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Nr. 3 | 35. Jahrgang 2005 | Biol. Unserer Zeit | 209 RÄTSEL | MAGAZIN Passend zum thematischen Schwer- punkt dieser BIUZ-Ausgabe geht es auch in unserem Rätsel um Riffe. Gesucht werden Architekten, die in Millionen von Jahren „Städte unter Wasser“ aufgebaut haben. Riffe sind durch Calciumcarbonat gekennzeichnet, das im Laufe der Jahre zu kilometerdicken Schichten aufgetürmt werden kann. Diesen Rohstoff nutzten Menschen schon früh für Bauwerke, die ihrerseits zum Teil schon viele Jahrhunderte über- standen haben. Die schwedische Ostseeinsel Gotland ist zum Großteil ein paläo- zoisches (silurisches) Riff, das vor etwa 400 Millionen Jahren im Bereich des damals äquatorialen Kontinentes Baltica lag. Aus ihm gingen Skandina- vien, das Baltikum und der europä- ische Teil Russlands hervor. Heute beherbergt Gotland zahlreiche Kir- chen aus einem ganz besonderen Stein (Abbildung a). Der weiß-graue Kalkstein wurde auf der Insel gebro- chen und enthält die am besten erhal- tenen und fossilreichsten Flachwas- sermeeressedimente innerhalb ihres geologischen Zeitabschnitts. Man fin- det hier Brachiopoden und Bryozoen, Graptolithen und Crinoiden, Tentacu- liten, Trilobiten sowie natürlich auch Hauptakteure der Riffentwicklung, beispielsweise die in ihrer Stellung umstrittenen Stromatoporen. Aus dem Mesozoikum, insbeson- dere der Kreide, stammen Riffe von Muscheln, die bis zu zwei Meter hoch wurden und die im späten Erd- mittelalter, als der Meeresspiegel um bis zu 300 Meter über dem heutigen lag, Flachwassergebiete des Tethys- Meeres besiedelten. Ihre wissen- schaftliche Bezeichnung leitet sich vom lateinischen Wort „rudus“ für Schutt (Plural: Ruinen) ab. Ende des Mesozoikums, vor etwa 65 Millionen Jahren, starben sie aus und hinter- ließen entlang der Küstenlinie des den Globus umspannenden Tethys- FÜR UNSERE RÄTSELFREUNDE | Riffe zu Tempeln Meeres umfangreiche Trümmerkalke, die heute wegen ihrer Schönheit gern für Bodenplatten und Portale Verwendung finden. So manche Kir- che im mediterranen Raum, zum Beispiel in Portugal (Abbildung b), besteht zu wesentlichen Teilen aus dem Kalkstein, der nach diesen Muscheln benannt wurde. Man braucht jedoch nicht so weit zu reisen, um auf Riffgestein zu stoßen. In manchen Gebieten entlang des Rheins und einiger seiner Neben- flüsse hat es im Paläozoikum umfang- reiche Stromatoporen-Korallenriffe gegeben, deren Überreste heute noch zu besichtigen sind. Der Limburger Dom steht auf einem solchen Riff, und die Statue des Brückenheiligen auf der Lahnbrücke in Limburg wurde ebenfalls aus diesem Gestein, dem Lahnmarmor, hergestellt. In der Stadt Brilon im Sauerland ist devoni- scher Riffkalk vielfach verbaut, zum Beispiel in Stadtmauer und Stadttor sowie in einer evangelischen Kirche. Will man Gotteshäuser aus mo- dernen Scleractinia-Riffen sehen, so schaue man sich Kirchen in ehemali- gen Kolonien an, deren Einwohner christianisiert wurden. Ob auf den Philippinen oder in Ostafrika, in der Südsee oder in der Karibik, überall wurden känozoische (erdneuzeit- liche) Riffe abgebaut, und die Skelette ihrer Erbauer, der Scleractinia, sind in Wänden und Böden zu bewundern. Frage 1: Welche Cnidaria haben außer den Stromatoporen die paläo- zoischen Riffe aufgebaut? Frage 2: Wie heißen die Muscheln, die den „schönen Schutt“ des Mesozoikums geliefert haben? Volker Storch, Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 5. Juli 2005 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit”, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ... In Heft 2/2005 suchten wir: Eisenkraut (Verbena officinalis) Gewonnen haben Christine Renz, Hochdorf-Schweinhausen Dr. Gerlinde Fleck, Koblenz Günter Barnikel, Ulm Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. a) Dom- kirche St. Marien in Visby auf Gotland. b) Basi- lica da Estrêla in Lissabon.

Für unsere Rätselfreunde: Riffe zu Tempeln

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Page 1: Für unsere Rätselfreunde: Riffe zu Tempeln

Nr. 3 | 35. Jahrgang 2005 | Biol. Unserer Zeit | 209

R Ä T S E L | M AG A Z I N

Passend zum thematischen Schwer-punkt dieser BIUZ-Ausgabe geht esauch in unserem Rätsel um Riffe. Gesucht werden Architekten, die inMillionen von Jahren „Städte unterWasser“ aufgebaut haben.

Riffe sind durch Calciumcarbonatgekennzeichnet, das im Laufe derJahre zu kilometerdicken Schichtenaufgetürmt werden kann. DiesenRohstoff nutzten Menschen schonfrüh für Bauwerke, die ihrerseits zumTeil schon viele Jahrhunderte über-standen haben.

Die schwedische OstseeinselGotland ist zum Großteil ein paläo-zoisches (silurisches) Riff, das voretwa 400 Millionen Jahren im Bereichdes damals äquatorialen KontinentesBaltica lag. Aus ihm gingen Skandina-vien, das Baltikum und der europä-ische Teil Russlands hervor. Heute beherbergt Gotland zahlreiche Kir-chen aus einem ganz besonderenStein (Abbildung a). Der weiß-graueKalkstein wurde auf der Insel gebro-chen und enthält die am besten erhal-tenen und fossilreichsten Flachwas-sermeeressedimente innerhalb ihresgeologischen Zeitabschnitts. Man fin-det hier Brachiopoden und Bryozoen,Graptolithen und Crinoiden, Tentacu-liten, Trilobiten sowie natürlich auchHauptakteure der Riffentwicklung,beispielsweise die in ihrer Stellungumstrittenen Stromatoporen.

Aus dem Mesozoikum, insbeson-dere der Kreide, stammen Riffe vonMuscheln, die bis zu zwei Meterhoch wurden und die im späten Erd-mittelalter, als der Meeresspiegel umbis zu 300 Meter über dem heutigenlag, Flachwassergebiete des Tethys-Meeres besiedelten. Ihre wissen-schaftliche Bezeichnung leitet sichvom lateinischen Wort „rudus“ fürSchutt (Plural: Ruinen) ab. Ende desMesozoikums, vor etwa 65 MillionenJahren, starben sie aus und hinter-ließen entlang der Küstenlinie desden Globus umspannenden Tethys-

F Ü R U N S E R E R ÄT S E L F R EU N D E |Riffe zu Tempeln

Meeres umfangreiche Trümmerkalke,die heute wegen ihrer Schönheitgern für Bodenplatten und PortaleVerwendung finden. So manche Kir-che im mediterranen Raum, zum Beispiel in Portugal (Abbildung b),besteht zu wesentlichen Teilen ausdem Kalkstein, der nach diesen Muscheln benannt wurde.

Man braucht jedoch nicht so weitzu reisen, um auf Riffgestein zustoßen. In manchen Gebieten entlangdes Rheins und einiger seiner Neben-flüsse hat es im Paläozoikum umfang-reiche Stromatoporen-Korallenriffegegeben, deren Überreste heute nochzu besichtigen sind. Der LimburgerDom steht auf einem solchen Riff,und die Statue des Brückenheiligenauf der Lahnbrücke in Limburgwurde ebenfalls aus diesem Gestein,dem Lahnmarmor, hergestellt. In derStadt Brilon im Sauerland ist devoni-scher Riffkalk vielfach verbaut, zumBeispiel in Stadtmauer und Stadttorsowie in einer evangelischen Kirche.

Will man Gotteshäuser aus mo-dernen Scleractinia-Riffen sehen, soschaue man sich Kirchen in ehemali-gen Kolonien an, deren Einwohnerchristianisiert wurden. Ob auf denPhilippinen oder in Ostafrika, in derSüdsee oder in der Karibik, überall

wurden känozoische (erdneuzeit-liche) Riffe abgebaut, und die Skeletteihrer Erbauer, der Scleractinia, sind inWänden und Böden zu bewundern.

Frage 1: Welche Cnidaria habenaußer den Stromatoporen die paläo-zoischen Riffe aufgebaut?

Frage 2: Wie heißen die Muscheln, die den „schönen Schutt“des Mesozoikums geliefert haben?

Volker Storch, Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 5. Juli 2005 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit”,Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Verlost wird dreimal ...

In Heft 2/2005 suchten wir:Eisenkraut (Verbena officinalis)

Gewonnen haben• Christine Renz, Hochdorf-Schweinhausen• Dr. Gerlinde Fleck, Koblenz• Günter Barnikel, Ulm

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . a) Dom-kirche St. Marienin Visby auf Gotland. b) Basi-lica da Estrêla in Lissabon.

209_BI_Raetsel_3 17.05.2005 10:17 Uhr Seite 209