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Fridrici, Mirko / Beyer, Anke und Lohaus, Arnold Sind Jugendliche „online“ besser zu erreichen? Zur Internetnutzung bei Stresspräventionsmaßnahmen für Jugendliche Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 57 (2008) 1, S. 39-59 urn:nbn:de:bsz-psydok-47893 Erstveröffentlichung bei: http://www.v-r.de/de/ Nutzungsbedingungen PsyDok gewährt ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht- kommerziellen Gebrauch bestimmt. Die Nutzung stellt keine Übertragung des Eigentumsrechts an diesem Dokument dar und gilt vorbehaltlich der folgenden Einschränkungen: Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit dem Gebrauch von PsyDok und der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Kontakt: PsyDok Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek Universität des Saarlandes, Campus, Gebäude B 1 1, D-66123 Saarbrücken E-Mail: [email protected] Internet: psydok.sulb.uni-saarland.de/

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Fridrici, Mirko / Beyer, Anke und Lohaus, Arnold Sind Jugendliche „online“ besser zu erreichen? Zur Internetnutzung bei Stresspräventionsmaßnahmen für Jugendliche Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 57 (2008) 1, S. 39-59 urn:nbn:de:bsz-psydok-47893 Erstveröffentlichung bei:

http://www.v-r.de/de/ Nutzungsbedingungen

PsyDok gewährt ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Die Nutzung stellt keine Übertragung des Eigentumsrechts an diesem Dokument dar und gilt vorbehaltlich der folgenden Einschränkungen: Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen.

Mit dem Gebrauch von PsyDok und der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Kontakt: PsyDok

Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek Universität des Saarlandes, Campus, Gebäude B 1 1, D-66123 Saarbrücken

E-Mail: [email protected] Internet: psydok.sulb.uni-saarland.de/

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Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 57: 39 – 59 (2008), ISSN 0032-7034© Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen 2008

Sind Jugendliche „online“ besser zu erreichen?Zur Internetnutzung bei Stresspräventionsmaßnahmen für Jugendliche*

Mirko Fridrici, Anke Beyer und Arnold Lohaus

Summary

Getting hrough to Adolescents “Online”. he use of Web-based Programs for Stress-Prevention in Youth

Adolescents can be regarded as a difficult target group for health promotion efforts. herefore, possibilities and limitations in the use of the internet for stress prevention in adolescents are explored in two empirical studies. he first study with 1,988 adolescents in grades seven to nine examines to what extent the internet is used by adolescents and the importance of the internet as a contact point for the solution of problems with school, parents etc. In the second study with 155 adolescents in grades seven and eight, an E-support accompanying a stress prevention program was offered. he main research question of this study was related to the use of the internet-based E-support. he results show that interest in using internetservices in the attempt to solve personal problems is not high and that the actual utilisation within the context of the stress prevention program is also not optimal. here are nevertheless constella-tions which increase the probability of E-support usage (for example in the case of increased stress experiences or increased stress symptomatologies). he consequences which can be drawn from the studies are evaluated and discussed.

Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 57/2008, 39-59

Keywords

stress in school – internet – adolescence – prevention – coping with stress

Zusammenfassung

Jugendliche gelten als eine schwierige Zielgruppe für Gesundheitsförderungsangebote. Vor diesem Hintergrund wird der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten und Grenzen sich bei der Nutzung des Internets zur Verbreitung von Angeboten zur Stressprävention ergeben. Dazu werden die Ergebnisse zweier Studien berichtet. In der ersten Studie mit 1.988 Jugendli-chen der siebten bis neunten Klasse wurde untersucht, in welchem Ausmaß eine Internetnut-

* Die Durchführung dieser Studie wurde von der Techniker Krankenkasse und vom Bundesmi-nisterium für Bildung und Forschung finanziell unterstützt.

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zung bei den Schülern verbreitet ist und welchen Stellenwert das Internet als Anlaufstelle bei Stress in der Schule, mit den Eltern und anderen persönlichen Problemen einnimmt. In der zweiten Studie mit 155 Schülern der siebten und achten Klasse wurde begleitend zu einem Stresspräventionstraining ein e-Support angeboten, wobei die zentrale Fragestellung sich hier auf die Nutzung dieses Internetangebotes bezieht. Die Ergebnisse zeigen, dass das Interesse an einer Nutzung von Internetangeboten bei persönlichen Problemen eher gering ist. Den-noch lassen sich Konstellationen zeigen, die die Nutzungswahrscheinlichkeit erhöhen (wie beispielsweise ein erhöhtes Stresserleben und eine erhöhte Stresssymptomatik). Die Konse-quenzen, die aus den Ergebnissen gezogen werden können, werden abschließend diskutiert.

Schlagwörter

Stress in der Schule – Internet – Jugendalter – Prävention – Stressbewältigung

Immer mehr Bildungsträger und öffentliche Institutionen nutzen das Internet, um Jugendlichen ihre edukativ oder präventiv orientierten Inhalte und hemen zielgrup-pengerecht zu vermitteln. Studien zur Evaluation entsprechender Online-Angebote weisen meist positive Effekte nach – zumindest bei den Jugendlichen, die das jewei-lige Angebot auch tatsächlich genutzt haben. Diese Ergebnisse lassen das Internet als Medium zur Stressprävention interessant erscheinen, das ergänzend zu klassischen Vermittlungsformen (wie einem Stresspräventionstraining in der Schule) zum Einsatz gelangen kann. Aber kann eine Nutzung des Internets den klassischen, settingbasier-ten Einsatz von Trainingsprogrammen in der Schule ersetzen? Sind überhaupt alle Jugendlichen „online“ zu erreichen? Und wer nutzt eigentlich entsprechende Online-Angebote, bzw. wie hoch ist das Interesse der Jugendlichen an stresspräventiven In-halten im Internet? Mit der vorliegenden Arbeit soll ein erster Versuch unternommen werden, diesen und ähnlichen Fragen systematisch nachzugehen.

Jugendliche zählen zu den intensivsten Internetnutzern überhaupt. Den Daten des aktuellen (N)Onliner-Atlas zufolge haben sich im Jahr 2006 86,5 % aller 14- bis 19-Jährigen als „Onliner“ bezeichnet; weitere 7,1 % gaben an, innerhalb der nächsten 12 Monate ebenfalls zu Internetnutzern werden zu wollen (TNS Infratest, 2006). Damit ist diese Altersgruppe die aktivste Nutzergruppe überhaupt. Aktuelle Ergebnisse der jährlichen JIM (Jugend, Information, (Multi-)Media)-Studie, die sich speziell mit dem Medienverhalten Jugendlicher (hier: 12-19 Jahre) befasst, weisen allerdings darauf hin, dass jüngere Jugendliche (bis 13 Jahre) noch über deutlich weniger Interneterfahrung verfügen als ältere (vgl. MPFS, 2006).

Mit der Erprobung und Evaluation stresspräventiver Internetangebote für Jugendli-che haben sich bislang nur wenige Studien beschätigt. Generell ist festzuhalten, dass insbesondere „virtuelle Beratungsstellen“ und Online-Beratungsangebote für Jugend-liche – die im weitesten Sinne als stresspräventiv angesehen können – große Nachfra-ge erleben (Weißhaupt, 2004; BKE-Projektgruppe Online-Beratung, 2005; vgl. auch Borchers, 2005). Anliegen, mit denen sich Jugendliche an Online-Beraterinnen und

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-Berater wenden, sind vor allem dem Bereich „Verliebt sein/Beziehung/Partnerschat“ zuzuordnen, aber auch familiäre Probleme bzw. Probleme mit den Eltern, Schwierig-keiten im Bereich Schule und Ausbildung sowie Fragen zu Sexualität und Schwanger-schat sind regelmäßige Beratungsanlässe (Borchers, 2005; Weißhaupt, 2004).

Als ein möglicher Grund für die intensive Nutzung von Beratungsangeboten im Internet ist vor allem ihre besondere Niederschwelligkeit zu nennen (Culemann, 2002; vgl. auch Döring, 2000; Schultze, 2004). Anonymität und gute Erreichbarkeit im virtuellen Setting machen es vielen Jugendlichen leichter, sich bei eigenen Pro-blemen professionelle Hilfe zu suchen. Neben dem Kontakt zu speziell geschulten professionellen Beraterinnen und Beratern per Chat oder E-Mail ist allerdings auch die Möglichkeit des „Peer-Counselings“, also des Austausches und der gegenseitigen Beratung unter Gleichaltrigen, für Jugendliche und junge Erwachsene besonders attraktiv. Diese Form der Selbsthilfe wird erst durch moderne Kommunikations-plattformen wie Chatrooms und Foren ermöglicht und ist heute ein fester Bestand-teil der meisten Onlineangebote aus dem Bereich Prävention bzw. Intervention und Beratung (siehe auch Armbrust, 2005).

Online-Stresspräventionsangebote im engeren Sinne sind bislang kaum untersucht worden. Zu nennen ist hier hauptsächlich das Schweizer „Feel Ok“-Projekt der Univer-sität Zürich, das unter http://www.feelok.ch – neben anderen hemen aus dem Bereich der Prävention – Information und Unterstützung zum hema Stress für Jugendliche anbietet (Padlina u. Gehring, 2001). Die Jugendlichen können hier online an einer „stufenspezifischen Intervention“ teilnehmen, die auf dem transtheoretischen Modell der Verhaltensänderung basiert (vgl. z. B. Prochaska, DiClemente, Norcross, 1992, zi-tiert nach Padlina u. Gehring, 2001) und auch von Lehrkräten als Schulprojekt einge-setzt werden kann und soll. Das Programm wird von den Jugendlichen überwiegend positiv beurteilt und führt – zumindest in einzelnen Bereichen – zu Verhaltensände-rungen in die gewünschte Richtung (Padlina, Ceesay, Gehring, 2002).

Auch Hänggi (2006) berichtet von einem Versuch, Stressprävention web-basiert zu vermitteln. Zielgruppe waren hier allerdings nicht Jugendliche, sondern Eltern, die via Internet an einem Online-Training zur Bewältigung von Familienstress teilnahmen. Die Evaluation zeigt, dass das Internettraining zwar kurz- und langfristig positive Ef-fekte auf das Wohlbefinden sowie auf das Stressbewältigungsverhalten der überwie-gend weiblichen Teilnehmer hat, macht aber auch deutlich, dass die bereits erwähnte Niederschwelligkeit von Online-Angeboten nicht nur Vorteile mit sich bringt. Der Autor vermutet, dass die unverbindliche und kostenfreie Einschreibung sowie die An-onymität bei der Teilnahme maßgeblich zur Höhe der Dropoutrate von insgesamt 38 % der ursprünglichen Teilnehmerschat beigetragen haben (Hänggi, 2006).

Ein weiteres Problem bei der Evaluation von Internetangeboten ist darin zu se-hen, dass meist auf die Methode der begleitenden Online-Befragung zurückgegrif-fen wird. Dabei ergeben sich zwei wesentliche Schwierigkeiten: Man erhält keine Daten über solche Jugendlichen, die das Angebot nicht genutzt haben, und selbst unter den Jugendlichen, die Nutzer der Internetseite sind oder waren, ist häufig nur

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ein geringer Teil bereit, auch an der begleitenden Befragung teilzunehmen (Batinic, 2000; vgl. auch Padlina et al., 2002). In der bereits erwähnten Studie von Hänggi (2006) beispielsweise haben nur 39 % der Trainingsteilnehmerinnen die begleiten-den Evaluationsfragen beantwortet – wobei aus der Beschreibung der Studie aller-dings nicht deutlich wird, ob diese „online“ oder in Form eines klassischen Frage-bogens gestellt wurden. Bei der Evaluation von „drugcom.de“, einem Internetportal zur Suchtprävention, wurden nicht einmal 30 % der Nutzerinnen und Nutzer mit der begleitenden Online-Umfrage erreicht (Jordan, 2005). Somit bleibt die Frage, ob es nicht gerade die zufriedeneren User sind bzw. solche, bei denen die angebotenen Informationen und Hilfen wirksam waren, die letztlich auch bereit sind, sich an der Bewertung des jeweiligen Angebots zu beteiligen.

Wenngleich auch die vorliegende Arbeit auf diese Frage keine abschließende Ant-wort geben kann, so soll sie doch Hinweise liefern, ob und welche Jugendlichen über-haupt mit präventiv orientierten Internetangeboten zur Stressbewältigung erreicht werden können. Anhand ausgewählter Ergebnisse zweier Studien, in deren Rahmen die Daten an weitgehend unausgelesenen Stichproben per Fragebogen erhoben wur-den, wird zunächst das generelle Onlineverhalten Jugendlicher beleuchtet. Anschlie-ßend soll das Interesse bzw. die Teilnahmebereitschat gegenüber stresspräventiven Internetangeboten untersucht werden. Dabei finden auch solche Schülerinnen und Schüler Berücksichtigung, die nicht zu einer Teilnahme an entsprechenden Online-Aktivitäten bereit sind. Aus den Ergebnissen sollen Implikationen für die Nutzung von Internetangeboten im Rahmen der Stressprävention abgeleitet werden.

1 Darstellung von Studie 1

1.1 Rahmenbedingungen

Im Rahmen einer umfangreichen Schülerbefragung, die im Frühsommer 2005 an insgesamt 15 Schulen in NRW durchgeführt wurde, hatten die teilnehmenden Ju-gendlichen u. a. Fragen zu den hemen Stresserleben und Stressbewältigung, zur Nutzung des Internets allgemein und bei der Suche nach gesundheitsrelevanter In-formation sowie zu ihrem Interesse an einem Stresspräventionsprogramm zu beant-worten. Im Folgenden soll dabei nur auf solche Teile des Fragebogens eingegangen werden, die für die vorliegende Fragestellung von Bedeutung sind.

1.2 Methode

Untersuchungsstichprobe

Befragt wurden Jugendliche der Klassenstufen sieben bis neun in den Schulformen Haupt- und Realschule sowie Gymnasium. Von den insgesamt 1.988 Schülerinnen

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und Schülern der befragten 77 Klassen liegen N = 1.701 verwertbare Fragebogen (85,6 %) als Untersuchungsstichprobe vor. Der Ausfall von 14,4 % geht zurück auf Schüler, die am Tag der Befragung erkrankt waren (5,4 % der Ausgangsstichprobe), sowie auf solche, deren Eltern kein Einverständnis zur Teilnahme an der Befragung gegeben haben (4,3 %). Weitere 93 Fragebogen (4,7 %) mussten aufgrund fehler-hater Bearbeitung (mangelnde sprachliche Fertigkeiten; offensichtliche, mutwilli-ge Verfälschung der Antworten etc.) von der Auswertung ausgeschlossen werden. Mädchen (51,9 %) und Jungen (48,1 %) sind in der Untersuchungsstichprobe etwa zu gleichen Teilen vertreten. 23 % der Jugendlichen besuchen die Haupt-, 35,7 % die Realschule und weitere 41,3 % das Gymnasium. Siebtklässler sind mit 38,4 % der Stichprobe repräsentiert, während Acht- (32,6 %) und Neuntklässler (29 %) zu etwas geringeren Anteilen vertreten sind. Das mittlere Alter der befragten Schüle-rinnen und Schüler liegt bei 14,2 Jahren (Min. = 12, Max. = 18 Jahre).

Erhebungsinstrumente

Intensität der Internetnutzung. Zur Erfassung der Intensität, mit der Jugendliche das Internet nutzen, wurden die Schülerinnen und Schüler zum einen gefragt, wie häufig sie schon „online“ bzw. im Internet waren (zu beantworten auf einer Skala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr häufig“). Zum anderen war anzugeben, an wie vielen Tagen in der Woche das Internet genutzt wird (Anzahl Tage pro Woche) und wie lange der tägli-che Internetbesuch durchschnittlich dauert (Zeitdauer als „online“ Minuten am Tag). Durch eine Kombination beider Angaben wurde die „durchschnittliche Nutzungs-dauer“ in Minuten pro Woche berechnet. Die Werte für die Nutzungshäufigkeit und durchschnittliche Nutzungsdauer korrelieren dabei moderat mit r = .41 (p < .001)

Art der Internetnutzung. Um zu erfassen, wie bzw. wozu Jugendliche das Internet nutzen, sollten die befragten Schülerinnen und Schüler für 13 Möglichkeiten ein-schätzen, wie häufig sie diese nutzen (fünfstufige Ratingskala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr häufig“). Die Auswahl der zur Bewertung vorgegebenen Nutzungsweisen orientiert sich an den Online-Studien der ARD/ZDF-Medienkommission (vgl. z. B. Breunig, 2003; Van Eimeren, 2003); eine vollständige Übersicht findet sich bei den Ergebnissen in Tabelle 1.

hemen, über die sich Jugendliche im Internet informieren. Mit diesem Fragenkom-plex soll die „gezielte Informationssuche“ – als eine der wichtigsten Arten, das In-ternet zu nutzen – genauer exploriert werden. Die Jugendlichen wurden daher für 13 Sach- bzw. hemenbereiche um eine Einschätzung gebeten, wie häufig sie nach entsprechenden Informationen suchen (fünfstufige Ratingskala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr häufig“). Eine Übersicht über alle abgefragten hemenbereiche findet sich bei den Ergebnissen in Abbildung 1; auch diese Auswahl orientiert sich an den bereits zitierten ARD/ZDF-Online-Studien.

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Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen. Mit fünf Items wurde des Weiteren die Offenheit der Jugendlichen erfasst, sich bei einer potentiellen Stress- oder Problem-belastung im Internet Unterstützung zu suchen. Die Jugendlichen sollten mit Hilfe einer fünfstufigen Antwortskala angeben, ob sie sich vorstellen können, (a) zur Bewältigung von Stress und Problemen im Internet Hilfe bzw. Rat zu suchen, (b) sich in einem „On-line-Chat“ oder „Forum“ mit anderen Jugendlichen auszutauschen, (c) selbst Tipps oder Ratschläge zu Problemen anderer in einem solchen Chat oder Forum zu geben, (d) in ei-nem Chat oder Forum eigene ernsthate Probleme anzusprechen und (e) einen Psycho-logen oder eine Psychologin bei Problemen per E-Mail um Rat zu fragen. Aufgrund der hohen Iteminterkorrelationen (59,81 % Varianzauklärung durch die erste Hauptkom-ponente in einer explorativen Faktorenanalyse) werden diese Items für die nachfolgen-den Auswertungen zu einer Skala „Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen“ zusammengefasst (Interne Konsistenz: Cronbachs α = 0.83).

Problembelastung der Jugendlichen. Zur Erfassung der Belastung durch alltägliche Probleme diente der „Problemfragebogen für Jugendliche“ (Problem Questionnaire von Seiffge-Krenke, 1995). Allerdings kamen in der vorliegenden Untersuchung – aus ökonomischen Gründen und in Anlehnung an das Vorgehen von Beyer und Lohaus (2005) – nur vier der insgesamt sieben Skalenbereiche zum Einsatz: Erfasst wurden die Problembereiche Schule, Elternhaus, Beziehungen zu Gleichaltrigen und Probleme mit der eigenen Person. Die Jugendlichen sollten hier einschätzen, wie sehr konkrete Problemsituationen aus den vier Bereichen auf sie persönlich zutreffen (fünfstufige Ratingskala von 1 = „trit überhaupt nicht zu“ bis 5 = „trit vollkommen zu“). Auf-grund schlechter Trennschärfen wurden einzelne Items jedoch von der Auswertung ausgeschlossen, so dass folgende Skalen resultieren: „Probleme, die mit der Schule zu tun haben“ (7 Items; z. B.: „Der Zwang, in der Schule gute Noten zu erreichen, macht mir Angst“; Interne Konsistenz: Cronbachs α = 0.61), „Probleme, die mit dem Eltern-haus zu tun haben“ (10 Items; z. B.: „Ich kann mit meinen Eltern nicht reden“; Cron-bachs α = 0.81), „Probleme, die mit den Beziehungen zu Gleichaltrigen zu tun haben“ (10 Items; z. B.: „Es bedrückt mich, dass ich kaum Freunde habe“; Cronbachs α = 0.75) und „Probleme, die mit der eigenen Person zu tun haben“ (12 Items; z. B.: „Ich leide darunter, dass ich anders bin als meine Freunde und Bekannten“; Cronbachs α = 0.83). Die mäßigen bis hohen Skaleninterkorrelationen (0.41 < r < 0.68) rechtfertigen zudem die Berechnung eines Summenscores über alle vier Skalen als „Gesamtwert der All-tagsstressoren“ (vgl. z. B. auch das Vorgehen von Nummer u. Seiffge-Krenke, 2001).

1.3 Ergebnisse

Intensität der Internetnutzung

Nur 1,8 % der befragten Jugendlichen geben an, noch nie online gewesen zu sein; insgesamt 64,1 % dagegen haben das Internet bereits häufig bis sehr häufig genutzt.

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Die verbleibenden 34,1 % schätzen sich als „Onliner“ mit seltener bis mittlerer Nut-zungshäufigkeit ein. Sowohl das Geschlecht der befragten Jugendlichen (F 1, 1587 = 4.23; p < .05; Eta2 = .003) als auch die Klassenstufe (F 2, 1587 = 6.37; p < .01; Eta2 = .008) und die besuchte Schulform (F 2, 1587 = 8.65; p < .001; Eta2 = .011) haben dabei zwar einen statistisch signifikanten Einfluss auf die Nutzungshäufigkeit; aufgrund der durchweg geringen Effektstärken (alle Eta2 < .015) ist dieser Einfluss im Folgenden jedoch zu vernachlässigen. Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man die Angaben zur wö-chentlichen Nutzungsdauer betrachtet: Auch hier unterscheiden sich die Jugendlichen je nach Geschlecht (F 1, 1459 = 43.581; p < .001; Eta2 = .029), Klassenstufe (F 2, 1459 = 8.98; p < .001; Eta2 = .012) oder besuchter Schulform (F 2, 1459 = 3.57; p < .05; Eta2 = .005) statistisch signifikant voneinander; zumindest der Geschlechtseffekt ist hier allerdings auch von nennenswerter Größe: Die Jungen unter den befragten Jugendlichen nutzen das Internet demnach im Durchschnitt wöchentlich drei Stunden länger als die Mäd-chen (M Mädchen = 235 Min. vs. M Jungen = 419 Min.). Die durchschnittliche Nutzungsdau-er der Gesamtgruppe der hier befragten Siebt- bis Neuntklässler beträgt 324 Minuten pro Woche (SD = 551).

Arten der Internetnutzung

Insgesamt ist festzustellen, dass die gezielte Suche nach Information der häufigste Grund ist, warum die hier befragten Jugendlichen das Internet nutzen. Darüber hi-naus gehört auch das Hören von Radio oder Musik per Internet zu einer häufigen Form der Nutzung – gefolgt von kommunikativen Nutzungsweisen wie dem Senden und Empfangen von E-Mails oder dem Austausch in Chats und Foren (vgl. Tab. 1). Eine multivariate Varianzanalyse über alle 13 Items zur Art der Internetnutzung zeigt außerdem, dass sich Mädchen und Jungen in ihrer Nutzungsweise deutlich voneinander unterscheiden (F 13, 1546 = 41.86; p < .001; Eta2 = .260). Auch die Klas-senstufe (F 26, 3092 = 3.85; p < .001; Eta2 = .031) sowie der besuchte Schultyp (F 26, 3092 = 6.52; p < .001; Eta2 = .052) haben einen signifikanten, wenngleich kleinen Effekt auf die Art der Internetnutzung, wobei der Schultyp zusätzlich eine bedeutsame Wech-selwirkung mit dem Geschlecht aufweist (F 26, 3092 = 3.14; p < .001; Eta2 = .026).

Auf univariater Ebene lässt sich ein Geschlechtseffekt bedeutsamer Größe für fol-gende Variablen nachweisen (Eta2 > .015; vgl. auch Tab. 1): Mädchen nutzen das Internet häufiger als Jungen für kommunikative Zwecke wie „E-Mails schreiben und empfangen“ (F 1, 1558 = 26,59; p < .001; Eta2 = .017) oder „in Chats und Foren austau-schen“ (F 1, 1558 = 38.66; p < .001; Eta2 = .024). Bei den eher unterhaltungsorientierten Nutzungsweisen wie „Online-Spiele spielen“ (F 1, 1558 = 3.04; p < .001; Eta2 = .056), „Musik und Filme runterladen“ (F 1, 1558 = 81,59; p < .001; Eta2 = .050) oder auch „Programme runterladen“ (F 1, 1558 = 217.09; p < .001; Eta2 = .122) erzielen dagegen die Jungen höhere Werte. Zur „gezielten Informationssuche“, zum „Radio und Mu-sik hören“ sowie zum „ziellosen Surfen“ (jeweils p > .05) dagegen wird das Internet von beiden Geschlechtern gleich häufig genutzt.

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Was die unterschiedlichen Nutzungsweisen in den verschiedenen Klassenstufen be-trit, so lässt sich auf univariater Ebene nur für eine Variable ein bedeutsamer Effekt nachweisen: Achtklässler nutzen das Internet signifikant häufiger für den Austausch in Chats und Foren als Siebt- bzw. Neuntklässler (F 2, 1558 = 14.06; p < .001; Eta2 = .018; Post Hoc: Stufe 8 vs. Stufe 7: p < .001; Stufe 8 vs. Stufe 9: p < .001). Alle anderen Effekte sind – wenngleich z. T. statistisch signifikant – von zu vernachlässigender Größe (alle Eta2 < .015; vgl. auch Tab. 1). Der Effekt der Schulform schließlich zeigt

Tabelle 1: Häufigkeit verschiedener Nutzungsweisen nach Geschlecht, Klassenstufe und Schulform (Mittelwerte und Standardabweichungen auf einer fünfstufigen Ratingskala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr häufig“)

Geschlecht 1 Klassenstufe 2 Schulform 3

Art der Nutzung Gesamt w m 7 8 9 HS RS GYMGezielte Informa- tionssuche 2, 3

3.47(1.14)

3.51(1.12)

3.42(1.16)

3.33(1.17)

3.46(1.13)

3.65(1.09)

3.09(1.27)

3.45(1.14)

3.67(1.02)

Radio oder Musik hören 2

3.05(1.54)

3.09(1.51)

3.01(1.57)

2.84(1.53)

3.21(1.54)

3.15(1.52)

3.14(1.51)

3.10(1.51)

2.96(1.57)

E-Mails schreiben und empfangen 1, 2, 3

2.90(1.44)

3.16(1.44)

2.65(1.39)

2.75(1.43)

2.89(1.41)

3.09(1.45)

2.66(1.51)

2.86(1.38)

3.05(1.43)

Austausch in Chats und Foren 1, 2

2.80(1.55)

3.06(1.54)

2.52(1.52)

2.66(1.57)

3.08(1.55)

2.66(1.50

2.72(1.57)

2.90(1.54)

2.75(1.56)

Online-Spiele spielen 1, 3

2.54(1.42)

2.19(1.23)

2.91(1.51)

2.60(1.37)

2.58(1.44)

2.42(1.44)

2.61(1.46)

2.69(1.43)

2.37(1.37)

Musik und Filme runterladen 1, 2, 3

2.53(1.54)

2.20(1.39)

2.89(1.61)

2.35(1.45)

2.67(1.58)

2.60(1.57)

2.84(1.65)

2.56(1.51)

2.34(1.47)

Programme run-terladen 1, 2

2.21(1.34)

1.73(1.02)

2.73(1.45)

2.06(1.25)

2.30(1.40)

2.30(1.38)

2.21(1.41)

2.26(1.34)

2.16(1.31)

Online-Versteige-rungen 1

2.21(1.32)

1.90(1.14)

2.55(1.41)

2.14(1.30)

2.33(1.34)

2.17(1.32)

2.27(1.44)

2.17(1.30)

2.21(1.27)

Zielloses Surfen 3 2.15(1.22)

2.20(1.19)

2.11(1.25)

2.10(1.22)

2.23(1.29)

2.13(1.14)

2.34(1.36)

2.21(1.26)

2.00(1.09)

Online-Shopping

1, 21.93

(1.20)1.70

(1.06)2.18

(1.29)1.85

(1.15)2.02

(1.26)1.93

(1.20)1.97

(1.35)1.88

(1.13)1.96

(1.18)Eigene Homepage gestalten 1

1.70(1.19)

1.55(1.05)

1.86(1.31)

1.65(1.14)

1.81(1.30)

1.63(1.12)

1.82(1.29)

1.76(1.21)

1.58(1.11)

Internettelefonie 1, 3 1.65(1.19)

1.55(1.09)

1.75(1.29)

1.56(1.11)

1.71(1.23)

1.69(1.24)

1.83(1.27)

1.70(1.23)

1.51(1.09)

Online-Banking 1, 3 1.33(0.84)

1.22(0.64)

1.44(1.01)

1.29(0.77)

1.37(0.92)

1.32(0.84)

1.43(0.97)

1.38(0.88)

1.23(0.72)

Anmerkungen:Variablen mit statistisch signifikantem Geschlechtseffekt (min. p < .01) sind durch 1 gekennzeichnet.Variablen mit statistisch signifikantem Effekt der Klassenstufe (min. p < .01) sind durch 2 gekennzeichnet.Variablen mit statistisch signifikantem Effekt der Schulform (min. p < .01) sind durch 3 gekennzeichnet.Effekte bedeutsamer Größe (d. h. min. „klein“, also Eta2 ≥ .015) sind zusätzlich durch Fettdruck der entsprechenden Werte hervorgehoben.

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Sind Jugendliche „online“ besser zu erreichen? 47

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sich vor allem in den Angaben zur „gezielten Informationssuche“ als Art der Inter-netnutzung (F 2, 1558 = 32.77; p < .001; Eta2 = .040): Die Häufigkeit, mit der Jugendli-che das Internet zum gezielten Auffinden von Information nutzen, nimmt mit dem Bildungsniveau der besuchten Schule zu: Gymnasiasten nennen diese Nutzungswei-se signifikant häufiger als Realschüler (p < .01) oder Hauptschüler (p < .001), wobei letztere sich auch von den Realschülern noch überzufällig unterschieden (p < .001). Bleibt zu ergänzen, dass sich für die Wechselwirkung von Schulform und Geschlecht auf univariater Ebene kein bedeutsamer Effekt nachweisen lässt.

Themen, über die sich Jugendliche im Internet informieren

Abbildung 1 gibt einen Überblick darüber, für welche hemen sich die Jugendlichen interessieren, wenn sie im Internet gezielt nach Information suchen: An erster Stelle stehen „Musik und Kinofilme“ (M = 3.32, SD = 1.27), gefolgt von „Sport“ (M = 2.73, SD = 1.45), „Unterhaltung und Showbusiness“ (M = 2.62, SD = 1.26) sowie „Medien und Technik“ (M = 2.59, SD = 1.39). Nur sehr selten dagegen informieren sich die befragten Schülerinnen und Schüler im Internet über „Gesundheit und Ernährung“ (M = 1.70, SD = 1.00) sowie „Politik/Gesellschat/Wirtschat“ (M = 1.65, SD = 0.94), und „Ratschläge oder Hilfe bei persönlichen Problemen“ sind fast nie gefragt (M = 1.37, SD = 0.79). Die von den Jugendlichen am wenigsten favorisierten hemen sind also jene, die am ehesten dem Inhalt stresspräventiver Internetangebote entsprechen.

Betrachtet man das Antwortverhalten im Hinblick auf die hemenbereiche „Ge-sundheit und Ernährung“ sowie „Ratschläge oder Hilfe bei persönlichen Proble-men“ genauer, so zeigt sich Folgendes: Der multivariat signifikante Geschlechtsef-fekt (F 2, 1583 = 16.12; p < .001; Eta2 = .020) ist im Wesentlichen auf die Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen bei der Suche nach Information zu „Gesundheit und Ernährung“ zurückzuführen (univariat: F 1, 1584 = 32.26; p < .001; Eta2 = .020). Mädchen informieren sich im Internet demnach häufiger über gesundheitsrelevante hemen als Jungen, während eine Online-Suche nach „Ratschlägen oder Hilfe bei persönlichen Problemen“ für weibliche und männliche Jugendliche in etwa gleich häufig – besser: gleich selten – hema ist (F 1, 1584 = 6.19; p < .05; aber: Eta2 = .004). Darüber hinaus ist jedoch festzustellen, dass die Häufigkeit, mit der Schülerinnen und Schüler im Internet Unterstützung und Hilfe bei Problemen suchen, mit ihrem selbstberichteten Ausmaß an Alltagsstress steigt: Die Korrelation zum Gesamtsum-menscore des Problemfragebogens beträgt r = .24 (p < .001).

Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen

Generell ist die Offenheit der Jugendlichen gegenüber unterstützungsorientierten oder stresspräventiven Internetangeboten eher gering: Der Mittelwert von M = 1.83 (SD = 0.84) auf der fünfstufigen Skala „Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen“ zeigt, dass die Schülerinnen und Schüler es sich insgesamt wenig vor-

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stellen können, entsprechende Angebote zu nutzen. Mädchen sind dabei noch eher als Jungen bereit, bei Problemen auch im Internet Hilfe zu suchen (MMädchen = 1.99, SD = 0.87, vs. MJungen = 1.65, SD = 0.77; F 1, 1605 = 35.28; p < .001; Eta2 = .031). Außerdem steigt die Offenheit gegenüber entsprechenden Online-Angeboten mit dem Ausmaß an eigener Stressbelastung (r = .29, p < .001): Jugendliche, die laut Problemfragebo-gen insgesamt viel Alltagsstress erleben, können es sich demnach eher vorstellen, auch im Internet nach Hilfe oder Unterstützung zur Bewältigung ihrer Probleme suchen – wobei dieser Zusammenhang auch bei Kontrolle des Geschlechts bestehen bleibt. Auf der Ebene der einzelnen Skalen zeigt sich der größte Zusammenhang zur „Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen“ bei solchen Problemen, die mit den „Beziehungen zu Gleichaltrigen“ zu tun haben (r = .27, p < .001), gefolgt von „Problemen mit der eigenen Person“ (r = .26, p < .001). Das Ausmaß an Problemen, die mit der „Schule“ (r = .18, p < .001) oder mit den „Eltern“ (r = .20, p < .001) zu tun haben, hängt dagegen weniger eng, aber ebenfalls signifikant mit der Offenheit für Online-Hilfsangebote zusammen.

3,32

1,37

1,65

2,26

2,36

2,37

2,41

2,46

2,59

1,70

1,84

2,62

2,73

1 2 3 4 5

Persönliche Probleme

Politik / Gesellschaft / Wirtschaft

Gesundheit und Ernährung

Reiseinformationen und Fahrpläne

Spez. Sachthemen (wie "Umwelt", "Geschichte","Geographie" o.ä.)

Freizeit- und Veranstaltungstipps

Hausaufgaben und Referate

Computer-Software

Fernsehen und Radio

Medien und Technik

Unterhaltung / Showbusiness

Sport

Musik und Kinofilme

Abbildung 1: Dargestellt ist die mittlere Häufigkeit, mit der die befragten Jugendlichen im Internet nach Information zu den angegebenen hemen suchen (fünfstufige Ratingskala von 1 = „nie“ bis 5 = „sehr häufig“). Die Stichprobengröße variiert von hema zu hema aufgrund fehlender Werte im Bereich 1.608 < n < 1.615

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2 Darstellung von Studie 2

2.1 Rahmenbedingungen

Die im Folgenden dargestellten Daten sind Teil der Ergebnisse einer umfangrei-chen Evaluationsstudie, in der der Frage nachgegangen wurde, ob die Effekte eines klassischen, im Schulsetting durchgeführten Stresspräventionsprogramms mithilfe eines trainingsbegleitenden e-Learnings verbessert werden können (vgl. Fridrici u. Lohaus, 2007). Im Rahmen dieser Studie, die im Frühsommer 2006 an drei Hes-sischen Gesamtschulen durchgeführt wurde, hatten einige der am Stresspräventi-onsprogramm SNAKE („Stress Nicht Als Katastrophe Erleben“; siehe auch Beyer u. Lohaus, 2006) teilnehmenden Schulklassen zusätzlich Zugang zu einer programm-begleitenden Internetseite, auf der die Trainingsinhalte in verschiedenen, meist in-teraktiven Übungen aufgegriffen und vertiet wurden. Darüber hinaus gab es eine klassische Trainingsbedingung ohne Internetbegleitung (acht Schulklassen) sowie eine Kontrollgruppe ganz ohne Intervention (weitere fünf Klassen). Nachfolgend werden jedoch nur die Daten aus der für die vorliegende Fragestellung interessieren-den Trainingsgruppe mit begleitendem e-Learning berücksichtigt.

2.2 Methode

Untersuchungsstichprobe

Ursprünglich nahmen 155 Schülerinnen und Schüler in der Trainingsgruppe mit begleitendem e-Learning am Stresspräventionsprogramm „SNAKE“ teil. Von n = 19 Jugendlichen (12,3 %) liegen jedoch keine Daten aus der Vorbefragung (T1) vor, da sie entweder am Tag der Befragung krank waren (5,8 %) oder aber ihr Fragebogen nicht brauchbar war (6,5 %), so dass sie von den weiteren Auswertungen ausge-schlossen werden. Darüber hinaus brachen n = 9 Schüler (5,8 %) das (freiwillige) Training noch während der Durchführung ab. Als Untersuchungsstichprobe dienen daher n = 127 Jugendliche (81,9 % der Ausgangsstichprobe) aus jeweils vier Klas-sen der Stufen sieben (n = 62; 48,8 %) und acht (n = 65; 51,2 %). Rund die Hälte der Schülerinnen und Schüler besucht den Realschulzweig (n = 63; 49,6 %), etwa ein Drittel den Gymnasialzweig (n = 37; 29,1 %) und weitere 21,3 % den Haupt-schulzweig (n = 27) verschiedener Gesamtschulen. Mädchen (n = 59; 46,5 %) und Jungen (n = 68; 53,5 %) sind zu etwa gleichen Anteilen in der Stichprobe vertreten.

Untersuchungsablauf

Vor Beginn des Trainings wurde jede der teilnehmenden Schulklassen randomisiert in zwei Trainingsgruppen aufgeteilt. In jeder Gruppe führte dann eine bzw. einer von insgesamt neun Diplom-Psychologinnen und Diplom-Psychologen, die zuvor an ei-

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ner umfangreichen Trainerschulung teilgenommen hatten, das acht Doppelstunden umfassende Stressbewältigungstraining „SNAKE“ für Jugendliche durch. Da in der vorliegenden Arbeit das „Face-to-Face“-Trainingsprogramm nur von untergeordneter Bedeutung ist, wird aus Platzgründen auf eine ausführliche Programmbeschreibung verzichtet (s. hierzu ausführlicher Beyer u. Lohaus, 2006). Ein Evaluationsfragebogen wurde den Trainingsteilnehmern eine Woche vor Trainingsbeginn (T1) und zweimal nach dem Programmeinsatz (eine Woche und zwei Monate nach Trainingsende) vor-gelegt, wobei die Daten der Nach- und Follow-Up-Befragung im Folgenden keine Be-rücksichtigung finden werden (s. hierzu Fridrici u. Lohaus, 2007). Darüber hinaus hatten die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler zum Abschluss der letzten Trai-ningssitzung einen Fragebogen zu bearbeiten, der Fragen zur Programmbewertung sowie zur Nutzung des trainingsbegleitenden Internetangebots enthielt (T2).

Trainingsbegleitendes e-Learning

Für die in der vorliegenden Studie untersuchte Trainingsbedingung mit beglei-tendem e-Learning wurde ein Internetangebot konzipiert, das den teilnehmenden Jugendlichen kursbegleitend zur Verfügung stand (siehe auch http://www.snake-training.de; der Zugang zum eigentlichen e-Learning-Bereich ist jedoch nur mit Passwort möglich). Zu jeder der im Trainingsmanual beschriebenen Sitzungen (vgl. Beyer u. Lohaus, 2006) wurde dabei eine Online-Lerneinheit realisiert, die sich aus jeweils drei Bausteinen zusammensetzt:

Baustein: Eine Zusammenfassung der Trainingsinhalte in Textform, illustriert durch Tabellen, Bildmaterial und ergänzende DownloadsBaustein: Eine interaktive, meist spielerische Übung, die jeweils ein ausgewähltes hema der entsprechenden Trainingssitzung aufgreit und vertietBaustein: Das „Bonus-Special“, eine abschließende Übung, in der die Schülerinnen und Schüler das neu erworbene Wissen interaktiv anwenden sollen (z. B. in „Quiz“-Form o. ä.); Besonderheit: Das „Bonus-Special“ war nur zeitbegrenzt – jeweils für die Dauer einer Woche nach der jeweiligen Trainingssitzung – verfügbar.

Jeweils nach Abschluss des dritten Bausteins konnten sich die Jugendlichen in eine Da-tenbank („Bonus-Liste“) eintragen, wobei dieser Eintrag – der Verfügbarkeit des dritten Bausteins entsprechend – nur zeitbegrenzt möglich war. Diese zeitliche Befristung hat-te zum Ziel, die Trainingsteilnehmer zu einem wiederholten, möglichst wöchentlichen Besuch der Website und – damit verbunden – zu einer regelmäßigen (Weiter-)Beschäf-tigung mit den Kursinhalten anzuregen. Als zusätzlicher Anreiz diente eine zum Trai-ningsbeginn angekündigte Verlosung von Musik-CDs unter all jenen Schülerinnen und Schülern, die sich bis zum Ende des Programms regelmäßig in die „Bonus-Liste“ einge-tragen hatten. Insgesamt waren während des Trainings sieben Online-Lerneinheiten zu bearbeiten. Da für die achte Sitzung die Verlosung vorgesehen war, gab es hier kein „Bo-nus-Special“ mehr. Ein „Anti-Stress-Forum“ für den Austausch der Trainingsteilnehmer

1.

2.

3.

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Sind Jugendliche „online“ besser zu erreichen? 51

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untereinander, Links und Kontakte zu anderen Informations- und Beratungsstellen für Jugendliche sowie verschiedene Online-Spiele ergänzten das Internetangebot.

Erhebungsinstrumente

Der vollständige Evaluationsfragebogen umfasste Fragen zu den hemenbereichen Wissen über Stress und Problemlösen, Stresserleben, Stressbewältigung und Stress-symptomatik sowie die oben beschriebene Skala „Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen“. Im Folgenden werden jedoch nur solche Teile des Fragebo-gens ausführlicher vorgestellt, die für die vorliegende Studie von Bedeutung sind.

Stresserleben, Stressbewältigung und Stresssymptomatik. Zur Erfassung dieser Variab-len wurde der Fragebogen zur Erhebung von Stress und Stressbewältigung im Kindes- und Jugendalter (SSKJ 3-8 von Lohaus, Eschenbeck, Kohlmann, Klein-Heßling, 2006) eingesetzt. Der Fragebogenbereich „Vulnerabilität für potentielle Alltagsstressoren“ enthält sechs Items zu alltäglichen Stressoren, wobei mit einem vierstufigen Antwort-format anzugeben ist, wie sehr man sich durch die beschriebenen Stressoren belastet fühlt. Im zweiten Fragebogenbereich werden fünf Bewältigungsdimensionen erfasst, wobei die „Suche nach sozialer Unterstützung“, die „problemorientierte Bewältigung“, die „vermeidende Bewältigung“ sowie die „konstruktiv-palliative“ und „destruktiv-ärgerbezogene Emotionsregulation“ unterschieden werden (s. hierzu auch Causey u. Dubow, 1992). Zu jeder der fünf Bewältigungsdimensionen liegen jeweils sechs Items vor, die mit einem fünfstufigen Antwortformat bearbeitet werden sollen. Die fünf Di-mensionen zur Stressbewältigung werden für zwei unterschiedliche Situationen er-hoben, um gegebenenfalls feststellen zu können, inwieweit situationale Anpassungen der Angaben zum Stressbewältigungsverhalten erfolgen. Die Situationen beziehen sich auf Streitigkeiten mit Freunden und auf Probleme mit den Hausaufgaben. Im Teil „Stresssymptomatik“ schließlich erfolgt die Erhebung physischer und psychischer Stresssymptome. Es liegen sechs Items zur physischen und zwölf Items zur psychi-schen Symptomatik vor. Die Symptomatik wird mit Bezug auf die vergangene Woche erhoben, wobei das Antwortformat jeweils dreistufig ist. Zu den einzelnen Skalen der beiden Fragebogenbereiche werden Summenscores gebildet. Die im Fragebogenma-nual berichteten internen Konsistenzen wurden im Rahmen der vorliegenden Studie erneut überprüt und konnten repliziert werden (Cronbachs α von .65 bis .89).

Bewertung des Programm- und Internetangebotes. Zum Trainingsabschluss wurden von den Jugendlichen – neben einer ausführlichen Bewertung des klassischen Stres-spräventionsprogramms – verschiedene Informationen in Bezug auf ihre Nutzung des trainingsbegleitenden e-Learnings erfragt. So war anzugeben, ob sie das Internetan-gebot überhaupt besucht hatten, und wenn ja, wie ot. Außerdem sollten jene Schüle-rinnen und Schüler, die die Website nicht besucht hatten, ihre Gründe dafür nennen (Antwortmöglichkeiten: „kein Internetzugang“, „keine Lust“, „beides“, „anderes“).

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Anhand einer fünfstufigen Ratingskala (1 = „überhaupt nicht gut“, 2 = „nicht so gut“, 3 = „teils-teils“, 4 = „gut“, 5 = „sehr gut“) sollten die Jugendlichen zudem bewerten, wie gut ihnen die wöchentlichen „Bonus-Specials“ gefallen haben und wie sie die In-ternetseite insgesamt beurteilen. Abschließend war die Zahl der tatsächlich bearbei-teten „Bonus-Specials“ anzugeben, wobei diese Information mit den entsprechenden Einträgen in der Datenbank ( „Bonus-Liste“, s. o.) verglichen und somit auf ihre Va-lidität hin überprüt werden konnte. Ein Vergleich der beiden Quellen zeigt, dass die Jugendlichen sehr ehrlich geantwortet haben, was dafür spricht, dass die Angaben im Abschlussfragebogen (T2) insgesamt als brauchbar eingeschätzt werden können. Lei-der liegen jedoch nur von n = 119 Schülerinnen und Schülern Daten zu T2 vor (93,7 % der Untersuchungsstichprobe), wobei die Zahl der Angaben im Einzelfall aufgrund einzelner fehlender Werte noch niedriger ausfallen kann. Dieser Ausfall von 6,3 % ist durch Krankheit am Tag der letzten Trainingssitzung bedingt.

2.3 Ergebnisse

Nutzung des Internetangebots

Insgesamt n = 70 (59,3 %) der 118 teilnehmenden Jugendlichen, von denen Daten zur Internetnutzung vorliegen, geben an, die trainingsbegleitende Internetseite zumindest einmal besucht zu haben. Jungen und Mädchen unterschieden sich in ihrem Nutzungs-verhalten dabei nicht: Schülerinnen und Schüler haben die e-Learning-Plattform dem-nach etwa gleich häufig besucht. Nennenswerte Unterschiede in der Nutzung des Inter-netangebots zeigen sich allerdings in Abhängigkeit vom besuchten Schulzweig: Während nahezu drei Viertel aller Gymnasiasten angeben, die Website zumindest einmal besucht zu haben (73,0 %), gilt dies für nicht einmal die Hälte der Hauptschüler (45,5 %). Unter den Schülerinnen und Schülern des Realschulzweigs beträgt der Anteil der Nutzer des Internetangebots 55,9 % (siehe auch Abb. 2a). Zieht man zugleich die von den Nicht-Nutzern benannten Gründe für den Nicht-Besuch mit in Betracht, so zeigt sich auch hier ein sehr unterschiedliches Bild, je nach dem, ob es sich um Jugendliche aus dem Haupt-, Realschul- oder Gymnasialzweig handelt (vgl. Abb. 2b): Der Großteil der Gym-nasialschüler, die das trainingsbegleitende Online-Angebot nicht besucht haben, nennt als Grund dafür das Fehlen eines Internetzugangs (50 %). Nur 20 % der Gymnasias-ten geben an, „keine Lust“ gehabt zu haben; auf 10 % trit beides zu. Weitere 20 % der Gymnasialschüler nennen andere Gründe. Ganz anders sieht es bei den Hauptschülern aus: Nur 15,4 % nennen als Grund für ihre „Nicht-Nutzung“ der Trainingswebsite, dass ihnen bzw. ihrer Familie ein entsprechender Internetzugang fehlt. 38,5 % dagegen hatten „keine Lust“ und weitere 38,5 % nannten „beides“ als Grund. Andere Gründe werden von nur 7,7 % der Hauptschüler genannt.

Abschließend ist zu bemerken, dass der Anteil der Jugendlichen überwiegt, die das Internetangebot zwar besucht, aber eher selten genutzt haben: 27,1 % der Schülerin-nen und Schüler geben an, die Website nur einmal ausprobiert zu haben; weitere 38,6

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% haben sie zwei- bis dreimal besucht. 15,7 % der Jugendlichen nutzten während des Trainings vier- bis sechsmal das begleitende Internetangebot, und nur knapp ein Fünf-tel der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler (18,6 %) besuchte die e-Learning-Plattform – wie ursprünglich angestrebt – mindestens einmal pro Woche.

Abbildung 2: Dargestellt sind a) die Anteile von Nutzern der Internetseite innerhalb der verschiedenen Schulzweige sowie b) die in den Schulzweigen genannten Gründe, warum Jugendliche das Internetan-gebot nicht genutzt haben (alle Angaben in %)

Nutzeranalyse im Hinblick auf Stresserleben und Stressbewältigung

Zur genaueren Betrachtung von Nutzern bzw. Nicht-Nutzern des trainingsbeglei-tenden Online-Angebots wurden beide Subgruppen zunächst in einer multivariaten Varianzanalyse hinsichtlich der zu T1 von ihnen berichteten Stresssymptome sowie des Stresserlebens verglichen (abhängige Variablen: Summenscores der SSKJ-Skalen „Vulnerabilität“, „Physische Stresssymptomatik“ und „Psychische Stresssymptoma-tik“). Geschlecht und Schultyp der Jugendlichen wurden zusätzlich als Kovariate in die Analyse aufgenommen. Hierbei zeigte sich zunächst ein signifikanter multivariater Effekt sowohl des Geschlechts (F 3, 105 = 5.87; p < .01; Eta2 = .144) als auch des besuch-ten Schulzweigs (F 3, 105 = 2.79; p < .05; Eta2 = .074): Mädchen berichten signifikant mehr physische (F 1, 107 = 10.48; p < .01; Eta2 = .089) und psychische (F 1, 107 = 11.17; p < .01; Eta2 = .095) Stresssymptome als Jungen; hinsichtlich ihrer Stressvulnerabilität unterscheiden sich die Geschlechter jedoch nicht. Für den besuchten Schultyp lässt sich auf univariater Ebene lediglich ein Effekt auf die psychische Stresssymptomatik nachweisen (F 1, 107 = 6.44; p < .05; Eta2 = .057), wobei es hier die Gymnasiasten sind, die mehr Symptome berichten als Schüler des Haupt- oder Realschulzweiges.

45,5

55,9

73,0

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Hauptschule Realschule Gymnasium

15,4

40,7

50,0

38,5

25,9

20,0

38,5

3,7 10

,0

7,7

29,6

20,0

0

10

20

30

40

50

kein WWW-Zugang

keine Lust beides anderes

HauptschuleRealschuleGymnasium

�� ��

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54 M. Fridrici et al.

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Darüber hinaus zeigte sich jedoch auch ein bedeutsamer multivariater Unterschied zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern des Internetangebots (F 3, 105 = 3.02; p < .05; Eta2 = .079): Auf univariater Ebene zeichnen sich diejenigen Jugendlichen, die begleitend zum Training in der Schule auch die Internetseiten besucht haben, durch ein signi-fikant höheres Stresserleben vor Beginn des Präventionsprogramms aus (MNicht-Nutzer = 14.47, SD = 3.52; MNutzer = 16.28, SD = 3.48; F 1, 107 = 5.90; p < .05; Eta2 = .052). Im Hinblick auf die selbstberichtete (sowohl physische als auch psychische) Stresssymp-tomatik findet sich allerdings kein Unterschied zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern, und auch hinsichtlich der von den Schülerinnen und Schülern vor Trainingsbeginn genutzten Stressbewältigungsstrategien ließ sich – in einer zweiten multivariaten Vari-anzanalyse mit den fünf SSKJ-Bewältigungsstrategien als abhängige Variablen – kein signifikanter Effekt nachweisen.

Teilnahme an der „Bonus-Liste“

Was die Teilnahme der Jugendlichen an der „Bonus-Liste“ – also an den regelmäßi-gen, wöchentlichen Zusatzübungen – betrit, so ergibt sich hier ein ähnliches Bild wie bei der Nutzung der Internetseite allgemein, nur dass die Beteiligung insgesamt etwas geringer ist: Gut ein Drittel der Jugendlichen (n = 48; 37,8 % der Untersuchungsstich-probe) hat sich mit mindestens einer abgeschlossenen Übung in die entsprechende Datenbank eingetragen. Allerdings ist der Anteil der regelmäßig teilnehmenden Schü-lerinnen und Schüler dabei recht gering: Nur n = 7 Jugendliche (5,5 % der Untersu-chungsstichprobe) haben alle wöchentlichen Bonus-Specials online bearbeitet, weitere vier (3,1%) haben immerhin sechs der Zusatzübungen gelöst. 14,2 % dagegen stehen mit nur einem einzigen Eintrag in der Datenbank (n = 18), die verbleibenden 15 % verteilen sich in etwa gleichmäßig auf zwei bis fünf bearbeitete Bonus-Specials.

62,2 % der Jugendlichen (n = 79) beteiligten sich gar nicht an der Bonus-Liste, wobei dieser Anteil jedoch innerhalb der einzelnen Schulzweige deutlich unterschiedlich aus-fällt (Chi2 = 9.05; p < .05): Während gut die Hälte aller Schülerinnen und Schüler des Gymnasialzweigs mindestens eine Zusatzübung bearbeitet hat (51,4 %), liegt der Anteil der Bonus-Listen-Teilnehmer im Hauptschulzweig bei nur 14,8 %. Der Realschulzweig nimmt wiederum den mittleren Rangplatz ein (39,7 % Beteiligung).

Abschließend ist festzuhalten, dass der Unterschied hinsichtlich der Stressbelastung zu T1 zwischen Bonus-Listen-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern noch deutlicher ausfällt als der zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern des trainingsbegleitenden In-ternetangebots: Der – unter Kontrolle von Geschlecht und Schulzweig – mittelgroße multivariate Effekt (F 3, 114 = 4.02; p < .01; Eta2 = .096) zeigt sich auf univariater Ebene einerseits bei der selbst eingeschätzten Stressvulnerabilität (F 1, 116 = 7.31; p < .01; Eta2 = .059), zudem aber auch im Ausmaß der psychischen Stresssymptomatik (F 1, 116 = 5.38; p < .05; Eta2 = .044). Jugendliche, die sich begleitend zum realen Stresspräven-tionsprogramm in der Schule auch an den Online-Übungen beteiligen, sind also sol-che, die zu Trainingsbeginn sowohl mehr Stresserleben (MTeilnehmer = 16.82, SD = 3.51;

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MNicht-Teilnehmer = 14.87, SD = 3.41) als auch mehr psychische Stresssymptome (MTeilnehmer = 22.83, SD = 6.38; MNicht-Teilnehmer = 19.26, SD = 5.32) berichten als die, die während des Programmverlaufs keine Beteiligung an der Bonus-Liste zeigen.

3 Diskussion

Mit der vorliegenden Arbeit werden erstmals Ergebnisse vorgestellt, die sich differen-ziert mit den Möglichkeiten des Interneteinsatzes bei der Stressprävention für Jugend-liche auseinandersetzen. Die Kombination der eher allgemeinen Ergebnisse aus „Stu-die 1“ mit den Erkenntnissen aus einem praktischen Anwendungsbeispiel ermöglicht dabei eine ganze Reihe von Schlussfolgerungen zur Erreichbarkeit von Jugendlichen, wenn es um die Vermittlung stresspräventiver Inhalte via Internet geht.

Zunächst einmal bestätigen die in der vorliegenden Studie gewonnen Ergebnisse die bereits häufiger berichtete Erkenntnis, dass Jugendliche insgesamt sehr aktive Internet-nutzer sind. Nur ein geringer Anteil von weniger als 2 % der in Studie 1 untersuchten Siebt- bis Neuntklässler hat noch keine Interneterfahrung; ein Großteil der Schülerinnen und Schüler dagegen gibt an, häufig „online“ zu sein. Damit ist eine generelle Erreich-barkeit der Jugendlichen per Internet zunächst sichergestellt (vgl. auch MPFS, 2006; TNS Infratest, 2006). Selbst das in anderen Studien beobachtete Bildungsgefälle bei der allge-meinen Internetnutzung ist offensichtlich von zu vernachlässigender Bedeutung: Zwar unterscheiden sich die Schülerinnen und Schüler der unterschiedlichen Schulzweige in ihrer generellen Nutzungsintensität statistisch signifikant voneinander; dieser Effekt ist jedoch nur von geringer Größe (Eta2 < .015). In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass Jugendliche aus Hauptschulen durchschnittlich viereinhalb, Gymnasiasten und Real-schüler dagegen gut fünfeinhalb Stunden wöchentlich „online“ sind.

Ein bemerkenswertes Bildungsgefälle zeigt sich dennoch auch in den Ergebnissen der beiden vorliegenden Studien, und zwar wenn es um die spezifische Erreichbarkeit für stresspräventive Angebote geht: Nicht nur, dass Schülerinnen und Schüler mit formal niedrigerem Bildungsstatus das Internet weniger zur Informationssuche verwenden als beispielsweise Gymnasiasten (s. Studie 1; vgl. auch MPFS, 2006); auch die praktischen Erfahrungen in Studie 2 zeigen, dass Hauptschüler deutlich schwerer mit entsprechen-den Online-Angeboten zu erreichen sind als Jugendliche aus weiterführenden Schulen. Der nur geringe Unterschied in der generellen Internetnutzung lässt allerdings vermu-ten, dass dies weniger eine Folge ungleich verteilter Ressourcen ist. Darauf weisen auch die Rückmeldungen der Jugendlichen hin, die sich nicht an dem in Studie 2 beschriebe-nen trainingsbegleitenden e-Learning beteiligt haben: So nennen Hauptschüler deutlich seltener einen fehlenden Internetzugang als Grund für ihre mangelnde Beteiligung als z. B. Gymnasiasten. Sie geben viel eher an, keine Lust gehabt zu haben, sich über das Internet freiwillig mit den Inhalten des in der Schule durchgeführten Stresspräventions-programms weiterzubeschätigen. Demnach führen offensichtlich eher motivationale Unterschiede zu den differentiellen Teilnahmequoten in den einzelnen Schulzweigen.

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Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die Motivation bzw. das Interesse gegenüber präventiven oder gesundheitsfördernden hemen und Inhalten im Internet unter den Jugendlichen insgesamt nur sehr schwach ausgeprägt ist. Zwar zählt die gezielte Infor-mationssuche zu den häufigsten Online-Tätigkeiten der befragten Schülerinnen und Schüler – nur in den seltensten Fällen wird aber nach Information gesucht, die den Bereichen Prävention oder Gesundheitsförderung zugeordnet werden kann (wie z. B. Gesundheit und Ernährung oder persönliche Probleme). Entsprechend gering ist auch die in Studie 1 erfasste „Offenheit für Online-Hilfe bei Stress und Problemen“ – wobei die Mädchen entsprechenden Angeboten positiver gegenüberstehen bzw. häufiger als Jungen nach Information suchen, die die eigene Person bzw. die eigene Gesundheit betreffen. Jungen sind jedoch – insgesamt betrachtet – die intensiveren Onlinenutzer (zumindest hinsichtlich der wöchentlich im Netz verbrachten Zeit). Im Hinblick auf die Erreichbarkeit für Stresspräventionsmaßnahmen per Internet ist demnach zu erwarten, dass sich beide Geschlechtseffekte auheben, so dass Mädchen und Jungen etwa gleich gut mit entsprechenden Onlineangeboten zu erreichen sein sollten. Die ausgeglichene Nutzung der e-Learning-Plattform zum hema Stress und Stressbewältigung durch Jugendliche beiden Geschlechts in Studie 2 gibt einen ersten Hinweis darauf, dass diese Erwartung auch erfüllt werden kann.

Doch die Nutzungs- bzw. Teilnehmerzahlen der Trainingsstudie mit begleitendem Internetangebot zeigen noch etwas anderes: Sie machen deutlich, wie sich das a priori geringe Interesse der Jugendlichen an stresspräventiven Onlineangeboten auf ein kon-kretes Anwendungsbeispiel auswirkt. Zwar ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die das e-Learning-Angebot zumindest ausprobieren, mit rund 60 % noch akzeptabel; die Intensität der Nutzung sowie vor allem auch die Bereitschat zur Teilnahme an regel-mäßigeren Übungen (der Bonus-Liste) ist jedoch als unbefriedigend einzuschätzen.

Wie aber ist das geringe Interesse der Jugendlichen an den stresspräventiven Onli-neangeboten zu werten? Spricht dieses Ergebnis für eine schlechte Erreichbarkeit ju-gendlicher Zielgruppen bei Präventionsmaßnahmen per Internet? Dazu ist zunächst zu bemerken, dass das geringe und mit dem Geschlecht variierende Interesse Jugendlicher an gesundheitsfördernden Inhalten keine Besonderheit des Mediums Internet ist – im Gegenteil. Die Adoleszenz ist ohnehin ein schwieriger Altersbereich, wenn es um die Implementierung präventiver Maßnahmen geht, da die Gefahr besteht, dass z. B. Ge-sundheitsförderung von den Jugendlichen als ein „Aufzwängen von Erwachsenenver-haltensweisen“ missverstanden wird (Hurrelmann u. Settertobulte, 2003, S. 141). Ent-sprechend gering ist folglich auch das Interesse an „klassischen“ Trainingsprogrammen. So interessiert sich beispielsweise insgesamt nur rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler fünter bis zehnter Klassenstufen für ein Stressbewältigungstraining, wobei das Interesse unter den Jungen bzw. den älteren Jugendlichen teilweise noch (deutlich) ge-ringer ausfällt (Klein-Heßling, Lohaus, Beyer, 2003). Ein häufig gewählter Weg, diesen Schwierigkeiten angemessen zu begegnen, ist der klassenweise Einsatz von Programmen im Schulsetting bzw. die Implementation von Präventionsmaßnahmen in den regulären Schulunterricht (vgl. beispielhat die Programmevaluationen von Kröger u. Reese, 2000;

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Manz, Junge, Margraf, 2001; Pössel, Horn, Hautzinger, 2003; Shochet et al., 2001; zusam-menfassend auch Beyer, Fridrici, Lohaus, 2007). Solch ein universaler, primordialer An-satz führt zwar dazu, dass man alle – auch die uninteressierten – Jugendlichen erreicht; es besteht aber die Gefahr, dass eine in die normale Unterrichtszeit implementierte ge-sundheitsfördernde Maßnahme von den Schülerinnen und Schülern schnell als schu-lische Pflicht erlebt wird und möglicherweise mehr Reaktanz als Akzeptanz gegenüber den vermittelten Inhalten erzeugt (Hurrelmann u. Settertobulte, 2003).

Genau hier liegt der wesentliche Vorteil des Internets als Medium zur Vermittlung stresspräventiver Maßnahmen für jugendliche Zielgruppen. Im Gegensatz zu „klas-sischen“ (primär-)präventiven Maßnahmen bieten Onlineangebote die für Jugendli-che so wichtige Möglichkeit zum selbstbestimmten Lernen; d. h. Schülerinnen und Schüler können im Internet selbst darüber entscheiden, ob und wann sie welche Information oder Aktivität nutzen möchten. Wann immer aber Bedarf an stressprä-ventiven bzw. unterstützungsorientierten Angeboten besteht, dann stellt das Inter-net eine besonders niederschwellige Quelle für professionelle Hilfe dar (Culemann, 2002; Schultze, 2004; vgl. auch Döring, 2000).

So sind abschließend auch die in der vorliegenden Arbeit gefundenen positiven Korrelationen zwischen Problem- bzw. Stressbelastung und Internetnutzung her-vorzuheben: Nicht nur, dass sich Jugendliche mit höheren Belastungswerten bes-ser vorstellen können, auch im Internet einmal nach Unterstützung oder Hilfe für ihre Probleme zu suchen. Die Erfahrungen mit der SNAKE-Trainingswebsite zeigen außerdem, dass auch im realen Anwendungskontext die tatsächlich betroffenen, d. h. stressbelasteten Jugendlichen eher zu einer Beschätigung mit stresspräventiven Onlineangeboten bereit sind. Dies gilt offensichtlich insbesondere für Angebote mit höherem Verbindlichkeitscharakter, wie der größere Effekt auf die Teilnahme an den regelmäßigen Bonus-Übungen vermuten lässt.

Bleibt zu erwähnen, dass der trainingsbegleitende Einsatz eines Internetangebots letztlich auch mit positiven Effekten für die teilnehmenden Jugendlichen verbunden ist (vgl. Fridrici u. Lohaus, 2007): Das Stresspräventionsprogramm mit Online-Begleitung wird von den Schülerinnen und Schülern positiver bewertet und führt zu einem hö-heren Wissenszuwachs im Bereich Stress und Stressbewältigung als ein vergleichbares Training ohne begleitendes e-Learning. Effekte auf die erlebte Stressbelastung sowie den Einsatz von Bewältigungsstrategien konnten durch den zusätzlichen Interneteinsatz bis-lang aber nicht erzielt werden (s. zusammenfassend Fridrici u. Lohaus, 2007).

Als Fazit kann festgehalten werden, dass mit Internetangeboten offensichtlich eher Schülerinnen und Schüler mit formal höherem Bildungsstand erreicht werden können sowie solche, die bereits erste Belastungen aufweisen. Für universale bzw. primordia-le Vorhaben scheint das Internet daher – zumindest als alleiniges Medium – weniger geeignet. Hier bietet sich insbesondere eine Kombination mit klassischen Stresspräven-tionstrainings im Schulkontext an, bei denen ein begleitendes Internetangebot zur Ver-fügung gestellt wird, das dann von interessierten Schülerinnen und Schülern genutzt werden kann.

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