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MAGAZIN | 254 | © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2009, 43, 254 – 256 NEUE DUFTBÜCHER | Für die chemischen Sinne Nach dem überaus positiven Echo auf die erste Rezension [1] über Bücher, die den chemischen Sinn, unseren Ge- ruchssinn, ansprechen, schien eine Aktualisierung nun mehr als überfällig: Neue Geschichten und Romane zum Thema Duft, die nicht nur, aber auch den Chemiker an- sprechen! Schon in die erste Übersicht hätte Der Name, die Nase aus dem Sam- melband Unter der Jaguar-Sonne von Italo Calvino [2] gehört. Ei- gentlich hätte der Titel Die fünf Sinne heißen und jeweils ein Sin- nesorgan in den Mittelpunkt einer Kurzgeschichte stellen sollen. Doch durch den Tod des Autors fehlen die Geschichten über das Sehen und den Tastsinn. Der Na- me, die Nase entstand schon 1972 als erste Geschichte des Bandes und erzählt davon, wie ein Mann zu drei ganz unterschiedlichen Zei- ten, nämlich als Homo habilis im Pliozän, als Dandy der Belle Epoque und als Hippie-Rockstar während der New-Age-Bewegung, einer Frau verfällt, von der er nur den Duft kennt. Obwohl er alles daransetzt, diese Frau durch ihren Duft zu identifizieren, gelingt ihm dies jeweils erst, nachdem sie schon von einem eifersüchtigen Nebenbuhler gewaltsam aus dem Weg geschafft wurde.Kunstvoll verknüpft Calvino die gleichartigen Handlungsstränge zu einem Finale, das erklären soll, warum der menschliche Geruchssinn im Laufe der Evolution verkümmert ist – wenn dem denn wirklich so ist ... Ein kleines literarisches Meister- werk, das auch als Hörbuch [3] ein wahrer Genuss ist. Bernhard Jaumann hat jedem Sinn nicht nur eine Kurzgeschich- te, sondern gleich einen ganzen Krimi gewidmet… nach Hörsturz, Sehschlachten und Handstreich folgte 2001 Duftfallen [4]. Der Riechstoffchemiker Tsuchida hat darin für den japanischen Geträn- kekonzern Kanpai eine geruchsver- stärkende Substanz entwickelt, die mikroverkapselt in einer Weih- rauchpaste Getränkeautomaten in Tokio unwiderstehlich machen soll. In drei der Testautomaten wird jedoch auch Blausäure freige- setzt, was zu 19 Todesopfern führt. Der Giftgasanschläge verdächtigt wird der Aromaexperte Takeo Ta- kamura, der zufällig an einem Auto- maten gesehen wird. Gemeinsam mit einer als Geisha verkleideten Privatdetektivin tritt er eine skurri- le Flucht an, verfolgt von einem deutschen Schäferhund namens Adolf und elf konsumsüchtigen Sensô-ji-Mönchen.Wie in einem Manga-Comic überzeichnet Jau- mann die Charaktere, beschreibt in opulenter Sprache Gerüche und lässt kein Japan Klischee außen vor.Stilgerecht wird der Fall in ei- ner Kô-do-Zeremonie gelöst, auch wenn am Ende alles vermeintlich nur ein Traum war.Da die Hand- lung an mehreren Parallelschau- plätzen abläuft, wirkt dieses Ende leider konstruiert.Wer es aber schräg, bunt und abgefahren mag, den wird dieser Japan-Krimi nicht enttäuschen, auch wenn 3-Mercap- tohexylacetat (Kapitel 2) falsch ge- schrieben und sicher nicht das Nonplusultra von Zitrusdüften ist. Jaumanns Versuch am Ende von Kapitel 5 die biochemischen Grundlagen der Geruchswahrneh- mung allgemein verständlich dar- zustellen, scheitert. Dafür greift man besser auf die Werke von Hanns Hatt [5, 6] zurück. Einen richtigen Duft-Manga hat Kaori Yuki mit Perfume Master [7] vorgelegt. Im Mittelpunkt der drei Geschichten steht jeweils ein Duft, der den charismatischen Parfü- meur Kanade Saikawa, unterstützt von seiner kleinen kampflustigen Cousine Anais, zur Lösung eines Kriminalfalls führt. Im ersten Fall soll der verräterische Gestank ei- ner Leiche durch den Duft von Ro- sen überdeckt werden, doch das Parfüm „Rosenknospe“ bringt Ka- nade geradewegs zur Muttermörde- rin. In der zweiten Geschichte wird Kanade von seiner Vergangen- heit an der Parfümeur-Schule ISIPCA in Versailles eingeholt. Sein Parfüm Felicia N°8 wird von sei- nem Erzrivalen Kure’ichi durch ei- nen mit Blausäure gefüllten Innen- einsatz in einen Todesduft verwan- delt. Kure’ichi gelingt sogar die Entführung von Anais, doch als die- ser sie bei lebendigem Leibe in Ro- senessenz flambieren will, verrät der Duft das Versteck und Kanade kann die Tat in letzter Sekunde ver- eiteln. In der dritten Kurzgeschich- te gelingt es Kanade mit Hilfe ei- nes Fliederduftes die Kindheitser- innerungen von Lila Nishizaki, ei- ner Klassenkameradin von Anais, an den tragischen Unfall ihres Va- ters ins Gedächtnis zurückzurufen. Mehr noch, schließlich kann er Li- las Vater mit einem Fliederparfüm aus dem Koma erwecken und ihre Tante des versuchten Mordes über- führen. Diese letzte Geschichte ist mit Abstand die am realistischsten erzählte und spannendste des Ein- zelbandes, aber auch der Märchen- stil der zwei anderen Geschichten begeistert ebenso wie der detail- lierte, ausgefeilte Zeichenstil Kaori Yukis. Kurzum, Perfume Masters ist ein kurzweiliger Lesespaß und eine gelungene Werbung für das Genre. Bisher nur als Hörbuch erschie- nen sind die Duftkrimis zum Schmunzeln von Beate Pfeiffer und Wolfgang Ohler [8]. Im ersten der fünf Kurzkrimis zum Thema Duft überführt eine Putzfrau, ge- tarnt mit dem Parfüm der Hausher- rin, ihren Ehemann beim Fremdge- hen. Ein galantes Duftratespiel zwi- schen Auftragskiller und Opfer steht im Mittelpunkt der darauf fol- genden Geschichte und in Duft- perlen wird ein Mord und versuch- ter Versicherungsbetrug um ein kostbares Duft-Kollier durch den guten Riecher der Kriminalbeamtin gelöst. Tender Trap ist der Höhe- punkt der Sammlung und der Na- me des Parfüms, das einem Einbre- cherpärchen beim Knacken des Tresors zum Verhängnis wird. Stö- ckelschuhe aus Paris besiegeln

Für die chemischen Sinne

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254 | © 2009 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2009, 43, 254 – 256

N EU E D U F T B Ü C H E R |Für die chemischen SinneNach dem überaus positiven Echo auf die erste Rezension[1] über Bücher, die den chemischen Sinn, unseren Ge-ruchssinn, ansprechen, schien eine Aktualisierung nunmehr als überfällig: Neue Geschichten und Romane zumThema Duft, die nicht nur, aber auch den Chemiker an-sprechen!

Schon in die erste Übersicht hätteDer Name, die Nase aus dem Sam-melband Unter der Jaguar-Sonnevon Italo Calvino [2] gehört. Ei-gentlich hätte der Titel Die fünfSinne heißen und jeweils ein Sin-nesorgan in den Mittelpunkt einerKurzgeschichte stellen sollen.Doch durch den Tod des Autorsfehlen die Geschichten über dasSehen und den Tastsinn. Der Na-me, die Nase entstand schon 1972als erste Geschichte des Bandesund erzählt davon, wie ein Mannzu drei ganz unterschiedlichen Zei-ten, nämlich als Homo habilis imPliozän, als Dandy der BelleEpoque und als Hippie-Rockstarwährend der New-Age-Bewegung,einer Frau verfällt, von der er nurden Duft kennt. Obwohl er allesdaransetzt, diese Frau durch ihrenDuft zu identifizieren, gelingt ihmdies jeweils erst, nachdem sieschon von einem eifersüchtigenNebenbuhler gewaltsam aus demWeg geschafft wurde. Kunstvollverknüpft Calvino die gleichartigenHandlungsstränge zu einem Finale,das erklären soll, warum dermenschliche Geruchssinn im Laufeder Evolution verkümmert ist –wenn dem denn wirklich so ist ...Ein kleines literarisches Meister-werk, das auch als Hörbuch [3] einwahrer Genuss ist.

Bernhard Jaumann hat jedemSinn nicht nur eine Kurzgeschich-te, sondern gleich einen ganzenKrimi gewidmet… nach Hörsturz,Sehschlachten und Handstreichfolgte 2001 Duftfallen [4]. DerRiechstoffchemiker Tsuchida hatdarin für den japanischen Geträn-kekonzern Kanpai eine geruchsver-

stärkende Substanz entwickelt, diemikroverkapselt in einer Weih-rauchpaste Getränkeautomaten inTokio unwiderstehlich machensoll. In drei der Testautomatenwird jedoch auch Blausäure freige-setzt, was zu 19 Todesopfern führt.Der Giftgasanschläge verdächtigtwird der Aromaexperte Takeo Ta-kamura, der zufällig an einem Auto-maten gesehen wird. Gemeinsammit einer als Geisha verkleidetenPrivatdetektivin tritt er eine skurri-le Flucht an, verfolgt von einemdeutschen Schäferhund namensAdolf und elf konsumsüchtigenSensô-ji-Mönchen.Wie in einemManga-Comic überzeichnet Jau-mann die Charaktere, beschreibt inopulenter Sprache Gerüche undlässt kein Japan Klischee außenvor. Stilgerecht wird der Fall in ei-ner Kô-do-Zeremonie gelöst, auchwenn am Ende alles vermeintlichnur ein Traum war. Da die Hand-lung an mehreren Parallelschau-plätzen abläuft, wirkt dieses Endeleider konstruiert.Wer es aberschräg, bunt und abgefahren mag,den wird dieser Japan-Krimi nichtenttäuschen, auch wenn 3-Mercap-tohexylacetat (Kapitel 2) falsch ge-schrieben und sicher nicht dasNonplusultra von Zitrusdüften ist.Jaumanns Versuch am Ende vonKapitel 5 die biochemischenGrundlagen der Geruchswahrneh-mung allgemein verständlich dar-zustellen, scheitert. Dafür greiftman besser auf die Werke vonHanns Hatt [5, 6] zurück.

Einen richtigen Duft-Manga hatKaori Yuki mit Perfume Master [7]vorgelegt. Im Mittelpunkt der dreiGeschichten steht jeweils ein Duft,der den charismatischen Parfü-meur Kanade Saikawa, unterstütztvon seiner kleinen kampflustigenCousine Anais, zur Lösung einesKriminalfalls führt. Im ersten Fallsoll der verräterische Gestank ei-ner Leiche durch den Duft von Ro-sen überdeckt werden, doch dasParfüm „Rosenknospe“ bringt Ka-nade geradewegs zur Muttermörde-rin. In der zweiten Geschichte

wird Kanade von seiner Vergangen-heit an der Parfümeur-Schule ISIPCA in Versailles eingeholt. SeinParfüm Felicia N°8 wird von sei-nem Erzrivalen Kure’ichi durch ei-nen mit Blausäure gefüllten Innen-einsatz in einen Todesduft verwan-delt. Kure’ichi gelingt sogar dieEntführung von Anais, doch als die-ser sie bei lebendigem Leibe in Ro-senessenz flambieren will, verrätder Duft das Versteck und Kanadekann die Tat in letzter Sekunde ver-eiteln. In der dritten Kurzgeschich-te gelingt es Kanade mit Hilfe ei-nes Fliederduftes die Kindheitser-innerungen von Lila Nishizaki, ei-ner Klassenkameradin von Anais,an den tragischen Unfall ihres Va-ters ins Gedächtnis zurückzurufen.Mehr noch, schließlich kann er Li-las Vater mit einem Fliederparfümaus dem Koma erwecken und ihreTante des versuchten Mordes über-führen. Diese letzte Geschichte istmit Abstand die am realistischstenerzählte und spannendste des Ein-zelbandes, aber auch der Märchen-stil der zwei anderen Geschichtenbegeistert ebenso wie der detail-lierte, ausgefeilte Zeichenstil KaoriYukis. Kurzum, Perfume Masters istein kurzweiliger Lesespaß und einegelungene Werbung für das Genre.

Bisher nur als Hörbuch erschie-nen sind die Duftkrimis zumSchmunzeln von Beate Pfeifferund Wolfgang Ohler [8]. Im erstender fünf Kurzkrimis zum ThemaDuft überführt eine Putzfrau, ge-tarnt mit dem Parfüm der Hausher-rin, ihren Ehemann beim Fremdge-hen. Ein galantes Duftratespiel zwi-schen Auftragskiller und Opfersteht im Mittelpunkt der darauf fol-genden Geschichte und in Duft-perlen wird ein Mord und versuch-ter Versicherungsbetrug um einkostbares Duft-Kollier durch denguten Riecher der Kriminalbeamtingelöst. Tender Trap ist der Höhe-punkt der Sammlung und der Na-me des Parfüms, das einem Einbre-cherpärchen beim Knacken desTresors zum Verhängnis wird. Stö-ckelschuhe aus Paris besiegeln

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schließlich das Schicksal einer Frau, diezuviel von ihrem kostbaren Parfüm in dieNase bekommt. Eine unterhaltsame kleineSammlung von Geschichten mit witzigenPointen.

Im Thriller Der Duft von Karl Olsberg[9] geht es weniger gemütlich um ein ex-trem potentes menschliches Aggressions-pheromon, das Männer in blinde Rasereiverfallen lässt. Insgeheim entwickelt undgetestet an Berggorillas wurde dieses Phe-romon in dem ugandischen Feldlabor derdeutschen Firma Olfana unter der Leitungvon Dr. Borg, der mit dem Terroristen Na-riv Ondomar gemeinsam in Heidelbergstudiert hat. Ondomar möchte mit diesemAggressionspheromon eine Nahost-Frie-denskonferenz in Riad torpedieren, dochim allerletzten Moment kommen ihm dieUnternehmensberaterin Marie Escher undihr Mitarbeiter Rafael Grendel in die Que-re, die eigentlich nur das Zukunftspotenti-al von Olfana unter die Lupe nehmen soll-ten. Obwohl Maria nicht verhindernkann, dass ein Allure-Flakon die Bestie imMann zum Vorschein bringt, nimmt derFriedenskongress dennoch eine unerwar-tet gute Wendung. Das eigentliche Endenach diesem Ende ist noch für eine weite-re Überraschung gut. In Punkto Spannunglässt Olsbergs Thriller keine Wünsche üb-rig, er ist packend geschrieben und garan-tiert durchwachte Nächte. Lediglich dieEinschübe aus Marias Kindheit sind stö-rend und helfen der Handlung nicht wei-ter – sie fehlen in der Hörbuch-Fassung[10], die dadurch noch einen Tick anTempo und Intensität gewinnt.

Der Duft der Dinge, das ist nicht nurder Titel des Romans von Paolo Teobaldi[11], sondern auch der Titel einer Ausstel-lung, die sein Antiheld, Dottore TizianoRossi, auf einer Mülldeponie organisierenwill. Doch zunächst lernen wir Tizio da-bei kennen, wie er versucht, jede Duft-spur seiner frisch aus der Wohnung aus-gezogenen Frau Lia auszulöschen: vomKühlschrank und der Tiefkühltruhe überdas Bade- und Schlafzimmer bis hin zurVorratskammer, dem Bücherregal undschließlich der Garage. Endlich befreitvom Mief seiner gescheiterten Ehe erfährtTizio, dass er wegen Personalüberhangszur Stadtreinigung versetzt wird. Dortlernt er die andere Seite des Mülls ken-nen und arbeitet sich vom Straßenfeger

zum Deponiedirektor hoch.Als er bei ei-nem Rundgang über seine Deponie danneines Tages auf eine alte Plastikwanduhrstößt, die er dereinst selber entsorgt hat-te, reift in ihm die Idee, durch gezielteBohrungen die Geschichte anhand vonweggeworfenen Konsumgütern und de-ren Duft zu dokumentieren. Die Ausstel-lung wird ein großer Erfolg und am Endefindet Tizio auf der Fährte eines betören-den Duftes nach Erdbeerstrauch sogarseine große Liebe. Ein Roman über Müllund Gestank ist an sich schon außerge-wöhnlich, dass die Geschichte aber überProust’sche Madeleine-Effekte entwickeltwird, ergibt eine reizvolle Dimension anRealismus und Tiefe. Paolo Teobaldi ver-setzt den Leser so in eine Duftwelt undbewegt ihn zum Nachdenken über unse-re Konsumgesellschaft, ohne dabei beleh-rend zu wirken.

In Der Duft der Gewürze der indi-schen Autorin Radhika Jha [12] geht es,wie der englische Originaltitel treffenderumschreibt, um einen animalischen Ge-ruch oder vielmehr Gestank, der die Ich-Erzählerin Leela Patel verfolgt. Nachdem gewaltsamen Tod ihres Vaters beiAufständen in Nairobi von ihrer Mutter zuihrem Onkel Krishenbhai und ihrer TanteLatha nach Paris geschickt, arbeitet Leelain deren Lebensmittelgeschäft. Zu Un-recht verdächtigt, bei einer Hauslieferungmit einem Kunden intim geworden zusein, wird sie verstoßen und findet sichauf den Straßen von Paris wieder. Eine Be-kannte ihrer Freundin Lotti, das Fotomo-dell Maeve, gewährt ihr Unterschlupf, bissie als Au-pair-Mädchen bei der FamilieBaleine arbeiten kann.Vom Ehemann ver-führt, wird Leela seine Geliebte und vonnun an von einem eingebildeten animali-schem Gestank verfolgt, gegen den selbstSamsara machtlos ist. Dieser Gestanktreibt sie in eine Odyssee, über eine kurzeAffäre mit dem Besitzer einer großenFeinkostkette, eine kurze Flucht nachDünkirchen, eine kurze Karriere in einerFernsehkochshow bis zum unvermeidli-chen Zusammenbruch, bei der sie sich ih-rer wahren Liebe bewusst wird. Das Endedieses bunten Romans ist sehr abruptund exzentrisch inszeniert.Auch lässtRadhika Jha viel von dem Potential inLeelas tragischem Charakter ungenutzt,

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der Jaguar-Sonne, Carl Hanser, München,Wien 11998877, 103 S., ISBN 3-446-15010-2;Englische Ausgabe: Italo Calvino, Underthe Jaguar Sun, Harcourt Brace & Co., Orlando, 11998888, 86 S., ISBN 978-0-15-692794-2.

[3] Italo Calvino, Ein General in derBibliothek, Erzählungen, Patmos, Düssel-dorf, 22000055, 2 CDs, ISBN 978-3-491-91182-6.

[4] Bernhard Jaumann, Duftfallen, Aufbau Taschenbuch, Berlin, 22000011, 271 S., ISBN 3-7466-1508-9.

[5] Hanns Hatt, Dem Rätsel des Riechens aufder Spur, Grundlagen der Duftwahrneh-mung, supposé, Köln, 22000066, 2 CDs, ISBN 978-3-932513-70-1.

[6] Hanns Hatt, Regine Dee, Das Maiglöck-chen-Phänomen, Alles über das Riechenund wie es unser Leben bestimmt, Piper,München, 22000088, 317 S., ISBN 978-3-492-05224-5.

[7] Kaori Yuki, Perfume Master, Carlsen Man-ga, Hamburg, 22000077, 169 S., ISBN 978-3-551-77778-2.

[8] Beate Pfeiffer, Wolfgang Ohler, Duftkrimiszum Schmunzeln, Verlag Pfeiffer-StaarGbR, Grünwald, 22000066, 1 CD,ISBN 978-3-937142-04-3.

[9] Karl Olsberg, Der Duft, Aufbau Taschen-buch, Berlin, 22000088, 421 S., ISBN 978-3-7466-2465-5.

[10] Karl Olsberg, Der Duft, Target – mitten insOhr, 22000088, 6 CDs, ISBN 978-3-86804-510-9.

[11] Paolo Teobaldi, Der Duft der Dinge, Ver-lagsbuchhandlung Liebeskind, München,22000011, 224 S., ISBN 3-935890-04-4; Italie-nische Originalausgabe: Paolo Teobaldi,La discarica, Edizioni e/o, Rom, 11999988, 192 S., ISBN 978-8-87641-349-0.

[12] Radhika Jha, Smell, Quartet books, 22000011,307 S., ISBN 0-7043-8160-5; DeutscheAusgabe: Der Duft der Gewürze, Blanva-let, München, 22000011, ISBN 978-3442355143.

[13] Chitra Banerjee Divakaruni, The Mistressof Spices, Anchor Books, A Devision ofRandom House, Inc., New York, 11999988, 339 S., ISBN 0-385-48238-8; DeutscheAusgabe: Die Hüterin der Gewürze, Diana Taschenbuch, München, 22000055, 413 S., ISBN 978-3-45335-047-2.

[14] Chitra Banerjee Divakaruni, Die Hüterinder Gewürze, Heyne Hörbuch, München,22000022, 3 CD, ISBN 978-3-45318-138-0.

[15] Paul Mayeda Berges, Gurinder Chadha,Chitra Banerjee Divakaruni, The Mistressof Spices – Die Hüterin der Gewürze, As-cot Elite Home Entertainment, 22000066, 1 DVD, 96 Min., ASIN B000I0RJ5Q.

[16] Ewald Arenz, Der Duft von Schokolade,ars vivendi Verlag, Cadolzburg, 22000077, 270 S., ISBN 978-3-89716-813-8; Taschen-buchausgabe: DTV, München, 22000099, 272 S., ISBN 978-3-423-13808-6.

Philip KraftGivaudan Schweiz AG,

Riechstoff-Forschung,8600 Dübendorf (Schweiz)

dennoch liest man gebannt undungeduldig bis zur letzten Seite.

In Chitra Banerjee Divakarunismärchenhafter Erzählung Die Hü-terin der Gewürze [13] hilft Tilot-tama mit ihrem magischen Wissenum die Macht der Gewürze denKunden ihres Spice Bazaar in Oak-land dabei, ihre Alltagsprobleme zulösen.Als kleines Mädchen von Pi-raten nach einem Überfall auf ihrDorf in Indien verschleppt, gelangTilo eines Tages die Flucht auf eineInsel, wo sie von einer alten Wun-derheilerin aufgenommen und indie geheimnisvollen Kräfte der Ge-würze eingeweiht wurde. Nach-dem sie dort durch das Feuer derErkenntnis und Selbstaufgabe ge-gangen ist, kann sie in die Herzender Menschen sehen und ihre kör-perlichen wie seelischen Leidenmit Gewürzen und Essenzen, glei-chermaßen Nahrung und Medizin,heilen. Um ihre Kräfte nicht zu ver-lieren, darf sie aber ihren Laden nieverlassen, die Gewürze nicht zu ih-rem eigenen Nutzen einsetzen, undnichts und niemand außer den Ge-würzen lieben. Und natürlich ver-liebt sich Tilo nun in den Amerika-ner Raven. Für diese Liebe setzt siealles aufs Spiel und opfert ihre ma-gischen Kräfte, um ein Haar sogarfast ihr Leben. Zumindest im Buch[13] und dem gleichnamigen Hör-buch [14], denn Die Hüterin derGewürze wurde auch verfilmt[15], mit der Bollywood-IkoneAishwarya Rai in der Hauptrolle.Anders als in der Buchvorlage istTilo im Film also keineswegs eineunattraktive alte Frau und der Filmkennt auch ein Happy End, so dassTilo sowohl ihr Liebesglück wieauch ihre magischen Kräfte behal-ten kann. Der Film [15] überzeugttrotz geringen Budgets durch schö-ne Bilder, die darüber hinwegtäu-schen, dass die Geschichte oft sta-tisch und konstruiert wirkt. ImGrunde stehen aber im Buch wieim Film die Gewürze und Essenzenim Mittelpunkt, und wer etwasüber die Eigenschaften erfahrenwill, die der Volksmund ihnen

nachsagt, für den ist DivakarunisMärchen genau das Richtige.

Als Comme des Garçons imJahr 2000 ihre erste parfums*PAR-FUMS Serie Leaves lancierten,konnte man den Duft Lily auch inForm von Pralinen kaufen. Um einesolche Art Duftpralinen geht es inDer Duft von Schokolade vonEwald Arenz [16]: Im Glauben, sei-ne große Liebe Elena Palffy beimBrand des Wiener Ringtheaters1881 verloren zu haben, beschließtder junge Leutnant August Liebes-kind, sich zum Zuckerbäcker aus-bilden zu lassen, um die Träumeder Menschen in Schokolade zugießen. Denn seine außergewöhnli-che Gabe ist es, die Sehnsüchteund Schicksale der anderen förm-lich riechen zu können. Und sokomponiert er mit den ungewöhn-lichsten Ingredienzien Duftkon-fekt. Eines auch in Erinnerung anElena in Form eines goldenen Ska-rabäus, den sie als Anhänger trug:unter Verwendung von Muskatkro-kant, Blattgold und Zucker, auf demsie sich geliebt hatten. Unverhofftfinden sich August und die unter-getauchte Elena durch diese Duft-pralinen tatsächlich in Berlin wie-der, allerdings nur, um sich in ei-nem Machtspiel der Liebe aufsneue zu verlieren. Eine besondersschön erzählte, tragische Liebesge-schichte über Orientierungslosig-keit, Lebensfreude und Selbstver-wirklichung, mit einem Stück vonHarris’ Chocolat und einem Sprit-zer von Süskinds Parfüm, aberdennoch so einzigartig wie die Pra-linen des August Liebeskinds. Manmuss dieses Buch einfach ver-schlingen und das offene Ende derAbreise nach Istanbul lässt auf eineFortsetzung hoffen.

Für den Riechstoff- und Aroma-chemiker stellen auch diese Duft-bücher wieder ein Muss dar. Sicherwerden aber auch andere LeserSpaß an deren Lektüre finden.

[1] P. Kraft, Angew. Chem. 22000055, 117, 6259–6261; Angew. Chem. Int. Ed. 22000055, 44,6105–6107.

[2] Italo Calvino, Der Name, die Nase in Unter