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Fundamentals of Piano Practice Klavier spielen - Grundlagen, Übungen, Praxistipps - von Chuan C. Chang (2. Ausgabe) Übersetzung: Edgar Lins Letzte Änderung: 08. April 2012 © Copyright 1991-2012. Kein Teil dieses Dokuments darf ohne die Namen des Autors, Chuan C. Chang, und des Übersetzers, Edgar Lins, sowie dieses Copyrightvermerks heruntergeladen oder kopiert werden. Die Vervielfältigung in jeglicher Form ist nur für den persönlichen Gebrauch zulässig. 08.04.2012: Ich habe mich endgültig dafür entschieden, meine Übersetzung, wie in den vergangenen Jahren, auch in Zukunft ausschließlich in der hier vorliegenden Form, kostenlos und nur für den persönlichen Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Falls also eine, wie auch immer beschaffene, Version meines Texts oder eine auf meinem Text basierende Weiterentwicklung auf irgendeine Art kommerziell vertrieben werden sollte, dann wurde jenes Produkt weder von mir autorisiert, noch von mir selbst oder in meinem Auftrag hergestellt! Zur Homepage von www.uteedgar-lins.de Zur Homepage von FOPPDE [Die Datei befindet sich zurzeit im Umbau. Bis zum Abschluss kann es zu Inkonsistenzen, zum Beispiel verwaisten Links, kommen. Ich bitte, das zu entschuldigen.] Inhaltsverzeichnis Das Buch ist in folgenden Sprachen verfügbar: Englisch (extern; das Original), Einfaches Chinesisch (extern), Traditionelles Chinesisch (extern), Deutsch, Französisch (extern), Italienisch (extern), Japanisch (extern), Polnisch (extern), Spanisch (extern) . Ich suche Freiwillige, die das Buch in jede andere Sprache übersetzen - siehe Hinweise für Übersetzer am Ende dieses Buchs. Senden Sie bitte eine E-Mail an [email protected], um die Einzelheiten zu besprechen.

Fundamentals of Piano Practice

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Fundamentals of Piano Practice Klavier spielen- Grundlagen, bungen, Praxistipps von Chuan C. Chang (2. Ausgabe) bersetzung: Edgar Lins Letzte nderung: 08. April 2012

Copyright 1991-2012. Kein Teil dieses Dokuments darf ohne die Namen des Autors, Chuan C. Chang, und des bersetzers, Edgar Lins, sowie dieses Copyrightvermerks heruntergeladen oder kopiert werden. Die Vervielfltigung in jeglicher Form ist nur fr den persnlichen Gebrauch zulssig. 08.04.2012: Ich habe mich endgltig dafr entschieden, meine bersetzung, wie in den vergangenen Jahren, auch in Zukunft ausschlielich in der hier vorliegenden Form, kostenlos und nur fr den persnlichen Gebrauch zur Verfgung zu stellen. Falls also eine, wie auch immer beschaffene, Version meines Texts oder eine auf meinem Text basierende Weiterentwicklung auf irgendeine Art kommerziell vertrieben werden sollte, dann wurde jenes Produkt weder von mir autorisiert, noch von mir selbst oder in meinem Auftrag hergestellt! Zur Homepage von www.uteedgar-lins.de Zur Homepage von FOPPDE

[Die Datei befindet sich zurzeit im Umbau. Bis zum Abschluss kann es zu Inkonsistenzen, zum Beispiel verwaisten Links, kommen. Ich bitte, das zu entschuldigen.]

InhaltsverzeichnisDas Buch ist in folgenden Sprachen verfgbar: Englisch (extern; das Original), Einfaches Chinesisch (extern), Traditionelles Chinesisch (extern), Deutsch, Franzsisch (extern), Italienisch (extern), Japanisch (extern), Polnisch (extern), Spanisch (extern) . Ich suche Freiwillige, die das Buch in jede andere Sprache bersetzen - siehe Hinweise fr bersetzer am Ende dieses Buchs. Senden Sie bitte eine E-Mail an [email protected], um die Einzelheiten zu besprechen.

[Wenn diese Website neu fr Sie ist, sollten Sie zunchst die ersten beiden Abschnitte der Anmerkungen lesen.]

Vorwort [09.08.2009] Kapitel 1: Klaviertechnik I. Einfhrung [15.08.2009]1. 2. 3. 4. Zweck dieses Buchs Was ist Klaviertechnik? Technik, Musik und mentales Spielen Generelles Vorgehen, Interpretation, Musikunterricht, Absolutes Gehr

II. Grundlegende Verfahren des Klavierbens1. Der bungsablauf [22.08.2009] 2. Position der Finger 3. Hhe der Sitzbank und ihr Abstand zum Klavier 4. Ein neues Stck - Anhren und analysieren ("Fr Elise") 5. Die schwierigen Abschnitte zuerst ben [05.09.2009] 6. Schwierige Passagen krzen - In kleinen Portionen ben (taktweise) 7. Die Hnde getrennt (einhndig, HS) ben - Erlernen der Spieltechnik 8. Die Kontinuittsregel 9. Der Akkord-Anschlag 10. Freier Fall, Akkord-bung und Entspannung 11. Parallele Sets 12. Lernen, Auswendiglernen und mentales Spielen [20.09.2009] 13. Spielgeschwindigkeit beim ben 14. Wie man entspannt 15. Automatische Verbesserung nach dem ben (PPI) 16. Gefahren des langsamen Spielens - Fallstricke der "Intuitiven Methode" 17. Die Wichtigkeit des langsamen Spielens [04.10.2009] 18. Fingersatz 19. Akkurates Tempo und das Metronom 20. Die schwache linke Hand - Eine Hand unterrichtet die andere 21. Ausdauer aufbauen, Atmung 22. Schlechte Angewohnheiten: Der grte Feind des Pianisten [31.10.2009] 23. Haltepedal [Anmerkungen zu den Bezeichnungen der Pedale finden Sie hier] 24. Dmpferpedal, Timbre und Eigenschwingungen vibrierender Saiten 25. Mit beiden Hnden zusammen (HT) ben und mental spielen [05.12.2009] a. Einfhrung b. Beethovens Mondschein-Sonate, 1. Satz, Op. 27, No. 2

c. Mozarts Rondo Alla Turca, aus Sonate K300 (KV331) d. Chopins Fantaisie-Impromptu, Op. 66 26. Zusammenfassung

III. Ausgewhlte Themen des Klavierbens1. Klang, Rhythmus, Legato, Staccato [14.02.2010] a. Was ist ein "Guter Klang"? o Der Basisanschlag o Klang: Einzelne gegenber mehreren Noten, Pianissimo, Fortissimo b. Was ist Rhythmus? (Beethovens Sturm-Sonate und Appassionata) c. Legato, Staccato 2. Zyklisch spielen (Chopins Fantaisie Impromptu, Op. 66) [21.03.2010] 3. Triller und Tremolos (Beethovens Pathtique, 1. Satz) a. Triller b. Tremolos (Beethovens Pathtique, 1. Satz) 4. Bewegungen der Hand, der Finger und des Krpers [24.10.2010] a. Bewegungen der Hand b. Mit flachen (gestreckten) Fingern spielen c. Bewegungen des Krpers 5. Schnell spielen: Tonleitern, Arpeggios und chromatische Tonleitern (Chopins Fantaisie Impromptu und Beethovens Mondschein-Sonate, 3. Satz) [21.08.2011] a. Tonleitern: Daumenuntersatz, Daumenbersatz b. Daumenbersatz: Bewegung, Erklrung und Video c. Daumenbersatz ben: Geschwindigkeit, Glissandobewegung d. Tonleitern: Herkunft, Namensgebung, Fingerstze o Fingersatztabelle e. Arpeggios (Chopin, Wagenradbewegung, "gespreizte" Finger) f. Schub und Zug, Beethovens Mondschein-Sonate, 3. Satz g. Der Daumen: Der vielseitigste Finger h. Schnelle chromatische Tonleitern

[Ab hier wird der Text noch berarbeitet.]

6. Auswendiglernen a. Warum auswendig lernen? b. Wer kann auswendig lernen, was und wann? c. Auswendiglernen und Pflege des Gelernten d. Hand-Gedchtnis e. Wie fngt man an? f. Auffrischung des Gedchtnisses g. Kaltstart h. Langsam spielen i. Vorausschauend spielen j. Langzeitgedchtnis aufbauen o Hand-Gedchtnis o Musik-Gedchtnis

o o o

Fotografisches Gedchtnis Tastatur-Gedchtnis Theoretisches Gedchtnis

k. Pflege l. Blattspieler und Auswendiglernende (Bachs Inventionen) o Blattspieler und Auswendiglernende o Bachs Inventionen o Ruhige Hnde m. Funktion des menschlichen Gedchtnisses n. Ein guter Auswendiglernender werden o. Zusammenfassung 7. bungen a. Einfhrung o Schnelle und langsame Muskeln b. Parallele Sets c. Wie verwendet man die bungen fr parallele Sets (Appassionata, 3. Satz)? d. Tonleitern, Arpeggios, Unabhngigkeit der Finger und Anheben der Finger e. (Groe) Akkorde spielen, Dehnung der Handflchen f. Sprnge g. Weitere bungen h. Probleme mit Hanons bungen i. Die Geschwindigkeit steigern o Schneller Anschlag, Entspannung o Andere Geschwindigkeitsmethoden o Geschwindigkeit und Musik 8. Konturieren (Beethovens Sonate #1) 9. Ein Stck auf Hochglanz bringen - Fehler beseitigen 10. Kalte Hnde, rutschende Finger, Krankheiten, Handverletzungen, Gehrschden a. Kalte Hnde b. Rutschende (trockene oder schwitzende) Finger c. Krankheiten d. Gesundes und ungesundes ben e. Verletzungen der Hand f. Gehrschden 11. Blattspiel 12. Absolutes Gehr und relatives Gehr (vom Blatt singen) o Verfahren zum Lernen der relativen und absoluten Tonhhenerkennung o Vom Blatt singen und komponieren 13. Filmen und Aufnehmen des eigenen Spielens, [MIDI, Digitalpianos, Keyboards usw.] o [MIDI, Digitalpianos, Keyboards usw.] 14. Vorbereitung auf Auftritte und Konzerte . Nutzen und Risiken von Auftritten und Konzerten a. Grundlagen fehlerfreien Vorspielens b. Fr Auftritte ben c. Musikalisch ben d. Zwangloses Vorspielen e. Vorbereitung auf Konzerte f. Whrend des Konzerts g. Das ungewohnte Klavier h. Nach dem Konzert 15. Ursachen und Kontrolle von Nervositt

16. Unterrichten . Lehrer a. Kinder unterrichten, Eltern einbeziehen b. Blattspiel, Auswendiglernen, Theorie c. Einige Elemente des Klavierunterrichts d. Warum die grten Pianisten nicht unterrichten konnten 17. Klaviere, Flgel und elektronische Klaviere; Kauf und Wartung . Flgel, akustisches oder elektronisches Klavier? a. Elektronische Klaviere b. Klaviere c. Flgel d. Ein akustisches Klavier kaufen e. Pflege und Wartung des Klaviers f. [Anmerkungen zu Digitalpianos] 18. Wie man das Klavierspielenlernen beginnt - vom jngsten Kind bis zum ltesten Erwachsenen . Bentigt man einen Lehrer? a. Bcher fr Anfnger; Keyboards b. Anfnger im Alter von 0 bis ber 65 o Von 0 bis 6 o Von 3 bis 12 o Von 13 bis 19 o Von 20 bis 35 o Von 35 bis 45 o Von 45 bis 65 o ber 65 19. Der "ideale" bungsablauf (Bachs Invention #4) . Die Regeln lernen a. Ein neues Stck lernen (Invention #4) b. "Normale" bungsablufe und Bachs Lehren 20. Bach: der grte Komponist und Lehrer (15 Inventionen) o Liste der parallelen Sets in den einzelnen Inventionen (fr die RH) 21. Klavierspielen und die Psychologie 22. Zusammenfassung der Methoden

IV. Mathematische Theorien des Klavierspielens1. Wozu braucht man mathematische Theorien? 2. Die Theorie der Fingerbewegung a. Serielles und paralleles Spielen b. Geschwindigkeitsbarrieren c. Die Geschwindigkeit steigern 3. Die Thermodynamik des Klavierspielens 4. Mozarts Formel, Beethoven und Gruppentheorie 5. Berechnen der Lernrate 6. Noch zu erforschende Themen a. Impulstheorie des Klavierspielens b. Die Physiologie der Technik c. Gerhirnforschung (HS- und HT-Spielen usw.)

d. e. f. g. h. i.

Was verursacht Nervositt? Ursachen von und Mittel gegen Tinnitus Was ist Musik? In welchem Alter soll bzw. darf man mit dem Klavierspielen anfangen? Die Zukunft des Klavierspielens Die Zukunft des Unterrichts

Kapitel 2: Stimmen des Klaviers1. Einleitung 2. Chromatische Tonleiter und Temperaturen a. Einleitung b. Mathematische Behandlung c. Temperatur und Musik 3. Werkzeuge zum Stimmen 4. Vorbereitung 5. Wie man anfngt a. Einleitung b. Einsetzen und Bewegen des Stimmhammers c. Den Wirbel einstellen d. Unisono stimmen e. Mitschwingung f. Diese letzte infinitesimale Bewegung ausfhren g. Ausgleich der Saitenspannung h. Wiegen im Diskant i. Grollen im Bass j. Harmonisches Stimmen k. Was ist Streckung? l. Przision, Przision, Przision 6. Stimmverfahren a. Einleitung b. Das Klavier nach der Stimmgabel stimmen c. Kirnberger II d. Gleichschwebende Temperatur (gleichstufige Temperatur, gleichmige Temperatur) 7. Kleinere Reparaturen durchfhren a. Intonieren der Hmmer b. Polieren der Piloten

Kapitel 3: Wissenschaftliche Methode, Theorie des Lernens, Das Gehirn[Abschnitt 4 ist im Original zurzeit (26.5.2003) noch "preliminary draft" also ein "Rohentwurf".] 1. Einleitung 2. Der wissenschaftliche Ansatz

3.

4. 5.

6.

a. Einleitung b. Lernen Was ist die Wissenschaftliche Methode? a. Einleitung b. Definition c. Forschung d. Dokumentation und Kommunikation e. Konsistenzprfungen f. Grundlegende Theorie g. Dogma und Lehre h. Schlussfolgerungen Theorie des Lernens Was Trume erzeugt und Methoden zu ihrer Kontrolle a. Einleitung b. Der Fall-Traum c. Der Unfhig-zu-laufen-Traum d. Der Zu-spt-zur-Prfung-kommen- oder Sich-verlaufen-Traum e. Die Lsung fr meinen langen und komplexen Traum f. Die Kontrolle der Trume g. Was uns diese Trume ber das Gehirn lehren Das Unterbewusstsein a. Einleitung b. Emotionen c. Das Unterbewusstsein benutzen

QuellenverzeichnisBuchbesprechungen

Allgemeine Schlussfolgerungen Bree, Malwine: The Leschetizky Method Bruser, Madeline: The Art of Practicing Chang, Chuan C.: Fundamentals of Piano Practice, erste Ausgabe Eigeldinger, Jean-Jacques: Chopin, pianist and teacher as seen by his pupils Fink, Seymour: Mastering Piano Technique Gieseking, Walter und Leimer, Karl: Modernes Klavierspiel Green, Barry, und Gallwey, Timothy: The Inner Game of Music Hofman, Josef: Piano Playing, With Piano Questions Answered Lhevine, Josef: Basic Principles in Piano Playing Prokop, Richard: Piano Power, a Breakthrough Approach to Improving your Technique Richman, Howard: Super Sight-Reading Secrets Sandor, Gyorgy: On Piano Playing Sherman, Russell: Piano Pieces Suzuki, Shinichi (et al): The Suzuki Concept: An Introduction to a Successful Method for Early Music Education und HOW TO TEACH SUZUKI PIANO Walker, Alan: Franz Liszt, The Virtuoso Years, 1811-1847 Werner, Kenney: Effortless Mastery

Whiteside, Abby: On Piano Playing Weinreich, G.:The Coupled Motions of Piano Strings Verschiedene: Five Lectures on the Acoustics of the Piano

Websites, Bcher, Videos[Im Original (extern) folgt hier unter anderem eine Zusammenfassung der Links. Da diese Liste in der bersetzten Seite wegen der unklaren deutschen Rechtslage nicht wiedergegeben wird, ist hier die Zusammenfassung nicht aufgefhrt.]

Anmerkungen LeserkommentareProbleme, Sorgen und Erfolge von Klavierspielern; hilfreiche Kommentare von Lehrern und Lesern.

Anhang

Anmerkungen zur bersetzung Im Text verwendete Abkrzungen und Farben Danke!

Vorwort[zuletzt gendert 09.08.2009; englisches Original vom 06.03.2009 (2 MB)]

Dieses ist das beste Buch, das jemals darber geschrieben wurde, wie man am Klavier bt! Das Buch offenbart, dass es hocheffiziente bungsmethoden gibt, die Ihre Lernrate beschleunigen knnen - bis zu einem Faktor von 1000, wenn Sie die effizientesten bungsmethoden bisher nicht gelernt haben (siehe Berechnen der Lernrate). Das berraschende ist, dass diese Methoden, obwohl sie seit der frhesten Zeit des Klaviers bekannt sind, selten gelehrt wurden, weil nur wenige Lehrer sie kannten und diese sachkundigen Lehrer sich nie die Mhe gemacht haben, ihr Wissen zu verbreiten. Ich erkannte in den 1960ern, dass es kein gutes Buch darber gab, wie man am Klavier bt. Das Beste, das ich finden konnte, war Whitesides Buch, was aber eine vllige Enttuschung war (siehe die Besprechung des Buchs im Quellenverzeichnis). Als Student der Cornell University, der bis 2:00 Uhr morgens lernte, damit er mit einigen der klgsten Studenten aus aller Welt mithalten konnte, hatte ich wenig Zeit, Klavier zu ben. Ich musste wissen, was die besten bungsmethoden sind, besonders weil alles, was ich benutzte, nicht funktionierte, obwohl ich whrend meiner Jugend 7 Jahre lang eifrig Klavierstunden

genommen hatte. Wie Konzertpianisten so spielen knnen, wie sie es tun, war ein absolutes Mysterium fr mich. War es einfach eine Frage der gengenden Anstrengung, der Zeit und des Talents, wie viele Menschen anscheinend meinen? Wenn die Antwort "Ja" wre, dann wre es niederschmetternd fr mich gewesen, weil es bedeutet htte, dass meine musikalische Talentstufe so niedrig war, dass ich ein hoffnungsloser Fall war, weil ich, zumindest whrend meiner Jugend, gengend Anstrengung und Zeit hineingesteckt hatte, indem ich an Wochenenden bis zu 8 Stunden tglich gebt hatte. Die Antworten kamen mir schrittweise in den 1970ern, als ich bemerkte, dass die Klavierlehrerin unserer beiden Tchter einige erstaunlich effiziente bungsmethoden lehrte, die sich von den von der Mehrheit der Klavierlehrer gelehrten Methoden unterschieden. Ich habe diese effizienten bungsmethoden ber einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren verfolgt und kam zu der Erkenntnis, dass der wichtigste Faktor fr das Lernen des Klavierspielens die bungsmethoden sind. Anstrengung, Zeit und Talent waren bloe zweitrangige Faktoren! In Wahrheit ist "Talent" schwierig zu definieren und unmglich zu messen; es ist ein nebulses Wort, das wir hufig benutzen, das aber keine definierbare Bedeutung hat. Tatschlich knnen die richtigen bungsmethoden praktisch jeden in einen "talentierten" Musiker verwandeln! Ich habe das jedes Mal bei hunderten von Schlerkonzerten und Klavierwettbewerben gesehen, die ich besucht habe. Es wird nun zunehmend erkannt, dass "Talent", "Wunderkinder" und "Genialitt" eher erzeugt werden als angeboren sind (siehe Olson) - Mozart ist vielleicht das prominenteste Beispiel des "Mozart-Effekts". Einige haben diesen in "Beethoven-Effekt" umbenannt, was angebrachter sein mag, weil Mozart ein paar Schwchen in der Persnlichkeit usw. hatte, die manchmal seine ansonsten herrliche Musik beeintrchtigten, whrend psychologisch gesehen, Beethoven die am meisten erleuchtende Musik komponierte. Sich Musik anzuhren ist nur eine Komponente des komplexen Mozart-Effekts. Fr Klavierspieler hat Musik zu machen eine grere Auswirkung auf die geistige Entwicklung. Deshalb werden gute bungsmethoden nicht nur die Lernrate beschleunigen, sondern auch dabei helfen, das musikalische Gehirn zu entwickeln sowie das Ausma der Intelligenz zu erhhen, besonders bei jungen Menschen. Die Lernrate wird, verglichen mit der bei den langsameren Methoden, beschleunigt (es ist wie der Unterschied zwischen einem Fahrzeug, das beschleunigt, und einem, das mit konstanter Geschwindigkeit fhrt). Darum werden Schler ohne die richtigen bungsmethoden innerhalb weniger Jahre hoffnungslos zurckbleiben. Das lsst die Schler mit guten bungsmethoden weitaus talentierter erscheinen als sie wirklich sind, weil sie in Minuten oder Tagen das lernen knnen, wofr die anderen Monate oder Jahre bentigen. Der wichtigste Aspekt des Klavierspielenlernens ist die Entwicklung des Gehirns und eine grere Intelligenz. Das Gedchtnis ist eine Komponente der Intelligenz, und wir wissen, wie man das Gedchtnis verbessern kann (siehe Abschnitt III.6). Dieses Buch lehrt uns auch, wie man die Musik in Gedanken spielt - das wird "mentales Spielen" genannt, das natrlich zum absoluten Gehr und zur Fhigkeit fhrt, Musik zu komponieren. Das sind die Fertigkeiten, durch die sich die grten Musiker von anderen unterschieden, und weswegen wir sie als Genies bezeichneten; wir zeigen hier aber, dass diese Fertigkeiten nicht schwierig zu erlernen sind. Bis jetzt war die Welt der Musiker fr die wenigen "begabten" Knstler reserviert; wir wissen nun, dass sie ein Universum ist, in dem wir uns alle bewegen knnen. Die bungsmethoden knnen bei jungen Schlern, die mit Leib und Seele dabei sind, innerhalb von weniger als 10 Jahren den Unterschied zwischen einer lebenslangen Zwecklosigkeit und einem Konzertpianisten ausmachen. Wenn man die richtigen bungsmethoden benutzt, dauert es fr einen fleiigen Schler eines beliebigen Alters nur ein

paar Jahre, bis er bedeutende Werke berhmter Komponisten spielen kann. Die traurige Wahrheit der letzten beiden Jahrhunderte ist, dass, obwohl die meisten dieser bungsmethoden entdeckt und tausende Male wieder entdeckt wurden, diese niemals dokumentiert wurden und die Schler entweder gezwungen waren, sie selbst wieder zu entdecken oder, wenn sie Glck hatten, von Lehrern zu lernen, die einige dieser Methoden kannten. Das beste Beispiel fr diesen Mangel an Dokumentation sind die "Lehren" von Franz Liszt. Es gibt ein Dutzend Franz-Liszt-Gesellschaften, und sie haben hunderte von Publikationen herausgegeben. Zahlreiche Bcher wurden ber Liszt geschrieben (siehe Eigeldinger usw. im Quellenverzeichnis), und tausende von Lehrern haben - unter Angabe der Abstammungslinie - behauptet, die "Franz-Liszt-Methode" zu lehren. Und doch gibt es keine einzige Publikation, die beschreibt, was diese Methode ist! Es gibt endlose Berichte von Liszts Fhigkeiten und technischem Knnen, jedoch gibt es keine einzige Quelle ber die Einzelheiten, wie er dazu kam. Zeugnisse in der Literatur zeigen, dass Liszt nicht beschreiben konnte, wie er die Technik erworben hatte; er konnte nur demonstrieren, wie er spielte. Da es der Klavierpdagogik nicht gelungen ist, zu verfolgen, wie der grte Pianist seine Technik erlangte, wundert es wenig, dass wir kein Lehrbuch fr das Klavierspielenlernen hatten. Knnen Sie sich vorstellen, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften, Physik, Geschichte, Biologie oder irgendetwas anderes ohne ein Lehrbuch zu lernen, und das (wenn Sie Glck haben) nur mit dem Gedchtnis Ihres Lehrers als Fhrung? Ohne Lehrbcher und Dokumentation wre unsere Zivilisation nicht ber die der Dschungelstmme hinausgekommen, deren Wissensbasis durch wrtliche berlieferung weitergegeben wurde. Das ist im Grunde die Stufe, auf der sich die Klavierpdagogik whrend 200 Jahren befunden hat! Es gibt viele Bcher ber das Klavierspielenlernen (siehe Quellenverzeichnis), jedoch kann keines davon als Lehrbuch fr bungsmethoden gelten, was man als Schler aber bentigt. Diese Bcher sagen Ihnen, welche Fertigkeiten Sie bentigen (Tonleitern, Arpeggios, Triller usw.), und die weiter fortgeschrittenen Bcher beschreiben die Fingerstze, Handpositionen, Bewegungen usw., mit denen man sie spielt, aber keines davon liefert einen hinreichend vollstndigen, systematischen Satz Anweisungen darber, wie man bt. Die meisten Musikbcher fr Anfnger bieten ein paar solcher Anweisungen, aber einige dieser Anweisungen sind falsch - ein gutes Beispiel ist die amateurhafte Anpreisung in der Einfhrung zur Hanon-Serie, wie man "mit 60 bungen ein Virtuose wird" (siehe Abschnitt III.7h in Kapitel 1). Bevor dieses Buch hier geschrieben wurde, fehlte in der Klavierpdagogik das wichtigste Werkzeug fr den Schler: ein grundlegender Satz an Anweisungen dafr, wie man bt. Ich erkannte nicht, wie revolutionr die Methoden dieses Buch waren, bevor ich nicht 1994 die erste Ausgabe meines Buchs beendet hatte. Die Methoden waren besser als jene, die ich zuvor benutzt hatte, und jahrelang hatte ich sie mit guten, aber nicht bemerkenswerten Resultaten angewandt. Das Erwachen kam erst nachdem ich dieses Buch beendet hatte, als ich mein eigenes Buch wirklich las, die Methoden systematisch befolgte und ihre unglaubliche Effizienz erlebte. Was war nun der Unterschied zwischen dem Kennen der Bestandteile der Methode und dem Lesen des Buchs? Beim Schreiben des Buchs musste ich die verschiedenen Teile nehmen und sie in eine organisierte Struktur bringen, die einem bestimmten Zweck diente und bei der keine wesentlichen Komponenten fehlten. Ich wusste, dass das Material in einer logischen Struktur anzuordnen der einzige Weg war, ein ntzliches Handbuch zu schreiben. Es ist in der Wissenschaft wohlbekannt, dass die meisten Entdeckungen whrend des Schreibens der Forschungsberichte gemacht werden und nicht whrend der Durchfhrung der Forschung. Es war so, als wenn ich die meisten Teile eines sagenhaften Autos gehabt htte, aber ohne einen Mechaniker, der das Auto zusammenbaut, die fehlenden Teile findet

und das Auto richtig einstellt, eigneten sich diese Teile nicht gut fr den Transport. Ich wurde von dem Potential dieses Buchs berzeugt, den Klavierunterricht zu revolutionieren, und entschied mich 1999, es der Welt kostenlos im Internet zur Verfgung zu stellen; so kann es aktualisiert werden, wenn meine Untersuchungen voranschreiten, und das Geschriebene ist sofort der ffentlichkeit zugnglich. Zurckblickend ist dieses Buch die Zusammenfassung von mehr als 50 Jahren Forschung, die ich seit meinen ersten Klavierstunden ber das Klavierben durchgefhrt habe. Warum sind diese bungsmethoden so revolutionr? Fr detaillierte Antworten werden Sie das Buch lesen mssen. Ich werde hier eine kurze bersicht geben, wie diese wunderbaren Resultate erreicht werden, und erklren, warum die Methoden funktionieren. Die meisten grundlegenden Ideen in diesem Buch stammen nicht von mir. Sie wurden whrend der letzten 200 Jahre unzhlige Male von allen erfolgreichen Pianisten erfunden oder wieder erfunden; diese htten sonst nicht einen solchen Erfolg gehabt. Das Grundgerst fr dieses Buch wurde unter Verwendung der Lehren von Yvonne Combe erstellt, der Lehrerin unserer beiden Tchter, die vollendete Klavierspielerinnen wurden (sie haben viele erste Preise bei Klavierwettbewerben gewonnen, und jede hat viele Jahre lang im Durchschnitt an mehr als 10 Konzerten teilgenommen; beide haben ein absolutes Gehr und komponieren gerne). Andere Teile dieses Buchs wurden aus der Literatur und aus den Ergebnissen meiner Nachforschungen im Internet zusammengestellt. Mein Beitrag ist das Zusammentragen dieser Ideen, sie in eine Struktur zu bringen und etwas zum Verstndnis beizutragen, warum sie funktionieren. Dieses Verstndnis ist fr den Erfolg der Methode entscheidend. Klavierspielen wurde oft wie Religion gelehrt: Glaube, Hoffnung, Liebe (Wohlttigkeit). Glaube daran, dass wenn man von einem "Meister"-Lehrer vorgeschlagene Verfahren befolgt, diese auch funktionieren. Hoffnung, dass "ben, ben, ben" ins Paradies fhrt. Wohlttigkeit, sodass die gebrachten Opfer und die geleisteten Beitrge Wunder wirken. Dieses Buch ist anders - eine Methode ist nicht akzeptabel, solange die Schler nicht verstehen, warum sie funktioniert, und sie deshalb nicht an ihre besonderen Bedrfnisse anpassen knnen. Das richtige Verstndnis zu finden ist nicht einfach, weil man nicht blo eine Erklrung aus der Luft greifen kann (sie wird falsch sein) - man braucht gengend Fachkenntnis auf diesem Gebiet, um zu der richtigen Erklrung zu kommen. Indem man eine korrekte Erklrung bietet, filtert man automatisch die falschen Methoden heraus. Das mag erklren, warum sogar erfahrene Klavierlehrer, deren Ausbildung stark auf die Musik ausgerichtet war, Schwierigkeiten damit haben knnen, das richtige Verstndnis zu vermitteln, und oftmals sogar die falschen Erklrungen fr die richtigen Methoden liefern werden. In dieser Hinsicht waren mein Beruf und meine Ausbildung fr die Lsung technischer Probleme, in Materialwissenschaften (Metalle, Halbleiter, Isolatoren), Optik, Akustik, Physik, Elektronik, Chemie, meine wissenschaftlichen Verffentlichungen (ich habe ber 100 geprfte Artikel in den groen Wissenschaftsmagazinen verffentlicht, und es wurden mir sechs Patente erteilt) usw. fr das Schreiben dieses Buchs von unschtzbarem Wert. Diese verschiedenen Erfordernisse knnten erklren, warum sonst niemand diese Art von Buch geschrieben hat. Als Wissenschaftler habe ich mir den Kopf darber zerbrochen, wie man "Wissenschaft" przise definiert, und endlos mit Wissenschaftlern und Nichtwissenschaftlern ber diese Definition debattiert. Da der wissenschaftliche Ansatz fr dieses Buch so grundlegend ist, habe ich einen Abschnitt (Kapitel 1, IV.2) darber hinzugefgt. Die Wissenschaft ist nicht blo die theoretische Welt der intelligentesten Genies; sie ist der effizienteste Weg, unser Leben zu vereinfachen. Wir brauchen Genies, um die Wissenschaft voranzubringen; wenn sie jedoch entwickelt wurden, sind es die Massen, die von den Fortschritten profitieren.

Was sind einige dieser zauberhaften Ideen, von denen erwartet wird, dass sie den Klavierunterricht revolutionieren? Lassen Sie uns mit der Tatsache anfangen, dass wenn man berhmten Pianisten beim Auftritt zusieht, sie zwar unglaublich schwierige Stcke spielen, diese aber so aussehen lassen, als wenn sie einfach wren. Wie machen sie das? Tatsache ist, dass sie fr sie leicht sind! Deshalb sind viele der hier besprochenen Lerntricks Methoden dafr, Schweres leicht zu machen - nicht nur leicht, sondern oft trivial einfach. Das wird dadurch erreicht, dass man mit beiden Hnden getrennt bt und kleine Abschnitte zum ben herausgreift, manchmal bis zu einer oder zwei Noten herab. Man kann die Dinge nicht einfacher machen als das! Vollendete Pianisten knnen auch unglaublich schnell spielen - wie ben wir, um in der Lage zu sein, schnell zu spielen? Einfach! Indem wir den "AkkordAnschlag" (Abschnitt II.9) benutzen. Ein Schlssel zum Erfolg der hier besprochenen Methoden ist deshalb die Anwendung einfallsreicher Lerntricks, die zur Lsung bestimmter Probleme notwendig sind. Auch mit den hier beschriebenen Methoden mssen Sie eventuell schwierige Passagen hunderte Male und manchmal bis zu 10.000-mal ben, bevor Sie die schwierigsten Passagen mit Leichtigkeit spielen knnen. Wenn Sie nun eine Beethoven-Sonate, sagen wir mit halber Geschwindigkeit (Sie lernen sie gerade), ben mssten, wrde es ungefhr eine Stunde dauern, sie durchzuspielen. Deshalb wrde es 30 Jahre oder fast ein halbes Leben dauern, sie 10.000-mal zu wiederholen, wenn Sie eine Stunde tglich zum ben htten und 7 Tage die Woche nur diese Sonate ben wrden. Klar ist das nicht die richtige Art, die Sonate zu lernen, obwohl viele Schler bungsmethoden benutzen, die sich nicht sehr davon unterscheiden. Dieses Buch beschreibt Methoden dafr, nur die wenigen Noten zu identifizieren, die man ben muss, und diese dann im Bruchteil einer Sekunde zu spielen, sodass man sie innerhalb weniger Wochen (oder bei leichterem Material sogar Tage) 10.000-mal wiederholen kann, und das bei einer bungszeit von nur ungefhr 10 Minuten tglich an 5 Tagen die Woche wir haben die bungszeit von einem halben Leben auf ein paar Wochen reduziert. Dieses Buch bespricht viele weitere Effizienz-Prinzipien, zum Beispiel gleichzeitig zu ben und auswendig zu lernen. Whrend des bens muss man jede Passage viele Male wiederholen, und Wiederholung ist die beste Art auswendig zu lernen; deshalb macht es keinen Sinn, whrend des bens nicht auswendig zu lernen, insbesondere da dies der schnellste Weg zum Lernen ist. Haben Sie sich je gefragt, wie jeder Konzertpianist ein Repertoire von mehreren Stunden auswendig lernen kann? Die Antwort ist ziemlich einfach. Studien mit Gedchtnisknstlern (wie denjenigen, die ganze Telefonbuchseiten auswendig lernen knnen) haben gezeigt, dass sie auswendig lernen knnen, weil sie Gedchtnisalgorithmen entwickelt haben, auf die sie das auswendig zu lernende Material schnell abbilden knnen. Fr Klavierspieler ist die Musik ein solcher Algorithmus. Sie knnen das beweisen, indem Sie einen Klavierspieler bitten, nur eine Seite zuflliger Noten auswendig zu lernen und sich jahrelang daran zu erinnern. Das ist (ohne einen Algorithmus) unmglich, obwohl dieser Klavierspieler vielleicht keine Schwierigkeit damit hat, sich mehrere 20 Seiten lange Beethoven-Sonaten zu merken und sie 10 Jahre spter immer noch spielen zu knnen. So stellt sich das, was wir fr ein besonderes Talent der Konzertpianisten hielten, als etwas heraus, das jeder kann. Schler, die die Methoden dieses Buches benutzen, lernen - auer wenn sie das Spielen vom Blatt ben - alles auswendig, was sie lernen. Darum empfiehlt dieses Buch keine bungen wie Hanon und Czerny, die nicht dazu gedacht sind, aufgefhrt zu werden; aus demselben Grund sind die Chopin-Etden allerdings empfehlenswert. Etwas zu ben, das nicht zur Auffhrung gedacht ist, ist nicht nur eine Zeitverschwendung, sondern zerstrt auch jeden Sinn fr die Musik, den man ursprnglich hatte. Wir besprechen alle wichtigen Methoden des Auswendiglernens, die den Klavierspieler dazu befhigen, Kunststcke vorzufhren, die die meisten Menschen nur von

"begnadeten Musikern" erwarten, wie die Komposition im Kopf zu spielen, ohne Klavier, oder sogar die ganze Komposition aus dem Gedchtnis niederzuschreiben. Wenn Sie jede Note der Komposition aus dem Gedchtnis spielen knnen, gibt es keinen Grund, warum Sie sie nicht alle aufschreiben knnen! Solche Fhigkeiten dienen nicht der Show oder zur Prahlerei, sondern sie sind fr das Vorspielen ohne Fehler und Gedchtnislcken entscheidend, und sie ergeben sich fast als automatisches Nebenprodukt dieser Methoden, sogar fr uns gewhnliche Sterbliche mit einem gewhnlichen Gedchtnis. Viele Schler knnen komplette Kompositionen spielen, sie aber nicht niederschreiben oder in Gedanken spielen - solche Schler haben die Kompositionen nur zum Teil und auf eine Art auswendiggelernt, die fr Auftritte unzureichend ist. Ein unzureichendes Gedchtnis und ein Mangel an Selbstvertrauen sind die Hauptursachen fr Nervositt. Sie fragen sich, warum sie Lampenfieber bekommen und warum das fehlerfreie Vorspielen eine solch entmutigende Aufgabe ist, whrend Mozart sich einfach hinsetzen und spielen konnte. Weitere Beispiele hilfreichen Wissens sind die Entspannung und der Gebrauch der Schwerkraft. Das Gewicht des Arms ist nicht nur als Basis fr gleichmiges und ausgeglichenes Spielen wichtig (die Schwerkraft ist immer konstant), sondern auch zum Testen des Grades der Entspannung. Das Klavier wurde mit der Schwerkraft als Referenz konstruiert (Kapitel 1, Abschnitt II.10), weil der menschliche Krper sich genau passend zur Schwerkraft entwickelte, was bedeutet, dass die zum Klavierspielen notwendige Kraft ungefhr dem Gewicht des Arms entspricht. Wenn wir schwierige Ttigkeiten ausfhren, zum Beispiel eine anspruchsvolle Klavierpassage zu spielen, ist es unsere natrliche Neigung, uns zu verspannen, sodass der ganze Krper zu einer einzigen zusammengezogenen Muskelmasse wird. Zu versuchen, die Finger unter solchen Bedingungen unabhngig voneinander und schnell zu bewegen, ist so, als ob man einen Sprint mit Gummibndern um beide Beine versuchen wollte. Wenn Sie alle unntigen Muskeln entspannen knnen und nur die erforderlichen Muskeln blo fr die Augenblicke benutzen, in denen sie gebraucht werden, dann knnen Sie lngere Zeit ohne Anstrengung, ohne zu ermden und mit mehr Kraftreserven als notwendig sind, um die lautesten Tne zu erzeugen, extrem schnell spielen. Wir werden sehen, dass viele "etablierte Lehrmethoden" Mythen sind, die dem Schler unbeschreibliches Elend verursachen knnen. Solche Mythen berleben aufgrund eines Mangels an grndlicher wissenschaftlicher Untersuchung. Diese Methoden sind unter anderem: die gebogene Fingerhaltung, der Daumenuntersatz zum Spielen von Tonleitern, die meisten Fingerbungen, eine hohe Sitzposition, "ohne Flei kein Preis", die Geschwindigkeit langsam steigern und der grozgige Gebrauch des Metronoms. Wir erklren nicht nur, warum sie schdlich sind, sondern zeigen auch die korrekten Alternativen auf, welche jeweils folgende sind: flache Fingerhaltungen, Daumenbersatz, parallele Sets, eine niedrigere Sitzposition, Entspannung, schnelles Erreichen der Geschwindigkeit durch ein Verstndnis der "Geschwindigkeitsbarrieren" und Aufzeigen besonders ntzlicher Anwendungen des Metronoms. Auf Geschwindigkeitsbarrieren trifft man, wenn man versucht, eine Passage schneller zu spielen, aber eine Maximalgeschwindigkeit erreicht, die man nicht mehr steigern kann, egal wie hart man bt. Was verursacht Geschwindigkeitsbarrieren, wie viele gibt es, und wie vermeidet oder eliminiert man sie? Die Antworten: Geschwindigkeitsbarrieren sind das Resultat Ihrer Versuche, das Unmgliche zu tun (das heisst Sie errichten die Geschwindigkeitsbarrieren selbst, indem Sie die falschen bungsmethoden benutzen!), es gibt im Grunde eine unendliche Anzahl, und man vermeidet sie, indem man die richtigen bungsmethoden benutzt. Eine Mglichkeit, Geschwindigkeitsbarrieren zu vermeiden, ist, sie gar nicht erst aufzubauen, indem man ihre Ursachen kennt (Stress, falscher Fingersatz oder Rhythmus, Mangel an Technik, zu schnelles ben, mit beiden Hnden zusammen ben, bevor man dazu bereit ist, usw.). Eine weitere

Mglichkeit ist, von unendlicher Geschwindigkeit aus mit der Geschwindigkeit abwrts zu gehen, indem man die parallelen Sets (oder den Akkord-Anschlag) benutzt, anstatt die Geschwindigkeit schrittweise zu steigern. Wenn Sie mit Geschwindigkeiten beginnen knnen, die oberhalb der Geschwindigkeitsbarrieren liegen, dann gibt es keine Geschwindigkeitsbarriere, wenn Sie die Geschwindigkeit verringern. Dieses Buch behandelt oft einen wichtigen Punkt - dass die besten bungsmethoden fr das Klavierspielen berraschend kontraintuitiv sind. Dieser Punkt ist in der Klavierpdagogik von grter Wichtigkeit, weil er der hauptschliche Grund dafr ist, warum die falschen bungsmethoden oft von den Schlern und den Lehrern benutzt werden. Wenn sie nicht so kontraintuitiv wren, dann wre dieses Buch nicht notwendig gewesen. Folglich behandeln wir nicht nur, was man tun sollte, sondern auch, was man nicht tun sollte. Diese negativen Abschnitte sind nicht dazu gedacht, diejenigen zu kritisieren, die die falschen Methoden benutzen, sondern sind notwendige Komponenten des Lernprozesses. Der Grund, warum die Intuition falsch liegt, ist, dass die Aufgaben beim Klavierspielen so komplex sind und es so viele Mglichkeiten gibt, sie zu erfllen, dass die Wahrscheinlichkeit, die richtige Methode zu treffen, nahe null ist, wenn man die einfachsten, offensichtlichen auswhlt. Dazu vier Beispiele kontraintuitiver bungsmethoden: 1. Die Hnde beim ben zu trennen ist kontraintuitiv, weil man zunchst mit jeder einzelnen Hand ben muss, dann mit beiden zusammen, sodass es so aussieht, als msste man dreimal ben anstatt nur einmal mit beiden Hnden zusammen. Warum soll man die Hnde getrennt ben, also etwas, das man zum Schluss nie benutzen wird? Ungefhr 80 Prozent dieses Buchs handeln davon, warum man die Hnde getrennt ben muss. Die Hnde getrennt zu ben ist der einzige Weg, schnell die Geschwindigkeit und die Kontrolle zu steigern, ohne in Schwierigkeiten zu kommen. Es erlaubt Ihnen, 100 Prozent der Zeit bei jeder Geschwindigkeit ohne Ermdung, Stress oder Verletzungen hart zu arbeiten, weil diese Methode darauf basiert, die Hnde zu wechseln, sobald die arbeitende Hand anfngt mde zu werden. Die Hnde getrennt zu ben ist die einzige Mglichkeit, wie Sie experimentieren knnen, um die korrekten Handbewegungen fr die Geschwindigkeit und den Ausdruck zu finden, und es ist der schnellste Weg, um zu lernen wie man entspannt. Zu versuchen, sich die Technik mit beiden Hnden zusammen anzueignen, ist die Hauptursache fr Geschwindigkeitsbarrieren, schlechte Angewohnheiten, Verletzungen und Stress. 2. Man neigt intuitiv dazu, langsam mit beiden Hnden zusammen zu ben und die Geschwindigkeit schrittweise zu steigern, das ist aber eine der schlechtesten Arten zu ben, weil sie so viel Zeit verschwendet und man die Hnde dazu trainiert, langsame Bewegungen auszufhren, die sich von denen unterscheiden, die Sie bei der endgltigen Geschwindigkeit brauchen. Einige Schler verschlimmern das Problem, indem sie das Metronom stndig als Richtschnur benutzen, um die Geschwindigkeit zu steigern oder den Rhythmus zu halten. Das ist einer der schwersten Flle von Missbrauch des Metronoms. Ein Metronom sollten Sie nur kurz benutzen, um das Timing (Geschwindigkeit und Rhythmus) zu prfen. Wenn Sie es zu viel benutzen, kann das zum Verlust Ihres internen Rhythmus, zum Verlust der Musikalitt und zu biophysikalischen Schwierigkeiten fhren, die entstehen knnen, wenn man starren Wiederholungen zu lange ausgesetzt ist (das Gehirn kann sogar anfangen, dem Metronomklick entgegenzuwirken, und man hrt das Klicken eventuell nicht oder zur falschen Zeit). Die fr die Geschwindigkeit notwendige Technik eignet man sich durch das Entdecken von neuen Handbewegungen an, nicht indem man eine langsame Bewegung beschleunigt;

das heisst die Handbewegungen fr langsames Spielen und fr schnelles Spielen unterscheiden sich voneinander. Deshalb fhrt der Versuch, eine langsame Bewegung zu beschleunigen zu Geschwindigkeitsbarrieren - weil man versucht, das Unmgliche zu tun. Langsames Spielen zu beschleunigen ist genau so, als ob man ein Pferd dazu bringen wollte, das Gehen auf die Geschwindigkeit des Galopps zu bringen - es kann es nicht. Ein Pferd muss die Bewegung vom Gehen zum Trott, Kanter und dann zum Galopp ndern. Wenn man das Pferd dazu zwingt, mit der Geschwindigkeit des Kanters zu gehen, dann wird es auf eine Geschwindigkeitsbarriere treffen und sich wahrscheinlich dadurch verletzen, dass es sich selbst die Hufe zertritt. 3. Um richtig auswendig zu lernen und in der Lage zu sein, gut vorzuspielen, muss man langsam ben, sogar nachdem man das Stck leicht mit der endgltigen Geschwindigkeit spielen kann. Das ist kontraintuitiv, weil man beim Auftritt immer mit der endgltigen Geschwindigkeit spielt; warum soll man also langsam ben und so viel Zeit verschwenden? Schnell zu spielen kann sowohl fr das Vorspielen als auch fr das Gedchtnis schdlich sein. Schnell zu spielen kann "Schnellspiel-Abbau" verursachen, und die beste Mglichkeit, Ihr Gedchtnis zu testen, ist, langsam zu spielen. Deshalb wird es zu einem schlechten Auftritt fhren, wenn man die Konzertstcke am Tag des Konzerts mit voller Geschwindigkeit bt. Das ist eine der kontraintuitivsten Regeln und deshalb schwer zu befolgen. Wie oft haben Sie schon den Satz gehrt: "Ich habe whrend der Unterrichtsstunde schrecklich gespielt, obwohl ich heute Morgen so gut gespielt habe!"? Obwohl ein groer Teil dieses Buchs darauf ausgerichtet ist, zu lernen, mit der richtigen Geschwindigkeit zu spielen, ist deshalb der richtige Gebrauch der langsamen Geschwindigkeit fr ein genaues Gedchtnis und ein fehlerfreies Vorspielen entscheidend. Langsam zu ben ist jedoch gar nicht so einfach, weil man nicht langsam ben sollte, bevor man nicht schnell spielen kann! Ansonsten htten Sie keine Vorstellung davon, ob Ihre Bewegungen beim langsamen Spielen richtig oder falsch sind. Dieses Problem wird gelst, indem man die Hnde getrennt bt und schnell die endgltige Geschwindigkeit erreicht. Nachdem man die Handbewegungen fr das schnelle Spielen kennt, kann man jederzeit langsam ben. 4. Den meisten Menschen fllt es schwer, etwas auswendig zu lernen, das sie nicht spielen knnen, weshalb sie instinktiv ein Stck zuerst lernen und dann versuchen, es auswendig zu lernen. Es stellt sich heraus, dass man jede Menge Zeit sparen kann, indem man zuerst auswendig lernt und dann aus dem Gedchtnis heraus bt (wir sprechen ber technisch anspruchsvolle Musik, die zu schwierig ist, um sie vom Blatt zu spielen). Auerdem behalten jene, die auswendig lernen nachdem sie das Stck gelernt haben, aus Grnden, die im Buch erlutert werden, niemals so gut. Sie werden stets von Gedchtnisproblemen geplagt. Deshalb mssen gute Methoden zum Auswendiglernen ein integraler Bestandteil jeder bungsprozedur sein; Auswendiglernen ist eine Notwendigkeit, kein Luxus. Diese vier Beispiele sollten dem Leser eine gewisse Vorstellung davon geben, was ich mit kontraintuitiven bungsmethoden meine. Das berraschende ist, dass die Mehrzahl der guten bungsmethoden fr die meisten Menschen kontraintuitiv ist. Glcklicherweise haben die Genies, die vor uns kamen, bessere bungsmethoden gefunden. Warum fhrt die Tatsache, dass die korrekten Methoden kontraintuitiv sind, zur Katastrophe? Sogar Schler, die die korrekten Methoden gelernt haben (denen aber nie beigebracht wurde, was man nicht tun darf), knnen in die intuitiven Methoden zurckfallen, weil ihnen ihr Gehirn einfach weiterhin sagt, sie sollten die intuitiven Methoden benutzen (das ist die Definition von intuitiven Methoden). Das geschieht Lehrern natrlich genauso. Eltern tappen

jedes Mal in diese Falle! Dadurch kann eine Beteiligung der Eltern manchmal kontraproduktiv sein; die Eltern mssen ebenfalls informiert sein. Deshalb unternimmt dieses Buch jede Anstrengung, um die Torheiten der intuitiven Methoden zu ermitteln und herauszustellen. Darum raten viele Lehrer von einer Beteiligung der Eltern ab, es sei denn, die Eltern knnen ebenfalls am Unterricht teilnehmen. Wenn sie sich selbst berlassen werden, zieht es die Mehrzahl der Schler, Lehrer und Eltern zu den intuitiven (falschen) Methoden. Das ist der Hauptgrund, warum heutzutage so viele falsche Methoden gelehrt werden und warum Schler informierte Lehrer und vernnftige Lehrbcher brauchen. Alle Klavierlehrer sollten ein Lehrbuch benutzen, das bungsmethoden erklrt; das wird sie davon befreien, die Mechanismen des bens lehren zu mssen und ihnen gestatten, sich auf die Musik zu konzentrieren, wobei die Lehrer am meisten bentigt werden. Die Eltern sollten das Lehrbuch ebenfalls lesen, weil Eltern sehr leicht in die Fallen der intuitiven Methoden geraten. Klavierlehrer lassen sich im Allgemeinen in drei Kategorien einteilen: a. private Lehrer, die nicht unterrichten knnen, b. private Lehrer, die sehr gut sind, und c. Lehrer an Universitten und Konservatorien. Die letzte Gruppe ist blicherweise sehr gut, weil sie in ihrem Umfeld miteinander kommunizieren mssen. Sie sind in der Lage, die schlimmsten Lehrmethoden schnell zu identifizieren und sie zu eliminieren. Unglcklicherweise sind die meisten Schler an Konservatorien bereits ziemlich fortgeschritten, und somit ist es zu spt, um ihnen grundlegende bungsmethoden beizubringen. Die Gruppe (a) besteht hauptschlich aus "Einzelkmpfern", die sich nicht so sehr mit anderen Lehrern austauschen und hauptschlich die intuitiven Methoden benutzen; das erklrt, warum sie nicht unterrichten knnen. Sie knnen viele der schlechten Lehrer umgehen, wenn Sie nur Lehrer auswhlen, die eine Website unterhalten, weil diese zumindest gelernt haben zu kommunizieren. Die Gruppen (b) und (c) sind mit den korrekten bungsmethoden ziemlich vertraut, obwohl wenige sie alle kennen, weil es kein standardisiertes Lehrbuch gab; auf der anderen Seite wissen die meisten von Ihnen eine Menge ntzlicher Details, die nicht in diesem Buch enthalten sind. Es gibt herzlich wenige Lehrer der Gruppe (b) und die Lehrer der Gruppe (c) akzeptieren im Allgemeinen nur fortgeschrittene Schler. Das Problem mit dieser Situation ist, dass die meisten Schler mit Lehrern der Gruppe (a) anfangen und nie ber das Anfnger- oder Mittelstufenniveau hinauskommen und sich deshalb niemals fr die Lehrer der Gruppe (c) qualifizieren. Deshalb gibt die Mehrzahl der Anfnger frustriert auf, obwohl praktisch alle von ihnen das Potential haben, ein vollendeter Musiker zu werden. Mehr noch, dieser Mangel an Vorwrtskommen nhrt das allgemeine Missverstndnis, dass Klavierspielen zu lernen ein lebenslanges fruchtloses Bemhen bedeutet, das die Mehrzahl der Eltern und Kinder davon abhlt, ber Klavierunterricht nachzudenken. Es gibt eine innige Beziehung zwischen Musik und Mathematik. Musik ist in vielerlei Hinsicht eine Form der Mathematik, und die groen Komponisten haben diese Beziehung untersucht und ausgenutzt. Die meisten grundlegenden Theorien der Musik knnen mit mathematischen Termen ausgedrckt werden. Die Harmonie ist eine Reihe von Verhltnissen, und die Harmonie fhrt zur chromatischen Tonleiter, die eine logarithmische Gleichung ist. Die meisten Tonleitern sind Teilmengen der chromatischen Tonleiter, und Akkordprogressionen sind die einfachsten Beziehungen unter diesen Teilmengen. Ich bespreche einige konkrete Beispiele fr den Gebrauch der Mathematik in einigen der berhmtesten Kompositionen (Kapitel 1, Abschnitt IV.4) und schliee alle Themen fr zuknftige Untersuchungen in der Musik (sowohl mathematische als auch andere) in Kapitel

1, Abschnitt IV ein. Es macht keinen Sinn, zu fragen, ob Musik Kunst oder Mathematik ist; beide sind Eigenschaften der Musik. Mathematik ist einfach eine Mglichkeit, etwas quantitativ zu messen; deshalb kann alles, was in der Musik quantifiziert werden kann (zum Beispiel das Taktma, die thematische Struktur usw.), mathematisch behandelt werden. Obwohl die Mathematik fr einen Knstler nicht notwendig ist, sind deshalb Musik und Mathematik untrennbar verbunden. Das Wissen um diese Beziehung kann oft ntzlich sein (wie von jedem groen Komponisten gezeigt wird) und wird immer ntzlicher werden, je mehr sich das musikalische Verstndnis der Mathematik der Musik schrittweise nhert und die Knstler lernen, einen Nutzen aus der Mathematik zu ziehen. Die Kunst ist eine Abkrzung, bei der das menschliche Gehirn dazu benutzt wird, Ergebnisse zu erzielen, die auf anderem Wege nicht zu erzielen sind. Ein wissenschaftliches Herangehen an die Musik beschftigt sich nur mit den einfacheren Ebenen der Musik, die analytisch behandelt werden knnen: Die Wissenschaft untersttzt die Kunst. Die Annahme ist falsch, dass die Wissenschaft irgendwann die Kunst ersetzen wird oder, das andere Extrem, dass man fr Musik nur die Kunst bentigt; die Kunst sollte so frei sein, alles einzufgen, das der Knstler wnscht, und die Wissenschaft kann eine unschtzbare Hilfe bieten. Zu viele Klavierspieler wissen nicht, wie das Klavier funktioniert und was es bedeutet, temperiert zu stimmen, oder was es bedeutet, ein Klavier zu intonieren. Das ist besonders berraschend, weil die Wartung des Klaviers einen direkten Einfluss auf die Fhigkeit Musik zu machen und auf die Entwicklung der Technik hat. Es gibt viele Konzertpianisten, die nicht den Unterschied zwischen gleichschwebender Temperatur und wohltemperierten Stimmungen kennen, obwohl einige der Kompositionen, die sie spielen (zum Beispiel Bach), den Gebrauch der einen oder der anderen ausdrcklich verlangen. Wann man ein elektronisches Klavier benutzen soll, wann man zu einem Klavier oder Flgel hherer Qualitt wechseln soll und wie man bei einem Klavier Qualitt erkennt, sind in der Karriere eines jeden Klavierspielers wichtige Fragen. Deshalb enthlt dieses Buch einen Abschnitt ber den Kauf eines Klaviers und ein Kapitel ber das Stimmen des eigenen Klaviers. So wie die elektronischen Klaviere bereits immer richtig gestimmt sind, so mssen auch die akustischen Klaviere in naher Zukunft dauerhaft richtig gestimmt sein, zum Beispiel indem man den temperaturabhngigen Ausdehnungskoeffizienten der Saiten benutzt, um das Klavier elektronisch zu stimmen (siehe Gilmore, http://home.kc.rr.com/eromlignod, self-tuning piano). Heutzutage sind praktisch alle Heimklaviere fast die ganze Zeit aus der Stimmung, weil das Klavier anfngt aus der Stimmung zu gehen, sobald der Stimmer das Haus verlsst oder sich die Temperatur oder Feuchtigkeit im Raum ndert. Das ist eine unannehmbare Situation. Bei zuknftigen Klavieren wird man einen Schalter umlegen knnen, und das Klavier stimmt sich innerhalb von Sekunden selbst. Wenn sie massenweise produziert werden, sind die Kosten eines sich selbst stimmenden Klaviers im Vergleich zu einem Qualittsklavier gering. Man knnte meinen, dass dies die Klavierstimmer arbeitslos machen wrde, aber das wird nicht der Fall sein, weil die Zahl der Klaviere (durch dieses Buch) zunehmen wird, der Mechanismus zum Selbststimmen gewartet werden muss und bei Klavieren mit einer solch perfekten Stimmung das regelmige Intonieren der Hmmer und Einstellen (beides wird heute oft vernachlssigt) eine bedeutsame Verbesserung des musikalischen Ergebnisses bewirkt. Durch die gestiegene Anzahl der fortgeschrittenen Klavierspieler entsteht eine grere Nachfrage nach diesen gehobenen Wartungsarbeiten. Sie knnten pltzlich erkennen, dass es das Klavier war, nicht Sie selbst, das die technische Entwicklung und das musikalische Ergebnis begrenzt hat (bei abgenutzten Hmmern ist das immer der Fall!). Was denken Sie, warum Konzertpianisten so viel Aufhebens um ihr Klavier machen? Zusammengefasst: Dieses Buch stellt ein einmaliges Ereignis in der Geschichte der Klavierpdagogik dar und revolutioniert den Klavierunterricht. berraschenderweise ist

wenig in diesem Buch grundlegend neu. Wird verdanken die meisten wichtigen Konzepte Combe, Liszt, Chopin, Beethoven, Mozart, Bach usw. Combe und Liszt gaben uns das ben mit getrennten Hnden, das ben in kleinen Portionen und die Entspannung; Liszt und Chopin gaben uns den Daumenbersatz und befreiten uns von Hanon und Czerny; Mozart lehrte uns das Auswendiglernen und das mentale Spielen; Bach wusste alles ber parallele Sets, ruhige Hnde und die Wichtigkeit des musikalischen bens, und sie alle (besonders Beethoven) zeigten uns die Beziehungen zwischen Mathematik und Musik. Die enorme Menge an Zeit und Anstrengung, die, um das Rad neu zu erfinden und beim nutzlosen Wiederholen von Fingerbungen, in der Vergangenheit in jeder Pianistengeneration verschwendet wurde, bersteigt alle Vorstellungen. Indem das in diesem Buch zusammengestellte Wissen dem Schler vom ersten Tag des Klavierunterrichts an zugnglich gemacht wird, luten wir ein neues Zeitalter im Erlernen des Klavierspielenlernens ein. Dieses Buch ist nicht das Ende der Strae - es ist nur ein Anfang. Die zuknftige Erforschung der bungsmethoden wird zweifellos Verbesserungen zu Tage frdern; das liegt in der Natur des wissenschaftlichen Vorgehens. Es garantiert, dass wir nie wieder ntzliche Informationen verlieren und immer nur voranschreiten werden, und dass jeder Lehrer Zugang zu den besten verfgbaren Informationen haben wird. Wir verstehen bislang noch nicht die biologischen Vernderungen, die den Erwerb der Technik begleiten, und wie sich das menschliche (besonders das kindliche) Gehirn entwickelt. Diese zu verstehen wird uns erlauben, sie direkt hervorzubringen, statt dass wir etwas 10.000-mal wiederholen mssen. Seit Bachs Zeit gab es in der Klavierpdagogik einen Stillstand der Entwicklung; wir haben nun die Hoffnung, das Klavierspielen von einem scheinbar unerreichbaren Traum in eine Kunst zu verwandeln, an der sich jeder erfreuen kann. PS: Dieses Buch ist mein Geschenk an die Gesellschaft. Die bersetzer haben ebenfalls ihre kostbare Zeit dazu beigetragen. Zusammen leisten wir Pionierarbeit dafr, kostenlos Webbasierte Ausbildung von hchstem Format zur Verfgung zu stellen, etwas, das hoffentlich zu einem Vorboten der Zukunft wird. Es gibt keinen Grund, warum Ausbildung nicht kostenlos sein sollte. Eine solche Umwlzung mag so erscheinen, als ob sie die Jobs einiger Lehrer gefhrden knnte, aber mit verbesserten Lehrmethoden wird das Klavierspielen viel populrer werden, was zu einer hheren Nachfrage nach Lehrern fhren wird, die unterrichten knnen, weil Schler mit einem guten Lehrer immer schneller lernen werden als wenn sie alleine sind. Die konomischen Auswirkungen dieser verbesserten Lernmethoden knnen betrchtlich sein. Dieses Buch wurde 1994 zuerst gedruckt, und die Website [das heisst die von Chuan C. Chang] startete 1999. Ich schtze, dass bis zum Jahr 2002 mehr als 10.000 Schler diese Methode gelernt hatten. Nehmen wir an, dass 10.000 ernsthafte Klavierschler durch diese Methoden 5 Stunden je Woche einsparen, dass sie 40 Wochen pro Jahr ben, und dass ihre Zeit einem Wert von 5$ je Stunde entspricht; dann ist die gesamte jhrliche Ersparnis: (5 Stunden / (Woche * Schler)) * (40 Wochen / Jahr) * ($5 / Stunde) * (10.000 Schler) = $10.000.000 / Jahr fr 2002 oder $1.000 / Jahr und Schler. 10 Millionen Dollar pro Jahr sind nur die Einsparung der Schler; wir haben die Auswirkungen fr die Lehrer sowie die Klavier- und Musikindustrie nicht bercksichtigt. Jedes Mal, wenn die bernahme wissenschaftlicher Methoden solche Sprnge in der Effektivitt erzeugt hat, hat das jeweilige Gebiet in der Vergangenheit einen Aufschwung erlebt, der anscheinend grenzenlos war und jedem genutzt hat. Bei der heutigen (2007) Weltbevlkerung von mehr als 6,6 Milliarden Menschen knnen wir davon ausgehen, dass der Anteil der Klavierspieler schlielich ein Prozent oder mehr als 66 Millionen betragen wird, sodass die potentielle konomische Auswirkung dieses Buchs mehrere Milliarden Dollar pro Jahr bersteigen knnte. Ein solcher wirtschaftlicher Nutzen in einem kleinen

Sektor war in der Vergangenheit eine unberwindliche Kraft, und dieser Motor wird den Umschwung beim Klavierspielen weiter antreiben. Noch wichtiger ist, dass Musik und jeder Zuwachs bei der geistigen Entwicklung eines Kindes unbezahlbar sind.

Kapitel 1: Klaviertechnik I. Einfhrung[zuletzt gendert 15.08.2009; englisches Original vom 06.03.2009 (2 MB)]

1. Zweck dieses BuchsDer Zweck dieses Buchs ist es, die besten bekannten Methoden zum ben des Klavierspielens vorzustellen. Fr Schler bedeutet das Kennen dieser Methoden eine Verringerung der zum Lernen notwendigen Zeit, die einen wesentlichen Teil der Lebenszeit ausmacht, und eine Zunahme der Zeit, die fr das Musizieren genutzt werden kann, anstatt sie mit dem Kampf mit der Spieltechnik zu verbringen. Viele Schler verbringen 100 Prozent ihrer Zeit damit, neue Stcke zu lernen, und da dieser Vorgang so lange dauert, bleibt keine Zeit fr das ben der Kunst Musik zu machen brig. Dieser bedauerliche Umstand ist das grte Hindernis fr die Entwicklung der Spieltechnik, weil das Musizieren fr die technische Entwicklung notwendig ist. Das Ziel ist hier, den Lernprozess so zu beschleunigen, dass wir 10 Prozent der bungszeit auf die technische Arbeit und 90 Prozent zum Musizieren verwenden. Wie musizieren Musiker? Egal ob man Musik komponiert oder ein Instrument spielt, die ganze Musik muss aus dem Gehirn des Knstlers kommen. Mit gengend bung knnen wir sicher unser Gehirn abschalten und mechanisch aus dem Gedchtnis spielen. Das ist absolut die falsche Art Musik zu machen, weil die resultierende Musik auf einer niedrigen Stufe sein wird. Viele Klavierspieler nehmen irrtmlicherweise an, dass ein teurer, groer Konzertflgel seinen eigenen Klang mit seiner charakteristischen Musik erzeugt und wir deshalb zum Lernen des Klavierspielens unsere Finger trainieren mssen. Das menschliche Gehirn ist aber hinsichtlich der Musikalitt weitaus komplexer als alle mechanischen Apparate und diesen berlegen. Das Gehirn hat nicht die Beschrnkungen von Holz, Filz und Metall. Deshalb ist es wichtiger, das Gehirn zu trainieren als die Fingermuskeln, insbesondere da jede Fingerbewegung von einem Nervenimpuls des Gehirns angeregt werden muss. Die Antwort auf die obige Frage ist, was wir in diesem Buch als mentales Spielen bezeichnen werden. Das mentale Spielen ist einfach der Prozess, sich die Musik in Gedanken vorzustellen oder sie sogar auf einem imaginren Klavier zu spielen. Wir werden sehen, dass das mentale Spielen praktisch alles kontrolliert, was wir in der Musik tun, vom Lernprozess (Technik) bis zu dem Auswendiglernen, dem absoluten Gehr, dem Auftreten, dem Komponieren, der Kontrolle von Nervositt usw. Es ist so allumfassend, dass es nicht mglich ist, es nur in einem Abschnitt zu erklren; es wird praktisch in jedem Abschnitt dieses Buchs besprochen. Eine ziemlich ausfhrliche Besprechung finden Sie in Abschnitt III.6j.

Das mentale Spielen machte Mozart (und alle groen Musiker) zu dem, was er war; er wird zum Teil wegen seiner Fhigkeit zum mentalen Spielen als einer der grten Genies angesehen. Die wunderbare Nachricht ist, dass man es lernen kann. Die traurige historische Tatsache ist, dass man das mentale Spielen zu vielen Schlern nie gelehrt hat; in diesem Buch wurde dem mentalen Spielen vielleicht zum ersten Mal ein offizieller Name (Definition) gegeben, obwohl Sie, wenn Sie ein "talentierter" Musiker sind, es sich vielleicht schon irgendwie auf wundersame Weise aneignen mussten. Das mentale Spielen sollte bereits im ersten Jahr des Klavierunterrichts gelehrt werden und ist bei den jngsten Kindern besonders effektiv; die offensichtlichste Mglichkeit, das Unterrichten zu beginnen, ist, die Fertigkeiten fr das Auswendiglernen und das absolute Gehr zu lehren. Das mentale Spielen ist die Kunst, den Geist des Publikums durch die Musik, die man spielt, zu kontrollieren, und deshalb funktioniert das am besten, wenn es von Ihrem Geist ausgeht. Das Publikum sieht Ihre Fhigkeit, mental zu spielen, als etwas Auerordentliches, was nur ein paar ausgewhlten begabten Musikern mit einer Intelligenz weit ber dem Durchschnitt gegeben ist. Mozart war sich fast mit Sicherheit dessen bewusst und benutzte das mentale Spielen, um sein Ansehen sehr zu vergrern. Das mentale Spielen hilft Ihnen auf unzhlige Arten, das Klavierspielen zu lernen, wie im ganzen Buch gezeigt wird. Da man das mentale Spielen ohne Klavier ausfhren kann, knnen Sie zum Beispiel Ihre bungszeit effektiv verdoppeln oder verdreifachen, indem Sie das mentale Spielen benutzen, wenn kein Klavier verfgbar ist. Beethoven und Einstein erschienen oft geistesabwesend, weil sie die meiste wache Zeit mit dem mentalen Spielen verbrachten. [Wobei Einstein nicht nur Musik mental spielte, sondern zum Beispiel auch: "Was wrde geschehen, wenn die Straenbahn, in der ich gerade unterwegs bin, mit Lichtgeschwindigkeit fahren wrde?"] Somit ist das mentale Spielen nichts Neues; nicht nur die groen Musiker und Knstler, sondern praktisch alle heutigen Spezialisten, wie Athleten, trainierte Soldaten, Geschftsmnner usw. mssen ihr eigenes mentales Spielen pflegen, um im Wettbewerb erfolgreich zu sein. Tatschlich benutzt es jeder von uns stndig! Wenn wir morgens aufstehen und die fr den Tag geplanten Aktivitten auf die Schnelle durchgehen, fhren wir mentales Spielen aus, und die Komplexitt dieses mentalen Spielens bersteigt wahrscheinlich die einer Mazurka von Chopin. Trotzdem tun wir das innerhalb eines Augenblicks, sogar ohne es als mentales Spielen aufzufassen, weil wir es seit frhester Kindheit gebt haben. Knnen Sie sich vorstellen, welche Desaster geschehen wrden, wenn wir keinen mentalen Plan fr den Tag htten? Aber das tun wir im Grunde, wenn wir auf eine Bhne gehen und ohne Training im mentalen Spielen ein Konzert geben. Kein Wunder, dass man beim Auftreten so nervs wird! Wie wir sehen werden, ist das mentale Spielen vielleicht das beste Mittel gegen das Lampenfieber - bei Mozart funktionierte es bestimmt.

2. Was ist Klaviertechnik?Wir mssen verstehen, was Technik ist, weil sie nicht zu verstehen zu falschen bungsmethoden fhrt. Wichtiger noch: Das richtige Verstehen kann uns dabei helfen, die richtigen bungsmethoden zu entwickeln. Das am meisten verbreitete Missverstndnis ist, dass Technik eine vererbte Fingerfertigkeit sei. Sie ist es nicht. Die angeborene Geschicklichkeit von vollendeten Pianisten und von Durchschnittsbrgern ist gar nicht so unterschiedlich. Das bedeutet, dass praktisch jeder lernen kann, gut Klavier zu spielen. Es gibt zahlreiche Beispiele von geistig Behinderten mit eingeschrnkter Koordination (Savants, Inselbegabte), die ein erstaunliches musikalisches Talent beweisen. Viele von uns sind wesentlich geschickter, knnen jedoch leider die musikalischen Passagen aus einem Mangel an ein paar einfachen aber entscheidenden Informationen nicht bewltigen. Der Erwerb der

Technik ist grtenteils ein Prozess der Entwicklung des Gehirns und der Nerven, nicht der Entwicklung von Fingerstrke. Technik ist die Fhigkeit, millionen verschiedener Passagen auszufhren; deshalb ist sie keine Geschicklichkeit, sondern eine Ansammlung vieler Fertigkeiten. Das Wundersame an der Klaviertechnik und die wichtigste Botschaft dieses Buchs ist, dass diese Fertigkeiten innerhalb kurzer Zeit erlernt werden knnen, wenn die richtigen Lernmethoden angewandt werden. Diese Fertigkeiten werden in zwei Phasen erlangt: 1. entdecken, wie Finger, Hnde, Arme usw. bewegt werden mssen, und 2. das Gehirn, die Nerven und die Muskeln so zu konditionieren, dass sie diese Bewegungen einfach und kontrolliert ausfhren knnen. Viele Schler denken, dass Klavierspielen zu ben aus stundenlanger Fingergymnastik besteht, weil ihnen nie die eigentliche Bedeutung der Technik beigebracht wurde. In Wahrheit verbessern Sie Ihr Gehirn, wenn Sie das Klavierspielen lernen! Sie machen sich selbst klger und verbessern Ihr Gedchtnis; deshalb hat es so viele ntzliche Auswirkungen, wenn Sie das Klavierspielen richtig lernen, zum Beispiel Erfolg in der Schule, die Fhigkeit, besser mit alltglichen Problemen fertigzuwerden und die Fhigkeit, sich trotz zunehmenden Alters das Gedchtnis lnger zu erhalten. Deshalb ist das Auswendiglernen ein untrennbarer Bestandteil des Technikerwerbs. Wir mssen unsere eigene Anatomie verstehen und lernen, wie wir die korrekte Technik entdecken und uns aneignen knnen. Dies stellt eine fast unmgliche Aufgabe fr das durchschnittliche menschliche Gehirn dar, es sei denn, Sie widmen ihr von Kindheit an Ihr ganzes Leben. Selbst dann werden die meisten keinen Erfolg haben. Der Grund ist, dass der Klavierspieler ohne die richtige Anleitung die korrekten Bewegungen usw. durch Ausprobieren herausfinden muss. Man hngt von der geringen Wahrscheinlichkeit ab, dass die Hand bei dem Versuch, diese schwierige Passage schneller zu spielen, zufllig in eine funktionierende Bewegung verfllt. Wenn Sie Pech haben, entdeckt Ihre Hand diese Bewegung nie, und Sie bleiben ewig hngen - ein Phnomen, das man "Geschwindigkeitsbarriere" nennt. Die meisten Anfnger unter den Klavierschlern haben nicht die geringste Vorstellung von den komplexen Bewegungen, die die Finger, Hnde und Arme ausfhren knnen. Zum Glck haben die vielen Genies vor uns die meisten ntzlichen Entdeckungen bereits gemacht (sonst wren sie keine so groen Knstler gewesen), was zu effizienten bungsmethoden fhrt. Eine weitere falsche Vorstellung von der Technik ist, dass man, wenn die Finger erst einmal gengend geschickt sind, alles spielen kann. Fast jede einzelne Passage, die sich von den anderen unterscheidet, ist ein neues Abenteuer; sie muss neu gelernt werden. Erfahrene Pianisten sind scheinbar in der Lage, fast alles zu spielen, weil 1. sie fast alles gebt haben, das man oft vorfindet, und 2. sie wissen, wie man Neues sehr schnell lernt. Es gibt groe Klassen von Passagen, wie zum Beispiel Tonleitern, die hufig auftreten. Das Wissen, wie diese zu spielen sind, wird bedeutende Teile der meisten Kompositionen abdecken. Wichtiger ist jedoch, dass es allgemeine Lsungen fr groe Problemklassen und spezielle Lsungen fr spezielle Probleme gibt.

3. Technik, Musik und mentales SpielenWenn wir uns nur auf die Entwicklung der "Fingertechnik" konzentrieren und die Musik whrend des bens vernachlssigen, knnen wir unmusikalische Spielgewohnheiten annehmen. Unmusikalisches Spielen ist stets absolut verboten, weil es ein Fehler ist. Ein verbreitetes Symptom dieses Fehlers ist die Unfhigkeit, die bungsstcke zu spielen, wenn der Lehrer (oder sonst jemand!) zuhrt. Wenn Publikum dabei ist, machen diese Schler seltsame Fehler, die sie whrend des "bens" nicht gemacht haben. Das geschieht, weil die Schler ohne Beachtung der Musik gebt hatten und pltzlich erkennen, dass sie nun die Musik hinzufgen mssen, weil jemand zuhrt. Leider haben sie bis zur Unterrichtsstunde niemals wirklich musikalisch gebt! Ein weiteres Symptom unmusikalischen bens ist, dass die Schler sich unwohl fhlen, wenn andere sie beim ben hren knnen. Klavierlehrer wissen, dass Schler musikalisch ben mssen, um sich die Technik anzueignen. Was fr die Ohren und das Gehirn richtig ist, stellt sich als fr den menschlichen Spielapparat richtig heraus. Sowohl Musikalitt als auch Technik bentigen Genauigkeit und Kontrolle. Praktisch jeder technische Makel kann in der Musik wahrgenommen werden. Die Musik ist die schwierigste Probe, ob die Technik richtig oder falsch ist. Wie wir das ganze Buch hindurch sehen werden, gibt es mehr Grnde, warum Musik niemals von der Technik getrennt werden sollte. Nichtsdestoweniger neigen viele Schler dazu, beim ben die Musik zu vernachlssigen und ziehen es vor, zu "arbeiten", wenn niemand dabei ist, der zuhrt. Solche bungsmethoden erzeugen "Stille-Kmmerlein-Pianisten", die gerne spielen aber nicht vorspielen knnen. Wenn Schlern beigebracht wird, immer musikalisch zu ben, dann wird diese Art von Problem gar nicht existieren; vorspielen und ben sind ein und dasselbe. Dieses Buch enthlt viele Vorschlge fr das ben des Auftretens, wie zum Beispiel sein Spielen von Anfang an auf Video aufzunehmen. Viele Schler denken zu Unrecht, dass die Finger die Musik kontrollieren, und sie warten darauf, dass das Klavier diesen groartigen Sound erzeugt. Das wird zu einer eintnigen Vorfhrung und unvorhersehbaren Ergebnissen fhren. Die Musik muss aus dem Geist kommen, und der Klavierspieler muss das Klavier dazu bringen, das zu erzeugen, was er mchte. Das ist das oben vorgestellte mentale Spielen; wenn Sie das mentale Spielen noch nie gebt haben, werden Sie feststellen, dass es eine Stufe des Auswendiglernens erfordert, die Sie noch nie erreicht haben - aber genau das brauchen Sie fr einen fehlerfreien, respekteinflenden Auftritt. Zum Glck sind es nur ein paar Schritte von den in diesem Buch geschilderten Verfahren fr das Auswendiglernen zum mentalen Spielen, aber es bedeutet einen groen Fortschritt in Ihren musikalischen Fertigkeiten, nicht nur fr die Technik und das Musikmachen, sondern auch fr das Lernen eines absoluten Gehrs, das Komponieren und jeden Aspekt des Klavierspielens. So sind Technik, Musik und mentales Spielen untrennbar miteinander verflochten. Sobald Sie sich mit dem mentalen Spielen intensiv beschftigen, werden Sie entdecken, dass es ohne das absolute Gehr nicht wirklich funktioniert. Diese Errterungen bieten eine solide Grundlage fr das Identifizieren der Fertigkeiten, die wir lernen mssen. Dieses Buch liefert die bungsmethoden, die man braucht, um sie zu lernen.

4. Generelles Vorgehen, Interpretation, Musikunterricht, Absolutes GehrDie Lehrer spielen eine wichtige Rolle dabei, den Schlern zu zeigen, wie man musikalisch spielt und bt. Zum Beispiel beginnen und enden die meisten Musikstcke mit demselben Akkord, eine etwas geheimnisvolle Regel, die eigentlich aus den Grundregeln fr

Akkordprogressionen resultiert. Ein Verstndnis der Akkordprogressionen ist fr das Auswendiglernen sehr ntzlich. Eine musikalische Phrase beginnt und endet im Allgemeinen mit leiseren Noten, mit lauteren Noten dazwischen; wenn Sie im Zweifel sind, dann ist dies eine gute Grundregel. Das ist vielleicht ein Grund, warum so viele Kompositionen mit einem unvollstndigen Takt beginnen - der erste Schlag trgt in der Regel den Akzent und ist zu laut. Es gibt viele Bcher, die sich mit der musikalischen Interpretation beschftigen (Gieseking, Sandor), und es gibt zahlreiche Beispiele in diesem Buch. Ein musikalisches Training lohnt sich in jngsten Jahren am meisten. Die meisten Babys, die hufig ein perfekt gestimmtes Klavier hren, entwickeln automatisch ein absolutes Gehr das ist nichts Auergewhnliches. Niemand wird mit einem absoluten Gehr geboren, da es zu 100 Prozent eine erlernte Fertigkeit ist (die exakten Frequenzen der Tonleitern sind willkrliche menschliche Konventionen - es gibt kein Naturgesetz, das besagt, dass das mittlere A bei 440 Hz sein muss; die meisten Orchester stimmen auf 442 Hz, und bevor das A standardisiert wurde, gab es einen viel greren Bereich erlaubter Frequenzen). Wenn dieses absolute Gehr nicht gepflegt wird, dann wird es im spteren Leben verloren gehen. Klavierunterricht fr junge Kinder kann im Alter von ungefhr drei bis vier Jahren beginnen. Es ist vorteilhaft, wenn Jngere frh (ab der Geburt) klassische Musik hren, weil klassische Musik den hchsten musikalischen Gehalt (komplex, logisch) aller verschiedenen Arten von Musik hat. Einige Formen der zeitgenssischen Musik knnten durch das berbetonen bestimmter beschrnkter Aspekte - wie Lautstrke oder zu einfache Musikstrukturen, die das Gehirn nicht stimulieren - die musikalische Entwicklung eeintrchtigen, indem sie die Entwicklung des Gehirns stren. Obwohl man musikalisch begabt sein muss, um Musik zu komponieren, ist die Fhigkeit, Klavier zu spielen, nicht so vom musikalischen Verstand abhngig. In Wahrheit sind die meisten von uns musikalischer als wir uns selbst zutrauen, und es ist der Mangel an Technik, der unsere musikalische Ausdrucksfhigkeit am Klavier einschrnkt. Wir haben bereits alle die Erfahrung gemacht, berhmten Pianisten zuzuhren und zu erkennen, dass sie sich voneinander unterscheiden - das ist mehr musikalische Sensibilitt als wir jemals bentigen, um mit dem Klavierspielen zu beginnen. Man muss nicht acht Stunden tglich ben; einige berhmte Pianisten haben bungszeiten von weniger als einer Stunde empfohlen. Sie knnen Fortschritte machen, wenn Sie drei- oder viermal die Woche fr jeweils eine Stunde ben. Schlielich sollte eine umfassende musikalische Ausbildung (Tonleitern, Taktarten, Hrschule - einschlielich absolutem Gehr -, Diktate, Theorie usw.) ein integraler Bestandteil davon sein, das Klavierspielen zu lernen, weil alle Teile, die man lernt, fr die anderen Teile hilfreich sind. Letzten Endes ist eine umfassende musikalische Ausbildung der einzige Weg, das Klavierspielen zu lernen. Leider stehen den meisten angehenden Klavierspielern nicht die Mittel oder die Zeit zur Verfgung, um diesen Weg zu verfolgen. Dieses Buch ist dazu gedacht, dem Schler eine Ausgangsbasis zu geben, indem er lernt, wie man sich die Technik schnell aneignet, sodass er sich berlegen kann, alle die anderen ntzlichen Themen zu studieren. In der Regel komponieren Schler, die glnzende Klavierspieler sind, am Ende fast immer ihre eigene Musik. Das Studium der Kompositionslehre ist keine Voraussetzung fr das Komponieren. Einige Lehrer halten nicht viel davon, zu viel Kompositionstheorie zu lernen, bevor man mit dem Komponieren seiner eigenen Musik beginnt, weil einen das davon abhalten kann, seinen eigenen Stil zu entwickeln. Was sind einige der herausragenden Merkmale der Methoden dieses Buchs?

1. Diese Methoden sind nicht so bermig anstrengend wie ltere Methoden, die den Schlern fr den Klavierunterricht einen hingebungsvollen Lebensstil abverlangen. Die Schler erhalten die Mglichkeit, sich eine bestimmte Prozedur auszusuchen, mit der man ein definiertes Ziel innerhalb einer abschtzbaren Zeitspanne erreichen kann. Wenn die Methoden wirklich funktionieren, sollten sie kein lebenslanges blindes Vertrauen erfordern, um Knnen zu erlangen! 2. Jede Prozedur dieser Methoden hat eine krperliche Grundlage (wenn sie funktioniert, hat sie immer eine; die frheren Probleme der Klavierpdagogik lagen im Finden der richtigen Erklrungen); sie muss auerdem die folgenden erforderlichen Elemente enthalten: a. Ziel: Techniken, die erworben werden sollen, das heit wenn Sie nicht schnell genug oder keine Triller spielen knnen, wenn Sie auswendig spielen mchten, usw. b. Dann ist zu tun: das heit mit getrennten Hnden ben, den Akkord-Anschlag benutzen, whrend des bens auswendig lernen usw. c. Weil: die physiologischen, psychologischen, mechanischen usw. Erklrungen dafr, warum diese Methoden funktionieren; zum Beispiel vereinfacht mit getrennten Hnden zu ben schwierige Passagen. d. Wenn nicht: Probleme, die entstehen, wenn auf Unkenntnis beruhende Methoden benutzt werden. Ohne dieses "Wenn nicht" knnen die Schler jede andere Methode whlen - warum also diese? Wir mssen wissen, was wir nicht tun drfen, denn schlechte Angewohnheiten und falsche Methoden, nicht ungengende bung, sind die Hauptgrnde fr einen Mangel an Fortschritt. 3. Dieses Buch bietet einen vollstndigen, gegliederten Satz an Lernwerkzeugen, die Sie mit einem Minimum an Aufwand in das Wunderland des mentalen Spielens bringen. Gute Reise!

II. Grundlegende Verfahren des Klavierbens[zuletzt gendert 22.08.2009; englisches Original vom 06.03.2009 (2 MB)]

Dieser Abschnitt enthlt die minimalen Anleitungen, die Sie bentigen, bevor Sie mit dem ben anfangen.

1. Der bungsablaufViele Schler benutzen folgenden bungsablauf: 1. Zunchst Tonleitern oder Fingerbungen spielen, bis die Finger aufgewrmt sind. Zum Verbessern der Technik wird dies, insbesondere unter Verwendung von bungen wie der Hanon-Serie, 30 Minuten durchgefhrt - wenn man Zeit hat auch lnger. 2. Dann nimmt man ein neues Musikstck und liest langsam eine oder zwei Seiten, whrend man das Stck sorgfltig mit beiden Hnden vom Anfang ab spielt. Dieses langsame Spielen wird so lange wiederholt, bis man das Stck ziemlich gut vorspielen kann, und nun wird die Geschwindigkeit schrittweise gesteigert, bis die endgltige

Geschwindigkeit erreicht ist. Fr dieses schrittweise Steigern knnte ein Metronom benutzt werden. 3. Am Ende einer zweistndigen bungseinheit fliegen die Finger, sodass die Schler so schnell spielen knnen wie sie mchten und die Erfahrung genieen knnen, bevor sie mit dem ben aufhren. Nach all dem sind sie des bens mde, entspannen sich und spielen mit Leib und Seele mit voller Geschwindigkeit. Dies ist der Moment, in dem sie Spa an der Musik haben! 4. Wenn das Stck zufriedenstellend gespielt werden kann, wird es auswendig gelernt und dann gebt, "bis die Musik in den Hnden ist". 5. Am Tag des Konzerts oder des Unterrichts ben sie das Stck in der richtigen Geschwindigkeit (oder schneller!) so oft wie mglich, um sicherzustellen, dass es in bestem Zustand ist. Das ist die letzte Gelegenheit, und offensichtlich gilt: je mehr bung desto besser. Jeder Schritt dieses Ablaufs ist falsch! Dieser Ablauf wird mit ziemlicher Sicherheit dazu fhren, dass die Schler nicht ber die Mittelstufe hinauskommen, auch wenn sie tglich mehrere Stunden ben. Zum Beispiel gibt dieser Ablauf den Schlern keinen Hinweis, was sie tun mssen, wenn sie auf eine nicht spielbare Passage treffen, auer dass sie diese stndig manchmal ein Leben lang - wiederholen sollen, ohne eine klare Vorstellung darber, wann und wie die dafr notwendige Technik erworben wird. Diese Methode berlsst die Aufgabe, das Klavierspielen zu lernen, vllig dem Schler. Zudem wird die Musik whrend des Vorspielens flach klingen und unerwartete Fehler werden fast unausweichlich sein. Sie werden das alles verstehen, sobald sie die weiter unten beschriebenen, effizienteren Methoden kennenlernen. Mangel an Fortschritt ist der Hauptgrund, warum so viele Schler mit dem Klavier aufhren. Schler, insbesondere jngere, sind clever; warum wie ein Sklave schuften und nichts dabei lernen? Belohnen Sie die Schler, und sie werden mehr Hingabe erzielen als jeder Lehrer erwarten kann. Man kann Arzt sein, Wissenschaftler, Rechtsanwalt, Athlet oder was auch immer man mchte und trotzdem ein guter Pianist werden, weil es Methoden gibt, mit denen Sie die Technik rasch erwerben knnen, wie Sie gleich sehen werden. Beachten Sie, dass der obige bungsablauf eine "intuitive" (oder "instinktive") Methode ist. Wenn jemand, der durchschnittlich intelligent ist, mit nichts auer einem Klavier auf einer einsamen Insel ausgesetzt worden wre und sich entscheiden wrde zu ben, wrde diese Person wahrscheinlich eine bungsmethode wie die obige entwerfen. Das heit, ein Lehrer, der diese Art von bungsmethoden lehrt, lehrt im Grunde nichts - die Methode ist intuitiv. Als ich zum ersten Mal damit anfing, die "richtigen Lernverfahren" zusammenzutragen, war ich am meisten davon berrascht, wie viele davon kontraintuitiv waren. Ich werde spter erklren, warum sie so kontraintuitiv sind, aber dies bietet die beste Erklrung, warum so viele Lehrer den intuitiven Ansatz verwenden. Diese Lehrer haben die richtigen Methoden niemals gelernt und wurden deshalb zu den intuitiven Methoden hingezogen. Die Schwierigkeit mit kontraintuitiven Methoden ist, dass sie schwerer anzunehmen sind als intuitive; Ihr Gehirn sagt Ihnen stndig, sie seien falsch und Sie sollten zu den intuitiven zurckkehren. Diese Botschaft des Gehirns kann vor der Unterrichtsstunde oder dem Konzert unwiderstehlich werden - versuchen Sie, (nicht informierten) Schlern zu sagen, sie sollen keinen Spa damit haben, ihre fertigen Stcke zu spielen, bevor sie mit dem ben aufhren, oder am Tag eines Konzerts nicht zu viel zu ben! Es geht nicht nur um die Schler oder Lehrer. Es sind auch Eltern oder Freunde mit guten Absichten, die die bungsgewohnheiten junger Schler beeinflussen. Nicht informierte Eltern werden ihre Kinder stets dazu zwingen, die intuitiven Methoden zu benutzen.

Dies ist ein Grund, warum gute Lehrer immer die Eltern bitten, ihre Kinder zu den Unterrichtsstunden zu begleiten. Wenn die Eltern nicht informiert sind, gibt es praktisch eine Garantie dafr, dass sie die Schler dazu zwingen, Methoden zu benutzen, die im Widerspruch zu den Anweisungen des Lehrers stehen. Schler, die von Anfang an mit den richtigen Methoden begannen, sind scheinbar die Glcklichen. Sie mssen jedoch spter aufpassen, falls man ihnen nicht beigebracht hat, was die falschen Methoden sind. Wenn sie ihren Lehrer verlassen, dann knnen sie pltzlich in die intuitiven Methoden verfallen und haben keine Ahnung, warum ihnen alles entgleitet. Es ist wie ein Br, der noch nie eine Brenfalle gesehen hat - er wird jedes Mal gefangen. Diese "Glcklichen" knnen oftmals auch nicht unterrichten, weil sie vielleicht nicht erkennen, dass viele intuitive Methoden zur Katastrophe fhren knnen. Die scheinbar unglcklichen Schler, die zuerst die intuitiven Methoden gelernt haben und dann zu den besseren bergegangen sind, haben hingegen einige unerwartete Vorteile. Sie kennen sowohl die richtigen als auch die falschen Methoden und sind oft die viel besseren Lehrer. Obwohl dieses Buch die richtigen Methoden lehrt, ist es deshalb genauso wichtig, zu wissen, was man nicht tun darf und warum. Deshalb werden die am hufigsten benutzten falschen Methoden hier ausgiebig besprochen. Wir beschreiben die Komponenten eines angemessenen bungsablaufs in den folgenden Abschnitten. Sie werden ungefhr in der Reihenfolge dargeboten, in der sie ein Schler vom Anfang bis zum Ende eines neuen Musikstcks benutzen knnte. Anfnger sollten zunchst Abschnitt III.18 lesen.

2. Position der FingerEntspannen Sie die Finger, und setzen Sie die Hand auf eine glatte Flche, wobei alle Fingerspitzen auf der Oberflche ruhen und das Handgelenk in gleicher Hhe wie die Knchel ist. Die Hand und die Finger sollten eine Kuppel formen. Alle Finger sollten gebogen sein. Der Daumen sollte leicht nach unten zeigen und leicht zu den Fingern hin gebeugt sein, sodass das Nagelglied des Daumens von oben gesehen parallel zu den anderen Fingern ist. Diese leichte Einwrtsbeugung des Daumens ist ntzlich, wenn Sie Akkorde mit weiter Spanne spielen. Dieses bringt die Daumenspitze in eine Position parallel zu den Tasten und macht es unwahrscheinlicher, dass Sie eine benachbarte Taste treffen. Es richtet den Daumen auerdem so aus, dass die richtigen Muskeln zum Anheben und Senken des Daumens benutzt werden. Die Finger sind leicht gekrmmt, abwrts gebogen und treffen in einem Winkel von ungefhr 45 Grad auf die Oberflche. Diese gekrmmte Haltung erlaubt es den Fingern, zwischen den schwarzen Tasten zu spielen. Die Daumenspitze und die anderen Fingerspitzen sollten ungefhr einen Halbkreis auf der glatten Flche bilden. Wenn Sie dieses mit beiden Hnden nebeneinander tun, dann sollten sich die beiden Daumenngel gegenberliegen. Benutzen Sie den Teil des Daumens direkt unter dem Daumennagel zum Spielen, nicht das Gelenk zwischen dem Nagelglied und dem mittleren Glied. Der Daumen ist ohnehin zu kurz; spielen Sie deshalb mit seinem vorderen Teil, damit Sie mit allen Fingern mglichst gleichmig spielen. Bei den anderen Fingern liegt der Knochen an den Fingerspitzen nah an der Haut. An der Unterseite der Finger (gegenber dem Nagel) ist das Fleisch dicker. Dieses Polster sollte die Tasten berhren, nicht die Fingerspitze. Das ist die Ausgangsposition. Wenn Sie erst begonnen haben zu spielen, mssen Sie Ihre Finger eventuell fast vollstndig strecken oder sie mehr krmmen, je nachdem, was Sie gerade spielen. Obwohl der Anfnger die ideale gekrmmte Haltung lernen muss, ist ein

striktes Beibehalten der gekrmmten Haltung deshalb nicht richtig; das werden wir spter detailliert besprechen, insbesondere weil die gekrmmte Haltung bedeutende Nachteile hat.

3. Hhe der Sitzbank und ihr Abstand zum KlavierDie richtige Hhe der Sitzbank und ihr Abstand zum Klavier sind ebenfalls eine Frage des persnlichen Geschmacks. Setzen Sie sich zunchst so auf die Bank, dass die Ellbogen an Ihrer Seite sind und die Unterarme geradeaus in Richtung Klavier zeigen. Mit den Hnden in Spielposition auf den Tasten sollten die Ellbogen ein wenig unterhalb der Hnde, ungefhr in Hhe der Tasten sein. Setzen Sie nun Ihre Hnde auf die weien Tasten - der Abstand der Sitzbank zum Klavier und Ihre Sitzposition sollten so sein, dass die Ellbogen dicht am Krper vorbeigehen, wenn Sie sie aufeinander zubewegen. Setzen Sie sich nicht in die Mitte der Bank, sondern sitzen Sie nher zur Vorderkante, sodass Sie Ihre Fe fest auf den Boden oder die Pedale stellen knnen. Die Hhe der Sitzbank und die Sitzposition sind beim Spielen lauter Akkorde am wichtigsten. Deshalb knnen Sie diese Position testen, indem Sie gleichzeitig zwei Akkorde so laut Sie knnen auf den schwarzen Tasten spielen. Die Akkorde sind C#2 G#2 C#3 (5 2 1) fr die linke Hand und C#5 G#5 C#6 (1 2 5) fr die rechte Hand. Drcken Sie die Tasten mit dem vollen Gewicht Ihrer Arme und Schultern fest nieder, wobei Sie sich leicht nach vorne beugen, um einen donnernden und respekteinflenden Klang zu erzeugen. Vergewissern Sie sich, dass die Schultern vollkommen einbezogen sind. Laute, eindrucksvolle Klnge knnen nicht durch den Einsatz der Hnde und Unterarme allein erzeugt werden; die Kraft muss aus den Schultern und dem Krper kommen. Wenn dies bequem mglich ist, sollten die Position der Bank und die Sitzposition korrekt sein. In der Vergangenheit neigten die Lehrer dazu, ihre Schler zu hoch sitzen zu lassen; aus diesem Grund ist die Standardhhe von Sitzbnken mit fester Hhe meistens einen bis zwei Zoll [2,5 - 5 cm] zu hoch, was den Schler dazu zwingt, mehr mit den Fingerspitzen als mit den vorderen Fingerpolstern zu spielen. Es ist deshalb wichtig, eine Bank mit verstellbarer Hhe zu haben.

4. Ein neues Stck - Anhren und analysieren ("Fr Elise")Die beste Mglichkeit, mit dem Lernprozess zu beginnen, ist, sich eine Auffhrung (Aufnahme) davon anzuhren. Der Einwand, dass das Stck als erstes anzuhren eine Art "Betrug" sei, hat keine vertretbare Grundlage. Der angebliche Nachteil ist, dass Schler am Ende nur noch imitieren knnten, anstatt ihre Kreativitt zu benutzen. Es ist jedoch unmglich, das Spiel von jemand anderem zu imitieren, weil die Spielstile so individuell sind. Diese Tatsache kann fr einige Schler beruhigend sein, die sich vielleicht selbst dafr die Schuld geben, dass sie es nicht schaffen, einen berhmten Pianisten zu imitieren. Wenn mglich, hren Sie sich mehrere Aufnahmen an. Diese knnen Ihnen alle Arten von neuen Ideen und Mglichkeiten erffnen, die zu lernen mindestens genauso wichtig ist wie die Fingertechnik. Sich nichts anzuhren ist wie zu behaupten, man drfe nicht zur Schule gehen, weil die Schule die Kreativitt zerstren wird. Einige Schler glauben, dass das Anhren eine Zeitverschwendung sei, weil sie niemals so gut spielen werden. Denken Sie in diesem Fall noch einmal darber nach. Wenn die hier beschriebenen Methoden nicht dazu fhren wrden, dass Sie "so gut" spielen werden, wrde ich dieses Buch nicht schreiben! Wenn Schler sich viele Aufnahmen anhren, geschieht meistens folgendes: Sie entdecken, dass die Vortragsweisen nicht einheitlich gut sind; dass sie sogar ihr eigenes Spielen gegenber dem in einigen Aufnahmen vorziehen.

Der nchste Schritt ist, die Struktur der Komposition zu analysieren. Diese Struktur wird benutzt, um das bungsprogramm zu bestimmen und die fr das Lernen des Stcks bentigte Zeit zu schtzen. Wie jeder erfahrene Klavierlehrer wei, ist die Fhigkeit, die zum vollstndigen Lernen eines Stcks notwendige Zeit zu schtzen, fr den Erfolg des bungsablaufs von entscheidender Bedeutung. Lassen Sie uns Beethovens "Fr Elise" als Beispiel benutzen. Die Analyse beginnt immer mit dem Nummerieren der Takte auf dem Notenblatt. Wenn die Takte noch nicht markiert sind, markieren Sie jeden zehnten Takt mit einem Bleistift direkt ber der Mitte des Takts. Ich zhle jeden unvollstndigen Takt am Anfang als Takt 1; andere zhlen nur die vollstndigen Takte, aber das macht es schwierig, den ersten unvollstndigen Takt zu identifizieren. [In der Literatur wird in der Regel ein unvollstndiger erster Takt (= Auftakt) nicht gezhlt. Wenn der erste Takt jedoch mit Hilfe von Pausenzeichen vollstndig gedruckt wird, dann wird er gezhlt. Wenn die Wiederholungen mit Voltenklammern notiert werden, dann ist der Auftakt in "Fr Elise" gleichzeitig das dritte Achtel des neunten Takts und wird deshalb wieder nicht gezhlt.] In "Fr Elise" werden die ersten vier vollstndigen Takte im Grunde fnfzehnmal wiederholt, das heit Sie mssen nur vier Takte lernen, um 50 Prozent des Stcks spielen zu knnen (es hat 124 vollstndige Takte). [Der letzte Takt ist zwei Achtel lang und kann mit dem Auftakt einen vollstndigen Takt bilden, sodass man "Fr Elise" wie viele Lieder mit hnlichem Aufbau ohne die Taktart zu unterbrechen mehrmals hintereinander spielen kann.] Weitere sechs Takte werden viermal wiederholt, sodass man nur zehn Takte lernen muss, um 70 Prozent des Stcks zu spielen. Wenn Sie die Methoden dieses Buchs benutzen, knnen Sie also 70 Prozent dieses Stcks in weniger als 30 Minuten auswendig lernen, weil diese Takte ziemlich einfach sind. Zwischen diesen wiederholten Takten stehen zwei Unterbrechungen, die nicht einfach sind. Ein Schler mit ein bis zwei Jahren Unterricht sollte in der Lage sein, die erforderlichen 50 abweichenden Takte dieses Stcks in zwei bis fnf Tagen zu lernen und fhig sein, das ganze Stck nach ein bis zwei Wochen in der richtigen Geschwindigkeit und auswendig zu spielen. Danach kann der Lehrer anfangen, mit dem Schler den musikalischen Inhalt des Stcks zu besprechen; wie lange das dauert, hngt von den musikalischen Kenntnissen des Schlers ab. Wir werden nun die technischen Details der schwierigen Abschnitte besprechen. Das Geheimnis, die Technik schnell zu erwerben, liegt darin, bestimmte Tricks dafr zu kennen, schwierige Passagen nicht nur zu spielbaren sondern oft zu trivial einfachen zu reduzieren. Wir knnen uns nun auf die wundersame Reise in die Gehirne der Genies begeben, die unglaublich effiziente Arten herausgefunden haben, das Klavierspielen zu ben![zuletzt gendert 05.09.2009; englisches Original vom 06.03.2009 (2 MB)]

5. Die schwierigen Abschnitte zuerst benKehren wir zu "Fr Elise" zurck. Es gibt zwei schwierige Abschnitte mit 16 und 23 Takten. Fangen Sie an, das Stck zu lernen, indem Sie die schwierigsten Abschnitte zuerst ben. Es wird am lngsten dauern, diese zu lernen, deshalb sollten Sie die meiste bungszeit darauf verwenden. Darum fangen wir damit an, dass wir diese beiden schwierigen Abschnitte in Angriff nehmen. Da das Ende der meisten Stcke im Allgemeinen am schwierigsten ist, werden Sie wahrscheinlich von den meisten Stcken das Ende zuerst lernen.

6. Schwierige Passagen krzen - In kleinen Portionen ben (taktweise)

Ein sehr wichtiger Lerntrick ist, einen kurzen Ausschnitt fr das ben zu whlen. Dieser Trick hat aus vielen Grnden vielleicht die grte Auswirkung auf das Reduzieren der bungszeit. Innerhalb eines schwierigen Abschnitts von sagen wir zehn Takten, gibt es typischerweise nur wenige Notenkombinationen, die Sie in die Klemme bringen. Es ist nicht notwendig, etwas anderes als diese Noten zu ben. Lassen Sie uns die zwei schwierigen Abschnitte in "Fr Elise" untersuchen und die schwierigsten Stellen finden. Das knnen der erste Takt oder die letzten fnf Takte der ersten Unterbrechung (Takte 45 bis 56 [25 bis 36, wenn die Wiederholungen mit Voltenklammern notiert werden und die Takte ohne die Wiederholungen zu bercksichtigen einfach fortlaufend durchgezhlt werden] ) oder das letzte Arpeggio der zweiten Unterbrechung (Takte 82 bis 105 [62 bis 85] ) sein. In allen schwierigen Ausschnitten ist es von entscheidender Bedeutung, die Fingerstze zu beachten. Bei den letzten fnf Takten der ersten Unterbrechung liegt die Schwierigkeit in der rechten Hand, wobei die Finger 1 und 5 die meiste Arbeit haben. In Takt 52 [32] (mit dem Doppelschlag) ist der Fingersatz 2321231, und in Takt 53 [33] ist er 251515151525. Benutzen Sie fr das Arpeggio in der zweiten Unterbrechung den Fingersatz 1231354321 usw. Sowohl Daumenuntersatz als auch Daumenbersatz (s. Abschnitt III.5) wird funktionieren, weil diese Passage nicht bermig schnell ist, aber ich bevorzuge den Daumenbersatz, weil der Daumenuntersatz eine Bewegung des Ellbogens erfordert und diese zustzliche Bewegung zu Fehlern fhren kann. Kurze Ausschnitte zu ben gestattet es Ihnen, diese innerhalb von Minuten dutzende, ja hunderte, Male zu ben. Der Gebrauch dieser schnellen Wiederholungen ist der schnellste Weg, um Ihrer Hand neue Bewegungen beizubringen. Wenn die schwierigen Note