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Funktionentheorie, Woche 9 Potentialstr ¨ omungen 9.1 Ein Modell zu Potentialstr¨ omungen Str¨ omungsprobleme lassen sich oft beschreiben mit Hilfe eines Potentials. Das heißt, das Vektorfeld v, das die Str¨ omungsrichtung und Str¨ omungsgeschwindigkeit beschreibt, ist der Gradient einer skalaren Funktion: v = -∇F. (9.1) Das Minuszeichen ist Gewohnheitssache. Zus¨ atzlich zu einem Potentialfluss hat man oft noch einen Erhaltungssatz. So ein (physikalischer) Satz ist zum Beispiel die Annahme, dass in jedes Volumenelement gleich viel hinein wie heraus fließt. Wenn es sich um ein inkompressibles Fluid handelt, wird der Erhaltungssatz beschrieben durch die mathematische Bedingung ∇· v =0. (9.2) Kombiniert man die beiden physikalische Gleichungen (9.1) und (9.2), so bekommt man ΔF =0. Bemerkung 9.0.2 Diesen Erhaltungssatz kann man sich plausibel machen. Wenn im Teilgebiet Ω gleich viel hinein wie heraus fließt, dann gilt Ω v · ndσ =0. Aus dem Satz von Gauß folgt v Hv .n L n W Ω ∇· vdx = Ω v · ndσ =0. Weil dies gilt f¨ ur jedes Gebiet Ω, folgt ∇· v =0. Das Potential F ist eine harmonische Funktion. In zwei Dimensionen bedeutet das, dass wir diese Funktion jedenfalls lokal als Realteil einer holomorphen Funktion h schreiben onnen: F (x, y) = Re h (x + iy) 71

Funktionentheorie, Woche 9 Potentialstr¨omungengsweers/Funktionentheorie08/week9.pdf · Joukowski (Nikolai Yegorovich Zhukovsky, 1847 – 1921) war einer der Pioniere auf dem Gebiet

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Funktionentheorie, Woche 9

Potentialstromungen

9.1 Ein Modell zu Potentialstromungen

Stromungsprobleme lassen sich oft beschreiben mit Hilfe eines Potentials. Das heißt, dasVektorfeld ~v, das die Stromungsrichtung und Stromungsgeschwindigkeit beschreibt, istder Gradient einer skalaren Funktion:

~v = −∇F. (9.1)

Das Minuszeichen ist Gewohnheitssache.Zusatzlich zu einem Potentialfluss hat man oft noch einen Erhaltungssatz. So ein

(physikalischer) Satz ist zum Beispiel die Annahme, dass in jedes Volumenelement gleichviel hinein wie heraus fließt. Wenn es sich um ein inkompressibles Fluid handelt, wird derErhaltungssatz beschrieben durch die mathematische Bedingung

∇ · ~v = 0. (9.2)

Kombiniert man die beiden physikalische Gleichungen (9.1) und (9.2), so bekommt man

∆F = 0.

Bemerkung 9.0.2 Diesen Erhaltungssatzkann man sich plausibel machen. Wenn imTeilgebiet Ω gleich viel hinein wie herausfließt, dann gilt∫

∂Ω

~v · ~n dσ = 0.

Aus dem Satz von Gauß folgt

HvÓ.nL n

W

∫Ω

∇ · ~v dx =

∫∂Ω

~v · ~n dσ = 0.

Weil dies gilt fur jedes Gebiet Ω, folgt ∇ · ~v = 0.

Das Potential F ist eine harmonische Funktion. In zwei Dimensionen bedeutet das, dasswir diese Funktion jedenfalls lokal als Realteil einer holomorphen Funktion h schreibenkonnen:

F (x, y) = Reh (x+ iy)

71

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72 20. Juni 2008 Woche 9, Potentialstromungen

Das Vektorfeld ~v, das die Richtung und Große der Stromung angibt, steht senkrechtauf den Aquipotenzialkurven F (x, y) = c. Also

~v(x, y) = ∇F (x, y) =

(∂x Reh (x+ iy)∂y Reh (x+ iy)

).

Die Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen liefern(∂x Reh (x+ iy)∂y Reh (x+ iy)

)=

(∂y Imh (x+ iy)−∂x Imh (x+ iy)

).

Das bedeutet

~v(x, y) · ∇ Imh (x+ iy) = 0

oder, anders gesagt, das Vektorfeld ~v verlauft parallel zu den Niveaulinien von Imh.Nochmal anders gesagt sind die Niveaulinien von Imh die Stromlinien zu der Stromung.

-20 -10 0 10 20

-20

-10

0

10

20

Abbildung 9.1: In (4, 0) wird zweimal soviel Flussigkeit hineingepumpt, wie in (−4, 0)herausgenommen wird. Von links oben nach rechts unten: Niveaulinien des Potentials,Potential mit Stromungsfeld, Stromungsfeld mit den Niveaulinien vom Imaginarteil deskomplexen Potentials, beide Typen von Niveaulinien zusammen.

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9.1 Ein Modell zu Potentialstromungen 20. Juni 2008 73

Beispiel 9.1 Ein Brunnen, der an einem Punkt eine Flussigkeit in ein homogenes porosesMaterial bringt, das genugeng groß ist, um es als unbeschrankt zu betrachten, sorgt furein radialsymmetrisches Potential. Um ein derartiges Potential zu finden, mussen wir

∆u(r) = 0

losen mit r =√x2 + y2. Es gilt

∆u(r) =∂

∂x

(u′(r)

∂r

∂x

)+

∂y

(u′(r)

∂r

∂y

)=

= u′′(r)

((∂r

∂x

)2

+

(∂r

∂y

)2)

+ u′(r)

(∂2r

∂x2+∂2r

∂y2

)=

= u′′(r)

((xr

)2

+(yr

)2)

+ u′(r)

(1

r− x2

r3+

1

r− y2

r3

)=

= u′′(r) +1

ru′(r).

Dann folgt aus u′′(r) + 1ru′(r) = 0, dass

ln |u′(r)| = c− ln r.

Es folgt u′(r) = c r−1 undu(r) = c1 − c2 ln r.

Man darf c1 = 0 setzen, weil ∇u unabhangig von c1 ist. Das Stromungsfeld wird

−∇u(r) = c2

( xx2+y2y

x2+y2

).

Aus jedem Gebiet Ω mit 0 ∈ Ω fließt

M = −∫∂Ω

∇u · n dσ = −∫∂(Ω\Bε(0))

∇u · n dσ −∫∂Bε(0)

∇u · n dσ =

= −∫

Ω\Bε(0)

∆u dx+

∫‖(x,y)‖=ε

c2

( xx2+y2y

x2+y2

x√x2+y2

y√x2+y2

dσ =

= 0 + c2

∫‖(x,y)‖=ε

1

εdσ = 2πc2.

Diese Zahl M ist auch genau die Menge (pro Zeiteinheit), die der Brunnen liefert.

Beispiel 9.2 Das Potential, das zu Abbildung 9.1 gehort, ist (ein Vielfaches von)

F (x, y) = ln((x+ 4)2 + y2

)− 2 ln

((x− 4)2 + y2

).

Das zugehorige Vektorfeld ist

~v(x, y) =

(2 x+4

(x+4)2+y2− 4 x−4

(x−4)2+y2

2 y

(x+4)2+y2− 4 y

(x−4)2+y2

).

Weil F = Reh mith (z) = 2Log (z + 4)− 4Log (z − 4) ,

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74 20. Juni 2008 Woche 9, Potentialstromungen

folgt

Imh(x+ iy) = 2Arg (z + 4)− 4Arg (z − 4) = 2Arg

(z + 4

(z − 4)2

).

Man sollte bemerken, dass diese Funktion (x, y) 7→ Imh(x + iy) nur auf einfach zusam-menhangenden Teilgebieten von R2\ 4,−4 definiert ist. Weil ein Sprung entlang einesSchnitts konstant ist, bringt dies kaum Probleme mit sich fur die Stromlinien.

Beispiel 9.3 Ein magnetischer Dipol hat folgendes Potential:

D(x, y) =x

x2 + y2.

Man hat

D(x, y) = Re

(1

x+ iy

),

und die Stromlinien sind die Niveaulinien von

Im

(1

x+ iy

)=

−yx2 + y2

.

Diese Niveaukurven kann man wie folgt vereinfachen:

−yx2 + y2

= c⇔

x2 +

(y + 1

2c

)2= 1

4c2fur c 6= 0,

y = 0 fur c = 0.

Abbildung 9.2: Ein Dipol.

9.2 Potentialstrome mit Randbedingungen

Wenn man eine Potentialstromung in einem Gebiet mit Rand betrachtet, dann kann manvermuten, dass der Rand eine Stromlinie ist. Anders gesagt, fur das Potential F gilt

∂nF = ∇F · ~n = 0 am Rande.

Diese Bedingung heißt (homogene) Neumann Randbedingung.”Homogen”, weil die

rechte Seite 0 ist;”Neumann”, weil die Normalableitung festgelegt wird.

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9.3 Beispiele von Potentialstromungen 20. Juni 2008 75

Beispiel 9.4 Das Potential F (x, y) = Reh (x+ iy) mit

h(z) = z +1

z

beschreibt eine Stromung außerhalb des Einheitskreises. In Polarkoordinaten:

Reh(reiϕ

)=

(r +

1

r

)cosϕ,

Imh(reiϕ

)=

(r − 1

r

)sinϕ.

Es gilt∂

∂nF =

∂r

(r +

1

r

)cosϕ =

(1− 1

r2

)cosϕ = 0 fur r = 1.

Fur ‖(x, y)‖ groß hat man

F (x, y) = x+x

x2 + y2≈ x,

∇F (x, y) =

(1 + y2−x2

(x2+y2)2

−2xy

(x2+y2)2

)≈(

10

).

Genauer gesagt:

lim‖(x,y)‖→∞

∥∥∥∥∇F (x, y)−(

10

)∥∥∥∥ = 0

In Worten: Weit entfernt vom Einheitskreis ist es fast ein konstanter Strom.

Abbildung 9.3: Stromung um den Einheitkreis mit ‘konstantem’ Vektorfeld in ∞. Rechtseine Nahaufnahme.

9.3 Beispiele von Potentialstromungen

Die Konstruktion einer Stromung entlang einer Wand oder um ein Hindernis herum ist fastmehr Kunst als Mathematik. Der umgekehrte Weg ist einfacher: Wenn eine holomorpheFunktion gegeben ist, konnen wir eine Wand in eine Stromlinie legen und finden einepassende Potentialstromung. Ob die tatsachlich auch alle Eigenschaften hat, die manmochte, soll man dann noch kontrollieren.

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76 20. Juni 2008 Woche 9, Potentialstromungen

Beispiel 9.5 Betrachten wir f : C → C mit f(z) = z2. Das zugehorige Potential und dieStromungsfunktion sind

F (x, y) = Re((x+ iy)2) = x2 − y2.

S(x, y) = Im((x+ iy)2) = 2xy.

Die Stromlinien sind definiert durch 2xy = c. Man findet:

x = 0, y = 0 und die Hyperbeln y =c

2x.

Nehmen wir x = 0 als Wand und betrachten Ω = (x, y) ; x > 0, dann sieht es danachaus, als ob wir eine Stromung gefunden hatte, die auf die Wand x = 0 zulauft. Betrachtetman das Stromungsvektorfeld

~v(x, y) = −∇F (x, y) =

(−2x2y

),

dann folgt, dass die Stromungsgeschwindigkeit unrealistische Großen annimmt.

0 1 2 3 4 5 6

-3

-2

-1

0

1

2

3

Abbildung 9.4: Stromung bei z 7→ z2 fur <z > 0.

Beispiel 9.6 Wir konnen die ‘inverse’ Funktion betrachten: f : C\ (−∞, 0) → C mit

f(z) = e12Log(z). Diese Funktion ist eine holomorphe Erweiterung von x 7→

√x. Wir

betrachten das Potential und die Stromungsfunktion bei if(z) und finden

F (x, y) = Re(ie

12Log(x+iy)

)= ... = sign(y)

√12

√x2 + y2 − 1

2x,

S(x, y) = Im(ie

12Log(x+iy)

)= ... = −

√12

√x2 + y2 + 1

2x.

Die Stromlinien sind definiert durch S(x, y) = c und diese Gleichung liefert:

12

√x2 + y2 + 1

2x = c.

Fur c = 0 findet man y = 0 mit x ≤ 0. Fur c > 0 folgt via x2 + y2 = (x− 2c)2, dassy2 = −4cx+ 4c2 und

x = − 1

4cy2 + c.

Diese letzte Gleichung bringt uns ‘liegende’ Parabeln.

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9.4 Joukowski 20. Juni 2008 77

-4 -2 0 2 4

-4

-2

0

2

4

Abbildung 9.5: Stromung bei der erweiterten Quadratwurzel.

9.4 Joukowski

Joukowski (Nikolai Yegorovich Zhukovsky, 1847 – 1921) war einer der Pioniere auf demGebiet der Aero- und Hydrodynamik.

Beispiel 9.7 Wir kommen zuruck auf f : C\ 0 → C mit f(z) = z + 1z. Diese Funktion

kann man beschreiben als eine ‘two-to-one’ Funktion fur fast alle Bildwerte w = f(z):Man kann zeigen, dass

f(z1) = f(z2) ⇔(z1 = z2 oder z1 =

1

z2

).

Nur fur z = 1 und z = −1 hat f(z) nur einem Punkt im Urbild. Wir geben eine Tabelle:

z 7→ z + 1z

1 7→ 2−1 7→ −2i 7→ 0−i 7→ 0

∂B1(0) 7→ [−2, 2]

Man kann sogar zeigen, dass jeder Kreis, der sowohl 1 als auch −1 enthalt, abgebildetwird auf einen Teilkreis, der −2 und 2 verbindet. Dazu verwenden wir, dass

f(z) = g3 g2 g1(z) (9.3)

mit

g1(z) =z − 1

z + 1, g2(w) = w2 und g3(v) = 2

1 + v

1− v.

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78 20. Juni 2008 Woche 9, Potentialstromungen

zf→ z + 1

z= 21+v

1−v

↓g1 ↑g3

z−1z+1

= wg2→ w2 = v

Wir kontrollieren die Behauptung in (9.3):

g3 g2 g1(z) = 21 +

(z−1z+1

)21−

(z−1z+1

)2 = 2(z + 1)2 + (z − 1)2

(z + 1)2 − (z − 1)2 = 22z2 + 2

4z= z +

1

z.

Die Funktionen g1 und g3 sind gebrochen-lineare Funktionen (Mobiusabbildungen), die‘Kreise und Geraden’ abbilden auf ‘Kreise und Geraden’.

• Weil g1(−1) = ∞ und g1(1) = 0, wird jeder Kreis durch −1 und 1 abgebildet aufeine Gerade durch 0.

• Die Funktion g2 bildet Geraden durch 0 ab auf halbe Geraden, die 0 mit∞ verbinden.

• Weil g3(0) = 2 und g1(∞) = −2, wird jede dieser halben Geraden abgebildet aufeinen Kreisteil oder ein Intervall, das 2 mit −2 verbindet.

-2 -1 1 2

-4 i

-3 i

-2 i

-i

i

2 i

f→-4 -3 -2 -1 1 2 3 4

-4 i

-3 i

-2 i

-i

i

2 i

3 i

4 i

↓g1 ↑g3

-4 -3 -2 -1 1 2 3 4

-4 i

-3 i

-2 i

-i

i

2 i

3 i

4 i

g2→-4 -3 -2 -1 1 2 3 4

-4 i

-3 i

-2 i

-i

i

2 i

3 i

4 i

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9.4 Joukowski 20. Juni 2008 79

Diese Zusammenstellung von drei holomorphen Abbildungen erlauben es uns zu folgern,dass fur jeden Kreis ∂B√

1+h2 (ih) in C mit h ∈ R gilt: Die Abbildung

f : C\B√1+h2 (ih) → C

ist injektiv. Bemerke, dass ∂B√1+h2 (ih) einen Kreis durch 1 und −1 beschreibt. Den

Sonderfall fur h = 0 haben wir schon betrachtet.

Beispiel 9.8 Die Joukowski-Transformation verwendet einen Kreis durch 1 dessen Mit-telpunkt im zweiten Quadranten nicht sehr weit von 0 entfernt ist. Dann liegt −1 innerhalbdes Kreises. Das Bild dieses Kreises sieht aus wie der Querschnitt eines Flugzeugflugels.Fur kleinere Geschwindigkeiten kann man die Luft um den Flugel als inkompressiblesFluid betrachten und so explizit die Stromung berechnen.

-2 -1 1 2

-2

-1

1

2

-2 -1 1 2

-2

-1

1

2

Abbildung 9.6: Zwei Kreise und deren Bilder unter z 7→ z + 1z.

Das komplexe Potential fur die Stromung um das Flugelprofil findet man durch

h = f T g

mit

f(z) = z +1

z, T (z) = az + b und g(z) =

(f|C\B√

1+h2 (ih)

)inv(z).

• Die Funktion g ist die inverse Funktion zu f auf dem Komplement des kleinerenKreises in Abbildung 9.6. Das Urbild vom Komplement des Flugels unter Abbildungg ist das Komplement des großeren Kreises links in Abbildung 9.6.

• Fur die Funktion T soll man a, b ∈ C so wahlen, dass T (B1(0)) genau die Kreis-scheibe des großeren Kreises links in Abbildung 9.6 ist.

• Die Kombination h = f T g bildet C/ [−2, 2] holomorph ab auf das Komplementdes Flugels.

Diese Zusammensetzung liefert aber noch nicht das passende Modell. Statt f benutztman

fα(z) = z +1

z+ iα Log (−z)

und muss sich dann uberlegen, wie man mit dem Schnitt (1,∞) umgeht.

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80 20. Juni 2008 Woche 9, Potentialstromungen

Die NASA hat eine Webseite, wo man interaktiv die Parameter bei der Joukowski-Transformation andern kann und das Ergebnis anschaulich gemacht wird:

http://www.grc.nasa.gov/WWW/K-12/airplane/map.html

Bei großeren Geschwindigkeiten trifft die Annahme, dass Luft ein inkompressiblesFluid ist, nicht zu. Auch die Annahme, dass das Fluid reibungslos an einem Korper ent-lang fließt, ist nicht mehr angebracht. Sogenannte Wirbel oder Kreisstromungen konnenauftreten. Das heißt, dass es sich nicht immer um Potentialflusse handelt. Eine numerischeApproximation zu den Stromlinien in so einem Fall wird dargestellt in Abbildung 9.7.

Abbildung 9.7: Aus ‘Control of turbulent incompressible flows around bluff bodies usingLarge Eddy Simulations’ von Guillaume Fournier, Stephanie Pellerin & Loc Ta Phuoc.(http://www.limsi.fr/RS2005/meca/aero/aero11/index.html)