeutunggibt. Statt vorgefertigte Erwartungen und eineziemliche Sicherheit ber den Ausgang der Ge-schichte zu haben (...) wird der Zuschauer seine Er-wartungen der jeweiligen Geschichte und ihrerSpannungserzeugung anpassen. Das bereitet ihndarauf vor, das Ende eher zu verarbeiten, als es le-diglich zu rezipieren. (Heinrich, 1998, S. 154).Die Vielschichtigkeit von Kurzfilmen erschliet sichden Rezipienten oft erst beim zweiten oder drittenSehen: Die Unmglichkeit ihn beim ersten Sehenvollstndig zu entschlsseln ist ein Qualittsmerk-mal fr den Kurzspielfilm (Mahrenholz in: Hein-rich, 1998, S. 119).Kurzfilme (er)fordern also durchgngigeAufmerksamkeit whrend des Vorfhrens, da ihre Wesensmerkmale Krze und Kon-zentration sind.Durch die Krze des Formats ist ein mehrmaligesSehen im Fremdsprachenunterricht mglich undso lassen sich auch schwierige Symbole und Me-taphern erkennen und interpretieren.Kurzfilme (er)fordern also durchgngige Auf-merksamkeit whrend des Vorfhrens, da ihre We-sensmerkmale Krze und Konzentration sind.Wesentliche Vorteile von Kurzfilmen fr den Fremdsprachenunterricht sind: dass man sie in voller Lnge zeigen kann, dass nicht nur eine Sequenz zu sehen und zu bearbeitenist, dass eine Einfhrung in den Film bzw. Hinweise zu sei-ner Vorgeschichte oder historischen Einbettung nichtntig sind, dass bungsablufe, die bei Langspielfilmen oft mehre-re Unterrichtseinheiten erfordern, in einer Unterrichts-einheit mglich sind, dass sie zur produktiven Rezeption anregen, dass ihre Mehrdeutigkeit die Neugier auf Wiederholunguntersttzt.Wie knnen Kurzfilme im DaF-Unterricht eingesetzt werden?Ein Beispiel fr einen Einsatz im Unterricht ist derKurzfilm Alles fr den Hund, (12 Minuten, Regie:Birgit Lehmann, Deutschland 2001): Ein Mrchenvom Kreislauf des Geldes, vom kurzen Glck, vonder Wiederkehr des Gleichen. Die Geschichtescheint sich endlos zu wiederholen, wenn nichtder Hund der blinden Leierkastenfrau wre Der InhaltDer Film besteht aus drei Episoden mit den je-weils gleichen Protagonisten. In jeder Episodesteht eine der Hauptfiguren bzw. eine Figuren-gruppe im Zentrum. Drei Bewohner eines Hauseskommen nacheinander durch Zufall zu einer gro-en Menge Geld und glauben, sich nun ihre Tru-me erfllen zu knnen. Doch ebenso unerwartetwie sie zum Geld gekommen sind, verlieren sie eswieder an eine der anderen Hauptfiguren. ( )Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Ein Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im Unterricht23Die sich mit Variationen wiederholende Handlungber Fund und Verlust von Geld, ber Menschen,ihre Nte und ihre Trume, wird durch eine blindeLeierkastenfrau und deren Hund gerahmt. AlsFilmmusik dient das durch den Leierkasten ge-spielte Kinderlied Ein Hund kam in die Kche ...,das somit gleichsam symbolhaft den Verlauf derkreisfrmigen Handlung widerspiegelt.Dieser Kurzfilm lsst sich ab der Stufe A2 ein-setzen. Der Inhalt ist leicht verstndlich, die Spra-che spielt eine untergeordnete Rolle und kann ausHandlung und Nonverbalitt erschlossen werden.Die Umsetzung der hier vorgeschlagenen Aufga-ben hngt vom Sprachstand der jeweiligen Grup-pe, dem Interesse und der zur Verfgung stehen-den Zeit ab.Ziele: Unterhaltung, Hr-Sehverstehen, Inputfr Wortschatzerarbeitung, Sprechen, Schreiben.Die Aufgaben knnen je nach Unterrichtsziel al-ternativ kombiniert werden. Sie werden in Einzel-arbeit, in der Klein- oder Grogruppe durchge-fhrt. (Die auf den Arbeitsblttern genanntenWrter sind reale Antworten von Lernenden.) Der Film eignet sich ebenso gut als reiner Im-pulsgeber, z.B. fr die Themen Glckssymbole,Trume, Glck und Pech.Vorbereitung auf das 1. SehenSchritt 1: Kurze EinfhrungSchritt 2: unbekannte Wrter werden erklrtArbeit mit dem FilmSchritt 3: erstes gemeinsames Sehen des FilmsDer gesamte Film wird gemeinsam angesehen.Dieses erste Sehen wird von folgender Aufgabebegleitet: Konzentrieren Sie sich, whrend Sie den Filmanschauen, auf einen der Protagonisten. Schritt 4: Notizen machenAn dieser Stelle (je nach Lernergruppe) knntendie Spekulationen (Schritt 2) mit den Informatio-nen aus dem Film verglichen werden. Den Ler-nenden wird dabei bewusst, dass ihre ursprng-lichen Spekulationen dem tatschlich Gesehenenhneln. ein Hundfr den TierarztEsseneine Hausbesorgerin (Hausmeisterin)eigenes Haus mit PersonalUrlaub in der Karibikein junger Mannteures, rotes AutoFirma grndenneues Outfitein Familienvater, seine schwangere Frauund ihr kleiner Sohn RechtsanwaltHaus am MeerWir sehen einen deutschen Kurzfilm. Was erwartenSie bei dem Titel?Assoziogramm:alles fr die Katzumsonsttake careCaritas nichtsAlles fr den HundSpekulieren Sie! Wozu knnten die Protagonisten Geld brauchen? Wovon knnten Sie trumen?eine blinde LeierkastenfrauAugenoperationneuer LeierkastenKlavieriPoddie blinde Leierkastenfrau mit Hundfreundlich, alt, glcklich, nett, niedlich,verrckt, Mantel, Mtze; wei-roteSchnauze die Hausbesorgerinfaul, vertrumt, Pech in der Bank, mit Eimer und Besender junge MannMtze (Strumpfmaske), Pistole, dunkle Kleidung, Tasche mit GeldNotieren Sie Stichwrter zu Ihrer Figur.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Ein Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im Unterricht24Arbeit nach dem FilmWortschatzbungDie Lernenden erhalten die wenigen, sich wieder-holenden Redebeitrge aller handelnden Perso-nen des Films. VerdammtIst ja nichts passiert.Ich hoffe, Sie haben einen schnen Tag.Heute Abend Junge, das ist deine letzte Chance!Wohl im Lotto gewonnen, Frau Huber?Ach so, ich hab mein Geld vergessen.Da ist stndig was losGeld her, los, Geld her!Gott sei mit Ihnen!Knnen Sie mal kurz auf mein Regal aufpassen?Was ist mit unserem Geld?Was denn, haben wir etwa im Lotto gewonnen?Ich mach gleich zu, beeilen Sie sich!Was soll ich jetzt machen?Eine Gottesgabe.Heute Abend ganz sicher.Was ist denn passiert?Hnde hoch, Geld her!Das macht 40 Cent.Tut mir leid, ich kann Ihnen kein Geld auszahlen. Ihr Konto ist gesperrt.Gott ist mit uns!Ich hoffe, Sie haben einen schnen Tag.Entschuldigung.Haben Sie die letzten fnf Minuten einen Mann ins Hauskommen sehen?Die Lernenden sollen diese Redebeitrge ihremjeweiligen Protagonisten zuordnen.Blinde LeierkastenfrauHausbesorgerinJunger MannFamilienvaterSchwangere FrauDie Lernenden vergleichen Ihre Notizen und er-gnzen die Personen der anderen. Zum Vergleich sehen die Lernenden den Filmerneut und nehmen dabei eine Zuordnung dernoch verbleibenden uerungen zu den anderenhandelnden Personen (Nebenfiguren) vor.KinderBankbeamterGanovenPolizistKioskbesitzerinMndliche Minidialoge Erarbeiten Sie in Kleingruppen Dialoge zu vier Szenen im Film: am Bankschalter sich nach jemandem erkundigen jemanden vertrsten freudige berraschungDie Dialoge werden (freiwillig) prsentiert. Als einmglicher Abschluss fr die Arbeit mit dem Filmkann der Text der Filmmusik, der Kanon, derStruktur des Films gegenber gestellt werden. EinEinstudieren und gemeinsames Singen des Kin-derliedes Ein Hund kam in die Kche ... bietetsich an und stie bei den Lernenden bisher im-mer auf Begeisterung.Vertiefende Arbeit mit dem FilmFr die vertiefende Arbeit mit dem Film ist eindrittes bzw. viertes Sehen des Films notwendig. Jenach Zielgruppe, Niveau und / oder Interessender Lernenden kann sie mehr im mndlichenoder mehr im schriftlichen Bereich erfolgen.Mndliche Rekonstruktion Die Lernenden werden in drei Gruppen eingeteilt.Jede Gruppe soll sich auf jeweils eine Episode desFilms konzentrieren. Nach dem Sehen des Filmssollen die Kleingruppen die Handlung ihrer Epi-sode rekonstruieren (auf der Stufe A2 mit vorgege-benem Wortschatz: Schlange stehen, Banknoten,Fahndung im Radio, in die Waschmaschine stop-fen, vom Himmel fallen ...). Danach tauschen sichKreuzgruppen (je 12 Teilnehmer aus jeder Grup-pe bilden eine neue Gruppe) darber aus, worindie Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede der dreiEpisoden liegen.Mndliche Nacherzhlung der Filmhandlung Die Lernenden erhalten Bildkarten mit Elemen-ten der Filmhandlung anhand derer sie den Filmnacherzhlen sollen.der Familienvater, seine schwangere Frauund ihr kleiner Sohn Kind auf Arm, traurig, Geld abheben, Wschekorb, Waschkche, Wsche-stnder, Sekt, BalkonFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Ein Pldoyer fr die Arbeit mit Kurzfilmen im Unterricht25RollenspieleDie Lernenden entwickeln Rollenspiele rund umdie Protagonisten des Films.Vorschlge fr mgliche Rollenkarten: Diskussion und ArgumentationDie Lernenden diskutieren in Form eines Run-den Tisches (Diskussionsrunde mit Moderationund simulierten Rollen) zum Thema: Welche derPersonen sollte das Geld behalten drfen. War-um? PerspektivenwechselDie Lernenden schreiben ber die im Film darge-stellten Ereignisse aus der Perspektive: der Hausbesorgerin (Hausmeisterin) des jungen Mannes der Familie der blinden Leierkastenfrau(z.B. Tagebucheintragung, Brief, Polizeiprotokoll, E-Mail ...)Verfassen einer ZeitungsmeldungDie Lernenden schreiben eine Zeitungsmeldungzu folgendem Titel: Kln: Geld fiel vom HimmelVerfassen einer Programmankndigung /einer FilmkritikDie Lernenden schreiben eine Programmankn-digung / eine Filmkritik ber den Kurzfilm.LiteraturAlles fr den Hund, 12 Minuten, Deutschland 2001, Regie: Birgit Lehmann.Cowgill, Linda J.: Wie man Kurzfilme schreibt. Frankfurt/Main: Zweitausendeins 2001.Heinrich, Katrin: Der Kurzfilm. Geschichte, Gattungen, Narrativik. Alfeld/Leine: Coppi-Verlag 1998.Monaco, James: Film verstehen. Hamburg: Rowohlt 1991.Schwerdtfeger, Inge. C.: Sehen und Verstehen. Arbeit mit Filmen im Unterricht Deutsch als Fremdsprache. Berlin und Mnchen: Langenscheidt 1989.Die vorgestellten Aktivitten und bungen sind auch aus derArbeit mit Hr- und Lesetexten sowie mit Bildern bekannt.Vor dem Ansehen des Films:assoziieren spekulierenzuordnen ergnzen markieren notieren ...Arbeit mit dem Film:Ordnen bzw. rekonstruieren Sie die Handlung des Films!Was passiert in den x-Phasen des Kurzfilms?Korrigieren Sie den Handlungsverlauf!Notieren / Beschreiben Sie handelnde Personen und Schaupltze!Ordnen Sie (z.B.) Charakteristika den handelnden Personen zu!Kreieren Sie Rollenprofile der Protagonisten!Welche Stimmung transportieren: die Musik die Bilder die Farben?Finden Sie einen Titel!Weiterfhrende Aktivitten:diskutieren argumentieren begrndenEntwickeln Sie Rollenspiele bzw. Szenarien!Schreiben Sie den Plot des Kurzfilms!Schreiben Sie eine Filmkritik!Schreiben Sie einen Text ber den Kurzfilm, ohne das Ende zu verraten!Schreiben Sie den Film weiter, schmcken Sie aus ...!Finden Sie ein (anderes) Ende des Films!Was kann ich mit einem Kurzfilm alles machen?Die schwangere Frau und ihr Ehemann planen, was sie mit dem Geld machen.Der junge Mann stellt sich der Polizei. Die Kinder erzhlen am nchsten Tag in der Schule, was in ihrer Strae passiert ist.Die Hausbesorgerin erzhlt der blinden Leierkastenfrau, was passiert ist.Die Polizei befragt den Bankangestellten ber die Vorflle in der Bank.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Der SchwarzfahrerIn der Straenbahn sitzt eine ltere Dame nebeneinem Mann schwarzer Hautfarbe. Dies veranlasstsie, ihn mit einer geballten Ladung gngiger Vorur-teile gegenber Asylbewerbern zu berschtten.Die anderen Fahrgste bleiben passiv, ebenso dasOpfer, das alles mit unbewegtem Gesichts bersich ergehen lsst, bis eine Fahrkartenkontrollestattfindet. An deren Ende wird sich zeigen, wervon beiden das schwarze Schaf ist (Bundeszen-trale fr politische Bildung, AV Medienkatalog).Eine ausfhrliche Didaktisierung des Films frden DaF-Unterricht liegt vor (vgl. Germana DAles-sio, 2000). Unser Vorschlag geht aber ber die reininhaltliche Filmanalyse hinaus und mchte Ihnenbungen und Aufgaben fr fortgeschrittene Lernerauf dem Niveau B2/C1 vorstellen. Der Unterrichts-entwurf ist fr zwei Doppelstunden konzipiert.Eine Schreibaufgabe als Hausaufgabe leitet vomFilmverstehen zur Auseinandersetzung mit demThema Vorurteile / Rassismus ber. Dieses The-ma wird in der zweiten Doppelstunde in Form vonLernstationen bearbeitet und diskutiert. Wichtigstes Ziel des Unterrichts ist, zahlreicheSprech- und Schreibanlsse zum Thema Vorurtei-le und Stereotypen zu ermglichen und somit dieindividuelle Auseinandersetzung mit diesem The-ma zu frdern. Gerade der Schwarzfahrer bietetaufgrund seiner vielschichtigen, aber auch humor-vollen Darstellung zahlreiche Anknpfungspunkte. Schritt 1: Einstieg Aktivierung des Vorwissens(Partner- / Gruppenarbeit)Sammelt zu zweit Assoziationen zu dem Begriffder Schwarzfahrer.Tauscht euch dann in Kleingruppen aus und be-richtet euch gegenseitig eure persnlichen Erfah-SchwarzfahrerSchwarzfahrer (1993) ist ein ebenso unterhaltsamer wie nachdenklich stimmender Film zum ThemaAuslnderfeindlichkeit, der mehrfach auf Festivals ausgezeichnet wurde und 1994 den Oscar frden besten Kurzfilm erhielt. Von Luisa Gregori, V clav Kubecka und Elena Tschudinowa picture-alliance/dpa-BildarchivFremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Schwarzfahrer27rungen mit Schwarzfahren oder mit Schwarz-fahrern.Schritt 2: Prsentation der 1. Sequenz (Gruppenarbeit)Seht nun die erste Sequenz und ordnet die einzel-nen Bilder der Personen aus dem Film in der Rei-henfolge ihres Auftretens. Charakterisiert die Dar-steller und diskutiert eure Vermutungen darber,wer Schwarzfahrer sein knnte.Verfasst in eurer Lerngruppe zu dem von euchgewhlten, potenziellen Schwarzfahrer eine fikti-ve Biographie und stellt diese Person im Plenumvor.Schritt 3: Prsentation der 2. Sequenz (nur die Tonspur)(Einzel- / Partnerarbeit)Hrt den Monolog der alten Frau und notiert stich-wortartig ihre Argumente. Sprecht nach dem Hren zu zweit ber die Aus-sagen der alten Frau und berlegt, wie die Krper-sprache der Personen in dieser Filmsequenz ausse-hen knnte.Anmerkung: Durch die Fokussierung auf das Hr-verstehen wird die Konzentration der Lernendenerhht. Die Aufgabe, in Partnerarbeit zu berlegen,welche Mimik / Gestik die Worte untersttzenknnten, schrft die Wahrnehmung.Zusatzaufgabe zu Schritt 3: Monolog der alten Frau (Einzel- / Partnerarbeit) Lest bitte den Monolog der alten Frau und ver-gleicht ihn mit euren eigenen Notizen.Anmerkung: Diese zustzliche bung untersttztdie Verstehensleistung und festigt den Wortschatz.Falls ausreichend Zeit zur Verfgung steht, knnendie Lernenden den Monolog mit entsprechenderMimik und Gestik laut vorlesen. Schritt 4: Prsentation der 2. Sequenz mit Bild (Plenum)Seht nun die 3. Sequenz noch einmal mit Bild.Anmerkung: Nach dem Sehen folgt eine kurze Dis-kussion im Plenum zu den folgenden Fragen:Was hat euch berrascht?Wie geht die Geschichte weiter?Schritt 5: Prsentation der 3. Sequenz (Gruppenarbeit /Plenum)Ihr seht nun die 3. und letzte Sequenz des Films.Welchen (anderen) Titel wrdet ihr diesem Film ge-ben?Sammelt in eurer Lerngruppe mglichst viele Vor-schlge.Anmerkung: Anschlieend werden die Titelvor-schlge im Plenum gesammelt und anhand derneuen Titel diskutiert, ob sich die anfnglichen Hy-pothesen besttigt haben.Zusatzaufgabe zu Schritt 5: Leitfragen zumArtikel Der ganz alltgliche Rassismus(Hausaufgabe)Ihr lest in der Zeitung einen Artikel mit der ber-schrift Der ganz alltgliche Rassismus. Was glaubtihr, welche Fragen in diesem Text beantwortet wer-den? Formuliert diese Fragen. Diese selbst gefun-denen Leitfragen untersttzen euch beim Lesendes TextsAnmerkung: Zum Schluss der Stunde oder alsHausaufgabe lesen die Lernenden den Artikel Derganz alltgliche Rassismus aus Der Tagesspiegelvom 08. August 2005 (siehe Kasten auf S. 28).Die Auseinandersetzung mit dem Kurzfilm Schwarzfahrer sowie die zu Hause geleistete Textar-beit dienen als Grundlage fr das Arbeiten an Sta-tionen in der zweiten Doppelstunde. Wir whlen diese autonome Lernform, weil dieFokussierung auf die Lerner selbst zwangslufignach sich zieht, dass ihnen auch ein hheres Maan Verantwortung fr den eigentlichen Lernprozessbertragen wird. Auerdem bezieht das Lernen anStationen die unterschiedlichen Lernvoraussetzun-gen in den Unterricht ein, erffnet den Lernern un-terschiedliche Zugnge zu einem Thema, berck-sichtigt unterschiedliche Lern- und Arbeitstemposund ermglicht ein fachbergreifendes und ganz-heitliches Lernen (Wicke 2004, 212). Die Lerner knnen einige aus den sechs untenangefhrten Stationen whlen und erarbeiten,whrend der Lehrer die Funktion des Beobachtersund Moderators bernimmt. STATION 1Wortschatzarbeit (Partnerarbeit)Schreibe Erluterungen zu den angegebenen Wrtern. DeinLernpartner berprft die Lsungen mit Hilfe des Wrterbuchs.AngstAggressionFrustrationMisstrauenIgnoranzMinderwertigkeitskomplexeSucht bitte weitere Wrter zum Thema, und erlutert euch diese gegenseitig. Sammelt die Wrter und ihre Erklrungen auf Krtchen.Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007Schwarzfahrer28STATION 2Vertiefende Arbeit mit dem Film (Partnerarbeit)Schaut den Film noch einmal an, charakterisiert die filmischenMittel und sammelt die Arbeitsergebnisse fr eine abschlieendePrsentation im Plenum.Welche Grnde hat es, dass der Film schwarz-wei ist?Welche Bedeutung hat die Musik?Welche Rolle spielen die Einstellung und die Perspektive der Kamera? Was htten Sie anders in Szene gesetzt?Anmerkung: Diese Aufgabe ist nur sinnvoll, wenndie Lernenden sich bereits mit Filmanalyse undFilmsthetik beschftigt haben (vgl. Glossar, S. 62).STATION 3Lebenslauf schreiben (Einzelarbeit)Schreibt einen tabellarischen Lebenslauf der alten Frau. Anmerkung: Die Lernenden mssen hier die ent-sprechenden Geschichtsperioden Deutschlandskennen und bercksichtigen. Gleichzeitig wieder-holen sie die Textsorte Lebenslauf.STATION 4Arbeit mit dem Artikel Der alltgliche Rassismus(Gruppenarbeit)Tauscht euch anhand eurer Leitfragen ber den ZeitungsartikelDer tgliche Rassismus aus. berlegt dann, was jeder Einzelne gegen den alltglichen Rassismus tun kann und entwickelt dazu eine Collage.Anmerkung: An dieser Station sollte buntes Papier,Zeitungen, Klebstoff etc. ausliegen, damit die Ler-nenden ihre Collage gestalten knnen.STATION 5Webrecherche Auslnder in Deutschland (Partnerarbeit)Sucht bitte im Internet Informationen zum Thema Auslnder in Deutschland. Stellt die wichtigsten Fakten auf Plakaten zusammen. Linktipp: www.heimat-in-Deutschland.deSTATION 6Rollenspiel (Gruppenarbeit)Whlt eine Szene aus dem Alltag von Adriano (vgl. Artikel ausdem Tagesspiegel).Inszeniert nun diese Szene als Rollenspiel und berlegt gemein-sam, welche Handlungsmglichkeiten Adriano selbst gegen denalltglichen Rassismus hat bzw. wie er sich Untersttzung ho-len kann. Spielt die Szene dann entsprechend weiter. STATION 7Paralleltexte (Einzelarbeit)Schreibt bitte einen Artikel zum Thema Auslnder bei uns. Ihr knnt eine der folgenden Textsorten whlen: Mrchen, Zeitungsbericht, Leserbrief ZUSATZAUFGABE ZU STATION 7Falls mglich, wird ein deutscher Gast eingeladen und zum All-tag im Gastland interviewt. Dies vertieft den Perspektivenwech-sel zu der Frage: Wie leben eigentlich Auslnder bei uns?Die Arbeitsergebnisse der einzelnen Stationen Wortschatzkrtchen, Plakate, Collagen, Lebenslu-fe, Paralleltexte, Rollenspiel, evtl. Interviewaufnah-men bieten in der Auswertungsphase zahlreicheAnregungen fr die weiterfhrende Diskussion.LiteraturDAlessio, Germana: Deutsche Filme der neunziger Jahre. Ar-beitsheft fr den Unterricht. Mnchen: Goethe-Institut 2000.Wicke, Rainer E.: Aktiv und kreativ lernen. ProjektorientierteSpracharbeit im Unterricht. Ismaning: Hueber 2004.Der ganz alltgliche Rassismus Als schwarzer Student in Berlin SeinNamesollnichtindieZeitung,seinGesichtauchnicht.DerjungeMannhatAngst,nichtnurvorrechtenGewaltttern. Ichwei,wovonichspreche,sagter.SchonalszehnjhrigesKindwurdeerinBerlinvonJugendlichenfastausdem S-Bahnwagengeworfen.IhnenpassteseineHautfarbenicht.Einerwieerlebtgefhrlich,manmussdasRisikonichtnochzustzlichherausfordern.Deshalbnennt er sich Adriano nach jenem Mosambikaner, der vor fnf Jahren im DessauerStadtpark von Neonazis umgebracht wurde, weil er schwarz war. Adriano aus Berlin hat den Tagesspiegel angerufen, als er dort von einem rassisti-schenVorfallbeiderstudentischenArbeitsvermittlungHeinzelmnnchenlas.EinMitarbeiterhatteeinStellenangebotausgehngt:FarbigeStudierendesolltenvoneinerBewerbungabsehen,sieseienchancenlos,wardazulesen(Tsp.vom 3. August). Ich dachte, jetzt musst du was tun, sagt Adriano. Nmlich der weienMehrheitsagen,wieessichanfhlt,alsSchwarzerinDeutschlandzuleben.Schlielich geht es vielen so wie ihm.AufdemCampusgibteskeineProbleme.AnderTechnischenFachhochschule,woAdriano Wirtschaftswissenschaftenstudiert,istdieAtmosphresomultikultu-rell,wiemanesvoneinerHochschuleerwartendarf.DochkeinStudentinBerlinlebt nur auf dem Campus. Er muss zum Beispiel jobben. Adriano arbeitet in einem Baumarkt. Dort gibt es keine Probleme. Doch nebenbeibrauchterdasGeldausdemGetrnkeverkaufbeiSportveranstaltungen.ObimOlympiastadion oder auf dem Sachsenring: immer wird Adriano mit Beleidigungenund dummen Sprchen berzogen: Schei Neger, schei Bimbo! Aber sage icheinen Mucks, lande ich im Krankenhaus. Adriano, geboren vor 25 Jahren in Berlin, aufgewachsen im Bezirk Steglitz, hat sichschoninderGrundschuleanhrenmssen,ernehmeanderenLeutendieArbeitspltze weg. Es gab noch schlimmere Anwrfe Adriano geht da nicht gerneins Detail, die Krnkung ist zu gro. Ein Student in Deutschland geniet die akademische Freiheit. Aber Adriano ver-misstdieBewegungsfreiheit. DieMauerexistiertfrmichnoch. WennichindenOsten fahre, besteht Gefahr fr mein Leben, sagt Adriano. Die Familie seiner wei-en Freundin in Sachsen wrde er gerne hufiger sehen, da sie ihn immer herzlichempfange. Doch er scheut die Gefahr. Ist er dort angekommen, verlsst er das Hausnicht. Die Bahn benutzt er nur am Tage, mit einer Tasche voller Waffen, sagt er inWirklichkeitistesabernureineDosePfefferspray.IchlassmichnichtvondenIdiotenzusammenschlagen.Adrianomaltsichoftaus,wieersichverhlt,solltenihnrechteSchlgerimBahnwaggonbedrohen.HilftverbaleGegenwehrnicht,wrde er auch zurckschlagen. Wenn die Angreifer zu zehnt sind, soll sich wenig-stens einer von ihnen an mich erinnern. Adriano ist Deutscher doch er wrde sich nie als Deutscher bezeichnen. Zu oft haterhierdas Wort Negergehrtein Wort,dasderDudenbisheutenicht rassi-stisch nennt. Nein, er hasst die Deutschen nicht, natrlich sind die meisten keineRassisten,erhatjaauchdeutscheFreunde.Aberdie,die Vorurteilehaben,sollenaufpassen, was sie sagen und was sie denken. Anja Khne, 8. August 2005Fremdsprache Deutsch Heft 36/2007 Sehen(d) lernen, ISBN 978-3-19-999183-0, Hueber Verlag 2007trkisch fr Anfngertrkisch fr Anfnger1auf einen BlickTitel: trkisch fr AnfngerGenre: Mischung aus Comedy (Sitcom) und FamilienserieErstausstrahlung der 1. Staffel (12 Folgen): 14. Mrz 2006 im Ersten Deutschen Fernsehen (ARD) Lnge einer Episode: ca. 25 MinutenWeitere Staffeln: geplant fr 2007Autor: Bora Dagtekin (ist selbst in einer deutsch-trkischen Familie aufgewachsen)Musik: Ali N. AskinHauptfiguren: die alleinerziehende deutsche Psychoanalytikerin Doris mit ihren zwei Kindern: Lena (16)und Nils (13); der alleinerziehende trkische Polizist Metin mit seinen zwei Kindern: Cem (17) undYagmur (15); und der Vollwaise Axel, der Lenas Freund und Schulkamerad ist, und gleichzeitig bei Doriseine Therapie machtHandlung: Doris und Metin lieben sich und beschlieen, mit ihren Kindern in eine BerlinerAltbauwohnung zusammenzuziehen. In der multikulturellen Patchworkfamilie gibt es jede MengeMissverstndnisse und Probleme, die aus Lenas Perspektive erzhlt werden. Einen weiterenHandlungsstrang bildet die Beziehung zwischen Lena und Axel. Auszeichnungen 2006/7: Rose dOr: Kategorie Sitcom und Social Awareness; Festival de Tlvision deMonte Carlo: Kategorie Best Comedy Series, O