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2II6 I{LINtSCHE WOCt{E.NSCH einer allgemeinen acidotischen oder alkalotischen Verschiebung des S~ure-I3asen-Haushaltes muB auf Grund unserer Urinana- lysen abgelehnt werden. Eine befriedigende Erkl~rung dieses Phenomena ist heute noch nicht zu geben. SchlieBlich muB mit OARD und PETERS darauf aufmerksam gemacht werden, daft die nachgewiesene Konzentrationsminderung der Serum- elektrolyte eine ganz besondere Toleranz des schwangeren Organismus einer solchen tiefgreilenden StSrung gegenfiber voraussetzt. Es scheint eine Labilit~t aller Regulationen und Reaktionen vorzuliegen, die sich auch im Geffige der einzelnen chemischen Baustoffe des K6rpers und in der Funktion seiner wichtigsten Organe ffir den Kundigen offenbart. Und damit kehren wir nunmehr zu den klinischen Problemen zurfick, die uns letzten Endes zur Untersuchung des Schwangerenstoif- wechsels zusammenffihrten. Die vorliegenden Ergebnisse charakterisieren das Stoff- wechselgeschehen im graviden Organismus ats einen in Mien seinen Teilen labil gewordenen Vorgang, dessen Regulationen verminderi, dessen Konstanten ver~ndert nnd dessen Teil- ~uBerungen wechselnd sind. Dies Bild erinnert sehr an den entsprechenden klinischen Zustand der vegetativen Labilit~t, RIFT. io. JAHRGANG. Nr. 46 14. NOVEMBER x93I den wir bet den graviden Frauen finden (SEITZ), Genau so schwer, wie diese vegetative Stigmatisierung (v. BERGMANN) mit klinischer lViethodik in Zust~nde der Sympathicus- und Vagushypertonie aufgeteilt werden kann, ebensowenig gelingt die Einreihung des StoffwechseIbildes in die 2 Gruppen der acidotischen oder alkMotischen Umstellung. Gerade das Nebeneinander yon St6rungen, die als isolierte Erkrankungen einen verschiedenen Stoffwechselcharakter darbieten (~ber- erregbarkeit, Asthma, Tetanie-Otosklerose, Hyperthyreose), best~rkt uns in der Auffassnng, dab es falsch w~re, die tief- greifenden Umstellnngen im Stoffwechsel der schwangeren Frau in ein bestimmtes Schema zu zwingen. Die elektrische lJbererregbarkeit ist nieht, wie man bisher glaubte, bet oder trotz einer Acidose vorhanden, sondern sie stellt sich als neuro- logisches Syndrom bet einem in alien seinen Teilen labil ge- wordenen ElektroiythaushMt dar. Die chemischen Bedin- gungen dieser l~bererregbarkeit mfissen nach wie vor in einer Ionenzusammensetzung der Gewebe erblickt werden, die allerdings keinesfalls acidotischen Einschlag haben k6nnen. [Ausffihrliche Darstellung der Versuchsergebnisse und Lite- ratur im Arch. Gyn~k. 143 (1931). ] ORIGINALIEN. FUNKTIONSSTORUNGEN DES STOFFWECHSELS ALS URSACHE KLINISCHER ZEICHEN DER ASTHENIE, Von Privatdozent Dr. DI~TmC~ JAHN. Aus der I, ~edizinischen I{lhfik in'MtincherL (Direktor: Professor Dr. ERNST VON ROM]3ERG). Asthenie ist ein aus der Beobachtung des l<ranken ab- geleiteter Begriff. Jede Krankheit ist yon Schw~che begleitet. Ihre Ursachen wechseln mit der Art der vorliegenden Er- krankung. Ffir diese Er6rterung fiber die Ursache klinischer Zeichen der Asthenie ist der Ausgangspunkt ein in der Kon- stitution liegender Schw~chezustand. Er kann klinisch erst diagnostiziert werden, wenn die Folgen einer Infektion, eines Tumorwachstums oder ether zur UnterernXhrung ffihrenden Stoffwechselkrankheit auszuschlieBen sind. Erst die l<enntnis der funktionellen StSrungen im Bride der konstitutionellen Asthenie erlaubt einen Ausblick auf die Ursache yon Schw~che- zust~nden und Leistungsunf~higkeit bet einzelnen erworbenen Krankheiten. Das Minische Bild der konstitutionellen Asthenie ist der arztlichen Erfahrung gel~ufig. Die groBe Mannigfaltigkeit der geklagten Beschwerden und der Mangel an Symptomen, die f fir eine zugrunde liegende Krankheit sprechen, schien bisher ether einheitlichen Auffassung dieses Zustandes im Wege zu stehen. ]?;in groBer Tell der konstitutionell asthenischen l~Ienschen ist anffallend mager. Ihr Aussehen entspricht dann der be- kannten Schilderung des Habitus asthenicus. Das ist abet nicht die Regel. Ein Teil ist dem K6rperbau nach kr~ftig, ein Tell, dem vorwiegend weibliche Patienten zugehSren, neigt zu Fettansatz. Alle machen in Haltung und Bewegung einen mfiden Eindruck, oft ist die Gesichisfarbe blaB, H~nde und TriBe sind kMt, feucht, hS.ufig blaurot angelaufen. Der an 'thyreotoxische Zust~nde erinnernde Ausdruck der Augen kontrastiert in seiner Lebhaftigkeit zu dem Gesamteindruck, ausgesprochene Glanzaugen sind nicht selten. Die feuchte Haut, ein kleinschl~giger Tremor der Finger, vor allem zeit- weises HerzMopfen legen den Gedanken an eine Schilddrfisen- st6rung nahe. In auffallendem Widersprueh zu den klinisehen Zeichen steht alas Ergebnis der Grundumsatzbestimmung. Ihr Wett ist in der Regel um lO--2o % erniedrigt. Der tiefste yon uns gefundene Wert betrug bei einer mageren 48j~hr. Asthenikerin -- 43 %. Das Geffihl des I-ierzklopfens und eine objektiv feststellbare Pulsbeschleunigung begleitet jede k6rper- fiche Anstrengung. In der Ruhe finder man h~ufig Brady- kardie. Der maximale Blutdruck ist oft erniedrigt, w~hrend der Wert des minimalen Blutdruckes der Norm entspricht. Die Amplitude ist klein. Der niedrige Blutdruck ist yon MARTINI und PIERACH 1 als ffihrendes Symptom im Gesamtbild der Hypotonie beschrieben worden. Sie fanden bet M~nnern Werte unter Io 5, bet Frauen unter IOO mm Hg. Klagen fiber asthmatische Beschwerden sind bei den Asthenikern nicht selten. E~GELHARnZ land in &hnlichem klinischen Rahmen auch ohne die Zeichen eines Bronchial- asthmas eine bronchiale LungenblXhung, die sich bet der Unter- suchung durch den Tiefstand des Zwerchfells und den hyper- sonoren Klopfschall bei der Perkussion des Brustkorbes mani- festiert. Ohne jede kSrperliche Beanspruchung stellt sich ein Zwang zu einzelnen tiefen Atemzfigen ein, bet anstrengender Bewegung kommt es regelm~Big zu Dyspnoe. Sie fiberdauert die k6rperliche Bewegung betr~chtlich. Mit diesen Zeichen verbindet sich als Hauptklage alIer Patienten eine fiberm~Big starke Ermfidbarkeit. Kleine Anstrengungen werden nur mit Mfihe bew~ltigt, jede gr6Bere k6rper!iehe Leistung tibersteigt ihre Kraft. Das Geffihl der Ermfidung entbehrt des angenehmen Ruhebedfirfnisses des Gesunden. Es ffihrt vielmehr oft zu Schwindel, zuweilen zur Ohnmacht, in anderen F~llen zu migr~neartigem Kopfschmerz, Ubelkeit, gelegentlich zu Erbrechen sehr sauren IVfagen- wassers. Nicht immer sind diese alarmierenden Zeichen Folge kSrperlicher Anstrengung. Sie treten auch in der Ruhe auf, dann ist eine Bevorzugung der Vormittagsstunden unver- kennbar. Der Anteil des Magens an diesen ZustXnden kann ganz im Vordergrund stehen. Schmerzen und Erbrechen legen den Gedanken an ein Geschwfir des Magens oder Duodenums nahe. HeiBhunger nnd Appetitlosigkeit wechseln scheinbar unvermittelt, Schw~chezust~nde mfissen durch immer wieder- holte, wenn auch nur geringe, Nahrungsaufnahme bek~mpft werden. Die fraktionierte Magenausheberung nach Alkohol- probetrunk ergibt nach einem sauren Niichternsekret eine hyperacide Kurve, die 1RSntgenuntersuchung auBer einem hgufig zu findenden Tiefstand des Magens normale Verh~lt- nisse. Da in dem bier geschilderten Gesamtbild doch zuweilen das Vorhandensein frischer oder alter Ulcera aufgedeckt wird, muB daran gedacht werden, dab die bier behandelte K0n- stitution den Boden zur Geschwfirsbildung abgeben kann. Der Stuhl ist angehalten, das Colon zeigt sich bet der 1R6ntgen~ untersuchung durch Spasmen haustriert. Die iVienge des aus- geschiedenen Urins wechselt stark yon wenig nnd dunklem I-Iarn zu hgufigen hellen Entleerungen. Auffallend oft ist der gelassene Urin stark alkalisch und milchig getrfibt.

Funktionsstörungen des Stoffwechsels als Ursache Klinischer Zeichen der Asthenie

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2 I I 6 I { L I N t S C H E W O C t { E . N S C H

einer allgemeinen acidotischen oder alkalotischen Verschiebung des S~ure-I3asen-Haushaltes muB auf Grund unserer Urinana- lysen abgelehnt werden. Eine befriedigende Erkl~rung dieses Phenomena ist heute noch nicht zu geben. SchlieBlich muB mit OARD und PETERS darauf aufmerksam gemacht werden, daft die nachgewiesene Konzentrat ionsminderung der Serum- elektrolyte eine ganz besondere Toleranz des schwangeren Organismus einer solchen tiefgreilenden StSrung gegenfiber voraussetzt. Es scheint eine Labilit~t aller Regulationen und Reaktionen vorzuliegen, die sich auch im Geffige der einzelnen chemischen Baustoffe des K6rpers und in der Funkt ion seiner wichtigsten Organe ffir den Kundigen offenbart. Und damit kehren wir nunmehr zu den klinischen Problemen zurfick, die uns letzten Endes zur Untersuchung des Schwangerenstoif- wechsels zusammenffihrten.

Die vorliegenden Ergebnisse charakterisieren das Stoff- wechselgeschehen im graviden Organismus ats einen in Mien seinen Teilen labil gewordenen Vorgang, dessen Regulationen verminderi, dessen Konstanten ver~ndert nnd dessen Teil- ~uBerungen wechselnd sind. Dies Bild erinnert sehr an den entsprechenden klinischen Zustand der vegetativen Labilit~t,

R I F T . io. J A H R G A N G . Nr. 46 14. NOVEMBER x93I

den wir bet den graviden Frauen finden (SEITZ), Genau so schwer, wie diese vegetative Stigmatisierung (v. BERGMANN) mit klinischer lViethodik in Zust~nde der Sympathicus- und Vagushypertonie aufgeteilt werden kann, ebensowenig gelingt die Einreihung des StoffwechseIbildes in die 2 Gruppen der acidotischen oder alkMotischen Umstellung. Gerade das Nebeneinander yon St6rungen, die als isolierte Erkrankungen einen verschiedenen Stoffwechselcharakter darbieten (~ber- erregbarkeit, Asthma, Tetanie-Otosklerose, Hyperthyreose), best~rkt uns in der Auffassnng, dab es falsch w~re, die tief- greifenden Umstellnngen im Stoffwechsel der schwangeren Frau in ein bestimmtes Schema zu zwingen. Die elektrische lJbererregbarkeit ist nieht, wie man bisher glaubte, bet oder trotz einer Acidose vorhanden, sondern sie stellt sich als neuro- logisches Syndrom bet einem in alien seinen Teilen labil ge- wordenen ElektroiythaushMt dar. Die chemischen Bedin- gungen dieser l~bererregbarkeit mfissen nach wie vor in einer Ionenzusammensetzung der Gewebe erblickt werden, die allerdings keinesfalls acidotischen Einschlag haben k6nnen. [Ausffihrliche Darstellung der Versuchsergebnisse und Lite- ratur im Arch. Gyn~k. 143 (1931). ]

O R I G I N A L I E N .

FUNKTIONSSTORUNGEN DES STOFFWECHSELS ALS URSACHE KLINISCHER ZEICHEN

DER ASTHENIE, V o n

Pr iva tdozen t Dr. DI~TmC~ JAHN. Aus der I, ~edizinischen I{lhfik in'MtincherL (Direktor: Professor

Dr. ERNST VON ROM]3ERG).

Asthenie ist ein aus der Beobachtung des l<ranken ab- geleiteter Begriff. Jede Krankheit ist yon Schw~che begleitet. Ihre Ursachen wechseln mit der Art der vorliegenden Er- krankung. Ffir diese Er6rterung fiber die Ursache klinischer Zeichen der Asthenie ist der Ausgangspunkt ein in der Kon- st i tution liegender Schw~chezustand. Er kann klinisch erst diagnostiziert werden, wenn die Folgen einer Infektion, eines Tumorwachstums oder ether zur UnterernXhrung ffihrenden Stoffwechselkrankheit auszuschlieBen sind. Erst die l<enntnis der funktionellen StSrungen im Bride der konstitutionellen Asthenie erlaubt einen Ausblick auf die Ursache yon Schw~che- zust~nden und Leistungsunf~higkeit bet einzelnen erworbenen Krankheiten.

Das Minische Bild der konstitutionellen Asthenie ist der arztlichen Erfahrung gel~ufig. Die groBe Mannigfaltigkeit der geklagten Beschwerden und der Mangel an Symptomen, die f fir eine zugrunde liegende Krankheit sprechen, schien bisher ether einheitlichen Auffassung dieses Zustandes im Wege zu stehen.

]?;in groBer Tell der konstitutionell asthenischen l~Ienschen ist anffallend mager. Ihr Aussehen entspricht dann der be- kannten Schilderung des Habitus asthenicus. Das ist abet nicht die Regel. Ein Teil ist dem K6rperbau nach kr~ftig, ein Tell, dem vorwiegend weibliche Pat ienten zugehSren, neigt zu Fettansatz. Alle machen in Hal tung und Bewegung einen mfiden Eindruck, oft ist die Gesichisfarbe blaB, H~nde und TriBe sind kMt, feucht, hS.ufig blaurot angelaufen. Der an 'thyreotoxische Zust~nde erinnernde Ausdruck der Augen kontrastiert in seiner Lebhaftigkeit zu dem Gesamteindruck, ausgesprochene Glanzaugen sind nicht selten. Die feuchte Haut, ein kleinschl~giger Tremor der Finger, vor allem zeit- weises HerzMopfen legen den Gedanken an eine Schilddrfisen- st6rung nahe. In auffallendem Widersprueh zu den klinisehen Zeichen steht alas Ergebnis der Grundumsatzbestimmung. Ihr Wett ist in der Regel um lO--2o % erniedrigt. Der tiefste yon uns gefundene Wert betrug bei einer mageren 48j~hr. Asthenikerin -- 43 %. Das Geffihl des I-ierzklopfens und eine objektiv feststellbare Pulsbeschleunigung begleitet jede k6rper-

fiche Anstrengung. In der Ruhe finder man h~ufig Brady- kardie. Der maximale Blutdruck ist oft erniedrigt, w~hrend der Wert des minimalen Blutdruckes der Norm entspricht. Die Amplitude ist klein. Der niedrige Blutdruck ist yon MARTINI und PIERACH 1 als ffihrendes Symptom im Gesamtbild der Hypotonie beschrieben worden. Sie fanden bet M~nnern Werte unter Io 5, bet Frauen unter IOO mm Hg.

Klagen fiber asthmatische Beschwerden sind bei den Asthenikern nicht selten. E~GELHARnZ land in &hnlichem klinischen Rahmen auch ohne die Zeichen eines Bronchial- asthmas eine bronchiale LungenblXhung, die sich bet der Unter- suchung durch den Tiefstand des Zwerchfells und den hyper- sonoren Klopfschall bei der Perkussion des Brustkorbes mani- festiert. Ohne jede kSrperliche Beanspruchung stellt sich ein Zwang zu einzelnen tiefen Atemzfigen ein, bet anstrengender Bewegung kommt es regelm~Big zu Dyspnoe. Sie fiberdauert die k6rperliche Bewegung betr~chtlich.

Mit diesen Zeichen verbindet sich als Hauptklage alIer Pat ienten eine fiberm~Big starke Ermfidbarkeit. Kleine Anstrengungen werden nur mit Mfihe bew~ltigt, jede gr6Bere k6rper!iehe Leistung tibersteigt ihre Kraft. Das Geffihl der Ermfidung entbehrt des angenehmen Ruhebedfirfnisses des Gesunden. Es ffihrt vielmehr oft zu Schwindel, zuweilen zur Ohnmacht, in anderen F~llen zu migr~neartigem Kopfschmerz, Ubelkeit, gelegentlich zu Erbrechen sehr sauren IVfagen- wassers. Nicht immer sind diese alarmierenden Zeichen Folge kSrperlicher Anstrengung. Sie treten auch in der Ruhe auf, dann ist eine Bevorzugung der Vormittagsstunden unver- kennbar. Der Anteil des Magens an diesen ZustXnden kann ganz im Vordergrund stehen. Schmerzen und Erbrechen legen den Gedanken an ein Geschwfir des Magens oder Duodenums nahe. HeiBhunger nnd Appetitlosigkeit wechseln scheinbar unvermittelt , Schw~chezust~nde mfissen durch immer wieder- holte, wenn auch nur geringe, Nahrungsaufnahme bek~mpft werden. Die fraktionierte Magenausheberung nach Alkohol- probetrunk ergibt nach einem sauren Niichternsekret eine hyperacide Kurve, die 1RSntgenuntersuchung auBer einem hgufig zu findenden Tiefstand des Magens normale Verh~lt- nisse. Da in dem bier geschilderten Gesamtbild doch zuweilen das Vorhandensein frischer oder alter Ulcera aufgedeckt wird, muB daran gedacht werden, dab die bier behandelte K0n- sti tution den Boden zur Geschwfirsbildung abgeben kann. Der Stuhl ist angehalten, das Colon zeigt sich bet der 1R6ntgen~ untersuchung durch Spasmen haustriert. Die iVienge des aus- geschiedenen Urins wechselt stark yon wenig nnd dunklem I-Iarn zu hgufigen hellen Entleerungen. Auffallend oft ist der gelassene Urin stark alkalisch und milchig getrfibt.

t4. NOVEMBER I93X K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . IO. J A H R G A N G , Nr , 4 6 2 I I ~

Die k6rperliche Ermtidbarkeit hat ihr Gegenstfick in einem Mangel geistiger Konzentrationsf~thigkeit, der um so ffihl- barer wird, als diese Menschen meist tiber gute Intelligenz verfiigen. Die affektive Seite ist ill der Regel besonders betont. Sie ist uilter dem Eindruck k6rperlicher Unzul~nglichkeit der ernsten, oft depressiven Seite starker zugeneigt. Bei ent- sprechender Willensentwicklung pflegen derartige Mellschen die Durchsehnittsleistung weft zu fibersteigen, willenlose Charaktere verfallen der ~lberwertung ihrer k6rperlichen Sensatiollen, ]:)ann ist der Arzt in der Gefahr, wegen eines v611ig Ilormalen Organbefundes den k6rperlichen Anteil des Zustalldes zu verkennen.

Unsere Untersuchungen fiber die Ursachen der konstitutio- nellen Asthenie sind yon der scheinbar beziehungslosen Er- niedrigung des Grundumsatzes ausgegangen. MARTINI und PIERACH fanden ebenfalls in 12 yon 18 FXllen eine Erniedrigung des Energiestoffwechsels neben dem erw~hnten abnorm ge- ringen Blutdruck. BAUR 8 berichtete in demselben Sinne fiber Zusammenh~nge yon Grundumsatz and Blutdruck. Die t3e- tonung des Konsti tutionellen legt den Gedallken an eine endokrine Beeinflussung der Stoffwechselintensit~t nahe. Wir kenilen derartige Senkungen des Gaswechsels bei mangelhafter Schilddrfisent~tigkeit DaB diese ErklArung nicht ausreicht, und dab andere Faktoren ifir das Krailkheitsbild bestimmelld sein mfissen, zeigt der Gegensatz zwischen dieser Feststellung und dem ktinischen Bitd.

Zur Auikl~rung des Widerspruches knfipfen wir an die verschiedeile Wirksamkeit eines in den K6rper gebrachten Hormons bei Menschen verschiedener Konst i tut ion an. Die Dauer der Stoffwechselsteigerung nach der Injekt ion yon 1/2 ccm Suprarenin schwankt zwischen 1/~ Stunde bis zu 4--5 Stundeil. Eine fast unmit te lbar nach der Einverleibung einsetzende Antreibung der intermediAren Stoffwechsel- vorg~nge ffihrt zur Steigerung des Milchs~urespiegels im Blur. Das Auitreteil saurer Stoffwechsel-Zwischenprodukte im Blur unterh~lt die Vermehrung der Verbrennungen, sie wirken als Reizk6rper auf das Stoffwechselregulationssystem des K6rpers. Da in diesem System die Wirksamkeit hormonaler Stoffe ein weseiltlicher Faktor ist, wird ein Wirkungskreis geschlossen, der sich nicht nur unter dem anf~nglichen EinfiuB eines Hormons, sondern auch einer in den Blutkreislauf eintretenden S~ure herstellt~ Das letztere ist bei dem ~ber t r i t t yon Milch- s~ure in das Blur w~hrend der Muskelarbeit der Tall. Die Ullterbrechungdieser Zusammenh/~nge, die eine uil6konomisctle Steigerung der Verbrennungen unterhalten, erfolgt durch das Einsetzen der S~urebasenregulation, Die Schnelligkeit und Ausgiebigkeit, mi t der sie die Wirkung der ents tandenen S~uren beseitigt, ist f fir den Ablaut der Stoffweehselsteigerung mal3gebend. Da in diesen Vorg~ngell groBe individuelle Ver- schiedenheiten bestehen, liegt in der Verbindung des Energie- stoffwechsels mit der S~urebasenregulation ein wesentlicher Grund ffir die unterschiedlichen Folgen gleicher Stoffwechsel- belastungen bei verschiedenen Menschen.

Aus der Reihe von M6glichkeiten, die f fir die S~urebasen- regulation zur Verffigung stehen, sind zwei ffir unsere Be- t rachtung yon besoilderer Wichtigkeit.

Der Intermedi~rstoffwechsel ist imstande, die ibm ent- stammenlden saurell Zwischenprodukte teilweise wieder zu resynthetisieren, die Milchs~ure wird zu dem ffir den S~Lure- basenhaushalt indifferenteil Glykogen aufgebaut, die Keton- k6rper unterliegen der Fettsynthese. Milchs~ure und Keton- k6rper zeigen meist gegens~tzliche Anderungen ihrer Kon- zentrationswerte im Blur.

Eine St6rung des S~urebasengleichgewichtes beeinfluI3t die T~tigkeit der s~ureausscheidenden Organe.

Das AusmaB der Kohlens~ureausscheidung durch die Lunge ist wesentlich abh~ngig yon der Veiltilationsgr6ge. Die Steuerung der Atmung durch das Atemzentrum unter dem EinfluB der Wasserstoffzahl des Blares ist bekannt, Der Gas- austausch zwischeil dem Blur der Lungencapillaren und der Alveolarluft ist abet nicht nut abh~ngig vonder Gr6Be der Atmung. 1)berzeugende Untersuchungen von KRo~TZ~ haben

SchwankungeI1 der Gasdurchl~ssigkeit des Lungengewebes unter dem ]~influl3 des vegetativen Nervensys tems und hormonal wirksamer Stoffe erwiesen. Damit erh~lt diese Schrallke des Gaswechsels zwischen K6rper und AuBenwelt eille eigene Bedeutung.

Das Studium der S~ureausscheidungen in ihrer Beziehung zum Energiestoffwechsel hat die sekretorische Funkt ion des Magens besonders beachten mfissen. Denil durch die Salz, s~uresekretion werden dem K6rper zeitweilig augerordentliche Mengen saurer Valenzeil entzogen. Es hat sich gezeigt, dug die Sekretion des Magens auch auBerhalb der Verdauungs- phase eine wichtige Funkt ion der S~urebasenregulatioll ist und dab diese Bedeutung des Magens alleiil durch die Unter- suchung des Nfiehternsekretes nnd seiner Schwankungen rich, fig beurteilt werden kann. Die S~urebildung des Magens is t wie die Kohlens~ureausscheidung der Lungell eine besoildere Organfunkfion, die sich den Erfordernissen des gesamten S~urebasenhaushaltes durch die Vermitt lung best immter vege- tativer Regulationsmechanismen einordnet.

Die S~ureausscheidung der -Nieren erreicht gegeniiber derjenigen der Lungen und des Magens kein erhebliches Aus- maB. Dagegen sind bei starkem S~ureverlust durch die vor- genannten Organe auBerordentliche Alkaliabgaben des K6r- pers durcll den Harn zu beobachten. Auch hier spielen hormo- nale und llerv6se Einflfisse eine regulatorische Rolle.

Kbrpereigene Stoffe, wie Suprarenin ulld Histamin, zeigen eillen durchgreifellden Einflug auf das gesehilderte System der S~ureregulation und eine eindeutige Wirkung auf dell Energie- stoffwechsel. Die ullter ihrer Wirkung zu beobachtendell Anderungen des Sauerstoffverbrauches sind das Resultat einer Reihe yon Vorg~ngen, die den Gewebsstoffwechsel, den chemi- schen Zustand des Blutes, seine Zirkulationsverh~ltnisse Ilnd die T~tigkeit der s~ureausscheidendeil Organe beteiligen. Der Schwerpunkt der Wirkung der einzelnen hormonalell Stoffe ist ein verschiedener. So fiihrt das Suprarenin zu starker Vermehrung des Sauerstoffverbrauches neben erheblich ge- steigerter illtermedi~rer S~urebildung ohne besondere An- treibullg der T~tigkeit der s~ureausscheidenden Organe, Histamin dagegen nach kurzer Steigerung der intermedHirell S~iurebildung zu l~nger ailhaltender Resynthese der im Blur zirkulierenden Milchs~iure, die zu ausgiebiger Erniedrigung ihrer Konzentrationswerte ffihrt, daneben zu starker An- regung der Sgureausscheidung der Lnngen und des Magens. Mit dieser vorwiegend zur S~iureentziehung ffihrenden Wir- kung wird der Verbranch an Sauerstoff und damit die Intensi- t~it des Stoffweehsels geringer~ Die durch die Wirkung des Suprarenins mid Histamins kfinstlich herbeigeffihrten Vor- giinge lassen sich im Ablaut k6rpereigener Reaktionen ver- folgen. Sie sind in der Norm zu einem fnnktionellen Gleich- gewicht zusammengeordnet. Die Beobachtung einzelner aus diesen Zusammenh~ingell herausgenommener Phasen zeigt ffir den Normalen in gewissell Grenzen die Tendenz der Ein- sparung an Calorien durch Beschr~inkung des Sauerstoff- verbrauchs, der ein Rfickgang der S~iurewerte im P, la t and eine Ailtreibung der S~iureausscheidung vorangeht (JAI~NS).

Ausgleichsvorg~inge im Anschlug an eine intermedigre S~inrebildung bleiben normalerweise nicht am Gleichgewichts- punkt stehen, eine Saurebelastung des Kbrpers ffihrt zu einem vorfibergehendem AlkaliiiberschuB. Die Steuerung der S~iure- basenregulation, die der Wirkung hormoilaler Stoffe gleich- kommt, wird hierdurch deuflich. Die Beobachtung der Nach- a tmung auf zwei im Abstand yon I~/2 Stunden geleistete k6rperliche Arbeiten und der Ents tehung eines Alkaliiiber- schusses als Folge vermehrter Milchs~iurebildung zeigt an der Beschr~inkung des Sauerstoffverbrauches den calorischen Nutzen dieser I lberkompensat ion (JAHN6). Sie ist in be- stimmtell Grenzen eine wertvolle Eigenschaft des gesundell Organismus.

l~Iber das normale Mag gesteigert wird dies Verhalten zur Ursache tiefgreifender funktioneller St6rungen, zur: charak- teristischen Grundlage der bier zur Diskussion stehenden Formen der Asthenie. Die Unte r suchung der Leistungs- unf~higkeit der Astheniker im Arbeiisversuch gibt yon dieser

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krankhaft gesteigerten 1Jberkompensation ein anschauliches ]3ild.

Die w/ihrend einer Muskelarbeit in das Blut iibertretende Milchs~iure wird zum groBen Tell resynthetisiert, zum kleineren Tell verbrannt. Das geschieht beim Normalen und auch beim Astheniker bei nicht zu grol3er Arbeitsbelastung so rasch, dab eine wenige !V[inuten nach Beendigung der Arbeit abgenom- mene Blutprobe einen yon dem Ruhewert kaum abweichenden Milchs~iurespiegel zeigt. Dementsprechend h~ilt sich die kompensatorische Kohlens~inreabatmung des Normalen in ellgen Grenzen, sie ist kurz nach der Arbeit beendet, die respiratorischen Quotienten pflegen den Vgert yon I,o nicht zu erreichen. Eine m~il3ige Anregung der S~iureausscheidung dutch den Magen, die bei absoluter Berechnung eine Gesamt- acidit~it yon 2o nicht zu fibersteigen pflegt, wird nur bei gr6Berer, vor allem l~tngere Zeit andauernder Arbeit des Normalen beobachtet. Beim Astheniker ist die Kohlens~ure- ausscheidung nach Beendigung der Arbeit trotz der bereits ausgeglichenen Schwankung des Blutmilchs~Lurespiegels bis zu I Stunde enorm gesteigert. H~ufig n immt sie in der Ruhe noch zu, die respiratorischen Quotienten k6nnen Werte yon 1,2 noeh iiberschreiten. Das I3bermag des KohlensXure- verlustes wird durch die Bestimmung der I(ohlens~ure der

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Abb , x. A r b e i t s v e r s u c h bei e i n em kons t i t u t ione I1 a s t h e n i s c h e n K r a n k e n , G r u n d - u m s a t z 8r176 ~ = C O : A u s s c h e i d u n g ; . . . . a lveo l~re C O : S p a l m u n g .

Alveolarluft deutlich, die wir ,:on tiefnormalen Ausgangswer- ten bis auf 18 mm Hg bei der Bestimmung im geschlossenen System sinken sahen (Abb. I).

Besonders kennzeichnend ftir die i3berreaktion der Asthe- hiker ist ein weiterer S~ureentzug durch eine i - - 2 Stunden nach beendigter Arbeit anhaltende Salzs~iuresekretion des M~/gens. Die absoluten Titrationswerte der Gesamtacidit~it erreichen Werte yon 8o und IOO. Zu diesen Vorg~ingen fiber- steigerter S~Lureausfuhr kommt ein rascher Sturz der Milch- s~urekonzentration des Blutes, der bald nach dem Abbruch der Arbeit einsetzend 2--3 Stunden anh~ilt. Oft sinkt gleich- zeitig der Blutzuckerspiegel, er kann sich in schweren F~illen hypoglyk~imischen Werten n~hern. Die Nieren suchen den im KSrper ents tandenen AlkaliiiberschuB auszugleichen. Die Absonderung yon sekund~irem, alkalischem Phosphat kann hohe Werte erreichen, die Ausseheidung yon saurem Phosphat sistiert, die Wasserstoffionenkonzentration des Urins n immt ab, sein p~ zeigt eine zunehmende Alkalinit~t an. Der Sauer- stoffverbrauch ist entsprechend diesen Vorg~ingen im S~iure- basenhaushalt nach der Arbeit nicht vermehrt, oft gegentiber dem Ruhewert deutlich vermindert.

Die Klagen des Asthenikers fiber Leistungsunf~higkeit l inden durch den Ausfall dieses Arbeitsversuches eine be- sonders klare Begrfindung. Der Zwang zu tiefem Atemholen, die der Arbeit folgende anhaltende Dyspnoe .sind durch tiber- m/iBig starke und zeitlich ausgedehnte Kohlens~iureabatmung verst/indlich. Sie/fihrt zur KohlenMiureverarmung des Blutes. Bei der Bedeutung der Kohlens~ture f fir die Regulation des peripheren Kreislaufs, im besonderen seines ven6seI~ Teiles, ist der Zusammenhang dieser St6rung mit mannigfachen Kreis-

laufsymptomen verst~ndlich. Eine Kohlens~ureverarmung des Blutes itihrt durch direkte Einwirkung auf die Venolen und durch ihren EinfluB auf das Vasomotorenzentrum zu einer Erschlaffung peripherer Gef~Be, zur VergrSBerung des Quer- schnittes der peripheren Strombahn und zur Erschwerung des ven6sen Rfickflusses (KROETZ 7, GOLLWlTZER-M~IERS). DaB sich auch St6rungen im arteriellen Tell des peripheren Kreis- laufs einstellen, geht aus den Untersuchungen yon MARTINI und PIER.aCE fiber die Ursache des niedrigen arteriellen Blut- druckes hervor. Sie fanden bei der Untersuchung der Nach- str6mungszeit zur Prfifung der Funkt ion der Arteriolen nach FRITZ LAXGE 9 ein Versagen der Reaktion auf den W/irme- und K~iltereiz, wie es fiir die Arteriosklerose bekannt ist. Diese Feststellung spricht ffir eine Herabsetzung der peripheren arteriellen \u als Ursache der Blutdruckerniedri- gung. Der Sturz des Blutdruckes nach k6rperlicher Arbeit, wie ihn SCt{I~LLONG 10 ats Symptom einer Funktionsst6rung des Hypophysenvorderlappens beschrieb, scheint uns mit den hier geschilderten St6rungen in Zusammenhang zu stehen, zumal das yon ihm gekennzeichnete klinische Bild manche Ahnlich- keit mit dem hier zur Diskussion stehenden Bild der Asthenie aufweist. Migr~ineartige Kopfschmerzen weisen im Gegensatz hierzu auf vasoconstrictorische Zust~nde gewisser Gei~B- gebiete hin, die auf der Grundlage eines Alkalitiberschusses des Btutes entstehen. Der Zustand des peripheren Kreislaufs ist grogen Schwankungen unterworfen. Sie erg~inzen die 5,rztliche Erfahrung besonderer Gef~iBlabilit~it der Astheniker. Die yon MARTIXI und PI~RAcI~ gefundene Reaktionslosigkeit der Arteriolen wechselt nach der Erfahrung yon FRITZ LANGX mit Zeitweilig auftretender l~bererregbarkeit, zum Tell mit paradoxer Reaktion auf calorische Reize. Fiir die Beteiligung des Herzens an diesen Vorg~ngen im Kreislauf sprechen die Klagen der Asthemker. Die Feststellungen voI1 BA~-S111 bei Menschen mit leichten thyreotoxischen Zeichen ohne Er- h6hung des Grundumsatzes zeigen bei starker Vasolabilit~it unverh~iltnism~iBige Steigerungen der Schlagfreqnenz nnd des Minutenvolnms des Herzens schon bei geringer Beanspruchung. Sie geben den Herzbeschwerden der Astheniker eine faBbare Grundlage.

Die der Arbeit Iolgende Erniedrigung des Blutzucker- und Milchs~iurespiegels und die lange anhaltende saure Sekretion des Magens lassen sich unter dem allgemein gel~iufigen Begriff einer Steigerung des Vagustonus zusammenfassen. Die Be- ziehuilg dieses Zustandes zur ~belkei t und Brechneigung ist bekannt. Die Ursache des saureI~ Erbrechens finder dadurch ihre Erkl~irung. Der anhaltend starke S~ureentzug und der dadureh hervorgerufene Alkaliiiberschut3 ffihrt zu fibermiiBig alkalischem Urin, in dem die massenhaft ausgeschiedenen sekund~tren Phosphate als milchiger Niederschlag ausfallen k6nnen. Dieses ffir den Igranken oft besorgniserregende Zei- chen ist ffir den Arzt ein unverkennbares Symptom einer St6rung im Sinne der hier gekennzeichneten U berkompensa- tion.

Die geschilderten funktionetlen S~Srungen der Astheniker bei k6rperlicher Beanspruchung entstehen auf einer prinzipiell gleichgerichteten Einstellung in der Ruhe. Wir haben friiher in Gemeinschaft mit STI:RM 12 auf die dauernd hochliegenden respiratorischen Quotienten bei erniedrigtem Grundumsatz bei Kranken mit leichten thyreotoxischen Zeichen hingewiesen. Ein Vergleich derartiger Gasstoffwechselergebnisse mit der Kohlensiiurebindungsf~ihigkeit des bei Ruhe und Nfichternheit entnommenen ven6sen Blutes ergab Bindungskurven, die sich dem Bereich der kompensierten Alkalose des Arterienblutes nfihern. Die Untersuchung der Magensekretion ergibt reich- liches Niichternsekret mit hohen S~iurewerten. Der H a m ist neben diesen Befunden alkalisch. Die alveol~ire Kohlens~ure- spannung liegt schon in der Ruhe an der unteren Grelize des Normalbereiches. Die Erniedrigung des Grundumsatzes steht nach- diesen Befunden im Zusammenhang mit der St6rung der S~iurebasenregulation, die dutch fiberm~Bige S~iureentfernung einlen AlkalitiberschuS im K6rper herbeiffihrt. Die den Stoff- wechsel antreibenden endokrinen Stoffe verlieren in diesem Milieu entsprechend unserer a-nf~,tnglichen DarsteHnng der Zu- sammenh~nge an Wirksamkeit. Wie schon MARTINI und

14, NOVEMBER I93x KLINISCHE W O C H E N S C H

PIERACH hervorhoben, liegt in der Erniedrigung der Stoff- wechselintensitgt kein Grnnd, diese Erkrankungen als , ,Formes frustes" des MyxSdems nach dem Vorschlag yon Zo~I)EIi~a zu deuten. Spricht schon das klinische Bild gegen eine solche Auffassung, so beweist der mehrmals yon uns erhobene Befun.d eines stark erh6hten 131ntjodspiegels bet derartigen Zust~nden eine oifenbar kompensatorische Funktionssteigerung der Schilddrfise. In 2 F~llen sahen wir bet einem Grundumsatz von 8o % der Norm sich eine deutliche Vergr6Berung der Thyreoidea entwickeln. In keinem Fall haben wir, wie es bet IVlyx6demkranken oder Thyreopriven die RegeI ist, neben der Verringerung des Sauerstoffverbrauchs eine Erniedrigung des Blutjodspiegels bet Asthenikern gefunden. Die dauernd niedrige Einstellung des BIutdruckes bet derartigen 3/1enschen entspricht dem EinfluB, den die geschilderte Stoffwechsel- st6rung auf die Verhgltnisse des 131utkreislaufes nimmt.

Einzelne Symptomeaus dem Gesamtbild der geschilderten konstitutionellen Asthenie erlauben dnrch die Ursache ihrer Ents tehung einen weiteren Einblick in die vorliegenden St6rungen and lassen sich in das [Bild anderer IZrankheits- zustgnde verfolgen.

Die Klagen fiber Schw~chezustgnde der Astheniker, die durch die Anfnahme yon Nahrung gebessert oder behoben werden k6nnen> fiber pl6tzIich auftretenden Heighunger, weisen auf abnorme Vorg~tnge bet lgnger anhaltender Niich- ternheit. Sie beziehen sich vorwiegend auf die Niorgenstunden, in denen die Leistungsnnfghigkeit dieser Menschen am st&rksten in Erscheinnng tritt . Verfolgt man die Zusammen- setzung des 13lutes im Ntichternzustand w~thrend des Vor- mittags, so t r i t t beim Astheniker, wie nach der k6rperlichen Arbeit, ein starker Rfickgang der Niilchsgure- und Zucker- werte im Blut ein, wobei der Ausgang der Milchsgurekonzen- t rat ion oft erh6ht gefunden wird. Ein gleichzeitiger Anstieg der Ketonk6rper im Blut vermindert die Gefahr einer Alkalose. Neben diesen Befunden setzt die seit den Untersuchnngen yon VXlL ~ und EXDRES*~ bekannte Alkaliflut der ~[orgenstunden ein, der als Folge einer in der Nacht auftretenden Acidose saure Urin wird alkalischer. Nieht selten t r i t t im AnschluB daran eine stark saute Nfichternsekretion des Magens auf. Der Kranke klagt tiber ~3belkeit, Brechneigung, Schwindel und Kopischmerz. Nach einer in diesem Zustand aufgenommenen Zuckerl6sung wird die Senkung des Blutzuckers dutch die alimentgre Hyperglykgmie abgel6st, die Milchsgurekonzen- t rat ion im Blute des Asthenikers steigt, der erh6hte Keton-

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d'lunde/e Abb. 2. Blutuntersuchungen bet einer Asthen]kerin im Stadium der Gewichtszunahme.

= BlutmilchsXure; . . . . Blutzucker; . . . . . . BIutketonkSrper.

k6rperspiegel sinkt unter den Ausgangswert, der Schwgche- zustand ist fiberwunden (Abb. 2).

Der Umschwung der Stoffwechsellage yon der Nacht zum Tag, der am Sgurebasenhaushalt leicht festgestell~ werden kann, erniedrigt h~nfig mit dem Entstehen eines Alkali- fiberschusses den Weft des Grundumsatzes. AnfSnglich er- h/Shte Werte erreichen die Norm, normale W-erte zeigen erst im Verlauf des Vormittags eine f fir den Zustand kennzeich- nende Erniedrigung.

Diese t3eobachtungen zeigen den Vorgang der Ober- kompensation beim fJbergang yon der saureren zur alkali-

R I F T . IO. J A H R G A N G . Nr. 46 2119

scheren Einstellung des Ii6rpers in den Morgenstunden. Hier l iegt der Ausgang des fTberkompensationszustandes in den Vorggngen des Intermedi~rstoffwechsels, denen die Ande- rungen der Funkt ion der sgureausscheidenden Organe folgen k6nnen.

Die geschilderten St6rungen werden nicht nur bei den mageren Asthenikern gefunden. Wir linden sie ausgesprochen bei fettwerdenden iVienschen, deren Abhgngigkeit yon der

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Abb. 3. Arbeitsvezsuch bei in der Ruhe kompeusierter Mitralinsuffizienz und Stenose. Grundumsatz 134 %.

- - = 0,; .... CO~; Blutmilchs~ure; ........ Urin.~K.

Nahrungsaufnahme nicht fibersehen werden kann. Ein Zu- sammenhang zwischen der nach diesen Untersuchungen durch endogene Vorggnge notwendig werdenden Calorien/iber- schwemmung des K6rpers und der Ents tehung einer Fettsucht scheint uns sicher. Die Angabe Fet ts icht iger ist nieht selten, dab sie vor dem ]3eginn der Gewichtszunahme auffallend mager waren.

Die Folgen eines lJberkompensationszustandes werden f fir die Funkt ionen eines Organismus um so schwerwiegender sein, je unverh~ltnism~13iger sich Ursache und Wirkung zueinander verhalten. ])as ist der Fall, wenn eine nur in einem 6rtlich begrenzten Gebiet entstandene S~uerung durch eine Re- aktion des ganzen Organismus beantwortet wird. Wir kennen derartige Vorggnge als Folge yon zirkulatorisehen St6rungen am Atemzentrum bei Hypertonikern, sie ifihren zu einer als cerebrales Asthma bekannten Dyspnoe. In gleicher Weise ffihrt nach KRo~Tz 16 ein am Atemzentrum zuerst wirksam werden- der Sauerstoffmangel zur Steigerung der Lungenventi lat ion mit vermehrter Abdunstung yon Iiohlens~ure bei leichteren, abet unverkennbareu Zustgnden yon tterzdekompensation. Unsere Feststel!ungen an Herzkranken mit Mitralfehlern, die in der Ruhe kompensiert waren, bei k6rperlicher Beanspru- chung aber deutliche Zeichen mangelhafter Herzleistung boten, sprechen bei einem Tell der Falle f fir das Zustande- kommen yon f3berkompensationsphasen. Sie sind im An- schluB all eine k6rperliche Arbeit deutlich zu verfolgen. Wghr rend einer unter starker Ermiidung geleisteten Arbei% setzt eine Dyspnoe ein, die zu erheblicher Vermehrung der Kohlen- sgureausscheidung f ihr t , die Werte der respiratorischen Quotienten steigen fiber i,o, der Urin wird stark alkaliseh. Im Blut finder man w~hrend dieses 2 oder 3 Stunden dauern- den Ablaufs ilach anf~nglicher kurzdauernder Steigerung des Blutmilchs~urespiegels einen Rfickgang der Milchsgurewerte weir unter das Ausgangsniveau (Abb. 3).

Der Magen sezerniert hier keine oder nur geringe Mengen SalzsXure. Auf dem Boden dieser Vorggnge folgen der k6rper- lichen Arbeit Herzkranker auch bei einem in der IRuhe

2120 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . IO. J A I - I R G A N G . Nr. 46 z4, NOVEMBER I93~

gesteigerten Grundumsatz ausgesprochelle Erniedrigungen des Sauerstoffverbrauches, die sich erst mit dem IRfiekgallg der zur Alkalose ffihrenden' St6rung des S~iurebasenhaushaltes wieder ausgleichem I~ROETZ land auch in der Ruhe bei einer Anzahl von Herzdekompensierten eine lliedrige arterielle Kohlell- s~urespannung und eille I~2ohlens/turebilldungsf~higkeit des t31utes, die eine kompensierte, bzw. dekompellsierte Alkalose anzeigt. Die {iberm~iBige Ermiidbarkeit Herzkranker finder daher ihre Erkl~irung llicht llur in der zuerst yon EPPINGER 1~ hervorgehobenen Acidose des Blutes. Sie kann auch Folge eiller entgegengesetzten, zur Alkalose ffihrendell ~nderullg des S~urebasengleichgewichtes sein.

Der Zusammellhang einer AIkalose mit dem Entstehen brollchialasthmatischer Zust~nde ist bekanllt (ELLINGER~S). Sie sind bei dazu disponierten Herzkrallken nicht seltell. VEIL ~ beschrieb eine Alkaliurie, die dem asthmatischen Anfall kurz voraufgeht. Der geschilderte 1)berkompensations- zustalld im Stadium der hypohydrischen Sanerstoffmangel- dysplloe (KROETZ) ist entsprechend ullserer Darstellung ein Einzeliall einer bei den verschiedellstell Zust~nden vor- kommenden Funktionsst6rung. Es ist deshalb beachtens- wert, dab sich ill dem Material yon MARTINI ulld PIERACI-I ullter 220 Hypotonikern I I Asthmatiker befandell. Die yon ENGZLHARD beschriebelle brollchiale Lungellbl~hung land sich neben ]3radykardie, Angina pectoris nervosa, Migr~ne und allgemeiner angiospastischer Neurose, Ulcusbeschwerdell und Colonspasmen, h~ufig auch lleben eiller Neigullg zu allergischen Krankheiten. Dies klinische Bild steht dem ein- gangs geschildertell Symptomellkomplex der konstitutiollellen Asthenie sehr nahe.

Die M6glichkeit zentraler Ausl6sullg eilles ~berkompell- sationszustandes verbindet die dadurch erreichte Anderullg~des S~turebasellhaushaltes mit den Folgezust~ndell eiller Hyper- ventilation, derell Ursache im Bereich des Psychischen liegt. Die Vorg~llge im S~urebasellbaushalt k6nnen bier llicht als l~berkompensatioll bezeichnet werden. Abet die EntwicMullg der St6rung I~hrt zu den gleichen Folgell. Da es sich hier um eine reine Verschiebung des Gleichgewichtes, nicht um eine iiberschieBende Gegellreaktioll der S~Lurebasellregulation han- delt, ist das Auftreten schwerer allgemeiller Symptome wie der Muskeltetanie verst~indlich.

Die Zusammenh,illge seelischer und k6rperlicher Re- aktionen zeigen auBerordelltlich klar die Notwendigkeit, die Gesamtpers6nlichkeit eines Kranken zu bewerten. Wenn nicht, wie bei den Herzkranken, eine eindeufige Ursache des iJberkompensationszustandes im IZ6rperlichen liegt, wird es in manchen F~llen schwer fallen, dell Ausgallgspunkt der St6rung zu fillden. Das trifft in besonderem MaBe ifir die konstitutionell asthenischen Mellschen zu, unter denen er- fahrungsgemgB ein groBer Teil Neuropathen sind. Die Uber- steigerung ihrer Affekte, die ~berwerfullg seelischer ulld k6rperlicher Erlebnisse, die schnelle geistige Ermfidbarkeit ulld das Ullverm6gell zu strenger ulld anhaltellder geistiger Konzelltration sind ein Spiegelbild der k6rperlichen Vorg/inge. So stellt sich die Gesamtpers6nlichkeit ullter den Begriff roll I~berkompensation und Asthellie.

Die zusammenfassende Betrachtung ergibt als Grundlage der geschilderten Funktionsst6rung die Eigenart des Orgallis- mus, St6rungell seines funktiollellen Gleichgewichtes ificht llur auszugteichen, sondern dutch eine Gegellreaktioll in ent- gegellgesetztem Sinne zu beantwortell. Der Ablaut dieser Reaktionen geh6rt zu den wiehtigstell konstitutionellell Eigellschaften des K6rpers. Eille Steigerung des ill gewissen Grenzell auch dem Normalell eigenen l)berkompellsations- vorganges ffihrt zur tfrankheit.

Die Ursache fiberschieBender Ausgleichsreaktiollell liegt ill der vegetativen Steuerung der k6rperlichen Funktiollen. Wir betollen den Einflug hormonal wirksamer Stoffe, weft wit nur durch sie kfinstlich Vorg~inge am Menschen hervorrufell k611nen, die den Eigenreaktiollen des Orgallismus entsprechen. Art und Herkunft der Stoffe, die zur Asthenie ffihrende Funk- tionsst6rullgell veranlassen, sind uns unbekannt . Die Vielheit

der Symptome erlaubt Rfickschltisse auf die verschiedensten endokrinen Stoffe. Unsere Untersuchungen ergeben, dab durch Histamin ein 1)berkompensationszustand herbeigeffihrt werdell kalln, der eine auffallende )khnlichkeit mit den in dieser Arbeit geschilderten Funktionsst6rungell hat. Wit kellnen die stark f6rderllde Wirkung des Histamins auf die Salzs~ure- sekretion des Magells. Dal3 es gleichzeitig die Ausscheidullg roll Kohlells~ure dutch die Lungell f6rdert, habell uns zahl- reiche Untersuchungell gezeigt. Es ist hierffir Yon Interesse, dab llach KOPPER 1" die Lunge das histaminreichste Organ ist. Ullter der t l i s taminwirkung verliert der K6rper die F~higkeit, den Kohlells~ureverlust durch die Lullgen beim Einsetzen eiller Magellsekretion zu beschr~llkell und die M6glichkeit, w~hrend eiller etwa durch k6rperliche Arbeit hervorgerufenell Hyperventi lat ion eille llellnenswerte Nfichterllsekretion des Magens zu verhindern. Die s~ureausscheidenden Organe er- reichell eine ffir dell K6rperhaushalt ullOkonomische Selb- st~lldigkeit ihrer ~unktion. Die Nieren kompellsieren diesen S~ureentzug dutch reichliche Alkaliausscheidung. Dell Rfick- gang der intermedi~ren S~urebildung llach anf~nglicher kurzer Steigerullg haben wir als Folge der Histamillwirkung erw~tmt. Nebell diesell u ist eille Erniedrigung des Energie- stoffwechsels die Regel. Das Auftreten roll brollchial- asthmatischen Zust~nden, yon Heuschnupfen und Urticaria bei Asthenikern unterstreicht unseren Vergleich mit der Histaminwirkung, derell Beziehung zur Anaphylaxie bekallnt ist (KOPPER 1. C.).

Mit der Fullktionsst6rung der S~urebasellregulation llnd ihren Folgen ffir die Illtensit~t der Verbrenllungsvorg~nge sind die Stoifwechselanomalien der Astheniker ill keiner Weise ersch6pfend behalldelt. Es scheillt uns aber zur Zeit keille Yersuchsanordllung das zugrunde liegellde Prinzip der krallk- haften ~lberkompensation mit gleicher Deutlichkeit zu zeigen. ,,Reaktive l)berleistungen" sind w0hl tier ~rztlichen Wissen- schaft, nicht aber der Praxis ein gel~ufiger t3egriff. I~ATSCI-I ~~ hat unter diesem Kellllwort eille klillische Studie ver6ffent- licht, in der er dell reaktiven Uberleistullgell bei vegetativ- stigmatisierten, bei B-Typen und thyreotoxischell Menschen eille Rolle im Krankheitsbild zuweist.

Die Beschr~Lnkullg llnserer Betrachtung auf die Vorg~nge im S~urebasellhaushalt erm6glictlt die Behandlullg derartiger Zust~llde mit bekallllteI1 Medikamenten im Hinblick auf gellau zu definierellde St6rungen ulld die Prfifullg des Erfolges durch exakte Feststellungen. Wir erfassen damit zullltehst nicht die nach dem Urteil aller Autorell urs~chliche, aber im eillzelllen unbekanllte endokrille St6rullg, solldern nur ihre Wirkullg. Dieses Vorgehen wird jedoch, wie in der Be- halldlullg vieler anderer innerer Leiden, durch den Erfolg gerechtfertigt.

Dem fiberm~Bigen S~ureverlust setzen wir eille Anregung der intermedi~trell S~urebildung durch Substallzen der Adre- nalinreihe gegellfiber. Auf die starke Vermehrung der Milch- sAure im Blute nach einer Suprarenininjektion haben wir mehrfach hingewiesen (JAI~I) . Im Gegensatz zu der Wir- kllllg des Histamins unterbleibt hier die starke Beeinflussullg der s~iureausscheidenden Organe. Die Herstellllng eines Gleichgewichtes zwischen S~iurebildung und S~Lureausscheidung wird erleichtert. Wir bevorzugen die perorale Anwendung rol l Ephedrin, EphetoniI1 oder yon dem weniger toxiseh wirkenden Sympatol.

Als Unterstfitznng dieser siiuernden Wirkung ziehen wir das Calcium heran, unter dessen Wirkung H-Ionell voi1 den Geweben abdissoziiert werden. Die perorale Einverleibung yon 3--5 g am Tag fiber lange Zeit ist mit Hilfe der gut wirksamen Sandoz-Pr~iparate leicht durchffihrbar. Die Einnahme vor dem Essen erleichtert die t3edillgungen der Resorption.

Die Beschr~inkung der fiberm~iBigell. Nfichternsekretion des Magens durch Atropin, dessert wirksame Dosierung i n jedem Falle besonders best immt werden mul3, f6rdert das Zustandekommen eines funktionellen Ausgleichs.

Der Erfolg dieser t3ehandlullg ffir den S~iurebasellhaushalt kann objekfiv geprfift werden. D i e fiberm~il3ige Steigerung

x 4. NOVEMBER 193I K L I N I S C t t E W O C H E N S C H R I F T . io. J A t i R G A N G . N r . 46 2 1 2 I

der Kohlens~ureabgabe nach der k6rper l ichen Arbe i t geh t zurfick, die Wer te der er re ichten respiratorisct len Quot ien ten werden gerillger. Die Nfichter l l sekre t ion des Magens n i m m t ab, der H a r n ver l ie r t seine Alkal ianre icherung in den Morgen- s tul lden und nach der k6rper t ichen Anst rengung. Der Sturz der Mi lchs~urekonzent ra t ion im Blur nach beendig ter Arbe i t und wghrend de r Nf ich te rnhe i t b le ib t aus, nach einer k6rper- l ichen Leis tung werden im Gegensatz hierzu lgnger dauernde Ste igerungen beobachte t . Der G r u n d u m s a t z erre icht sehr bald eine normale H6he, eill vor der Beha l ld lung abnorm niedriger B lu td ruck stel t t sich auf den Normalwer t ein.

Die Behand lung be s t immte r S y m p t o m e der Asthell ie durch die genann ten Mit te l is t lange bewghrt . Die gemeinsame Beeinflussul lg des Grundumsa tzes und des Blu tdrnckes bei H y p o t o n i k e r n d u r c h E p h e d r i n h a t ]3AtJa (1. c.) he rvor - gehoben. Die Adrenal inwirknl lg auI b ronch ia las thmat i sche Zust~nde is t ffir den Arz t unentbehr l ich . DaB gewisse Herz- kranke t ro tz guter Digi tal iswirksamke.i t erst un te r gleichzeit iger g p h e d r i n - oder Ephe ton i l lbehand lung in den vol len t (ompen- sa t ionszus tand gelangell, is t eine ~trztliche Erfahrung. Da hier ill der Regel eine Anac id i tg t oder Subac id i tg t des Magens besteht , l iegt keine Ind ika t ion ffir eine A t rop inmed ika t ion vor. Sie is t hier v i e lmehr wegen ihrer schlechten W i rkung auf das Herz zu ft irchten. Zur Bekgmpfung spast ischer Zus tgnde der Bauchorgane ist sie unentbehr l ich . Die Anwel ldung t o l l Ca lc ium gegen anaphy lak t i sche Zust~Lnde, gegen As thma, Hen- schnupfen llnd Ur t i ca r i a is t als wi rksame Unte r s t f i t zung der Behand lung gesch~tzt .

Zur Besserung der LeistungsfXhigkei t der As theniker ist eine s t reng dosier te k6rper l iche t~et~tigullg yon groBem Nutzen, sie wird zweckm/~Big durch eine Muskelmassage be- gonnen. Die Besserung der per ipheren Kreislaufverh/ t l tnisse wird durch diese MaBnahmen beschleunigt .

Die angegebene ]3ehandlung h a t bei n icht erworbenen, sondern kons t i tu t ione l len S t6rungen nur bei einer fiber Monate for tgese tz ten Durchf f ihrung Erfolg. Ob es sich dabei nu t u m eine symptoma t i s che Besserung handel t , die die Zei t der Behand lung n ich t wesel l t l ich f iberdauert , oder ob eine Riick- wirkul lg auf die el ldokrine St6rung e rwar t e t werden kann, sind wir heu te noch ll icht in der Lage zu beantworte l l . Die P lanm~gigke i t und Sicherhei t des ~rzt l ichen Hande lns br ing t m i t der a l lm~hl ich e in t re tenden k6rper l ichen Besserung Ifir den P a t i e n t e n ein wachsendes Ver t rauen in die eigene Lei- s tungsf~higkei t und h~ufig den U m s c h w u n g der depress iven Stimmungslage. .

Die gesehi lder ten the rapeu t i sehen MaBnahmen bedfirfell in j edem einzelnen Fal l nach den vor l iegenden S y m p t o m e n einer entsprechel lden Erg~nzung. Die sub jek t iv und ob jek t iv fes ts te l lbaren Erfolge der beschr iebenen t3ehandlung be- st~ttigen die k r ankha f t gesteigerte l~berkompensat ion als Ursache der Asthenie . Die Beschr~nkung des t t le rapeut ischen Hinweises auI Grund der geschiIderten, faBbaren S t6rungen soll die kl inisehe Wich t igke i t der v e g e t a t i v gesteuertel l Vor- gAllge der S~urebasenregula t ion in den Vordergrund der Be t r ach tu l l g stellen.

L i t e r a t u r : 1 1Klin. Wschr. 1926, 18o9, 1857. -- 2 Dtsch. Arch. klin. Med. 17o , 547. -- a Verb. dtsch. Ges. inn. Med. I9Z7, 148. -- 4 Verh. dtsch. Ges. inn. Med. I93,1, lO 5. -- s Dtsch. Arch. klin. Med. 17o, 387. _ 6 Klin. Wschr. 193o, Nr 38 , 1757 . -- 7 Klin. Wschr. 193o, N r s I , 2377. -- 8 Klin.Wschr. 1931, Nr 18, 817. -- ~Dtscla. Arch. klin. Med. x48, 58. -- 10 Klin. Wschr. 1931 , IOO. -- 11 Z. klin. 1Vs 11o, 633. -- 12 Dtsch. Arch. Min. Med. I63, 39. -- 18Die IZrankheiten der endokrinen Drfisen. BBerlin 1926. -- la Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 1922 , 214 . -- 1~ Biochem. Z. 132, 220. -- is Dtsch. Arch. klin. Med. 169, 257. -- iv Das Versagen des I~2reis- laufs. 1927. -- is Klin. Wschr. 1931, Nr 24, 11o 5. -- 1~ Klim Wschr. 193o , Nr 46 , 2137. -- e0 Z. klin. Med. 114, I. -- el Dtsch. Arch. klin. Med. x66, 257; x7o, 387 . -- 22 Verb. dtsch. Ges. inn. Med. 1926, 113.

tIBER DIE HORMONE DES HYPOPHYSEN- VORDERLAPPENS.

V. Die Ausscheidung des Fol l ike l re i fungshormons (HVH-A) im mensuel len Cyclus.

VI. Der Einflul3 der Ovaria l t ransplantat ion und der Sexual - hormone auf die Ausscheidung des Fol l ike l re i fungshormons

(HVH-A) nach Kastrat ion.

Von

Prof . Dr . BERNHARD ZONDEK. Aus der geburtshilfiich-gynfikologischen Abteilung des St~idtischen Krankenhauses

Berlin-Spandau (Prof. B. ZONDEK).

I m vor igen J a h r babe ich in dieser Zei tschr i f t (Klin. Wschr. 193o, Nr 6, 9, I5 und 26) einige Aufs~tze publ iz ier t , die sich m i t der Bedeu tung der Hypophysenvo rde r l appen - hormone, insbesondere des Fol l ike l re i fungshormons fiir den Gesamtorganismus, beschXttigten. Die folgenden Unte r suchun- gen sind als For t se t zung der obigen Studien el l ts tandell .

V. Die Aussche idung des Fol l ike lre i /ungshormons i m men- suellen Cyclus.

In den oben genanntel l Arbei ten habe ich gefunden, daI~ der weibliche Organismus in e rh6hter Weise (%o--2ofach) Fol l ike l re i fungshormon (A) im H a r n ausscheidet ,

1. wenn der K6rper seiner Sexualdrf isen be raub t is t und 2. wenn ein Carcinom -- insbesondere an dell weibl ichen

Geni ta lorganen - - besteht . Will m a n eine erh6hte Ausscheidung der Vorder lappen-

hormone feststellen, so muB m a n zun~chst fiber die phy- siologische Exkre t ion or ient iar t sein.

U m einen Anha l t spunk t fiber die H o r m o n p r o d u k t i o n im Vorder lappen selbst zu gewinnen, un te rsuchte ich mi t te l s des q u a n t i t a t i v e n Implan ta t ionsve r fah rens menschl iche und t ie- rische Hypophysen . Die Einze lhe i ten silld in me inem Buch ,,Die Hormone des Ovar iums und des Hypophyse l lvo rde r - lappel ls" , Berl in: Jul ius Springer I931, S. 1 1 3 - 1 1 6 , nieder- gelegt.

I ch fand im Vorder lappen der Frau (Durchschni t t sgewicht = 0,56 g) einen Gesamtgeha l t yon lOO--16o ME Fol l ikel- re i fungshormon und 23- -50 ME Lute in i s ie rungshormon. Der e twas kteinere Hypophysenvorde r l appen des Manlles (Durchschni t t sgewicht = 0,46 g) ellth/~lt 60- -400 M E Fol l i - ke l re i fungshormon und lO--25 ME Lute in i s ie rungshormon.

Der Vorderlappen der t<uh, der 3--4mal so groB ist als bei der Frau, enth~lt durchschnittlich lOO--274 ME Follikelreifungs- hormon und 74 ME Luteinisierungshormon.

Der sehr kleine Vorderlappen des Schweines (nur 1/i 0 des Ge- wichtes yore Vorderlappen der Frau) enthXlt nut geringe Hormon- werte, und zwar je 12 ME Hormon A und t3.

DieseWer te k6nnen uns q u a n t i t a t i v nu t einen A n h a l t s p u n k t gebell, ohne dab sie uns Sicheres fiber die H o r m o n p r o d u k t i o n i m Vorder lappen aussagen; denn wir stel len durch die Analyse der H y p o p h y s e nur dell im Augenbl ick der Un te r suchung m der Drfise vo rhandenen H o r m o n v o r r a t lest, ohne dab wir wissen, wie groB die H o r m o n a b g a b e an den Orgal l ismus ist . E in besseres Ur te i l k6nnen wir du tch die Fes t s te l lung t ier Gesamtaussche idung gewinnen, wenngleich auch diese Wer t e uns nu t annXhernd fiber den H o r m o n h a u s h a l t un t e r r i ch t em

Ich habe bei gesunden Frauen m i t no rma lem Menst rua t ionscyc- lus den Gesamtha rn gesammel t und daraus dasPro lan nach der yon mi r angegebenen Niethodik (Zbl. Gyn/ik. 1929, Nr 14; Klin. Wschr . I93o, Nr 26) dargestel l t . Hierbei habe ich zunXchst nur das Foll ikel- re i fungshormon (HVH-A) berfick- sichtigt , weil dieses H o r m o n mich m i t Rficksicht auf die Befunde bei der Kas t r a t i on und dem Carc inom besonders in teress ier t hat . Hie rbe i ergab sich Iolgendes (s. Kurve ) :

Idez~Posl- ln/er- Pmedzravlde Men#: mensl:me:~:Ir Ph~:ae

Kurve z.