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Fw d. R. Michael Fach hält Vortrag über die Heeresversuchsanstalt (HVA) Peenemünde Ost [pjp]Im Rahmen eines RK-Abend der RK 6 "Roland von Bremen" hielt der Fw d. R. Michael Fach einen Vortrag über die HVA Peenemünde. Der Vortrag begann mit einer Einführung in die Vorgeschichte des Raketenbaus in Deutschland. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich Wissenschaftler mit den Möglichkeiten der Raketen mit Flüssigtreibstoffen beschäftigt. Einer dieser Vordenker war der Russe Konstantin Ziolkowski, der die Raketengrundgleichung aufstellte. Auf seinen Spuren folge u.a. der deutsche Hermann Oberth. Oberth schrieb das Buch "Die Rakete zu den Planetenräumen" in dem er die Möglichkeiten beschrieb, mit Großraketen das All zu erforschen. Oberth's Buch fiel sozusagen auf fruchtbaren Boden. In den 20 Jahren des letzten Jahrhunderts machte sich in Europa ein starke Technikbegeisterung breit. Alles neue, moderne wurde von der Bevölkerung begierig "aufgesaugt". Dutzende Amateure bauten und verschossen in dieser Zeit selbstentwickelte Raketen mit mehr oder weniger großem Erfolg. Auch das Militär war in Deutschland an dieser Entwicklung interessiert. Der Grund hierfür lag in den Versailler Verträgen. Diese Verboten es Deutschland, Artilleriegeschütze mit einer Reichweite von mehr als 30 km zu besitzen. Raketen waren jedoch nicht verboten. Das Reichsheer stellte dem 1927 in Breslau gegründeten "Verein für Raumschiffahrt" einen Raketenflugplatz in Berlin-Tegel zur Verfügung. Hier sollten die Amateure Raketen für das Heer entwickeln. Nach einem Jahr flog dann eine kleine Flüssigtreibstoffrakete mit dem Namen MIRAK 1 (MInimumRAKete 1) auf 80 Meter Höhe. Die Entwicklung ging weiter und der Raketenflugplatz Tegel wurde schnell zu unsicher. Die Raketen flogen weiter als je zuvor, die umliegenden Anwohner wurden gefährdet. Ein neuer Platz wurde schließlich auf dem Gelände des Artillerieschießplatzes Kummersdorf gefunden, ca. 80 Km südlich von Berlin. Hier hatte das Militär nun die volle Kontrolle, auch die Geheimhaltung konnte nun besser gewährleistet werden. In Kummersdorf wurden in relativ schneller Folge große Fortschritte gemacht. Als Höhepunkt sei hier das Aggregat 3 genannt, ein Triebwerk mit ca. 350 Kg Schub. Die Rakete in die das Aggregat 3 verbaut wurde erwies sich jedoch als nicht Flugstabil, die Leistung war ebenfalls noch nicht ausreichend. Für das Aggregat 4, welches einen Schub von 25 Tonnen erzeugen sollte, waren größere Teststände erforderlich. Daneben wurde nun ein freies Schussfeld von mindestens 300 Km Länge benötigt. Diesen Platz fand man nach kurzer Suche auf der Insel Usedom. Das Gelände wurde im April 1963 für 1.200.000 RM von der Gemeinde Wolgast gekauft, bereits im August des Jahres begannen die Bauarbeiten. Fach stellte anhand von Zeichnungen, Fotos und Diagrammen die Anlagen der HVA Peenemünde vor und beschrieb im Anschluss daran die technischen Details des Aggregat 4, welches als V2 traurige Berühmtheit erlangte. Annähernd 6000 V2 wurden vor allem auf Antwerpen und London verschossen. Knapp 6000 Menschen ließen bei diesen Angriffen, gegen die keine Abwehrmaßnahmen möglich waren, ihr Leben. Noch dramatischer sind die Opferzahlen in der Fertigung der V2: In den "Mittelwerken" im Nordharz verloren über 20.000 KZ-Häftlinge ihr Leben! Im Anschluss an diesen Teil des Vortrages führte Fach noch einen Lehrfilm der britischen Armee vor. Bei diesem äußerst seltenen Filmdokument handelt es sich um Aufnahmen von V2-Abschüssen, die kriegsgefangene Wehrmachtssoldaten im britischen Auftrag im August 1945 in Cuxhaven/Altenwalde durchführten. Hierbei wurde der gesamte Prozess eines V2-Abschusses, von der Montage bis zum Start dokumentiert.

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Fw d. R. Michael Fach hält Vortrag über die Heeresversuchsanstalt (HVA) Peenemünde Ost

[pjp]Im Rahmen eines RK-Abend der RK 6 "Roland von Bremen" hielt der Fw d. R. Michael Fach einen Vortrag über die HVA Peenemünde. Der Vortrag begann mit einer Einführung in die Vorgeschichte des Raketenbaus in Deutschland. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich Wissenschaftler mit den Möglichkeiten der Raketen mit Flüssigtreibstoffen beschäftigt. Einer dieser Vordenker war der Russe Konstantin Ziolkowski, der die Raketengrundgleichung aufstellte. Auf seinen Spuren folge u.a. der deutsche Hermann Oberth. Oberth schrieb das Buch "Die Rakete zu den Planetenräumen" in dem er die Möglichkeiten beschrieb, mit Großraketen das All zu erforschen. Oberth's Buch fiel sozusagen auf fruchtbaren Boden. In den 20 Jahren des letzten Jahrhunderts machte sich in Europa ein starke Technikbegeisterung breit. Alles neue, moderne wurde von der Bevölkerung begierig "aufgesaugt". Dutzende Amateure bauten und verschossen in dieser Zeit selbstentwickelte Raketen mit mehr oder weniger großem Erfolg. Auch das Militär war in Deutschland an dieser Entwicklung interessiert. Der Grund hierfür lag in den Versailler Verträgen. Diese Verboten es Deutschland, Artilleriegeschütze mit einer Reichweite von mehr als 30 km zu besitzen. Raketen waren jedoch nicht verboten. Das Reichsheer stellte dem 1927 in Breslau gegründeten "Verein für Raumschiffahrt" einen Raketenflugplatz in Berlin-Tegel zur Verfügung. Hier sollten die Amateure Raketen für das Heer entwickeln. Nach einem Jahr flog dann eine kleine Flüssigtreibstoffrakete mit dem Namen MIRAK 1 (MInimumRAKete 1) auf 80 Meter Höhe. Die Entwicklung ging weiter und der Raketenflugplatz Tegel wurde schnell zu unsicher. Die Raketen flogen weiter als je zuvor, die umliegenden Anwohner wurden gefährdet. Ein neuer Platz wurde schließlich auf dem Gelände des Artillerieschießplatzes Kummersdorf gefunden, ca. 80 Km südlich von Berlin. Hier hatte das Militär nun die volle Kontrolle, auch die Geheimhaltung konnte nun besser gewährleistet werden. In Kummersdorf wurden in relativ schneller Folge große Fortschritte gemacht. Als Höhepunkt sei hier das Aggregat 3 genannt, ein Triebwerk mit ca. 350 Kg Schub. Die Rakete in die das Aggregat 3 verbaut wurde erwies sich jedoch als nicht Flugstabil, die Leistung war ebenfalls noch nicht ausreichend. Für das Aggregat 4, welches einen Schub von 25 Tonnen erzeugen sollte, waren größere Teststände erforderlich. Daneben wurde nun ein freies Schussfeld von mindestens 300 Km Länge benötigt. Diesen Platz fand man nach kurzer Suche auf der Insel Usedom. Das Gelände wurde im April 1963 für 1.200.000 RM von der Gemeinde Wolgast gekauft, bereits im August des Jahres begannen die Bauarbeiten.

Fach stellte anhand von Zeichnungen, Fotos und Diagrammen die Anlagen der HVA Peenemünde vor und beschrieb im Anschluss daran die technischen Details des Aggregat 4, welches als V2 traurige Berühmtheit erlangte. Annähernd 6000 V2 wurden vor allem auf Antwerpen und London verschossen. Knapp 6000 Menschen ließen bei diesen Angriffen, gegen die keine Abwehrmaßnahmen möglich waren, ihr Leben. Noch dramatischer sind die Opferzahlen in der Fertigung der V2: In den "Mittelwerken" im Nordharz verloren über 20.000 KZ-Häftlinge ihr Leben!

Im Anschluss an diesen Teil des Vortrages führte Fach noch einen Lehrfilm der britischen Armee vor. Bei diesem äußerst seltenen Filmdokument handelt es sich um Aufnahmen von V2-Abschüssen, die kriegsgefangene Wehrmachtssoldaten im britischen Auftrag im August 1945 in Cuxhaven/Altenwalde durchführten. Hierbei wurde der gesamte Prozess eines V2-Abschusses, von der Montage bis zum Start dokumentiert.